Mascher: Yes, we can

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Mascher: Yes, we can
14 THEMA: MITEINANDER – GEGENEINANDER
Yes, we can
Obamas Wahlkampfvideo – Pop und Politik in Rondoform
ekkehard mascher
musik
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Arbeitsblätter
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Yes, we can – S. 18
Wer kennt wen? Mit Lösung – S. 19
Historische Daten in Obamas
New-Hampshire-Rede – S. 20-21
Dateien – DVD
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Film: Yes, we can
musikpaedagogik-online.de
Seit einiger Zeit ist das Musik-Video Yes, we
can zu haben, in dem der Musiker Will.I.am von
The Black Eyed Peas gemeinsam mit zahlreichen
KünstlerkollegInnen für den US-Präsidentschaftskandidaten des Wahlkampfs 2008, Barack Obama, auftritt. Will.I.am bezieht sich in seinem
Musik-Video auf Obamas Rede, die der Demokrat
am 8. Januar 2008 in New Hampshire gehalten
hat. Der Erfolg kann sich inzwischen sehen lassen: Mehrere Millionen Zugriffe sind in der ersten
Woche auf YouTube zu verzeichnen gewesen.
Die Vielfalt und Dichte der Videobotschaft macht
es nicht leicht, einen unterrichtlichen Zugang zu
ermöglichen; andererseits spricht die Emotionalität des Ausdrucks für sich und könnte zu einem
„Selbstläufer“1 werden.
Abgesehen von der politischen Aktualität bietet
dieses Video die Möglichkeit zu einer musikalischen Auseinandersetzung, die fachübergreifend im Politik-, Geschichts- und Englischunterricht ab Klasse 10 vertieft werden kann.
zum video
Das Lied Yes, we can steht in enger Verbindung
zu der Rede, die Barack Obama nach der Vorwahl
im Bundesstaat New Hampshire hielt. Sein Wahlkampfslogan, nach dem das Video benannt ist,
erinnert an das Si se puede der Landarbeitergewerkschafter Chávez und Huerta, die die United Farm Workers (UFW) gründeten, aber auch an
das von Martin Luther King propagierte We have
a dream.
So verwundert es nicht, dass mit Obamas Slogan
eine Aufbruchsstimmung empfunden wird, die
sich ansatzweise mit der Euphorie der Zeit um
Kennedy vergleichen lässt. „Seit den großen Reden in der Zeit von Kennedy und Martin Luther
King hat man ein solches Glory-Element in der
Politik nicht mehr gesehen“, meint Mediendramaturg Mikunda.2
Wenige Wochen nach der Rede wurde das Lied
durch den Sänger Will.I.am, Mitglied der HipHopGruppe The Black Eyed Peas, als Viral-Video veröffentlicht.3
Der politische Hintergrund
Es ist nicht ungewöhnlich, dass KünstlerInnen –
vor allem demokratische – Präsidentschaftskandidaten im Wahlkampf unterstützen. Die
Botschaft in diesem Video lautet: Obama ist der
Kandidat für jeden, denn das Video gestalten
MusikerInnen und SchauspielerInnen unterschiedlicher Herkunft: Schwarze, Weiße, Hispanics und asiatische Amerikaner. Es erscheint wie
eine Fortsetzung des Buchs Klang der Zeit von Richard Powers,4 in dem über eine Familie mit
zwei Hautfarben erzählt wird, die zu einer Zeit
lebte, als eine gemischte Ehe in vielen Staaten
der USA noch als Verbrechen angesehen wurde.
Besagte Familie jedoch vertraute ganz auf den
amerikanischen Traum: Jeder hat die Möglichkeit,
sich selbst zu erfinden – und das vor allen Dingen im Rahmen einer musikalischen Karriere.
Will.I.ams Botschaft lässt die Hautfarbe im Hintergrund; er thematisiert insbesondere die
Grundfrage nach der Menschlichkeit.
Das absichtsvoll in Schwarz-Weiß gedrehte Werk
ist schlicht und wenig aufwändig gestaltet. Dazu
Mikunda:5 „Schwarz-Weiß suggeriert, dass es
ums Prinzipielle geht. Und es sind die ,Farben
der Ewigkeit’.“ Es verarbeitet eine Übertragung
von Obamas ursprünglich 13 Minuten langer
New-Hampshire-Rede zu einer Art Collage von
vier Minuten und 30 Sekunden Länge: Die Dar-
Kostenloser Download für AbonnentInnen
▲
Aktuell zum amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf
wird ein Musikvideo über den demokratischen Kandidaten,
Barack Obama, inhaltlich und musikalisch analysiert.
Arbeitsblätter als PDF-Datei
stellerInnen wiederholen Obamas Worte als Chor
in Call-and-Response-Technik, während dessen
Stimme im Hintergrund zu hören ist. Das Lied ist
im Wesentlichen englischsprachig, mit Ausnahme
der Übersetzungen für „Yes, we can“ auf hebräisch, „ken, an(ach)nu yecholim“, und spanisch, „si, podemos“ und „sí, se puede“, sowie
in die Gehörlosensprache American Sign Language.
Viral-Video
Es handelt sich um ein Viral-Video. In der Neuschöpfung des Wortes „viral“, zusammengesetzt
aus „virtuell“ und „oral“, geht es um die Verbreitungsform: Ein Video, das über das Internet
verbreitet wird und durch Mund-zu- Mund-Propaganda bekannt gemacht wird. Es erinnert an
Flugblätter, die in den Zeiten, als die Druckmaschine zu den innovativen Verbreitungsmöglichkeiten gehörte, wesentlich dazu beigetragen
haben, neue Ideen publik zu machen und Massen in Bewegung zu setzen.
den stil der rede erkennen
Als erster Ansatzpunkt bietet es sich an, den Text
(Arbeitsblatt „Yes, we can“), bzw. Abschnitte
daraus, auf englisch oder deutsch laut zu lesen
und dabei zu versuchen, unterschiedliche Ausdrucksformen zu finden. Die SchülerInnen sollen
versuchen, so zu sprechen wie beispielsweise ein
Gewerkschaftler am 1. Mai, ein Pastor von der
Kanzel, ein Verteidiger beim Plädoyer seines
Klienten oder auch in der Weise, wie Obama im
Fernsehen erlebt wird. Dabei kann zum einen
die religiöse Grundstimmung deutlich werden,
zum anderen wird erfahren, dass die ständige
Wiederholung des „Yes, we can“ die innere
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Spannung der Rede erhöht, vor allen Dingen,
wenn es nicht von dem Redner selbst, sondern
von einer kleinen Gruppe rezitiert und eingeworfen wird.
wer kennt wen?
2. Video: Wer kennt welche KünstlerInnen aus welchen Zusammenhängen? Und
wie wirkt die Musik?
Arbeitsblatt „Wer kennt wen?“
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Ein zweiter Ansatz kann darin bestehen, die 37
KünstlerInnen genauer in Augenschein zu nehmen, die für das erreichte „Wir-Gefühl“ stehen
(Video Yes, we can, Arbeitsblatt „Wer kennt
wen?“): Bis auf die Basketball-Legende Kareem
Abdul-Jabbar und den Jazz-Pianisten Herbie
Hancock gehört der überwiegende Teil der DarstellerInnen der in den 70er-Jahren geborenen
Generation an, die jüngste - neben dem Sohn
von Amber Valletta – ist die 1984 geborene
Scarlett Johansson. Will.I.am, Rapper und HipHop-Produzent, hat vor allen Dingen SchauspielerInnen für dieses Video engagiert, ferner
Drehbuchautoren, Filmproduzenten und Models.
Die beteiligten MusikerInnen, KomponistInnen
und Songwriter arbeiten in den Bereichen Rock,
HipHop, Soul, Funk, Rap, Jazz und R&B.
Interessant sind ethnische und kulturelle Zusammenhänge: Beteiligt sind Afroamerikaner, Hispanics und asiatische Amerikaner sowie der bekennende Moslem Kareem Abdul-Jabbar. Jüdischen
Hintergrund haben Maya Rubin, die ihren Teil
hebräisch spricht, und Shoshanna Stern, die sich
in der amerikanischen Gehörlosensprache ausdrückt, sowie die spanisch sprechenden Kubaner
bzw. Puertoricaner Adam Rodriguez und Enrique
Murciano.
3. Textarbeit: Schlüsselbegriffe werden
wirkung erkennen
unterstrichen und auf ihren historischen
Gehalt hin untersucht.
Arbeitsblätter „Yes, we can“ und „Historische Daten in Obamas New-HampshireRede“
Die Frage nach der Wirkung der Musik werden
die SchülerInnen vermutlich schnell beantworten
wollen, sie knüpft an die in der Textarbeit an,
bei der die religiöse Komponente herausgearbeitet wurde. Nahe liegend sind Kommentare
wie „mitreißend“, „Aufbruchstimmung“ und
„Wir-Gefühl“. Vertiefend kann erfragt werden,
wie diese Gefühle eigentlich erzeugt werden und
welche Botschaften noch transportiert werden.
Stundenverlauf
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1. Teile des Texts werden in unterschiedlicher Form vorgetragen (z. B. als Predigt,
Kundgebung, Plädoyer...). Welcher Stil
passt am besten zum Inhalt?
Arbeitsblatt „Yes, we can“
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4. Video: Kartenabfrage: Welche Besonderheiten fallen auf? Karten aufhängen
und nach Themenschwerpunkten sortieren.
5. Vertiefung der verschiedenen Themen
in Gruppen: Bilder und Symbole – Sprache
– Musik
6. Präsentation der Gruppenarbeiten,
verknüpft mit einer Pro- und ContraDiskussion.
1776, die vor allen Dingen auf das Gleichheitsprinzip der Menschen hinweist. Aber auch das
Manifest „Destiny“ klingt an, das einen göttlichen Auftrag zur Expansion beinhaltet und in
den Zeiten des Goldrausches um 1849 besondere
Wichtigkeit erlangte. Die Frage nach Rassenunterschieden wird im Text nur angedeutet – in
dem Hinweis darauf, dass die Sklaverei in den
USA im Jahre 1865 abgeschafft wurde.6
Außerdem thematisiert werden die Arbeiterbewegung, besonders die von Chávez und Huerta
1962 gegründeten Landarbeitergewerkschaft, und
das – gegen Präsident Wilsons anfänglichen Widerstand – errungene Frauenwahlrecht. Mit der
geschickten Andeutung der biblischen Geschichte
von Josua und Kaleb (die den Stammesvertretern
des Volkes Israel von einem Berg aus das Land
zeigten, in dem Milch und Honig fließen sollen)
und dem Hinweis auf den erfolgreichen König
David nimmt der Text eigentlich Bezug auf Martin
Luther King, der 1963 in Washington seine berühmte Rede mit dem Titel I have a Dream hielt.
Weiter geht es mit der erfolgreichen Apollo-11Mission 1969, die von Kennedy bereits 1961 angekündigt wurde. „Die Welt zu reparieren“ könnte
verweisen auf die Problematik um das 1992 von
den USA nicht unterzeichnete Kyoto-Protokoll
und die notwendige Einsicht, sich als Nation an
der Eindämmung einer Klimakatastrophe zu
beteiligen.
Neben diesen historischen Andeutungen, die
zum Ziel haben, US-amerikanische Leistungen in
Erinnerung zu rufen, sich dabei aber nicht nur
auf materielle und wirtschaftliche Fragen zu reduzieren, sondern vor allen Dingen auch die der
Gleichberechtigung und der Menschenwürde zu
berücksichtigen, werden keine konkreten Ziele
für die Zukunft genannt. Es gibt lediglich den
Hinweis darauf, dass Ziele nur gemeinsam erreicht werden können, dass sie das ganze Land
betreffen und dass die Benachteiligten davon
profitieren werden – ganz im Sinne eines John F.
Kennedy und Martin Luther King. Das Video
transportiert urtypische liberale amerikanische
Botschaften.
historische zusammenhänge erforschen
video beobachten
Nun sollten Schlüsselbegriffe markiert werden,
die auf besondere Stationen amerikanischer Geschichte hinweisen, ausführliche Informationen
dazu gibt das Arbeitsblatt „Historische Daten in
Obamas New-Hampshire-Rede“. Dazu gehören
zunächst Daten zur Einwanderung sowie die von
Jefferson verfasste Unabhängigkeitserklärung von
Das Video kann zunächst ohne spezielle Arbeitsaufträge gesehen werden, aber Besonderheiten,
die SchülerInnen auffällig erscheinen, sollten auf
Karteikarten notiert werden (jeder erhält drei
Karten, pro Karte ein Stichwort). Anschließend
werden die Äußerungen an einen für alle sichtbaren Ort gehängt, kommentiert und nach
musik
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Schwerpunkten geordnet. Die Rubriken können
sich auf die Bilder beziehen (Schnitt, Aufteilung,
Kameraführung, besondere Stilmittel), auf Symbole (Zeichen, Kleidung, Hintergründe), auf die
Sprache (Sprachrhythmus, Stil, Einblendungen,
Texte im Bild) und auf die Musik (Instrumente,
Gesang, Sprache, Rhythmus, O-Ton, Fremdton).
Ein zweites Sehen des Videos sollte mit speziellen
Gruppenaufträgen verbunden werden, die sich
inhaltlich an den Schwerpunkten der Kartenabfrage orientieren können. Einige Punkte sollten
auf jeden Fall gesehen und angesprochen werden:
Bilder und Symbole
Bis auf das rot eingefärbte Wortspiel am Ende des
Videos „hope – vote“, bei dem die gleichen Buchstaben stehen bleiben und die unterschiedlichen
ersetzt werden, ist der ganze Film in SchwarzWeiß gedreht. Die Bildaufteilung erinnert an ein
Tryptichon, der Bildschnitt steht in keinem besonderen Zusammenhang zur Musik, offensichtlich
sollen Schemata vermieden werden. Gezeigt werden Menschen in ihrem Alltags-Outfit, und es
scheinen vor allem Multiplikatoren, Lifestylebetonte und jüngere Liberale angesprochen zu sein.
Sprache
Wie nah die Sprache selbst an der Musik ist, zeigt
sich darin, dass die Grundidee für dieses Video im
O-Ton der Obama-Rede begründet liegt, der die
ganze Zeit unterlegt ist und häufig nur mitgesprochen wird. In das Bildgeschehen sind einzelne Worte eingeblendet, zu Beginn zweimal „Yes,
we can“, später erscheinen die Wörter „change“,
„hope“ und abschließend das oben erwähnte
Wortspiel aus „hope“ und „vote“. Die Auswahl
derjenigen Personen, die besondere Textbotschaften übermitteln, ist nicht zufällig getroffen
worden: So sprechen Will.I.am und Obama über
die Unabhängigkeitserklärung, Kareem AbdulJabbar und Common erwähnen gemeinsam mit
Obama die Sklavenbefreiung, Tatyana Ali übernimmt das Frauenwahlrecht und John Legend
berichtet von König David und Martin Luther
King. Shoshannah Stern zeigt in Gebärdensprache den Textausschnitt „egal welche Hindernisse im Wege stehen“, und zu der „Macht von
Millionen“ ist eine skandierende Menge als
Fremdton eingeblendet. Humorvoll erscheint
Fonzworth Benthleys kurzer Beitrag auf der Violine, der dem Textausschnitt „zunehmend laut
und schrill“ zugeordnet ist. Auch die Einwürfe
des „Yes, we can“ in hebräischer und spanischer
Sprache scheinen bedeutungsvoll zu sein.
THEMA: MITEINANDER – GEGENEINANDER 17
Musik
Das Stück lässt sich als musikalische Collage mit
einem Chor, der in Call-and-Response den musikalischen Refrain wiedergibt, beschreiben.
Will.I.am hat die Musik sehr dezent zusammengestellt. Die Nähe zum Soul fällt auf und sorgt für
eine religiöse Stimmung. Die sehr schlichte und
instrumental reduzierte Begleitung beschränkt
sich auf: G-Dur, H-Dur, e-Moll, C-Dur-Nonakkord;
die Bridge im letzten Drittel (Einwurf der Violine)
besteht aus den Akkorden a-Moll, C-Dur und GDur. Begleitet wird die Musik von einer Gitarre,
später ergänzt eine weitere Gitarre einzelne Töne,
es folgt ein kurzer Einwurf einer Violine, am Ende
spielt ein Klavier. Alle Instrumente werden einoder zweimal eingeblendet, der Hörer empfindet
deshalb das Instrumentarium für den gesamten
Verlauf des Videos als O-Ton. Für einen kurzen
Moment erscheint das „Yes, we can“ in einem
gemeinsam gesprochenen Rhythmus (zwei
punktierte Viertel, eine Viertel).7
ist musik als mittel des
wahlkampfs legitim?
Die Botschaft lautet: Neues und fast unerreichbar
Erscheinendes wagen und sich gleichzeitig in der
Sicherheit des Alten und Vertrauten wiegen, indem man sich auf die errungenen Erfolge besinnt. Dabei entsteht durch die ständigen Wiederholungen eine dramaturgische Überhöhung
des Präsidentschaftskandidaten. Das passiert zum
einen auf der linearen Ebene, indem sich von
Anfang bis Ende „Yes, you can“ durch den Song
zieht. Aber es passiert auch auf einer zweiten,
horizontalen Ebene, wenn alle Stars in Obamas
Rede mit einstimmen und diese auch kommentieren. Wünsche und Bedürfnisse aller Zielgruppen werden thematisiert, alle fühlen sich
einbezogen und ernst genommen, nichts bleibt
dem Zufall überlassen. Es entsteht ein emotionales Wir-Gefühl, eine Aufbruchstimmung – aber
wohin eigentlich? Konkrete politische Ziele werden nicht genannt.
Abschließend lohnt es sich, den Ausgangspunkt
nach der Wirkung des Videos noch einmal zu
thematisieren und zu fragen, ob Musik überhaupt so manipulativ in einen Wahlkampf
eingreifen darf. Dafür böte sich eine Pro- und
Kontradiskussion an: Auf der einen Seite ist zu
würdigen, dass sich namhafte KünstlerInnen
hinter ihren Favoriten stellen und mit ihren Mitteln eine hohe Emotionalität erzeugen, um eine
neue Aufbruchstimmung zu initiieren. Auf der
anderen Seite muss der leisen Frage Raum ge-
geben werden, ob ein Verzicht auf klare politische Ziele zugunsten einer emotionalen Aussage,
verknüpft mit der Stärkung eines Wir-Gefühls, als
(musikalisches) Mittel eingesetzt werden darf –
angesichts einer deutschen Geschichte, die sich
mit politisch-musikalischer Manipulation während des Nationalsozialismus auseinandersetzen
musste.
coda: und wieso
eigentlich rondoform?
Formfragen spielen in der Praxis des Musikunterrichts eine große Rolle, denn sie scheinen unter
anderem geeignet zu sein, messbare und halbwegs objektive Klausurleistungen von SchülerInnen einfordern zu können. Andererseits: Man
verscherzt sich viel, wenn der Blick auf den Inhalt zweitrangig wird und das Rondo auf
„A B A C A D A“ reduziert wird. Der eigentliche
Reiz liegt doch im Wechselspiel zwischen einem
innovativen Teil, der immer wieder nach neuen
unbekannten Wegen sucht, und einem konservativen Teil, der nach Sicherheit und Rückhalt
verlangt. Und genau diese beiden Ebenen sind in
dem Obama-Video angesprochen: Auf der einen
Seite zeigt es historische Beispiele für horizonterweiternde und rahmensprengende Situationen, auf der anderen Seite spiegelt es ein sich
immer wiederholendes und beschwörendes Vergewissern.
Wenn auch das formale Regelwerk relativ
schlecht erkennbar ist; das innere Miteinander
und Gegeneinander ist so stark, dass SchülerInnen die musikalische Form als notwendigen
Ausdruck eines inneren Prozesses erleben und
auf andere musikalische Beispiele übertragen
können.
1 Annika Voss hat sich gemeinsam mit ihren MitschülerInnen
des Leistungskurses 12 in der Schillerschule Hannover mit diesen Inhalten auseinander gesetzt.
2 Christian Mikunda in der österreichischen Tageszeitung Der
Standard vom 10. Februar 2008.
3 www.Dipdive.com und www.youtube.com > Stichwort
„obama will.i.am, can“, vergleiche auch die Rede Obamas
unter www.youtube.com > Stichwort „barack obama new
hampshire“.
4 Richard Powers: Der Klang der Zeit, Frankfurt/Main 2005.
5 Christian Mikunda, a.a.O.
6 Zum politischen Konzept gehört es, Fragen der Gleichberechtigung zu stellen, aber Rassendiskriminierung inhaltlich zu vermeiden: „Ein Schwarzer, der zornig ist, ist für die
Weißen nicht wählbar“ (Der Spiegel Nr. 7/12.2.08: Der Messias-Faktor, S. 96).
7 siehe Notenbeispiel Seite 18.
18 ARBEITSBLATT
Yes, we can
Yes,
!
we
can.
Yes,
we
can.
Barack Obama, ein Ausschnitt aus
dem Video Yes, we can und der
Grundrhythmus des Songs (v. l. n. r.)
Tragt Teile des Texts in unterschiedlicher Form
vor (z. B. als Predigt, Kundgebung, Plädoyer...).
Welcher Stil passt am besten zum Inhalt?
Text: Barack Obama
Übersetzung: Ekkehard Mascher
It was a creed written into the founding documents that declared
the destiny of a nation.
Yes, we can.
Es war ein Credo, das in der Unabhängigkeitserklärung stand und welches
das Schicksal einer Nation bestimmte.
Ja, wir können.
It was whispered by slaves and abolitionists as they blazed a trail
toward freedom.
Yes, we can.
Es wurde von Sklaven und Gegnern der Sklaverei geflüstert, als sie sich
einen Weg zur Freiheit bahnten.
Ja, wir können.
It was sung by immigrants as they struck out from distant shores
and pioneers who pushed westward against an unforgiving
wilderness.
Yes, we can.
Es wurde von Einwanderern gesungen, die von entfernten Küsten kamen
und von Pionieren, die nach Westen in eine undurchdringliche Wildnis
stießen.
Ja, wir können.
It was the call of workers who organized; women who reached for
the ballot; a President who chose the moon as our new frontier;
and a King who took us to the mountaintop and pointed the way
to the Promised Land. Yes, we can to justice and equality. Yes, we
can to opportunity and prosperity. Yes, we can heal this nation.
Yes, we can repair this world.
Yes, we can.
Es war der Aufruf von Arbeitern, die sich organisierten, von Frauen, die
nach den Stimmzetteln griffen, einem Präsidenten, der den Mond als neue
Grenze wählte und einem König,* der uns mit auf den Gipfel nahm, um
uns den Weg zum verheißenen Land zu zeigen. Ja, wir können Gerechtigkeit und Gleichheit finden. Ja, wir können Chancen und Wohlstand
erlangen. Ja, wir können diese Nation heilen. Ja, wir können diese Welt
reparieren.
Ja, wir können.
We know the battle ahead will be long, but always remember that
no matter what obstacles stand in our way, nothing can stand in
the way of power of millions of voices calling for change.
We have been told we cannot do this by a chorus of cynics who
will only grow louder and more dissonant. We’ve been asked to
pause for a reality check. We’ve been warned against offering the
people of this nation false hope. But in the unlikely story that is
America there has never been anything false about hope.
The hopes of the little girl who goes to a crumbling school in Dillon
are the same as the dreams of the boy who learns on the streets of
LA;
we will remember that there is something happening in America;
that we are not as divided as our politics suggests; that we are one
people; we are one nation; and together, we will begin the next
great chapter in America’s story with three words that will ring
from coast to coast; from sea to shining sea –
Yes. We. Can.
Wir wissen, dass der Kampf lang sein wird, aber bedenkt, dass, egal welche
Hindernisse im Wege stehen, nichts der Macht von Millionen von Stimmen
widerstehen kann, die Veränderung wollen.
Uns ist gesagt worden, dass wir das nicht erreichen können, von einem
Chor von Zynikern, die nur allmählich lauter und schriller werden. Wir sind
gebeten worden, innezuhalten, um die Realität zu überprüfen. Wir sind
davor gewarnt worden, den Menschen dieser Nation falsche Hoffnungen zu
machen. Aber in der einzigartigen Geschichte Amerikas war es niemals
falsch, Hoffnung zu geben.
Die Hoffnungen des kleinen Mädchens, das in eine verkommene Schule in
Dillon geht, sind dieselben wie die Träume des Jungen, der auf den Straßen
von LA lernt; wir werden uns erinnern, dass etwas in Amerika geschieht;
dass wir nicht so geteilt sind, wie es uns die Politik einredet; dass wir ein
Volk sind; dass wir eine Nation sind; und gemeinsam werden wir das
nächste große Kapitel in Amerikas Geschichte beginnen, mit drei Wörtern,
die von Küste zu Küste klingen werden, von Ozean zu Ozean –
Ja. Wir. Können.
* Wortspiel: gemeint ist Martin Luther King, aber auch König David.
0:01 = Will.I.am, Rapper und Hip-Hop-Produzent, Mitglied der Hip-Hop-Band The Black Eyed Peas; 0:05 = Scarlett Johansson, Schauspielerin; 0:21 = Kareem Abdul-Jabbar, ehemaliger Basketballspieler; 0:23 = Common, Rapper; 0:32 = John Legend, R&B-Musiker und Songwriter; 0:37 = Bryan Greenberg (Gitarre), Schauspieler; 0:44 = Kate Walsh, Schauspielerin; 0:44 = Tatyana Ali,
Schauspielerin und Sängerin; 0:49 = Harold Perrineau, Jr., Schauspieler; 1:01 = Aisha Tyler, Schauspielerin; 1:03 = Samuel Page, Schauspieler; 1:07 = Enrique Murciano, Schauspieler; 1:08 = Maya
Rubin, Schauspielerin; 1:10 = Esthero (Jenny-Bea Englishman), Sängerin und Songwriterin; 1:23 = Eric Balfour, Schauspieler; 1:30 = Nicole Scherzinger, Tänzerin, Sängerin und Schauspielerin; 1:41
= Taryn Mannning, Schauspielerin; 1:52 = Amber Valletta, Supermodel und Schauspielerin; 1:52 = mit Sohn Auden McCaw; 1:52 = Kelly Hu, Schauspielerin; 1:56 = Adam Rodriguez, Schauspieler;
2:02 = Eric Christian Olsen, Schauspieler; 2:02 = Sarah Wright, Schauspielerin und Model; 2:04 = Shoshannah Stern, Schauspielerin; 2:19 = Ed Kowalczyk (Gitarre), Rockmusiker; 2:38 = Fonzworth
Benthley (Violine), Musiker; 3:24 = Amaury Nolasco, Schauspieler; 3:27 = Hill Harper, Schauspieler; 3:36 = Nick Cannon, Rapper; 3:41 = Herbie Hancock (Klavier), Jazzpianist und Komponist; 3:45 =
Johnathon Schaech, Schauspieler, Drehbuchautor und Filmproduzent; 3:50 = Austin Nichols, Schauspieler; 4:00 = Tracee Ellis Ross, Schauspielerin; 4:03 = Fred Goldring (Gitarre), Musiker, Anson
Mount, Schauspieler und Model, Alfonso Ribeiro, Schauspieler, Cliff Collins, Vera Farmiga, Schauspielerin
Amaury Nolasco
Hill Harper
Herbie Hancock
Eric Christian Olsen
Aisha Tyler
Kate Walsh
Will.I.am
Scarlett Johansson
Cliff Collins
Sarah Wright
Common
John Legend
Bryan Greenberg
Taryn Manning
Tatyana Ali
Harold Perrineau
Samuel Page
Enrique Murciano
Johnathon Schaech
Esthero
Eric Balfour
Nicole Scherzinger
Adam Rodriguez
Amber Valletta
Kelly Hu
Kareem Abdul-Jabbar
Fred Goldring
Vera Farmiga
Maya Rubin
Ed Kowalczyk
Fonzworth Benthley
Alfonso Ribeiro
Shoshannah Stern
Nick Cannon
Austin Nichols
Tracee Ellis Ross
Anson Mount
Minute 4
Minute 3
Minute 2
Minute 1
Minute 0
!
In dem Musikvideo Yes, we can treten 37 SchauspielerInnen und MusikerInnen auf.
Welche Namen (oder Gesichter) sind dir bekannt? Aus welchem Zusammenhang kennst du die Personen (Fernsehen, CD, DVD, Internet o. Ä.)?
Wann treten sie auf? Notiere in der Zeitleiste deine Ergebnisse.
Wer kennt wen?
ARBEITSBLATT
19
20 ARBEITSBLATT
Historische Daten
in Obamas New-Hampshire-Rede
Einwanderung von 1628 bis 1775
Etwa 20000 englische Puritaner, 8000 Holländer, 45000 englische Royalisten und Quäker,
250000 schottische Iren siedelten sich in den USA an. (Bild: Karte von New Amsterdam –
New York, 1685)
Declaration of Independence
Am 4. Juli 1776 erklärten die dreizehn britischen Kolonien ihre Unabhängigkeit von Großbritannien und ihr
Recht, einen eigenen souveränen Staatenbund aufzubauen. In der von Thomas Jefferson verfassten Gründungsurkunde heißt es: „Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen
wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter
Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit sind.“ Damit wurden erstmalig allgemeine Menschenrechte formuliert, auch wenn sie in der späteren Praxis zunächst nur frei geborenen, weißen Männern in
vollem Umfang zugestanden wurden, nicht aber Frauen, Sklaven und freien Schwarzen. (Bild: Deklaration)
Einwanderung von 1776 bis 1849
500000 Deutsche und Millionen von Iren wanderten nach Amerika aus. Die Einwanderung wurde während der Zeit der
westwärtigen Besiedelung („Frontier“) gefördert. Man sicherte den NeubürgerInnen Land aus Gemeinbesitz als Eigentum
zu, wenn sie dieses für mindestens fünf Jahre nutzten. Manifest Destiny („offenkundige Bestimmung“) meint einen
göttlichen Auftrag zur Expansion, insbesondere in Richtung Pazifik. Manifest Destiny war ein allgemeiner Begriff, der
Elemente des amerikanischen Nationalismus mit Expansionismus und Rassismus vereinigte. (Bild: Deutsche EmigrantInnen schiffen sich in Hamburg ein)
Sklaverei
Sklaverei gab es vor allen Dingen in den Südstaaten der USA, die in großer Zahl Menschen aus Afrika als Arbeitskräfte für
die Landwirtschaft importierten. Dabei sind hunderttausende von Schwarzen ums Leben gekommen. Mit der Sklaverei
entwickelte sich auch der Rassismus der Weißen gegenüber der einheitlich schwarzen Sklavenbevölkerung. Die unterschiedlichen Sichtweisen der Politiker zum Thema „Sklaverei“ führten unter anderem zur Sezession, dem Austritt einiger
Staaten aus den Vereinigten Staaten von Amerika. Durch die Sezession kam es zum Ausbruch des Amerikanischen
Bürgerkrieges, in dem sich die abolitionistischen, die Sklavenhaltung ablehnenden Nordstaaten durchsetzten. Verboten
wurde die Sklaverei in den USA am 18. Dezember 1865, aber die ehemaligen Sklaven waren dennoch in vielen Bereichen der USA nicht gleichberechtigt. Der meist friedliche Kampf für Gleichberechtigung und gegen Rassentrennung
setzte sich bis in die späten 60er-Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts fort. (Bild: Sklaven beim Musizieren)
Industrial Workers Of The World
Die „Industrial Workers Of The World“ wurde am 27. Juni 1905 in Chicago von Delegierten verschiedener Einzelgewerkschaften, Sozialisten und militanten Arbeiterführern gegründet. Sie organisierte insbesondere die von
der traditionellen Arbeiterbewegung vernachlässigten gesellschaftlichen Gruppen: Frauen, ungelernte Arbeiter,
Wanderarbeiter, asiatische Amerikaner und Afroamerikaner.
Einen erneuten Aufschwung nahm sie durch die Bürgerrechtsbewegung sowie die Jugend- und Studentenrevolten
der 1960er-Jahre. Eine nächste Welle folgte ab 1986, nachdem die Politik der Reagan-Regierung die arbeitende
Bevölkerung benachteiligt hatte. (Bild: Logo IWW)
ARBEITSBLATT
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Frauenwahlrecht
Die Verfassung bestimmte ursprünglich, dass bei Wahlen des Kongresses und des Präsidenten jeder
das aktive Wahlrecht hat, der in seinem Bundesstaat für die größte Parlamentskammer aktiv wahlberechtigt ist. Damit stand es den Bundesstaaten frei, Bevölkerungsgruppen per Gesetz von der Wahl
auszuschließen. Erst 1919 wurde trotz des anfänglichen Widerstands seitens des Präsidenten Woodrow Wilson das Frauenwahlrecht zugelassen. (Bild: Demonstration von Frauen, New York, 1912)
Einwanderung von 1850 bis 1930
Fünf Millionen Deutsche, drei Millionen Menschen aus Österreich-Ungarn und zwei Millionen Italiener
wanderten nach USA aus. (Bild: Österreichisch-Ungarische Auswanderer, Triest Anfang des 20. Jahrhunderts)
United Farm Workers
Die Landarbeitergewerkschaft „United Farm Workers“ wurde 1962 von César Chávez, Philip Vera Cruz, Dolores
Huerta, and Larry Itliong gegründet. (Bild: Die UFW gibt es auch heute noch: die offizielle Homepage)
I have a Dream
I have a Dream ist der Titel einer berühmten Rede von Martin Luther King, die er anlässlich der
großen Protestkundgebung „March on Washington for Jobs and Freedom“ am 28. August 1963
in Washington vor dem Lincoln Memorial hielt. Mehr als 250000 Menschen nahmen an der
Kundgebung teil. I have a Dream war eine der wichtigsten Ansprachen während des Marsches
der Bürgerrechtsbewegung nach Washington für Arbeitsplätze, Freiheit und Gleichheit speziell
für die afroamerikanische Bevölkerung der USA. (Bild: Martin Luther King bei seiner berühmten
Rede am Lincoln Memorial in Washington)
Apollo 11
20. Juli 1969: Die Apollo-11-Mission war die erste bemannte Mission mit dem Ziel der weichen Landung auf dem Mond.
Deren erfolgreiche Durchführung wurde weltweit von rund 500 Millionen Menschen am Fernseher verfolgt. Sie erfüllte
die Ankündigung von US-Präsident John F. Kennedy aus dem Jahre 1961, noch vor dem Ende des Jahrzehnts einen
Menschen zum Mond und wieder sicher zurück zur Erde zu bringen. (Bild: Buzz Aldrin betritt den Mond)
Kyoto-Protokoll
Im Juni 1992 fand in Rio de Janeiro die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung
(UNCED) statt. Zu der bis dahin weltgrößten internationalen Konferenz reisten Abgesandte fast aller
Regierungen nach Brasilien. Die dort getroffene Klima-Rahmenkonvention, das so genannte KyotoProtokoll, verankerte völkerrechtlich verbindlich das Ziel, einen gefährlichen und menschlich verursachten Eingriff in das Klimasystem der Erde zu verhindern. Einige wenige Staaten wie die USA haben
das Protokoll nicht unterzeichnet. (Bild: Wolkenwirbel vor der amerikanischen Küste)

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