Sufismus und Islam - Radio 1 Interview

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Sufismus und Islam - Radio 1 Interview
Sufi-Zentrum Rabbaniyya
Eusubillahi-mineş-şeytanirrajim
Bismillahirr-rahmanirrahim
Sufismus und Islam - Radio 1 Interview
Sheikh Eşref Efendi | Berlin
Frage:
Sufis und Islam gehören zusammen. Doch in arabischen Ländern gibt es auch die Verfolgung von
Sufis. Wie kommt es dazu?
Sheikh Esref Efendi:
Muslim bedeutet ein Gottergebener Diener zu sein. Wie muss ein Diener sein oder seiner Dienerschaft nachgehen? Diszipliniert und liebevoll. Er muss seine Arbeit ernst nehmen und lieben, damit
er Erfolg hat.
Sharia ist ein arabisches Wort für das Grundgesetz. Jedes Gesetz spricht für Disziplin.
Disziplin ist Sharia und Tariqa/Sufismus ist Liebe. Beides muss sein wie Körper und Seele.
Die Schriftgelehrten, also die Gesetzeshüter sind meistens fanatisch in ihrer Arbeit und haben
keine Ahnung von Liebe. Sie ist ihnen fremd. Weil die Liebe ihnen völlig fremd ist, wollen sie
alles was ihnen fremd ist auch vertreiben. Dass die Sufis in vielen muslimischen Ländern verfolgt
werden, folgt daher.
Nicht Islam ist fanatisch, eher die Schriftgelehrten sind in ihrem Glauben fanatisch, weil sie nur
auf die Muschelschale schauen und nicht nach der Perle in der Muschel. Jedes Gesetz ist schwer im
Nehmen. Die Toleranz und Liebe ist jedoch leicht. Sharia ist schwer, Sufismus ist leicht. Jedoch nur
beides zusammen, bringt eine perfekte Lebensweise hervor. Wenn das eine oder andere fehlt, so ist
alles mangelhaft und nichts funktioniert richtig.
Die Menschen müssen wissen, nur mit Disziplin allein wird kein Kind richtig erzogen.
Die Erziehung des Kindes muss immer mit Liebe gewürzt werden, sonst leidet die Psyche darunter.
Nur mit Liebe aber auch. In einer Erziehung muss beides sein:
Disziplin und Liebe!
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Sufi-Zentrum Rabbaniyya
Frage:
Wo liegen die Unterschiede zum (konservativen Islam?
Gibt es unterschiedliche Auffassung des Koran?
Sheikh Esref Efendi:
Islam ist Islam ... die Gruppierungen unterscheiden sich im richtigen Verstehen der heiligen Worte
und in ihre Methoden. Leider wird Islam von den meisten Muslimen und Europäern falsch verstanden und inkompetent interpretiert,
Frage:
Wie unterscheiden sich die Riten? Was sind Dhikr und Sohbet?
Sheikh Esref Efendi:
Dhikr ist die Quelle der Kraft für den Gläubigen.
Allah der Herr sagt: „Ich bin mit meinem Diener, solange er Meiner gedenkt.“
Im Dhikir rezitieren und verinnerlichen wir die heiligen Namen Allahs.
Im Sohbet lernen wir die Eigenschaften dieser Namen und Allah besser kennen und wir interpretieren die heiligen Offenbarungen Allahs in zeitentsprechenden Bildern und Gleichnissen, damit
wir alles im Leben richtig deuten und verstehen können.
Frage:
Sufismus wird in unterschiedlichen Orden/ Bruderschaften praktiziert.
Welche Ausprägung verfolgt Sheikh Esref Efendi und die Berliner/ deutschen Sufis?
Sheikh Esref Efendi:
Allah sagt im heiligen Koran: „O Meine Gesandten! Sprecht zu den Leuten in einer Sprache, die
sie auch verstehen.“
Die Europäer und insbesondere die Deutschen sind Theaterliebhaber.
Sie lieben Theater und sie verstehen die Theatersprache am Besten. Wir geben die Wahrheit und
Realität der Existenz deshalb in einer theatralischen Art und Weise rüber. Wir spielen also ein
ernstes Spiel aus spirituellen Gesängen und Lehren. Das kommt gut an.
Sie ehren uns dann wie ... Till Eulenspiegel?
Frage:
Welche Unterschiede gibt es zu anderen Richtungen des Sufismus?
Sheikh Esref Efendi:
Es gibt 40 wahre Tariqa, Sufi-Orden, die sich vielleicht in ihren Methoden aber niemals in den
Richtlinien des Islam unterscheiden. Der Naqshibandi- Rabbani Orden ist der älteste, größte und
der einzige, den der heilige Prophet Muhammed Friede auf Ihm, im Auftrag Allahs selbst gegründet hat.
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Sufi-Zentrum Rabbaniyya
Frage:
Gibt es Zahlen über die Sufis? Weltweit? In Deutschland?
Wie hat sich der Glaube in Deutschland/ Berlin entwickelt?
Wer wird hier Sufi? Warum ist Sufismus auch für Menschen westlicher Prägung interessant? Wie
ist das Leitmotto: »Respekt säen ... Liebe ernten« zu verstehen?
Sheikh Esref Efendi:
Nach unserem Wissen ist der Naqshibandi-Rabbani Orden der größte und weltweit verbreiteteste
Sufi-Orden, auch in Deutschland am weitesten bekannt.
Die Menschen und insbesondere die Europäer kommen zum Sufismus, weil sie genug von Materialismus und Egoismus haben und nach wahrem Seelenfrieden suchen und, weil sie sich nach Liebe
und dem wahren Geliebten sehnen.
Sufismus ist der Pfad der Liebe, der aufrichtigen Nächstenliebe. Denn nur was aufrichtig ist, ist von
Beständigkeit. Aufrichtigkeit und Beständigkeit in der Liebe ist das, was viele Menschen suchen,
woanders aber nicht finden können.
Deshalb sagen wir: Respekt säen Liebe ernten. Weil Liebe nichts mit verstehen zu tun hat. Wir
haben am Anfang gesagt, Menschen verfolgen und verleugnen das, was sie nicht verstehen können.
Wenn sie sie wenigstens respektieren würden, könnten sie, wenn auch kein Verständnis, Liebe
ernten. Deswegen Respekt säen – Liebe ernten.
Frage:
Ich wäre auch dankbar für ein paar Worte zur Biographie von Sheikh Esref Effendi.
Was bedeutet es, im Westen orientalische Spiritualität zu leben und zu lehren? Ist er gezielt nach
Berlin gekommen oder entsendet worden?
Sheikh Esref Efendi:
Wir wurden im Jahre 1995 von unserem Großmeister Sheikh Muhammed Nazım el Haqqani el
Rabbani dazu beauftragt Menschen in allen Kulturschichten und Nationalitäten anzusprechen und
ihnen spirituell beizustehen. Europa und Deutschland haben dabei die Priorität gehabt. Natürlich
ist es für uns eine Ehre und ein Genuss den Europäern köstliches aus der himmlischen Küche Orients anzubieten. Wir sind geehrt.
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