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Inhalt Vorwort Interview mit dem Sammler Bruno Werdelmann Katalog Fremde Wesen und Ausländer Chinesische Unsterbliche Chinesische Figuren aus Geschichte, Literatur und Alltag Buddhistische Figuren Volksglaube und Folkore Figuren aus der japanischen Literatur Stände und Berufe Alltagsleben Kinder Fabeltiere Fauna Flora Gegenstände Masken Ojime, Inro und Tabakwaren Anhang Signaturen Kurzbiografie 1 Vorwort Viele berühmte Museen verdanken ihre Schätze bürgerlichem Engagement. Aus Leidenschaft für die Kunst entwickelte sich nicht selten der Wille, das private Vergnügen zum Wohle der Allgemeinheit öffentlich zu machen. Ausgehend von den Wunderkammern der Renaissance, als die ersten privaten Sammlungen mit dem Ziel entstanden, gleichermaßen dem Besitz und der Wissenschaft zu dienen, hat sich im 19. Jahrhundert eine bürgerliche Sammeltradition ausgebildet, die bis heute fortdauert. Eine nicht nachlassende Neugierde auf das Fremde, aus der sich eine hochspezielle Kennerschaft des japanischen Gürtelschmucks des 18. bis 20. Jahrhunderts entwickelt hat, begründet die Sammlung Werdelmann. Es freut uns, daß wir zeitgleich mit der Neupräsentation der Sammlung museum kunst palast die Früchte der mehr als dreißig Jahre dauernden Leidenschaft des Sammlers Professor Bruno Werdelmann erstmals vollständig vorstellen können. Dank seiner großzügigen Schenkung verbleibt die Sammlung geschlossen im museum kunst palast, wo sie die Bestände von Japonica mit Schwertstichblättern (tsuba) und japanischen Farbholzschnitten des 19. Jahrhunderts um ein bedeutendes Konvolut plastischer Arbeiten erweitert. Die Schenkung Werdelmann umfaßt nicht nur Netsuke (Gürtelknebel), sondern auch sagemono (Behältnisse, die vom Gürtel herabhängen) und eine Vielzahl von Südostasiatika. Anläßlich der Schenkung erscheint der vorliegende Katalog, der Bedeutung und Umfang insbesondere der Netsuke würdigt. Der Grundstein zu dieser Publikation wurde bereits vor fünfzehn Jahren gelegt, als die Sammlung Werdelmann im ehemaligen Kunstmuseum vorgestellt wurde und der Katalog schon bald ausverkauft war. Seither hat sich das Sammlungskonvolut mit mehr als 1100 Objekten fast verdoppelt, was eine neue wissenschaftliche Aufarbeitung verlangte. Die ungebrochene Faszination, die die Netsuke auch heute noch auf den Betrachter ausüben, rührt einerseits von ihrem unerschöpflichen Formen- und Themenreichtum, der von äußerster Eleganz bis hin zum Burlesken, von besonderer ästhetischer Schönheit zu karikierender Verzerrung reichen kann. Ein anderer Grund mag der Assoziationsreichtum der erzählerischen Darstellungen sein, die die Geschichte der japanischen und chinesischen Kultur, ihre Spiritualität, ihre Mythen, aber auch das alltägliche Leben widerspiegeln. Die Motive reichen von buddhistischen Figuren und Glücksgöttern, Tieren, Pflanzen, Früchten und Blumen, literarischen Figuren, Ausländern, Masken und Berufen bis hin zu alltäglichen Gegenständen, zu denen der Interessierte im vorliegenden Katalog ausführliche Erläuterungen findet. Für die wissenschaftliche Erschließung der Sammlung zeichnete Patrizia Jirka-Schmitz verantwortlich, die mit ihrem fundierten Fachwissen über Stilgeschichte der Netsuke, ihren Schnitzern und regionalen Besonderheiten eine unerläßliche Zugangshilfe für den Betrachter geschaffen und einen Grundstein für weitere Forschungen gelegt hat. Im Hause hat die Leiterin des Sammlungsbereiches Skulptur und angewandte Kunst, Barbara Til, unterstützt von Elke Dichter, das Projekt über Jahre mit großem, persönlichem Engagement und in enger Zusammenarbeit mit 2 dem Sammler betreut. Hierfür und für die reizvolle Präsentation eines eigens für die Sammlung eingerichteten Kabinetts gilt beiden mein herzlicher Dank. Ebenso möchte ich dem Fotografen Lothar Milatz danken, dessen aufwendige Aufnahmen wesentlich zum Gelingen des Kataloges beigetragen haben. An dieser Stelle sei auch unseren Förderern gedankt. Die Verwirklichung des Katalogs wäre ohne die großzügige Unterstützung seitens der Firma Henkel, der freunde museum kunst palast und der Ernst Poensgen-Stiftung nicht möglich gewesen. Für die generöse Schenkung möchte ich Professor Bruno Werdelmann meinen größten Dank aussprechen. Mit seiner Entscheidung, die Sammlung dem Düsseldorfer museum kunst palast zu vermachen, hat er einen bedeutenden Beitrag zur Komplettierung unserer kleinen, aber hochwertigen Sammlung von japanischer Kunst des 18. bis 20. Jahrhunderts geleistet. Nicht nur die Schenkung als solche, sondern auch das Zusammentreffen mit diesem engagierten, großzügigen und warmherzigen Sammler stellten für mich eine außerordentliche Bereicherung dar. Die Sammlung Werdelmann ist für eine Institution mit internationaler Strahlkraft, die sich zudem der Kunst der fünf Kontinente verschrieben hat, ein wertvoller Zuwachs und für den Besucher sicherlich eine wahre Augenweide. Jean-Hubert Martin Generaldirektor 3 Gespräch mit dem Sammler Bruno Werdelmann Hinter jeder privaten Sammlung steht eine passionierte Persönlichkeit mit einer besonderen Motivation, die sich in den Inhalten und thematischen Bezügen der Sammlungen spiegelt und gleichzeitig aber auch persönliche Vorlieben offenbart. Bereits in jungen Jahren war Bruno Werdelmann von der Kunst und Kultur Asiens fasziniert. Verschiedene Auslandsaufenthalte vertieften dieses Interesse, besonders für die japanische Kultur. Doch zunächst begann er, Skulpturen und Bronzefiguren aus dem südostasiatischen Raum zu erwerben. Dann und wann kaufte er auch Netsuke, meist jedoch als kleines Geschenk für Freunde und Kollegen, bis er sich irgendwann selbst dem Sammeln der kleinen, handschmeichlerischen japanischen Schnitzereien aus Elfenbein und Holz zuwandte. So entstand über die Jahre hinweg eine hinreißende Sammlung von hoher künstlerischer Qualität, die heute über 1000 Netsuke umfaßt, dazu eine Vielzahl von inrô, ojime, Tabaksgarnituren, Pfeifenfutteralen und Pfeifen. Professor Werdelmann, wie kam es zu dieser Leidenschaft für die asiatische Kultur und besonders zu Ihrer Vorliebe für japanische Netsuke? Als Kind faszinierten mich ganz besonders die Mitbringsel von Verwandten aus Fernost: asiatische Souvenirs wie japanische Lackarbeiten, chinesisches Porzellan, indonesische Batik und Buddha-Statuetten. Mit wahrer Hingabe las ich Reisebeschreibungen und Abenteuergeschichten aus fernöstlichen Ländern, die nicht nur meine Phantasie beflügelten, sondern auch meine Faszination für fremde Stätten und Kulturen weckte. Ich träumte davon, dorthin reisen zu dürfen oder zumindest das ein oder andere exotische Kleinod zu besitzen. Meine Wünsche in dieser Richtung wurden jedoch mit der Bemerkung abgetan: „Zu wertvoll für kleine Kinder“. Damals faßte ich den Entschluß: „Wenn du erwachsen bist, kaufst du dir die schönen Dinge von deinem Geld selbst“. Nach Ende des zweiten Weltkrieges und meiner Heimkehr aus der Gefangenschaft, versuchte ich zu retten, was in der Familie an Asiatika verblieben war, aber nur eine kleine chinesische GuanyuBronze hatte den Bombenhagel überstanden. Diese wurde gewissermaßen zum ‚Grundstein’ meiner Sammlung. Zunächst imponierten mir goldglänzende Rattanakosin-Buddhas des 19. Jahrhunderts aus Thailand. Es waren die ersten Erwerbungen, die ich dann später gegen viel edlere Thai- und Khmer-Bronzen tauschte und deren Sammlung ich intensivierte. Mein Interesse für Netsuke ergab sich eher zufällig. Während einer Geschäftsreise in die USA 1957 lernte ich Helmuth Wohlthat kennen, der eine beträchtliche Sammlung dieser japanischen Gürtelknebel besaß. Wohlthat war zwischen 1941 und 1945 als Leiter der deutschen Handelsdelegation in Tokio tätig gewesen. In dieser Zeit hatte er eine umfangreiche Sammlung japanischer Kunst, vor allem Netsuke, inrô, Holzschnitte und Keramik, zusammengetragen. Als ich diese wunderbaren Miniaturschnitzereien aus Elfenbein und Holz sah, war ich unmittelbar fasziniert. Wenig später kaufte ich in London meine ersten Netsuke, um sie an Freunde, die solche Kleinplastiken sammelten, zu verschenken. Erst 4 Ende der sechziger Jahre begann ich, – sozusagen als Kontrastprogramm zu den ‚großen’ Skulpturen und Bronzefiguren aus dem südostasiatischen Raum – Netsuke zu kaufen. Sehr schnell habe ich Gefallen an diesen außergewöhnlichen Schnitzereien gefunden, und Anfang der siebziger Jahre begann ich intensiv mit dem Sammeln. Durch ihre kleine und handliche Form sind sie natürlich ein ideales Objekt für Vitrine und Safe. Und bei näherer Betrachtung eröffnen sie einem die Kultur Japans mit ihren Sitten, Bräuchen, Sagen und Märchen, gleichsam einem asiatischen Mikrokosmos. Viele kennen zwar diese kleinen japanischen Schnitzereien aus Holz oder Elfenbein, wissen jedoch wenig über ihre Entstehung und Funktion. Wie wurden die Netsuke eigentlich verwendet bzw. getragen? Die Ursprünge von Netsuke haben einen recht praktischen Grund. Japanische Kimonos besaßen keine Taschen, und alles, was Männer üblicherweise mit sich führten, wie Geldbeutel (kinchaku), Behälter für Siegel, Siegelpaste und kleine Medizindosen (inrô) sowie Tabaksbeutel (tabakoire), wurde an einer Seidenschnur, am Gürtel (obi) baumelnd, getragen. Um das Durch- und Herabrutschen dieser Behältnisse zu verhindern, war an der Schnur das Netsuke (ne = Wurzel, tsuke = festmachen) angebracht, das, unter dem obi durchgeführt, die Funktion einer Halterung und eines Gegengewichts hatte. Alle diese Accessoires der Kleidung (unter dem Sammelbegriff sagemono – Dinge, die vom Gürtel hängen – bekannt) hatten neben ihrem praktischen Nutzen immer auch den besonderen Stellenwert von Schmuck, besonders die Netsuke. Die Mode, solch elegantes Zubehör am Gürtel zu tragen, entstand im frühen 17. Jahrhundert. Zunächst waren es einfache Ringe aus Elfenbein oder Metall, kleine Kürbisse, handliche Wurzelstücke oder Korallenzweige, die als Gürtelknebel dienten. Manche dieser Knebel waren dicke Elfenbeinringe, von denen einige in der Mitte mit einem Pflock versehen waren. Aus dieser Form entwickelte sich das manjû-netsuke. Besonders beliebt wurden wegen ihrer runden Form und ihres geringen Gewichts die sogenannten ryûsamanjû (benannt nach Ryûsa aus Edo), die durchbrochen beschnitzt sind. Eine andere Kategorie bilden die kagamibuta (kagami = Spiegel, buta = Deckel); bei diesen Stücken, die meist aus Elfenbein gefertigt sind, wird ein dekorierter, runder Metallspiegel in einem kapselförmigen Unterteil eingelassen. Plastisch ausgearbeitete, figürliche Stücke erfreuten sich erst im 18. Jahrhundert zunehmender Beliebtheit. Das 1781 publizierte Sôken Kisho war damals das erste japanische Buch, das Netsuke und ihre Schnitzer beschreibt. Es bildete die Vorlage für viele seitdem entstandene Arbeiten. Daß die Nachfrage besonders nach künstlerisch gearbeiteten Netsuke wuchs, rührte nicht zuletzt daher, daß sich im frühen 18. Jahrhundert das Tabakrauchen in Japan endgültig durchgesetzt hatte. Seit die Portugiesen den Tabak im 16. Jahrhundert einführten, war das Rauchen besonders bei Kaufleuten und Handwerkern sehr beliebt. Bei geschäftlichen Treffen kam der Tabakgenuss fast einer rituellen Einleitung der Verhandlung gleich. Ähnlich wie bei der Teezeremonie wurden die Utensilien betrachtet und bewundert, wobei man den Netsuke besondere Aufmerksamkeit schenkte. 5 Doch trotz dieser Art von ‚Kulturtransfer’, der sich auf die japanische Lebensgewohnheiten direkt auswirkte, war der westliche Einfluß bis ins 19. Jahrhundert eher schwach. Ganz anders verhielt es sich mit dem unmittelbaren Nachbarn China. Darüber hinaus kam es infolge der politischen Unruhen der späten Ming-Zeit (1368-1644) zur Emigration vieler Südchinesen nach Japan. Welchen Einfluß stellte dieser chinesische Kulturimport aus ihrer Sicht für die Entwicklung der Netsuke-Schnitzerei dar? Es war durchaus üblich und gängige Praxis, daß kleine chinesische Gegenstände wie z.B. Siegelknäufe oder Gürtelschmuck zu Netsuke umfunktioniert wurden. Meist wußten die Träger selbst nicht, um welche Gegenstände es sich handelte und trugen sie einfach als Kuriosa. Ebenso beliebt waren die kleinen, chinesischen Elfenbeinschnitzereien, die ursprünglich als Talismane bei den Chinesen fungierten und bei den Japanern durch ihren glücksverheißenden Inhalt als Netsuke besonders reizvoll waren. Vermutlich dienten diese Figürchen den Schnitzern im späten 17. und 18. Jahrhundert auch als Vorbild für ihre eigenen Arbeiten. Zu den frühen japanischen Gürtelknebel gehören die SiegelNetsuke, die in Anlehnung an chinesische Petschafte der späten Ming-Zeit entstanden sind. Sie stellen vollplastische Fabeltiere (kirin, baku, hakutaku, suisai) oder exotische Tiere (Löwe, Elefant, Dromedar) auf einer Sockelplatte dar. Ein anderer, sehr früher Netsuke-Typ, der auf ein chinesisches Siegel zurückgeht, ist der auf einem Felsen sitzende rakan (Schüler Buddhas). Anregungen für die Schnitzer boten aber ebenso die chinesischen toggle (Anhänger) aus Holz und Elfenbein. In diesem Stil wurden hauptsächlich Kinder und Tiere geschnitzt. In meiner Sammlung befindet sich eine ganze Reihe von diesen Darstellungen. An ihnen läßt sich wunderbar die Entwicklung von stark chinesisch beeinflußten Arbeiten aus dem 18. Jahrhundert zu den niedlichen Interpretationen der Meijizeitlichen Schnitzer verfolgen. Hier zeigt sich auch, daß es die japanischen Künstler trotz der verschiedenen Einflüsse durch chinesische Schnitzarbeiten verstanden haben, einen einzigartigen Stil zu entwickeln und so Miniaturkunstwerke von unnachahmlicher Ausdrucksstärke, Finesse und Vielfältigkeit zu schaffen. Besonders die Shogun-Paläste, Fürstenhöfe der Daimyu, aber auch reiche Samurai-Familien trugen zur Förderung dieser Schnitzkunst bei, da sie ihre eigenen Netsuke-shi (shi = Schnitzer) beschäftigten, die außerordentlich kostbare Netsuke und sagemono herstellten. Betrachtet man die Netsuke des späten 18. Jahrhunderts, stellt man fest, daß sich der Stil zunehmend verfeinert: Themen werden detailreicher angelegt und figürliche Motive in kleinen Formaten treten in den Vordergrund. Gab es eine ausgesprochene Blütezeit dieser Schnitzkunst und wann entwickelten sich die Netsuke vom luxuriösen Gebrauchsgegenstand zum begehrten Sammlerobjekt? Eine direkte Blütezeit der Netsuke-Kunst für Gesamtjapan lässt sich nur schwer bestimmen. Im Verlauf des 18. und 19. Jahrhunderts gab es immer wieder höchst interessante und bedeutende Künstler und Werkstätten, deren individuell geprägter Stil zahlreiche, nachfolgende Schnitzer 6 inspirierte: so etwa Masanao aus Kyoto mit seinen berühmten fukura suzume (Glücksspatzen), die so oft kopiert wurden und von denen sich einige in meiner Sammlung befinden, oder Tomotada, ebenfalls aus Kyoto, den ich wegen seiner detailreichen und ausdrucksstarken Darstellungen von Tieren des Zodiakus sehr schätze. In Edo wiederum florierte die Netsuke-Kunst besonders in der späten Edo-Zeit (1603-1867). Äußerst populäre Themen waren hier neben Motiven aus dem Alltagsleben, z.T. in humorvollkarikierenden Darstellungen, Sujets aus der chinesischen bzw. japanischen Literatur sowie aus den Bereichen Theater und Mythologie. Bei diesen Netsuke wurde besonderer Wert auf die detailreiche Gestaltung von Gewändern, Mustern und kleinen Accessoires gelegt. Mit der Meiji-Zeit (1867-1912) begann die Öffnung Japans nach Westen. Die damit verbundenen politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen verdrängten nach und nach auch die traditionelle japanische Kleidung, den Kimono. Die alltäglichen Utensilien wurden nicht mehr in kleinen Beuteln und Taschen getragen und demzufolge fanden Gürtelknebel kaum noch Verwendung. Doch die Netsuke-Schnitzer wurden nicht erwerbslos. Sie arbeiteten nun vorwiegend für den Export, denn seit Japans Präsenz auf den Weltausstellungen in Paris (1867) und Wien (1873) ‚grassierte’ in ganz Europa und Amerika eine kaum vorstellbare Japan-Mode. Japanisches Kunsthandwerk war en vogue, neben Holzschnitten, Lackarbeiten und tsuba (japanische Schwertstichblätter) fanden besonders auch die hübschen, kleinen, phantasievoll geschnitzten Netsuke-Figürchen begeister- te Anhänger. Die größten Werkstätten für den westlichen Handel befanden sich vor allem in Tokyo, u.a. die des Tomochika und des Ono Ryômin. Dort orientierte man sich gern am europäischen Geschmack, der nach kleinen, detailreich geschnitzten, erzählerischen Stücken verlangte. Selbst die Fin-de-siécle-Stimmung, die sich in vielen Bereichen der Meijizeitlichen Kunst offenbarte, erfaßte die Netsuke-Schnitzer, was sich in den zuweilen sehr morbiden und makabren Darstellungen von Totenköpfen, Skeletten oder kunstvoll geschnitzten, verrotteten Früchten und Blättern niederschlug. Paris war zu dieser Zeit um 18801900 Hauptumschlagplatz für japanische Kunst. Dort entstanden auch die ersten, bedeutenden Sammlungen, etwa die der Gebrüder de Goncourt oder von Louis Gonse, in denen Netsuke vertreten waren. Neben Frankreich entwickelte sich besonders in England eine illustre Sammlerszene, deren Schwerpunkt eindeutig bei Netsuke, inrô und anderen Lackarbeiten lag. Deutschland haben Sie bisher in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Es scheint, daß japanische Kunst, besonders Netsuke, bei hiesigen Sammlern nicht so populär war. Gab es dafür Gründe, und wann entstanden die ersten deutschen NetsukeSammlungen? Es ist schwierig zu beantworten, warum die große Zeit des Sammelns von Japonica in Deutschland vergleichsweise spät, in den 1890er Jahren, einsetzte. Sicherlich lag es unter anderem daran, daß sich durch die Weltausstellung Paris als Zentrum für japanische Kunst etablierte und überwiegend von dort aus der Handel gesteuert wurde. 7 Hinzu kommt, daß bei den deutschen Privatsammlern von Anfang an der Schwerpunkt des Interesses bei Holzschnitten, tsuba und Lackarbeiten lag, Netsuke spielten eine erstaunlich untergeordnete Rolle. Zwar gab es bereits Mitte des 19. Jahrhunderts mit Philipp Franz von Siebold (17961866) einen ersten Deutschen, der im großen Stil auch Netsuke sammelte, allerdings erwarb er sie direkt vor Ort, da er lange Jahre als Stationsarzt in holländischen Diensten in Japan tätig war. Doch von Siebold ist eher eine Ausnahmeerscheinung, auch wenn seine Sammlung 1865 in den Hofgartenarkaden in München ausgestellt und schließlich 170 Stücke vom Ethnographischen Museum in München 1874 angekauft wurden. Der einzig große deutsche Netsuke-Sammler jener Zeit, der aufgrund seines Buches „Netsuke, Versuch einer Geschichte der japanischen Schnitzkunst“ auch im Ausland bekannt wurde, war Albert Brockhaus (1850-1921), der Eigentümer des gleichnamigen Verlags. Seine Sammeltätigkeit fand vor allem in den Jahren 1896 bis 1908 statt. Er kaufte vorzugsweise in England und Frankreich; dort in Paris begann auch eher zufällig seine ‚Leidenschaft’ für Netsuke. Bei einem Reiseaufenthalt 1877 entdeckte er in einem Spielzeugladen einen kleinen, sitzenden Frosch, den er für wenige Francs kaufte. Später stellte sich heraus, daß es sich um ein Netsuke von Masanao handelte. Von der ehemals 1780 Netsuke umfassenden Sammlung sind durch die Wirren der Kriege und durch Diebstahl nur wenige übriggeblieben. 1980 wurden bei Christie’s in London 214 Netsuke versteigert und 1981 und 1992 bei Klefisch in Köln nochmal um die 300 Stücke. Bei diesen Gelegenheiten konnte ich einige schöne Exponate für meine Sammlung erwer- ben, z.B. den eindrucksvollen Sôken KishoRegendrachen. Aber es war nicht nur der enorme Umfang der Brockhaus'schen Sammlung, der mich faszinierte, sondern auch die Art, wie er sammelte: akribisch wählte er die Stücke nach den Gesichtspunkten von Themen und Vielfalt aus, um sie dann, geprägt von einem geradezu enzyklopädischen Geist, zu katalogisieren und genauestens bis hin zur Signatur zu studieren. Wenn man mit dem Sammeln beginnt, steht zunächst die Freude am einzelnen Objekt im Mittelpunkt. Irgendwann entwickelt man Vorlieben, aus denen sich Schwerpunkte bzw. auch ein Konzept ergeben können. Wie war das bei Ihnen? Gab es andere Sammlungen, die sie beeinflußten oder Vorbildcharakter besaßen? Vorbild ist vielleicht etwas übertrieben ausgedrückt. Natürlich interessiert man sich für besondere und herausragende Sammlungen, beispielsweise jene in den Pariser und Londoner Museen oder etwa die Baur Collection in Genf, – dazu gehört zweifelsohne auch die ehemalige Sammlung von Albert Brockhaus. Sein 1905 erschienenes Buch habe ich mit großem Interesse studiert, und es hat mir auf spannende Weise die Welt der Netsuke und damit die bedeutende Kultur der Edo-Zeit eröffnet. Denn es gibt fast keinen Bereich, der nicht als Netsuke dargestellt wurde. Man begegnet buddhistischen Heilsgestalten, den volkstümlichen Glücksgöttern, den sogenannten Unsterblichen aus der chinesisch-daoistischen Literatur sowie den Gestalten aus der chinesischen und japanischen Geschichte, die über Hunderte von Jahren für Schriftsteller und Stückeschreiber Stoff lieferten. Fabeltiere führen 8 einen in die chinesische Kosmologie und den reichen, japanischen Legendenschatz ein. Man lernt auf unterhaltsame Weise das Alltagsleben in Stadt und Land kennen, amüsiert sich über die Darstellung von Ausländern, deren oft groteske Erscheinung einer nicht bösartig gemeinten Verballhornung gleicht. Diese Art, nach Motiven, Themen, Material, Schulen und deren Vielfalt zu sammeln, findet sich sicherlich auch bei mir. Doch wie bei jedem Sammler kristallisierten sich im Laufe der Zeit bestimmte Schwerpunkte heraus, und natürlich spielten persönliche Vorlieben bei der Auswahl ebenso eine Rolle. Auffallend ist, daß in Ihrer Sammlung eine relativ große Anzahl von Darstellungen aus der Textilpflege und persönlichen Hygiene zu finden ist. Woraus resultiert diese Vorliebe? Beruflich hatte ich mit der Pflege von Textilien zu tun, praktisch mit der Wäschepflege im weitesten Sinne. Von daher interessierte mich, wie zum Beispiel die Japaner in früherer Zeit ihre Wäsche und Kleidung gereinigt haben. Welche Wasch- und Hilfsmittel verwandten sie? Wie verlief das, wurde die Wäsche dort auch gekocht? Über diese Dinge konnte ich auch in Zusammenhang mit meinen geschäftlichen Aktivitäten in Japan viele Gespräche mit Vertretern der japanischen Waschmittelund Chemieindustrie führen. Interessant ist, daß die Japaner ihre wertvollen Kimonos jedes Mal vor dem Waschen auseinander trennten und die Stoffbahnen einzeln gereinigt haben, indem sie sie zusammenlegten, mit warmen Wasser übergossen und dann die einzelnen Bahnen auf eine Spindel wickelten und mit dem Schlegel bearbeiteten. Das Wasser enthielt als Waschmittel lediglich ein Holzascheextrakt, der mit gelöschtem Kalk aufgeschärft war oder man verwandte Reiswasser. Nach dem Waschen, Spülen, Appretieren und Trocknen auf Spanngeräten nähte man die Einzelbahnen wieder zusammen. Diese sehr umfangreiche Prozedur wurde auch von den NetsukeSchnitzern äußerst detailreich als eine ganz wesentliche Tätigkeit der Hausfrau dargestellt. Ebenfalls gezielt gesammelt habe ich Stücke, die sich mit der Körperhygiene, vor allem dem Baden, beschäftigten. Diese japanische Passion geht zurück auf shintoistische Reinigungskulte, aber das Baden ist mehr als ein religiöses Ritual oder ausgeprägtes Sauberkeitsbedürfnis. Denn erst nach gründlicher Körperwäsche mit kleinen Zubern schlüpft man zur Erholung in die eigentliche Wanne (furo). Die große Leidenschaft der Japaner ist es, sich im dampfend heißen Wasser oder in Quellen zu entspannen, die man auch Götterbäder (kamiya) nannte, da man glaubte, daß die Gottheiten ihre übernatürlichen Kräfte und geistige Gewalt hieraus schöpften. Weitere beliebte Motive sind kleine badende oni (Teufel), Männer und Frauen, die sich entweder dem körperpflegenden Bad widmen oder sich mit dem An- und Auskleiden beschäftigen. Eine besonders schöne Darstellung zeigt eine Frau nach dem Bad mit halbgeöffneten Kimono. Einen weiteren umfangreichen Themenkreis bilden Tierdarstellungen. Wie kam es zu diesem Schwerpunkt und wie hat sich dieser Bereich im Prozeß des Sammelns entwickelt? 9 Die Faszination für Tier-Netsuke hatte zunächst ganz unspektakuläre Gründe. Ich bin im Tierkreiszeichen des Löwen geboren, deshalb habe ich bereits sehr früh begonnen, Löwendarstellungen zu sammeln und zwar den kara-shishi, den sogenannten chinesischen Löwen. Die andere Großkatze ist natürlich der Tiger, dessen kraftvolle Darstellungen mich immer fasziniert haben. Nach dem ostasiatischen Tierkreis, dem Zodiac, bin ich im Zeichen des Affen geboren, 1920, was mich wiederum ermunterte, die ausgesprochen drolligen und possierlichen Schnitzereien dieser Spezies zu erwerben. Auf diese Weise entwickelte sich zunehmend mein Interesse für die übrigen Tiere des Zodiac und schließlich die gesamte Fauna und Flora. Im Laufe der Zeit entstand dann eine Art Planung sowie gezielte Suche nach Objekten, die entweder eine Entwicklungslinie verdeutlichen oder einen neuen Akzent in meiner Sammlung setzen konnten. Beruflich wie auch privat haben Sie viel Zeit in Asien, beispielsweise Japan und Thailand, verbracht. Konnten Sie bei diesen Aufenthalten – sozusagen vor Ort – besonders interessante oder außergewöhnliche Stücke erwerben oder gelang dies eher über den Handel in Europa? Ich war geschäftlich oft in Asien. Meine Besuche galten meistens Japan, aber auch Indonesien, Malaysia und Thailand. Aber Geschäftsreisen stehen natürlich immer unter einem gewissen Zeitdruck und Stress, so daß es außer vielleicht am Wochenende bei einigen Händlern keine Möglichkeit für die Sichtung und den Ankauf von Exponaten gab. Außerdem war für mich von Anfang an offenkundig, daß die Netsuke in Japan teurer waren als in Euro- pa. Ursprünglich hatte ich die Absicht, mir von jeder Japan-Reise ein Netsuke mitzubringen. Das hatte ich mir sozusagen auferlegt, allerdings auch recht schnell wieder aufgegeben, da ich die Preise in Europa und vor allem Deutschland kannte. Aus diesem Grund stammt der überwiegende Teil meiner Sammlung aus dem deutschen Kunsthandel und von hiesigen Auktionshäusern. Zwar kam es schon mal vor, daß ich von japanischen Geschäftspartnern, die gehört hatten, daß ich Netsuke sammelte, beim omiaye (dem traditionellen Austausch kleiner Geschenke vor der ersten Verhandlung) ein solches Präsent erhielt, allerdings handelte es sich dabei nicht um ‚Kostbarkeiten’, sondern um kuriose, meist witzige Objekte. Ich erinnere mich an ein sehr aufwendig verpacktes Stück, das sich jedoch bei genauerer Betrachtung als bloßes Kunststoffartefakt entpuppte. Nach Eintritt ins ‚dritte Leben’ und Übernahme von Gastprofessuren in Thailand und Board-Tätigkeit in Malaysia habe ich in den späten 80er und 90er Jahren von meinem neuen Standort in Südostasien Thailand und die umliegenden Länder systematisch erkundet und alljährlich Japan besucht. Bei den verschiedenen Reisen von Hokkaidô bis Kyūshū habe ich Naturschönheiten, Kunst, Kultur und Brauchtum intensiv kennengelernt und viele Sammlungen und Museen bewundert. In dieser Zeit habe ich auch einige größere Käufe in Japan getätigt, dort erwarb ich unter anderem einen bemerkenswert gearbeiteten Kraken und einige seltene Masken. Bereits in der Vergangenheit haben Sie ihre Netsuke immer wieder zu Ausstellungszwe10 cken zur Verfügung gestellt. Wie kam es dazu? Die erste Zurschaustellung der Netsuke war rein zufällig: 1983 fanden in Düsseldorf die ersten Japan-Wochen statt. Die Düsseldorfer Firmen und die großen Banken haben im Rahmen dieser Veranstaltung japanische Kunst und Kultur in kleinen Ausstellungen der Öffentlichkeit präsentiert. Auch die Firma Henkel, bei der ich tätig war, beteiligte sich daran. Nachdem die Vorbereitungen für eine Ausstellung über zeitgenössische japanische Kunst bereits weit fortgeschritten waren, gab es unerwartet Probleme mit dem Transport der Bilder. Da Dr. Henkel wusste, daß ich Netsuke sammelte, sagte er zu mir: „Och, dann zeigen wir eben Ihre Netsuke“. Es mußte alles Hals über Kopf geschehen. Wir haben den Casino-Saal des Fritz-HenkelHauses mit Schiebetüren, Stellschirmen, Hängerollen und Ikebana-Arrangements ein wenig japanisch dekoriert und rund 300 Netsuke gezeigt. Eine Broschüre von Trudel Klefisch (Auktionshaus, Köln) erläuterte die gängigsten Themen. Die Ausstellung fand in der Tagespresse einen großen Widerhall, so daß sich auch die ersten Kontakte zu dem damaligen Düsseldorfer Kulturdezernenten Bernd Dieckmann sowie dem ehemaligen Leiter des Kunstmuseums Düsseldorf, Dr. Hans Albert Peters, ergaben, die sich in den folgenden Jahren weiter entwickelten. 1990 veranstaltete dann das Kunstmuseum eine Ausstellung mit meiner Netsuke-Sammlung, die zu der Zeit ca. 600 Stücke umfaßte, und publizierte dazu einen umfangreichen, wissenschaftlichen Katalog, der innerhalb kurzer Zeit schon vergriffen war. In Zusammenarbeit mit dem Museum und der Nowea Messegesellschaft Düsseldorf erschien 1994 eine erweiterte und überarbeitete Ausgabe des Katalogs und zwar anläßlich einer Sonderausstellung im Rahmen der 25. Westdeutschen Kunstmesse. Auch während der groß inszenierten Japan-Wochen in Nordrhein-Westfalen im Herbst 1993 hatte ich die Gelegenheit, Teile meiner Sammlung zu zeigen und zwar in den Räumen der Deutschen Bank zusammen mit wunderbaren Farbholzschnitten des Kunstmuseums Düsseldorf. In den darauffolgenden Jahren gab es hier und da noch einige kleinere Ausstellungen, in denen ich andere Bereiche meiner Asiensammlung zur Schau stellte, z.B. 2001 zum Thema Betelgenuß zahlreiche Silberbehältnisse und Accessoires. Wenn Sammelleidenschaft nicht im Verborgenen stattfindet, können sich die lokalen Museen und das Publikum freuen. Herr Werdelmann, Sie haben bereits zu Lebzeiten Ihre gesamte Sammlung dem museum kunst palast (vormals Kunstmuseum Düsseldorf) vermacht, um sie so auf Dauer der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Welche Erwartungen und Hoffnungen verbinden sich für Sie mit diesem Entschluß? Wie Sie meinen Ausführungen bereits entnehmen konnten, hatten mir die kleinen und großen öffentlichen Präsentationen viel Freude und Anregung gegeben. Irgendwann hatte ich das Gefühl, daß meine Sammlung, die nicht nur Netsuke umfaßt, als Ganzes auch für die Zukunft erhalten bleiben sollte, denn einen Verkauf hatte ich nie erwogen. Dafür steckte zuviel Bedeutung, Engagement und Erinnerung in den Dingen. Kulturdezernent Dieckmann und Dr. Peters wußten von meinen Überlegungen und sprachen mich hin und 11 wieder auf die Sammlung an, ebenso auf die Möglichkeit, die Netsuke dem Kunstmuseum zu vermachen. Ich kannte das Museum sehr gut, oft habe ich es mit meinen ausländischen Gästen aus Japan und Amerika besucht und war jedes Mal von der Vielfalt und Größe der Sammlung beeindruckt. Zwar besitzt das Haus keinen ausgewiesenen Bereich mit ostasiatischer Kunst, jedoch eine interessante Sammlung von 88 tsuba des Düsseldorfer Malers Georg Oeder, die in den Jahren 1889 bis 1911 dem damaligen Kunstgewerbemuseum geschenkt und 1927 vom Kunstmuseum übernommen wurde, sowie rund 500 Blätter der japanischen Holzschnittsammlung von Dr. Hans Lühdorf. Bei meiner Entscheidung, dem Museum in Düsseldorf meine Sammlung zu schenken, spielte neben meiner Liebe zu dieser Stadt noch ein weiterer Aspekt eine entscheidende Rolle: Düsseldorf beheimatet neben Paris und London den größten Anteil an japanischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern außerhalb Japans in Europa. Gerade während meiner beruflichen Zeit hatte ich viele japanische Geschäftsfreunde in Düsseldorf und war aktiv in der deutsch-japanischen Gesellschaft. Ich wünsche mir, daß ich durch die Schenkung meiner Sammlung an das museum kunst palast ein wenig dazu beitragen kann, die Beziehung zwischen Deutschen und Japanern zu fördern und das Verständnis für japanische Kunst und Kultur besonders in Düsseldorf zu vertiefen. 12 Fremde Wesen und Ausländer Das berühmte chinesische Werk Shanhaijing (jap. Sankaikyô, Das Buch der Berge und Meere, Zeit der Streitenden Reiche, 455-222 v. Chr.) lieferte viele Sujets für die japanischen NetsukeSchnitzer. In diesem Werk und dem Erya (ca. 200 v. Chr.) wird von fremden und fernen Ländern berichtet, in denen merkwürdige Wesen leben wie shokuin, tengu sanjin, ningyo und shôjô. Angaben zu diesen Fabelwesen finden sich später auch im Sancai tuhui (Sammlung von Illustrationen zu den drei Urkräften) von 1603 und in dessen japanischer Version Wakan sanzai zue (Japanisch-chinesische Sammlung von Illustrationen zu den drei Urkräften), kompiliert von Terajima Ryôan in den Jahren 1712 bis 1716, und in den verschiedenen japanischen Bilderfibeln des 17. und 18. Jahrhunderts. Bildlexika wie das Kinmô zui von 1666 führen in der Rubrik „Jinbutsu“ (Menschen) auch Nicht-Japaner, die als ijin bezeichnet werden. Das Wakan sansai zue führt in seinem 13. Kapitel „Ikoku jinbutsu“ (Personen aus fremden Ländern) Menschen aus China, Korea, der Tatarei, Ryûkyû und Ezo (Hokkaidô) an, und im 14. Kapitel „Gaii jinbutsu“ (Personen aus barbarischen Ländern) Insulaner, Europäer und merkwürdige Gestalten aus den Ländern der Riesen und Zwerge (chôjin und shojin) und der Langarme und Langbeine (ashinaga und tenaga). Hier wurde offenbar nicht zwischen tatsächlich existierenden Menschen aus fremden Ländern und Phantasiewesen, die bereits im Sankaikyô erwähnt werden, unterschieden. Der künstlerischen Phantasie waren bei den Darstel- lungen, die sich sowohl aus tierischen als auch aus menschlichen Körperteilen zusammensetzten, keine Grenzen gesetzt. Laut dem Sôken kishô hat sich der wohl früheste, namentlich bekannte NetsukeSchnitzer, Yoshimura Shûzan (17001773), von diesem Werk anregen lassen. Während die Chinesen in einem Ghetto in der Stadt Nagasaki lebten, war den Holländern die Nagasaki vorgelagerte, künstliche Insel Dejima zugewiesen. Die Präsenz beider Volksgruppen wirkte sich unmittelbar auf das künstlerische Schaffen in dieser Stadt aus. Im 18. und 19. Jahrhundert entstanden hier die nagasaki-e, Holzschnitte, die Chinesen und Holländer bei ihren typischen Tätigkeiten zeigen. Gleichzeitig wurden im nahegelegenen Arita Schalen, Teller und SakeFlaschen aus Porzellan, dekoriert mit Holländern, ihren Hunden und Schiffen (oranda-e-imari), hergestellt. In diesem Zusammenhang könnten auch die Holländer-Netsuke in Nagasaki entstanden sein, beispielsweise als Souvenir. 1 TENGUSAN JIN Elfenbein, Pupille aus Horn, eine ausgebrochen H. 7,3 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Die Gestalt mit Echsenkörper und menschlichem Gesicht ist eine Kopie nach der Abbildung im Sôken kishô. Dort wird diese als Tengusan jin (oder Tenguzan no kami), Gott des Tengu-Bergs, bezeichnet. Der Tengu (chin. Tianyu)-Berg wird im Sankaikyô erwähnt. Darin heißt es, daß die Berggottheiten einen Drachenkörper und 13 einen menschlichen Kopf haben und die Bewohner des Tengu-Berges eine Schärpe tragen. Abb. 1 Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 7a 2 MEERMANN (NINGYO) Elfenbein H. 1,9 cm; L. 6,8 cm 18. Jh. Die schwimmende Kompositgestalt von Mann und Fisch hält in beiden Händen ein Juwel. Während unter den Netsuke die Darstellung von Nixen recht häufig ist, wurde das Wassermannmotiv eher selten geschnitzt. Seine Darstellung geht auf Abbildungen in der enzyklopädischen Literatur seit dem Shanhaijing, dem Sancai tuhui (Bd. 13, Kapitel „Renwu“ [Menschen]) und dem Wakan sanzai zue (Bd. 14, Kapitel „Gaii jinbutsu“ [Ausländer]) zurück. Er wird teijin (chin. diren) bezeichnet und als ein Mann mit Fischkörper beschrieben. Abb. 2 Wakan sanzai zue, Terajima 1979, S. 242 DIE NIXE Das Pendant zum Wassermann ist das Meerweibchen, auch Meerjungfrau oder Nixe, ebenfalls ningyo genannt. Der Legende nach erfährt die Meerjungfrau die Geheimnisse des Meeres, in dem sie dem Rauschen der Muscheln lauscht und diese dem Drachenkönig, Ryûjin, mitteilt. Das Erscheinen eines ningyo ist ein glückverheißendes Ereignis. Nixen-Netsuke sind daher Talismane. Im Sôken kishô wird ein liegendes Meerweibchen mit Juwel (tama) und umgelegtem Schwanz illustriert (Bd. 7, S. 7a). Bei dem Juwel handelt es sich um die Perle des Ryûjin, die die Gezeiten reguliert. 3 NIXE Leichtes Holz L. 7,3 cm Frühes 19. Jh. Die Nixe liegt kokett, den Kopf auf die angewinkelte linke Hand gestützt. Sie stillt ein Nixenbaby. 4 NIXE Buchsbaum H. 3,5 cm; L. 4,8 cm 19. Jh. Die Meerjungfrau mit einem Juwel hat den Schwanz ihres Fischleibes umgebogen. Es könnte sich bei diesem Stück um eine Arbeit aus der Provinz Owari handeln. DER SHÔJÔ Die erste Erwähnung des shôjô (chin. xingxing) findet sich im Erya, einer Enzyklopädie aus der Zeit von ca. 200 v. Chr., die im Laufe der Jahrhunderte von verschiedenen Personen kommentiert wurde. Im 2. Jahrhundert n. Chr. findet sich erstmals eine konkrete Beschreibung des xingxing. Es ist ein Wesen von gelber Farbe, mit Tierkörper aber menschlichem Gesicht, das gerne dem Wein zuspricht. Spätere Enzyklopädien zeigen die shôjô als orang-utan-artige Wesen mit bis auf den Rücken herabfallenden Haaren. 14 In Japan galt der shôjô mit langen roten Haaren als Trunkenbold. Im populären Sprachgebrauch meint auch heute noch das Wort shôjô einen starken Trinker oder einen roten Gegenstand. Berühmt wurde der shôjô als Weingeist im gleichnamigen Nô-Stück Shôjô. Die Bühnenfigur trägt eine Perücke aus langen roten Haaren und ein prächtiges rotes Gewand mit Wellenmuster. Kitao Masayoshi (1764-1824) illustriert in seinem Werk Shoshoku ekagami (Spiegel von Bildern für Handwerker) (E.A. 1794) zahlreiche shôjô. Fast alle Darstellungen sind auch unter den Netsuke anzutreffen. 5 SHÔJÔ Buchsbaum H. 2,7 cm; L. 4 cm 19. Jh. Von Trunkenheit übermannt ist der shôjô mit Kelle in der Hand und an einem SakeBottich, durch dessen Boden das himotôshi verläuft, eingeschlafen. 6 SHÔJÔ Elfenbein, Reste roter Farbe in den Haaren H. 5 cm 1. Hälfte 19. Jh. Der Weinkobold steht in tänzerischer Pose mit einem Faltfächer und einer geschulterten Kelle. Dieser shôjô-Typus ist unter den Illustrationen des Masayoshi zu finden. Die nach vorne gebeugte Haltung der Figur mit eingezogenem Kopf und die Gewandgravuren entsprechen den figürlichen Darstellungen des Hidemasa. 7 SHÔJÔ Kagamibuta-Netsuke Platte aus shakudô, Einlagen aus Kupfer Silber und Gold; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,4 cm Mitte 19. Jh. Neben einem großen Wein-Bottich mit Wolkenmuster tanzt ein langhaariger shôjô mit einer Schöpfkelle und einem Fächer mit Kranichdekor. 8 SHÔJÔ Kirschholz H. 3,5 cm Sign. in ukibori: Tadatoshi Nagoya, Provinz Owari, ca. 1820 Weinselig ist der shôjô im Sitzen eingenickt. In Anlehnung an die Bühnengestalt trägt diese Figur kostbare Gewänder, die mit Rauten und Kôrin-Wellen geschmückt sind. Shôjô waren eines der beliebtesten Motive des Tadatoshi. Er hat drei verschiedene Typen der schlafenden shôjô geschaffen. Alle drei wurden von Tadatoshis Nachfolgern in Nagoya und Tokyo gerne kopiert. Ein kleiner schalfender shôjô ist unter den acht shôjô-Illustrationen im Shoshoku ekagami anzutreffen. Abb. 3 Shoshoku ekagami, 1794, S. 13b 9 SHÔJÔ Holz L. 4,7 cm Sign. in ukibori: Tadatoshi Nagoya, Provinz Owari, ca. 1820 15 Dieses Modell eines liegenden, schlafenden shôjô ist ein „Klassiker“ unter Tadatoshis Netsuke. Wie üblich sind die hakama mit Wellen – das Wassermotiv ist eine Anspielung auf den Wein – und die Jacke mit einem Rautenmuster dekoriert. 10 SHÔJÔ Holz H. 3,5 cm Sign. in ukibori: Tadatoshi Nagoya, Provinz Owari, ca. 1820 Diese ist die zweite Variante der sitzenden schlafenden shôjô des Tadatoshi: die Linke liegt auf dem Knie, der Kopf ruht in der Rechten. Die Hand schiebt die Gesichtshaut zur Seite. INSULANER Zu den frühesten Ausländerdarstellungen unter den Netsuke zählen die mit einem Sarong bekleideten Malayen sowie die langhaarigen, sogenannten Insulaner, die nur einen Lendenschurz tragen. In der Hand halten sie eine Trommel und einen Schlegel. Aus dem 19. Jahrhundert stammen die Darstellungen der sogenannten Korallentaucher, die aus schwarzem Holz geschnitzt sind und einen roten Korallenzweig halten. Sie werden koronbojin genannt, eine Bezeichnung für die dunkelhäutigen Menschen aus Kolombo. Das Saiyû ryodan (Bericht einer Reise in den Westen) (1803) von Shiba Kôkan (1747-1818) zeigt die Illustration eines „kuronbo swarte jongen“ (schwarzer Junge aus Kolombo) als Diener der Holländer. 11 INSULANER Elfenbein H. 10,8 cm Spätes 18./frühes 19. Jh. Die hagere Gestalt mit langen, strähnigen Haaren, aufgetriebenem Bauch, kleiner Trommel, Schlegel und Stock ist ein häufiger Typus unter den frühen Netsuke. 12 INSULANER Geflecktes Kaki-Holz H. 5,2 cm Sign.: Joryû Frühes 19. Jh. Diese leicht grotesk wirkende Figur mit großem, breitem Kopf und Schurz, an dem ein kleiner Insulaner zupft, entspricht den Gestalten des frühen Edo-Netsuke-Stils. 13 ZWEI INSULANER Buchsbaum H. 7,9 cm Frühes 19. Jh. Eine große und eine kleinere Figur stehen eng zusammen. Möglicherweise spielt die Darstellung auf einen Riesen (chojin) und einen Zwerg (shojin) an. 14 EIERPRÜFER Ahornholz(?), Pupillen und Ei aus Silber H. 4,9 cm Sign.: Shôhaku Wahrscheinlich Edo, 19. Jh. Neben einem Mann, der mit beiden Händen ein Ei ans Auge hält, steht vorgebeugt 16 eine ähnlich gekleidete alte Frau mit einem Korb voller Eier. Der Eierprüfer testet die Eier auf ihre Unversehrtheit und Frische, indem er die Schale gegen das Licht hält. Vermutlich handelt es sich um javanische Küchengehilfen – auch erkennbar an ihrer Haartracht – eines holländischen Schiffes. 15 INSULANER Elfenbein, Pupillen schwarzem Horn H. 14,4 cm 18. Jh. des Kraken aus Der nur in einen Binsenschurz bekleidete Südseeinsulaner hält einen Kraken. Um die Fremdartigkeit der Gestalt zu betonen, wird sie mit Bart und sich einrollenden Haarsträhnen dargestellt. Die extreme Überlänge und der dreieckige Querschnitt dieses Netsuke weisen das Stück als eine frühe Arbeit aus. Abgeb. in: Arts of Asia, Jg. 25, Nr. 5 (September/Oktober 1995), S. 17 (Anzeige Laudenbach) ASHINAGA UND TENAGA Ashinaga und tenaga (Langbein und Langarm) werden erstmals im Shanhaijing erwähnt, das in Japan durch die Übersetzung von Hayashi Razan (15831657) bekannt wurde. Im Sancai tuhui und dessen japanischer Version Wakan sanzai zue und in Bilderfibeln wie dem Kinmô zui sind sie immer wieder illustriert. Ihre langen Gliedmaßen dienten ihnen zur Nahrungsmittelbeschaffung. Während Langbein seinen Freund huckepack durch die Uferzone trägt, fängt jener mit seinen langen Armen Fische aus dem Wasser. Eine andere Darstellung zeigt, wie ein tenaga versucht, einen ashinaga aus den Fangarmen eines Kraken zu befreien. In der Netsuke-Kunst gelten ashinaga und tenaga seit dem 18. Jahrhundert als Sinnbild gegenseitiger Hilfe. 16 ASHINAGA Elfenbein, Pupillen des Kraken aus Horn H. 5,6 cm Mitte 19. Jh. Um eines der langen Beine eines ashinaga mit dichten Haarlocken schlingt ein Krake seine Fangarme. Doch es fehlt tenaga, der seinen Freund von den Angriff des Meerestieres befreit. 17 ASHINAGA UND TENAGA Buchsbaum H. 3,8 cm Sign.: Tomochika Edo, ca. 1830/1850 Ashinaga hat seine langen Beine angezogen und presst sie unter Anstrengung mit den Armen gegen seinen Körper. Tenaga schaut erstaunt zu den Knien des ashinaga hoch, wobei seine Hände zwischen den beiden Daumen eine runde Öffnung bilden. Dies ist eine besonders kleine Ausführung eines beliebten Netsuke-Modells des Tomochika. 18 ASHINAGA UND TENAGA Elfenbein H. 6,1 cm Edo, ca. 1840/1860 17 Ashinaga trägt einen tenaga huckepack und profitiert von dessen langen Armen, die nach einem Fisch greifen. HOLLÄNDER Die Holländer (orandajin) waren in Japan auch als kômôjin (Rot-HaarMenschen) bekannt, da ihre rotblonde Haarfarbe für den Japaner besonders fremd war. Als Netsuke wurden sie mit großen Augen, knolliger oder nach unten gebogener Nase sowie mit exotischen Perücken und fremdartiger Kleidung (Hüten, Kniebundhosen, langen Jacken, Gamaschen und Schuhen) dargestellt. Ihre Attribute sind das europäische Fernrohr, eine Trompete (rappa), ein europäischer Hund, exotische Vögel, wie Pfau oder Papagei, sowie ein Hahn oder Wild, als Hinweis darauf, daß sie Fleisch aßen. Holländer wurden oft mit einem auf der Schulter sitzenden chinesischen Kind (karako) gezeigt. Es gibt die Meinung, daß dieses Motiv auf die christliche Darstellung des Heiligen Christophorus zurückzuführen ist. Kleidung und Attribute der Ausländer entsprechen kaum der Wirklichkeit und wurden in oft phantasievoller Art zusammengestellt. Offenbar regte die fremdländische Erscheinung die Phantasie der Schnitzer an, besonders kuriose Figuren zu schaffen oder ihre exotische Erscheinung zu karikieren. 19 KOPF EINES AUSLÄNDERS Hirschhorn H. 5,7 cm 17. Jh./18. Jh. Der groteske Kopf leitet sich ab von ähnlichen, sogenannten Monsterköpfen unter den ito-in, den chinesischen Bronzesiegeln. Diese ito-in (wörtlich: Faden-Siegel) wurden in Japan in Hirschhorn, wobei man die Rose des Geweihs in die Gestaltung mit einbezog, nachgeahmt und als Netsuke getragen. Das gefältelte Tuch auf der Schulter stellt mit großer Wahrscheinlichkeit den Kragen der portugiesischen Tracht dar. An der Unterseite der Bartspitze befindet sich ein kleines, unlesbares Siegelschriftzeichen. 20 HOLLÄNDER Elfenbein H. 4,3 cm 18. Jh. Darstellungen von sitzenden Holländern sind sehr selten. 21 HOLLÄNDER Elfenbein H. 6,2 cm Frühes 19. Jh. Der auf der Schulter eines Holländers hockende Knabe verweist motivisch auf die Figur das Heiligen Christophorus. 22 HOLLÄNDER Elfenbein H. 5,4 cm Sign.: Hidemasa Osaka/Kyoto, frühes 19. Jh. Haltung und Gewandgravuren entsprechen den Arbeiten des Hidemasa. Die Signatur ist nicht so kräftig geschrieben wie 18 viele andere Signaturen des Hidemasa. Entweder handelt es sich hier um Hidemasa II oder eine apokryphe Signatur. 23 HOLLÄNDER Elfenbein H. 5,6 cm 19./20. Jh. Lockenfrisur, Trompete und das Kind auf der Schulter sind Merkmale einer Holländerdarstellung. Hüftschutz und Umhang hingegen sind bei Darstellungen von Tataren anzutreffen. 24 HOLLÄNDER Elfenbein, Pupillen, Gewand- und Gamaschenknöpfe aus braunem und schwarzem Horn H. 5,1 cm Sign.: Masakazu Kyoto, frühes 19. Jh. Mantel, Hut und Trompete dieser fröhlich anmutenden Gestalt sind chinesisch, während der übergroße Kopf mit Lockenfrisur und Bart eindeutig europäische Merkmale zeigt. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 7 25 HOLLÄNDER Elfenbein, Pupillen, Knöpfe an Hutkrempe und Ärmeln aus Horn H. 9 cm 19. Jh. der Hut ihn als einen Europäer aus. Der Stab in der Linken ist nicht zu deuten. Habitus und die Art, wie der Kopf in den Nacken gelegt ist, sowie der nach oben gerichtete Blick erinnern an senninDarstellungen. 26 HOLLÄNDER Elfenbein H. 9,3 cm 20. Jh. Das besondere Attribut dieses Ausländers ist das Fernrohr in der rechten Hand. Seine Kleidung entspricht der Mode des 18. Jahrhunderts. Solch Detailgenauigkeit ist weder bei Netsuke aus dem 18. noch aus dem 19. Jahrhundert anzutreffen. 27 AUSLÄNDER Elfenbein H. 7,1 cm Spätes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Eine vergleichbare Figur befand sich ehemals in der Sammlung W. L. Behrens. Joly beschreibt die Figur wie folgt: „A European wearing a combination garment fastening with side buttons, such as worn by American mechanics and holding with both hands a coat with rolled lapels and a single button at the throat. It would be interesting to know whether this design was taken from a European picture or wether it is a caricature of some foreigner residing in Japan.“ (Joly 1912, Nr. 448, Tafel X) Zwar trägt die Figur einen typischen chinesischen Mantel sowie einen langen, spitzen Bart, doch weisen die lockige Perücke und 19 28 LACHENDER AUSLÄNDER Elfenbein H. 11,6 cm Spätes 18. Jh. Diese Geste des Fingerzeigens könnte eine Anspielung auf die Regierungsverordnung sein, die dies sowie das Lachen über die koreanischen Gesandtschaften verbot, wenn diese per Schiff in Osaka eintrafen und von dort über den Tôkaidô nach Edo zogen. 29 TATARISCHER BOGENSCHÜTZE Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 7,9 cm Sign.: Masakazu 19. Jh. Positur und der große Kopf des nach oben schielenden Bogenschützen orientieren sich zwar an frühen Arbeiten, die manirierte Art der Darstellung spricht jedoch für eine späte Arbeit. Ein sehr ähnliches Stück befindet sich im Victoria & Albert Museum in London (Earl 1982, S. 13, Abb. 4), das im Stil des Yoshinaga aus Kyoto gearbeitet ist. Das vorliegende Stück wirkt wie eine Kopie nach Yoshinaga. 30 TATARISCHER BOGENSCHÜTZE Elfenbein H. 8,2 cm Spätes 18. Jh. Hund. So erscheint der Tatar auch in den Illustrationen der enzyklopädischen Literatur und auf den nagasaki-e, wo er inschriftlich als Dattanjin bezeichnet wird. Tata ist seit dem 5. Jahrhundert die Bezeichnung eines Mongolenvolkes im Nordosten der heutigen Mongolei. Ähnlich den Jägern aus der Tatarei werden auch die Bewohner aus Orankai (Terajima 1970, S. 211 und Kinmô zui, Bd. 4, S. 11a unten) und Joshin, beides Länder in der früheren Mandschurei, dargestellt. Abb. 4 Kinmô zui, 1666, Bd. 4, S. 11a 31 TATARISCHER BOGENSCHÜTZE Maritimes Elfenbein (Narwal) H. 7 cm Aufschrift: Yoshinaga 19. Jh. 32 AUSLÄNDER Buchsbaum H. 11,5 cm 18. Jh. Ehemalige Sammlung Raymond Bushell Der große Ausländer mit Hut, Bart und einer langen Trompete trägt einen sehr mageren tenaga, der von Bushell als Skelett interpretiert wird, auf dem Rücken. Diese ungewöhnliche Darstellung konnte bisher nicht gedeutet werden. Abgeb. in: Bushell, 1975, S. 116, Nr. 148 Der Tatar ist hier im Pelzmantel und den typischen Attributen wie Hut mit Fellkrempe, zwei Pfauenfedern, Köcher und Bogen, dargestellt. Ihm zu Füßen sitzt ein 20 Chinesische Unsterbliche Von Beginn an war die daoistische Philosophie, die von Laozi (jap. Rôshi) begründet wurde, besessen von dem Gedanken, daß es möglich sei, physische Unsterblichkeit zu erlangen. Dieses war das Ziel der xianren (jap. sennin), ein Terminus, der im Deutschen mit „Unsterblicher“ übersetzt wird. Nicht zu altern und lange zu leben, vollzog sich bei ihnen durch Befolgung verschiedener Praktiken, wie Atemübungen oder alchemistischen und pharmazeutischen Techniken. In der chinesischen und japanischen Kunst werden die sennin als langhaarige, bärtige, barfüßige Eremiten in ärmlicher Kleidung, mit einem Umhang aus Eichen- oder Artemisia-Blättern und einer Kalebasse, die das Elixier der Unsterblichkeit enthält, dargestellt. Ihre unkonventionelle Erscheinung kennzeichnet sie als Außenseiter der Gesellschaft. Viele sennin tragen ein zusätzliches, sie identifizierendes Tier oder Objekt. Die Schnitzer scheinen sich jedoch nicht streng an die Ikonographie gehalten zu haben, und eine namentliche Identifizierung ist oft unmöglich. Im späten 16. Jahrhundert kamen zahlreiche chinesische Bücher nach Japan. Unter ihnen befand sich die wichtigste illustrierte Biographiensammlung von Unsterblichen, die Ming-Ausgabe des Liexian quanzhuan (jap. Ressen zenden, Vollständige Sammlung von Biographien der Unsterblichen). Andere sennin-Biographien sind das Xianfo qizong (jap. Senbutsu kisô, Wundersame Erzählungen von Unsterblichen und Buddhas) aus dem Jahr 1602 und das Xianfo zhengfa (jap. Senbutsu shoho). Die Unsterblichen werden in diesen illustrierten Büchern in der Kleidung der chinesischen konfuzianischen Beamten oder der einfachen Bevölkerung gezeigt, nur sehr selten als Bettler. Die sennin-Darstellungen unter den Netsuke beruhen jedoch in Auswahl und Ikonographie auf der japanischen Malerei der Muromachi-Zeit bzw. den späteren Mallehrbüchern von Holzschnittkünstlern in der Kano-Tradition, wie z.B. das Wakan meigaen (Garten berühmter japanischer und chinesischer Bilder) (1750) von Ooka Shunboku (1680-1763). Viele dieser sennin kennzeichnet eine dynamische Haltung, die durch die Drehung des Kopfes und die flatternden Gewandsäume betont wird. Der Gesichtsausdruck ist oft grotesk, daher werden sie gelegentlich mit den ähnlich übersteigert dargestellten rakan verwechselt. Nur selten werden Unsterbliche in konventioneller chinesischer Tracht gezeigt, dann tragen sie fast immer auch einen langen, spitz zulaufenden Bart. Sennin gehören zu den frühesten Figurendarstellungen unter den Netsuke. Die großen, schlanken Gestalten wurden im 18. Jahrhundert fast ausschließlich in Elfenbein geschnitzt; eine Beeinflussung durch chinesische Elfenbeinschnitzereien ist nicht auszuschließen. Yoshimura Shûzan (1700-1776) aus Osaka ist der erste namentlich bekannte Künstler, der für seine sennin-Netsuke aus Holz berühmt wurde. Das Sôken kishô schreibt, er habe sich bei seinen Darstellungen vom Ressenden beeinflussen lassen, doch ein Vergleich zeigt, daß der Einfluß nicht sehr groß war. Shûzans groteske und expressiv gestaltete Figuren basieren auf 21 sennin-, rakan- und oni-Darstellungen in der Kano-Malerei. Im Laufe des 19. Jahrhunderts nahm die Anzahl der sennin-Netsuke ab. Sie wurden kleiner und detailreicher gestaltet und ihr dramatischer Ausdruck ging verloren. SEIÔBO Seiôbo (chin. Xiwangmu) ist die legendäre daoistische Feengöttin, die „Königinmutter des Westens“. Sie residierte mit ihren fünf Dienerinnen in einem sagenumwobenen Palast mit Jaspis-Terrasse in den Kunlun (jap. Konron)-Bergen in West-China. In ihrem Park wuchsen Pfirsichbäume, die nur alle dreitausend Jahre Früchte trugen und deren Verzehr Unsterblichkeit verlieh. Mit diesen Früchten, sieben an der Zahl, besuchte sie der daoistischen Überlieferung nach 110 v. Chr. den Kaiser Wudi (jap. Kan no Butei) und hielt für die Unsterblichen Feste ab, bei denen sie diese Früchte servierte. Seiôbo wird in prächtiger Tangzeitlicher Kleidung und mit reichem, von einem Phönix bekrönten Kopfschmuck dargestellt. Sie oder ihre Dienerin trägt einen Pfirsichzweig bzw. eine Schale mit Pfirsichen, die immerwährendes Leben verheissen. 33 SEIÔBO Elfenbein H. 9,7 cm Spätes 18. Jh. Der Pfirsichzweig und das kostbare Gewand mit Blütenrautenmuster (hanabishi) sind die Erkennungsmerkmale der daoistischen Göttin. Abb. 5 Ehon shahô bukuro, 1770 (1. Aufl. 1720), Bd. 7, S. 19a 34 SEIÔBO H. 9,4 cm Spätes 18. Jh. Würdevoll steht die Königinmutter des Westens mit Morgenwolkenumhang um die Schultern neben einem Korb mit einem Pfirsichzweig. 35 SEIÔBO Elfenbein H. 5,2 cm 1. Hälfte 19. Jh. In der herabhängenden Linken hält Seiôbo einen Korb. 36 TAISHIN'Ô Elfenbein H. 5,2 cm Sign.: Tenzan Frühes 19. Jh. Die chinesische Unsterbliche Taishin’ô (chin. Taizhen Wang), die jüngste Tochter der Seiôbo, sitzt auf einem – der Legende nach weißen – Drachen. Mit beiden Händen spielt sie die einsaitige Zither (qin). Aufgrund ihrer Erscheinung wird sie meist mit Benten verwechselt, deren Attribut jedoch die japanische Laute (biwa) ist. 22 37 RYÛJO Buchsbaum H. 3,5 cm Sign.: Masamitsu Mitte/2. Hälfte 19. Jh. Ryûjo (chin. Liu Nü) fliegt auf dem Rücken einer Gans durch die Lüfte. Sie war die ältere Tochter des Liu An (gest. 122 v. Chr.), der ein Mitglied des kaiserlichen Clans der Westlichen Han-Zeit (206 v. Chr. - 9 n. Chr.) war und sich in der Alchemie versuchte. Seine Tochter lernte bei ihm. Als sie ins heiratsfähige Alter kam, schickte ihre Mutter sie zu einem Nachbarn, den sie heiraten sollte. Daraufhin kam ein weißer Schwan angeflogen, der sie in das Land des Rôshi davontrug. 38 RYÛJO Elfenbein H. 3,4 cm Sign.: Hômin und kaô Edo/Tokyo, ca. 1850/1880 Ryûjo hält mit beiden Händen das lange Schalband, während der Vogel seinen Kopf nach links wendet, um so dem Netsuke eine kompakte Form zu verleihen. TÔBÔSAKU Tôbôsaku (chin. Dong Fangshuo) gilt unter den Unsterblichen als der „Pfirsichdieb“. Er hat Seiôbo drei Pfirsiche entwendet, als sie mit sieben Pfirsichen auf dem Weg zum Hof des Kaisers Wu Di war. In der Malerei wird er in Beamtenkleidung auf der Flucht mit den Pfirsichen der Unsterblichkeit dargestellt. Bei Netsuke ist einzig der Pfirsich sein identifizierendes Attribut. 39 TÔBÔSAKU Elfenbein H. 5,5 cm 1. Hälfte 19. Jh. Freudig lachend hält Tôbôsaku einen Zweig mit großem Pfirsich und einen Blattfächer. Die Art der Gewandgestaltung läßt an Hidemasa denken. 40 TÔBÔSAKU Elfenbein B. 3,8 cm Sign.: Rantei Kyoto, 19. Jh. Der alte, sitzende Unsterbliche streicht sich über den Bart. Hinter ihm liegt ein riesiger Pfirsich mit typischer, tiefer Kerbe. 41 TÔBÔSAKU Elfenbein H. 3,2 cm 19. Jh. Diese in China unbekannte Darstellung des Tôbôsaku ist eine typisch japanische Interpretation, die an das Märchen von Momotarô erinnert, dem Knaben, der aus einem Pfirsich geboren wurde. 42 TÔBÔSAKU Elfenbein H. 5,3 cm Sign.: Masayuki Spätes 19. Jh. 23 Behutsam hält Tôbôsaku den großen Pfirsich, der ihm immerwährendes Leben verleiht. 43 SENNIN Elfenbein H. 8,5 cm Frühes 19. Jh. Der Blattschurz um Schulter und Hüfte sowie das löchrige Gewand kennzeichnen die Gestalt als sennin, dessen groteskes Aussehen durch den übergroßen Kopf und die unnatürliche Körperhaltung betont wird. 44 SENNIN Elfenbein H. 10,9 cm Spätes 18. Jh. Trotz des Zepters, das in der Regel ein Attribut buddhistischer Figuren ist, läßt sich dieser bärtige sennin nicht namentlich identifizieren. Ungewöhnlich sind die Phönixe als Gewandmuster. 45 SENNIN Elfenbein H. 10,4 cm 18. Jh. Der Fuß des Unsterblichen ruht auf einem kleinen Felsen, der eine spätere Ergänzung ist. 46 SENNIN Elfenbein H. 7,5 cm 18. Jh. Ehemals Slg. Lorber Der sitzende, greise Unsterbliche mit Artemisiablatt-Umhang hält einen Stab, an dessen Spitze ein Henkelkorb hängt. Größe, dreieckige Form, Verlauf der Schnurführung sowie die Patina des Stückes sind charakteristisch für das 18. Jahrhundert. Abgeb. in: Trudel Klefisch, „Netsuke als Spiegel der Edo-Zeit“, in: Weltkunst, Jg.. 67, Nr. 12 (15. Juni 1997), S. 1262, Abb. 9 47 SENNIN Elfenbein H. 6 cm Frühes 19. Jh. Der bärtige Unsterbliche mit Artemisiablatt-Umhang und kleiner Kopfbedeckung hält eine aufgerollte Schriftrolle. Zu seinen Füßen liegt ein Kürbis. 48 SENNIN Elfenbein H. 7,2 cm Spätes 18. Jh. Der fröhliche sennin stützt einen Gegenstand auf seiner Schulter, der auf Grund einer Beschädigung nicht mehr zu bestimmen ist. Es könnte sich um den unteren Teil eines Flaschenkürbisses handeln. In der Hand hält er die Kordel mit Quaste, die ursprünglich um die Taille des Kürbisses gewickelt war. 24 49 SENNIN Elfenbein H. 6,8 cm Hälfte 19. Jh. Die geschulterte Kalebasse ist das übliche Attribut eines Unsterblichen, doch die sich zu Locken einrollenden Haarsträhnen, der Umhang mit Viereckmuster, der Hüftschurz, der von einer Rüstung zu stammen scheint, und die Schuhe sind für einen sennin atypisch. 50 SENNIN Elfenbein H. 4,3 cm 18. Jh. Der sennin mit einer Schriftrolle steht neben einem Fabeltier vom Typ baku. 51 SENNIN Elfenbein H. 10 cm 18. Jh. Durch ein Loch in seinem den ganzen Rücken bedeckendem Blättergewand sind Rückgrat und Rippen zu sehen. GAMA SENNIN Gama Sennin (wörtlich: KrötenUnsterblicher, chin. Gemo xianren) ist die japanische Bezeichnung des chinesischen Unsterblichen Liu Haichan (auch Liuhai Xian). Dieser soll eine historische Person gewesen sein, die im frühen 10. Jahrhundert gelebt und 4. Patriarch der Quanzhen-Sekte des Daoismus war. Er war Meister der inneren Alchemie und gehört der Gruppe der Acht Unsterblichen (hassen, chin. baxian) an. Sein Attribut ist die weiße, dreibeinige Kröte, die der Unsterbliche aus einem Brunnen fischte und die ihn überall hin transportieren konnte. Er und Tekkai sennin werden in der chinesischen und japanischen Malerei oft zusammen dargestellt. 52 GAMA SENNIN Elfenbein H. 4,5 cm 18. Jh. Der Unsterbliche sitzt auf einem niedrigen Felsen und stützt mit der Linken eine über seine Schulter kletternde, dreibeinige Kröte. In der Rechten hält er einen Zweig mit großem Blatt und einer anhängenden Kalebasse. Diese Figur weist in der Darstellung Ähnlichkeit mit rakan aus dem 18. Jahrhundert auf (vgl. Kat.-Nrn. 140 und 142). 53 GAMA SENNIN Elfenbein H. 8 cm 18. Jh. Mit der Rechten stützt der Unsterbliche eine vierbeinige Kröte auf seiner Schulter. Sehnen des Halses und die Rippen des Brustkorbes sind realistisch dargestellt, während das Gesicht zu einer Grimasse verzogen ist. 54 GAMA SENNIN Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 3,9 cm 2. Hälfte 18. Jh. 25 Die dreieckige Form sowie die Physiognomie mit großen Augen sind Merkmale des frühen Netsuke-Stils. 55 GAMA SENNIN Elfenbein H. 3,6 cm Sign.: Gyokushin 2. Hälfte 19. Jh. In dieser ungewöhnlichen Darstellung des sennin als alter Mann scheint der Unsterbliche sich mit einer vierbeinigen Kröte zu unterhalten. 56 GAMA SENNIN Hirschhorn, Pupillen aus schwarzem Horn H. 7,8 cm 19. Jh. Der Unsterbliche mit dämonenhafter Fratze steht mit eng zusammengestellten nackten Füßen im Gleichgewicht. Die Kröte, sein typisches Attribut, stützt der Unsterbliche mit der Linken auf seiner Schulter, die Rechte hält einen Zweig, von dem paarige Kalebassen hängen. Das Gesicht ist zu einer dämonenhaften Fratze verzogen. 57 GAMA SENNIN Walroßzahn H. 3,1 cm Spätes 19. Jh. Geschickt hält der kniende sennin den Fuß so, daß die riesige dreibeinige Kröte mühelos über seinen Rücken klettern kann. TEKKAI SENNIN Tekkai Sennin (wörtlich: EisenkrückeUnsterblicher, chin. Li Tieguai) ist einer der Acht Unsterblichen und soll in der Sui-Zeit (581-618) gelebt haben. Li Tieguai wurde von Laozi und Wenqiu in die Lehren des Daoismus unterwiesen. Eines Tages wollte er zu einem Treffen mit Laozi auf den Berg Hua. Seinem Schüler sagte er, daß sein physischer Körper zurückbleiben, während seine Seele (hun) die Reise antreten würde. Falls diese nach sieben Tagen nicht zurück sei, dürfe er den Körper einäschern. Der Schüler äscherte den Körper am 6. Tag ein und als Lis Seele am 7. Tag zurückgekehrte, fand er seinen Körper nicht mehr vor. Daraufhin schlüpfte er in den Körper eines Bettlers, der gerade verhungert war. In der Kunst wird er daher als ärmlicher Krüppel mit häßlichem Gesicht und Eisenkrücke dargestellt, der mit gespitzten Lippen seine Anima auf die verhängnisvolle Reise schickt. 58 TEKKAI SENNIN Holz, Pupillen aus Silber H. 9,3 cm Signatur unlesbar 18. Jh. Der sennin kann anhand seiner Krücke, Haltung und der Mimik des Aushauchens seiner Anima als Tekkai identifiziert werden. Das Geschwür am Hals ist Hinweis auf den kranken Bettler. 59 TEKKAI SENNIN Holz H. 10,1 cm 19. Jh. 26 Der Mund des sennin ist zum Aushauchen seiner Anima geöffnet. Die Linke ist auf eine Krücke gestützt. Die Kalebasse ist ein weiteres Attribut des Tekkai. Die Schnurführung verläuft, wie bei frühen Stücken üblich, durch den Ärmel. 60 TEKKAI SENNIN Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 6,7 cm 19. Jh. Der Unsterbliche haucht seine Anima aus, die sich als Figur mit Kalebasse und Krücke auf einer Atemfahne entfernt. KIKUJIDÔ Kikujidô (wörtlich ChrysanthemenKnabe, chin. Ju Zitong), der Lieblingspage des Kaisers Bokuô (chin. Muwang, reg. 1001-946 v. Chr.) der Zhou-Dynastie, hatte eines Tages mit der Fußspitze das kaiserliche Kissen berührt. Für dieses Vergehen wurde er vom Kaiser ins Exil geschickt. Doch bevor er ging, gab ihm der Kaiser einen buddhistischen Spruch mit auf den Weg, der Gesundheit und langes Leben garantieren sollte. Damit er diese Worte nicht vergißt, schrieb er sie immer wieder auf Chrysanthemenblätter. Der Tau, der die Worte morgens weg wusch, wurde das Elixier immerwährender Jugend (furô fushi no kusuri, wörtlich: Nicht Altern-Nicht SterbenMedizin). 61 KIKUJIDÔ Elfenbein H. 2,5 cm; L. 8 cm 17./18. Jh. Der junge Mann liegt auf seinen linken Arm gestützt; in der Rechten hält er einen Chrysanthemenzweig mit zwei Blüten. Das himotôshi wird gebildet durch eine Kalebasse am Rücken. Die Gestaltung leitet sich möglicherweise ab von der chinesischen, sogenannten „doctor's lady“. Diese Handschmeichler der Ming-Zeit waren in Japan mindestens seit dem 18. Jahrhundert bekannt, wie aus einer Illustration im Sôken kishô hervorgeht. Die Art der Gesicht- und Körpergestaltung erinnert an chinesische ElfenbeinFiguren des 17. Jahrhunderts. Auf Grund der Form des Netsuke kann dieses Stück auch als Pinselablage verwendet werden. 62 KIKUJIDÔ Buchsbaum Ø 4,8 cm 19. Jh. Im Inneren einer großen Chrysanthemenblüte sitzt Kikujidô. Auf der Rückseite sind zwei große Blätter dargestellt; der unterschnittene Stengel bildet das himotôshi. Eine in Komposition ähnliche Darstellung dieses Themas befand sich ehemals in der Sammlung Bushell. Hier ist der langhaarige chinesische Knabe in einem Kranz von Blütenblättern dargestellt. Die Interpretation Bushells, daß es sich hier um eine Arbeit in der Art einer Cameo-Brosche handelt, ist nicht nachzuvollziehen (Bushell 1989b, S. 117, Abb. 157). 63 KIKUJIDÔ Elfenbein H. 3 cm; L. 4,2 cm Mitte 19. Jahrhundert 27 64 KIKUJIDÔ Elfenbein H. 5,1 cm Mitte 19. Jh. 65 ATTRIBUTE DES KIKUJIDÔ Elfenbein L. 3,6 cm Sign.: Ryûsen Edo, ca. 1850/1870 Ehemalige Sammlung De Belder Das Kopfkissen des Kaisers, Chrysanthemenblüten und Blätter, ein Pinsel sowie – auf der Unterseite – ein Tuschestück und ein pfirsichförmiger Tuschereibstein bilden ein kompaktes, in sich geschlossenes Stilleben. Im Kopfkissen ist in anabori eine Landschaft mit Kiefer und Bach dargestellt. Die Spitze des Pinsels und die Tusche im Reibstein sind schwarz eingefärbt. 66 CHÔKARÔ Manjû-Netsuke Elfenbein Ø5,7 cm Sign.: Ikkansai Inshi (Kazuyuki) und kaô Mitte 19. Jh. Der sennin läßt sein Pferd, das auf der Rückseite des manjû dargestellt ist, aus einer Kalebasse springen. Chôkarô (chin. Zhangguo Lao), der zu den Acht Unsterblichen zählt, verfügt über übernatürliche Fähigkeiten. Er soll immer einen Flaschenkürbis mit sich getragen haben, um bei Bedarf ein Pferd daraus zu zaubern. Abgeb. in: Lazarnick 1982, Bd. 1, S. 515-516 67 CHINNAN Elfenbein, Pupillen des Drachen aus Horn H. 4,6 cm 19. Jh. Almosenschale und Drache sind zwar auch die Attribute des rakan Handaka sonja, doch Gewand, Hüftschutz, Pluderhosen und der spitze Bart weisen die Figur als Chinesen und somit Chinnan aus. Chinnan (chin. Chen Nan) war für seine exzentrische Lebensweise bekannt und wird in der Malerei barfüßig auf einem Strohhut dargestellt, weil er eine Fähre verpaßt hatte und sich daher auf diese Weise über das Wasser fortbewegte. Der große, flache Hut ist das Hauptattribut des meist im Flickengewand dargestellten sennin. Wegen seiner Fähigkeit, Regen herbeizaubern zu können, wird er auch mit einem Drachen dargestellt. 68 KINKÔ SENNIN Elfenbein, Pupillen des Tieres aus Horn H. 6,5 cm Frühes 19. Jh. Ein riesiger Karpfen mit Kinko auf dem Rücken steigt aus den Wellen. Kinkô (chin. Qin Gao) zog durchs Land, wobei er auf der Trommel und der qin (jap. kin, Bestandteil seines Namens) musizierte und Fische malte. Eines Tages wurde er vom König der Fische eingeladen, die Flußwelt zu besuchen. Auf dem Rücken eines Karpfens kehrte er von dort zurück und ermahnte seine am Flußufer wartenden Schüler, keine Fische mehr zu töten. Nach einer anderen Version der Legende erwarteten ihn am vereinbarten Tag seiner 28 Rückkehr seine Schüler am Ufer. Auf einem Karpfen reitend entstieg er den Wellen. Nachdem er einen Monat lang seine Adepten unterwiesen hatte, entschwand er wieder in den Fluten. Laut Weber enthält die Schriftrolle in der Hand Skizzen aus dem Reich der Fische, die er für seine Bilder verwenden wird. 69 KUME SENNIN Elfenbein H. 5,4 cm Sign.: Ono Ryôkô Edo/Tokyo, ca. 1860/1880 Wahrscheinlich geht dieses Motiv zurück auf eine Legende um den einzigen japanischen sennin, Kume, der vom Himmel aus eine Wäscherin beobachtete, sich in diese verliebte und aus den Wolken fiel. Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 477, Abb. 5 und Werdelmann 1989a, S. 47 29 Chinesische Figuren aus Geschichte, Literatur und Alltag Mit der Einführung des Zen-Buddhismus aus China gelangten chinesische Bücher und Malereien nach Japan, die ein breites Wissen über chinesische Literatur, Geschichte und Sagengestalten vermittelten. Bei der Etablierung chinesischer Legenden in Japan spielte zudem das NôTheater der Muromachi-Zeit eine besondere Rolle. Viele chinesische Figuren waren Themen von Nô-Dramen. In den nachfolgenden Jahrhunderten fanden sie Aufnahme in populäre Balladen und kabuki. Chinesische Figuren wurden auf diese Weise einer breiten Bevölkerung bekannt. Der wohl wichtigste chinesische Roman bzw. dessen japanische illustrierte Ausgaben, der die Netsuke-Schnitzer inspirierte, war das Sangokushi (chin. Sanguozhi, dt. Geschichte der Drei Reiche) des Chen Shou (233-297), das jedoch erst im 14. Jahrhundert als historischer Roman mit dem Titel Sanguozhi yanyi (Erweiterte Geschichte der Drei Reiche) berühmt wurde. Das Sangokushi schildert die politischen Unruhen des 3. Jahrhunderts n. Chr., als die Königreiche von Wei, Wu und Shu um die politische Vorherrschaft kämpften. Die drei Schwurbrüder vom Pfirsichgarten Ryûbi, Kan'u und Chôhi verbündeten sich, um Recht und Gerechtigkeit wiederherzustellen. Diese drei Generäle (shokusanketsu) tauchen – einzeln oder zusammen – sehr oft als Netsuke-Motiv auf. Weiterhin gab es eine große Anzahl von Geschichten, die Tugenden wie Demut, Loyalität, Mut und Kindespietät exemplifizieren. Zu den berühmtesten legendären Gestalten zählt der Teufelsbezwinger Shôki. Aber nicht nur historische und legendäre Gestalten beeinflußten die Schnitzer, sondern auch berühmte chinesische Dichter und Personen aus dem chinesischen Alltag dienten als Thema. KAN'U Die Geschichte von Kan'u (chin. Guan Yu, gest. 220), Chôhi (chin. Zhang Fei) und Ryûbi (chin. Liu Bei, später als Kaiser Gentoku [chin. Xuande)]genannt) wird im Roman Sangokushi (Geschichte der Drei Reiche) geschildert. Im „Pfirsich-Garten“ leisteten sie einen Treueschwur und erkämpften die Etablierung von Ryûbi als König von Shu im Jahr 221 n. Chr., einem der legitimen Nachfolger der 220 gestürzten Han-Dynastie und Begründer eines der Drei Reiche. Kan’u wurde 1594 aufgrund seiner Loyalität und seines Mutes zum Kriegsgott mit dem Namen Guandi ernannt. Er war auch Schutzgott der Gerechtigkeit und der Kaufleute. Vor allem in Südchina sehr beliebt, beeinflusste die Art seiner Gestaltung die Schnitzarbeiten in Japan. Die Darstellungen von Kan'u basieren auf den zahlreichen chinesischen Wiedergaben des populären Guandi. Die ihn identifizierenden Merkmale sind seine ernsthafte Erscheinung, seine Hellebarde „Blauer Drache“ (Seiryûken), der lange Bart, über den er sich mit der Hand streicht, und die Kappe mit MondEmblem und herabhängendem Tuch. Das physiognomische Merkmal großer, nach oben schräg gestellter Augen geht auf chinesische Darstellungsweisen zurück. In den japanischen Mallehr- und Vorlagebüchern ist er häufig anzutreffen. 30 70 DIE DREI GENERÄLE Buchsbaum, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 4,4 cm Mitte 19. Jh. In der Mitte steht Ryûbi, der spätere Kaiser Gentoku, mit in den Ärmeln versteckten Händen. Er wird flankiert zu seiner Rechten von Kan'u mit Hellebarde, der sich über den Bart streicht, und Chôhi mit Lanze und wehendem Bart. 71 KAN'U Elfenbein H. 8,8 cm 18. Jh. Die kompakte, statuarische Form und die Gewandgestaltung erinnern an chinesische Elfenbeinfiguren des Kan'u aus dem 17. Jahrhundert. 72 KAN'U Hirschhorn H. 10,6 cm 2. Hälfte 18. Jh. Dies ist ein ungewöhnlich großes Netsuke aus Hirschhorn, ein Material, das in der Regel für kleinere Stücke verwendet wurde. Die natürliche Höhlung des Materials ist am Kopf und an den Füßen mit einem Pflock verschlossen. Abgeb. in: NKSJ, Bd. 6, Nr. 1 (Frühling 1986), S. 32 73 KAN'U Elfenbein H. 7,9 cm 2. Hälfte 18. Jh. 74 KAN'U Elfenbein H. 13 cm 18. Jh. Die streng frontale Auffassung dieses Kan'u und die sehr große Form, die sich aus dem hohen, dreieckigen Zahnsegment ergibt, ist typisch für das 18. Jahrhundert. 75 KAN'U Elfenbein H. 5,4 cm Sign.: Nagatsugu 1. Hälfte 19. Jh. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Figuren hat diese eine dynamische Haltung, die motivisch auf Illustrationen der Mallehrbücher zurückgeht. Abb. 6 Shoshoku e kagami, 1794, S. 11b 76 KAN'U Buchsbaum H. 5 cm Frühes 19. Jh. Die breitbeinig stehende, korpulente Gestalt verkörpert Willenskraft und Entschlossenheit. Die Figureninterpretation ist vergleichbar mit den Darstellungen des 31 Kan'u in der Malerei und Holzschnittkunst. ob Gyokurintei dieses Thema mehrfach geschnitzt hat. 77 CHÔHI Hirschhorn H. 6,8 cm 19. Jh. 79 GENTOKU UND KÔMEI Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 3,6 cm Sign.: Sekkô Mitte 19. Jh. Der grimmige Gesichtsausdruck, der ausgebreitete Bart und das Beil sind die Erkennungsmerkmale des Chôhi. 78 KÔMEI Buchsbaum H. 3,5 cm Sign.: Gyokurintei Edo, ca. 1850/1860 Auf einer Sockelplatte sitzt ein lesender, chinesischer Würdenträger vor einem Tischchen auf dem Bücher, ein Tuschereibstein und drei Pinsel liegen. Um den Rücken ist ein Schwert gebunden. Wahrscheinlich handelt es sich um den General und Staatsmann Sho Katsuryô (chin. Zhu Geliang, 181-234), besser bekannt als Kômei, den späteren Berater des Kaisers Gentoku. Der Legende nach besuchte Gentoku mit seinen Genossen Kan'u und Chôhi Kômei in einer Winternacht. Geduldig warteten sie sechs Stunden lang bis Kômei von seiner Lektüre aufblickte, um ihm dann den Vorschlag zu unterbreiten, Berater der neuen Regierung zu werden. Meinertzhagen erwähnt unter Gyokurintei das Netsuke eines "Kwanyu reading“ (MCI, S. 99), wobei er möglicherweise das Stück in der Sammlung Behrens (Joly 1912, Tafel LXIV, Nr. 4811) meint. Wahrscheinlich handelt es sich um Kômei. Es scheint, als Hinter dem sitzenden Kômei mit geschlossenem und aufgestelltem Fächer steht Gentoku. Abgeb. in: MCI, S. 722 80 YOJÔ Buchsbaum, Augen aus Messing, Pupillen aus Horn; himotôshi in Elfenbein gefasst H. 2,5 cm Aufschrift: Minko und kaô Tsu, Provinz Ise, ca. 1800 oder wenig später Mit einem Ausdruck von Verzweiflung durchschneidet Yojô (chin. Yu Rang, 3. Jh. v. Chr.) den Mantel seines neuen Dienstherrn, des Kaisers Chô Bujutsu), um somit zumindest symbolisch den Mord an seinem ehemaligen Herrn, Kaiser Chihaku, zu rächen. Die gedrungene Form des Netsuke sowie die Einlagen aus verschiedenen Materialien sind zwar typisch für Minko, doch überzeugen letztlich Schriftstil der Signatur und Schnitzarbeit nicht. Die in ukibori ausgeführten Wolkenmuster des kaiserlichen Gewandes fügen sich nicht in das Œuvre des Minkô. Abb. 7: Ehon shahô bukuro, 1770 (1. Aufl. 1720), Bd. 6, S. 16a 32 81 YOJÔ Elfenbein H. 3 cm Sign.: Shôunsai Edo. Ca. 1840/1860 Gesichtsausdruck, Barthaare und Behaarung der Beine und Unterarme sind Zeichen der wilden Entschlossenheit, seinen ehemaligen Dienstherren zu rächen. CHÔRYÔ UND KÔSEKIKÔ Chôryô und Kôsekikô wurden sowohl zusammen als auch einzeln dargestellt. Als Kôsekikô (chin. Huangshi Gong), der mythische „Herr vom Gelben Stein“, eines Tages über eine Brücke ritt, ließ er seinen Schuh ins Wasser fallen, wo ein Drache sein Unwesen trieb. Chôryô (chin. Zhang Liang), einer der drei berühmten Generäle der Han-Dynastie (Kan no sanketsu), fischte ihn aus den Fluten und übergab den Schuh. Diese Geschichte, Thema des Nô-Stücks Chôryô, ist eine Parabel für verschiedene konfuzianische Tugenden: Respekt gegenüber den Älteren, Demut und Mut. 82 CHÔRYÔ UND KÔSEKIKÔ Elfenbein H. 7,8 cm 2. Hälfte 18. Jh., später überarbeitet Kôsekikô reitet über eine Brücke. Chôryô steht auf dem Drachen und reicht den Schuh nach oben. Frühe Darstellungen dieses Motivs, hier erkennbar an der großen, dreieckigen Form des sparsam beschnitzten Materials, sind selten. 83 CHÔRYÔ UND KÔSEKIKÔ Buchsbaum H. 5,8 cm Sign.: Isshinsai Unzan Mitte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat In den brandenden Fluten sitzt Chôryô auf dem bezwungenen Drachen und reicht Kôsekikô den Schuh. Die sehr detailreiche und sorgfältig ausgeführte Arbeit wirkt wie ein okimono. 84 CHÔRYÔ Chôryô Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn H. 5,8 cm Aufschrift: Masanao Frühes 19. Jh. Der bärtige General schultert den Schuh des Kôsekikô und hält das Schwert am Rücken, mit dem er sich gegen den Drachen verteidigt hat. Die aus feinen Ranken bestehenden Medaillons auf dem Gewand sind in der Art des Hidemasa ausgeführt. 85 GÔSHISHO Holz H. 4,6 cm Sign.: Gyokkô Ca. 1840/1870 Der berühmte General Gôshisho (chin. Wu Yun) des 5. Jahrhunderts v. Chr. gewinnt die Wahl zum Präsidenten der Pro33 vinzgouverneure, da er die Prüfungsaufgabe löst. Literarisches Talent und Stärke stellte er unter Beweis, indem er gleichzeitig ein Gedicht schreibt und ein großes, bronzenes Weihrauchbecken stemmt. Abb. 8 Ehon shahô bukuro, 1770 (1. Aufl. 1720), Bd. 5, S. 25b DIE 24 BEISPIELE DER KINDESPIETÄT Neben der Loyalität gegenüber dem Herrscher galt in China die kindliche Pietät gegenüber den Eltern als die allerhöchste Pflicht. In der Yuan-Zeit (12711368) stellte Guo Jujing aus verschiedenen Quellen 24 Beispiele der Kindespietät (nijûshikô, chin. ershisi xiao) zusammen. Diese waren in Japan Grundlage für das bebilderte Werk Nijûshikô shisen, das japanischen Malern als Vorlagebuch für ihre Darstellungen dieser Themen diente. Die 24 Beispiele waren im Zuge des zunehmenden Einflusses konfuzianischer Ethik im Japan der Edo-Zeit Allgemeingut und wurden auch in volkstümlichen Enzyklopädien, wie beispielsweise dem Setsuyô (E.A. 1714), erläutert. 86 KAKU SANNAN Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 5,8 cm 19. Jh. Um ihre zahnlose Mutter vor dem Hungertod zu bewahren, läßt Kaku Sannan (chin. Hu Shannan), auch Tôfujin (chin. Tang Furen) genannt, aber besser bekannt in der Netsuke-Literatur als Saishi, sie an ihrer Brust trinken. In der Regel wird bei diesem Thema auch die Mutter dargestellt. Die Erzählung von Kaku Sannan ist das 10. Beispiel der Kindespietät. 87 KAKKYÔ Elfenbein H. 4,8 cm Sign.: Kôgyoku Edo, ca. 1830/1860 Kakkyô (chin. Guo Qu) lebte mit seiner Familie in bitterer Armut. Seine greise Mutter sparte sich das wenige Essen vom Munde ab, damit der Enkel genügend Nahrung bekommen konnte. Daraufhin beschlossen die Eltern, ihren Sohn zu töten, damit sie die Mutter versorgen konnten. Als er das Grab für den Sohn ausschaufelt, findet er jedoch einen Kessel mit einem Goldschatz. Kakkyô ist das 13. Beispiel der Kindespietät. 88 KAKKYÔS FRAU Zahn H. 6 cm 18. Jh. Die Figur einer stehenden Chinesin mit einem Kleinkind wird in der Regel als Kakkyôs Frau identifiziert. Diese Bestimmung wird durch Netsuke erhärtet, bei denen neben einer Frau mit Kind ein Topf steht. 89 MÔSÔ Elfenbein H. 4,5 cm 18. Jh., später überarbeitet 34 Môsô sitzt mit einem Stab auf einem löchrigen Felsen; neben ihm ist ein Bambusschößling zu erkennen. Bei dem abgebrochenen Gegenstand in seiner Rechten handelt es sich wohl um ein Beil. Môsô (chin. Meng Song) ist das 23. Beispiel der Kindespietät und gehört unter den Netsuke zu den beliebtesten Darstellungen der 24 Beispiele. Im tiefen Winter zog Môsô in einen Hain, um Bambussprossen auszugraben. Aus diesen sollte er für seine kranke Mutter eine kräftigende Suppe kochen. Die Natur kam dem aufopfernden Sohn zu Hilfe und ließ mitten im Winter trotz Kälte und Schnee Bambus sprießen. 90 MÔSÔ Hirschhorn H. 8,5 cm Frühes 19. Jh. Die Hacke, der Bastschurz, der große Strohhut mit Schneeflecken und die Bambusschößlinge in der linken Hand sind die Erkennungsmerkmale des Môsô. Es handelt sich hier um eine ungewöhnlich große Darstellung. 91 MÔSÔ Elfenbein, Wurzelnarben aus mehrfarbigem Horn H. 3,5 cm Sign.: Chokusai Osaka, ca. 1900/1920 Môsô ruht sich auf einem überdimensional großen Bambussproß aus. Der Strohhut und der Bastumhang sind mit Schnee bedeckt. SUIKODEN-HELDEN Der chinesische Roman Suikoden (chin. Shuihu zhuan, in deutscher Übersetzung bekannt als „Die Räuber vom Liangshan Moor“) aus der Zeit um 1330 schildert die Heldentaten von gesellschaftlichen Außenseitern unter ihrem Anführer Song Jiang. Sie kämpften für soziale Gerechtigkeit und gegen korrupte Beamte des Kaisers Huizong (reg. 1101-1125). Im frühen 19. Jahrhundert erfreute sich der Roman in Japan großer Popularität. Unter den zahlreichen japanischen Ausgaben des Suikoden ist die des Takizawa Bakin (1767-1848), das Shinpen Suiko Gaden (Neuherausgegebenes und illustriertes Suikoden,1805-1839), hervorzuheben, zumal es von Hokusai illustriert wurde. Berühmt ist auch die Holzschnittfolge Tsûzoku Suikoden gôketsu hyakuhachinin no hitori (Die 108 Helden des volkstümlichen Suikoden) von Utagawa Kuniyoshi (1797-1861) aus den Jahren 1827 bis 1830. Sie löste eine regelrechte Suikoden-Mode aus. Die bekanntesten chinesischen Suikoden-Helden sind Rochishin (chin. Li Zhishen), Bushô (chin. Wu Song) und Riki (chin. Li Kui). 92 BUSHÔ Elfenbein H. 3,8 cm Sign.: Shungetsu Edo/Tokyo, ca. 1850/1880 Die Geschichte von Bushô, einer der Helden aus dem Suikoden, wird im 22. Kapitel erzählt. Nach einem üppigen Mahl und viel Wein setzt Bushô seine Reise fort, obwohl er vom Wirt vor einem großen Tiger gewarnt wird, der bereits 25 Menschen um35 gebracht hat. In einer Nacht begegnet er dem Raubtier. Als er dessen Angriff mit seinem Knüppel abwehrt, birst dieser entzwei. Daraufhin tötet Bushô nach einem blutigen Kampf den Tiger mit bloßer Faust. Die Ortsbewohner bedankten sich bei ihm, in dem sie ihn mit einem hohen militärischen Rang auszeichneten. 93 ROCHISHIN Buchsbaum, Augen und Zähne des Niô aus Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 4 cm Ca. 1830/1850 Rochishin gehört ebenfalls zu den bedeutenden Gestalten des Suikoden. Sein ursprünglicher Name war Rotatsu. Er ermordete einen Fleischer und floh daraufhin in ein Kloster, wo er Mönch wurde und den Namen Kaoshô Rochishin annahm. Doch sein ungestümes Temperament brach immer wieder aus. In Kapitel 2 wird geschildert, wie er die Statue eines Tempelwächters zerstörte. Die Darstellung bezieht sich auf diese Episode und zeigt Rochishin, auf dem riesigen Kopf eines Niô sitzend, mit Schuh in der angehobenen Hand. 94 SONGOKÛ Elfenbein H. 3,6 cm Sign.: Yoshinobu 2. Hälfte 19. Jh. Mit dem Schwert in der Hand hält der Affe Songokû Ausschau nach dem Feind, der seine Reisegefährten bedroht. 95 SONGOKÛ Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Glas (?) H. 4,5 cm Mitte 19. Jh. Songokû (chin. Sun Wukong), der Affendiener des Sanzô hôshi, ist einer der beliebtesten Protagonisten aus dem Roman Saiyûki (chin. Xiyouji, dt. Die Reise nach dem Westen) aus dem Jahr 1570. Er schildert die Abenteuer des Mönches Gensô Sanzô (chin. Xuanzang Sanzang, in Japan besser bekannt als Sanzô hôshi), der 629 nach Indien reiste und dort 17 Jahre lang buddhistische Reliquien und Sutren sammelte. Er wurde begleitet vom Affen Songokû, dem Eber Chohakkai (chin. Zhu Wuneng) und einem Dämon. SHÔKI Shôki (chin. Zhong Kui) soll im 7. Jahrhundert gelebt haben. Weil er in einer Beamtenprüfung durchfiel und er keine Position in der Regierung erhielt, brachte er sich um. Der Kaiser hatte Mitleid und gewährte ihm trotzdem eine offizielle Beerdigung. Daraufhin bedankte sich sein Geist beim Kaiser, indem er schwor, das Land von Teufeln zu befreien. Unermüdlich jagt Shôki seither mit gezücktem Schwer und wehendem Bart die flinken und listigen oni. Doch im Gegensatz zu seinem Ruhm, Teufel vertreiben zu können, erscheint er als Netsuke oft als selbst von Teufeln gepeinigte Gestalt. In Japan wird seine Jagd nach den Teufeln unter Betonung vor allem der komischen Aspekte immer wieder und nicht nur bei Netsuke dargestellt. Die ganze Bandbreite der Shôki36 Darstellungen ist auf drei Seiten des Shoshoku e kagami (Bilder-Spiegel für alle Handwerkszweige) (1794) von Keisai Masayoshi (1764-1824) zu sehen. 96 SHÔKI UND ONI Elfenbein H. 7,6 cm Kyoto, 2. Hälfte 18. Jh. Vorwitzig schaut ein oni über die Krempe von Shôkis charakteristischem, großem Hut. Die Figurenauffassung und die nach oben sich erweiternde Form von dreieckigem Querschnitt sind typisch für eine Arbeit aus Kyoto. 97 SHÔKI Buchsbaum H. 6,6 cm Spätes 18. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Der erfolgreiche Teufelsjäger hat einen schreienden oni gefangen, den er in einer verschnürten Bastmatte auf dem Rücken abtransportiert. Ungewöhnlich sind die Hutkrempe und die Schuhe aus Silber, wahrscheinlich eine Kaschierung von Beschädigungen. 98 SHÔKI Elfenbein H. 7,2 cm Spätes 18. Jh. Grimmig schaut der Teufelsjäger nach oben, in der Rechten das gezogene Schwert, auf dem Rücken die Scheide. 99 SHÔKI Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 3,8 cm Sign.: Gyokuôsai Mitte 19. Jh. Entschlossen, endlich einen oni zu erwischen, schärft Shôki sein Schwert an einem Stein. Diese Darstellung ist auch im Shoshoku e kagami anzutreffen. Abb. 9 Shoshoku e kagami, 1794, S. 9a 100 SHÔKI Kagamibuta-Netsuke Platte aus versilbertem Kupfer; Kapsel in kikugata-Form aus Elfenbein Ø 4,3 cm Sign.: Kainô Mitte 19. Jh. Mit gezogenem Schwert lauert Shôki einem oni auf, der sich in einer Grotte versteckt. Ein sehr ähnliches Motiv befindet sich im Banbutsu hinagata gafu. Abb. 10 Banbutsu hinagata gafu, 1874, Bd. 1, S. 16b 101 SHÔKI Elfenbein H. 4,5 cm Sign. in hiragana: Harutomo Mitte 19. Jh. Mit grimmigem Gesichtsausdruck hält Shôki Ausschau nach einem oni. 37 102 SHÔKI Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn H. 5 cm Sign.: Masakazu 1. Hälfte 19. Jh. Wutentbrannt und zielgerichtet schaut Shôki nach unten, um mit einem Schwert einen Teufel zu erwischen. Körperhaltung und Gewandgravuren erinnern an Netsuke von Hidemasa. 103 SHÔKIS KAPPE Buchsbaum H. 6,2 cm Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Brockhaus Shôkis Kappe liegt auf einem Tischchen, unter dem sich ein oni versteckt, der nur darauf wartet, sich die Kappe schnappen zu können. Unter der flachen Sockelplatte befindet sich eine in breiter Gravur dargestellte Fratze. Der Ranken-Dekor des Tisches ist in ukibori ausgeführt. 104 ONI Buchsbaum H. 3,1 cm 19. Jh. Die Maske des Kan'u mit langem Bart erzeugt bei dem oni ein hämisches Grinsen. 105 SHÔKI Kagamibuta-Netsuke Platte aus shibuichi, Details aus Gold und Silber; Kapsel aus Elfenbein B. 4,1 cm Sign.: Shûraku und kaô Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Auf der rechteckigen Platte mit abgeschrägten Ecken ist in Relief der kniende Shôki mit einer Peitsche und einem Fangseil dargestellt. Shûraku benutzte oft ausgefallen geformte Kapseln für seine kagamibuta-Netsuke. CHINESEN Im Gegensatz zu den Holländern sind die ebenfalls in Nagasaki ansässigen Chinesen weniger häufig dargestellt worden. Sie sind an ihren Hosen, den langen Jacken und spitzen Hüten zu erkennen. Diese Netsuke sind fast immer aus Elfenbein und stammen meist aus dem 18. Jahrhundert. Darunter gibt es Darstellungen festlich gekleideter Chinesen mit dem typischen Mandschu-Hut. Sie tragen gelegentlich, wie bei Festumzügen üblich, eine Trompete. 106 CHINESE Elfenbein H. 5,3 cm 18. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Der Wanderer mit kleinem Haardutt ruht sich auf einem steilen Felsen aus. 107 CHINESISCHE DAME Holz H. 8 cm Sign.: En(?)ko Frühes 19. Jh. 38 Würdevoll hat die zur Seite schauende chinesische Dame vor der Brust die Hände in die Ärmel versteckt. Ihr Habitus erinnert an die Gewandung von Damen der TangZeit. Vielleicht handelt es sich um Yô Kihi (chin. Yang Guifei), die Geliebte des Kaisers Gensô Kôtei (chin. Xuanzong, 713756). Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert waren Malereien von chinesischen Schönheiten, u.a. Yô Kihi, unter den Malern in Kyôto sehr beliebt. 108 CHINESE Elfenbein H. 8,7 cm 18. Jh. Der stehende, alte Chinese streicht sich über den fast bis zu den Knien reichenden Bart. Die beiden großen Löcher für die Schnurführung und die Patina sprechen für eine frühe Entstehung dieser Arbeit. 109 CHINESE Elfenbein H. 9 cm 18. Jh. Der spitzbärtige, lachende Chinese hält in der Linken eine Trompete. Das lange, ärmellose Übergewand ist in Gravur mit Blüten und Ranken dekoriert. Auf dem Scheitel des Hutes ist ein Wirbel zu erkennen, wodurch der Hut den Mandschuhüten ähnelt. 110 CHINESE Walroßzahn H. 9,1 cm 18. Jh. Geschickt wurde hier die Spitze eines Walroßzahns mit glänzender und glasiger Patina verarbeitet. 111 SÔSHI Elfenbein H. 3,7 cm Sign.: Masatsugu Osaka, ca. 1840/1863 Die sitzende Figur hat die Arme über den Knien verschränkt. Neben ihr liegt ein aufgeschlagenes Buch, so als sei die Person über dem Lesen eingeschlafen. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich hier um den daoistoischen Philosophen Sôshi (chin. Zhuangzi, bzw. Zhuang Zhou, ca. 365-290 v. Chr.), der Verfasser berühmter philosophischer Schriften, die unter dem Namen Nanhua zhenjing (Das wahre Buch vom Südlichen Blütenland) 742 kanonisiert wurden. In Buch 2, Kapitel 12, wird der berühmt gewordene Traum geschildert, indem sich Zhuangzi als ein Schmetterling sah. Als er aufwachte, wußte er nicht, ob er geträumt hatte, daß er ein Schmetterling sei, oder ob der Schmetterling geträumt hatte, daß er Zhuangzi sei – eine Parabel für die Verwechslung von Wirklichkeit und Traum. Ein fast identisches Netsuke, das als Sôshi beschrieben wird, mit Signatur Kaigyoku Masatsugu befand sich ehemals in der Sammlung Bushell (Bushell 1979a, S. 38, Nr. 82). 112 RIHAKU Rihaku Elfenbein H. 3,3 cm; L. 4,2 cm Frühes 19. Jh. 39 Rihaku (chin. Li Bai, 701-762) war einer der berühmtesten Dichter Chinas, der auch wegen seiner übermäßigen Liebe zum Wein bekannt wurde. Von NetsukeSchnitzern wurde er meist betrunken, an ein Weinfaß gelehnt, dargestellt. Der chinesische Dichter Rinnasei (chin. Lin Hejing bzw. Lin Bu, 967-1028), war berühmt für seine Gedichte über Pflaumenblüten. Er ist häufig in Begleitung eines Kranichs dargestellt, der von einem Knaben gefüttert wird. 113 RIHAKU Elfenbein H. 4,9 cm Spätes 18./frühes 19. Jh. 116 SHIBA ONKÔ Elfenbein H. 2,7 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die ausgelassene Fröhlichkeit und Gestik dieser Figur könnten die Folge von übermäßigem Weingenuß sein. Um einen großen Bottich scharen sich fünf spielende und musizierende chinesische Kinder. Aus einem Loch stürzt ein Wasserschwall hervor, der einen Knaben heraus spült. Illustriert ist die Legende vom später berühmten Historiker Shiba Onkô (chin. Sima Guang, 1009-1086), der einen Spielkameraden, der in einen Wasserbottich gefallen war, rettete, indem er das Gefäß mit einen Steinwurf zertrümmerte. 114 CHINESISCHER WÜRDENTRÄGER Holz, polychrom gefaßt H. 5,8 cm Sign.: Shûzan Osaka oder Nara, ca. 1860/1880 Ehemalige Sammlung Wohlthat Aus den Malvorlagebüchern des 18. Jahrhunderts sind einige Personen bekannt, die eine ähnliche Kappe wie diese Figur eines Würdenträgers tragen und einen Blattfächer halten: der General und Staatsmann Sho Katsuryô (chin. Zhu Geliang, auch bekannt als Kômei, 181-234) und der Zauberer Gomô (chin. Wu Meng). Die rosa umrandeten Kreise, die sich zu Wolken formieren, sind ein typischer Gewanddekor bei Arbeiten des Shûzan. 115 RINNASEI Elfenbein H. 4 cm Sign.: Norishige Edo, ca. 1830/1860 117 GELEHRTER Elfenbein H. 4,6 cm 19. Jh. Der Typus des sich auf einer Sockelbank ausruhenden Gelehrten erinnert an chinesische Siegel mit einem gegenständigen Knauf. Das Motiv ist hier um eine Katze bereichert, die zu einer Ratte auf der Sockelwandung schaut. 118 GELEHRTER Manjû-Netsuke Roter Schnitzlack 40 Ø 4,3 cm 19. Jh. Der Gelehrte, der auf einen Baumstamm schreibt, ist eine Anspielung auf den Schriftkünstler Ôgishi, der gelegentlich dargestellt wird, wie er auf einen großen Felsen schreibt. Hinter ihm steht ein Knabe mit einem Tuschereibstein. 119 ÔGISHI Elfenbein H. 4,5 cm Sign.: Garaku Osaka, ca. 1850/1860 Es könnte sich um den berühmten Schriftkünstler Ôgishi (chin. Wang Xizhi, 303361) handeln oder den Dichter Tôenmei (chin. Tao Yuanming, 365-427), der oft mit dieser Kopfbedeckung dargestellt wird. Die tiefen Gravuren der Gewandmuster und das mit schwarzer Tusche eingefärbte Mäander am Saum der Kopfbedeckung sind typische Merkmale des Osaka-Stils. 120 AFFENGAUKLER Elfenbein H. 6,6 cm Frühes 19. Jh. Der Gaukler in höfischer Tracht hat einen kleinen Affen an den Gürtel gebunden. 121 CHINESE UND KARAKO Elfenbein H. 6,4 cm Ca. 1800/1820 Die chinesische Haartracht und das eher europäisch anmutende, vorn geknöpfte Gewand mit Halskrause sind nicht in Einklang zu bringen mit dem Korb und den an einem Seil baumelnden Fisch, die die Figur als Fischer ausweisen. 122 FISCHER Elfenbein H. 7,9 cm 1. Hälfte 19. Jh. Zu den vier Grundberufen in China zählen Fischer, Holzfäller, Bauer und Gelehrte. Die Wertschätzung dieser Tätigkeiten wird zum Beispiel in der Parabel vom Holzfäller und dem Fischer deutlich. 123 REITER Elfenbein, Pupillen des Tiers aus rotbraunem Horn (?) H. 6,9 cm Sign.: Toyomasa Mitte 19. Jh. Ehemalige Sammlung O'Brien Ein Reiter mit Gelehrten-Käppchen hält den Zügel eines Pferdes, über dessen Rücken eine reich dekorierte Satteldecke liegt. Die Identifizierung dieser Figur ist auch wegen der ergänzten linken Hand, die möglicherweise das Attribut hielt, nicht möglich. Die Signatur wurde wohl in späterer Zeit angebracht. Abgeb. in: Mary Luise O'Brien, Nesuke: A Guide for Collectors, Rutland, Vermont/Tokyo, Japan, 10. Aufl. 1986 (Zeichnung) 41 124 REITER Pottwalzahn H. 4,3 cm 19. Jh. 125 CHINESE UND KARAKO Elfenbein H. 4,2 cm Mitte 19. Jh. Trotz des charakteristischen MandschuHutes ist diese Figur nicht näher zu identifizieren. Ein lachender Chinese hält die Handpuppe eines Pferdekopfes hoch. Vor ihm hockt ein chinesischer Knabe, der an dem über die Nüstern gelegtem Band zieht. Die Gewandmuster sind in der Art des Hidemasa ausgeführt. 42 Buddhistische Figuren Während der Edo-Zeit war der Einfluß des Buddhismus auf das Geistesleben und die Produktion von Kultwerken unerheblich. Die zen-buddhistischen Priester jedoch bemühten sich, durch eine vereinfachte Schreibweise, Neuinterpretationen der klassischen Texte und humorvolle wie karikierende Malereien bei der breiten Bevölkerung Verständnis für die Zen-Lehren zu wecken. Die buddhistischen Heilsgestalten unter den Netsuke sind diejenigen, die aufgrund ihrer unbeirrbaren und rigorosen Bemühungen um die Erleuchtung zu Symbolgestalten des Zen-Buddhismus geworden sind: die rakan und Daruma. Die Bodhisattva Kannon, Monju und Fugen hingegen repräsentieren verschiedene Prinzipien der zen-buddhistischen Lehre. Die Zen-Exzentriker Kanzan und Jittoku waren besonders beliebt. Es war sicherlich die geistige Souveränität und die prinzipielle Ablehnung von Kultfigur und Schrifttum seitens der zenbuddhistischen Lehre, die es zuließen, daß diese Heilsgestalten als Motive von Gebrauchsgegenständen fungierten. Es ist nicht auszuschließen, daß sich die Zen-Priester durch diese Popularisierung im Rahmen eines täglich verwendeten Accessoires eine Art Werbung für die zen-buddhistischen Lehren versprachen. Die wichtigen Heilsfiguren (Shaka, Amida, Yakushi etc.) der Jôdo- und anderer buddhistischer Sekten hingegen werden als Netsuke nicht dargestellt. Anzutreffen sind aber Gottheiten aus den niedrigeren Rängen des buddhistischen Pantheons wie der Höllenkönig Enmaô. Diesem sind zahllose Teufel (oni ) als Folterknechte zu Diensten, die, obwohl sie das Böse verkörpern, oft vermenschlicht und humorvoll dargestellt werden. Die Niô, die kraftstrotzenden Wächterfiguren am Haupttor eines buddhistischen Tempels, waren als Netsuke sehr beliebt. Häufig sind auch die tennin, geflügelte Wesen, und der Wind- und der Donnergott (Fûten und Raiden). Bezeichnend für die wenig religiöse Einstellung der japanischen Bevölkerung der Edo-Zeit ist die humoristische und karikierende Darstellung der buddhistischen Heilsgestalten. Sie werden mit menschlichen Schwächen und gerne bei Tätigkeiten dargestellt, die im Gegensatz stehen zu den Eigenschaften, die sie repräsentieren. 126 MONJU-BOSATSU Elfenbein H. 4,2 cm Siegel: Masa... 2. Hälfte 19. Jh. Der Bodhisattva Monju mit Schriftrolle sitzt in der Pose der königlichen Gelassenheit auf seinem Reittier, dem Löwen. Diese Heilsgestalt ist Sinnbild der transzendentalen Weisheit, ein Begriff, der in der Dai hannya haramitta kyô (sanskr. Prajnaparamitta sutra) dargelegt wird. 127 JIZÔ BOSATSU UND ENMAÔ Kagamibuta-Netsuke Platte aus shibuichi mit Relief aus Kupfer, Gold und Silber; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,8 cm Mitte 19. Jh. 43 Der Bodhisattva Jizô und der Höllenkönig Enmaô durchschreiten den Sanzu no kawa, den Styx der buddhistischen Hölle. Da ihnen das Wasser nur bis zu den Knien reicht, handelt es sich um die Flußstelle Sensuise. Hier überqueren jene, die sich in ihrem Vorleben nur leichter Vergehen schuldig gemacht haben. Jizô und Enmaô werden Stumpfsinn bzw. Cholerik büßen müssen, beides Auswirkungen von übermäßigem Sake-Genuß. Denn zusammen mit einem oni, der die Traurigkeit versinnbildlicht, bilden sie die Konfiguration der Drei Trunkenbolde (sannin jôgo). Vorlage für dieses Motiv auf manjû ist eine Illustration aus dem 1770 erschienenen Itchô gafu (Bd. 3, S. 13b/14a). Abb. 11 Itchô gafu, 1770, Bd. 3, S. 13b, Museum für Ostasiatische Kunst Berlin 128 ENMAÔ Kagamibuta-Netsuke Platte aus shibuichi und Buntmetalle; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,5 cm Wahrscheinlich Tokyo, ca. 1870 Die ganze Fläche der Platte wird eingenommen von dem Brustbild eines der zehn Höllenkönige (Jûô). Er trägt die Tracht eines chinesischen Richters, auf der Kappe mit zwei seitlichen Bändern steht in der Mitte das Schriftzeichen ô (König). Der 5. Höllenkönig, Enmaô, gilt als der wichtigste: 35 Tage nach dem Ableben eines Verstorbenen richtet er über diesen. Darstellungen von Enmaô waren in der frühen Meiji-Zeit besonders beliebt. NIÔ In den Seitennischen des Eingangstores großer japanischer Tempelanlagen befinden sich oft zwei kolossale Tempelwächter (Niô, wörtlich: zwei Könige). Kongô Rikishi hat den Mund geöffnet, Kongô Misshaku hat die Lippen zusammengepreßt. Ihre Muskulatur und die zur Faust geballten Hände symbolisieren unendliche Kraft und Stärke. Dem Volksglauben nach gewähren die Niô Gesundheit und Körperkraft. Sie wurden vor allem von den Postkurieren verehrt, die ihre ausgedienten Strohsandalen den Gottheiten opferten, indem sie diese an die Holzgitter vor den Skulpturen festbanden. Ein Aberglaube bestand darin, mit einem zerkauten Stück Papier die kranke Stelle des Körpers zu berühren und dieses anschließend auf die Niô-Statue zu werfen. Blieb das Papier an der entsprechenden Stelle kleben, wurde die Krankheit geheilt. Niô wurden gerne in Situationen dargestellt, in denen sie ihre Kraft und Geschicklichkeit zeigen konnten. Zu den bekanntesten Figuren gehören die fast fünf Meter hohen NiôStatuen im Tempel Asakusa Kannon Sensôji in Tokyo. Möglicherweise haben sie mit zur Beliebtheit dieser Gottheiten als Netsuke-Motiv beigetragen. 129 NIÔ UND KAGAMI-MOCHI Elfenbein H. 3,3 cm Sign.: Gyokkôsai Edo, 1840/1870 Der muskulöse Tempelwächter hockt vor einem großen, runden mochi (Reisku44 chen), auf dem ein zweiter, kleinerer liegt. Solche mochi, bis zu einem Meter Durchmesser, wurden in der Neujahrszeit den Tempelwächtern dargebracht. Im Laufe der Zeit trockneten sie aus und wurden steinhart. Hier testet ein Niô seine Kraft, in dem er versucht, den oberen der beiden mochi auseinanderzubrechen. Die Darstellung spielt an auf die Sitte des kagamibiraki (wörtlich: Öffnen des Spiegels) am 11. Tag des ersten Monats, an dem die hart gewordenen mochi zerbrochen wurden. Ein Teil wurde den Göttern geopfert, der andere gegessen, um die „Zähne zu stärken“ und somit eine langes und gesundes Leben zu bewirken. 130 NIÔ Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 4,9 cm Sign.: Tomochika Edo, ca. 1830/1860 Der kraftstrotzende Wächtergott leidet unter dem Abbrennen von MoxaKügelchen. Die Kauterisation zur Linderung allgemeiner Schmerzen (hier auf dem sanri, der äußeren Ecke unterhalb des Knies) gilt als Allheilmittel. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 388, Abb. 25 131 NIÔ Buchsbaum B. 3,7 cm Sign.: Issai Mitte 19. Jh. Der Wächtergott fertigt eine überdimensional große Strohsandale (waraji). Da die Herstellung von waraji als unsaubere Arbeit den Mitgliedern der eta, der niedrigsten Klasse, überlassen wurde, zeigt sich hier die Demut des Gottes. Das Motiv des Niô, der eine Sandale herstellt, ist im Takarabukuro von 1837 (Nr. 146) erwähnt. Mitsuhiros Kommentar ist „carve it amusingly“ (wörtlich: schnitze eine witzige Gestalt) (Temple 2001, S. 125). FÛTEN UND RAIDEN Fûten und Raiden, auch Fûjin und Raijin, gehören zu den 28 Begleitgottheiten (Nijûhachi bushû) des Senju Kannon bosatsu (Tausendarmiger Kannon) und schweben bei dessen Darstellungen über dem Haupt der Gottheit. Sie gehören zu den populären Gottheiten, die in anthropomorpher Gestalt Wind und Donner verkörpern. Ersterer wird mit einem Windsack dargestellt. Der andere trägt auf dem Rücken zwölf kleine Trommeln mit mitsu-tomoe-Motiv auf der Bespannung sowie zwei Schlegeln in den Händen. Beide sind von dämonenhafter Erscheinung, tragen gelegentlich Hörner, haben je drei Klauen an den Händen sowie zwei an den Füßen und laufen auf quellenden Wolken hoch über der Erde. Als ôtsu-e diente Raiden als Talisman gegen Blitze. Fûten und Raiden sind sehr leicht mit oni zu verwechseln. Berühmt sind die beiden überlebensgroßen Figuren am Fûraijinmon (auch Kaminarimon), dem ersten Eingangstor des Asakusa Kannon Sensôji in Tokyo. 132 45 FÛTEN Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 3,5 cm Sign.: Shûôsai Ca. 1850 Der Windgott öffnet einen kleinen Beutel (kinchaku), aus dem er eine Wolkenfahne herauszieht. Dieses Motiv wurde erstmalig von Tametaka aus Nagoya im späten 18. Jh. geschnitzt. 133 FÛTEN Elfenbein H. 4,7 cm Sign.: Isshû tô Spätes 19. Jh. Die Gestalt verkörpert beide Gottheiten, einerseits quetscht er Wind aus seinem Sack, andererseits hat er eine Trommel mit zwei Schlegeln auf seinen Rücken gebunden. 134 RAIDEN UND FRAU Buchsbaum mit Resten farbiger Lackbemalung, Augen des Raiden aus Gelbmetall H. 4,4 cm Sign.: Tôyô Ca. 1850 Raiden steigt von einem Wolkenwirbel zu einer jungen Frau in einen Badezuber. Das Sujet kombiniert das ôtsu-e-Motiv oni gyôzui (das Wannenbad des Teufels) und das Sujet der sich waschenden Frau, die oft als Okame ausgelegt wird. Der erotische Charakter dieses Netsuke wird durch die Gestik des Raiden, der sich den Finger leckt, verdeutlicht. Das Motiv wurde von verschiedenen Künstlern aus Hida, wie Shôkô und Suketada, geschnitzt. 135 RAIDEN Elfenbein, Pupillen aus Gelbmetall H. 3,9 cm Sign.: Shin'yû Mitte 19. Jh. Raiden zeigt auf den noch nicht ganz eingezogenen Fuß einer Archenmuschel (akagai), eine suggestio erotica. 136 RAIDEN Buchsbaum, Augen aus hellem Horn H. 4,2 cm Sign.: Toyomasa Takayama, Provinz Tanba, ca. 1830/1840 Energisch trommelt der Donnergott in der Mitte eines gewaltigen Wolkenwirbels. TENNIN Tennin (wörtlich: Himmelswesen, sansk. apsara) waren ursprünglich göttliche Häteren brahmanischer Herkunft, die in Indras Himmel tanzen, musizieren und Büßer verführen. Nach der buddhistischen Lehre wird man nach dem Tod in eine der sechs Welten (rokudô) wiedergeboren. Der sechste Bereich, die Götterwelt, wird von musizierenden und Lotos streuenden tennin bevölkert. Tennin symbolisieren daher den Himmel und die Hoffnung, in diesen Bereich wiedergeboren zu werden. Tennin mit Lotos, Symbol der buddhistischen Lehre, sind ein häufiges Sujet der Schnitzer aus Edo/Tokyo in der späten Edo- und frühen Meiji-Zeit. 46 137 TENNIN Elfenbein H. 2,3 cm; L. 4,8 cm Sign.: Tomochika Edo, ca. 1830/1860 Die elegante Körperbiegung und die flatternden Schals charakterisieren diese fliegende Gestalt mit Lotos, die von Tomochika in dieser Art oft dargestellt wurde. Tennin sind nicht nur immer wieder in den Enzyklopädien und Malvorlagebüchern wie dem Shoshoku e kagami (1795, S. 7b/8a) anzutreffen, sondern auch in Musterbüchern für Handwerker wie dem Banbutsu hinagata gafu, wo das Netsuke einer „Himmelsfrau“ (tenjo) von sechs Seiten dargestellt ist. Abb. 12 Banbutsu hinagata gafu, 1874, Bd. 4, S. 18a 138 TENNIN Ryûsa-manjû Walroßzahn H. 3,9 cm 19. Jh. Für den Künstler der Shibayama-Werkstatt boten Haarschmuck und Halsketten eine gute Gelegenheit, ihre Einlegekünste zu zeigen. RAKAN Rakan (sansk. arhat) sind die Schüler des historischen Buddha Shakyamuni. Sie werden in Skulptur und Malerei meist als „indisch“ aussehende, glatzköpfige Gestalten im Mönchsgewand, das die rechte Schulter und Brust freiläßt, mit großen Ohren, langen Brauen sowie langen Finger- und Fußnägeln dargestellt. Einige erhalten Attribute oder sie begleitende Tiere wie Drache oder shishi. In der Netsuke-Kunst vermischt sich ihre Darstellungsweise oft mit der von sennin. 140 RAKAN Elfenbein H. 4,6 cm; B. 4,3 cm 18. Jh. Auf der Rückseite dieses manjû befindet sich zwischen Wolken eine Mundorgel (sho). Der Buddha-Schüler mit ausgemergelter Brust und Krummstab sitzt auf einer Felsenbank. Es ist ein sehr häufiges Motiv, welches sich von chinesischen Siegeln ableitet. Ein solches Stück ist im Kapitel „Tôbori netsuke“ (Chinesisch-geschnitzte Netsuke) im Sôken kishô abgebildet. 139 Abb. 13: Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 17b TENNIN Elfenbein mit Einlagen aus Silber und grün gefärbtem Bein H. 2,6 cm; L. 3,7 cm Sign. auf Perlmutterplättchen: Shibayama Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. 141 RAKAN SHÛBAKA SONJA Elfenbein, eine Pupille aus schwarzem Horn H. 7 cm 2. Hälfte 18. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat 47 Der Buddha-Schüler ist an dem großen shishi auf seiner Schulter namentlich zu identifizieren. Dieses Netsuke zeigt auch, daß sich die Darstellungsweise von rakan und sennin oft vermischt. Denn der lange, dreigeteilte Bart, der Flaschenkürbis am Gürtel und der Knotenstab sind stereotype Attribute eines daoistischen Unsterblichen. 142 RAKAN Elfenbein H. 3,9 cm 18. Jh. 143 RAKAN HANDAKA SONJA Kagamibuta-Netsuke Platte aus Silber, kleine Einlagen aus Gold; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,4 cm Sign.: Toshinaga Mitte 19. Jh. Der rakan ist aufgrund des neben ihm aus den Wolken herabsteigenden Drachen als Handaka sonja zu identifizieren. Die Platte ist in Relief und Gravur ganz von dem Motiv ausgefüllt, womit sie sich von den meisten kagamibuta-Platten unterscheidet. 144 RAKAN SHÛBAKA SONJA Manjû-Netsuke Elfenbein H. 3,2 cm Sign.: Dôshôsai Osaka, ca. 1850/1860 Das ausdrucksstarke Gesicht und das große Ohr mit Ohrring sind Hinweise auf die indische Herkunft des Buddha-Schülers. Thema und Form dieses manjû sind typisch für diesen Schnitzer. 145 RAKAN HOTTARA SONJA Elfenbein H. 4,4 cm Sign.: Tomohide Edo, ca. 1860 Diese Darstellung des Buddha-Schülers Hottara mit nyoi (Zepter) und Tiger entspricht dem Stil der von Tomochika beeinflußten Schnitzer. DARUMA Daruma (sanskr. Bodhidharma) ist der erste Patriarch und Begründer der buddhistischen Zen-Sekte. Seine Darstellung mit roter Kutte, starkem Bartwuchs, Haaren auf der Brust sowie großen Ohrringen und mit Priesterwedel (hossu) leitet sich aus der Malerei ab. Seit dem 17. Jahrhundert ist er auch Thema von Karikatur und Travestie. Man zeigte ihn gerne in Gesellschaft von Kurtisanen oder Okame, manchmal auch als Kurtisane gekleidet. Darüber hinaus waren Darstellungen aus seinem Leben ein beliebtes Motiv, zum Beispiel die Überquerung des Yangzi-Fluß, die neunjährige Meditation vor einer Felswand, wobei ihm Arme und Beine abgestorben sein sollen sowie das Strecken und Gähnen nach dieser Meditation (Akubi-Daruma, gähnender Daruma). Häufig ist auch die Wiedergabe als arm- und beinlose Puppe (okiagaridaruma, wörtlich: Stehauf-Daruma), weswegen er im Japanischen als o-ashi no nai (ohne ehrenwerte Beine) bezeichnet 48 wird. Ashi bedeutet auch Geld, so daß der Ausdruck die Bedeutung „ohne ehrenwertes Geld“ haben kann (van Gulik 1982, S. 61). Solche Wortspiele geben Netsuke einen Hintersinn, der heute kaum mehr zu verstehen ist. 146 DARUMA AUF EINEM HIRSCHEN Elfenbein H. 3,9 cm 1. Hälfte 19. Jh. Die Gestalt ist in eine über den Kopf gezogene Kutte gekleidet und die Hände sind unter dem Tuch vor der Brust verschränkt. Die Darstellung auf einem Hirsch ist eher ungewöhnlich, denn dieser ist das Begleittier des chinesischen Gottes der Langlebigkeit, Shoulao, und der japanischen Glücksgötter Fukurokuju und Jurôjin. 147 DARUMA AUF EINEM SCHILFZWEIG Maritimes Elfenbein H. 3,8 cm Sign.: Tomohisa Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Daruma steht auf einem Schilfzweig. Dargestellt ist die legendäre Episode, als er nach seinem enttäuschenden und unergiebigen Treffen mit dem Liang-Kaiser Wu den Yangzi auf einem Schilfrohr überquerte und in den Staat Wei übersetzte. 148 MEDITIERENDER DARUMA Porzellan mit dicker, blauer und dünner, hellbrauner Glasur H. 4,3 cm 1. Hälfte 19. Jh. Die große Ähnlichkeit mit dem Stück aus der Sammlung Noetzel (Noetzel 1985, S. 50, Abb. 20) läßt die Schlußfolgerung zu, daß die beiden Stücke aus derselben Form geschaffen wurden. Seinen besonderen Reiz erhält die kleine Figur durch die teilweise ins Seladongrün changierende blaue Glasur. 149 MEDITIERENDER DARUMA Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn, die himotôshi-Löcher gefaßt in naturbelassenes Elfenbein und grün gefärbtes Bein H. 3,2 cm Sign.: Shûraku saku Tokyo, ca. 1870 Das Motiv bezieht sich auf die neun Jahre währende Meditation des Patriarchen vor einer Felswand. Dieses Motiv ist vom Künstler Shûraku in Nachfolge des Hara Shûmin häufig geschnitzt worden, mal mit Ohrringen, mal ohne. Die Plazierung des himotôshi – die Anordnung des großen und kleinen Loches – ist typisch für diese Gruppe von Netsuke. 150 DARUMA Manjû-Netsuke Kupfer, Silber und shakudô H. 2,5 cm; B. 3,9 cm Sign. auf Silberplättchen: Yasuchika Edo/Tokyo, 19. Jh. Dieser Typus eines nach der Meditation gähnenden Daruma wurde von Yasuchika und seinen Schülern oft auf tsuba und. 49 151 DARUMA Elfenbein H. 3,1 cm Sign.: Kôzan Spätes 19. Jh. Nach neunjähriger Meditation streckt sich der Zen-Patriarch, der hier als DarumaPuppe dargestellt ist. 152 DARUMA UND OKAME Elfenbein H. 4,4 cm Sign.: Ichiyûsai Edo/Tokyo oder Osaka, ca. 1860/1890 Der Zen-Patriarch ist einem Schäferstündchen mit der lasziven Okame nicht abgeneigt. Die im Ärmel versteckte Hand der Okame und der an den Mund geführte Finger des Daruma sind Hinweise auf die erotischen Begierden. 153 ONNA-DARUMA Elfenbein, Augenbrauen aus Horn H. 3,8 cm Sign.: Mitsutsugu Osaka, ca. 1840/1860 Dieser Typ von shunga-Netsuke, der zugleich eine Verballhornung des Daruma ist, wurde wahrscheinlich von Mitsuhiro aus Osaka, dem Lehrer von Mitsutsugu, erstmals geschaffen und war ein beliebtes Thema auch von Masahiro und anderen Osaka-Schnitzern. Die hölzerne Kelle (shakushi), die von einem Tuch überdeckt wird, spielt an auf den Fliegenwedel des Darumas. Unter der Standplatte sind die weiblichen Genitalien dargestellt. Dieser Netsuke-Typus ist im Takarabukuro (1837) von Ôhara Mitsuhiro erwähnt (Nr. 117). Hier wird er Ofuku Daruma genannt und wie folgt beschrieben: „The bottom is like that of a toy that rights itself when pushed over. A hole is opened there. If one peeps through the hole, one sees nonsense (an erotic scene)“ (Temple 2001, S. 73). Im letzten Satz steht wörtlich, daß man lachen muß, wenn man sieht, was sich in dem Loch befindet. 154 MITSUME KOZÔ ALS DARUMA Holz und Elfenbein, Pupillen eingelegt H. 3,1 cm Sign.: Kazu... tô 20. Jh. Das dreiäugige Gespenst Mitsume Kozô hat die Gestalt einer Daruma-Puppe angenommen. Dem Volksglauben nach werden nach der Erfüllung eines Wunsches der pupillenlosen Daruma-Puppe die Pupillen aufgemalt. Das dritte Auge macht diese spezielle Daruma-Puppe zu einem besonderen Glücksbringer. 155 DARUMA Walnuß, Pupillen aus Horn H. 3,8 cm Mitte 19. Jh. Die markanten Merkmale des DarumaKopfes sind die hervorquellenden Augen, die knollige Nase, und die zusammengepreßten Lippen. Eingesteckt in die rechte Armbeuge ist der Griff eines Fliegenwedels, der Wedel selber befindet sich auf dem Rücken. Sehr ähnliche Arbeiten wurden von Shôju gefertigt (MCI, S. 744). 50 156 DARUMA-PUPPE Holz H. 4 cm Sign.: Sukeyoshi Hida-Takayama, Präfektur Gifu, frühes 20. Jh. Diese Daruma-Puppe zeichnet sich durch einen besonders großen Kopf und das herzhafte Gähnen aus. Die Maserung des Holzes ist an der Vorderseite des Stückes für die dargestellten Gewandpartien sehr geschickt ausgenutzt. KANZAN UND JITTOKU Der chinesische Mönch und Dichter Kanzan (chin. Hanshan) ist eine der beliebtesten Symbolgestalten des ZenBuddhismus. Er lebte im 8. Jahrhundert als Eremit auf dem Tientai-Berg und wurde aufgrund seiner exzentrischen Lebensweise zu einer der „Narren in Zen“. Er wird immer mit einer Schriftrolle dargestellt und oft zusammen mit seinem Freund Jittoku (chin. Shide). Dieser war Küchengehilfe im Zen-Kloster Guojing und beschaffte seinem Freund Kanzan regelmäßig eine Mahlzeit aus der Klosterküche. Seltener sind die Darstellungen zusammen mit dem Zen-Priester Bunkan (chin. Fenggan) und dessen Tiger. Dann werden die Vier eng zusammen schlafend dargestellt, womit die Eintracht von Mensch und Tier ausgedrückt wird. Das Thema ist bekannt als die Vier Schlafenden (shisui). 157 KANZAN, JITTOKU, BUNKAN UND TIGER Ryûsa-manjû Elfenbein Ø 4,9 cm Spätes 18./frühes 19. Jh. Auf der Schauseite dieses ryûsa-manjû stehen Kanzan und Jittoku vor einer Kiefer, Pflaumenblütenzweigen und Bambus. Auf der Rückseite sind der Priester Bunkan mit Zepter und sein Tiger dargestellt. Die Kombination von Kiefer, Pflaumenblüte und Bambus (shôchikubai) ist ein glückverheißendes Motiv. 158 JITTOKU Buchsbaum H. 6 cm Ca. 1800/1820 Jittoku hält einen Reisigbesen. Die Bewegung des Fegens ist geschickt wiedergegeben. Trotz Jittokus untergeordneter Stellung und anspruchsloser Tätigkeit ist er fröhlich. 159 KANZAN UND JITTOKU Elfenbein H. 4,7 cm Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlungen Tebbutt Hindson und Der stehende Dichter Kanzan hält eine Schriftrolle und einen Besen. Jittoku scheint die bekkanko (Holzauge sei wachsam)-Geste zu machen, vielleicht um vor dem Inhalt der Schriftrolle zu warnen. Abgeb. in: Davey 1974, Kat.-Nr. 1060 51 160 IKKYÛ Elfenbein, auf seiner Schulter ein Käfer aus Horn, der einen Materialdefekt kaschiert H. 4,5 cm Osaka, 2. Hälfte 19. Jh. Der berühmte Zen-Priester Ikkyû (13941481) wurde in der Edo-Zeit zu einer volkstümlichen Gestalt, um den sich zahlreiche Legenden ranken. Eine berühmte Episode aus seinem Leben schildert, wie er zu Neujahr mit einem Totenschädel auf einem Stock durch die Straßen geht, um die Passanten an die Endlichkeit des menschlichen Lebens und damit die Bedeutung des buddhistischen Weges zu erinnern. Entsprechend dieser Überlieferung wird Ikkyû hier mit einem überdimensional großen Schädel und Zepter dargestellt. Auf seinem Rücken stehen die Zeilen: Kore Ikkyû/ meido ga tabi/ no ichi nichi ka/ medeta-ku ari/ medetaku nashi (Dies ist Ikkyû, an einem Tag auf der Reise ins Jenseits, Glückwünsche gibt es, Glückwünsche gibt es nicht). Dies ist eine Anspielung auf den berühmten Vers des Saigyô hôshi (1115-1188): Kadomatsu wa/ meido no tabi no/ ichirizuka/ medetaku mo ari/ medetaku mo nashi (In our dark journey through this earth the Kadomatsu are the Ichirizuka of the road [small knoll with a pine tree, erected every Ri on the roads]. Congratulations there are after each year and congratulations there are not“ [Joly 1909, S. 443]. 161 ZWEI SKELETTE Elfenbein H. 5,5 cm Sign.: Tadachika; auf dem Grabpfosten datiert: Keiô gan ushi (1865) no toshi (1. Jahr der Keiô-Ära, Jahr des Ochsen) Edo, 1865 Die beiden Skelette auf einem zweifach gebrochenen Grabpfosten sollen an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern. Das eine hält eine Lotosknospe, das andere schlägt mit einem Stab auf einen schalenförmigen Gong (keisu). Abgeb. in: Lazarnick 1976, S. 372; Lazarnick 1982, Bd. 2, S. 1058 162 SKELETT Elfenbein H. 3,4 cm Sign.: Tomochika Edo/Tokyo, ca. 1860/1870 Das Skelett mit Schlegel sitzt auf den Fersen vor einem großen Gong (mokugyo) auf einem flachen Kissen. Es soll den buddhistische Priester Danka darstellen, der seine Sutra-Lesung mit dem Taktschlagen auf einem Gong begleitet. Das Motiv kann sowohl als Memento mori interpretiert als auch als Ausdruck eines despektierlichen Humors angesehen werden. Die Tomochika-Signatur bei diesem Motiv ist ungewöhnlich, denn sein Schüler Tadachika war auf diese Skelett-Themen spezialisiert. ONI Oni bedeutete ursprünglich alles, was versteckt oder unsichtbar ist und den Menschen schadet. Mit der Einführung des Buddhismus entwickelte sich die Vorstellung von rot- und blauhäutigen Teufeln (aka-oni und ao-oni). Sie standen im Dienste der zehn Höllenkönige (Jûô), 52 um die Sünder in der Hölle (jigoku) in oft sadistischer Weise zu peinigen. Die oni werden als muskulöse Dämonen mit kurzen Hörnern, großem Maul und Reißzähnen dargestellt. An den Klauenhänden und -füßen mit je drei Krallen befinden sich Reifen. Sie werden beinahe nackt gezeigt, nur mit einem Tigerfellschurz bekleidet. Den oni wird enorme physische Kraft zugeschrieben, die sie oft für das Böse einsetzen. Doch werden sie auch als Satire auf korrupte und scheinheilige Priester oder mit wohlwollendem Humor als Büßer dargestellt. 163 ONI Buchsbaum, Pupillen aus Horn H. 5 cm 2. Hälfte 18. Jh. Die Haltung seiner Klauenhände und -füße bietet Platz für eine Keule. Dies illustriert den Ausspruch: oni ni kanabô. Dieser bedeutet „dem ohnehin schon starken Teufel auch noch eine solche Stange zu geben, ist nicht ratsam.“ (Ehmann 1927, S. 247, Nr. 2280) 164 ONI HARAI Buchsbaum, die Bohnen aus Gelbmetall und Bein H. 3,9 cm Mitte 19. Jh. Ein großer Strohhut soll den oni vor den auf ihn niederprasselnden Bohnen schützen, mit denen er während der Teufelsvertreibung (oni harai ) zum Frühlingsequinoctium (setsubun) beworfen wird. 165 ZWEI ONI Buchsbaum, Augen aus Gelbmetall H. 5,5 cm Sign.: Sensai Mitte 19. Jh. Ein stehender, das Gesicht verziehender oni hebt einen kleineren oni, um ihn auf einen kleinen Tisch zu stellen. Die Rückseite zeigt zwischen den Beinen des größeren oni ein stilisiertes, katzenartiges Tier, das einem azuma-inu (Spielzeughund) ähnelt. Die Bedeutung dieses seltsamen Motivs bleibt unklar. Details des Körpers, der Grimassen und der Rippen sind naturgetreu wiedergegeben. 166 ONI UND MASSEUR Buchsbaum, Augen des oni aus hellem und dunklem Horn H. 3,4 cm Sign.: ...sai Mitte/2. Hälfte 19. Jh. Hinter dem sitzenden oni kniet ein Masseur, der mit dem rechten Ellenbogen den Rücken des Teufels walkt. Selbst oni sind gegen Schmerzen nicht gefeit und bedürfen therapeutischer Behandlung ihrer strapazierten Muskulatur. Auf dem Gewand des Masseurs befinden sich am Rücken drei unlesbare Zeichen. 167 ONI Holz, Pupillen aus Horn, Iris und Zähne aus Bein H. 4 cm 2. Hälfte 19./20. Jh. 53 Die Pose des sich Streckens und Gähnens erinnert an Darstellung des Daruma nach der Meditation. 168 ONI SHIRO Elfenbein H. 2,7 cm; L. 4,9 cm Spätes 17./18. Jh. Der Höllenkönig Enmaô hat seinen schlimmsten oni, Shiro, ausgesandt, um Daikoku, der das Interesse der Menschen von den buddhistischen Idealen zu sehr auf die Genüsse des alltäglichen Lebens lenkt, gefangen zu nehmen. Dies gelingt ihm jedoch nicht, da eine Ratte des Daikoku den Teufel mit einem Stechpalmenzweig verjagt. Die Vielzahl ähnlicher Darstellungen deutet darauf hin, daß sich dieses Motiv im späten 17. oder 18. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreute. 169 ONI Elfenbein H. 3 cm 19. Jh. Das Sujet oni gyôzui (das Wannenbad des Teufels) ist ein ôtsu-e-Motiv. Die diese volkstümliche Darstellung üblicherweise begleitenden, moralisierende Gedichte (dôka) lauten frei übersetzt: „Auch ein Teufel kann ein Buddha werden, wenn er den Schmutz aus seinem Herzen wäscht“ und „Reinige deinen Geist wie deinen Körper, sonst wirst Du wie er sein, der sich nur die Haut wäscht“ (Maeder 1944, o.S.). Die Moral ist, daß eine bloße Reinigung des Äußeren den Teufel nicht ändern kann. Hier schrubbt sich der Teufel mit Wonne den Rücken mit einem Handtuch, wobei den Schnitzer die Darstellung der körperlichen Verrenkungen und die damit einhergehende Grimasse besonders interessieren. Die Schnurführung verläuft unterhalb des abgelegten Tigerfellschurzes am Boden des Zubers. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 381, Abb. 5 170 ONI Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 4,1 cm Mitte 19. Jh. Der Teufel hockt vor einem Mörser (suribachi) und rührt mit einem Stößel (surikogi) die Wurzeln des tororo-imo (Taro, Yamaimo-Kartoffel, Jamswurzel) zu einer Paste, von der er in einer anzüglichen Geste kostet. In Japan gilt die Jamswurzel als Aphrodisiakum. Andererseits wurde aus tororo eine Salbe hergestellt, die bei der Entjungferung einer Prostituierten aufgetragen wurde, um die Vulva zu befeuchten. (Krauss und Satow 1965, S. 215 und 330) 171 ONI Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn H. 3,3 cm 19. Jh. Die in dichten Bögen gestaltete Körperbehaarung des oni soll auf die rauhe Natur dieses Teufels hinweisen. Das Rauchen ist eine friedfertige Entspannung von seinem bösen Treiben. 54 172 ONI Elfenbein, Pupillen aus braunem Horn H. 5 cm Sign.: Rantei Kyoto, Mitte 19. Jh. Die Schriftzeichen sake no kayoi (Kontobuch für Sake) zeigen den Teufel als Eintreiber unbeglichener Rechnungen. Es ist eine der Darstellungen unter den Netsuke, die auf übermäßiges Sake-Trinken anspielen. 173 ONI Elfenbein H. 1,9 cm; L. 5,1 cm Mitte 19. Jh. 175 ONI SOSHIKI Buchsbaum, die Unterschenkel aus hellerem Buchsbaum H. 5,6 cm Sign.: Ikko Ca. 1840/1860 Ehemalige Sammlung Brockhaus (IndexKarte Nr. 1909; erworben von Inada Hogitarô am 14.12.1909) Der hagere Teufel umklammert ein buddhistisches Reliquiar (sharitô), in dem sich eine bewegliche Kugel befindet. Zu den vielen Streichen, die der Teufel treibt, gehört es, ein Reliquiar zu stehlen, das der Weltenwächter Idaten bewachen sollte. Abgeb. in: NKSJ, Bd. 12, Nr. 4 (Winter 1992), S. 33 und Jirka-Schmitz 1994b, S. 9 Der langhaarige Teufel liegt bäuchlings auf einem zusammengeklappten Lotosblatt in einer Haltung, die für Oni Shiro typisch ist . 174 ONI Bambusrhizom, die Figur grün gefaßt H. 5,9 cm 2. Hälfte 19./frühes 20. Jh. Das gebogene Segment eines Bambuswurzelausläufers ist beschnitzt mit einem kleinen oni. Dieser befindet sich in dem „Hohlraum“ des Rhizoms und stemmt den oberen Teil des Segments in der Art eines Deckels in die Höhe. Das Netsuke ist die humorvolle Arbeit eines Amateurschnitzers. 55 Volksglaube und Folklore In der auf das Diesseits gerichteten Gesellschaft der Edo-Zeit hatten Buddhismus und Shintoismus einen schweren Stand. Volkstümliche Gottheiten wie die Sieben Glücksgötter und Okame erfreuten sich jedoch großer Beliebtheit. Das Aufblühen von Handel und Gewerbe und das damit verbundene Streben nach Gewinn haben den Kult dieser Glücksgötter gefördert. Sie wurden um Wohlergehen und Wohlstand angebetet, vor allem beim Tempelrundgang (shichifukujin mairi) zu Neujahr. Daikoku und Ebisu, die mit den Nahrungsmitteln Reis und Fisch in Verbindung gebracht werden, sind die Sinnbilder des Reichtums und demzufolge die Schutzgottheiten der Kaufleute und Händler. Okame, in Japan besser unter ihrem Namen Ofuku oder Otafuku (Großes Glück) bekannt, ist bis heute eine der populärsten, glückverheißenden Figuren. In einer Gesellschaft, die keine Hemmungen gegenüber Sexualität kannte und in der der Fruchtbarkeitskult ein fester Bestandteil des religiösen Lebens auf dem Lande war, war sie die Verkörperung enthemmter Lebensfreude. Daher galten Okame-Masken und Okame-Puppen in Bordellen, Teehäusern und Restaurants als glückbringende Maskottchen. In diesem Milieu, dem mizushôbai, hatte Okame ihr männliches Pendant in Fukusuke. Die japanische Folklore kennt zahlreiche Tiere, die als Kobolde ihr Unwesen treiben. Seit dem 18. Jahrhundert waren diese auch ein weit verbreitetes Netsuke-Thema. Der Shinto-Gott Kadori myôjin hat beispielsweise die Aufgabe, den riesigen Erdbebenwels mit einer Ka- lebasse zu beruhigen. Von den wenigen japanischen Komposittieren sind das nue und das kappa zu erwähnen. Das nue hat den Körper eines Dachses, den Kopf eines Affen, Tigerklauen und einen Schlangenschwanz. Es wurde von Minamoto no Yoritomo getötet, da es angeblich die Gesundheit des Kaisers gefährdete. Viele japanische Märchen und Legenden drehen sich um die Metamorphose von Tieren in Menschen. Dem Fuchs (kitsune), dem tanuki (ein dachsähnliches Tier) und der Katze (neko) wurden die Fähigkeit zugesprochen, sich in Menschen zu verwandeln. DIE SIEBEN GLÜCKSGÖTTER Die Sieben Glücksgötter (shichifukujin ) sind die beliebtesten Gottheiten, denen in ganz Japan auch Schreine gewidmet sind. Die Götter werden gerne in ihrem Schatzschiff (takarabune) dargestellt. Bilder dieses Bootes werden zu Neujahr unter das Kopfkissen gelegt und ein Traum von diesem Boot soll für das ganze kommende Jahr Glück bescheren. Die Sieben Glücksgötter, deren Zusammenstellung auf den Priester Tenkai aus dem frühen 17. Jahrhundert zurückgeht, sind: Ebisu, als Gott der Fischer lange bekannt, Daikoku, Bishamon und Benten, die bereits seit der HeianZeit verehrt wurden, und Hotei, Jurôjin sowie Fukurokuju, die in der KamakuraZeit aus China nach Japan eingeführt wurden. Den Glücksgöttern wurden folgende Eigenschaften und Tugenden zugesprochen: Ebisu der Fleiß, Daikoku der Reichtum, Benten die Liebenswürdigkeit, Bishamon die Weisheit, Hotei die Frei56 giebigkeit, Jurôjin das lange Leben und Fukurokuju die Würde. 176 DIE SIEBEN GLÜCKSGÖTTER Elfenbein H. 3,7 cm; B. 4,2 cm Sign.: Hôjitsu Edo/Tokyo, ca. 1850/1870 Um Benten, auf einem Hirschen reitend, scharen sich die Glücksgötter: zu ihrer Linken Daikoku, Ebisu und Hotei, zu ihrer Rechten Fukurokuju, Bishamon und Jurôjin. Die plane Unterseite zeigt beschuhte oder nackte Füße, die Hufe des Hirschen und reishi-Pilze. Hirsch und reishi sind Embleme des langen Lebens und werden in der Regel nicht mit den Sieben Glücksgöttern zusammen dargestellt. Das Stück zeichnet sich aus durch die Fülle kleiner Details und feiner Gravuren. 177 GLÜCKSGÖTTER IM DRACHENBOOT Elfenbein H. 4,3 cm; L. 4,7 cm Sign.: Masatoshi Edo, ca. 1840/1860 Die Sieben Glücksgötter mit ihren Attributen nehmen das Deck des wellenumspülten Drachenbootes ein. Oberhalb des geblähten Segels befindet sich als Mastspitze ein Juwel. Die feine Schnitzarbeit an diesem kleinen Stück ist ein gutes Beispiel für den miniaturistischen Stil der Spätzeit. 178 EMBLEME DER GLÜCKSGÖTTER UND GLÜCKSBRINGER Ryûsa-manjû-Netsuke Walroßzahn, Einsatz aus shibuichi mit Einlagen aus Silber und Gold Ø 4,2 cm 2. Hälfte 19. Jh. Auf diesem manjû werden in durchbrochenem Relief die takaramono, verschiedene glücksbringende Objekte, dargestellt: auf der Vorderseite Reisballen, Gewürznelke (chôji), Juwel (tama), Strohumhang (mino), Schriftrolle, Blattfächer und Rettich (daikon); auf der Rückseite Hut der Unsichtbarkeit, Daikokus Schlegel und ein runder Rettich (kabu). In die Schauseite eingepaßt ist eine Ratte in menschlichem Habitus aus Metall, die eine kleinere Ratte bei der Hand führt. Die große Ratte schultert die Lanze des Bishamon, von der Attribute der Glücksgötter hängen: Bentens biwa, Daikokus Schlegel und Fukurokujus Schriftrolle (vorne), Hoteis Sack, Ebisus Angelkorb und Jurôjins Fächer (hinten). Dieses Netsuke muß zu Neujahr getragen worden sein, denn die Ratte ist Symboltier des Neues Jahres und die takaramono werden als Bild oder in plastischer Form zu Neujahr dekoriert. EBISU Ebisu, der Gott der Fischerei und Schutzpatron ehrlicher Arbeit, wird in traditioneller, höfischer Kleidung mit eboshi auf dem Kopf dargestellt. Er hat große Ohrläppchen und trägt ein Spitzbärtchen. Seine Attribute sind Angel und Fischkorb. „Er fischt nie mit dem Netz, denn man soll nicht mehr nehmen, als 57 was man braucht und aufessen kann.“ (Casal 1958, S. 12). Unter den Arm geklemmt hält er oft eine große Meerbrasse (tai), die den Erfolg seiner Bemühungen symbolisiert. Er wird besonders von Kaufleuten und Ladenbesitzern verehrt. 179 EBISU Elfenbein H. 5,4 cm 2. Hälfte 18. Jh. Der Gott hält eine riesige Meerbrasse. Hier wurde ein besonders großes Elfenbeinstück von dreieckigem Querschnitt fast vollplastisch beschnitzt. 180 EBISU Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 4,2 cm; L. 6,2 cm 2. Hälfte 19. Jh. Der Gott, lediglich identifizierbar an seinen dicken Ohrläppchen, reitet auf einer große Meerbrasse. Das kleine okimono (es gibt kein himotôshi) stammt möglicherweise aus einer Gruppe von Glücksgöttern, wie sie für den Export in den Westen hergestellt wurden. DAIKOKU Daikoku (der Große Schwarze) ist zusammen mit Ebisu der wichtigste der shichifukujin. Daikoku ist in der Regel in eine kurze, gegürtete Jacke, eine Pumphose, kurze Stiefel und mit einem Béret auf dem Kopf bekleidet. Er hat sehr große Ohrläppchen und trägt gelegentlich einen Schnauz- und Spitzbart. Auf dem Rücken schultert er einen Sack, gefüllt mit Schätzen, in der Hand hält er einen Wunschhammer (uchide no kozuchi), aus dem beim Schütteln Münzen oder Juwelen herausfallen. Seine Attribute sind die Reisballen, die gute Ernte und Reichtum symbolisieren, und die Ratte, die sich nur dort aufhält, wo es etwa zu fressen gibt, und somit ein Sinnbild für Überfluß ist. 181 DAIKOKU UND FUKUROKUJU ALS SUMÔ-RINGER Buchsbaum H. 4,8 cm 1. Hälfte 19. Jh. Der Ringkampf zwischen dem Gott des Reichtums und dem Gott der Langlebigkeit ist ein ôtsu-e-Motiv. Ein diese Darstellungen begleitender Vers lautet: Fuku to ji no/ sumô o mireba/ ôkata wa/ fuku ga jumyô o/ hikikosasu nari (In den meisten Fällen siegt das Geld über die Langlebigkeit und die Weisheit, Maeder 1944, o.S.). Er bedeutet, daß die Menschen Geld meist höher als das Leben schätzen. Eindeutig ist hier Daikoku der Sieger. 182 DAIKOKU UND FUKUROKUJU ALS SUMÔ-RINGER Buchsbaum, himotôshi in schwarzem Holz gefaßt H. 3,1 cm Sign. in Siegelschrift: Eishin 2. Hälfte 19. Jh. Die lediglich mit einem Lendentuch bekleideten Gottheiten stehen in einer Arena, die durch Reisballen markiert ist. 58 183 DAIKOKU UND EBISU Buchsbaum, Halterung aus Silber, Steine aus Elfenbein und Horn Ø 3,1 cm; B. 4,7 cm Sign.: Shûgetsu Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Die Glücksgötter werden beim go-Spiel gezeigt. Sie sitzen in einem durch einen Silberring zusammengehaltenen Reisballen. Dieses Netsuke ist wegen seiner kompakten Form sehr zweckmäßig. 184 DAIKOKU VOR DEM BADE Buchsbaum H. 3,8 cm Sign.: Shûgetsu Edo, Mitte 19. Jh. Daikoku, mit typischer Kopfbedeckung, ist dabei in ein Badezuber zu steigen. Ein Reisballen, auf dem sein Glückshammer liegt, dient ihm als Trittbrett. Das himotôshi wird hier durch die Heizröhre, die sich am Zuber befindet, geführt. Bei Betrachtung dieses Netsuke denkt man unwillkürlich an Darstellungen von Okame in einem Waschzuber, die nie eines gewissen erotischen und humoristischen Untertons entbehren. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 382, Abb. 9 185 DAIKOKU Dunkles und helles Holz, Elfenbein H. 3 cm Sign.: Tôraku Tokyo, ca. 1900 Der Gott des Reichtums sitzt vor einem großen Mörser (usu), in dem zu Neujahr gedünsteter Klebereis mit dem kine gestampft wird, und probiert von der Reismasse, die zu Kuchen (mochi) geformt wird. Da mochi auch „besitzen“ bedeutet, steht der Reiskuchen für Reichtum. Die Farbigkeit dieses Netsuke zeigt den Einfluß des berühmten Netsuke-Schnitzers Suzuki Tôkoku (1846-1913). HOTEI Hotei (wörtlich: Leinensack, chin. Budai) war ein exzentrischer chinesischer Mönch des späten 9. Jahrhunderts, der ohne sich um Konventionen zu kümmern und ohne Besitz durch die Lande zog. Er verkörpert das buddhistische Prinzip des „non attachment“, das sich auch in seiner Unbekümmertheit ausdrückt. Diese Eigenschaft zog Kinder an, mit denen er spielt und die Schabernack mit ihm treiben. Hotei wird als kahlgeschorener, barfüßiger Mönch in lose gegürteter Kutte mit feistem Gesicht, dicken Ohrläppchen und Bartstoppeln dargestellt. Seine Attribute sind der Sack mit seinen paar Habseligkeiten und gelegentlich ein Blattfächer und ein knorrigen Wanderstab. Mit seiner Aufnahme in die Gruppe der Sieben Glücksgötter nahm sein Sack pralle Formen an und war von nun an mit Schätzen gefüllt, die materiellen Überfluß symbolisieren. Hotei ist die personifizierte Fröhlichkeit und Urbild satter Zufriedenheit (Casal 1958, S. 7-8) und daher der Beliebteste unter den Glücksgöttern. 59 186 HOTEI Elfenbein H. 4,3 cm 18. Jh. Der mit herausgestreckter Zungenspitze lachende Glücksgott sitzt mit Krummstab auf seinem Sack. Vorbild für diese Darstellung waren sicherlich ähnlich konzipierte, auf Felsen sitzende rakan. 187 HOTEI Elfenbein H. 6,7 cm Aufschrift: Tomofusa 18. Jh. Die Größe des Netsuke, die Altersrisse, die einfache Kontur, die klare Zeichnung des Gewandes und der Kopf mit besonders dicken und großen Ohren sind Merkmale einer frühen Arbeit. Die gravierten Gewandmuster und die Signatur sind eine spätere Hinzufügung. 188 HOTEI Elfenbein H. 3,4 cm Spätes 18. Jh. Der Sack, in dem Hotei seine Habseligkeiten mit sich trägt, ist hier verfremdet. Er steckt in einem teilweise verknoteten Einschlagtuch (furoshiki) und hält einen Zipfel des Tuches zwischen den Zähnen. 189 HOTEI UND KARAKO Elfenbein H. 2,2 cm; L. 7,2 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Beasley Unter großer Anstrengung versuchen zwei chinesische Knaben, den Sack, in dem sich Hotei befindet, zu ziehen, wobei ein dritter von hinten anschiebt. Seit dem 16. Jahrhundert gibt es in der Malerei der Kano-Schule dieses Sujet. Die Darstellung hier ist ein gutes Beispiel des japanischen Sinnes für Komik der Gegensätze: die Gelassenheit des einen und die Mühe der anderen. 190 HOTEI Elfenbein H. 4,6 cm Sign.: Kôgyoku Ca. 1840/1860 Auf einen Krummstab gestützt, versucht Hotei sich mit seinem schweren Sack aufzurichten, aus dem ein karako hervor schaut. 191 HOTEI Elfenbein H. 5,3 cm In der Art des Hidemasa Osaka, ca. 1820/1830 Der mißmutige Ausdruck resultiert wohl daraus, daß Hotei keinen Spielkameraden hat. Anstelle des Glücksjuwels hält er einen kemari-Ball. 60 192 HOTEI Elfenbein H. 3 cm; L. 4,1 cm Sign.: Seikanshi und kaô Osaka, ca. 1850 Die Art, wie der Stoff von Hoteis Sack über den Kopf gezogen ist, erinnert an Darstellungen des Daruma. Die dicken Ohren jedoch und das Lachen kennzeichnen die Figur als Hotei. Die gleiche Figureninterpretation gibt es auch bei einem 1845 datierten Netsuke von Mitsuhiro aus Osaka (NKSJ, Bd. 6, Nr. 2 [Sommer 1986], S. 30). 193 HOTEI Holz H. 4,6 cm Ca. 1800 Der grotesk dagestellte Kopf der Figur ist ein Merkmal des früheren Netsuke-Stils in Edo. 194 HOTEI Manjû-Netsuke Elfenbein Ø 4,1 cm Edo, Mitte 19. Jh. Die Rauchfahne seiner Pfeife bildet hier das Schriftzeichen kotobuki (Glück und langes Leben). Auf der Rückseite sind die takaramono (Kostbarkeiten) zu sehen: Schlüssel (kagi), Schriftrolle (makimono), Gewürznelke (chôji) und sich überschneidende Kreise (shippô). 195 HOTEI Shibuichi, Silber und Gold H. 4,8 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die Art, wie der Glücksgott mit steifem Blattfächer in der Rechten und geschulterter Schnur des Sackes in der Linken dasteht, erinnert an Puppen des Hotei aus Ton. Das Gewand ist mit Päonien und Ranken, sein Sack mit Swastikamuster (sayagata) geschmückt. Die Schnurführung verläuft durch ein Loch am Rücken und durch die innere Öse der Bodenplatte. JURÔJIN Jurôjin (wörtlich: Alter Mann der Langlebigkeit) wird als alter Mann in zeremoniellen, chinesischen Gewändern mit einer gefalteten Mütze dargestellt. Seine Attribute sind eine Schriftrolle an einem Stock und ein Fächer, wie er in China von Würdenträgern getragen wurde. Sein Begleittier ist der Hirsch, der 1500 Jahre alt sein soll. 196 JURÔJIN UND HIRSCH Elfenbein H. 4,9 cm 2. Hälfte 19. Jh. 197 JURÔJIN UND HIRSCH Elfenbein H. 3,4 cm Sign.: Masatoshi Edo, Mitte 19. Jh. 61 198 BISHAMON UND BENTEN Elfenbein H. 4,3 cm Sign.: Tômin tô Ca. 1850/1880 Der bärtige Bishamon sitzt mit geschulterter Lanze und Sake-Schale in der Hand. Sein Attribut, das Reliquiar, steht zu seinen Füßen. Hinter ihm steht Benten mit einem Juwel, für sie ein atypisches Attribut, und mit einer Sake-Kanne. Wahrscheinlich handelt es sich hier um das festliche SakeTrinken zu Neujahr. Zu dieser Zeit werden die Glücksgötter besonders verehrt und die Freude am Feiern zugesprochen. FUKUROKUJU Fukurokuju, dessen Name sich aus den drei Schriftzeichen für Glück, Reichtum und Langlebigkeit zusammensetzt, soll chinesischer Überlieferung nach eine Inkarnation des südlichen Polarsterns sein. Er wird als alter, fröhlicher Greis mit langem, weißem Bart in chinesischem Gewand und oft in Gesellschaft von Kindern dargestellt. Sein markantestes Kennzeichen ist der riesige, kahl geschorene Schädel, in dem die Weisheit seines langen Lebens angesammelt ist und der oft von einem Tuch bedeckt wird. Der Schädel hat durch seine hohe Form ein phallisches Aussehen. Daher wird Fukurokuju gerne in Gesellschaft von Okame gezeigt. Seine Begleittiere sind der Kranich (tsuru) und die langschwänzige Schildkröte (minogame), beides Symbole für langes Leben. 199 FUKUROKUJU Elfenbein H. 4,3 cm 19. Jh. 200 FUKUROKUJU Elfenbein H. 2,8 cm Sign.: Shôzan Spätes 19. Jh. Der Glücksgott zieht an den langen Haaren seiner Brauen, die Zeichen seines hohen Alters sind. 201 FUKUROKUJU Kagamibuta-Netsuke Platte aus shibuichi mit Einlagen aus shakudô, Silber und Gold Kapsel in Elfenbeinimitation Ø 4,4 cm Sign.: Minkoku und kaô Tokyo, ca. 1870/1900 Auf der Platte ist in Relief und katakiriGravur der Glücksgott Fukurokuju dargestellt, wie er mit einem dicken Pinsel das riesige Schriftzeichen kotobuki (Glück) an eine Wand schreibt. 202 FUKUROKUJU Elfenbein H. 7,7 cm 18./frühes 19. Jh. Hier wird die lange Spitze eines dreieckigen Elfenbeinstücks für den hohen, von einem Tuch bedeckten Schädelauswuchs genutzt. 62 203 FUKUROKUJU UND KARAKO Elfenbein H. 6,9 cm 1. Hälfte 19. Jh. Diese Darstellung könnte auf einem chinesischen Vorbild basieren. Shoulao, der Gott der Langlebigkeit, wird in China ebenso wie hier mit Knotenstab, einem Juwel in der Hand und in Begleitung eines Kindes dargestellt. 204 FUKUROKUJU Holz H. 2,7 cm; B. 3,7 cm Sign.: Gyokusen Edo, 1. Hälfte 19. Jh. In der Gesellschaft einer minogame hat der Gott das Schriftzeichen tsuru (Kranich) zu Papier gebracht. Sowohl Kranich als auch die langschwänzige Schildkröte symbolisieren langes Leben. Dieses sehr erzählerisch gestaltete Netsuke zeigt viele Details und sorgfältige Ausführung in kleinsten Dimensionen. Das Gewand des Gottes ist u.a. mit Schildkrötenpanzer (kikkô)-Muster in versenktem Relief geschmückt. OKAME Okame verkörpert Lebenslust und Sinnlichkeit. Ihre Ahnin ist die durch ihren lasziven Tanz bekannte Ame no Uzume no Mikoto. Der Name Uzume wurde in der Edo-Zeit durch Otafuku (wörtlich: Großes Glück) ersetzt. In der heutigen, westlichen Netsuke-Literatur wird sie Okame genannt. Okame wird klein und pummelig, mit großem, birnenförmigem Kopf und lustigen Augen dargestellt. Ihr fleischiges Gesicht ist durch eine Stupsnase, einen kleinen, lachenden Mund und runde, füllige Wangen mit Grübchen gekennzeichnet. Sie trägt Gewänder und die Haare in der Art einer Hofdame der Heian-Zeit. Die natürlichen Augenbrauen sind wie bei Hofdamen üblich ausrasiert und hoch auf der Stirn aufgemalt oder eingelegt. In Anspielung auf Uzume wird sie mit den Attributen des Tanzes dargestellt: gohei, Schellen und Fächer. Da sie als Hofdame jedoch ledig bleiben mußte, wurde sie oft durch Beigabe übergroß dargestellter phallischer Objekte (Pilz, Stößel, langnasige Masken) als lasterhaft verspottet. Eine häufige Geste ist die der – vorgetäuschten – Schamhaftigkeit, wobei sie die im Ärmel verborgene Hand vor den Mund hält. Die Gebärde der Schamhaftigkeit wird jedoch durch Gestik und Gesichtsausdruck Lügen gestraft. 205 OKAME Elfenbein H. 2,7 cm; L. 4,6 cm Mitte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Die pausbäckige Okame hockt neben einer überdimensional großen Maske, die in ein furoshiki gewickelt ist. Aus dem Einschlagtuch schaut nur die lange, phallische Nase, auf die Okame ihre Hand legt. 206 OKAME Elfenbein H. 2,5 cm; L. 4,2 cm Sign. auf eingelassenem Rotlackplättchen: Ryôkô 2. Hälfte 19. Jh. 63 Um die Schultern hat Okame ein Einschlagtuch (furoshiki) gebunden, in dem sich ein aufrecht stehender, großer Pilz, ein matsudake, mit eindeutig phallischem Hut befindet. 207 OKAME, FUKUROKUJU UND FUKUSUKE Elfenbein H. 3 cm Sign.: Ikkôsai Edo, ca. 1860/1870 Okame schenkt Fukurokuju Sake aus einem Flaschenkürbis ein. Hinter Okame steht Fukusuke mit einem wohl mit takaramono oder Münzen gefüllten Beutelchen. Das Adonisröschen (fukujusô) im Blumentopf ist ein Hinweis auf Neujahr. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10 208 OKAME UND FUKUSUKE Elfenbein H. 2,8 cm Sign.: Hidechika und kaô Edo, ca. 1850/1860 Okame und Fukusuke sitzen vor einem Opfertischchen (sanbô), auf dem ein Rettich mit gespaltener Spitze (futamata daikon), eine geschätzte Opfergabe für Daikoku, und der unerschöpfliche Geldbeutel (kanebukuro) liegen. Das Schriftzeichen fuku (Glück) ist als Muster auf Okames Mantel und auf dem fukusa (Tuch zum Abdecken von Geschenken) zu sehen. Auf den Gewändern erscheinen bei Okame das Schriftzeichen o (groß) und bei Fukusuke ein Kürzel für das zweite Schriftzeichen seines Namen suke als Wappen. Auf Fukusukes Fächer ist der Berg Fuji dargestellt. Das Netsuke verweist auf Neujahr und drückt den Wunsch für Glück und Reichtum aus. 209 OKAME UND ONI Elfenbein, Augenbrauen aus Horn H. 2,3 cm; L. 6,6 cm Sign.: Hidemasa Ca. 1820 Das leere Reismaß vor der liegenden Okame deutet darauf hin, daß die Zeremonie des Bohnenwerfens beendet ist. Ein kleiner oni, der durch die geworfenen Bohnen vertrieben werden sollte, traut sich nun wieder hervor und schiebt Okames mit Kirschblüten geschmücktes Gewand zur Seite. 210 OKAME Buchsbaum, rötlichbraun patiniert H. 2,8 cm; L. 4,6 cm Sign.: Ittan und kaô Nagoya, ca. 1840/1870 Neckisch und verschämt zugleich beschäftigt sich Okame mit einer Maske, deren riesige, explizit phallische Nase sie mit der Hand liebkost. Bei der Maske kann es sich um die eines kono-ha-tengu handeln oder die des Sarutahiko, ein Shinto-Gott. 211 OKAME Buchsbaum H. 3,6 cm Sign.: Shûmin Edo, ca. 1840/1850 Ehemalige Sammlung Koch 64 Liebevoll hält Okame den großen, hölzernen Stößel (surikogi), der hier ein eindeutig phallisches Symbol ist. Mit solchen Werkzeugen wurde in geriffelten Mörsern (suribachi) tororo-imo (Jamswurzel) zerstoßen, die in Japan als Aphrodisiakum eingenommen wurden. Die Hand ist zum Mund geführt, als ob sie vom Handrücken etwas von der Paste ablecken wollte. 212 OKAME Elfenbein H. 4,5 cm Sign.: Ryômin und kaô Edo/Tokyo, ca. 1860/1880 Die Glücksgöttin sitzt auf den Fersen, neben ihr liegen zwei Bücher, wahrscheinlich erotischen Inhalts, über die sie verschämt schmunzelt. 213 OKAME Steinnuß H. 3,4 cm 19. Jh. Die zum Mund geführte Hand ist als vorgetäuschte Geste der Schamhaftigkeit zu deuten. 214 OKAME Elfenbein H. 5,4 cm Sign.: Seiha Ca. 1900 Okame wird hier als lediglich mit einem Unterrock (koshimaki) bekleidete Landfrau gezeigt, die gähnt und sich streckt. Diese Darstellung ist eine Anspielung auf Daru- ma, der sich nach seiner legendären, neunjährigen Meditation in gleicher Weise gebärdet. FUKUSUKE Fukusuke, der „Glückszwerg“, von kleiner Statur und mit unförmig großem Kopf, soll aus Osaka stammen. Er ging nach Edo, wo er zur Attraktion in einem Zirkus wurde. Nach dem großen Erdbeben in Edo 1804 erfuhr er eine besondere Popularität als Glücksbringer. Im folgenden Jahr erschienen zwei amüsante Bücher über ihn, die seinen Ruhm festigten. Fukusuke wird meist in hakama und kariginu und in formeller Sitzhaltung dargestellt. 215 FUKUSUKE Buchsbaum, Pupillen aus Horn H. 4,4 cm Frühes 19. Jh. Der grinsende Zwerg mit dem übergroßen Kopf ist in kamishimo, mit geschlossenem Fächer, dargestellt. 216 FUKUSUKE Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 4,8 cm Sign.: Hôgen Rantei Kyoto, Mitte 19. Jh. Fukusuke steht in tänzerischer Pose auf einem Bein. Auf seiner Jacke befindet sich am Rücken das Wappen mit dem Schriftzeichen fuku (Glück). 65 217 FUKUSUKE Buchsbaum, Augen aus gelbem und schwarzem Horn, Zähne aus gelbem Horn H. 4,4 cm Spätes 19. Jh. Der makrozephalische Zwerg trägt einen quergestreiften kosode und eine kurze Jacke, unter der ein Kurzschwert hervor schaut und auf deren Rücken sich ein Wappen (Quadrat im Doppelkreis) befindet. Er hält einen geöffneten Faltfächer in der Rechten, „während die linke, in der Art der japanischen Gigerl, im Ärmel verborgen gehalten wird.“ (Brockhaus 1925, S. 363). Die Ausformung des Hinterkopfes ist eindeutig phallischen Charakters. Ein sehr ähnliches Stück befand sich ehemals in der Sammlung Behrens (Joly 1909, Tafel LXVII, Nr. 5007) und in der Sammlung Brockhaus (Brockhaus 1925, S. 363, Abb. 545). KADORI MYÔJIN Kadori myôjin, auch bekannt als Futsunushi no Kami, soll in der Lage sein, mit einer Kalebasse den Erdbeben-Wels (namazu, jishinuo) zu kontrollieren. Dem japanischen Volksglauben nach liegt unter den japanischen Inseln ein großer Wels, dessen Kopf- und Flossenbewegungen Erdbeben unterschiedlicher Stärke verursachen. Auf dieser Legende beruht wohl auch das Sprichtwort hyôtan de namazu o osaeru yô (Als ob man mit einem Flaschenkürbis einen Wels festhalten wollte) (Ehmann 1927, S. 85, Nr. 827). Hyôtan namazu ist aber auch ein berühmtes Zen-kôan: Wie fängt man einen glitschigen Wels mit einer glatten Kalebasse? Nicht nur ist damit ein sinnloses Unterfangen gemeint, sondern auch die Sinnlosigkeit, die Wahrheit durch andere Mittel als die Intuition zu erfassen. 218 KADORI MYÔJIN Buchsbaum, Pupillen des Wels aus Horn H. 3,5 cm Sign.: Masanao 1. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Der Shinto-Gott sitzt rittlings auf dem Erdbebenwels, dessen Barthaare kleine und dessen Schwanzflossen große Erdbeben verursachen. 219 KADORI MYÔJIN Elfenbein, Pupillen des Fisches aus schwarzem Horn H. 2,1 cm; L. 5 cm Frühes 19. Jh. Hier klettert ein stark behaarter Mann mit Kalebasse in der Hand über einen großen Wels. 220 AFFE UND WELS Elfenbein H. 3,9 cm; L. 5,7 cm 18. Jh. Der Affe mit Kalebasse auf einem Erdbebenwels ist einerseits eine Travestie auf das Kadori myôjin-Sujet, andererseits ein ôtsue-Motiv. Letzteres illustriert das vergebliche Bemühen, einen Fisch mit einem Flaschenkürbis zu fangen, eine Metapher für den Versuch, etwas Unmögliches zu tun. Seit dem frühen 18. Jahrhundert gilt das 66 Motiv unter den ôtsu-e als Talisman gegen Ertrinken. 221 MONDHASE Elfenbein, Augen aus Bernstein (?) H. 2,6 cm; L. 4,5 cm Sign.: Mitsutsugu Osaka, ca. 1850/1860 Der Hase (usagi) steht mit einem Stößel auf einem Wolkensockel vor einer von Wolkenfahnen umgebenen Kugel, die hier den Vollmond darstellt. In China entwickelte sich die Vorstellung, daß der Hase im Mond lebt und dort unter einem Kassiabaum in einem Mörser das Elixier für langes Lebens zubereitet. Wenn der Hase – in China Jadehase genannt – 1000 Jahre alt geworden ist, wird sein Fell weiß. In Japan wurde diese chinesische Überlieferung dahingehend abgewandelt, daß der weiße Hase im Mörser gedünsteten Klebreis stampft, um mochi herzustellen. Diese Interpretation basiert auf dem japanischen Homonym, da mochi sowohl Vollmond als auch Reiskuchen bedeutet. Der Hase wird in Japan auch zwischen Schachtelhalm (tokusa, Equisetum pratense) dargestellt, weil man meinte, er würde mit diesen Halmen den Mond sauber und blank halten. Der Schachtelhalm enthält Kieselsäure und wird von japanischen Handwerkern zum Polieren benutzt. Hier hält der Hase den Stößel so, als ob er mit tokusa die Mondoberfläche poliere. 222 FRAU AUF EINEM HASEN Elfenbein H. 4,3 cm Sign.: Masakazu Mitte 19. Jh. Eine Frau mit einem hachimaki um den Kopf – ein Zeichen eines Arbeiters – und Gamaschen an den Beinen sitzt barfuß auf einem überdimensional großen Hasen mit braun geflecktem Fell. In beiden Händen hält sie einen Stampfer (kine). Dieses Attribut läßt an den Mondhasen denken, der mit einem solchen Stab das Elixier des langen Lebens stampft. 223 KARASU-TENGU Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 4,4 cm Ca. 1800 Der krähenköpfige tengu spielt auf einer shamisen. Auf dem Rücken seiner ärmellosen Jacke befindet sich als graviertes Muster zwischen Ranken der große Federfächer des tengu-Königs Sôjôbô. Die shamisen wird meist von Frauen aus den Vergnügungsvierteln gespielt. Tengu (wörtlich: Himmelshund) sind wilde Waldkobolde, halb Mensch, halb Vogel, die in Kolonien in den Wipfeln der Kryptomerien auf dem Kurama-Berg im Norden Kyotos und anderen Bergen leben. Die langnasigen konoha-tengu und die KrähenKobolde (karasu-tengu) stehen im Dienst des Königs Dai-tengu, auch Sôjôbô (wörtlich: Bischof-Priester) genannt, der als Lehrer des jungen Minamoto Yoshitsune (1159-1189) Berühmtheit erlangte (vgl. Kat.-Nr. 249). Weil sie in den Bergen leben und von kriegerischer Natur sind, werden sie ähnlich den yamabushi mit deren typischem Käppi dargestellt. Im Shintoismus verehrt man sie als untergeordnete Gottheiten. 67 DER KAPPA Der kappa ist ein Flußkobold, dessen Rücken von einem Schildkrötenpanzer bedeckt ist. Sein Kopf ähnelt dem eines Affen und die Beine denen eines Frosches. In der runden Kopfvertiefung befindet sich das für ihn lebenswichtige Lebenselixir. Immer zu bösen Scherzen aufgelegt, vergreift er sich an hübschen Mädchen, zieht Pferde ins Wasser oder führt arglose Reisende in die Irre. Um den kappa schadlos zu machen, braucht man sich nur bei einer Begegnung mit ihm tief zu verneigen. Da es die Höflichkeit schätzt, wird es den Gruß durch Kopfneigen erwidern. So verliert es sein Lebenselixier und wird wehrlos. Kappa werden gern mit ihrer Lieblingsspeise, der Gurke, und als übermütig spielende Kinder dargestellt. 224 KAPPA-KOPF Hirschhorn, Augen und Kopfflüssigkeit aus Perlmutter H. 2,5 cm Sign.: Kisui 19. Jh. Die Perlmuttereinlage auf der Scheitelhöhlung stellt das Lebenselixier dar, das er bei seinem Landgang benötigt. Abgeb. in: Netsuke, Bd. 1, Nr. 11 (1961), S. 6, Abb. 1 225 KAPPA Buchsbaum, Pupillen aus Glas H. 4,5 cm; B. 4 cm Spätes 19. Jh. Das kappa klettert über eine große hamaguri-Muschel, die den Fuß des Koboldes festhält. Dieses Motiv, für das Sukenaga berühmt wurde, ist eine Anspielung auf die Gefahren des Verliebtseins. 226 KAPPA Elfenbein H. 2,5 cm; L. 4,2 cm Mitte 19. Jh. Auf einer flachen Sockelplatte sitzt der schelmische Kobold neben einem umgedrehten Lotosblatt, das er an einer Stelle aufreißt, um die Landschaft mit dem Berg Fuji im Inneren zu zeigen. 227 KAPPA MIT TRANSPORTBÜNDEL Elfenbein, Augen aus dunklem Horn H. 5,3 cm Sign.: Ikkyû Provinz Owari, 2. Hälfte 19. Jh. In dem Transportbündel steckt ein großer Krake, der versucht, sich zu befreien und dabei in die Haare des kappa greift. 228 DREI KAPPA Elfenbein H. 2,2 cm; L. 4,3 cm Sign.: Tomokazu Tokyo, spätes 19./frühes 20. Jh. Ehemalige Sammlung Jonsson Drei übermütige kappa sitzen eng beisammen. Zwei von ihnen schieben gegenseitig die Köpfe zur Seite, womit sie Gefahr laufen, das Lebenselixier, das sich in der tellerförmigen Schädeleinbuchtung befin68 det, zu verlieren und damit unschädlich zu werden. Dieses Motiv ist eines der bekanntesten des Minkô, doch kann die Signatur hier nicht als authentisch angesehen werden. Abgeb. in: Hurtig 1973, S. 130, Abb. 533 TANUKI Der tanuki sieht aus wie ein Waschbär. Im Volksglauben ist er berühmt für seine Fähigkeit der Täuschung. Ein Merkmal ist sein praller Bauch und sein Skrotum, das er auf die Größe von acht tatamiMatten (3,64 qm) ausweiten kann (hachijo kijiki kintama) und das er als Falle für unliebsame Jäger einsetzt. Mit seinem Bauchtrommeln (tanuki no hara tsuzumi) hingegen führt er die Wanderer in die Irre. Der tanuki kann verschiedene menschliche Gestalten annehmen, in erster Linie die eines Priesters. 229 TANUKI Buchsbaum H. 3,2 cm Aufschrift: Minkô Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlungen Hart und Brockhaus (gekauft 1898) Das Sujet ist als tanuki no hara tsuzumi (das Bauchtrommeln des tanuki) bekannt. Ehmann interpretiert den Spruch wie folgt: „Wenn der Tanuki den Mond sieht, soll er sich vor Vergnügen auf den Bauch klopfen, was einen weithin hörbaren tiefen glockenähnlichen Ton gibt. – Von jemand, der sehr zufrieden aussieht.“ (Ehmann 1927, S. 321, Nr. 2920). Dem Aberglauben nach soll das Bauchtrommeln des tanuki den Gong eines Tempels oder einer Herberge imitieren und somit die Reisenden und Wanderer in unwegsame und gefährliche Gebiete locken. Abgeb. in: Brockhaus 1925, S. 369, Abb. 440 230 TANUKI Kirschholz H. 3,4 cm Aufschrift: Minkô und kaô 19. Jh. 231 TANUKI UND JÄGER Buchsbaum H. 2,7 cm Sign.: Issai Frühes 19. Jh. Der riesige Hodensack eines tanuki dient als Falle für den Jäger, der um Gnade fleht. Unter dem am Boden liegenden Gewehr verläuft die Schnurführung. Issai hat dieses Thema häufiger geschnitzt (vgl. sehr ähnliches, Issai signiertes Stück in Davey 1974, Kat.-Nr. 880 und ein weiteres Netsuke (ehemals Sammlung Behrens, Nr. 4785) im MCI, S. 235). 232 TANUKI ALS PRIESTER Elfenbein, ein Auge aus Horn H. 6,3 cm Mitte 19. Jh. Der tanuki nimmt die Gestalt eines Priesters an. Verwandlungen sind naturgemäß schwer darzustellen. Der Schnitzer hat die Metamorphose in der vertikalen Achse angelegt. Mit der Verwandlung sollten bigotte Mönche angeprangert werden, die ihren Status zum Eigennutz mißbrauchten. 69 233 TANUKI ALS PRIESTER Buchsbaum, Ring aus Elfenbein, Augen aus Elfenbein und Horn, himotôshi in schwarzes Holz gefaßt H. 3,8 cm Sign. auf Elfenbeinplättchen: Masakazu 2. Hälfte 19. Jh. ga/ neko ga geta haite/ tsue tsuite/ shibori no yukata de kuru monoka/ choi choi choi choi (Ich bin Neko, ich bin Neko, eine Katze, die geta trägt, die einen Stab hält und die in einen yukata mit shibori-Muster gekleidet ist, choi, choi, choi, choi) (Yoshida in: Sagemonoya 2000, S. 136, Nr. 125). 234 DIE KATZE VON NABESHIMA Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Glas H. 5,3 cm Aufschrift: Dôraku 2. Hälfte 19./20. Jh. Die im menschlichen Habitus stehende Katze ist in einen lose gegürteten Kimono gekleidet. Auf dem rückseitig gebundenem obi ist eine Blüte zwischen Wellen graviert. Man sagt Katzen nach, daß sie sich in junge Frauen verwandeln können. Die bekannteste Legende ist Nabeshima no neko (Die Katze von Nabeshima) und möglicherweise Thema dieses Netsuke. Dargestellt wäre dann O Toyo, die Geliebte eines Nabeshima-daimyô in der Provinz Hizen. Ausgangspunkt dieser langen Erzählung ist der Mord einer riesige Katzen an der jungen Frau, in deren Körper die Katze anschließend schlüpft. Eine andere Deutung des Themas wäre, daß es sich hier um eine Prostituierte handelt, denn neko (Katze) war einer der Namen für Freudenmädchen. Kürzlich wurde dieses Sujet als Illustration eines populären Liedes des späten 18. Jahrhunderts, das im späten 19. Jahrhundert eine Wiederbelebung erfuhr, gedeutet. Das Lied beginnt: Nekoja nekoja to oshaimasu 70 Figuren aus der japanischen Literatur Die japanische Geschichts-, Roman- und Märchenliteratur sowie das Theater dienten den Netsuke-Schnitzern des 19. Jahrhunderts als eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration. Das Kojiki und das Nihongi, beide aus dem 8. Jahrhundert, sind die frühesten geschichtlichen Werke Japans. Hier finden sich im jeweils ersten Teil die mythischen Entstehungsgeschichten des Insellandes und deren Götter sowie die erste Erwähnung vom Palast des Meereskönigs, der in der späteren Literatur Ryûjin (Drachenkönig) genannt wird. Einen umfangreichen Komplex der heian-zeitlichen Literatur bilden neben den Liebesromanen, wie dem Genji monogatari (Geschichte des Prinzen Genji), die Kriegshistorien. Diese monogatari befassen sich hauptsächlich mit den Themen Mut und Tapferkeit bei bewaffneten Auseinandersetzungen. Diese Literaturgattung enthält aber auch Liebesgeschichten sowie tragische Lebensläufe einzelner Familien. Das Heike monogatari (Die Erzählungen des Hauses Taira) aus dem frühen 13. Jahrhundert, das wichtigste Werk unter diesen, schildert die Jahrzehnte andauernden, kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Familienklans der Minamoto (Genji) und der Taira (Heike) im 12. Jahrhundert. Die herausragenden Persönlichkeiten, die auch als Netsuke immer wieder in Erscheinung treten, sind Tadamori, Kiyomori und Tadanori unter den Taira und Yoritomo und Yoshitsune unter den Minamoto sowie Shunkan und Endô Morito. Personen aus der späteren Geschichte sind unter den Netsuke seltener. Das Soga monogatari (Die Erzählung der Soga) von ca. 1340 erzählt die Geschichte der die Ermordung des Vaters rächenden Soga-Brüder. Das Taiheiki von ca. 1370 schildert die Kriege um die Vorherrschaft des Nördlichen und Südlichen Hofes, zwischen den Hôjô und den Ashikaga. Die Haupthelden Kusunoki Masashige und Nitta Yoshisada kämpfen gegen Ashikaga Takauji. Das Nô-Theater der MuromachiZeit lieferte den Stoff für zahlreiche Balladen, Pantomimen, kabuki- und bunraku-Stücke, die das Wissen um legendäre Gestalten aus der japanischen und chinesischen Geschichte unter allen Bevölkerungsschichten verbreiteten. Außer dem Sangokushi und dem Suikoden, die auf chinesischen Romanen basieren, gab es im frühen 19. Jahrhundert noch andere Buchgattungen, die die Netsuke-Schnitzer beeinflußten. Es waren die kibyoshi (Erzählungen aus dem bürgerlichen Leben), die akahon (Märchenbücher), die kokkeibon (Ulkbücher) und gokan (Heftserien). Gestalten wie Fukusuke, Wasobyoe, Jiraya entstammen solchen Büchern. Märchen wie Momotarô und andere sind teilweise sehr alten Ursprungs. Vor allem die Schnitzer der Tomochika-Gruppe wählten Märchenfiguren zum Thema ihrer Netsuke. Viele dieser Stücke wurden für Europa hergestellt, wo Bücher von A. B. Mitford und Lafcadio Hearn sowie auf Crepe gedruckte, bibliophile Ausgaben die Märchen den europäischen Sammlern bereits nahegebracht hatten. Erwähnt seien auch die Gespenstergeschichten, die sich in der Edo-Zeit besonderer Popularität erfreuten. 71 235 RYÛJIN Nadelholz, polychrom bemalt H. 10,5 cm 18./19. Jh. In der Hand hält er das die Gezeiten regulierende Juwel. Hinter der Figur klettert ein Drache empor, der sich an den Schultern festklammert. Die Arbeit ist ungewöhnlich stark unterschnitten. Wie bei allen Netsuke in der Art des Yoshimura Shûzan (1700-1773) ist die polychrome Fassung stark abgegriffen; das Inkarnat war ursprünglich ein gelbliches Ocker; Gewand und Schuhe sind schwarz, der Drache rot; in den Falten und am Drachen sind Reste von Goldpulver zu sehen. 236 RYÛJIN Nadelholz, polychrom bemalt H. 11,6 cm 19. Jh. Auch diese Gestalt hält in den Händen das Juwel. Das Sôken kishô bildet unter den Netsuke des Künstlers Yoshimura Shûzan eine solche Figur ab, die als Ryûjin bezeichnet wird. Dieses Modell muß sehr beliebt gewesen sein, da auch andere Schnitzer, z.B. Tametaka (?-1789), diesen Typ gefertigt haben. Im Ko-ji Hô-ten wird dieser Netsuke-Typ als Bote des Ryûjin beschrieben, da Ryûjin selbst meist in Tracht eines chinesischen Kaisers abgebildet wird. Abb. 14 Sôken kishô, 1783, Bd. 7, S. 5b 237 TOYOTAMA HIME Elfenbein H. 5 cm Sign.: Rensai 20. Jh. Die junge Frau steht inmitten von Wellen mit hohen Schaumkronen. Sie versucht, mit einem langen Angelhaken einen Aal zu fischen. An ihrem Gürtel hängt ein Kugelfisch (fugu). Die Identifizierung dieser Figur ist nicht gesichert. 238 SAYO HIME Elfenbein Ø 4,9 cm Edo, ca. 1850/1860 Ehemalige Sammlung Wohlthat Matsuura no Sayo Hime winkt ihrem Gatten Ôtomo no Sadehiko nach, der 537 vom Kaiser Senka (reg. 535-539) nach Korea geschickt wurde. Der Legende nach verabschiedete sie sich so lange, bis sie sich in einen Stein verwandelte. Sayo Hime wurde zum Symbol der ergebenen und treuen Frau. 239 HADESU Elfenbein H. 3,5 cm Frühes 19. Jh. Im Jahre 545 reiste Hadesu (im Nihongi [Buch XIX, 28] unter seinem Namen Kashiwade no Omi Hasui erwähnt) mit einer Gesandtschaft des Kaisers Kinmei (reg. 539-571) nach Korea. Dort wurde sein Sohn von einem Tiger getötet. Um ihn 72 zu rächen, ersticht Hadesu den Tiger mit seinem Schwert. Hadesu zählt auch zu den Helden aus dem japanischen Suikoden. Die offenen Haare und das auffällig mit Karos gemusterte, von der Schulter gestreifte Gewand entsprechen dem Typ des gesellschaftlichen Außenseiters. Daher ist hier wohl Hadesu als Suikoden-Protagonist und nicht als semi-historische Gestalt dargestellt. 240 MURAKAMI TENNÔ Elfenbein H 4,3 cm Sign.: Keiun Uji, ca. 1971 Der Kaiser Murakami (reg. 946-967) legt die Hand auf einen knospenden Pflaumenbaum, den er anstelle eines verdorrten Baumes für den Palastgarten haben möchte. Vor ihm kniet eine junge Frau mit Schriftstück in der Hand, die ihn wegen einer gerade nistenden Nachtigall bittet, den Baum nicht zu verpflanzen. 241 ÔMU KOMACHI Elfenbein H. 4,4 cm Sign.: Hidemasa Osaka/Kyoto, ca. 1820/1830 Ehemalige Sammlung Cohen Die berühmteste Dichterin Japans, Ono no Komachi (834-900), wird hier als alte Frau mit prall gefüllter Betteltasche und Reisschale dargestellt. In der Hand hält sie ein tanzaku (Gedichtstreifen), auf dem geschrieben steht: Kumo no ue wa arishi/ mishi tamadare no. Das Netsuke illustriert eine legendäre Episode im Leben der Dichterin. Vom Kaiser Yôzei (reg. 876-884) erhielt sie folgendes Gedicht: Kumo no ue wa/ arishi mukashi ni/ kawaranedo/ mishi tamadare no/ uchi ya yukashiki (Über den Wolken/ hat seit vergangenen Zeiten/ sich nichts verändert:/ An die Perlenvorhänge, die du kennst,/ denkst du gerne an Sie zurück? P. Weber-Schäfer, Ono no Komachi, Gestalt und Legende im Nô-Spiel, Wiesbaden 1960, S. 36-38 ). Den damaligen Gepflogenheiten entsprechend antwortete Komachi mit einem Gegengedicht, wobei sie nur eine Silbe austauschte (das interrogative ya gegen das affirmative zo in der letzten Zeile). Diese Episode, die wegen der papageienhaften Rückantwort der Komachi Ômu Komachi (Papagei Komachi) heißt, gehört zu den Sieben Erscheinungsformen der Komachi (Nana Komachi) und ist Thema eines Nô-Dramas. Abgeb. in: Cohen 1974, Tafel VII, Nr. 107 242 NYOSAN NO MIYA Elfenbein H. 3,9 cm Sign.: Ryûchin Edo/Tokyo, ca. 1860/1880 Die Katze Nyosan no Miyas der jungen Frau des Prinzen Genji ist der Auslöser für eine Liebesbeziehung zu Kashiwagi (Genji monogatari, 34. Kapitel, „Wakana I“). Meist wird sie im jûni hitoe-Gewand beim Beobachten eines spielenden Kätzchens dargestellt. Seitdem Katzen im 10. Jahrhundert von Korea nach Japan eingeführt wurden, waren sie die Lieblingstiere am Kaiserhof. Damit ihr Zugang in die innersten Palasträume auch rechtens war, wurde 73 Katzen der Titel des 5. Grades verliehen. Sie waren somit die einzigen aristokratischen Tiere. 243 AZUMAYA-BOOT Buchsbaum H. 3 cm; L. 4,7 cm Sign.: Isshû tô jô Issen Edo, 1. Hälfte 19. Jh. Prinz Niou und seine Geliebte Ukifune sitzen in einem Kahn, der im Schilf angelegt hat. Das Ko-ji Hô-ten nennt die Szene Azumaya fune (Azumaya-Boot), eine vor allem in der Malerei häufige Illustration des 51. Kapitels, „Ukifune“, des Genji monogatari. 244 SZENE AUS DER SHUTEN DÔJILEGENDE Holz H. 3,9 cm Sign.: Issen Edo, 1. Hälfte 19. Jh. Raikô (Minamoto no Yorimitsu, 944-1021) und seine als yamabushi verkleideten Gefolgsleute jagen auf Geheiß des Kaisers Murakami den Dämon Shuten dôji, der die Menschen überfällt und ihr Blut aussaugt. Als sie die Landschaft durchstreifen, treffen sie eine junge Frau, die an einem Flußufer die blutverschmierte Kleidung ihrer Eltern wäscht, die Opfer des Shuten dôji geworden sind. Shuten dôji ist eine der beliebtesten volkstümlichen Erzählungen (otogizôshi) der Muromachi-Zeit. Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 476, Abb. 3 und Werdelmann 1989a, S. 46, Abb. 3 245 KUZUNOHA Buchsbaum H. 3,3 cm Sign.: Masakazu Nagoya, 1. Hälfte 19. Jh. Die Fuchsfrau Kuzunoha war die Geliebte des Abe no Yasuna. Aus dieser Verbindung entsprang ein Sohn, den sie hier in den Armen hält. Dieser, genannt Abe no Seimei (919?-1005), wurde der berühmte Hofastrologe und Wahrsager des Kaisers Toba (reg. 1107-1123). Der Pinsel im Maul ist Anspielung auf das Gedicht, das sie schrieb, bevor sie Yasuna nach dreijährigem Zusammenleben verließ. Die Geschichte wird in der Legende Shinodatsuma (Frau Shinoda) erzählt, die Grundlage ist für ein jôruri und zahlreiche kabuki-Stücke der Edo-Zeit. 246 ARM DES DÄMONS IBARAKI Zahn, Spinnen aus Horn später hinzugefügt L. 6,3 cm Sign.: Shûraku 1. Hälfte 19. Jh. Neben dem ausgestreckten Arm eines Dämons sitzt ein kleiner, weinender oni mit Gebetsschnur. Watanabe no Tsuna, ein Vasall des Minamoto no Yorimitsu (944-1021), hat es sich zur Aufgabe gemacht, auch den letzten Dämon in Kyoto zu töten. Er legt sich am Rashô-Tor in Kyoto auf die Lauer und schlägt zu, als er eine ungewöhnliche Er74 scheinung bemerkt. Zurück bleibt der Arm des Dämons Ibaraki. Rashômon ist ein bekanntes otogizôshi aus dem 15./16. Jahrhundert und ein berühmtes Nô-Drama. 247 ENDÔ MORITO Kagamibuta-Netsuke Platte aus gepreßtem, versilbertem Kupfer mit Einlagen aus Gold; Kapsel aus Hirschhorn Ø 4,7 cm Mitte 19. Jh. einen greisen Tempeldiener mit einem alten, großen Hut, einem Strohumhang und einer Ölkanne. Das flackernde Licht kam von seiner Fackel, die er gelegentlich anblies. Dieser Mann ist in die Literatur als Abura bôzu (Öl-Bonze), der das Öl der Tempellaternen stiehlt, eingegangen. 249 USHIWAKAMARU Pottwalzahn, Pupillen des Sôjôbô aus schwarzem Horn H. 8,1 cm Mitte 19. Jh. Endô Morito (1120-?) büßt den Mord an seiner Geliebten Kesa gozen, indem er Mönch wird, den Namen Mongaku shônin annimmt und sich mit einer Glocke im Mund unter dem Nachi-Wasserfall einem Reinigungsritual (suigyô) unterzieht. Hier erschien ihm Fudô Myôo und half ihm, die Erleuchtung zu erlangen. Die Vorlage für dieses Motiv ist im Ehon sakigaki (1836) von Hokusai zu finden. Ushiwakamaru war der Knabenname von Minamoto no Yoshitsune (1159-1189). Mit acht Jahren verschwand er plötzlich und ließ sich vom tengu-König Sôjôbô auf dem Kurama-Berg bei Kyoto in die Schwertkunst unterweisen, über die er hier in einer Schriftrolle liest. Auf der Rückseite kniet ein karasu-tengu mit einem Schwert. Die Zahnform des Netsuke stellt den KuramaBerg dar. Abb. 15 Ehon sakigake, 1836, S. 24b/25a, Museum für Ostasiatische Kunst Berlin 250 USHIWAKAMARU Elfenbein, Endknöpfe der Rolle und Brauen aus schwarzem Horn Sign.: Don'yo H. 3,4 cm; L. 3,8 cm Osaka, Mitte 19. Jh. 248 TADAMORI UND ABURA BÔZU Elfenbein H. 5,8 cm Frühes 19. Jh. Ein höfisch gekleideter Mann mit eboshi ergreift einen fliehenden Mann mit Kanne. Taira no Tadamori (1096-1153), der Begründer des Taira-Clans, wurde vom Kaiser Shirakawa (reg. 1072-1086) ausgeschickt, um ein merkwürdiges, flackerndes Licht zu untersuchen. Er erwischt dabei Mit der Rechten hält der junge Mann eine Schriftrolle hoch. Am Rücken befindet sich ein Schwert in Tigerfellscheide. Bei der Rolle handelt es sich sicherlich um militärische Anweisungen. Daher kann es sich hier sowohl um den jungen Yoshitsune handeln, der von Sôjôbô unterrichtet wurde, oder um Masatsura (1326-1348), den Sohn des Feldherren Kusunoki 75 Masashige (1294-1336). Der Vater übergab seinem jungen Sohn eine Niederschrift seiner militärischen Erfahrungen in Sakai. Die aus Blüten und Ranken bestehenden Gewandmuster sind in der Art des Hidemasa ausgeführt. Wegen der mangelnden Attribute ist eine eindeutige Identifizierung nicht möglich. Wahrscheinlich handelt es sich hier aufgrund des Sujets und der ansonsten unbekannten Signatur um das nicht abgebildete Stück Nr. 1140 aus der Sammlung Behrens. 251 KITSUNE TADANOBU Elfenbein H. 3,5 cm Sign.: Tomochika Edo, Mitte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Brockhaus Abgeb. in: Cohen 1974, Tafel X, Nr. 160; Kunstpreisjahrbuch 1988, Bd. XLIII, Teil 2., München (1988), S. 765 Die Darstellung ist eine Anspielung auf die Legende von Minamoto no Yoshitsune, der seiner Geliebten Shizuka eine Trommel aus Fuchshaut zum Abschied geschenkt hat. Auf ihrer Reise soll sie von Yoshitsunes Vassal Satô Tadanobu eskortiert werden. Ein Fuchs aber nimmt die Gestalt des Tadanobu an, um die Trommel zu stehlen, da deren Bespannung aus der Haut seiner Mutter stammt. 252 ONIWAKAMARU Elfenbein H. 3,2 cm Sign.: Shizu 19. Jh. Ehemalige Sammlung Cohen Ein Knabe ringt mit einem riesigen Karpfen. Es kann sich um Benkei, als Kind Oniwakamaru genannt, handeln, der den riesigen Karpfen des Koiike (KarpfenTeichs), der seine Mutter verschlungen hat, versucht zu töten. Es könnte sich aber auch um Kintoki handeln, der ebenfalls im Kampf mit einem Karpfen dargestellt wird. 253 BENKEI Elfenbein H. 3,1 cm Sign.: Isshi 20. Jh. Benkei, bis heute einer der beliebtesten japanischen Helden des 12. Jahrhunderts, hat es sich in den Kopf gesetzt, die Glocke von Miidera, einem Tempel am Fuße des Hieisan, den Berg hinaufzutragen, damit ihr Klang dort die Bergpriester erfreuen möge. Benkei trägt eine Rüstung und um den Kopf ein hachimaki, ein Schweißband, das bei schweren Arbeiten angelegt wird. Das Sujet tsurigane-Benkei (Benkei und die Tempelglocke) ist auch eines der ältesten Motive unter den ôtsu-e. 254 TAMANO NO MAE Elfenbein H. 5,7 cm Sign.: Chôkôsai Ca. 1850/1860 Hinter Tamamo no Mae, der Konkubine des Kaisers Toba (reg. 1107-1123), und einer hockenden Dienerin steht ein neunschwänziger Fuchs. Der Legende nach ist 76 die Geliebte schuld an der schwachen Gesundheit des Kaisers. Als sie einem Altar näher tritt, um für die Gesundheit des Kaisers zu beten, nimmt sie ihre wahre Gestalt, die eines Fuchses, an. 257 OGURI HANGAN Elfenbein, Pupillen des Pferdes aus Horn H. 4,2 cm Ca. 1840/1850 255 ÔMORI HIKOSHICHI Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 7,2 cm Aufschrift: Shûzan 19./20. Jh. Der für seine Reiterkünste bekannt gewordene Oguri Hangan Sukeshige (1398-1464) steigt mit seinem Pferd Onikage auf ein kleines go-Tischchen. Er ist der Sohn des Oguri-daimyô in der Provinz Hitachi, der von Ashikaga Mochiuji enteignet wurde. Um Oguri Hangan ranken sich zahlreiche Legenden, die im Oguri monogatari geschildert werden und auch Thema von Holzschnitten sind. Ômori Hikoshichi, ein Lehensmann des Ashikaga Takauji (1305-1358), nimmt im Jahr 1336 an der Schlacht von Minatogawa teil. Dort bittet ihn eine schöne Frau, sie durch den Fluß zu tragen. Im Wasser jedoch spiegelt sich das wahre Gesicht der Dame. Als Hikoshichi das Gesicht der Hexe erkennt, greift er zum Schwert. 256 ONCHI SAKON MITSUKAZU Elfenbein H. 5,8 cm Sign.: Okatomo Kyoto, ca. 1770/1780 Sakon, der Gefolgsmann des Kusunoki Masashige (1294-1336) mit Schwert am Rücken, hat sich als Affengaukler (sarumawashi) verkleidet, um als Spion in die Festung der feindlichen Ashikaga einzudringen. Die Binsenmatte mit langen Kordeln auf dem Kopf, wie sie auch von Jägern getragen wird, ist ein häufiges Requisit von Personen, die sich tarnen oder verstecken. Das Netsuke ist eine ungewöhnliche und für Okatomo seltene Figurendarstellung. 258 KIYOMORI Manjû-Netsuke Gepreßtes Horn H. 4 cm; B. 4,4 cm 19. Jh. Taira no Kiyomori (1118-1181), der Sohn des Tadamori, versucht vom Dach eines Tempels aus, mit einem Fächer den Lauf der Sonne anzuhalten, damit die Arbeit am Itsukushima-Schrein, die zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet sein muß, bei Tageslicht weitergeführt werden kann. Entsprechend der seriellen Fertigung dieser Netsuke aus gepreßtem Horn befinden sich identische Stücke u.a. in der ehemaligen Sammlung Leclercq und in der Sammlung Baur (C 345). 259 ARIÔMARU Buchsbaum H. 5,5 cm Sign.: Gyokuzan 2. Hälfte 19. Jh. 77 Ein nur mit einem Lendentuch bekleideter Mann versucht, einen riesigen Kraken an dessen zwei Fangarmen niederzudrücken. Es handelt sich wohl um Ariômaru, der Diener des Priesters Shunkan (1142-1178) des Hoshô-Tempels, der wegen einer Verschwörung gegen Taira no Kiyomori 1177 auf die Insel Kikaigashima verbannt wurde. Ariômaru bändigt den Kraken, der seinen Herrn angegriffen hat. 260 FIGUR AUF EINEM RÜSTUNGSTEIL Buchsbaum, Pupillen aus braunem Horn H. 4 cm Frühes 19. Jh. Die in eine Kutte gehüllte Gestalt sitzt auf dem Schenkelschutz (sode) einer japanischen Rüstung. Die gravierten Gewandmuster basieren auf dem vereinfachten Schema des shibori-Musters. Das Thema ist nicht zu identifizieren. Bei einem losen Rüstungsteil drängt sich der Gedanke an den Kampf, bei dem Asahina Saburô dem Soga no Gorô ein Rüstungsteil entriß, auf. Abgeb. in: Netsuke, ojime & Masatoshi's Kabuki, Sagemonoya, Tokyo o.J., S. 21, Kat.-Nr. 48 (hier als Yoshitsune identifiziert) 261 KAMAKURA KAGEMASA UND MIURA TAMETSUGU Manjû-Netsuke Walroßzahn Ø 5,1 cm Ca. 1865 Ein Samurai mit Hofhut (kanmuri) und Schulterschutz (sode) tritt auf die Helle- barde eines am Boden liegenden, behelmten Kriegers, der die Waffe mit beiden Händen festhält. Am Boden liegt ein Bogen, auf der Rückseite ist ein gebrochener Pfeil zu sehen. Ein sehr ähnliches Motiv ist im Banbutsu zukai Isai gashiki (Sammlung von Zehntausend Dingen: Isais Bilderalbum) illustriert, womit die Identifizierung der beiden Figuren möglich wird. Die Darstellung bezieht sich auf eine Begebenheit während des dreijährigen Krieges zwischen Minamoto Yoshiie (1041-1108) und dem Kiyowara-Clan. In der Schlacht von Kanazawa im Jahr 1087 wurde Kamakura Gongorô Kagemasa von einem Pfeil ins linke Auge getroffen. Trotz der Verwundung tötete er Tourinoumi Yasaburô. Als Miura Tametsugu später den Pfeil aus Kagemasas Auge zog, trat er auf seinen Körper, um sich abzustemmen, beleidigte aber damit den verletzten Samurai zutiefst. Das Netsuke zeigt Kamakura Kagemasa mit geschlossenen Augen am Boden liegend und Tametsugu, der auf die Hellebarde tritt und den Pfeil wegwirft. Abb. 16 Banbutsu zukai Isai gashiki, Vorwort datiert 1864, Bd. 1, S. 11b, Sammlung Pulverer 262 EGUCHI NO KIMI Buchsbaum, die Figur aus Elfenbein wahrscheinlich später H. 3,6 cm 19. Jh. Die Kurtisane Eguchi no Kimi gilt als eine Inkarnation des Fugen bosatsu. Einer Überlieferung nach soll Saigyô hôshi (1118-1189) sie, um ein „Obdach für einen 78 Augenblick“ gebeten und dieses erhalten haben. Einer anderen Quelle nach ist Shoku shônin nach Eguchi gefahren, um dort entsprechend der Weisung eines Traums dem Bodhisattva zu begegnen. Dort sieht er Eguchi no Kimi, die sich, immer wenn er die Augen schließt, als Fugen präsentiert. 263 KIYOHIME Buchsbaum H. 3,9 cm Sign.: Masakazu Nagoya, 1. Hälfte 19. Jh. Aus Verzweiflung über ihre nicht erwiderte Liebe zu dem Mönch Anchin verfolgt Kiyohime diesen in den Dôjô-Tempel. Als sie entdeckt, daß Anchin sich unter einer Glocke versteckt hat, verwandelt sie sich in die Hexe Hannya und windet ihren Drachenkörper um deren Wandung. Mit einem T-förmigen Stab schlägt sie die Glocke solange, bis die Flammen, die aus ihrem Körper strömen, die Glocke schmelzen. Kiyohiome und Anchin verbrennen. Die Legende von Kiyohime ist Thema des berühmten Nô-Dramas Dôjôji. Die Wandung der Glocke ist in typischer Nagoya-Manier in sehr feinem Relief mit Regendrachen (amaryû) dekoriert. 264 YÔRÔ NO TAKI Elfenbein H. 4,2 cm Sign.: Masanao Osaka, 1. Hälfte 19. Jh. Der lachende Reisigsammler mit einer Sichel an seinem Gürtel und einem übergroßen Flaschenkürbis sitzt auf einem Bündel von Eichenzweigen, über denen ein Tuch liegt. Das Motiv illustriert die Legende des YôrôWasserfalls (Yôrô no taki). Als Kosagi seinen Vater nicht mehr mit Sake versorgen konnte, füllte er eines Tages seinen Flaschenkürbis mit Wasser des YôrôWasserfalls, welches die Götter aus Mitleid mit Kosagi in Sake verwandelten. Der Wasserfall wurde daraufhin Yôrô genannt, was als „Nahrungsmittel für das Alter“ übersetzt werden kann. Die Geschichte von Kosagi wird im Jikkinshô (Übersicht über die zehn Belehrungen), einer Anthologie von etwa 280 didaktischen Erzählungen über Vorbilder kindlicher Hingebung, die 1252 vollendet wurde, erzählt. Die Geschichte wurde später in dem Nô-Stück Yôrô verarbeitet. Der Gesichtsausdruck, insbesondere die Augen, die breite Nase und der lachende Mund sowie die Gravierung der Kleidermuster sind typisch für die Netsuke von Hidemasa. 265 WASÔBYÔE Elfenbein H. 7,1 cm Spätes 18. Jh. Auf den Schultern eines chinesischen Eremiten mit Blattumhang steht ein kleiner Chinese mit einem nicht zu identifizierenden Gegenstand (Dose, Schriftrolle oder Stoffballen). Aufgrund der Größenunterschiede der beiden Personen könnte es sich um eine Episode aus der Erzählung vom Typ kibyôshi über Shikaiya Wasôbyôe handeln. Der japanische Sinologe und Händler aus Nagasaki, der auf seinen abenteuerlichen Reisen das Land der Riesen erreicht hat, 79 steht auf der Schulter des Riesen Kochi und belehrt ihn aus einer Schriftrolle über das Land, aus dem er kommt. Ein Netsuke in der ehemaligen Sammlung Carré zeigt einen kleinen, bärtigen Chinesen, der auf dem Kopf eines riesigen sennin sitzt. Im Katalog wurde vermutet, daß es sich um Wasôbyôe und den Riesen Kochi aus der gleichnamigen Erzählung Wasôbyôe aus dem Jahr 1774 handelt. Doch der Stil des Carré-Netsuke spricht für eine frühere Datierung als das Erscheinungsjahr der Erzählung, womit diese Identifizierung anzuzweifeln ist (Eskenazi 1993, S. 76, Nr. 63). 266 ISHIKAWA GOEMON Elfenbein H. 4 cm Ca. 1820/1840 Der in hakama und kariginu gekleidete Mann schultert ein Schwert, von dem ein Wasserkessel (kama) hängt. Wahrscheinlich handelt es sich um Ishikawa Goemon aus dem späten 16. Jahrhundert, der aus einer Vasallen-Familie stammt, die dem Miyoshi-Clan unterstand. Als 16jähriger brach er in das Schatzhaus seines Herren ein, tötete drei Männer und stahl ein goldenes Schwert. Er wurde gefaßt und zum Tode durch Verbrühen verurteilt. Vor seinem Tode schrieb er ein später berühmt gewordenes Gedicht. Die Legende von Goemon wurde zum Thema von jôruri-Balladen und kabuki-Stücken. Die Strafe wurde kamaire (in den Kessel stecken) genannt. Der Kessel hier ist eine Anspielung auf seine Strafe. Die moralisierende Bedeutung dieses Netsuke ist unverkennbar. Abgeb. in: NKSJ, Bd. 13, Nr. 2 (Sommer 1993), S. 7-8 267 HELD MIT OCHSEN Elfenbein H. 3,7 cm Sign.: Minkoku 20. Jh. Ein Mann mit abgestreiftem Obergewand drückt einen Ochsen an seinen Hörnern nieder. Die Darstellung könnte eine Anspielung sein auf die Schlacht von Kurikara am Berg Tonamai. Hier besiegte Minamoto no Yoshinaka (1154-1184) im Jahr 1183 mit Hilfe einer Ochsenherde seinen Kontrahenten Taira no Koremori. Eine andere Identifizierung könnte aufgrund einer Darstellung in der Holzschnittserie Hochô Suikoden gôyû happyakunin no hitori (Achthundert Suikoden-Helden unseres Landes) von Utagawa Kuniyoshi, herausgegeben 1830 bis 1836, erfolgen. Hier wird Inuda Kobungo Yasunori mit einem riesigen Bullen ringend während des heute nicht mehr existenten Stierkampf-Festes in Nijû Koshigôri in der Provinz Echigo dargestellt. 268 JIRAYA Buchsbaum H. 3,3 cm Sign.: Masatami tô (rot eingefärbt) Nagoya, ca. 1850/1890 Das Motiv läßt sich sowohl als Jiraya als auch als Saginoike Heikurô deuten. Der Bandit und „japanische Robin Hood“ Ogata Shuma Hiroyuki, später bekannt als Jiraya, zählt zu den 108 Helden des Honchô 80 Suikoden von 1773, der japanischen Version des chinesischen Romans Shuihu zhuan (vgl. S. 43). Er ist auch Protagonist der Erzählung Jiraya setsuwa (Erzählung von Jiraya) (1803) von Kanwatei Onitake. Jiraya hatte im Auftrag des Krötengeistes die Armen und Schwachen zu beschützen und hierfür dessen magische Kräfte erhalten. Aber Jiraya hatte keine Macht über die Schlange. Im Laufe der Zeit lernte er ein Mädchen kennen, das vom Schneckengeist, dessen magische Kräfte größer waren als die der Schlange, unterrichtet worden war. Das Mädchen gab ihr Wissen an Jiraya weiter und so gelang es ihm, zunächst Orochimaru, den Sohn der Schlange, und schließlich den Schlangengeist selbst zu bezwingen. Unter den 108 japanischen Helden der Holzschnittserie Honchô Suikoden gôyû happyakunin no hitori (Achthundert Suikoden-Helden unseres Landes) befindet sich Saginoike Heikurô, ein Vasall des Kusunoki-Clans, der dargestellt wird, wie er mit einer riesigen Schlage am Hazama-See in Tondabayashi in der Provinz Kawachi kämpft. Kuniyoshi stellt ihn in seiner berühmten Holzschnittserie als muskulösen Helden dar, um den sich eine Schlange windet. Saginoike packt deren Maul an Ober- und Unterkiefer und versucht so, das Maul entzwei zu reißen. 269 ÔANAMUCHI NO MIKOTO Elfenbein, Augen des Vogels aus schwarzem Glas H. 4,2 cm Sign.: Kimitada 2. Hälfte 19. Jh. Die Identifizierung dieses seltenen Motivs basiert auf einem Holzschnitt von Utagawa Kuniyoshi aus der Serie Honchô Suikoden gôyû happyakunin no hitori (Achthundert Suikoden-Helden unseres Landes) herausgegeben zwischen 1830 und 1836. Der Held tötet einen riesigen Adler, der die Schiffe vor den Küsten Japans attackierte. 270 HELD Elfenbein H. 5,3 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die Figur gehört sicherlich in die Gruppe jener Protagonisten, die in der japanischen Version des Suikoden erscheinen und von den Holzschnittmeistern dargestellt wurden. Unter diesen gibt es Kashiwade no Omi Hadesu, der den koreanischen Tiger tötet, der seine Tochter verschlungen hat (vgl. Kat.-Nr. 239). 271 TSURIKITSUNE Elfenbein H. 6,2 cm Frühes 19. Jh. Hinter dem schlafenden Bauer mit einer Fuchsfalle, in der eine Ratte steckt, erscheint ein hämisch grinsender Fuchs im Priestergewand. Dies ist eine sehr erzählerische Illustration des kyôgen-Stückes Tsurikitsune (Die Fuchsfalle). Der Fuchs mit über seinen Kopf gezogener Kapuze und Wanderstab erscheint dem Jäger als Priester Hyakuzôsu und warnt ihn davor, Füchse zu fangen, da diese sich in Menschen verwandeln und sich dann an ihren Verfolgern rächen. In der Regel wird der Fuchs alleine dargestellt. 81 272 FUCHS ALS HYAKUZÔSU Elfenbein H. 5,2 cm 1. Hälfte 19. Jh. Der Fuchs, der sich in den Priester Hyakuzôsu verwandelt hat, ist in typischem Gewand und mit Bambusstock dargestellt. 273 FUCHS ALS HYAKUZÔSU Buchsbaum und Elfenbein H. 6 cm 19. Jh. In dieser seltenen Darstellung aus Holz schaut nur der Kopf aus der Mönchskutte hervor. 274 SHITAKIRI SUZUME Elfenbein H. 2 cm; L. 3,3 cm Sign.: Naoaki Spätes 19. Jh. In dem Märchen Shitakiri suzume (Der Spatz mit der abgeschnittenen Zunge) spaltet die böse Nachbarin Arababa mit einer Schere die Zunge des Spatzen Bidori, weil er von der zum Trocknen hingestellten Stärkepaste genascht hat. In Anlehnung an diese Erzählung wird hier ein alter Mann mit Schere auf einem überdimensional großen Spatz dargestellt. 275 SHITAKIRI SUZUME Elfenbein H. 3,9 cm Sign.: Rakumin Tokyo, ca. 1870/1890 Die böse Arababa wurde von dem Spatz, dem sie die Zunge gespalten hat, vor die Wahl gestellt, sich einen von zwei Körben auszusuchen. Sie wählte den größeren und schwereren. Bereits auf dem Nachhauseweg öffnet sie neugierig den Korb. Es trat eine Gruppe von Geistern hervor, hier dargestellt durch das dreiäugige Gespenst Mitsume Kozô, ein einäugiges Kind und einen einhörnigen oni. 276 MOMOTARÔ UND SEINE FREUNDE Manjû-Netsuke Elfenbein, Einlagen aus Horn und Perlmutter sowie Lack H. 3,8 cm; L. 2,5 cm Sign. auf Perlmutterplättchen: Shibayama saku Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Auf der Schauseite dieses pfirsichkernförmigen manjû sind in reliefierter Einlage ein Affe und ein Fasan, auf der Rückseite ein Hund aus Perlmutter zu sehen. Innen ist ein Knabe in hellem Elfenbein dargestellt, dessen vor der Brust zusammengelegte Hände die Öse für die Schnurführung bilden. In der anderen Kernhälfte sind ein Schwert und ein Fächer mit Pfirsichzweig in Gold eingefärbter Gravur zu sehen. Das manjû ist sehr ungewöhnlich und stellt Momotarô (wörtlich: Pfirsichknabe) und seine Freunde aus der Tierwelt dar. 277 HANASAKA JIJII Elfenbein H. 3,8 cm Sign.: Kinsai Edo, ca. 1840/1860 82 Der arme Bauer aus dem Märchen vom alten Mann, der abgestorbene Bäume zum Blühen bringen kann (Hanasaka Jijii), wird von seinem Hund Shiro zu einer Stelle geführt, wo er einen Schatz findet. Die Standfläche wird durch Goldmünzen (koban) gebildet. Auf der Unterseite ist eine von ihnen Tenpô-tsuhô (tsuhô aus der Ära Tenpo, 1830-1844) beschriftet, während auf einer anderen die Schriftzeichen tôhyaku (genau einhundert) und das kaô des Schatzmeisters Tadakuni (Davey 1974, S. 115) zu erkennen sind. 278 HANASAKA JIJII Elfenbein H. 4,2 cm Sign.: Ryûraku Edo/Tokyo, Mitte/2. Hälfte 19. Jh. Dargestellt ist das letzte Kapitel des Märchens Hanasaka Jijii. Der Alte sitzt auf dem Stumpf eines Pflaumenbaums, während er aus einem Korb die Asche des gefällten Baumes verstreut, um ihn wieder zum austreiben zu bringen. Wegen dieser wunderbaren Fähigkeit, verdorrte Bäume zum Blühen zu bringen, wurde Jijii berühmt. Er reiste durch ganz Japan und erhielt Geschenke, die ihm von seinen Nachbarn geneidet wurden. Darstellungen des Hanasaka Jijii wurden meist in Holz und noch häufiger aus gepreßtem und farbig lackiertem Horn gefertigt. KINTARÔ Über ihn gibt es zahlreiche Legenden. Einer Überlieferung nach war Kintarô (wörtlich: Gold-Knabe) der Jugendname von Sakata Kaidômaru, Sohn des Sakata Kurando, einem Leibwächter des Kaisers Suzaku (reg. 923-952) und seiner Gelieb- ten Yaegiri. Nach dessen Selbstmord und Beerdigung geht Yaegiri in die AshigaraBerge, gebärt dort ihren Sohn und verläßt ihn. Das Kind wird von Yamauba (wörtlich: Berg-Amme, oder Alte Frau der Berge), einer Genien-Frau, die in der Wildnis lebt, gefunden und großgezogen. Kintarô besaß ungewöhnliche physische Stärke, kämpfte mit den Tieren des Waldes und machte sie zu seinen Freunden. Mit einer Axt, die zu seinem Attribut wurde, fällte er Bäume, um für seine Ziehmutter Brennholz zu schlagen. Als Minamoto Yorimitsu (944-1021) mit seinen Gefolgsleuten jagend durch die Ashigara-Wälder zog, entdeckte er Kintarô, erkennt sein Potential zum Krieger und nimmt ihn in seinen Dienst auf. Er verlieh ihm den Namen Kintoki. Kintarô wird als feister fünf- bis sechsjähriger Knabe, oft nackt, mit roter oder pink-farbener Haut und buschigem Haarschopf in Begleitung seiner Freunde, dem Bär, Hasen und Affen, dargestellt. Er gilt als Inbegriff von Stärke, Unverdorbenheit und Gesundheit und ist daher bis heute Vorbild und Idol der japanischen Knaben. 279 KINTARÔ UND AFFE Elfenbein H. 3,4 cm Sign.: Nobuyoshi 19. Jh. 280 KINTARÔ UND YAMAUBA Elfenbein H. 3,8 cm; L. 3,8 cm Sign.: Gyokuhôsai Edo/Tokyo, ca. 1850/1870 83 Kintarô kauert über der Klinge seiner Axt, den Kopf auf das Knie seiner Mutter gelegt, die ihm eine runde Stelle auf dem Kopf rasiert. Im Hintergrund ist ein Hase zu erkennen, der einen Schiedsrichterstab hält. 281 KINTARÔ UND YAMAUBA Manjû-Netsuke Elfenbein Ø 4,2 cm Sign.: Kikugawa Edo, ca. 1840/1870 Die Bergfrau stillt den kräftigen Knaben. Dahinter ist eine Spielzeug-Trommel (batabata) mit einem in Koralle eingelegten Klopfer (an den originalen Stücken aus einer Bohne bestehend) dargestellt. Auf der Rückseite erscheinen eine Taube, Bambus (?) und ein Schmetterling. Der Dekor dieses manjû ist in versenktem Relief ausgeführt, wie es für die KikugawaSchnitzer typisch ist . 282 SANJIN Elfenbein H. 3,3 cm Sign.: Yukimasa Gifu, ca. 1970 In einer Sake-Schale sitzen die drei Repräsentaten der Langlebigkeit: Urashima Tarô mit einem geschlossenen Kasten und einer Schildkröte (minogame), der Krieger Miura no Ôsuke mit einem Fächer und der chinesische Unsterbliche Tôbôsaku mit einem Pfirsich. Dieses Motiv ist im Takarabukuro (Nr. 160) von 1837 erwähnt. Die ausnahmsweise ausführliche Beschreibung trifft in vielen Punkten auf das vorliegende Netsuke zu. Möglicherweise kopierte Yukimasa hier ein altes Netsuke des Ôhara Mitsuhiro. 283 BUNBUKU CHAGAMA Narwalzahn, Deckel aus Kirschholz H. 2,5 cm; Ø 2,1 cm 2. Hälfte 19. Jh. Das Märchen Bunbuku chagama (Der verzauberte Teekessel) erzählt von dem chagama (Wasserkessel), der sich in einen tanuki verwandelt. Ein Priester verkaufte einem Kesselflicker den chagama. Als dieser die magischen Kräfte des Kessels entdeckt, zieht er durchs Land und verdient viel Geld. Die Wandung des chagama ist als Körper des tanuki gestaltet. 284 BUNBUKU CHAGAMA Buchsbaum H. 3,7 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlungen Krail, Franckel und Franz Weber Diese Darstellung zeigt eine ungewöhnliche Interpretation des Märchens Bunbuku chagama. Die Gestalt des Tieres ist bereits vollständig zu erkennen. Auf dem Rücken befindet sich der Wasserkessel mit gewölbtem Deckel. Das Gewicht des eisernen Kessels scheint das Tier niederzudrücken. Abgeb. in: Netsuke, Bd. 1 (1960), Nr. 8, S. 6 285 UBUME Buchsbaum H. 5,6 cm Sign.: Deme Uman 2. Hälfte 18. Jh. 84 Ehemalige Sammlungen Brockhaus Behrens und Die alte Frau aus der Unterwelt, Ubume, mit Fangzähnen, Hörnern und Klauenhänden, ist der Geist einer Frau, die im Kindbett gestorben ist. Sie erscheint Passanten, denen sie ihr Kind überläßt. Dieses wird in deren Armen immer schwerer, bis es als Stein zu Boden fällt. Abgeb. in: Joly 1912, Tafel LIV, Nr. 4263 286 GESPENST Buchsbaum, Pupillen des Kindes aus Horn H. 5,3 cm Sign.: Yôsui 19. Jh. Das fußlose Gespenst stellt eine Mutter dar, die ihr einäugiges Kind aus dem Höllenfeuer trägt. Die Darstellung ist eine Parabel dafür, daß Mutterschaft immer gleich ist, ob auf Erden oder in der Hölle. 287 GESPENST Holz, Augen aus weißem Material H. 8 cm 20. Jh. Die körperlose Gestalt ist schraubenförmig gedreht. Aus der Kutte schaut ein schreckliches, zerfurchtes Gesicht. O Iwa ist das Thema des berühmten kabuki-Dramas Yotsuya kaidan (Die YotsuyaGeistergeschichte), 1825 im Nakamuraza in Edo erstmalig aufgeführt. Tamiya Iemon, der seine Frau ermordete, um die Tochter eines reichen Nachbars zu heiraten, wird vom Geist seiner Frau verfolgt. Überall erscheint ihm ihr von Flammen umlodertes Gesicht, so auch in einer Laterne, deren Papier von den Flammen verzehrt wird. Auf der Laterne bzw. über der Stirn steht das Sanskrit-Zeichen (bonji) für Tod geschrieben. Auf der Rückseite stehen in der ersten Zeile die buddhistische Anrufung „Nanmu Amida butsu“ und in einer zweiten Zeile die Schriftzeichen zokumyô Iwa jo (Laienname Frau Iwa). Das Thema wurde oft von Holzschnittmeistern illustriert. Die berühmteste Darstellung ist die des Hokusai in der Serie Hyaku monagatari (Hundert Geistergeschichten, ca. 1831). Die Darstellung dieser Laterne und der Schriftzug sind eine ziemlich genaue Kopie nach der Holzschnittvorlage. Dieses Motiv wurde wohl erstmals von Ôhara Mitsuhiro in der Mitte des 19. Jahrhunderts (Lazarick 1982, S. 779) und Akitoshi (spätes 19. Jh.) (Lazarnick 1982, S. 779) geschnitzt. Abb. 17: Katsushika Hokusai (1760-1849), Das Gespenst von O Iwa, Blatt aus der Serie Hyaku monogatari, chûban, ca. 1831. Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Inv.-Nr. I.E. 1900.36 288 GESPENST DER O IWA Elfenbein H. 4,6 cm Sign.: Ryugi Spätes 19. Jh. 85 Stände und Berufe Die Gesellschaft der Edo-Zeit war seit dem Ende des 16. Jahrhunderts entsprechend der chinesischen, konfuzianischen Klassenordnung in vier Stände (shinôkôshô) unterteilt: Krieger, Bauern, Handwerker und Kaufleute. Aus der Kriegerklasse (Samurai-Klasse) rekrutierten sich Ärzte, Gelehrte, Wissenschaftler und Teemeister. Die nächstbedeutende Klasse stellten die Bauern dar, zu denen auch die Fischer zählten, da sie für den Unterhalt des Hof- und Schwertadels arbeiteten. Sie wurden als heimin (gewöhnliche Leute) eingestuft. Die Bauern, oft mit Sichel oder Spaten dargestellt, wurden gerne beim Schlafen oder Pfeife rauchend beim Rasten gezeigt. Die Fischer waren an ihrem typischen Bastrock bzw. Lendenschurz erkennbar. Handwerker (shokunin) und Kaufleute (shônin) bildeten die Gruppe der chônin, der Städter. Sie waren es, die Netsuke trugen, und daher lag es nahe, daß Themen aus ihrem Alltag unter den Netsuke einen breiten Raum einnahmen. Unter den Handwerker-Netsuke befinden sich Hersteller von Mühlsteinen, Sandalen, Hüten, Statuen, Fächern, Masken und vielem mehr. Darstellungen von Kaufleuten hingegen sind bei weitem seltener. Sehr beliebt waren die Darstellungen von Berufen, die sich für eine humoristische und groteske Interpretation eigneten. Bei den Blinden, die häufig als Masseure arbeiteten, haben die körperlichen Verrenkungen und die verzerrten Gesichter die Schnitzer seit ca. 1800 besonders angeregt. Blinde wurden gerne in Situationen dargestellt, die beim Betrachter Schadenfreude hervorriefen, ebenso wie die Rattenfänger. Ein ungewöhnlicher Beruf war der des Eierprüfers, der die Schalen auf ihre Unversehrtheit hin begutachtete und angeblich die Frische der Eier anhand ihrer Durchsichtigkeit feststellen konnte. Den absurdesten Beruf übte jedoch der professionelle Nieser aus. Blinde, Rattenfänger, Eierprüfer und Niesende wurden bevorzugt von den Schnitzern in Edo gefertigt. Miwa scheint diese Tradition gegründet zu haben, Jugyoku und Ryûkei setzten sie fort. Zu den Berufen sollen hier auch die Tänzer und Unterhalter gezählt werden. Unter den höfischen bugakuTänzern waren unter den Netsuke Ranryôô und Bato beliebt und bei den NôTänzern ist die Bühnengestalt des shôjô besonders häufig. Auf dem Land gab es Tänze und Pantomimen, die in Zusammenhang mit dem Kreislauf der Natur, der Aussaat, Ernte und dem Fruchtbarkeitskult standen. Auch sie waren gelegentlich ein Netsuke-Sujet. Das Hauptinteresse der Netsuke-Schnitzer aber galt den kadozuke geijin, Musikanten, Tänzern und Unterhaltern, die durch die Straßen zogen: der manzai-Tänzer mit seinem begleitenden Trommler, die shishimai-Tänzer, der Affengaukler (sarumawashi), der Puppenspieler (ayatsuri), der Akrobat und der Geschichtenerzähler (kodanshi oder rakugoka). 289 BUGAKU-TÄNZER Nadelholz, polychrom gefaßt H. 7 cm 18. Jh. 86 Ehemalige Sammlung Wohlthat Der Tänzer in der Rolle des Bato stellt einen nord-chinesischen Barbaren dar, der aus Freude darüber, den Tod seines Vaters gerächt zu haben, tanzt. Er trägt eine Kopfbedeckung, die der eines tibetischen Lama gleicht, eine furchterregende Maske und einen kurzen Stab. 290 SCHMETTERLINGSTÄNZERIN Elfenbein, mit grünen und schwarzen Einlagen an den Flügeln und Diadem H. 4,2 cm Spätes 19./frühes 20. Jh. Die Tänzerin schlägt eine sanduhrförmige Trommel (kotsuzumi). Am Rücken trägt sie die großen Flügel eines Schmetterlings. Das himotôshi verläuft unterhalb des kleineren Flügelpaares. Der Schmetterlingstanz (kochô no mai) wurde bei Festlichkeiten von Kindern in bunten Kostümen am japanischen Kaiserhof aufgeführt. Erstmalig tanzte ihn angeblich Pan Fei, eine berühmte chinesische Tänzerin. 291 TÄNZERIN Buchsbaum, polychrom gefaßt H. 5,3 cm Sign.: Shin'ichi Mitte 19. Jh. Ehemalige Sammlung David Die Tänzerin trägt einen hohen eboshi, ein weißes Gewand, rote hakama und einen Fächer. Es kann sich hier sowohl um den shizukamai als auch um den shirabyôshiTanz handeln. Im ersten wird Shizuka, die Geliebte des Minamoto Yoshitsune, personifiziert, die zum Klang einer Trommel tanzt. Shirabyôshi hingegen ist ein Tanz, aufgeführt von jungen Frauen, die von Stadt zu Stadt und Burg zu Burg zogen. Im Mittelalter waren es Schamanninen, später hochgeschätzte Kurtisanen. Ihr Attribut sind zwei Schwerter, die jedoch hier nicht zu sehen sind. Die Art wie das Holz farbig gefaßt ist, vor allem die rosafarbenen Umrandungen der Wolkenmuster und die feinen goldenen Muster der roten Hosen gehören zum Dekorrepertoir des Shûzan. 292 FUCHSTÄNZER Buchsbaum H. 4,1 cm Mitte 19. Jh. Ein Tänzer mit großer Fuchsmaske und langen Haaren hält ein gefülltes Reismaß (masu) und steigt über einen bäuchlings liegenden Mann. Das Reismaß ist ein Hinweis darauf, daß der Fuchs den Boten des Reisgottes Inari personifiziert. Dieses Thema könnte aus einem kyôgen stammen. NÔ Das Nô ist Japans klassisches Drama, das sich im 14. Jahrhundert aus einer Vielfalt sakraler Rituale, Tänze und Unterhaltungsdarbietungen entwickelte. Im Nô treten nur männliche Schauspieler auf, sie tragen Masken und prächtige Gewänder und werden von einem Orchester und Rezitatoren begleitet. Die Inhalte der zahlreichen Stücke basieren zum Teil auf allgemein bekannten Legenden. Darstellungen von Nô-Schauspielern und Bühnenszenen waren in der Holzschnittkunst in der Meiji-Zeit beliebt. 87 293 SANBASÔ-TÄNZER Pottwahlzahn H. 4,3 cm Sign.: Jugyoku Edo, Mitte 19. Jh. Die Figur steht in tänzerischer Pose auf einem Bein. Die Maske mit weißem Bart, der Faltfächer mit Dekor des Fuji-Berges und der Schellenbaum (suzu) mit beweglichen Kugeln identifizieren den Tänzer als sanbasô (wörtlich: dritter, alter Mann). Die Kiefernschößlinge als Dekor des Gewandes sind Hinweis auf Neujahr. Der sanbasô tritt im okina-Spiel auf, das als Einleitung zu einem vollständigen NôProgramm zu Neujahr oder anderen festlichen Anlässen aufgeführt wird. 294 NÔ-TÄNZER Buchsbaum H. 4 cm Mitte 19. Jh. Der große Faltfächer, der Bewegung und Gestik unterstreicht, ist das Standardrequisit eines Nô-Tänzers. Die langen Haare reichen am Rücken fast bis zum Boden. mit Mustern von Phönix, Chrysanthemen, Blütenmedaillons und Wellen wird in sorgfältigem Goldstreulack wiedergegeben. Der über den Kopf gehaltene Fächer ist eine Ergänzung. 296 NÔ-TÄNZER: SHÔJÔ Buchsbaum, die Socken aus Elfenbein H. 4,5 cm Sign. auf eingelassenem Perlmutterplättchen mit Siegelschriftzeichen 2. Hälfte 19. Jh. Der Schauspieler trägt eine jugendliche Maske, eine Perücke mit langen, über Schultern und Rücken fallenden Haaren und einen geöffneten Faltfächer. Das Gewand ist mit Chrysanthemen geschmückt, die hakama mit einem für die Shôjô-Rolle typischen Wellenmuster. 297 NÔ-TÄNZER: SHÔJÔ Gepreßtes Horn, Lack, makie und kirikane H. 4,2 cm Spätes 19. Jh. 295 NÔ-TÄNZER: SHÔJÔ Buchsbaum und verschiedene Lacktechniken H. 4,3 cm Sign. in Schwarzlack: Issai Wahrscheinlich Tokyo, ca. 1870/1900 Rote Haarperücke und orangerote Maske weisen den Tänzer als shôjô aus. Das stilisierte Wellenmuster (seigaiha) auf seiner Weste ist eine Anspielung auf den Wein. In der Hand hält der Tänzer eine Schöpfkelle. Die Figur wurde in ein Model gepreßt und dick mit Lack überfangen. An einigen Stellen sind an den Seiten feine Risse im Lack Hinweis auf die Gußnaht darunter. Der Tänzer in der Hauptrolle des Shôjô in dem gleichnamigen Nô-Stück ist an seinen langen, roten Haaren und der roten Maske zu erkennen. Die Pracht des Nô-Gewandes Manzai-Tänzer und saizô Der manzai-Tänzer gehört seit alters her zu den von Haus zu Haus ziehenden Neujahrsunterhaltern. Er ist in höfische Ge88 wänder und Pumphosen gekleidet und trägt entweder eine kleine Kappe oder einen hohen eboshi sowie einen Fächer, mit dem er das Glück herbeiwinkt bzw. ins Haus fächert. Er führt den manzairaku (Zehntausend Jahre-Wohlergehen)Tanz auf und singt freche Liedchen, die von manzai-Rufen unterbrochen werden. Dieser Begriff gab dem Tänzer seinen Namen. Er wird von einem Trommler (saizô) begleitet, der eine sanduhrförmige Trommel (kotsuzumi) schlägt. Dieser trägt ebenfalls höfische Kleidung mit Mustern, die glückverheißende Embleme des Neujahrs sind, und einen flachen eboshi. 298 MANZAI-TÄNZER Elfenbein H. 3 cm Sign.: Gyokuhôsai Ca. 1850/1860 Der Tänzer, zu erkennen an seinem eboshi und dem mit Kiefernschößlingen gemusterten Gewand, ist hier sitzend dargestellt. Auf dem Fächer ist das Motiv eines flammenden Wunschjuwels (hôju oder tama) graviert. 299 TROMMLER Nilpferdzahn (?) H. 3,4 cm Sign: Sôtoku Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Der kniende Trommler (saizô) schlägt eine kotsuzumi. Der Dekor eines Kranichs mit ausgebreiteten Schwingen auf seinem Rücken ist Hinweis auf die Neujahrszeit. Das kikkô (Schildkrötenpanzer)-Muster auf dem Gewand deutet auf die Schildkröte, Symbol des langen Lebens, und ist zusammen mit dem Kranich eine Anspielung auf das hôrai-Motiv. 300 TROMMLER Elfenbein H. 5,1 cm Edo, Mitte 19. Jh. Der Trommler mit Strohhut auf dem Rücken schlägt die kotsuzumi mit zwei Schlegeln und bewegt sich im Rhythmus der Schläge. Das Netsuke ist wegen der einfachen Kleidung und des fehlenden eboshi eine atypische Darstellung des saizô. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10 DER LÖWENTANZ Der aus China eingeführte Löwentanz (shishimai) gehört zu den beliebtesten Straßentänzen in der Neujahrszeit, da gemäß dem Aberglauben der Löwe die Fähigkeit besitzt, das Böse zu erschrecken. Ein Tänzer, der eine große, hölzerne Löwenmaske mit beweglichem Unterkiefer aufgesetzt hat, und ein zweiter Mann, der unter dem großen Tuch das Hinterteil des Tieres bildet, ziehen unter abrupten, nach rechts und links hüpfenden Bewegungen durch die Straßen. Sie werden begleitet von Trommel- und Flötenmusik. Auch gab es den Löwentänzer, der sich selber auf der Trommel begleitete. 89 301 LÖWEN-TÄNZER Elfenbein, Mundwinkel rot eingefärbt H. 3,8 cm Sign.: Hômin und kaô Edo/Tokyo, ca. 1850/1880 Hinter einem Tänzer mit übergestülpter shishi-Maske steht ein Kind, das unter dem Maskentuch hervorschaut. 302 LÖWEN-TÄNZER MIT TROMMEL Elfenbein, Noppen aus schwarzbraunem Horn H. 4,3 cm Sign.: Masakazu 1. Hälfte 19. Jh. Der stehende Mann mit großer LöwenMaske hat eine Trommel mit dreifachem Komma (mitsutomoe)-Motiv auf der Bespannung vor den Bauch gebunden, die er mit beiden Händen schlägt. Das Tuch der Maske hat er in der Art eines Schals um den Hals geschlagen. 303 LÖWEN-TÄNZER Kagamibuta-Netsuke Platte aus shibuichi mit farbigen Einlagen, Kapsel aus Elfenbein L. 5,7 cm 2. Hälfte 19. Jh. In kräftigem, farbigem Relief ist ein Tänzer mit Maske vor dem Gesicht dargestellt, der auf dem Rücken eine große Maske für den shishimai trägt. In der Rechten hält er einen geschlossenen Faltfächer. Zwei Spitzen eines Kiefernschößlings sind ein Hinweis auf Neujahr. Auf der Unterseite befinden sich das hiragana-Zeichen wa und das chi- nesische Schriftzeichen san, für die es keine Erklärung gibt. 304 LÖWEN-TÄNZER MIT TROMMEL Buchsbaum, Augen aus Glas H. 3,5 cm Sign.: Shûzan und kaô Edo, 1. Hälfte 19. Jh. Im geöffneten Maul der shishi-Maske ist das Gesicht eines Knaben zu sehen, der mit zwei Schlegeln eine flache Trommel (shimedaiko) schlägt. Das Maskentuch umhüllt den ganzen Körper und gibt dem Stück eine kompakte Form. Shûzan hat dieses Thema häufiger gefertigt. Eine technische Leistung bei diesem Netsuke-Typus, der möglicherweise auf Miwa zurückgeht, sind die aus Glas eingelegten Augen des Kindes. DER AFFENGAUKLER Der Affengaukler (sarumawashi, wörtlich: Affen-Dreher) gehörte zu den Straßenunterhaltern, die in der Neujahrszeit ihre Affen nach Art eines manzai- oder sanbasô-Tänzers kleideten, um deren Tänze von den Tieren nachahmen zu lassen. Die Sitte, Affen zu dressieren und sie zur Belustigung der Bevölkerung durch die Straßen zu führen, ist erstmals für das 8. Jahrhundert belegt. In späterer Zeit war es den Affengauklern erlaubt, in die Residenzen der Samurai zu gehen, um dort die Pferde mit ihren Affen wachzuhalten oder zu Neujahr die Affen vor den Pferdeställen tanzen zu lassen. Es heißt, Spione verkleideten sich als sarumawashi und erhielten so Zugang in die shogunalen und fürstlichen Residenzen. 90 Ein Grund für die Beliebtheit der sarumawashi-Darstellung könnte auch sein, daß die Affen-Vorführungen eine Möglichkeit boten, mit einem Minimum an Verkleidung Adel (kuge) und Samurai zu parodieren. 305 SARUMAWASHI Elfenbein H. 7,2 cm 18. Jh. Der sarumawashi steht in üblichem Habitus mit steifer Kappe, vor den Bauch gebundenem Futterkorb und um die Schultern gebundenem furoshiki, auf dem ein Äffchen sitzt. Das Stück mit sehr schöner Patina läßt die dreieckige Segmentform, die aus dem Stoßzahn geschnitten wurde, gut erkennen. 306 SARUMAWASHI Elfenbein H. 2,8 cm; L. 4,7 cm Spätes 18. Jh. Dieses Modell eines sich ausruhenden Affengauklers ist in großer Zahl hergestellt worden. Hier sitzt das Äffchen auf dem Bündel des Gauklers. 307 SARUMAWASHI Elfenbein H. 2,2 cm; L. 4,1 cm Spätes 18. Jh. Während der sarumawashi sich buchstäblich aufs Ohr legt, macht sein munteres Affenweibchen, denn nur diese konnten dressiert werden, sich an seinem Korb zu schaffen. 308 SARUMAWASHI Elfenbein H. 6,4 cm Aufschrift: Tomotada 19. Jh. Zwar ist dieser sarumawashi mit seinen typischen Attributen wiedergegeben, doch weicht er von den stereotypen Darstellungen ab. Das Äffchen zieht sich an der ärmellosen Weste hoch. SUZUME ODORI Der Spatzentanz war auf dem Land weit verbreitet. Die Tänzer imitierten das nervöse Hüpfen und die unberechenbaren Bewegungen der Spatzen. Hierbei machten sie allerlei komische Verrenkungen. Diese inspirierten Hokusai dazu, sie in seinem Werk Hokusai manga zu illustrieren. Der Spatzentänzer ist unter den Netsuke an seinem großen Hut und der kurzen Jacke mit weiten Ärmeln, die die Flügel des Vogels darstellen, zu erkennen. 309 SPATZENTÄNZER Elfenbein H. 7,3 cm 2. Hälfte 18. Jh. Der Tänzer aus dem bäuerlichen Milieu trägt einen großen Hut mit dickem Band, eine Jacke mit hochgekrempelten Ärmeln und kurzen Schurz mit Blütendekor. Dieses Motiv wird, wohl auf Bushell zurückgehend, auch als Lastenträger (kumo91 suke) bezeichnet. Da sie kein festes Zuhause hatten, führten sie ein unkonventionelles Leben und wurden daher oft in ausgelassener Stimmung tanzend dargestellt (Goodall 2003, S. 406). 310 SPATZENTÄNZER Elfenbein H. 6,4 cm Frühes 19. Jh. Der Tänzer steht mit zur Faust geballten Händen, eine typische Geste, in beschwingter Haltung auf einem Bein. Sein Schurz ist mit einem großen shishi-Kopf geschmückt. Den Rücken der Weste ziert ein Wappen (mon) in der Art eines von oben gesehenen, stilisierten Glücksspatzens (fukura suzume). Dieser Dekor widerlegt die obige Identifizierung als kumosuke. 311 SPATZENTÄNZER Buchsbaum H. 3 cm; L. 5,3 cm 19. Jh. Der Spatzentänzer sitzt in Grätsche und berührt mit seinen Händen die Fußspitzen. Unter den 33 Darstellungen von Spatzentänzern in Hokusai manga ist diese Haltung nicht vertreten. 312 TANZENDER YAMABUSHI Holz H. 5,6 cm Mitte 19. Jh. Der yamabushi, nur in einen Bastschurz gekleidet und mit einem hachimaki um den Kopf, steht in tänzerischer Pose und hält mit seiner Rechten die Spitze eines shakujô (Mönchsstab) und in seiner Linken einen geöffneten Faltfächer. Nach den Frühjahrs- und Herbstexerzitien kamen die yamabushi im tiefen Winter von den Bergen herab in die Täler, wo sie in den Ortschaften für ein Almosen Reinigungsrituale vollzogen, in dem sie ihre entblößten Oberkörper mit eiskaltem Wasser überschütteten (kangori). Die Identifizierung dieses Netsuke-Sujets basiert auf dem Ehon otogi shina kagami, einem Buch über Sitten und Bräuche in Osaka aus dem Jahr 1730. 313 HARUGOMA-TÄNZER Elfenbein H. 7,1 cm Frühes 19. Jh. Einer der Tänze, die in der Neujahrszeit stattfinden, war der harugoma (wörtlich: Frühlingspferd). Der Straßenunterhalter hält einen hölzernen Pferdekopf und wird von taiko und shamisen-Musik begleitet. Der Tanz wird auf dem Land sowie in den Städten nach dem Daikoku-Tanz am 7. Tag des neuen Jahres aufgeführt. 314 TÄNZER Buchsbaum H. 4,8 cm 1. Hälfte 19. Jh. Der Mann aus dem bäuerlichen Milieu steht in tänzerischer Pose auf einem Bein. Die Schultern sind hochgezogen, der Kopf verschwindet fast ganz in dem V-förmigen Ausschnitt seiner Jacke und die Hände sind so tief in die Ärmel gesteckt, daß sie nicht zu sehen sind. 92 Es ist nicht möglich, den Tanz zu identifizieren. Die komische Körperhaltung, die Haartracht und der kecke Knoten des Gürtels am Rücken geben dem Stück seinen besonderen Charme. 315 POSSENREIßER Elfenbein H. 7 cm Frühes 19. Jh. Wahrscheinlich ist hier ein Spaßmacher und Possenreißer (taikomochi) dargestellt. Die Rechte ist im weiten, langen Ärmel der Jacke (haori) versteckt. 316 GESCHICHTENERZÄHLER ODER REZITATOR Elfenbein H. 4 cm 2. Hälfte 19. Jh. Der Geschichtenerzähler (kôdanshi) oder Balladenrezitator (jôruri-tayû) liest aus einem aufgeschlagenen Manuskript, wahrscheinlich handelt es sich um eine der zahlreichen historischen Romanzen oder Tatsachenberichte. Unabdingbares Requisit der Geschichtenerzähler ist der Fächer, mit dem er gestikuliert und wichtige Szenen untermalt. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 385, Abb. 15 317 PUPPENSPIELER Holz, farbig bemalt H. 5 cm Sign.: Shûzan Mitte/2. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Der Mann mit typischer Kappe eines Straßenunterhalters trägt einen großen, vor den Bauch gebundenen Kasten mit Stülpdeckel, der von einem roten Tuch bedeckt wird, auf dem ein langes Tier mit kleinen Ohren sitzt. Das Gewand zeigt die für Shûzan typischen Wolkenmuster. Dargestellt ist hier ein umherziehender Puppenspieler (kairaishi). Diese führten einen Kasten mit sich, der ihnen als Bühne diente. In seinem Inneren befanden sich die Marionetten. Ein dressiertes Wiesel, das auf dem Kasten liegt, springt zu einem bestimmten Zeitpunkt der musikalischen Begleitung ins Publikum. 318 SEIFENBLÄSER Elfenbein H. 5,6 cm Sign.: Seizan Spätes 19. Jh. Der Schausteller mit umgebundenem Seifenlaugebottich erzeugt mit einem Strohhalm Seifenblasen, von denen zwei auf seinem Schirm gelandet sind. Auf dem Schirm sind die Schriftzeichen marutama (runde Juwelen) geschrieben. Das okimono-hafte Stück ist gutes Beispiel für eine späte, für den Export hergestellte Arbeit. 319 KRANICHTÄNZER Buchsbaum mit negoro-Lackfassung und makie H. 6 cm Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Der Schausteller steht auf einem Bein. Er beugt sich vor und hat seine Jacke (haori) 93 teilweise über den Kopf gezogen. Der so umhüllte Körper bildet den Leib des Vogels. Der linke Arm ist in der Art eines sich reckenden Halses hoch gestreckt und der mit Griff nach unten gehaltene Fächer stellt den langen Schnabel dar. Die Tänzer standen hinter einem beleuchteten Papierstellschirm. So waren für die Zuschauer nur die sich abzeichnenden Schatten sichtbar. Ein Kranichtänzer-Netsuke wird bereits in der Aufstellung der vor 1818 zusammengetragenen Netsuke-Sammlung von Matsura Seizan (1760-1841), daimyô von Hirado, erwähnt. 320 TÄNZER Buchsbaum mit negoro-Lackfassung und wenig Gold-makie H. 5,1 cm 19. Jh. Der Unterhalter (hôkan) ist in tänzerischer Pose mit Faltfächer dargestellt. Er trägt über dem langen Gewand (kosode) die formelle Weste (kariginu). Durch die Tanzbewegung ist die Kleidung von der linken Schulter geglitten. Wegen des kariginu und der eigentümlichen Kopfform könnte es sich hier um Fukusuke handeln. Dieses Motiv ist unter den volkstümlichen negoro-Lack-Netsuke sehr häufig. 321 GESCHICHTENERZÄHLER Buchsbaum mit negoro-Lackfassung und makie H. 4,1 cm 19. Jh. Bei dem Mann mit Faltfächer handelt es sich möglicherweise um einen Geschichtenerzähler. Das Netsuke ist ein typisches Beispiel für die volkstümlichen negoro-Lack-Netsuke, die in großer Zahl hergestellt wurden. 322 AKROBAT Buchsbaum mit negoro-Lackfassung H. 4,2 cm 1. Hälfte 19. Jh. Zu den zahlreichen Unterhaltern auf den Straßen der Großstädte gehörten die Akrobaten. Mit unglaublicher Gelenkigkeit stellt dieser hier die Füße auf seinen Kopf. 323 KASHIMA NO KOTOBURE Buchsbaum H. 7,3 cm Frühes 19. Jh. Der Wahrsager (kotobure), ein seltenes Thema, ist als Shinto-Priester gekleidet. Der Stab mit anhängenden Papierstreifen (gohei), der am Rücken in den Gürtel gesteckt ist, symbolisiert den Gott Kashima daimyôjin. Im Frühling zieht er von der Provinz Hitachi aus durch das Land und macht durch das Schlagen der Zimbeln auf sich aufmerksam. Gegen eine kleine Gabe macht er Voraussagungen. DAS SUMÔ Der Sumô genannte Ringkampf, der noch heute rituelle Elemente aufweist, hat seinen Ursprung in Japans Frühgeschichte. Von Beginn an stand er in Verbindung mit Fruchtbarkeitskulten und rituellen Reinigungen, um eine gute Ern94 te zu erhalten. Im Mittelalter gab es eine militärische Version des Sumô, das dem körperlichen Training und der Unterhaltung der Samurai diente. Seine heutige Form, wozu auch die von Reisballen eingezirkelte Arena gehört, erhielt das Sumô in der frühen Edo-Zeit. Der höchstrangige SumôRinger (sumôtori) wurde yokozuna genannt. Sumô ist die einzige Form von öffentlicher Unterhaltung, die der feudale Adel besuchen durfte. 324 ZWEI SUMÔ-RINGER Buchsbaum H. 4,7 cm Sign.: Ryômin Edo, 19. Jh. Der stehende Ringer (Matano no Gorô Kagehisa) packt seinen Kontrahenten (Kawazu no Saburô Sukeyasu) am Gürtel (mawashi). Dieser legt seinen linken Arm um den Kopf Matanos und schlingt beide Füße um dessen Beine, womit er ihn zu Fall bringen wird. Bickford schreibt über den hier dargestellten Ringkampf: „By far the most celebrated military bout, and the favorite of print artists, pitted Kawazu against Matano in 1176 and was the final, climactic bout in a sequence enacted before Minamoto-no-Yoritomo following the conclusion of a hunting party. The story of how the reluctant Kawazu defeated the bully Matano seems to have appealed to the Japanese sympathy for the underdog. [During the famous bout] Matanao managed to get a firm grip on Kawazu's belt. As Kawazu found himself lifted from the ground, he employed an innovative defensive tactic that came to be known as the „Kawazu hold“: wrapping a foot around Matano's leg and encircling his neck with an arm, he prevented his powerful opponent from throwing him down. The strenous effort to break the unaccustomed hold exhausted Matano, so that Kawazu was finally able to floor him. ... The kawazu hold was also enacted in many of the Soga plays as mie – the climactic moment of frozen action that is such an imprtant feature of kabuki.“ (Lawrence Bickford, Sumo and the Woodblock Print Masters, Tokyo 1994, S. 64). Abb. 18 Ehon shahobukuro, 1770 (Erstausgabe 1720), Bd. 3, S. 9b 325 ZWEI SUMÔ-RINGER Elfenbein Sign.: Tôun H. 6,7 cm Edo/Tokyo, 19. Jh. Die Männlichkeit der beiden Ringer im kawazu-Griff zeigt sich in der ausgiebigen Behaarung beider Körper. Die Physiognomie spiegelt die Anspannung des Kraftaktes wieder. 326 DREI SUMÔ-RINGER Buchsbaum H. 4,5 cm Sign.: ...sen (?) Ca. 1830/1840 In der Mitte steht ein korpulenter Ringer, auf dessen langer Brokat-Schürze (keshômawashi) der Name Inazuma (Blitz) steht. Die andern beiden tragen ebenfalls Schürzen. Bei einem ist nur das zweite 95 Schriftzeichen shio zu erkennen. Diese langen Schürzen werden nur bei der dohyôiri-Zeremonie, der formellen Eintrittsparade vor einem Kampf getragen. Inazuma Raigorô (1795-1878) erhielt diesen Namen 1824 und war von 1828 bis 1839 der siebte yokozuna. Aufgrund seiner legendären Kraft wurde er auch zum Thema vieler Gedichte. Das Netsuke weist starke Tragespuren auf. 327 SUMÔ-RINGER Elfenbein H. 3,5 cm Sign.: Ryôshû Tokyo, ca. 1970 Der sitzende Krieger in voller Rüstung trägt einen Helm mit Drachen als maedate (Helmzier), ein Schwert in Fellscheide, ein Kurzschwert, Pfeilköcher am Rücken sowie einen geschlossenen Fächer. 330 SAMURAI Elfenbein H. 4,5 cm Mitte 19. Jh. Mit einem Schurz bekleidet, hockt der feiste Ringer in Vorbereitung auf einen Kampf im shikiri-Ritual, das jeweils vor einem Wettkampf stattfindet.. 328 ANGEHÖRIGER KLASSE Elfenbein H. 8,6 cm Frühes 19. Jh. 329 SAMURAI Elfenbein H. 4,4 cm Wahrscheinlich Osaka, ca. 1840/1870 DER SAMURAI- Der elegant gekleidete Mann trägt eine Hose (hakama), eine lange Jacke (haori), hölzerne Sandalen (geta) sowie ein kurzes Holzschwert (bokutô), das im Gürtel steckt. In der Rechten hält die Figur den Griff eines heute nicht mehr erhaltenen Stabes, der in eine runde Öffnung unterhalb der Hand eingesteckt war. Der Kopf ist wahrscheinlich eine spätere Ergänzung. Der lachende Samurai in voller Rüstung und mit langen, offenen Haaren hält eine große Sake-Flasche. Die Darstellung eines beschwipsten Kriegers ist eher despektierlich, wenn auch humorvoll. 331 KOMUSÔ Elfenbein H. 4,2 cm Sign.: Kei(?)gyoku 20. Jh. An einem Brückenpfeiler der Gojô-Brücke in Kyôto steht ein Bettelmönch (komusô) mit bienenkorbförmigem Hut. Komusô waren Bettelmönche der zenbuddhistischen Fuke-Sekte, die nur Männer aus dem Samurai-Stand zuließ und in die meist herrenlos gewordene Samurai (rônin) eintraten. Sie postierten sich auf den Brücken Kyotos und spielten auf der Bambusflöte (shakuhachi). Spenden wur96 den in die vor der Brust hängende Tasche (gebako) gelegt. 332 TEEMEISTER Buchsbaum mit negoro-Lackfassung H. 4,3 cm Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Auf den Fersen sitzend, bereitet der Teemeister (chajin), die meist der SamuraiKlasse entstammten, mit einem Bambusquirl (chasen) den hellgrünen Pulvertee in einer Keramikschale zu. Auf dem Kopf trägt er das typische zukin. Gelegentlich wird diese Figur als Sen no Rikyû (1521-1591), der berühmteste Teemeister Japans, identifiziert, der die Grundlagen und Regeln der Teezeremonie verbindlich festlegte: Harmonie zwischen geistigem Inhalt und äußerer Form, Einfachheit, Ehrerbietung, Reinheit und Stille. Unter den negoro-Netsuke ist dies ein sehr häufiges Motiv. 333 BAUER Elfenbein, Auge des Vogels aus Horn H. 3,4 cm Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Der Mann mit Hut auf dem Rücken steht über einem großen Vogel (ein Kranich oder eine Wildgans) und drückt diesen an den Flügeln nieder. Die hohe Standplatte erinnert in ihrer Form an eine stilisierte Chrysantheme. 334 LACHENDER BAUER Elfenbein H. 7 cm Frühes 19. Jh. Der sich umschauende Bauer schultert einen Beutel aus dem ein Pflaumenblütenzweig ragt.. 335 BAUER Elfenbein H. 2,6 cm; L. 2,7 cm Ca. 1800 Von der Arbeit erschöpft, hält der Bauer ein Schläfchen. In seinem Korb stecken Pflaumenblütenzweige, ein Messer und ein zusammengerolltes Seil. 336 BAUER Elfenbein H. 6,2 cm Sign.: Okakoto Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh. Der Bauer macht eine Pause und raucht dabei Pfeife. Dieses Motiv findet sich in der Abteilung nô (Bauern) des 4. Bands des von 1829 bis 1847 herausgegebenen Shinji andô, illustriert von Utagawa Kuninao (1793-1854). Dem rastenden Bauer reicht die Bäuerin eine Reisschale. Abb. 19 Shinji andô, Bd. 4 (1842), S. 41a 97 337 BAUER Obstholz L. 5 cm 1. Hälfte 19. Jh. 340 FRAU AUS OHARA (OHARAME) Maritimes Elfenbein H. 3,4 cm Mitte 19. Jh. Die schlafende Gestalt kauert mit der Sichel am Gürtel auf einem umgeklappten Bananenblatt. Die Reisigsammlerin, die ihre Last zum Verkauf nach Kyoto bringt, ruht sich auf ihrem Bündel aus. Sie führt eine Pfeife zum Mund, in der Linken hält sie einen Tabaksbeutel, auf dem die Schriftzeichen hi yo shin (Vorsicht mit dem Feuer) stehen. 338 BAUER BEIM WASCHEN PFERDES Elfenbein H. 3,6 cm Sign.: Gyokuichi (Tamakazu) 2. Hälfte 19. Jh. EINES Ein Mann schrubbt die Flanke eines Pferdes, das mit den Hinterbeinen in einem Wassertrog steht. Auf dem Rücken sitzt ein Knabe, der das Leitseil hält. Die Standfläche wird gebildet durch den Trog und eine Binsenmatte. 339 REISIGSAMMLER Holzfäller Buchsbaum H. 2,3 cm; L. 5 cm 19. Jh. Erschöpft ist der Reisigsammler an sein Astbündel gelehnt eingeschlafen. Im Gürtel steckt eine Sichel, hinter ihm steht eine Kalebasse. Auf dem Feld oder im Wald arbeitende Männer trugen oft einen solchen mit Wasser (oder Sake) gefüllten Doppelkürbis am Gürtel. 341 BAUER Buchsbaum H. 2,7 cm; L. 4,2 cm 1. Hälfte 19. Jh. Auf dem Rücken trägt der rastende Bauer einen großen Korb. Auffällig ist das mit stilisierten Vögeln (chidori) gemusterte Gewand, ein Hinweis vielleicht, daß es sich hier um einen Vogelfänger handelt. 342 JÄGER Manjû-Netsuke Elfenbein, Hund aus Kupfer Ø 4,5 cm Sign.: Chôunsai; Siegel: Hidechika Edo, Mitte 19. Jh. Der Jäger mit Tarnkappe aus Strohseilen hat ein Gewehr geschultert und ist mit seinem Hund unterwegs. Das Stück erhält seinen besonderen Reiz durch das sehr sorgfältig ausgeführte, versenkte Relief und den Hund aus rotem Kupfer in erhabenem Relief. 98 343 FUCHSJÄGER Elfenbein H. 2,8 cm Sign.: Gyokkôsai Edo/Tokyo, ca. 1840/1870 Der Jäger mit typischer, geflochtener Kappe kniet über einem Strohhut, der ihm als Fangkorb dienen sollte. Der Fuchs ist jedoch entwischt und sitzt auf dem Rücken des Jägers. Das Motiv hat seine Parallele im Thema des erfolglosen Rattenfängers und des Shôki, der mit seinem Hut einen oni einzufangen versucht. 344 FISCHER Elfenbein H. 4,7 cm Sign.: Raku Ca. 1800 Der Fischer steht in seichtem Wasser und zieht ein Netz ein; an der Hüfte hängt der für Fischer typische Korb (sakana-kago). Die helle, bernsteinfarbene Patina zeigt, daß das Stück lange getragen wurde. 345 FISCHER Elfenbein, Pupillen des Fisches aus Horn L. 4,8 cm Mitte 19. Jh. Am Kopf eines großen, welsähnlichen Fisches sitzt der Fischer mit einem großen Messer. 346 FISCHER Buchsbaum L. 6,2 cm Sign.: Eishinsai Edo, ca. 1830/1847 Pfeife rauchend sitzt der Fischer mit Tabaksbeutel und Aschenbecher-Netsuke auf einer Uferbefestigung (jakago), neben ihm steht ein Korb mit Fischen und ein kleiner Vogel. 347 KRAKENJÄGER Elfenbein, Knöpfe aus Horn H. 3,3 cm Sign.: Masatsugu Spätes 19. Jh. Der Fischer ringt mit einem Kraken. Er packt ihn beim Nasentrichter und versucht das Tier, das seine Fangarme mehrfach um den Körper des Fischers gewunden hat, zu Boden zu drücken. Die Haltung und der verzweifelte Schrei des Fischers wurden sicherlich angeregt von einer Tako (Krake) betitelten Illustration in Hokusai manga. Vergleichbar ist auch das ungewöhnliche, vorne mittig geknöpfte Gewand mit schmalen langen Ärmeln und der Bastschurz. Diese Illustration ist bereits nachweisbar in Hokusais weniger berühmten Shûga ichiran (Herausragende Bilder auf einen Blick) von 1818. Laut dem Sôken kishô hat bereits Miwa das Sujet des Krakenjägers gefertigt. Auch Jugyoku, der sich von Miwa inspirieren ließ, hat dieses Motiv in der Mitte des 19. Jahrhunderts mehrfach geschnitzt. Trotzdem wird es gelegentlich als „Ariômaru im Kampf mit dem Riesenkraken“ interpretiert. Der treue Diener des exilierten Priesters Shunkan (1142-1178), Ariô, soll den großen Kraken, der das Bein seines Herren ergriffen hat, getötet haben (vgl. Kat.-Nr. 259). 99 Abb. 20 Hokusai manga, Bd. 15 (1878), S. 15b 348 KRAKENJÄGER Elfenbein H. 3,5 cm Sign.: Yoshiyuki Spätes 19./frühes 20. Jh. Eingewickelt in die Fangarme des Kraken versucht der Mann das Tier an seinem Nasentrichter niederzuhalten. 349 FISCHER MIT KRAKE Elfenbein, Anus aus Horn H. 5,3 cm Sign.: Kôsen Osaka, frühes 20. Jh. Auf dem Rücken trägt der Fischer einen Kraken, wobei er einen Fangarm in der Art eines Seils packt. Ein anderer Fangarm schlingt sich um den Hals des Fischers, der mit einem Ausdruck des Schmerzes seinen Kopf nach oben wendet. 350 FISCHERSFRAU Elfenbein H. 5,2 cm Sign.: Kôju und kaô Tokyo, ca. 1870 Die Fischersfrau trägt einen Kraken in einem Korb nach Hause. Das Kind spielt mit einem der Fangarme und hält sich gleichzeitig am Ärmel der Mutter fest. 351 FISCHERSFRAU Elfenbein H. 5,4 cm Spätes 19. Jh. Die Fischersfrau mit entblößter Brust balanciert einen Trog mit Fischen auf ihrem Kopf. Auf dem Rücken ist ein Kleinkind gebunden, das aus dem lose, vorne gegürteten Kimono hervor schaut. 352 TAUCHERIN Hirschhorn (eingesetzte Beine fehlen) H. 6 cm 1. Hälfte 19. Jh. Die nur mit einem Bastschurz bekleidete Taucherin (ama) trägt ein Messer bei sich, um damit die awabi-Muscheln zu öffnen. 353TAUCHERIN Hirschhorn H. 7,8 cm 1. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Jordan (Nr. 151) Die ama, nur in einem Binsenschurz gekleidet, und mit Sichelmesser (kama) in der Linken, wringt das Wasser aus ihrem Haarband. Das Motiv einer ama beim Auswringen findet sich auf einem Triptychon von Perlenfischerinnen (ca. 1797/1798) des Kitagawa Utamaro (17541806), wo eine der Taucherinnen ihren Rock auswringt. Das Auswringen von nassem Tuch ist eine typische Handlung der awabi-Taucherinnen. 100 354 MUSCHELSAMMLERIN Elfenbein H. 4,3 cm Sign.: Shûzan 2. Hälfte 19. Jh. Die Frau sitzt auf einem Korb, der umgeben ist von kleinen Muscheln. Die ungewöhnlich realistische Darstellung ist voller erotischer Anspielungen: Ihr Rock ist zwischen den Beinen weit geöffnet, eine der Muscheln zwickt in den Gewandsaum, zudem hat sie ihren Finger lasziv in den Mund gesteckt, während sie über die Venusmuschel in ihrer Hand sinniert. Die Darstellung ist Thema einiger humorvoller Gedichte (senryû), wie z.B. des folgenden: Hamaguri ga/ deru made makuru/ shiohi gari (Die hamaguri [Vulva] ist sichtbar, so hoch hat sie ihren Rock gerafft, wenn sie bei Ebbe Muscheln sammelt). 355 MASKENSCHNITZER Elfenbein H. 4,1 cm Sign. auf eingelassenem Holzplättchen: Minkoku Tokyo, ca. 1870 Der Maskenschnitzer mit kleinem eboshi auf dem Kopf bearbeitet mit Hammer und Meißel eine Maske, die er mit den Füßen hält. Die sorgfältige Schnitzarbeit zeigt feine Details des Gewandes und der Physiognomie. 356 MASKENSCHNITZER Elfenbein H. 2,9 cm Sign.: Ryûchin Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Der Schnitzer arbeitet an einer UsubukiMaske, wobei er selber die Grimasse des Blasens macht. Sein Gehilfe wundert sich darüber mit entsprechender Geste. In dem Kasten befindet sich eine Okame-Maske, obenauf liegt eine kleine Männermaske mit Schnurrbart. 357 MÜHLSTEINARBEITER Elfenbein H. 3,3 cm Ca. 1830/1840 Der Handwerker (ishiya) haut Kerben in den unteren Granitstein einer Mühle (hikiusu). Neben ihm steht der obere Stein, um den ein Strick gebunden ist, und in dem ein Holzstab steckt, der als Griff dient. Solche handbetriebenen Kornmühlen gab es in jedem Privathaushalt und Geschäft. Das erzeugte Mehl wurde für die Herstellung von Nudeln verwendet. Ungewöhnlich an diesem Netsuke ist die gut erkennbare Tätowierung eines Raiden auf dem Rücken des Mannes. Dieses Motiv findet sich auch bei Rishun, einem der Helden aus der Holzschnittfolge Tsûzoku Suikoden gôketsu hyakuhachi-nin-no-hitori (1827-1830) von Kuniyoshi. Es ist bekannt, daß die Tätowierungen auf den Rücken dieser Figuren in toto als Tätowierungsmotive übernommen wurden (van Gulik 1982, S. 51-52). Daraus ergibt sich eine Datierung ante quem non und die Wahrscheinlichkeit, daß dieses Netsuke im Zuge der größten Popularität dieser Tätowierungsmotive entstanden sein muss. 358 SANDALENHERSTELLER Elfenbein H. 3,5 cm 1. Hälfte 19. Jh. 101 Mit großer Geschicklichkeit spannt der Mann eine Strohsandale (zôri), indem er eine Schlaufe über seinen großen Zeh gestülpt hat und diesen von sich drückt. 359 BUCHVERLEIHER Walroßzahn H. 6,4 cm 2. Hälfte 19. Jh. Der kniende Mann hat einen hohen Stapel Bücher in einem Tuch (furoshiki) um die Schultern gebunden. Das Tuch zeigt ein Logo in Form des Schriftzeichens hon (Buch) unter einem Dach. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen Buchverleiher (kashihonya). Die Beule auf dem Kopf des Mannes ist nicht zu klären. BLINDE Blinde (satô) wurden meist mit einem geschwollenen und einem zugekniffenen Auge sowie einer Beule dargestellt. Gezeigt wird hier das Anfangsstadium einer Erblindung: Zunächst entzündet sich die Sehrinde des kranken Auges und an der gegenüberliegenden Seite des Kopfes bildet sich eine Beule. Die Blinden arbeiteten wegen ihres ausgeprägten Tastsinnes als Masseure (anma) und Musiker. Mit Stock und gelegentlich einer Flöte machten sie auf sich aufmerksam. Da sie meist sehr gut verdienten, betätigten sie sich zusätzlich als Geldverleiher, was ihnen den Ruf des Wucherers einbrachte. Deshalb wurden sie gerne in Situationen dargestellt, die beim Betrachter Schadenfreude hervorriefen: beim Entfernen eines Steins aus den Sandalen oder wie ein Hund an dem Lendentuch eines Blinden zerrt. Ein häufiges Thema sind ein Blinder oder drei Blinde, die eine Brücke überqueren. Der Zen-Maler-Mönch Hakuin Ekaku (16851769) hat sie immer wieder zu dritt dargestellt: der erste kriecht auf allen Vieren über die Brücke, seine Sandalen sind an seinen Stab gebunden; der mittlere befühlt die Brücke mit seinen Händen, der letzte hält einen Stab und in den Händen die Sandalen, damit er die Brücke mit seinen Füßen ertasten kann. Das Bild wird von dem Gedicht begleitet: „Both inner life and the floating world otside us/ are like the blind mans round log bridge – A mind that can cross over is the best guide“ (Stephen Addiss, The Art of Zen, New York 1989, S. 109 und 111). 360 BLINDER Elfenbein L. 3,4 cm Frühes 19. Jh. Der am Boden hockende Blinde könnte einen Masseur nach seiner Arbeit darstellen. Ähnliche Modelle, die jedoch Kinder darstellen, gibt es in China als toggle (Cammann 1962, S. 234, Abb. 210). 361 BLINDER Buchsbaum L. 5,9 cm Mitte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Greene Mit einem Stab in der Hand tastet sich der Blinde auf allen Vieren über die Planken einer Brücke. Auf dem Kopf ist die Beule zu sehen. 102 Abgeb. in: Eskenazi 1973, Nr. 41 362 STEINE HEBENDER MASSEUR Buchsbaum H. 4,2 cm Sign.: Shôzan Mitte 19. Jh. Es war üblich, große Steine an den Hauseingang zu plazieren, damit die angemeldenden Masseure ihre Kraft daran messen konnten. Dieses Thema, bekannt als chikara-ishi (Kraftstein), erfährt hier eine besonders realistische Gestaltung und hebt sich somit von den zahlreichen, stereotypen Darstellungen, z.B. des Gyokkei, der sich auf dieses Motiv spezialisierte, ab. 363 MASSEUR UND KUNDE Buchsbaum H. 3,5 cm Sign.: Kishôsai Ca. 1830/1860 Mit großer Kraftanstrengung und Hingabe gibt der Blinde seinem vor ihm sitzenden Kunden eine Schultermassage. Der Massierte zieht in einer typischen Bewegung die Schulter hoch. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 388, Abb. 24 364 MASSEUR UND KUNDE Elfenbein H. 3,4 cm Sign.: Minkoku Edo, Mitte 19. Jh. Der Blinde massiert den Arm eines Kunden, der auf einem flachen Kissen (zabuton) sitzt. Sein Gesicht spiegelt eine Mischung aus Schmerz und Lust wieder. Masseure verrichteten ihre Dienste gewöhnlich im Haus ihrer Kunden. Auf die häusliche Atmosphäre verweisen das zabuton und die schlafende Katze. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 388, Abb. 23 365 BERUFSNIESER Buchsbaum, Stäbchen aus Elfenbein und Einfassung eines Schnurloches aus Bein H. 3,2 cm Edo, 19. Jh. Da das Niesen in Japan als glücksbringend interpretiert wird, haben sich die Ärmsten der Armen daraus einen Broterwerb gemacht. Mit einem zusammengerollten Papier kitzelt sich der professionelle Nieser an der Brust und provoziert dadurch ein Niesen, für das er von den Passanten ein paar Münzen bekommt. 366 BERUFSNIESER Hartholz, Augen aus Bein; Zähne und Stäbchen aus Elfenbein H. 6,8 cm; L. 6,9 cm Sign.: Ryukei Edo, Mitte 19. Jh. Dieses beliebte Sujet erscheint hier in besonders großer Ausführung. Das Stück konnte trotz der kleinen Löcher für die Schnurführung kaum als Netsuke getragen worden sein, sondern diente als okimono. 103 367 ERFOLGLOSER RATTENFÄNGER Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 4,3 cm Sign.: Masayoshi Nagoya, ca. 1900 Ehemalige Sammlung Lorber Die japanische Entsprechung unseres Kammerjägers, der Rattenfänger, konnte zu jeder Zeit gerufen werden. Aus dem Schlaf gerissen, erscheint er nur mit einem Lendenschurz bekleidet zur Arbeit. Mit surikogi und Reismaß versucht der Alte, eine Ratte zu fangen, die ihm jedoch entwischt und sich auf seinen Rücken setzt. Da kein himotôshi vorhanden ist, handelt es sich um ein okimono. Masayoshi, der für den Export arbeitete, hat dieses Motiv sehr häufig gefertigt. 104 Alltag Viele Netsuke des 19. Jahrhunderts thematisieren jede erdenkliche, auch noch so nichtige Lebenssituation. Auch Brauchtum war ein beliebtes Sujet. Entsprechend der großen Bedeutung von Neujahr gibt es viele Netsuke, die Gepflogenheiten und Dekoration zu shôgatsu darstellen. Oft wird die Herstellung von mochi gezeigt oder Neujahrsschmuck. Bereits erwähnt wurden die manzai- und shishi-Tänzer, die zu Neujahr durch die Straßen ziehen. Anläßlich des Frühlingsäquinoktiums Anfang Februar findet in Shinto-Schreinen und buddhistischen Tempeln die rituelle Teufelsaustreibung (oni harai) statt. Gerne machte man sich über menschliche Schwächen lustig, wie übermäßigen Sake-Genuß oder Müdigkeit. Moralisierenden Charakter haben Netsuke, die ein Sprichwort oder einen Vorsatz illustrieren. Waschen und persönlich Hygiene ist ein Thema, das hier besonders vielfältig vertreten ist. Schnitzer der Tomochika-Linie in der frühen Meiji-Zeit bevorzugten diese Motive. 368 PRIESTER Buchsbaum mit rotem und ockerfarbenem Lack und makie H. 3,6 cm Sign.: Higashi (auch Tô oder Azuma) 19. Jh. Der im Sitzen eingeschlafene, buddhistische Priester mit mitra-ähnlicher Kopfbedeckung und herabhängendem Schultertuch (sunbôshi) legt seine linke Hand auf eine Armstütze. Die Kopfbedeckung wurde von Priestern der Nichiren-Sekte getragen. Diese betätigten sich als Exorzisten und galten als abergläubisch und bigott. Der rotbraune Lack auf dem Gewand ist fast gänzlich abgegriffen, während das Tuch der Kopfbedeckung leuchtend rot ist und feinen Goldstaub aufweist. 369 YAMABUSHI Elfenbein H. 2,8 cm; L. 5,1 cm Mitte 19. Jh. In einem großen Tritonshorn (hora, lat. Charonia tritonis), an deren Spitze sich ein Mundstück befindet – ein Hinweis, daß die hora zu einer Trompete umfunktioniert wurde – liegt ein Bergpriester (yamabushi), der seinerseits in eine kleine hora bläst. Durch eine Öffnung in der Wandung sieht man seinen nackten Fuß. Das kleine Käppchen (tokin), eine Stola (bonten-kesa) mit großen Pommeln, Tritonshorn, von dem Schnüre mit Quasten hängen, Rasselstab (kongô zue) und lange Haare weisen die Figur als Mitglied der kriegerischen, buddhistischen Bergpriester-Sekte Shûgendô aus. Die hora diente den Kriegern als Signalhorn, um den Truppen Befehle zu übermitteln; die yamabushi verwendeten sie, um das Böse zu vertreiben und bei Reinigungsritualen. Das Netsuke illustriert das Sprichwort hora o fuku (das Tritonshorn blasen), das Prahlen und Aufschneiden bedeutet. Oft wird diese Figur in der hora auch als Benkei identifiziert (siehe Kat.-Nr. 253). 105 370 YAMABUSHI Elfenbein, die Kappe aus schwarzem Horn L. 3,8 cm Sign.: ...aki Spätes 19. Jh. Aus einem Tritonshorn schaut ein bäuchlings liegender yamabushi mit aufgerissenem Mund. 371 TEE MAHLENDER MÖNCH (CHABÔZU) Buchsbaum H. 3,2 cm; B. 4,4 cm Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Ein Mönch sitzt in hakama vor einer steinernen Teemühle und ist über ihr eingeschlafen. Geröstete Teeblätter zu Pulver für matcha zu mahlen, gehörte zu den Aufgaben von Novizen. Dieser Tee wurde u.a. von Mönchen in Zen-Klöstern zur Anregung getrunken. Auf der Unterseite befindet sich neben einem kleineren Loch eine sehr große Öffnung, so daß der Knoten einer besonders dicken inrô-Schnur hier Platz finden konnte. 372 SCHREINDIENER Buchsbaum, Reste einer schwarzen Lackfassung H. 8,3 cm Frühes 19. Jh. Der Kopf mit eboshi lugt aus dem Spalt seines beschädigten Regenschirms hervor; in der Hand hält er eine bronzene Laterne. Der Schreindiener, hier wohl bei einem Kontrollgang im Regen, weckt Assoziationen mit der Geschichte des Öldiebs (vgl. Kat.-Nr. 248). 373 SCHREINDIENER Elfenbein H. 6,8 cm 1. Hälfte 19. Jh. Jeden Abend, auch bei Regen, macht der Diener mit Schirm und auf hohen Holzsandalen (geta) seinen Schrein-Rundgang. 374 SCHREINDIENER Elfenbein H. 3,3 cm; L. 3,8 cm Sign.: Hidemasa 2. Hälfte 19. Jh. Der Schreindiener in hakama und mit einem reich verzierten eboshi steht vor einer überdimensional großen Schelle mit einer kleinen, beweglichen Kugel im Inneren und poliert deren Oberfläche mit einem Reiber (baren). Die Stellen, die er bereits poliert hat, sind durch kleine, gestichelte Punkte wiedergegeben. Ein ähnliches, Shuôsai signiertes Netsuke befand sich ehemals in der Sammlung Bushell (Bushell 1961, S. 192, Abb. 203). 375 SCHREINDIENER Kagamibuta-Netsuke Platte aus rot patiniertem shibuichi und Kupfereinlage; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,3 cm Mitte 19. Jh. 106 Der Schreindiener zieht am Seil eines Brunnens, der daneben stehende Eimer zeigt das für das Neujahr typische Dekor von Papierstreifen an einem Strohseil. Hier ist das Schöpfen des „jungen Wassers“ (wakamizu tori) im neuen Jahr dargestellt. 376 HOFDIENER Elfenbein H. 4,5 cm Sign.: Tomonobu Edo/Tokyo, ca. 1860/1870 Der Hofdiener (eji) räkelt sich nach einem Nickerchen. Die Art, wie Gesicht und Gewandmuster gestaltet sind, ist typisch für die große Gruppe der von Tomochika beeinflußten Schnitzer. 377 MANN ZU NEUJAHR Elfenbein H. 5,1 cm Spätes 19. Jh. Der Mann mit Tabaksbeutel und manjû am Gürtel hält eine Neujahrsdekoration (shimenawa), bestehend aus einem Ring aus Stroh und davon hängenden Strohseilen. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10 378 MOCHI-ZUBEREITUNG Elfenbein H. 3,5 cm Sign.: Gyokusai Ryûchin und kaô Edo/Tokyo, ca. 1850/1870 Die Zubereitung von Reiskuchen (mochi) gehört zu den traditionellen Neujahrsvorbereitungen. Der große Bottich (usu) ist mit einem Seil (shimenawa) geschmückt. Der Mann in festlichem kamishimo hält den Hammer. Die Frau in einem Gewand mit shibori-Muster beugt sich über einem Trog und formt mochi. Diese kleine Arbeit zeigt eine Vielzahl erzählerischer Details, z. B. die in Papier gewickelten Haarspitzen am Rücken der Frau, das Familien-Wappen, das gestreifte Muster des Untergewandes, die Klammer des usu. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10 379 GLÜCKSBOHNEN-WERFER Elfenbein, Einlagen und himotôshiEinfassung aus schwarzem Horn H. 5,5 cm 20. Jh. Der Mann in zeremonieller Tracht aus gestreiften hakama und kariginu mit Wappen sowie Kurzschwert (wakizashi) im Gürtel hält ein hölzernes Reismaß (masu) in der Hand. Bei den FrühlingsäquinoktiumFeierlichkeiten (setsubun) – Anfang Februar nach heutiger Zeitrechnung – werden in den Schreinen und Tempeln von Männern und Frauen, die in dem Tierkreiszeichenjahr geboren sind (toshi otoko/ toshi onna), mit dem Ruf „oni wa soto fuku wa uchi“ (Heraus der Teufel, herein das Glück) Bohnen aus einem Reismaß (masu) geworfen. Dadurch sollen die bösen Geister, die oni, vertrieben werden. 107 380 SAKE-TRINKER Buchsbaum mit Spuren einer negoroLackfassung H. 2,7 cm Edo, Mitte 19. Jh. In einem Zug leert der Trinker die große Schale, die sein ganzes Gesicht verdeckt. In der Hand hält er die leere Sake-Flasche. 381 SAKE-TRINKER Elfenbein oder Nilpferdzahn H. 3,5 cm Sign.: Masakazu 2. Hälfte 19. Jh. Der sitzende Mann zersägt einen Flaschenkürbis. Die Zerstörung dieses Behältnisses, das zum Genuß von Sake diente, deutet auf den Vorsatz, nicht wieder zu trinken. Ungewöhnlich sind die eingefärbten Armreifen an den Handgelenken. 382 FLÖßER Elfenbein L. 5,9 cm Frühes 19. Jh. Der Mann mit Bastschurz sitzt auf einem Floß aus Bambusrohren und einem Baumstamm und hält ein Seil. 383 KAMIFUKI-SPIELER Buchsbaum, Papierstück aus Bein, Muster des Gewandes und obi in Gold- und Silbermakie, Perlmutteinlage und kirikane H. 3,5 cm Sign.: Sôzan Tokyo, ca. 1900 Unter den vielen japanischen Spielen ist das Papier-Blas (kamifuki)-Spiel hervorzuheben. Ein Papierstückchen, das mit Spucke auf der Stirn klebt, muß, nachdem es abgefallen ist, durch Blasen wieder auf die Stirn zurückbefördert werden. Der Akt des Blasens ist treffend durch die vorgeschobene Unterlippe dargestellt. Das Netsuke ist eine typische Arbeit dieses Schnitzers der Sô-Schule, der oft sitzende Figuren auf flachen Kissen schnitzte. 384 SPAZIERGÄNGER Elfenbein H. 4,1 cm Sign.: Hôjitsu Edo, ca. 1840/1870 Der in einen gemusterten haori mit Wappen gekleidete Mann spaziert auf einen Stab gestützt; in der am Rücken gehaltenen Hand hält er eine Gebetsschnur. 385 TORORO-ZUBEREITUNG Elfenbein H. 4 cm Mitte 19. Jh. Wie ein Schwerarbeiter hat der Mann ein Handtuch (hachimaki) als Stirnschweißband um den Kopf gebunden, denn das Zerkleinern von tororo-imo mit einem hölzernen Stößel (surikogi) in einem Steinzeug-Mörser (suribachi) (siehe Kat.-Nr. 211) ist mit großer Anstrengung verbunden. 386 DIENER MIT MUSCHEL Buchsbaum H. 3,8 cm 19. Jh. 108 Der Fußsoldat (ashigaru) oder Diener eines Samurai (chûgen) mit am Rücken in den obi gestecktem Kurzschwert und Wappen kniet vor einer großen, geöffneten Muschel vom Typ akagai. Er leckt seine Zeige- und Mittelfinger ab, um den Geschmack der Muschel zu prüfen. Der Gestus ist eine explizite, erotische Anspielung. 387 MANN AUF MUSCHEL Buchsbaum H. 3,8 cm 1. Hälfte 19. Jh. Auf einer überdimensional großen Venusmuschel (hamaguri), Sinnbild der weiblichen Genitalien, versucht ein Mann, dessen langer Lendengurt (fundoshi), Sinnbild der Männlichkeit, von den Schalenhälften fest gehalten wird, deren Zugriff zu entfliehen. Diese Darstellung, die als Warnung vor den Gefahren des Verliebtseins aufgefaßt wird (siehe Kat.-Nr. 225), zeigt hier in drastisch-expressiver Weise, daß man weiblichen Zugriffen nicht ausweichen kann. Das Stück hat eine sehr schöne Alterspatina. 388 MAGENKRANKER MANN Buchsbaum, Kügelchen aus Elfenbein H. 4,1 cm Aufschrift: Shûzan Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohltahat Mit schmerzverzerrtem Gesicht erträgt der Alte das Abbrennen eines MoxaKügelchens an einer Stelle seitlich und unterhalb des Knies. Diese Stelle (Ma 36) ist eine der wichtigsten Akupunkturpunkte mit breitem Wirkungsspektrum (siehe Kat.-Nr. 130). Hier werden mittels Moxibustion offensichtlich Magenschmerzen (Gastritis) behandelt, ersichtlich aus der Hand, die gegen den Bauch gehalten wird. 389 ALTER MANN Buchsbaum H 3,2 cm Sign. auf Elfenbeinplättchen: Jugyoku Edo, Mitte 19. Jh. An einem Handwärmer (teaburi) oder einer Heizung (anka) wärmt sich der Alte in ärmelloser Weste die Hände. Der Schnitzer hatte Freude an markanten Details: den Gesichtsfalten, der mürrisch vorgeschoben Lippe und den knochigen Händen. Typisch für Gyokkei, Ryûkei et al. ist die flache Unterseite mit Signatur auf einem eingelassenen Elfenbeinplättchen. 390 SÄNFTENTRÄGER Sänftenträger Kagamibuta-netsuke Platte aus Silber mit Spuren von Vergoldung; Kapsel aus der Rose eines Hirschgeweihs Ø 4,5 cm Edo, Mitte 19. Jh. Im Laufschritt trägt ein Träger mit hachimaki und in fundoshi eine Sänfte durch das Hôzômon des Asakusa Kannon Tempels in Edo. Das Tor ist identifizierbar an der großen (angeschnittenen) Laterne, der ausgestreckten Hand der kolossalen Niô-Statue mit den gespreizten Fingern und der überdimensional großen Strohsandale, die als Opfergabe am Gitter hängt. 109 Die Kapsel ist an der Unterseite in der Art des Kokusai mit einer stilisierten Blüte beschnitzt. 391 MANN MIT MONDSICHEL Walroßzahn H. 3,6 cm Sign.: Tomoharu Edo, ca. 1850/1870 Der Mann in fein gemustertem Gewand und obi hat eine Mondsichel um den Rücken gebunden. An den Füßen trägt er die Strohsandalen (waraji) eines Wanderers. Die Bedeutung dieses Sujets ist unklar. 392 HERZPOLIERER Elfenbein H. 2,2 cm; L. 3,3 cm Sign.: Tomoaki Edo, ca. 1850/1870 Der Mann kniet über dem Schriftzeichen kokoro (Herz), das er mit einer Bürste poliert. Das Netsuke illustriert den Ausspruch „kokoro o migaku“ (das Herz polieren). Er bedeutet: „Sich bessern“ (Ehmann 1927, S. 161, Nr. 1505). 393 WÄSCHERIN Walroßzahn H. 3,5 cm Sign.: Tomomasa Edo, ca. 1850/1870 re Tage lang) ausruhen“ (Ehmann 1927, S. 95, Nr. 909). 394 DAS ERSTE BAD Elfenbein H. 3 cm Mitte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Lorber Behutsam reinigt die alte Hebamme das Neugeborene mit einem Tuch, indem sie es in typischer Manier auf den Füßen balanciert. Das erste Bad (ubuyu) erhielt das Kind in alten Zeiten mit dem ersten Haarschnitt und dem ersten Kleid am dritten Tag nach der Geburt. Dieses Motiv ist immer wieder in dieser Art geschnitzt worden. Bereits das Kasshi yawa, das die vor 1818 zusammengetragene Sammlung des Matsura Seizan (1760-1841) beschreibt, erwähnt dieses Motiv. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 381, Abb. 7 395 MUTTER UND KIND Elfenbein H. 3,9 cm 1. Hälfte 19. Jh. In entspannter Haltung gibt die junge Frau dem Kind die Brust. Ihr Gewand ist geschmückt mit Bündeln von getrockneten Abalone-Streifen (noshi), Symbole des langen Lebens. Vor einem Waschzuber hockend, bürstet die Frau das Schriftzeichen inochi (Leben). Hier wird das Sprichwort „inochi no sentaku o suru“ (das Leben waschen) illustriert. Es bedeutet: „Sich gründlich (mehre110 396 FRAU UND KINDER Buchsbaum, Pupillen der Maske aus Gelbmetall H. 3,5 cm Sign.: Tadachika 1. Hälfte 19. Jh. Die Frau mit zwei Kindern gönnt sich einen Augenblick der Muße. Der kleinere Knabe hält eine Maske hinter dem Rücken versteckt. Es handelt sich hier mit großer Wahrscheinlichkeit um das im MCI (S. 835) erwähnte Stück. 397 ALTE FRAU UND KIND Elfenbein H. 4,5 cm Sign.: Masakazu Mitte 19. Jh. Die alte Frau mit Brunneneimer in der Hand trägt ein Kleinkind Huckepack. Ihr Gewand ist in der Art des Hidemasa mit Blättern, Chrysanthemenblüten, Vögeln und shibori-Muster dekoriert. Das Kind hält einen Spieß mit dango (Reisklößen) in der Hand. Ein ähnliches Motiv wird in Ôhara Mitsuhiros Takarabukuro von 1837 unter der Bezeichnung „chôji komori“ (Babysitter für ein geliebtes Kind) (Nr. 172) erwähnt. 398 DIENERIN Buchsbaum H. 3,1 cm Sign.: Toshikazu 19. Jh. Die junge Frau hält ein Tablett mit Teeschale auf ihren Knien. Verschämt führt sie die vom Ärmel verdeckte Hand zum Mund. Die Darstellung weckt Assoziationen mit der Demimonde der Vergnügungsviertel. Über der Stirn sind zwei Erhebungen zu sehen, die wie Hörner wirken, die die Frisur durchstoßen. Vielleicht ist es eine Anspielung auf die „Hörner der Eifersucht“. 399 KURTISANE UND KUNDE Elfenbein H. 4,5 cm Sign.: Masamitsu Mitte 19. Jh. Eine schmunzelnde Kurtisane – identifizierbar an ihrem vorne gebundenem obi und von einer Schulter gestreiftem uchikake mit Kirschblütenmuster – steht mit Becher in der Hand hinter einem hockenden Kunden. Dieser hält eine Gebetsschnur und einen geschlossenen Schirm. Ein Holz-Netsuke mit diesem Thema befand sich ehemals in der Sammlung Carré (Eskenazi 1993, S. 106-107, Nr. 116). Hier wird das Sujet als Szene aus einem kagura (Shinto-Tanz) gedeutet. 400 LIEBESPAAR Elfenbein H. 2,5 cm; L. 6,5 cm 1. Hälfte 20. Jh. Der Kopf der Frau mit kunstvoller Frisur, in die eine Blüte gesteckt ist, ruht auf einer Nackenstütze mit Kissen. Die übertriebene Anatomie der shunga-Darstellung hat in der japanischen Kunst eine lange Tradition, die bis ins 20. Jahrhundert fortgesetzt wurde. 111 401 KURTISANE UND DIENERIN Elfenbein H. 5,9 cm 1. Hälfte 19. Jh. Dies ist ein seltenes Thema aus der Demimonde des Yoshiwara. Die majestätische Figur mit vorne gebundenem obi stellt eine oiran oder tayû (Kurtisane) dar. Der uchikake ist mit Chrysanthemenzweigen geschmückt, das Gewand darunter im shibori-Muster. Die anzulernende kamuro trägt ein undekoriertes Gewand (furisode). Die amazonenhaft wirkende Kurtisane erinnert an die in Habitus ähnlich monumental dargestellten oiran des Malers Kaigetsudô Ando (tätig frühes 18. Jh.). Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 11 WÄSCHEWASCHEN Wäschewaschen gehörte zu den hausfraulichen Aufgaben, die im Buch Onna Daigaku (Schule für Frauen) von dem konfuzianischen Moralisten Kaibara Eikiken (1630-1714) schriftlich niedergelegt waren. Die Baumwoll-Kimono reinigte man in der Regel als Gewandstück, während die kostbaren Seiden-Kimono aufgetrennt und die Stoffbahnen einzeln gewaschen wurden. Gewaschen wurde an Bach- und Flußufern sowie in Wannen (tarai) im Haus. Die in Waschlauge getränkten Stoffe wurden, um verbesserte Reinheit zu erreichen, geschlagen (kinuta uchi). Die zusammengefalteten Baumwoll- oder Leinenstoffe wurden mit einem Walkhammer (kitsuchi) auf einem Holz- oder Steinblock (uchiban) geschlagen, die Seidenbahnen hingegen über einen Rundstab in einem Gestell (kinuta) gewickelt und auf diesem geklopft. Durch das Schlagen verdichtete sich das Gewebe, das Tuch wurde geschmeidig und der Stoff erhielt einen schimmernden Glanz. Das Wäscheklopfen war eine abendliche Beschäftigung der Frauen in den Dörfern. Der Klang wurde oft in Gedichten besungen, er erinnerte an die Heimat und war Ausdruck der Einsamkeit und Traurigkeit. Das Nô-Stück Kinuta, in dem eine Frau allabendlich Wäsche klopft und dabei voller Sehnsucht an ihren Gatten denkt, beschreibt diese Empfindungen. Zum Trocknen wurden die Bahnen gespannt und anschließend wieder zusammengenäht. Die Gewänder aus Baumwolle und Leinen wurden auf einer Bambusstange aufgehängt. Bügeln war in Japan nicht üblich, wenn auch die chinesische Gepflogenheit, Stoff mittels eines mit Holzkohle gefüllten, im Boden flachen Bronzetopfes zu glätten, bekannt gewesen sein muß. 402 WÄSCHEKLOPFERIN Kagamibuta-Netsuke Kapsel aus Elfenbein; Platte aus shibuichi mit Gold, Silber und Kupfer Ø 4,6 cm Mitte 19. Jh. An einem Fluß bei Vollmond schlägt eine Landfrau mit einem kitsuchi eine Stoffbahn in einem Gestell (kinuta). Riedgras (susuki), Ballonblumen und Chrysanthemen deuten auf die herbstliche Jahreszeit. Das Sujet ist eine Anspielung auf ein Gedicht des Zyklus der Sechs Kristallflüsse (Mutamagawa), der gerne von Holz112 schnittkünstlern der Edo-Zeit illustriert wurde. Der Vers über den Kristallfluß in Toi in der Provinz Setsu (heute HyôgoPräfektur) von Minamoto Toshiyoshi aus der Anthologie Senzaishû (1187/1188) lautet: Matsukaze no/ oto dani aki wa/ sabishiki ni/ koromo ustunari/ Tamagawa bo sato (Autumn wind over pines sounds fornlorn,/ adding to the loneliness/ is the sound of fulling of cloth at Tamagawa) (Miyeko Murase, Jewel Rivers. Japanese Art from the Burke Collection, Ausstellungskatalog Virginia Museum of Fine Arts, Richmond, Virginia 1993, S. 156). 403 WÄSCHEKLOPFERIN Elfenbein H. 3,2 cm Sign.: Tomochika Edo, Mitte 19. Jh. Da in der Regel junge Mütter bei dieser Tätigkeit gezeigt werden, ist diese Darstellung einer alten Wäscherin ungewöhnlich. Sie trägt eine Schürze, die Ärmel sind in typischer Manier zurück gebunden. Das Kopftuch (tenugui) ist so gelegt, daß der Chignon, in dem eine Haarnadel steckt, sichtbar ist. Als Klopfunterlage (uchiban) für den gefalteten Stoff dient ein Baumstammscheibe. Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 478, Abb. 6; Werdelmann 1989a, S. 47, Abb. 6 404 WÄSCHEKLOPFERIN Elfenbein H. 3,6 cm 2. Hälfte 19. Jh. Ein hohes Kopftuch verdeckt die hoch aufgetürmte Frisur. Als Klopfunterlage dient ein flacher Stein. 405 WÄSCHEKLOPFERIN UND KIND Elfenbein H. 2,8 cm Sign.: Ryûchin Edo, ca. 1850/1870 Mit einem Walkhammer klopft die Frau mit langen, am Rücken zusammen gebundenen Haaren die Stoffbahn in einem Holzgestell. Ihr Gewand ist mit einem Muster von Pflaumenblüten über geborstenem Eis dekoriert. Das Kind neben ihr spielt mit einer Schildkröte. 406 WÄSCHEKLOPFERIN UND KIND Elfenbein H. 3,7 cm Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. In typischer Art der Landfrauen hat sie ein Handtuch (tenugui) auf den Kopf gelegt. Der gefaltete Stoff liegt auf einem Holzblock, dessen Riß mit einer Schwalbenschwanzverbindung repariert ist. Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 478, Abb. 8, und Werdelmann 1989a, S. 47, Abb. 8 407 WÄSCHEKLOPFERIN UND KINDER Elfenbein L. 3,5 cm Sign.: Masayuki Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. ZWEI 113 Der gefaltete Stoff wird auf einem runden Holzblock geklopft. Hinter der Frau stehen zwei Kinder, eines hält eine SpielzeugTrommel (batabata). Die Signatur wurde wahrscheinlich nachträglich hinzugefügt. 410 BÜGLERIN Elfenbein H. 2,5 cm Sign.: Kôji Ca. 1960/1970 Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 478, Abb. 8; Werdelmann 1989a, S. 47, Abb.7 Die junge Frau mit dicker obi–Schleife und hoch getürmten Haaren kniet über einem Gewand, das sie mittels eines kleinen Beckens mit flachem Boden und einem langen Griff glattstreicht. Angeblich wurden Bügeleisen zunächst nur in Nagasaki verwendet. Seine Form entspricht den chinesischen Bügeleisen aus Bronze, wie sie seit der Ming-Zeit verwendet wurden. 408 WÄSCHEKLOPFERIN UND KIND Elfenbein H. 3,2 cm Sign.: Kôsai Edo/Tokyo, ca. 1860/1880 Die Wäscheklopferin mit am Rücken zusammengebundenen Haaren macht Pause; sie hat den Schlegel aufgestützt und legt den Arm um einen Knaben. Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 478, Abb. 7; Werdelmann 1989a, S. 47, Abb. 7 409 WÄSCHERIN UND KIND Elfenbein H. 2,1 cm Sign.: Tomochika Tokyo, spätes 19. Jh. Die junge Mutter hockt vor einem flachen Zuber, in dem sie eine mit Ahornblättern gemusterte Stoffbahn spült. Ihr Sohn steht hinter ihr und zerrt am Band, mit dem sie die Ärmel hoch gebunden hat. Abgeb. in: Werdelmann 1987, S. 477, Abb. 4; Werdelmann 1989a, S. 46, Abb. 4 Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 383, Abb. 11; Werdelmann 1989a, S. 47, Abb. 9 PERSÖNLICHE HYGIENE Baden wurzelte in Japan tief in den shintoistischen Reinlichkeitsvorstellungen. Aber nur die vornehmsten und reichsten Leute besaßen eigene Bäder. Die Einwohner der Städte benutzten die öffentlichen Badehäuser. Diese waren Treffpunkt der Nachbarschaft, wo Austausch von Neuigkeiten und Tratsch stattfanden. Da im Bad die Standesunterschiede aufgehoben waren, reizte die Gleichheit der unbekleideten Menschen viele Künstler. Ferner fanden sie Freude an den körperlichen Verrenkungen während des Schrubbens und Abtrocknens oder an der engen Beziehung von Mutter und Kind. Ebenso wie die Holzschnittmeister nahmen die Netsuke-Schnitzer bei der Darstellung von Badenden die Gelegenheit wahr, einen nackten Körper darzustellen. 114 Die Tatsache, daß es sich hierbei fast immer um Frauen handelt, zeigt, daß sich die Künstler des erotischen Aspektes durchaus bewußt waren, wenn er auch nur selten voll ausgeschöpft wurde. 411 MANN BEIM ANLEGEN DES LENDENSCHURZ Elfenbein, Pupille aus schwarzem Horn H. 9 cm Tokyo, spätes 19. Jh. Das fundoshi, das männliche Hüfttuch, bereitet diesem Mann beim Anlegen einige Probleme. Der gute Sitz klappt nicht ganz und vor Schmerz stößt der Mann einen Schrei aus. Mit dem Kinn hält er das Tuch an der Brust fest, während ein gewundenes Band das fundoshi in der Art eines Gürtels in der Taille festhält. Bis zur Meiji-Zeit trugen Männer dieses Untergewand. Es galt als Symbol der Männlichkeit. Das fundoshi ist Thema vieler Sprichwörter, z. B.: „fundoshi o shimete kakaru“ (den Lendengurt festbinden) bedeutet „einen Entschluß fassen“ (Ehmann, S. 395, Nr. 3544) und der Ausspruch „Die Zeit, in der das fundoshi mit dem Kinn festgehalten wurde“ bedeutet „früher“ (INSJ, Bd. 18, Nr. 1 [Frühling 1998], S. 1214). Ein fast identisches, von Otogawa signiertes Netsuke befand sich ehemals in der Sammlung Hindson. Otogawa Yasuchika aus Edo wurde 1843 geboren und war Schüler des Tomochika. Wegen der großen Ähnlichkeit beider Netsuke kann man dieses Stück dem Otogawa Yasuchika zuschreiben. 412 SICH WASCHENDE FRAU Buchsbaum, Kamm im Haar aus Schildpatt, Brustwarzen aus dunklerem Holz, Haarnadel-Endknöpfe aus Lack H. 3,1 cm Sign.: Josô tô Tokyo, ca. 1880/1910 In einem flachen Zuber sitzt eine pummelige Frau mit zur Seite gelegten Beinen. Genüßlich frottiert sie sich mit einem Handtuch den Rücken. Neben der Wanne steht ein kleinerer Zuber, der dazu dient, Wasser über den Körper zu gießen. Über dem Rand liegt ein nukabukuro, das als Körperschwamm verwendet wird. Die sorgfältige Ausarbeitung der vielen kleinen Details zeichnet den Stil des Josô aus und ist für die Sô-Schule richtungsweisend. Bei genauem Hinsehen erkennt man, daß der Kamm im Haar aus Schildpatt ist und die Endknöpfe des Haarsteckers (kôgai) aus tsugaru-nuri-Lack in den Farben Schwarz, Rot und Ocker bestehen. Abgeb. in: Frieder Aichele und Gert Nagel, Netsuke, München 1975, S. 33; Werdelmann 1989, S. 380, Abb. 4; Jirka-Schmitz 1994b, S. 11 413 SICH WASCHENDE FRAU Buchsbaum H. 3,3 cm Wahrscheinlich Edo, frühes 19. Jh. Eine pummelige Frau mit vom Oberkörper gestreiften Gewand hockt vor einem Zuber. Hingebungsvoll reibt sie sich mit einem Handtuch den Hals. Diese Darstellung zeigt nicht die glücksbringende Okame, sondern illustriert den Terminus oka115 me, der auch als Synonym für ein häßliches, dickes, etwas ordinäres Mädchen verwendet wird. 414 SICH WASCHENDE FRAU Elfenbein H. 3,6 cm Sign.: Tomotoshi Edo/Tokyo, ca. 1850/1870 Vor einem hohen Zuber hockend, wringt die unbekleidete Frau ein langes Waschtuch (tenugui) aus. Durch die Körperhaltung werden die flache Brust mit Brustwarzen und der Unterleib geschickt verdeckt. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 380, Abb. 2 415 SICH WASCHENDE FRAU Elfenbein H. 3 cm Sign.: Masatomo Spätes 19. Jh. In einem Wasserzuber sitzt eine dicke Frau, die sich mit einem Reisschalensäckchen (nukabukuro) die Brust schrubbt und in der Linken ein Handtuch hält. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 381, Abb. 6 416 SICH WASCHENDE FRAU Elfenbein H. 3,1 cm Spätes 19. Jh. Mit einem Handtuch (tenugui) frottiert sie den Rücken in großen Zügen. Zwischen den Beinen steht der Zuber. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 383, Abb. 12 417 FRAU NACH DEM BAD Elfenbein H. 9,7 cm Spätes 1800 Die stehende Frau trägt einen leichten Baumwollkimono (yukata) ohne Gürtel, dessen weiter Ausschnitt die Brust entblößt. Ähnlich schlanke Gestalten und die kokette Haltung sind in der Holzschnittkunst seit dem späten 18. Jahrhundert bei Darstellungen von Frauen in Badehäusern anzutreffen. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 383, Abb. 11 418 FRAU BEIM HAAREWASCHEN Elfenbein H. 3,2 cm Sign. auf eingelassenem Rotlackplättchen: Yasumasa Tokyo, ca. 1900 Über einen Zuber gebeugt und mit abgestreiftem Kimono mit Blüten- und Wellen (seigaiha)-Muster kämmt die junge Frau ihr nasses Haar. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 385, Abb. 17 419 FRAU BEI DER PEDIKÜRE Buchsbaum, Reste von Schwarzlack im Haar H. 3,5 cm 19. Jh. In einen nicht gegürteten yukata gehüllt, schneidet sich die junge Frau in der Hocke mit einer Nagelzange die Fußnägel. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 387, Abb. 21 116 Kinder In der konfuzianisch ausgerichteten Gesellschaft der Edo-Zeit bedeuteten Kinder (kodomo), vor allem Söhne, die Sicherstellung der Fortsetzung der Ahnenreihe und Nachkommenschaft. Die zahlreichen Kinderdarstellungen unter den Netsuke sind aber nicht nur unter diesem Aspekt zu sehen, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der großen Kinderliebe der Japaner. Sie zeigt sich u.a. in den Festen, die den Kindern gewidmet sind: dem Mädchenfest am 3.3., dem Knabenfest am 5.5. und dem Schreingang der Sieben, Fünf- und Dreijährigen (shichigosan) am 15.11. Eine Idealisierung erfuhren die Kinder als karako (wörtlich: chinesische Kinder). Sie tragen Schuhe, Pumphosen und reich gemusterte Gewänder mit Halskrause und sehen mit ihren zwei Haarknoten auf dem Kopf sehr drollig aus. Diese Haarbüschel sollen die magische Kraft besitzen, böse Geister zu bannen. Die karako sind erstmalig in der Malerei des 16. Jahrhunderts als Begleiter von Hotei anzutreffen, der wegen seiner Freigiebigkeit immer von einer Kinderschar begleitet wird. Spielende karako wurden auch unter den Holzschnitten aus Nagasaki, die einzige Stadt Japans, die eine chinesische Kolonie besaß, dargestellt. Am häufigsten sehen wir die karako beim Löwentanz (shishimai), der in Nagasaki zu festlichen Anlässen und zu Neujahr aufgeführt wurde. Sie befinden sich entweder alleine unter einer Maske oder zu mehreren unter einem Tuch versteckt, um die Gestalt des Löwen und dessen Bewegungen nachzuahmen. Ob- wohl der Löwentanz ursprünglich von erwachsenen Männern aufgeführt wurde, kam im 19. Jahrhundert die Sitte auf, auch Kinder unter einer Löwenmaske zu Neujahr von Haus zu Haus gehen zu lassen. Karako gehören mit zu den frühesten Netsuke-Motiven. Sie könnten von den als toggle getragenen, chinesischen Fruchtbarkeits- und Potenzamuletten aus Elfenbein und anderen Materialien beeinflußt worden sein, die von chinesischen Händlern nach Nagasaki gebracht worden waren. Diese Amulette stellen u.a. liegende oder stehende Knaben dar, die nur mit einer kurzen Schürze bekleidet sind, die die Genitalien freiläßt. Japanische Kleinkinder, auch immer wieder als Puppen dargestellt, wurden wohlgenährt, nur mit einem Schürzchen bekleidet und mit kahl geschorenem Kopf oder, wenn sie etwas älter waren, mit Pagenfrisur gezeigt. Sie erfreuen sich an einfachstem Spielzeug, z.B. einer schillernden awabi-Schale. Sie spielen mit einer passiven Schildkröte, die den Wunsch nach langem Leben für die Kinder ausdrückt, oder einem jungen Hund. Japanische Kinder und karako sind ein bevorzugtes Thema der Schnitzer in Edo/Tokyo. Das Sôken kishô schreibt, daß Miwa (tätig spätes 18. Jh.) das Motiv kodomo shishi asobi (Kinder beim Löwenspiel) gefertigt hat. KarakoNetsuke waren dann ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ein beliebtes Thema vieler Schnitzer, besonders der Ono-Gruppe. Hôjitsu hat mit Vorliebe seine karakoMotive auf manjû angebracht. 117 420 KARAKO Elfenbein H. 4,4 cm 18. Jh. Ehemalige Sammlungen Naunton und Beasley Der Knabe in langem Mantel mit Blütenmuster rollt eine große, mit manji (Swastika)-Motiven durchbrochene Scheibe, in der sich eine bewegliche Kugel befindet. Thematik und Stil zeigen einen starken chinesischen Einfluß, wenn es sich hier nicht gar um eine chinesische Arbeit handelt. 421 KARAKO MIT HUND Elfenbein H. 6,3 cm 18. Jh. 422 KARAKO Elfenbein H. 4,6 cm 18. Jh. Das Juwel in der linken Hand und der Sack weisen ihn als eines der Kinder aus, die Hotei begleiten. Die kompakte, dreieckige Form ist typisch für das 18. Jahrhundert. 423 KARAKO Buchsbaum H. 3,3 cm Sign.: Kigyoku Edo, Mitte 19. Jh. (Leinensack) enthält gute Sachen, die die Menschheit beglücken. Die Darstellung könnte auch eine Anspielung auf den blinden Steinheber sein, der seine Kraft in ähnlicher Haltung unter Beweis stellt (siehe Kat.-Nr. 362). 424 ZWEI KARAKO Buchsbaum H. 4 cm Sign.: Masakazu und kaô Nagoya, ca. 1820/1830 Der stehende Knabe in festlichem Gewand mit Halskrause legt eine große shishiMaske an, während der sitzende karako den Löwenschweif hält und in Begriff ist, das Tuch über seinen Kopf zu ziehen, um sich darunter zu verstecken. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10 425 KARAKO Buchsbaum, Maske und Rad des Steckenpferds aus Elfenbein, Haarknoten aus Horn H. 4,9 cm Frühes 19. Jh. Das Kind reitet auf einem Steckenpferd und trägt eine furchterregende, rot eingefärbte oni-Maske. 426 KARAKO Buchsbaum, um den Hals ein Metallring H. 4,5 cm Sign.: Hô... Mitte 19. Jh. Unter großer Anstrengung versucht das Kind, Hoteis Sack zu heben. Der hotei 118 Der Knabe mit zwei dicken Schriftrollen am Rücken ist wohl der Diener eines chinesischen Gelehrten. In der Malerei werden Gelehrte oft in Gesellschaft von jungen Dienern dargestellt, die Tee kochen, Wein servieren, Musikinstrumente tragen und ähnliche Dienste verrichten. 427 KARAKO Buchsbaum H. 2,4 cm, L. 4,7 cm Sign.: Hôsai Edo, Mitte 19. Jh. Das Kind mit um den Hals gebundenem Lätzchen krabbelt über eine Kalebasse. Die sorgfältige Ausarbeitung zeigt sich vor allem an der Unterseite, wo die Schnurführung unter der Kalebasse verläuft. Hôsai muß ein Schüler des Hôjitsu gewesen sein, denn das Stück ähnelt dessen Kinderdarstellungen. 428 KARAKO UND SHISHI Elfenbein, Pupillen des shishi aus Horn H. 5,2 cm Kyoto, spätes 18. Jh. Ehemalige Sammlung David Ein verspielter shishi legt seine Vorderpranken über einen vor ihm sitzenden karako. Diese ungewöhnliche Darstellung erinnert an das Motiv des Knaben, der eine shishiMaske ablegt. Hier nimmt ein leibhaftiger Löwe mit beweglicher Kugel im Maul die Stelle von Maske und Tuch ein. Abgeb. in: Kunstpreisjahrbuch 1988, Bd. XLIII, T. 2, München (1988), S. 765 429 KARAKO MIT SHISHI-MASKE Porzellan; unterglasurblau, schwarz und in zweierlei Braun glasiert H. 5,6 cm Hirado-Ware, Mikawachi, Provinz Hizen (heute Präfektur Nagasaki), 1. Hälfte 19. Jh. In der großen, vor den Bauch gehaltenen shishi-Maske befindet sich eine bewegliche Kugel. 430 KARAKO Elfenbein H. 2,9 cm Sign.: Gyokkôsai Edo, ca. 1840/1870 Auf einer Trommel sitzend hat der Junge den großen Bügel zum Spielen über seinen Kopf geführt. 431 ZWEI KARAKO Elfenbein H. 2,7 cm; L. 4,6 cm Spätes 19. Jh. Die freundlich balgenden Knaben bilden ein kompliziertes Knäuel. 432 ZWEI KARAKO Elfenbein H. 3,6 cm 2. Hälfte 19. Jh. Vor einem einteiligen Stellschirm (tsuitate) steht ein Knabe mit Schriftrolle; vor ihm kniet ein karako, der an der Papierrolle zieht. 119 433 KARAKO Elfenbein H. 3,4 cm Sign.: Hômin Edo/Tokyo, ca. 1860/1880 Der Knabe bläst mit prallen Wangen eine Trompete, wie sie beispielsweise in Nagasaki bei chinesischen Festumzügen gespielt wurde. 434 KARAKO Elfenbein H. 3,6 cm Sign.: Rantei Kyôto, 1. Hälfte 19. Jh. Der Knabe benutzt einen Steigbügel als Schaukel und hält sich an einem durch die Öse geführten Stab fest. Das Gesicht des Kindes mit den schmalen Augen, schweren Lidern und breiten Nasenflügeln ist typisch für den Schnitzer Rantei. 435 KNABE Elfenbein H. 3 cm Sign.: Gyokuyôsai Edo, ca. 1840/1860 Der Knabe mit kurzem Jäckchen und kessem Haarschopf über der Stirn hält eine Schildkröte, um die er eine Schnur gewickelt hat. 436 DREI KNABEN Drei Knaben Elfenbein H. 2,5 cm; L. 3,8 cm Sign.: Ono Ryôji und kaô Edo/Tokyo, ca. 1860/1880 Aus dem Spiel mit der Löwenmaske ist Streit entstanden, die Knaben balgen sich. In jedem Gesicht drückt sich der Schmerz auf andere Weise aus. Auf den Gewändern befinden sich in feiner Gravur verschiedene Muster. Auf der Unterseite sind ein Blattfächer, eine Maske, ein Stab und ein geöffneter Faltfächer zu sehen. 437 KNABE Kirschholz, himotôshi in grün gefärbtes Bein gefaßt H. 3,2 cm Sign.: Miwa und kaô Edo, spätes 18. Jh. Der grinsende Knabe macht die bekkankoGeste und versteckt eine Hannya-Maske hinter seinem Rücken. Eine typische Arbeit des Miwa, der möglicherweise dieses Motiv als erster geschnitzt hat. 438 KNABE MIT HÔKUZI Buchsbaum und korallefarbenes Glas H. 4,6 cm Sign.: Ryûmin Mitte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Der Knabe zieht an der realistisch dargestellten Fruchthülle einer überdimensional großen Lampionfrucht (hôzuki), um die Frucht zu zeigen. 120 Hôzuki, die im Sommer ihre rotorangefarbene Farbenpracht entfalten, waren in Japan ein beliebtes Spielzeug, vor allem von Mädchen, wie bereits in japanischer Literatur des 11. Jahrhunderts geschildert wird. „Taking the red berry out of the calyx bag, they bore a hole at the place where it was attached to the stem, and slowly squeeze out the seed out of the hole. She then has a hollow round soft ball with a tiny hole. She puts it into her mouth, and as she squeezes it against her teeth and lips, it makes a faint but pleasing sound.“ (Joya 1971, S. 400) In Bezug auf Knaben schreibt Gabor Wilhelm: „The slowly ripening fruit of the hozuki bursting open suddenly to reveal its red fruit was considered to be a symbol of sexual awakening of boys in ancient Japan.“ (Sagemonoya 2004, Nr. 83) 439 KNABE Buchsbaum H. 3 cm Sign.: Shinsai Mitte 19. Jh. Der Knabe in höfischer Kleidung und eboshi auf der Schulter hält einen Pinsel in der Rechten und einen Papierstreifen für Gedichte (tanzaku). Ein Holzstab steckt am Rücken, wohl um ein nach vorne Sinken beim Einnicken zu verhindern. Die Darstellung ist vielleicht Sinnbild des unermüdlichen Fleißes eines Schülers. 440 KNABE MIT KLEINEM TIER Elfenbein H. 3,1 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Bushell Das barfüßige Kind sitzt neben einem Sack, aus dem ein Marder (ten) oder ein Eichhörnchen (risu) steigt und seine Vorderpfoten auf die vorgestreckte Hand legt. 441 KIND MIT FLUGDRACHEN Manjû-Netsuke Elfenbein L. 4 cm 2. Hälfte 19. Jh. In versenktem Relief ist ein Kind dargestellt, das eine Spielzeug-Eule aus susukiGras, das meibutsu (berühmtes Produkt) des Gokoku-Tempels in Zôshigaya in Tokyo, hält. Dieser Tempel war der Kishimojin geweiht, der Schutzgöttin für leichte Geburt und Kindererziehung. Heute noch kann man diese Eulen aus bemaltem Papiermaché oder Holz kaufen. Mimasu genannt, dienen sie als Amulette für die Gesundheit von Kindern. Eine andere Interpretation der Eule ist, daß es sich um einen Flugdrachen (tako) aus geflochtenem Weizenstroh (mugi no wara) handelt. Auf der Rückseite des manjû sind eine Trommel und zwei Schlegel dargestellt. 442 KNABE Elfenbein H. 4,8 cm 2. Hälfte 19. Jh. Das Kind mit Pagenfrisur spielt mit einer awabi-Schale, die es an einer langen Schnur hinter sich her zieht. 443 KNABE Elfenbein H. 3,9 cm Spätes 19. Jh. 121 Mit kindlicher Unbefangenheit zieht das nur in eine Jacke gekleidete Kind den Hund an seinen Hinterpfoten und am Schwanz hoch. Da das himotôshi fehlt, handelt es sich hier um ein kleines okimono. 444 KNABE Elfenbein H. 3,8 cm Sign.: Ikko Ca. 1860 Das korpulente, nur mit einem Lätzchen bekleidete Kind versucht, in der Art einen großen Kürbis zu heben wie der Blinde einen Stein hebt, um damit seine Kraft unter Beweis zu stellen (siehe Kat.-Nr. 362). 445 KNABE Elfenbein H. 2 cm; L. 4,4 cm Sign.: Tomochika Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Das über ein Sitzkissen (zabuton) krabbelnde Kind hält eine Daruma-Puppe. Auf dem Kissen liegen außerdem eine Trommel mit tomoe-Motiv und ein Hammer. 446 KNABE MIT SCHILDKRÖTE Elfenbein H. 2,2 cm; L. 4,3 cm Sign.: Shôunsai Mitte 19. Jh. Der japanische Knabe hockt vor einem rechteckigen Wasserbecken, in dem Fische schwimmen. An einem Band, das um den Panzer gebunden ist, läßt er eine Schildkröte ins Wasser. An der Hüfte trägt er einen Beutel (kinchaku). Das Motiv spielt vielleicht auf die Sitte an, gekaufte Schildkröten oder Fische in Gewässern freizulassen, um ein positives Karma zu erwerben. 447 KNABE MIT TROMMEL Elfenbein L. 5,2 cm 19. Jh. 448 TROMMLER Lack H. 5,3 cm 2. Hälfte 19. Jh. Der Knabe steht in tänzerischer Pose auf einem Bein im Gleichgewicht und schlägt eine Schultertrommel (tsutsumi). Er trägt ein höfisches Gewand mit Pluderhosen und einen winzigen eboshi. Die Hosen sind mit takokarakusa geschmückt, das Gewand mit Kranichen zwischen Wolken, die Jacke mit tachibana-Wappen und seigaihaMuster. Bei dieser Figur könnte es sich um die Darstellung einer der fünf Musikanten (gonin hayashi) handeln, wie sie im Puppenaufbau anläßlich des Mädchenfestes anzutreffen sind. 449 KNABE Lack und Elfenbein H. 4,3 cm 2. Hälfte 19. Jh. Das feiste, auf den Fersen sitzende Kind mit Pinsel zeigt eine Papierrolle (aus El122 fenbein), auf der das Schriftzeichen kotobuki (Glück) geschrieben steht. Das Gewand ist in hiramakie mit Regenpfeifern (chidori) und Schilfmotiven dekoriert. Gürtel und Gewandfutter sind rot lackiert, das Inkarnat ist silberfarben. 123 Fabeltiere Die chinesische, enzyklopädische Literatur und deren japanische Versionen, vorrangig das Wakan sanzai zue (Japanischchinesische Sammlung von Illustrationen zu den drei Urkräften), herausgegeben von 1712 bis 1716, bilden eine große Zahl von Tieren ab. Diese werden in vier Gruppen unterteilt, die je von einem mythologischen Tier angeführt werden: die Haartiere vom kirin, die Schuppentiere vom Drachen, die Schalentiere von der Schildkröte und die Federtiere vom Phönix (hôô). Diese vier Tiere werden gleichzeitig entsprechend der chinesischen Kosmologie mit den Himmelsrichtungen (Westen, Osten, Norden, Süden) in Verbindung gebracht. Bis auf die Schildkröte sind kirin, Drache und Phönix Komposittiere mit keiner Entsprechung in der Natur. Neben dem kirin gibt es zahlreiche weitere Tiere, deren Körper sich aus Bestandteilen anderer Tiere zusammensetzen und die durch Flammenzungen an den Gelenken gekennzeichnet sind: das kaichi mit dem Kopf eines Drachen, einem Horn und dem Körper eines Löwen, das hakutaku, das Ähnlichkeiten mit dem kaichi hat, und das einhörnige sai (Rhinozeros) mit einem Schildkrötenpanzer auf dem Rücken. Diese Netsuke datieren meistens aus dem 18. Jahrhundert. Die Tiere sitzen oder stehen auf einer Sockelplatte und haben Ähnlichkeit mit chinesischen Siegeln, die sicherlich Vorbild für die japanischen Schnitzarbeiten waren. In den Mallehrbücher des 18. Jahrhunderts erfolgt die Reihenfolge der mythologischen Tiere nach Stellenwert, Bedeutung und Symbolik. So führt das Ehon shoshin hashiradate (1715) den Lö- wen (shishi) an erster Stelle an, gefolgt von Tiger, Elefant, kirin, suisai und baku. Der Drache (ryû) führt die Schuppentiere und Fische an, während der Phönix den Vögeln voran gesetzt ist. DER SHISHI Shishi („Löwe“) oder kara-shishi (chinesischer „Löwe“) werden in Japan jene Tiere genannt, die mehr Ähnlichkeit haben mit der tibetischen Langhaarhunderasse lhassa-apso oder dem chinesischen shizi als mit dem Löwen, der in Ostasien nicht heimisch ist. Shishi gelten als Verteidiger der buddhistischen Lehre und – koma-inu genannt – als Beschützer der Tempel. In der buddhistischen Ikonographie ist der shishi das Reittier der Bodhisattva Monju (sanskrit Manjusri). Auch wird die Macht der buddhistischen Lehre mit der Macht des Löwen verglichen. Ab dem 16. Jahrhundert sind die shishi in Japan, wo ihre Darstellung aus China übernommen wurde, auch Sinnbilder von Kraft und Mut. Ihr Temperament lassen sie aus im Spiel mit einem Ball. Die Darstellung mit einem Ball leitet sich von dem chinesischen Motiv des Löwen, der mit einem Fadenknäuel spielt (sche ze kuin sin t’schin, shizi ke ... qin), ab. Es symbolisiert in China den Frieden des Reiches: „Wenn von innen und außen Friede waltet, können die Militärbeamten (Löwen) harmlose Spiele treiben, Ball spielen“ (Orientalisches Archiv, Bd. I, 1910/11, S. 148). Ein alter und ein junger Löwe (chin. diashi und shaobao) symbolisieren jeweils hohe Ämter im kaiserlichen China. 124 Das Thema des shishi ist unter den Netsuke sehr häufig. In der Frühzeit erscheinen die shishi hauptsächlich auf siegelähnlichen Stücken, die wohl nach chinesischen Vorbildern gearbeitet wurden; später in Kyoto sind shishi-Netsuke von einer Tetraederform, wobei die Illustrationen von Löwen mit in graphischem Detail ausgeführter Mähne und Schwanz in den Vorlagebüchern den Schnitzern eine große Inspiration waren. Im 19. Jahrhundert konzentrierten sich die Schnitzer auf die Felldetails, das Maul mit Zähnen und beweglicher Kugel, die Weisheit symbolisiert, oder den Ball, der gelegentlich als im shippô-Muster durchbrochen geschnitzter „Brokatball“ ausgeformt ist. Oft wird der shishi mit Päonien dargestellt, der König der Tiere mit der Königin der Blumen. Der Spruch „botan ni shishi“ steht für „ein glücklicher Zufall“. 450 SHISHI Elfenbein H. 4,2 cm 17./18. Jh. Die statuarische Auffassung dieses Löwen mit geschlossenem Maul, der zur Seite schauend auf einem Sockel sitzt, erinnert an einen koma-inu (wörtlich: koreanischer Hund). Koma-inu wurden paarweise als Wächterfiguren vor den Eingängen von Shinto-Schreinen aufgestellt. Der komainu mit geschlossenem Maul hat ein kurzes einzelnes Horn auf dem Kopf, während das andere Tier, ein shishi, das Maul geöffnet und den Kopf ein wenig gewendet hat. Als Netsuke werden koma-inu sehr selten dargestellt. 451 SHISHI UND JUNGES Elfenbein H. 2,4 cm; L. 5 cm Kyoto, spätes 18. Jh. Der große shishi mit beweglicher Kugel im geöffnetem Maul richtet seinen wilden Blick nach oben. Auf dem Rücken liegt ein Jungtier, das in die entgegengesetzte Richtung schaut. Die Gestaltung der Tiere wurde inspiriert von Malvorlagebüchern. Abb. 21 Shoshoku e kagami, 1794, S. 21a (oben) 452 SHISHI Elfenbein H. 3,9 cm Sign.: Mitsuharu Kyoto, 2. Hälfte 18. Jh. Dieser sich umwendende shishi mit beweglicher Kugel im Maul und mit über einen Ball gelegten Vorderpranken ist eine typische Arbeit für Mitsuharu aus Kyoto. 453 SHISHI Elfenbein, Augen aus Horn H. 3,9 cm; Ø 3,1 cm Frühes 19. Jh. Das seltene Thema des shishi in einer Kugel, der diese wie eine Eierschale durchbricht, ist als shishi no tamago (Die Geburt des shishi) bekannt. 125 454 SHISHI MIT BALL Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn H. 3,6 cm; L. 4,7 cm Sign.: Ikkôsai Mitte 19. Jh. 457 SHISHI Elfenbein H. 2,7 cm Sign.: Gyokuyôsai Edo, Mitte 19. Jh. Der shishi mit beweglicher Kugel im Maul legt seine Vorderpranken über einen Brokatball. Auf dem Körper befinden sich kleine Haarwirbeln in Gravur. Für Ikkôsai, der für seine figürlichen Netsuke bekannt ist, ist diese eine ungewöhnliche Arbeit. Der shishi auf einem flachen Sockel spielt mit einem Ball, der der Zähmung seines Temperamentes dient. 455 SHISHI UND JUNGES Elfenbein H. 6,4 cm Kyoto, 2. Hälfte 18. Jh. Eine ungewöhnliche und amüsante Variante des shishi-Themas ist diese Darstellung einer nach oben schauenden Löwenmutter, auf deren Kopf ein Jungtier sitzt, das sich umwendet. Die Drehung der Körper bringt Bewegung in die statische Dreiecksform. 456 SHISHI Elfenbein L. 6,2 cm 2. Hälfte 18. Jh. Die dreieckige Form dieses Stückes ist typisch für das 18. Jahrhundert. Ein solch langestreckter shishi und der Schweif, der wie ein Fliegenwedel aussieht, sind ungewöhnlich. Den Ball hält er mit den Vorderpranken und seiner Kinnlade fest. 458 SHISHI Elfenbein, Ball aus Holz H. 2,9 cm 1. Hälfte 19. Jh. Der Löwe versucht, über einen überdimensionalen Ball zu klettern. Im Maul des Tieres befindet sich eine bewegliche Perle, wobei die Fangzähne deren Herausrollen verhindern. 459 SHISHI Buchsbaum, negoro-Lack und makie H. 3,6 cm Frühes 19. Jh. Dieses Siegel-Netsuke mit shishi-Knauf wirkt wie eine Nachahmung eines BronzeSiegels. Das Halsband mit anhängender Glocke und der dünnen Schweif sind Merkmale chinesischer Löwen-HundDarstellungen. 460 SHISHI Buchsbaum, Standplatte aus schwarzbraunem Holz, Reste von Lackvergoldung H. 3,5 cm 1. Hälfte 19. Jh. 126 Entsprechend der Verbindung des shishi mit der buddhistischen Lehre, legt das Tier hier seine Pranken über einen Tempelgong (mokugyo). Ein ähnliches Stück ist im Sôken kishô abgebildet. 461 SHISHI Buchsbaum, Pupillen aus Gelbmetall H. 3,4 cm 19. Jh. Der muskulöse shishi steht auf einer flachen Sockelplatte. Die Energie dieses Tieres kann durch den kleinen Ball nicht gebändigt werden. Mähne und Ohren wehen wie von einem Windstoß erfaßt nach hinten. 462 ZWEI SHISHI Buchsbaum, Augen aus gelbem und schwarzem Horn H. 3,3 cm Sign.: Hideharu 2. Hälfte 19. Jh. Ein Jungtier klettert über den Rücken des Muttertieres. Die Beine sind im Verhältnis zum Körper sehr dünn. Die Köpfe beider unterscheiden sich von den üblichen Darstellungen durch ein Aussehen, das mehr dem von Dämonen als jenem von Tieren ähnelt. 463 SHISHI Elfenbein L. 4,3 cm 1. Hälfte 19. Jh. 464 SHISHI UNTER EINEM WASSERFALL Kagamibuta-netsuke Platte: shibuichi, Silber und Gold; Kapsel: Elfenbein Ø 4,4 cm Mitte 19. Jh. Auf den Rücken eines shishi prasselt ein Wasserfall. Dieses aus der Malerei der Kano-Schule entlehnte Motiv ist eine Allegorie auf den unerschütterlichen Glauben an die buddhistische Lehre. 465 SHISHI Siegel-Netsuke Elfenbein H. 3,6 cm Sign.: Kokusai Tokyo, spätes 19. Jh. Der auf einem ovalen Sockel sitzende shishi beißt zur Zähmung seines Temperaments in eine Kordel, die am Ring eines Brokatballs befestigt ist. Auf der Unterseite befinden sich die Siegelschriftzeichen koku und sai, wobei das Loch der Schnurführung Bestandteil des zweiten Schriftzeichens ist. Kokusai signierte in Siegelschrift und war bekannt für die Verfremdung der beiden Schriftzeichen. Auch wenn Motiv, Material und Schnitztechnik nicht dem bekannten Stil Kokusais entsprechen, könnte es sich aufgrund der Qualität und des raffinierten Arrangement der Schriftzeichen um eine Arbeit dieses Künstlers handeln, als er noch unter dem Einfluß seines Lehrer Gyokuyôsai stand. Der shishi spielt mit einem durchbrochenen Ball, in dem sich eine bewegliche Kugel befindet. 127 DAS KIRIN Das kirin ist das bekanntesten Komposittier. Seine Gestalt setzt sich zusammen aus dem Kopf eines Drachen, dem Körper eines Hirsches, den Beinen und Hufen eines Pferdes und dem Schwanz eines Ochsen. Die aus den Gelenken steigenden Flammenzungen verweisen auf seine überirdische Abstammung. Das markanteste Merkmal jedoch ist das einzelne, gebogene Horn auf dem Kopf. Das Tier verkörpert sowohl das weibliche (ki) als auch das männliche Element (rin). Eine chinesische Enzyklopädie berichtet, daß das kirin von zwei Sternen gezeugt wurde, die sich alle tausend Jahre nur einmal treffen. Von dieser romantischen Erzählung rührt sein Image des Einzelgängers und des ewig Einsamen. Wenn das kirin gelegentlich zu Besuch auf die Erde kommt, bleibt es unbemerkt, weil es sich so leise bewegt und so sachte auftritt, daß es kein Lebewesen stört, daher gilt es als die Verkörperung der Grazie und Güte. Es frißt weder frische Pflanzen noch lebende Tiere, auch besitzt es keine Stimme. Sein Erscheinen gilt als gutes Omen und prophezeit das Kommen eines großen Herrschers. In den Darstellungen des kirin in der Malerei und den Holzschnittbüchern – nur das Morokoshi kinmô zui (Bilderlexikon über China, 1719) bildet in Band 4 ein sitzendes kirin ab – tänzelt es mit geschupptem Körper und mit graziös angehobenen Hufen über den Erdboden. Als Netsuke ist dies schwierig zu gestalten und möglicherweise haben deshalb Tomotada und andere Schnitzer aus Kyoto in der 2. Hälfte des 18. Jahrhundert einen kirin-Typ entwickelt, der auf seinen Hin- terläufen sitzt, den Hals nach oben gestreckt und das Maul zum Ruf geöffnet hat. 466 KIRIN Elfenbein H. 4,4 cm; L. 5,5 cm 18./19. Jh. Das kirin mit zwei Hörnern auf dem Kopf und geschupptem Körper ist im Begriff, sich aufzurichten. Die Form dieses Netsuke folgt der Biegung der ursprünglichen Zahnwandung und bildet den handlichen Knauf dieses Siegels mit Schriftzeichen in relievo. 467 KIRIN Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 8,1 cm 19. Jh. Der kirin hat den langen Hals nach oben gestreckt und das Maul zu seinem lautlosen Ruf geöffnet. Die Schnurführung verläuft zwischen den eng zusammengestellten Beinen und nicht wie üblich oberhalb einer Flanke und der Unterseite. 468 KIRIN Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 6,7 cm Spätes 18./19. Jh. DAS BAKU Im Wakan sanzai zue wird das baku beschrieben als Komposittier mit Elefantenrüssel, Augen eines Rhinozeros, dem Schwanz eines Ochsen und den Füßen eines Tigers. Es frißt alles, auch die bösen 128 Träume der Menschen. Bereits in der Tang-Dynastie (618-906) hatte das baku die Aufgabe, das Böse abzuwehren, wie aus einem Gedicht des Bai Juyi (772-846, jap. Hakurakuten) hervorgeht, und es gab in Japan die Sitte, bakuDarstellungen als Talisman gegen die Pest an Häusern aufzuhängen (Eskenazi 1993, S. 124). Das baku wird auch mit dem Nandina (nanten)-Strauch in Verbindung gebracht (nanten bedeutet auch „Schwierigkeiten aus dem Weg räumen“). Die Darstellung in dem Wakan sanzai zue und Kinmô zui (1666) ähnelt einem Tapir, während Tachibana Morikuni (1679-1748) in seinen zahlreichen Malvorlagebüchern dem baku ein shishiähnliches Aussehen verleiht. Diesen letzteren baku-Typ haben sich die NetsukeSchnitzer als Vorbild genommen. Das baku ist ein Tier der Nacht und wird daher zum Mond hochschauend dargestellt. Die eindrucksvollsten Interpretationen des baku schufen die frühen Schnitzer aus Osaka und Kyoto. 469 BAKU Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 5 cm Sign.: Hôzan 18. Jh. Die Merkmale des baku sind deutlich zu erkennen: das einzelne Horn, der Elefantenrüssel, der Schweif, die Pranken eines Tigers und die Flammen, die aus den vorderen Gelenken steigen sowie der schuppige Panzer auf dem Rücken. 470 BAKU Elfenbein H. 3,3 cm 2. Hälfte 19./ frühes 20. Jh. Ehemalige Sammlung Jordan Ein kleines baku kauert auf einem kastenförmigen Sockel und krallt die Pranken um die Oberkante. Proportionen und Knauf entsprechen denen eines Siegels. Doch weist das Stücke weder Tragespuren eines Netsuke noch Siegelfarbereste im Material auf. 471 BAKU Elfenbein H. 4,3 cm 20. Jh. Der Traumfresser hat die Gestalt eines Tapirs, der auf einer Nackenstütze mit Kissenrolle (makura) steht und aus dem Kissen die bösen Träume saugt. Diese neuzeitliche Interpretation zeigt, daß das Fabeltier auch im heutigen Aberglauben verwurzelt ist. 472 HAKUTAKU Elfenbein H. 4,2 cm 18. Jh. Das Fabeltier hat einen Löwenkörper mit großen Pranken, ein einzelnes kräftiges Horn und große Flammen an den Gelenken. Hakutaku wurden oft in dieser Siegelform dargestellt. Die Schriftzeichen sind stark verspielt geschrieben und nicht zu lesen. 129 Das Morokoshi kinmô zui illustriert ein hakutaku, das Vorbild für dieses Netsuke gewesen sein könnte. Abb. 22 Morokoshi kinmô zui, 1719, Bd. 14, S. 9a 473 KIRIN ODER KAICHI Narwalzahn, Pupillen aus braunem Horn H. 3,2 cm 1. Hälfte 19. Jh. Mit einem angehobenen Huf steht das einhörnige Fabeltier auf einer ovalen Platte. Der große, kantige Kopf mit Bart und wildem Ausdruck, der schuppenlose Körper, das stark ausgeprägte Rückgrat und der buschige Schweif sind Hinweise, daß es sich hier möglicherweise um das Fabeltier vom Typ kaichi handelt, das oft ein wilderes und männlicheres Aussehen hat als das kirin. Abgeb. in: Daruma 13, Bd. 4, Nr. 1 (Winter 1997), S. 42 474 Einhorn Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 5,4 cm 18. Jh. Das grazile Tier hat den Körper eines Hirsches, dazu den langen, buschigen Schwanz eines shishi. Es könnte sich um eines der zahlreichen chinesischen Einhörner handeln, z.B. das tianlu (jap. tenroku) oder lu (jap. roku) Wahrscheinlich handelt es sich bei dem Stück um ein ehemaliges Siegel. 475 TENROKU Elfenbein H. 3,9 cm Frühes 19. Jh. Der Kopf dieses Tieres ähnelt dem eines Kamels oder Widders, der Körper entspricht einem Hirsch. Auch dieses Stück war ursprünglich ein Siegel. 476 SUISAI Ryûsa-manjû Walroßzahn Ø 4 cm 2. Hälfte 19. Jh. Das Fabeltier mit kurzem Horn und Schildkrötenpanzer auf dem Rücken springt mit seinen Kuhbeinen über Wellen, deren hohen Gischtzungen sich über dem Tier einrollen. Die Rückseite zeigt in einem Rund ein Bananenblättermotiv. Dieses Wesen wird in der japanischen, enzyklopädischen Literatur suisai (Wasserkuh), später auch kaima (Meerespferd) genannt. Die Darstellung des suisai mit nach hinten gewendetem Kopf wurde möglicherweise von der Illustration im Ehon shoshin hashiradate inspiriert. Abb. 23 Ehon shoshin hashiradate, 1794 (Erstauflage 1715), Bd. 1, S. 4a (unten) 477 PHANTASIETIER Buchsbaum L. 3,3 cm 20. Jh. 130 Dieses Tier hat zwar die Attribute eines Drachens, in seiner Gesamterscheinung wirkt es jedoch wie ein Eber. DER DRACHE Der Drache (ryû/tatsu) ist in China das zweite der kosmologischen Tiere und in ganz Ostasien das fünfte Zodiaktier. Er repräsentiert den 3. Monat und steht für die Stunden von 7 bis 9 Uhr. Der Drache verkörpert das männliche Prinzip und wird mit Wind, Regen und Wolken in Verbindung gebracht. Da er für den Frühlingsregen, der die Saat zum Sprießen bringt, verantwortlich ist, verkörpert er die immerwährende Erneuerung des Universums und die geheimnisvolle, regenerative Macht der Schöpfung. Der chinesischen Überlieferung nach soll das Spiel zweier Drachen mit einer Perle Regen verursachen. Der Drache führt in der enzyklopädischen Literatur die Schuppentiere an. Das Wakan sanzai zue illustriert acht verschiedene Drachen. An erster Stelle steht der Drache, der aus den Wolken kommt (ryû/tatsu) und einen Schlangenkörper mit Zacken am Rückgrat hat. Auf dem Kopf sitzen zwei Hörner und vom Kinn hängen Barthaare. Die kurzen Beine enden in drei, vier oder fünf Klauen. Dieser Drachentyp mit einer von Flammen umzüngelten Perle (Symbol der Reinheit) kommt in der Kunst am häufigsten vor. Andere Drachen, die auch als Netsuke dargestellt werden, sind der geflügelte, gehörnte Drachen (hiryû/tobitatsu) und der schlanke, schuppenlose Regendrache (amaryû). 478 DRACHE Elfenbein H. 4,2 cm; L. 5,8 cm 18. Jh. Ehemalige Sammlung Buzaglo Das rechteckiges Elfenbeinstück ist beschnitzt mit einem Drachen, der aus den Wolken herabsteigt und auf die Wasseroberfläche aufsetzt. Patina auf der Rückseite, Altersrisse, die große Bohrung für die Schnurführung und massige Form sind Hinweise auf eine Arbeit aus dem 18. Jahrhundert. Abgeb. in: Aalderink, 1985, Kat.-Nr. 463 479 AMAKURIKARA Elfenbein L. 13,2 cm 18. Jh. Amakurikara ist die Verkürzung des Wortes amaryû-kurikra-ken (Wörtlich: Schwert, um das sich ein Drache windet). Dargestellt ist ein zweischneidiges Zeremonialschwert im chinesischen Stil mit einen vajra-Griff, um dessen Klinge sich ein geschuppter Drache windet. Der Überlieferung nach kam es zwischen der Schutzgottheit Fudô Myôô und dem Vertreter einer anderen Religion zum Wettkampf, bei dem sich Fudô in den Drachen Kurikara verwandelte, sich um das Schwert des Gegners wand und dieses von der Spitze her verschlang. Dieses Schwert wurde als Kurikara-Fudô verehrt. Ein solches Schwert wird auch in Verbindung gebracht mit dem Mönch Kôbô daishi (774-835) der Shingon-Sekte des esoterischen Buddhismus. Eine Legende besagt, 131 daß er ein amakurika-Schwert benutzte, als er eines Tages, um die Bevölkerung vor einer Trockenperiode zu bewahren, um Regen bat (amagoi). Daher heißt dieses Schwert auch amagoi-ken. Dieses Netsuke könnte die Funktion eines Talismans für die Bitte um Regen, der zur Bewässerung der Reisfelder wichtig war, gehabt haben. Vielleicht handelt es sich hier um eine Anspielung auf den rakan Handaka Sonja. Abb. 24: Hokusai manga, 1875 (Erstauflage wahrscheinlich 1850), Bd. 13, S. 2b Der Körper des Drachen bildet einen Kreis und umschließt eine bewegliche Kugel. Die Darstellung veranschaulicht die Bedeutung des Drachens als Bewahrer und Beschützer der Perle (tama), Symbol der buddhistischen Lehre. 480 GEFLÜGELTER DRACHE Elfenbein, Pupillen aus Horn L. 7,1 cm 19. Jh. Dieses kompakte Stück ist eine Kopie nach dem Modell, das im Sôken kishô abgebildet ist und zusammen mit fünf weiteren auf der Doppelseite illustrierten Netsuke dem Schnitzer namens Unjudô Shumemaru zugeschrieben wird. Dort wird es wegen der Flügel als hiryû bezeichnet. Auf dem Rücken sind statt der üblichen Schuppen Vogelfedern geschnitzt. Der runden Öffnung im Boden entspricht keine zweite Öffnung (wie bei himotôshi nötig). Abb. 25 Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 6b 481 DRACHE Elfenbein H. 1,5 cm; L. 4,8 cm Sign.: Jusen 19. Jh. Ein Drache entsteigt einer Almosenschale und legt seine Vorderkrallen auf den zusammengerollten Teil einer Querrolle, auf dem ein Fliegenwedel liegt. 482 DRACHE Buchsbaum H. 3,6 cm Ca. 1830/1840 483 DRACHE Buchsbaum H. 5 cm; L. 2,3 cm Sign.: Fushô Ca. 1830/1850 Der zusammengerollte Drache bildet eine handliche, kompakte, rechteckige Form. Die Oberfläche weist deutliche Tragespuren auf. Dieser Typus wurde von Fushô mehrfach geschnitzt. 484 DRACHE IN EINER KALEBASSE Elfenbein H. 4,5 cm Sign.: Toyomasa Sasayama, Provinz Tanba, ca. 1865/1883 In einem gekrümmten Doppelkürbis (hyôtan) befindet sich ein Drache, der durch drei große Öffnungen in der Wandung zu sehen ist. Dies ist wahrscheinlich eine Anspielung auf den sennin Chinnan, der einen Drachen aus einer Schale oder einem Kürbis steigen läßt. 132 Das Motiv eines Tieres in einer Frucht hat Toyomasa oft dargestellt. Ein ähnliches in Holz gearbeitetes, Toyomasa signiertes Netsuke befindet sich im Victoria & Albert Museum, London. Das Material Elfenbein ist aber für diesen Schnitzer ungewöhnlich. Nach Alain Ducros handelt es sich hier um eine Arbeit seines Sohnes, Hidari Toyomasa (auch bekannt als Toyoyasu, 18101883). Veröffentlicht in Ducros 1993, S. 20 (nicht abgebildet) 485 DRACHE Buchsbaum, Pupillen und Knäufe (jiku) der Rolle aus schwarzem Holz L. 3,9 cm Sign.: Masami Ise, ca. 1970/1983 Der Drache entsteigt einer Hängerolle. Dieses Motiv wurde auch von Masamis Onkel Masashige geschnitzt (Sunamoto 1987, S. 104). 486 DRACHE Buchsbaum, Augen eingelegt H. 2,2 cm; L. 4,4 cm Sign. auf Elfenbeinplättchen: Tanetoshi Kyoto, ca. 1978 (erworben 1991) Der mächtige zusammengerollte Drache beißt in seine Schwanzspitze. Eine Kralle seiner großen Klauen hat er über das Juwel gelegt. Ein solches Drachen-Netsuke wurde im Mai 1978 in einer Ausstellung zeitgenössischer Netsuke von Sunamoto Ivory & Co., Ltd. in Tokyo angeboten. 487 DRACHE Ebenholz, Pupillen aus grün schillerndem Perlmutt L. 4,6 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Robert L. Greene Das Tier schaut aus einem aufgerollten kakemono (Hägerolle). Dies ist möglicherweise eine Anspielung auf den berühmten chinesischen Maler Wu Daozi des 8. Jahrhunderts. Der Legende nach soll er einen Drachen gemalt haben, der so realistisch war, daß er lebendig wurde und davon schwebte. Abgeb. in: Eskenazi 1973, Kat.-Nr. 58 488 DRACHE Manjû-Netsuke Silber, Augen und tama mit Spuren von Vergoldung Ø 5,1 cm Sign.: Kikugawa und kaô Edo, ca. 1830/1870 Die Schauseite dieses manjû zeigt einen sich windenden Drachen mit einer tama auf fein gepunztem Grund (ishime); auf der Rückseite sind aufreißende Wolken dargestellt. 489 DRACHE Manjû-Netsuke Porzellan mit Unterglasurblaudekor; Pflock aus Bein (ergänzt) B. 4 cm Ca. 1850/1880 133 Zwischen spiralig sich einrollenden Wolken ist ein Drache erkennbar. Das manjû gehörte ehemals zu einem wohl in ähnlicher Weise dekorierten Porzellaninrô. Diese waren in der Ära Bunka (18041818) und Ära Bunsei (1818-1830) in Mode. Kleine Brennöfen unter lehensfürstlicher Schirmherrschaft wie Kotô in Ômi (heute Präfektur Shiga), Otokoyama in Kii (heute Präfektur Wakayama), Kameyama in Kyoto und Mikawachi (Hirado-Ware) in Hizen (heute Präfektur Nagasaki) produzierten solche Ensembles, die von den daimyô als Geschenke verteilt wurden. 490 REGENDRACHE Holz L. 7,1 cm Spätes 19./20. Jh. Der amaryû mit zweigeteiltem Schwanz kriecht über ein langes Blatt. 491 REGENDRACHE Obstbaumholz H. 6,2 cm Im Stil des 18. Jh. Ehemalige Sammlungen Behrens und Brockhaus (Index-Karte Nr. 1792, erworben 1908) Auffallende Merkmale dieses stehenden Drachens sind das angedeutete Horn auf dem Kopf, der S-förmige Hals, der schuppenlose Körper und die winzigen, spitzen Füße. Dieser Netsuke-Typ ist im Sôken kishô in der Abteilung Tôbori (Chinesische Schnitzereien) abgebildet und hat zahlreiche Nachahmer gefunden. (Abb. 13) 492 REGENDRACHE Elfenbein H. 3,8 cm; L. 5,8 cm 19. Jh. Der schuppenlose Drache mit zwei Hörnern und S-förmig gewundenem Körper und zweigeteiltem Schwanz ist stilisiert dargestellt. Ohren, Brauen, Barthaare, Nüstern, die aus den Gelenken hervortretenden Flammenzungen und die schlanken Krallen rollen sich volutenartig ein. Alle Charakteristika bis auf die beiden Hörner sind Hinweis auf einen amaryû. Dieses Netsuke wurde von der Illustration eines Drachen im Sôken kishô inspiriert. Abb. 26 Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 15a 493 REGENDRACHE Ryûsa-manjû Elfenbein Ø 4,2 cm Tokyo, ca. 1875 Die Gestaltung des amaryû mit sehr schlankem, glattem Körper, großem Kopf mit gesträubter Mähne, aufgerissenem Maul und sich einrollender Nase ist typisch für die Schnitzer aus Asakusa. Auf der Rückseite ist ein Wasserstrudelmotiv zu sehen. Ähnliche amaryû-Motive sind im Musterbuch Banbutsu hinagata gafu abgebildet. Da jeweils zwei Ansichten gezeigt werden, handelt es sich wohl um Motive für ryûsamanjû. Diese Dekore werden kodai moyo (Muster aus alter Zeit) genannt. Abb. 27: Banbutsu hinagata gafu, 1874, Bd. 2, S. 8a 134 494 REGENDRACHEN Ryûsa-manjû Hirschhorn B. 4 cm Tokyo, ca. 1875 Ehemalige Sammlung Liss Über einer stilisierten Wolke stehen sich zwei Regendrachen gegenüber, zwischen ihren geöffneten Mäulern befindet sich ein Juwel. Abgeb. in: Denis Szeszler, „Some Master Netsuke Carvers Working in the Meiji Period“, in: NKSJ, Bd. 13, Nr. 4 (Winter 1993), S. 22, Abb. 23 495 REGENDRACHE Ryûsa-manjû Walroßzahn Ø 4,7 cm Tokyo, ca. 1870/1880 Aus einem dreibeinigen Weihrauchbrenner im chinesischen Stil entsteigt in der Art einer Rauchfahne ein schlanker Regendrache. Er ist umgeben von Wolken, Lotosknospe und stilisierten aoi (Aasarum caulescens)-Blättern. Form, Material und Motiv sprechen für eine Arbeit aus dem Umkreis des Kokusai. PHÖNIX Der hôô, im europäischen Sprachgebrauch als Phönix bezeichnet, ist das dritte der vier übernatürlichen Tiere. Sein Körper setzt sich zusammen aus dem Kopf eines Huhnes, dem Hals einer Schlange und dem Rücken einer Schildkröte. Der Überlieferung nach erscheint der Vogel nur in Zeiten des Friedens und Wohlstandes. Er symbolisiert daher das Glück. Als Motiv wurde der Phönix in China vorzugsweise auf Bildern und Gegenständen dargestellt, die in Verbindung mit dem Kaiserhaus standen. Dieser Bezug zum Kaiserhaus und dem Shogunat wurde in Japan übernommen. Als Netsuke ist der Phönix, mit Ausnahme der ryûsa-manjû derSchnitzer, die im Stil des Kokusai arbeiteten, nur selten anzutreffen. 496 PHÖNIX Elfenbein H. 3,9 cm 1. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Bushell Der männliche Phönix, erkennbar an seinen pfauenähnlichen Schwanzfedern und dem kleinem Kamm, kauert mit zum Picken geneigtem Kopf über einem tonnenförmigen Gebilde aus kiri-Blüten, -Blättern und Blattranken. Hôô-Vogel und kiri sind ein festes Motiv. Abgeb. in: Bushell 1975, S. 219, Abb. 708 497 PHÖNIX Kagamibuta-Netsuke Platte: Steinzeug mit Emailfarben und Gold; Kapsel: schwarz gefärbtes, ausgebürstetes tagayasan-Holz Ø 5,3 cm Satsuma-Ware Wahrscheinlich Tokyo, ca. 1880 Die gewölbte Platte dieses kagamibuta ist dekoriert mit einem hôô-Vogel sowie kiri. Dieser Typ von Keramik ist unter dem 135 Begriff Satsuma bekannt. In der Art dieser Kagamibuta-Platte wurden auch Knöpfe und Gürtelschnallen für den Export in den Westen hergestellt. 498 PHÖNIX Ryûsa manjû Bein, vielleicht Hirschhorn H. 2,3 cm; L. 3,5 cm 19. Jh. Auf beide Seiten des eiförmigen manjû ist ein stilisierter Phönix mit ausgebreiteten Schwingen geschnitzt. Das manjû ist sehr gut ausgehöhlt und daher ungewöhnlich leicht. 136 Tiere Seit dem 18. Jahrhundert fanden zunehmend Tiere Eingang in das Repertoire der Maler und Kunsthandwerker. Wahrscheinlich steht dies in Zusammenhang mit dem Interesse an den Naturwissenschaften, das durch die Einfuhr zoologischer und anderer naturwissenschaftlicher Bücher aus Holland geweckt wurde. Stark beeinflußt von den neuen, naturwissenschaftlichen Methoden des Zeichnens und geleitet von dem Bestreben nach naturgetreuer Wiedergabe war der Maler Maruyuma Ôkyo (1733-1795) in Kyoto. Er und seine zahlreichen Schüler schufen naturalistische Tierbilder, die auch das Verhalten der Tiere unter- und miteinander zeigen. Am häufigsten finden sich unter den Netsuke die Tiere des Zodiakus. Die japanische Zeitrechnung basierte bis zur Meiji-Zeit auf den Zehn Erdstämmen (jikkan) und den Zwölf Himmelszweigen (jûnishi). Die Kombination dieser beiden Reihen ergibt einen Sechzigerzyklus, nach dem im alten Kalender die Jahre, Monate und Tage durchgezählt wurden. Den Zwölf Himmelszweigen werden folgende Tiere zugeordnet: Ratte, Stier (Ochse), Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Widder (Ziege), Affe, Hahn, Hund und Eber. Netsuke, die eines dieser Tiere darstellen, konnten an einem Tag, in einem Monat oder während eines ganzen Jahres, dem spezifischen Tierkreiszeichen entsprechend, getragen werden. Man kennt auch Kombinationen von Tieren, die eine Doppelstunde anzeigen, Sätze von zwölf Tierkreiszeichen oder Netsuke, die alle zwölf Tiere vollplastisch oder im Relief auf einem manjû oder auf einer Walnuß darstellen. Viele Tiere entnahmen die Schnitzer dem Alltag der Bauern oder Fischer. Die Bergwelt war bewohnt von Hirschen, Wölfen, Affen, Bilchen und Adlern. In Feld und Flur lebten Füchse und Dachse, Marder, Hasen, Eber, Wachteln, Schlangen und Kröten. Fische wurden wohl wegen ihrer Bedeutung als Grundnahrungsmittel immer wieder dargestellt. Die Abbildung von Insekten kam in der Malerei des späten 18. Jahrhunderts auf und beeinflußte auch die Schnitzer. Die Zodiakus-Tiere gehörten mit zu den ersten Netsuke-Motiven, die nicht von chinesischen Sujets beeinflußt waren. Die Schnitzer Tomotada, Masanao und Okatomo sowie ihre Nachfolger in Kyoto ab der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts spezialisierten sich auf diese Tiere. Sie schufen realistische Wiedergaben, wobei artspezifische Eigenschaften und jahreszeitliche Assoziationen berücksichtigt wurden. Tier-Netsuke wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dann vorwiegend von den Schnitzern in den Provinzen Ise und Owari hergestellt. Die Masanao in Ise sind für ihre Kröten, Hasen und Eber berühmt geworden. In Tsu schuf Minkô vor allem Tiger und tanuki, während Kokei sich auf Kröten und Ziegen spezialisierte. In Nagoya und dem nahegelegenen Gifu waren Ratten besonders beliebt, und eine Reihe von Schnitzern dort haben Schnecken gefertigt. Alle Darstellungen zeichnen sich durch eine naturgetreue Wiedergabe aus, oft wurde auch die Unterseite sorgfältig ausgeführt. In vielen Fällen bildet eines der Hinterbeine eine natürliche Öffnung für die 137 Schnurführung, im Gegensatz zu den Tier-Netsuke des späten 18. Jahrhunderts in Kyoto, wo die Löcher des himotôshi in die Unterseite und in die Flanke eines Tieres geschnitten sind. Diese kleinen und kompakten Netsuke sind raffinierte und elegant konzipierte Tierstudien. In der Zeit um 1830 bis 1850 wurden vor allem von Toyomasa aus Tanba Netsuke in Form von Tieren in einer Frucht (Kürbis, Kastanie) oder einem Ei geschnitzt: Affen, Drache, Schlange u.a. Eine Vorliebe für Insekten hatten die Netsuke-Schnitzer aus der Provinz Iwami. Sie bezogen Spinnen, Tausendfüßler und Ameisen in ihre Arbeiten ein. 499 ZODIAKUS Walnuß, Pupillen aus Gold H. 3,2 cm Sign.: Rokujûgo (der 65jährige) Kôzan 1851 Die Darstellung der zwölf Tierkreiszeichen (jûnishi) auf Nüssen gehört zu den größten Bravourstücken der Netsuke-Schnitzerei. Hier dargestellt sind: der Affe in einem Pfirsich-Baum, der Hahn auf einem Felsen, die Ratte auf Daikokus Reisballen, Ochse, Pferd, Hund und Ziege auf der Weide, der Drache in den Wolken, der Hase über Wellen, der Eber zwischen sasa (Zwergbambus) an einem Felsen, der Tiger schaut zum Drachen hoch. 500 ZODIAKUS Elfenbein, Augen aus verschiedenen Materialien H. 6,6 cm Sign.: Tanetoshi Kyoto, ca. 1978 (erworben 1989) Um einen großen, aufsteigenden Drachen gruppieren sich die anderen elf, großen und kleinen Tiere des Zodiakus, die den Körper des Drachen wie eine Leiter nutzen. Tanetoshi hat hier ein Thema, das auch von seinem Vater Meigyokusai gerne geschnitzt wurde, in einer neuartigen Weise interpretiert. DER AFFE Der Affe (saru) ist das neunte Zodiaktier, das den 7. Monat repräsentiert und die Stunden zwischen 15 und 17 Uhr anzeigt. Der Affe steht mit Fruchtbarkeit in Verbindung und man glaubt, daß er die Menschen vom Bösen bewahrt, Krankheiten abwehrt und zu Nachwuchs verhilft. Er wird in Verbindung gebracht mit der Wegegottheit Kôshin, die eine Rolle spielte bei der alljährlichen Nachtwache am 57. Tag des Jahres, wenn die Dämonen auf der Flucht waren, sowie mit dem Sannô-Kult. Außerdem ist der Affe Bote des Berg-Gottes (Yama-nokami). Früher fungierte der Affe als Beschützer der Pferde in den kaiserlichen Ställen und diente als dressiertes Tier zur Belustigung der Bevölkerung. Er ist Thema der Erzählung von Ryûjin, der Qualle und dem Affen sowie des Kindermärchens Saru kani kassen (Der Streit zwischen dem Affen und der Krabbe), wobei er zusammen mit einer Krabbe, einer Wespe und einer Kastanie dargestellt wird. Wahrscheinlich beeinflußten die chinesischen Affen-toggle die frühesten Affendarstellungen unter den Netsuke. Der Affe war in China ein beliebtes togg138 le-Motiv, da das Wort hou sich für verschiedene Wortspiele und Rebusse eignete. Sie haben einen rundlichen Kopf mit kreisrunden Augen, oft drei wellenförmige Stirnfalten und einen grinsenden Mund mit Falten in den Mundecken. Die späteren Darstellung von Affen zeigen ihn hingegen mit einem naturalistisch ausgeformten Kopf, in Sippen, bei der Fürsorge der Jungen, in Situationen, die seine Neugier befriedigen, beim Naschen von Früchten und beim Lausen. Die Netsuke-Schnitzer nutzten die Darstellungen von Affen auch gerne als eine Satire auf menschliche Schwächen. 501 ZWEI AFFEN Buchsbaum, Pupillen aus Horn H. 3,9 cm; B. 5,2 cm 18. Jh. Am Fuße eines Felsens, hält ein Affe den Fuß eines anderen fest, der mit einem Pfirsichzweig flieht. Unwillkürlich denkt man an Songokû, eine der Hauptfiguren im chinesischen Roman Saiyûki (siehe Kat.Nr. 94 und 95), der in den Palastgarten der Seiôbô unerlaubt die Pfirsiche der Unsterblichkeit frißt. 502 DREI AFFEN Elfenbein Ø 4,8 cm 18. Jh. Die drei Affen bilden einen Kreis, wobei sie jeweils mit der linken, nach hinten gehaltenen Pfote den folgenden Affen abwehren. Möglicherweise wurde hier ein alter, als Netsuke dienender Elfenbeinring (kara) umgestaltet. Die drei Affen können mit Kôshin, Wegegott und Schutzgottheit in Verbindung gebracht werden. 503 AFFE Elfenbein H. 4,4 cm 18. Jh. Der Affe mit Pfirsichzweig erinnert in seiner Haltung an den Netsuke-Typus des auf einem Felsen sitzenden rakan. 504 AFFE Elfenbein H. 2,4 cm; B. 3,9 cm 18./frühes 19. Jh. Der Affe mit über den Rücken gelegter Pfote liegt auf einer geriffelten Kastanie und hält die Schnur einer Schelle. Solche Schellen hängen an Shinto-Schreinen und dienen der Anrufung der Götter. 505 AFFE Siegel-Netsuke Elfenbein H. 5,4 cm 18. Jh. Der Affe mit eboshi auf dem Kopf steht auf einem doppelkürbisförmigen Sockel und hält ein Bambusrohr. Hier wird der Ausspruch „saru ni eboshi“ (dem Affen eine vornehme Mütze aufsetzten) illustriert, ein Ausdruck für nicht standesgemäßes Verhalten. Auf der Unterseite befinden sich zwei Siegelschriftzeichen. 139 506 DREI AFFEN Elfenbein H. 4,2 cm 18. Jh. In einem bizarr geformten Rebstock mit Trauben hockt ein Äffchen. Aufgrund des für Japan ungewöhnlichen Sujets und des Stils könnte es sich um ein chinesisches toggle handeln. Drei spielende Affen klettern an einem Stellschirm (tsuitate) herum. 511 AFFE Kagamibuta-Netsuke Platte aus Eisen mit Einlagen aus Kupfer und Gold; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,3 cm 1. Hälfte 19. Jh. 507 AFFE Elfenbein H. 2,9 cm; B. 3,2 cm 18. Jh. Der verschmitzt grinsende Affe in einem gespaltenen Pfirsich ist eine Anspielung auf die Märchenfigur Momotarô, der aus einem Pfirsich geboren wurde. 508 AFFE Elfenbein H. 1,8 cm Frühes 19. Jh. Das Äffchen, das an der ärmellosen Weste als der dressierte Affe eines sarumawashi zu erkennen ist, liegt auf einem steifen Fächer von chinesischer Art. 509 AFFE Elfenbein H. 2,1 cm; L. 4,5 cm 18./frühes 19. Jh. 510 AFFE Elfenbein H. 3,3 cm 18. Jh. oder früher Die Platte ist dekoriert in Relief mit einem Gaukleraffen, der von einem Seil hängt und einen Fächer schwingt. 512 AFFE Elfenbein H. 2,3 cm; B. 3,9 cm Mitte 19. Jh. Es gibt keine Deutung dieses Themas eines aus einer Kastanie krabbelnden Affens. Die Kombination von Frucht und Tier kann sich aus dem gleichen Habitat erklären. 513 SIEBEN AFFEN Elfenbein H. 2,2 cm; L. 6,3 cm Frühes 19. Jh. Die Darstellung von sieben Affen auf einem Kahn ist möglicherweise eine Persiflage auf die Sieben Glücksgötter im Drachenboot. 140 514 ZWEI AFFEN Elfenbein H. 3,1 cm Ca. 1800/1830 Ehemalige Sammlung Wohlthat Ein kleiner Affe zieht eine überdimensional große Schelle an einem geschulterten Seil hinter sich her. Die Darstellung erinnert an das Motiv von Benkei, der die Glocke von Miidera den Hiei-Berg hochschleppt (Siehe Kat.-Nr. 253). Auf der Schulter der Affenmutter mit Pfirsichen in beiden Pfoten kauert ein Junges. Die süßen Früchte sind Hinweis auf die Naschsucht dieser Tiere. 518 AFFE UND SCHILDKRÖTE Elfenbein, Augen aus Horn H. 3,6 cm 19. Jh. 515 ZWEI AFFEN Tierzahn H. 2,5 cm; B. 3,6 cm Frühes 19. Jh. Zwei Affen stehen neben einem riesigen Pfirsich und packen dessen dicken Stengel. Die Umkehrung der Größenverhältnisse war ein beliebtes Gestaltungsmittel der Netsuke-Schnitzer. 516 AFFE Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 3,1 cm Sign.: Ransen Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh. Freudig schaut das Äffchen auf den Zweig mit zahlreichen, im Sommer reifenden biwa (Mispeln). 517 AFFE UND GLOCKE Buchsbaum, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 3,2 cm; B. 4,3 cm Mitte 19. Jh. Das Thema „Saru kame no noru“ (Der Ritt des Affen auf einer Schildkröte) geht auf eine alte Legende (setsuwa) im Konjaku monogatarishû (Sammlung von Erzählungen aus alter und neuer Zeit) aus dem 12. Jahrhundert zurück. Die Qualle namens Kurage, die vor Urzeiten wie eine Schildkröte aussah, wird von Ryûjin, dem Drachenkönig, ausgeschickt, um die Leber eines Affens zur Heilung seiner Frau oder seiner Tochter Toyotama Hime zu beschaffen. Während die Schildkröte den Affen zum Drachenpalast bringt, kann dieser durch eine List seinem Schicksal entkommen. 519 AFFE UND SCHILDKRÖTE Holz, Augen aus hellem und dunklem Horn, (ergänzter) Kopf der Schildkröte aus Elfenbein H. 2,9 cm; B. 3,8 cm 2. Hälfte 19. Jh. 520 AFFE UND KRABBE Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,6 cm; L. 3,7 cm 19. Jh. 141 Eine Krabbe sitzt auf dem Kopf eines Affens, der sich mit den Pfoten gegen sie wehrt. Hier wird das Märchen Saru kani kassen (Der Streit von Affe und Krabbe) illustriert, in dem sich die vom Affen überlistete Krabbe wehrt und rächt. 521 AFFE Buchsbaum, Augen aus hellbraunem Horn H. 2,6 cm; L. 3,5 cm Sign.: Harumitsu Ise-Yamada, Präfektur Mie, spätes 19. Jh. Der Affe sitzt über einer Kaki-Frucht und macht die bekkanko-Geste (Holzauge sei wachsam). Die Darstellung spielt an auf das Märchen Saru kani kassen, in dem der Affe die Krabbe überlistet, um in Besitz einer Kaki zu kommen. Für Harumitsu ist dies eine ungewöhnlich kleine Arbeit von großer handschmeichlerischer Qualität und mit natürlichen Tragespuren. 522 AFFE IN KASTANIE Elfenbein H. 3 cm; B. 3,4 cm Sign.: Naoaki Spätes 19. Jh. Ein Affe in einer fein geriffelten Kastanie schaut aus einer Öffnung furchtsam auf eine große, heranschwirrende Wespe. Auf der Rückseite befindet sich zwischen den beiden Löchern eine weitere Wespe. Die fetten Larven und der Honig der Feldwespe sind für den Affen ein Leckerbissen. In China gibt es den Rebus „feng hou“ (Wespe und Affe), der auch soviel bedeutet wie „mit einem Grafenrang belehnt werden“. Doch die Darstellung hier steht si- cherlich in Verbindung mit dem Märchen Saru kani kassen. Die überlistete Krabbe rächt sich am Affen, in dem sie eine Kastanie und eine Wespe als Mitstreiter gewinnt, den Affen zu peinigen. 523 DIE DREI AFFEN Pottwahlzahn (?) H. 4,5 cm 19. Jh. Dieses Netsuke aus einer Zahnspitze ist auf der Schauseite abgeflacht und mit drei stark stilisiert wiedergegebenen Affen (sanpiki saru) dekoriert, die mit ihren Pfoten Augen, Mund und Ohren zuhalten. Auf der unregelmäßig gestalteten Rückseite befindet sich ein Frosch. In Japan gab es auf dem Land aufrecht stehende, oben spitz zulaufende Steine (kôshintô oder kôshinzuka genannt, in Anspielung auf die Wegegottheit Kôshin), die mit den sanpiki saru beschnitzt waren und denen geopfert wurde. Hier ist wohl ein solcher Stein dargestellt. Ursprünglich drückten die Drei Affen den Wunsch aus, daß nichts Böses in den menschlichen Körper (bzw. die drei wichtigen Körperöffnungen Augen, Nasenlöcher und Mund) eindringen möge. Erst später wurden die drei Affen zum Sinnbild des guten Benehmens bzw. der Lehre des „nichts Böses sehen, nichts Böses sprechen, nichts Böses hören“ (Casal 1956, S. 23). 524 AFFE Buchsbaum H. 3,2 cm Sign.: Kaigyoku; Siegel: Masatsugu Osaka, Mitte 19. Jh. 142 Der Affe rollt sich zu einer Kugel zusammen und hält sich mit allen vier Pfoten Augen, Ohren und Mund zu. Er verkörpert somit die Affendreieinikeit in einem Tier. Ein solches Affen-Netsuke wird von Matsura Seizan in seinen Notizen Kasshi yawa über seine vor 1818 zusammengestellten inrô und Netsuke-Sammlung beschrieben. Dieser Affentypus ist auch im Takarabukuro (1837) des Ôhara Mitsuhiro (1810-1875) (Nr. 52) erwähnt und kôshinsaru tituliert. Mit dieser Bezeichnung ist der Bezug zum Schutzgott Kôshin eindeutig und man kann annehmen, daß solch ein Affe als Talisman zur Abwehr des Bösen fungierte. Mitsuhiro und Kaigyogusai waren Zeitgenossen, und offenbar hat Kaigyokusai dieses Motiv von seinem Schnitzerkollegen übernommen. Kaigyokusai, der dieses Modell oft hergestellt hat, hat auf die Wiedergabe des Fells in Relief oder Gravur gänzlich verzichtet, so daß die Maserung des Holzes gut zur Geltung kommt. Dieser originelle Netsuke-Typus hat Carl Fabergé (1846-1920), der selber eine große Netsuke-Sammlung besaß, zu einer Kopie sowohl in schwarzem Obsidian als auch in hellgrünem Amazonit angeregt (Luigi Bandini, „Fabergé. The Netsuke Collector“, in: INCS, Bd. 8, Nr. 2 [September 1980], Umschlag und S. 28). 525 DREI AFFEN Buchsbaum, Augen rot eingelegt H. 3,7 cm Sign.: Masateru Osaka, ca. 1900 Die Drei Affen hocken in und neben einer großen Kastanie. Masateru, der Enkel des Kaigyokusai, hat hier das Thema des Affen in einer Kastanie und die sanpiki saru kombiniert. Abgeb. in: INCSJ, Bd. 11, Nr. 4 (März 1984), S. 14 526 ZWEI AFFEN Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn H. 3,9 cm Sign.: Masanao Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2. Hälfte 19. Jh. Ein sitzender Affe sucht den gekrümmten Rücken eines kleineren, kauernden Affens nach Läusen ab. Die große Arbeit wirkt wie ein okimono. 527 AFFENGRUPPE Buchsbaum H. 3,8 cm; B. 4,1 cm Aufschrift: Minkô 2. Hälfte 19. Jh. Die Affenmutter beißt in einen kleine Frucht. Sie ist umgeben von drei Jungen und einem Hund. Das Äffchen, das auf dem Hund reitet, trägt einen eboshi und hält einen gohei. Auf der Unterseite befindet sich ein Kaki-Zweig. Das okimonohafte Netsuke ist eine spätere Arbeit, wahrscheinlich aus Nagoya. 528 AFFE Elfenbein H. 3,9 cm Spätes 19. Jh. Der Affe mit einer Brille auf der Nase wundert sich über das Netsuke in Form 143 eines Totenkopfes, das an einem tabako-ire hängt. Die Nachahmung menschlicher Tätigkeiten durch einen Affen ist auch in der Malerei und unter den Bronzearbeiten der Meiji-Zeit anzutreffen. 529 ZWEI AFFEN Elfenbein, Pupillen aus braunem Horn H. 10,5 cm 2. Hälfte 19. Jh. Der sitzende Affe mit Pfirsichzweig bildet mit einem langen Arm ein hohes, spitzes Dreieck. In der Öffnung sitzt ein kleinerer Affe, der mit einem überlangen Arm nach der Frucht greift. Diese ungewöhnliche Darstellung ist wohl Anspielung auf einen tenaga. 530 Affe Hirschhorn, Pupillen aus braunem Horn H. 11,4 cm Sign.: Masayuki Tokyo, spätes 19. Jh. Der stilisierte Affe war ein geeignetes Motiv für die sashi-netsuke und obihasami der sogenannten Asakusa-Schnitzer. Der Affe hier trägt einen Binsenschurz eines Malayen und scheint mit seinen langen Beinen einen ashinaga zu parodieren. Der Kopf erinnert an einen kappa. Ungewöhnlich sind die übereinandergelegten Hände und Füße. Verschiedene Interpretationsmöglichkeiten sind ein Merkmal der oft rätselhaften Sujets der von Kokusai beeinflußten Schnitzer. 531 AFFE AUF FÄCHER Elfenbein, Pupillen aus Glas H. 2 cm; L. 5,9 cm Sign.: Masatami Osaka, ca. 1870/1890 Der Affe kauert auf einem Faltfächer, der auf der Oberseite mit Pflaumenblütenzweigen und auf der Unterseite mit Kiefernzweigen und Mond dekoriert ist. Der Fächer könnte von einem manzai-Tänzer sein, und der Affe das Tier eines Affengauklers, die beide als Unterhalter zu Neujahr durch die Straßen zogen. 532 AFFENGRUPPE Elfenbein, Pupillen aus Glas H. 4,5 cm Sign.: Masatami Osaka, ca. 1870/1890 Ein Affenjunges mit Kaki-Zweig hockt auf dem Rücken des Muttertieres, das eine Okame-Maske hält. Masatamis Affen sind an den großen Köpfen, kleinen, geöffneten Mäulern mit einer Reihe regelmäßiger Zähne und den winzigen, tief liegenden Augen mit Pupillen aus Glas leicht zu erkennen. 533 AFFENGRUPPE Elfenbein, Pupillen aus Glas H. 4,7 cm Ca. 1870/1890 Die Affenmutter wird von vier Jungen umlagert, die auf ihr herumklettern und an ihr zerren. Diese große, okimono-artige Tiergruppe erinnert an ähnliche Arbeiten des Masatami. 144 534 AFFE Elfenbein H. 3,9 cm Spätes 19. Jh. sen. Als Reittier des Samurai gilt es als Symbolfigur für Mut, Männlichkeit und Ausdauer. Im Shinto-Kult wurden meist weiße Pferde (shinme) als Opfergaben dargebracht. Volker hält das Pferd als Netsuke für einen Talisman für Glück und erfolgreiche Liebesaffären. 535 AFFE Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 5,4 cm Sign.: Yûkô Ca. 1970/1980 (erworben 1984) Der Affe hat die Arme nach oben ausgebreitet, als ob er von einem Ast hinge; andererseits steht er im Gleichgewicht auf einem Bein. Die Ausbalanzierung dieser Schnitzarbeit ist bravourös. 536 STOCKGRIFF Hirschhorn, Augen schwarzem Horn H. 12,7 cm Spätes 19. Jh. der Krabbe aus Der Griff ist in der Art eines mit Zwergbambus bewachsenen Felsens mit Sturzbach gestaltet. Ein Affe hockt auf der Felsenspitze, der Gegenstand in seiner Hand fehlt. Aus einer Höhle kriecht eine Krabbe. Diese Kombination läßt an das Märchen Saru kani kassen denken. DAS PFERD Das Pferd (uma) ist das siebte Tier des Zodiak, das den 5. Monat repräsentiert und für die Stunden zwischen 11 und 13 Uhr steht. Das Pferd wurde seit dem 5. Jahrhundert in erster Linie als Reittier benutzt und hatte eine besondere Bedeutung im Kriegs-, Verkehrs- und Postwe- 537 KAMEL Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 3,9 cm 18. Jh. Das einhöckrige Kamel steht in grasender Haltung auf einer Sockelplatte, in dessen Unterseite sich zwei Siegelschriftzeichen befinden. Wahrscheinlich war ein chinesisches Siegel Vorlage für dieses Stück. Kamele werden im Japanischen rakuda genannt; dieser Begriff klingt wie der umgangssprachliche Ausdruck „raku da“ (das ist gut). Im 18. Jahrhundert waren Kamele in Japan nur durch Illustrationen in chinesischen Büchern oder in Form von Siegelknäufen bekannt. 538 GRASENDES PFERD Buchsbaum H. 5,2 cm 2. Hälfte 18. Jh. oder später Der Netsuke-Typ des grasenden Pferdes ist um die Satteldecke und das um Bauch und Rücken zu einer Schlaufe gebundene Tuch bereichert. Interessant ist, daß der dreieckige Querschnitt dieses Stückes übernommen wurde von den Modellen in Elfenbein, obwohl es keine materialbedingte Notwendigkeit dafür gab. Das himotôshi besteht aus der Verbindung zwischen ei145 nem Loch im Rücken und einem Loch im Bauch des Pferdes. Im Ehon shoshin hashiradate ist ein angebundenes Pferd (tsunagi uma) abgebildet. Es befindet sich in einem shogunalen oder fürstlichen Stall und eine reich verzierte Decke ist um seinen Leib gebunden, die auf dem Rücken verknotet ist. 539 GRASENDES PFERD Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 5,1 cm 2. Hälfte 18. Jh. Das Pferd, das mit gesenktem Kopf und eng zusammengestellten Hufen im Gleichgewicht steht, ist der älteste Typus unter den Pferde-Netsuke. Die Gestaltung zeigt, wie geschickt das kostbare Material genutzt wurde: Schauseitig und in Aufsicht bildet das Tier ein Dreieck. Das grasende Pferd mit angehobenem Vorderhuf ist in den Malvorlagebüchern zwar dargestellt, doch diese extreme Haltung ist eine Stilisierung, die der Schnitzer in Anbetracht der möglichst materialsparenden Bearbeitung entwickelt hat. Eine interessante Spekulation ist, daß es sich bei diesem Netsuke-Typus um das im chinesischen Shijing (Buch der Lieder, 10./6. Jh. v. Chr. ) erwähnte weiße Pferd handelt, auf dem chinesische Weise das Land in Zeiten des Unfriedens verlassen (INSJ, Bd. 22, Nr. 3 [Herbst 2002], S. 18). Abb. 28 Ehon shoshin hashiradate, 1794 (Erstauflage 1715), Bd. 1, S. 10a 540 Grasendes Pferd Elfenbein H. 6,1 cm 2. Hälfte 18. Jh. Auf dem Rücken des Pferdes ist ein Kirschblütenzweig mit anhängendem Gedichtstreifen (tanzaku) (wohl in späterer Zeit) graviert. Diese Kombination nimmt Bezug auf den meist als Reiter dargestellten Minamoto Yoshiie (1041-1108) und dessen berühmtes tanka-Gedicht über fallende Kirschblüten am Grenztor von Nakoso: Fuku kaze wa/ Nakoso no seki to/ omoe domo/ michi mo senichiru/ yamazakura kana (Am Grenztor von Nakoso/ obwohl kein Wind bläst/ warum ist der Bergpfad bedeckt mit Kirschblüten (siehe englische Übersetzung Joly 1908, S. 578 und Volker 1975, S. 108). 541 GRASENDES PFERD Elfenbein, Pupillen aus Horn, Lackreste H. 4,7 cm 2. Hälfte 18. Jh. Hier wurden altersbedingte Materialrisse derart umgestaltet, daß sie Flecken im Fell darstellen, die mit vergoldetem Lack gefüllt sind. 542 GRASENDES PFERD Elfenbein H. 4,8 cm 2. Hälfte 18. Jh. Die Bohrungen für das himotôshi befinden sich bei diesem Stück am Bauch und am Schwanz. Üblicherweise ist der Schnurka146 nal horizontal verlaufend am Rücken angebracht. 543 LIEGENDES PFERD Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 3 cm; L. 3,5 cm Sign.: Rakuzan Mitte 19. Jh. In den Malvorlagebüchern wird das Pferd kraftvoll springend, laufend oder stehend dargestellt. Lediglich das Shasei kemono zuga zeigt ein bäuchlings liegendes Tier mit zur Seite gewandtem Kopf. Abb. 29 Shasei kemono zuga, 1719, Bd. 1, S. 14b 544 LIEGENDES PFERD Holz H. 3,7 cm; L. 3,6 cm Mitte 19. Jh. Dieses muskulöse Pferd hat den unverhältnismäßig langen Kopf nach hinten gewendet. Die Unterseite ist nicht plan geschnitzt. 545 LIEGENDES PFERD Buchsbaum, Pupillen aus dunklem Horn H. 2,9 cm Sign.: Harumitsu Ise-Yamada, Präfektur Mie, spätes 19. Jh. Das Pferd dreht den Kopf nach links; der lange Schwanz ist elegant um Flanke, Bein und Körper gelegt. Am Rücken zeichnen sich die Rippen ab. Möglicherweise stammt dieses Pferd aus einem Set von Tierkreiszeichentieren. Das Netsuke hat keine Tragespuren. 546 PFERD Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 4,9 cm Sign.: Masatsugu 2. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Weikh Sich umschauend, steht das Pferd mit besonders dünnen Beinen über einem mit Wasser gefülltem Waschzuber (oke). 547 ZWEI PFERDE Elfenbein H. 3 cm; L. 3,9 cm Spätes 19. Jh. Die liegenden Märe und der grasende Hengst auf einer Sockelplatte bilden einen griffigen Knauf eines möglicherweise ehemals als Siegel genutzten Netsukes. 548 WIEHERNDES PFERD Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 5,7 cm Sign.: Risshisai Kangyoku Tokyo, ca. 1973/1979 (erworben 1979) Die manierierte Gestaltung und die feine Politur des Materials sind typisch für diesen Schnitzer. 147 549 PFERD IN EINEM FLASCHENKÜRBIS Elfenbein L. 4,4 cm Sign.: Tomonobu 20. Jh. Die japanische Bezeichnung dieses Themas ist „hyôtan kara koma ga deru“ (aus einem Flaschenkürbis kommt ein Fohlen heraus). Der Spruch bedeutet „von einem merkwürdigen Vorfall“ und ist eine scherzhafte Verdrehung von „jôdan kara honma ga deru“ – „aus Spaß wird Ernst“ (Ehmann, 1927, S. 85, Nr. 828 und S. 112, Nr. 1061). 550 LIEGENDES PFERD Elfenbein, Augen aus braunem schwarzem Horn H. 2,4 cm; L. 4,2 cm Aufschrift: Jugyoku Ca. 1980 (erworben 1981) und Das Netsuke ist ein gutes Beispiel einer modernen, imitativen Arbeit, wie sie, mutmaßlich in Indonesien hergestellt, in den späten 1970er Jahren in Deutschland verkauft wurde. Ungewöhnlich sind die sichtbaren Zähne. Für eine moderne Arbeit spricht die graue Einfärbung des Fells und deren Abrieb, wobei die Fellgravuren selber keine Abnutzungsspuren zeigen. 551 PFERD Elfenbein H. 5,7 cm 18. Jh. Ehemalige Sammlung Behrens Auf dem grasenden Pferd mit in Gravur dekorierter Satteldecke sitzt ein Kind mit Flöte und einer Sichel in der Rechten. Im Sockel sind anstelle von Schriftzeichen stilisierte Wellen (seigaiha) graviert. Der Kommentar von Joly im BehrensKatalog lautet: „…there is no doubt of this piece having been worn, yet it has no holes, nor does it show any definited evidence of having been fastened with a cord.“ (Joly 1912, S. 145) Abgeb. in: Joly 1912, Tafel LII, Nr. 3957 DER HIRSCH Der Hirsch (shika, Cervus nippon) ist – da er sehr alt wird – in China und Japan ein Symbol des langen Lebens. Das Schriftzeichen für Hirsch wird in China lu (jap. roku) ausgesprochen, was in China auch „Beamtengehalt“ bzw. Reichtum/hohes Einkommen bedeutet. Als einziges Tier kann es den Pilz der Unsterblichkeit, den reishi, finden. In Japan fungiert der angeblich 1500 Jahre alte Hirsch als Begleiter der Glücksgötter Jurôjin und gelegentlich auch des Fukurokuju. Der Hirsch wird in Japan der Gottheit des Kasuga-Schreins in Nara zugeordnet. Im Park dieses Schreins sind die Tiere eine Attraktion für Pilger und Besucher. In der japanischen Dichtung sind Hirsch und Ahorn das Sinnbild des Herbstes und der Melancholie par excellence. 552 LIEGENDER HIRSCH Elfenbein, Augen aus Horn H. 1,8 cm; L. 5,2 cm Spätes 18. Jh. 148 Die zurückschauende Haltung bei liegenden Tieren entspringt dem Wunsch, ein formal kompaktes und kompositorisch in sich geschlossenes Stück zu schnitzen. Winzige Stichelpunkte geben die Fellflecken wieder. 553 LIEGENDER HIRSCH Elfenbein, Pupillen aus dunklem Horn H. 2,1 cm; L. 5,5 cm Sign.: Tomokazu Spätes 18. Jh. Dieses Modell eines sich das Fell putzende Hirschens ist häufig gefertigt worden. Kleine, runde Kerben geben die Fellpunkte wieder. 554 HIRSCH UND AFFE Elfenbein H. 1,4 cm; L. 3,9 cm Um 1800 Hinter einem liegenden Hirschen sitzt ein Äffchen mit Pfirsichzweig. Hirsch und Pfirsich sind beides chinesische Symbole des langen Lebens. 555 HIRSCHKUH MIT KITZ Elfenbein H. 1,8 cm; L. 4,5 cm Um 1800 Während Rinder gelegentlich mit Kälbern dargestellt werden, ist die Darstellung einer Hindin mit Kitz selten. Das Jungtier richtet sich am Geweih der Mutter auf. 556 ÄSENDER HIRSCH Buchsbaum H. 3,4 cm Frühes 19. Jh. 557 ÄSENDER HIRSCH Elfenbein H. 2,3 cm 1. Hälfte 19. Jh. Das Tier beißt in einen Ahornzweig, dessen Blätter die Standfläche bilden. Die Kombination von Hirsch und Ahorn geht auf ein berühmtes Gedicht des Sarumaru Tayû (9. Jh.) aus dem Hyakunin isshu (Von hundert Dichtern je ein Gedicht) zurück: Oku yama ni/ momiji fumi wake/ naku shika no/ koe kiku toki zo/ aki wa kanashiki (Tief in den Bergen/ streift durch glühendes Rotlaub/ röhrend der Hirsch./ Sein sehnsuchtsvolles Rufen/ stimmt traurig mich im Herbst. [J. Berndt 1987, Als wär’s des Mondes letztes Licht am frühen Morgen, Hundert Gedichte von hundert Dichtern aus Japan, Frankfurt/Main o.S.]) 558 HIRSCH Elfenbein, Pupillen aus dunklem Horn H. 4,6 cm Sign.: Ran’ichi Kyoto, Mitte 19. Jh. Der Hirsch steht röhrend auf einem Sockel, dessen Kerben einen Felsen andeuten. 559 HIRSCH Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,6 cm; L. 4 cm Sign.: Yûgetsu Provinz Kaga, ca. 1820/1830 149 Das liegende Tier hat den Kopf zurückgewendet. Die Hörner fehlen (Beschädigung). DER OCHSE Der Ochse/Stier (ushi) ist das zweite Tier des Zodiak, repräsentiert den 12. Monat und steht für die Stunden von 1 bis 3 Uhr. Im Zen-Buddhismus wird sein stoischer Charakter mit der meditativen Stille gleichgesetzt. Im Zen-Buddhismus erklärt eine Parabel, bekannt als der Zehn Büffel-Zyklus (die chinesischen Texte stammen aus dem 11. Jahrhundert), die verschiedenen Stadien des Verständnisses der Zen-Lehre bzw. der Erleuchtung. Die Lieder waren von Holzschnitten illustriert, die chinesischen und japanischen Künstlern in verschiedenen Medien Anregung boten und als die Zehn Büffel-Bilder (jûgyuzu) bekannt sind. In der Zen-Literatur gibt es zahlreiche Anspielungen auf Ochsen und Büffel. Ein kôan vergleicht das Streben nach Erleuchtung mit dem Paradoxon des nach dem Büffel Suchens während man auf ihm reitet und des Erreichen des Ziels mit dem Nachhauseritt. Der Ochse steht in Verbindung mit dem Kitano-Schrein in Kyoto und Tenjin (Sugawara no Michizane), dem Schutzgott der Literatur. In TenjinSchreinen werden Skulpturen eines liegenden Ochsen verehrt. In Japan gab es zudem den Brauch, kleine OchsenSkulpturen aus Stein in der Bildnische (tokonoma) aufzustellen. Wenn der Besitzer sich etwas wünschte, streichelte er den Ochsen, der deshalb nadeushi (wörtlich: Streichelochse) genannt wurde. Ging der Wunsch in Erfüllung, erhielt der na- deushi ein Kissen. Es gibt den Terminus „ushi no neta hodo“ (so groß wie ein liegender Ochse), das verwendet wird, wenn man eine große Menge, vor allem in Bezug auf Geld, ausdrücken möchte. Figuren von Ochsen gelten als Talisman gegen Krankheiten. Von Kaufleuten werden sie auch als Amulett zum Anlocken von Kunden verwendet. Die vielfältige Verwendung des Ochsens als Talisman wird wohl auch der Grund für die Häufigkeit dieses Netsuke-Motives sein. 560 OCHSE Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 1,8 cm; L. 4,8 cm Aufschrift: Tomotada Kyoto, spätes 18. Jh. Der liegende Ochse mit Nasen- und Leitseil ist ein häufiges und nur wenig variiertes Sujet des Tomotada und seiner Nachfolger in Kyoto. In den Malvorlagebüchern erscheint der liegende Ochse mit dem Kommentar nogai (auf der Weide). Die Abbildung im Ehon shahôbukuro und die NetsukeDarstellungen sind gut vergleichbar. Doch es ist bemerkenswert, daß die Schnitzer die Ochsen immer mit Leitseil dargestellt haben, also als Tier, das auf den Feldern eingesetzt wurde. Er ist daher ein Symbol für das Frühjahr und die Landwirtschaft. Abb. 30 Ehon shahôbukuro, 1720), Bd. 7, S. 19b 1770 (Erstauflage 150 561 KUH UND KALB Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,6 cm; L. 5 cm Spätes 18./frühes 19. Jh. Diese detailreiche Darstellung eines weiblichen Rindes mit Kalb entspricht dem Ochsen-Typus aus Kyoto. Das lange Leitseil ist um den Kopf gebunden. Die Unterseite mit sichtbaren Zitzen ist sorgfältig ausgearbeitet. 562 LIEGENDER OCHSE Elfenbein H. 2,1 cm; L. 6,5 cm Spätes 18./1. Hälfte 19. Jh. 563 LIEGENDER OCHSE Buchsbaum, Augen aus schwarzem Horn und Bein H. 2 cm; L. 4,3 cm Spätes 18./frühes 19. Jh. Der Rücken des liegenden Tieres ist stark gebogen; ein Seil liegt darüber in weiten Bögen. Zu beiden Seiten den Kopfes hängt das dicke Nasentau. 564 OCHSE Elfenbein H. 1,4 cm; L. 4,9 cm Frühes 19. Jh. Ein zur Seite schauender Ochse liegt auf einem chinesischen Blattfächer mit umgebogenem Griff und anhängender Kordel mit Quaste. Die Umkehrung der Größenverhältnisse ist ein typisches Merkmal der Netsuke- Kunst. Für die Kombination von Ochse und Blattfächer jedoch gibt es keine Erklärung. 565 OCHSE UND HIRTENKNABE Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,5 cm; L. 6 cm Aufschrift: Tomotada Kyoto, ca. 1800 Hinter dem liegenden Ochsen sitzt ein Rinderhirtenknabe (bokudô), nur gekleidet in eine kurze Jacke. 566 OCHSE UND HIRTENKNABE Elfenbein H 4,7 cm Frühes 19. Jh. Ein Hirtenknabe (bokudô) mit Sichel am Gürtel sitzt auf dem Rücken eines Ochsens mit dickem Nasentau und Leitseil. In dem Korb befinden sich Chrysanthemen. 567 OCHSE UND HIRTENKNABE Buchsbaum, Pupillen aus Horn H. 3,4 cm; L. 5,6 cm Spätes 18./ frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Jaffé, Nr. 111 Abgeleitet von den Illustrationen des Parabelzyklus „Die Zehn Büffel“, ist das Motiv des Hirtenknaben und Ochsens in vielfältiger Weise variiert worden. 568 OCHSE UND HIRTENKNABE Manjû-Netsuke Elfenbein Ø 5,3 cm 151 Sign.: Ichiyûsai und kaô 2. Hälfte 19. Jh. Der Flöte spielende Hütejunge sitzt rücklings auf einem Ochsen, der über ein Rinnsal steigt. Auf der Rückseite ist eine blattlose Trauerweide an einem befestigten Bachlauf dargestellt. Das Motiv ist in der zen-inspirierten chinesischen und japanischen Malerei sehr häufig. Die Darstellung wird in Verbindung gebracht mit dem 6. Abschnitt der Parabel der Zehn Büffel: Heimritt des singenden und Flöte spielenden Hirten auf dem Rücken des folgsamen Rindes. Die Suche nach dem Ochsen ist abgeschlossen. Der Hirte spielt eine Melodie und alles ergibt sich wie von selbst. 569 BÜFFEL UND HIRTENKNABE Kagamibuta-Netsuke Platte: shibuichi mit Kupfer, shakudô, Silber und Gold; Kapsel: Elfenbein Ø 4,3 cm Mitte 19. Jh. Im Nacken des Büffels sitzt ein Hirtenknabe, der mit einem Bambusrohr den Bullen antreibt. Das Fell des Ochsen ist in feiner Haargravur (kebori) wiedergegeben. 570 OCHSE Kagamibuta-Netsuke Platte: Kupfer mit Schwarzlack und okibirame, Relief aus shibuichi, Gold und Silber, himotôshi in Hirschhorn gefaßt; Kapsel: Holz, grün lackiert und okibirame L. 4,3 cm Mitte/2. Hälfte 19. Jh. Neben dem muskulösen Bullen steht ein Bauer, der das Tier mit Stock und Peitsche antreibt. Das Netsuke ist in jeder Hinsicht originell: die ovale Form, der grüne Lack der Kapsel, die mosaikartig dekorierte Platte und die bewegte Zeichnung von Mensch und Tier. 571 OCHSE Siegel Holz, Augen aus weißlichem und schwarzem Horn H. 3,9 cm 19. Jh. Der mächtige Bulle mit durch die Nüstern geführtem und in Bögen über den Rücken gelegtem Leitseil steht mit einem eingeknickten Vorderbein auf einem rechteckigen Sockel. Auf der Unterseite sind vier Siegelschriftzeichen eingeschnitten, die rot eingefärbt sind. Das große Siegel mit wenigen Gebrauchsspuren ist wohl nie als Netsuke getragen worden. Abgeb. in: O’Brien 1965, Abb. 34 DIE ZIEGE Die Ziege (hitsuji oder yagi) ist das 8. Zodiaktier. Sie repräsentiert den 6. Monat und steht für die Stunden zwischen 13 und 15 Uhr. Sowohl Ziege und Schaf sind in Japan nicht heimisch und wurden im 17. Jahrhundert von den Holländern nach Japan eingeführt. Die NetsukeDarstellungen dieser Tiere erlauben keine genaue Unterscheidung zwischen Ziege und Schaf bzw. Widder. In China gilt das Schaf „als Symbol kindlicher Pietät, weil es kniet, wenn es an der Mutter 152 säugt“ (W. Eberhard, Lexikon der chinesischen Symbole, Köln 1983, S. 249). Die Enzyklopädie Tôshô zôho kinmô zui taisei (1789) bildet zwei Typen von Ziegen ab: die langhaarige menyô (mukuhitsuji) und die kurzhaarige Ziege (hitsuji). 572 ZIEGE Elfenbein H. 5,7 cm 18. Jh. Eine stilisierte Ziege mit langem, elegantem Hals, zwei Hörnern und Bart sitzt mit umgewendetem Kopf und angehobenen Vorderbein. Dieser Tiertypus wird von Joly und Weber als siniu identifiziert (jap. saigyu). Es fehlen diesem Tier aber das Einhorn und die aus den Gelenken tretenden Flammen, die es eindeutig als Fabeltier ausweisen würden. Doch seit dem Artikel „The Siniu Enigma“ von C.U. Guido Schiller (INSJ, Bd. 22, Nr. 3 [Herbst 2002], S. 26) sollte es als geklärt gelten, daß es sich hier um eine „japanische Übernahme eines chinesischen Siegels in Form einer Ziege“ handelt. Im Sôken kishô ist ein Siegel abgebildet, dessen Knauf aus dem Oberkörper einer Ziege mit vergleichbarem Kopf und halbkreisförmig gebogenen Hörnern besteht. Die Bildlegenden lautet „ura ari in“ (auf der Unterseite ein Siegel). Abb. 31: Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 16a 573 ZIEGE UND AFFE Elfenbein H. 4,5 cm 18. Jh. Die Kombination der beiden Tiere stellt die Stunden von 3 bis 5 Uhr in der Früh und von 15 bis 17 Uhr am Nachmittag dar. 574 ZIEGE Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,9 cm; B. 4,5 cm Kyoto, spätes 18. Jh. Wegen der relativ kurzen Hörner könnte es sich hier um eine Geiß handeln. Die sorgfältig gestalteten Fellsträhnen sind typisch für eine Arbeit aus Kyoto aus dem späten 18. Jahrhundert. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 8 575 ZIEGE Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 4,4 cm 19. Jh. 576 WIDDER Buchsbaum, Pupillen aus Horn H. 3,1 cm; B. 4,1 cm Spätes 18./frühes 19. Jh. 577 ZIEGE Buchsbaum, Augen aus Horn H. 1,7 cm; B. 4,6 cm Sign.: Shunchôsai Provinz Tanba, ca. 1820/1850 Die flach liegende Ziege bildet mit ihrer starken Rückenkrümmung eine kompakte, runde Form. 153 578 ZIEGE Buchsbaum, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 3,1 cm; B. 3,7 cm Sign.: Masanao Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2. Hälfte 19. Jh. Die Ziege mit langem, dickem Fell sitzt mit untergeschlagenen Hinterbeinen und aufgestellten Vorderbeinen. Die Wirkung von in unterschiedliche Richtungen verlaufenden langen Fellsträhnen war das Hauptanliegen dieses Schnitzers. 579 WIDDER Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,8 cm; L. 4,2 cm Kyôto, 2. Hälfte 18. Jh. Ehemalige Sammlung Thomson Es ist die langhaarige Ziege, mit kräftigen Hörnern und dem langen Bart, die die Schnitzer am meisten angeregt hat. Dieser Netsuke-Typ kann dem Tomotada zugeschrieben werden. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 8 DER EBER Der Eber (inoshishi) ist das 12. Tier des Zodiak. Er repräsentiert den 10. Monat und steht für die Stunden von 21 bis 23 Uhr. Er gilt als starkes und mutiges Tier, das sich dem Gegner entgegenwirft und sich nicht zurückzieht. Er steht in direkter Verbindung mit der Schutzgottheit Marishiten, der von den Samurai verehrt wurde, und ist Patron der Bogenschützen. Im Volksglaube gab es die Meinung, wenn man am ersten Tag des Ebers im 10. Monat ein eberförmiges mochi verspeiste, würde man alle Arten von Krankheiten abwehren. Heute hat das Wort inoshishi auch die Bedeutung eines stürmischen und waghalsigen Mannes. Der Keiler wird mit dem Herbst assoziiert. Die Malvorlagebücher zeigen ihn im Galopp laufend oder zwischen Herbstgräsern schlafend. Ein schlafender Eber unter hagi bedeutet, daß man im Leben gelegentlich jemanden braucht, der schwächer ist als man selber (Volker 1975, S. 21). 580 WILDSAU UND FRISCHLING Elfenbein H. 1,8 cm; L. 6,3 cm Kyoto, 2. Hälfte 18. Jh. Muttertier und Junges schlafen friedlich auf einem Lager von Farnwedeln, Eichenblättern (kashiwa) und wilden Chrysanthemen (nôgiku), Pflanzen, die den Herbst symbolisieren. 581 EBER MIT FRISCHLING Elfenbein, Pupillen aus braunem Horn H. 3 cm Spätes 18. Jh. Unter dem Kopf eines großen Ebers mit geöffnetem Maul sitzt ein sehr kleines Jungtier in ähnlicher Haltung. 582 SCHLAFENDER EBER Maritimes Elfenbein (?) H. 2,6 cm; L. 5 cm Wahrscheinlich 19. Jh. 154 Die hier ungewöhnliche Zusammenstellung herbstlicher Pflanzen wie Riedgras (susuki), sarutoriibara (Smilax china L.) und Gräser sowie die Wimpern der geschlossenen Lider sind Hinweis auf eine spätere Interpretation dieses Themas. 583 EBER UND FRISCHLING Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,7 cm; L. 5,2 cm Ca. 1980 (erworben 1981) Dieses Modell ist eine moderne Kopie eines Netsuke-Typus von Masanao, von dem zwei Beispiele bekannt sind (Earl 2001, S. 328, Kat.-Nr. 296). Dieser Netsuke-Typus wurde auch als Brosche in Kunststoff hergestellt (INCS, Bd. 4, Nr. 3 [Dezember 1976], S. 42, Anzeige). 584 EBER UND AFFE Buchsbaum H. 4,5 cm; L. 6,1 cm Aufschrift: Tomotada 2. Hälfte 18./1. Hälfte 19. Jh. Auf dem runden Rücken des Keilers sitzt rittlings ein Gibbon (enku), der mit seinem überlangen Arm nach dem Schwanz des Ebers greift. Die Darstellung könnte eine Parodie auf Nitta no Shirô sein, der mit einem Messer rücklings auf einem Eber sitzend, dargestellt wird. Eber und Affe lassen sich auf folgende Legende beziehen: Beide Tiere dienten einem reichen Bauern, der eines Tages meinte, der Affe würde sein Kind erschrecken. Daher wollte er ihn töten. Die beiden ersannen daraufhin eine List, um dies zu verhindern. Der Eber entführte das Kind, das der Affe rettete und dem Bauern zurück- brachte. Somit verdiente sich der Affe die immerwährende Dankbarkeit seines Herren. 585 LIEGENDER EBER Buchsbaum H. 1,5 cm; L. 4,2 cm Sign.: Mitsunobu 1. Hälfte 19. Jh. 586 LIEGENDER EBER Buchsbaum, Hauer aus Elfenbein, Augen aus hellem Horn H. 2,3 cm; L. 4,2 cm 19. Jh. Das hitziges Temperament des Ebers findet seinen Ausdruck in der aggressiv vorgeschobenen Schnauze. 587 EBER Holz, Pupillen aus Horn, Hauer aus Elfenbein H. 3,6 cm; L. 6,8 cm Sign.: Masanao Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2. Hälfte 19. Jh. Der Kopf ist angehoben und das Vorderbein mit aufgestelltem Huf deutet darauf hin, daß das Tier im Begriff ist, sich aufzurichten. Ein identisches Modell ist in einem Skizzenbuch des Susuki Masanao anzutreffen, das sich im Besitz des Sakai Shinzan Masanao befand. Große Zodiakus-Tiere waren im späten 19. Jahrhundert als Set sehr beliebt. Eine Schnurführung bei diesem Stück ist zwar zwischen dem Hinterbein und Bauch möglich, doch ist es wegen seiner Größe un155 wahrscheinlich, daß dieses Stück als Netsuke getragen wurde. Abb. 32: INCJ, Bd. 2, Nr. 4 (1974), S. 37 DER TIGER Der Tiger (tora) ist das dritte Tierkreiszeichen, repräsentiert den 1. Monat und steht für die Stunden zwischen 3 und 5 Uhr in der Nacht. Er symbolisiert physische Kraft und Mut, verkörpert das männliche yang-Prinzip und steht für die Himmelsrichtung Westen und den Wind. Da der Tiger in Japan nicht heimisch ist, basieren die japanischen Darstellungen auf Abbildungen in der chinesischen Malerei und japanischen, illustrierten Büchern. Deshalb wirken die Tigerdarstellungen meist unrealistisch oder wie Karikaturen. Sehr häufig wird der Tiger zusammen mit Bambus dargestellt. Das Motiv ist in Japan als „take ni tora“ bekannt. Es versinnbildlicht die Gastfreundschaft des nachgiebigen Bambus gegenüber dem starken Tiger; denn dieses kräftigste unter den Tieren sucht während eines Gewittersturms Schutz im Bambushain und demonstriert somit, daß irdische Stärke der Macht der Naturgewalten unterlegen ist. Diese Darstellung wird aber auch als Sinnbild gedeutet für den mächtigen Herrscher, der die Unterstützung seiner Untertanen braucht. 588 TIGER Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 5 cm 18. Jh. Die stark gekrümmte Haltung des Tieres, das sich zwischen den Krallen putzt, sowie die Sockelplatte erinnern an die Form früher Siegel mit Knauf in Form von Fabeltieren (vgl. Kat.-Nrn. 469 und 472). 589 TIGER Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,8 cm; L. 5 cm Sign.: Tama (Gyoku) Kyoto, spätes 18. Jh./frühes 19. Jh. Die nach oben gewölbte Unterseite und der dreieckige Querschnitt des Netsuke sind charakteristische Merkmale einer Arbeit aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Gestaltung des Fells und der lange Schwanz sind typisch für Okatomo und seine Schüler. 590 TIGER Holz H. 3,5 cm; L. 4,9 cm Frühes 19. Jh. 591 TIGER Elfenbein H. 2,3 cm; L. 3,6 cm Sign.: Ranmei Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh. 592 TIGER Elfenbein, Pupillen aus dunklem Horn H. 2,9 cm; L. 4,5 cm Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh. Der Tiger mit geöffnetem Maul ist treffend dargestellt, wie er den Kopf nach hinten dreht, um sich mit der Tatze am Hals zu kratzen. 156 593 TIGER Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 3,2 cm; L. 4,5 cm Kyoto, frühes 19. Jh. Die artgemäßen Merkmale eines Tigers – der wilde Blick, das Fauchen – sind in einer übertriebenen und manierierten Weise wiedergegeben. Die bewegliche Kugel im Maul, eine Übernahme von shishiDarstellungen, ist für ein Tiger-Netsuke sehr ungewöhnlich. 594 TIGER Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,8 cm; L. 4 cm Kyoto, spätes 18. Jh. Der Tiger leckt sich das Vorderbein. Die Augen und buschigen Brauen, die Körperdrehung, die großen, rundlichen Tatzen, die sorgfältigen Fellgravuren und gewellten Fellstreifen sind typisch für Tiger-Netsuke aus Kyoto. 595 TIGER UND JUNGES Elfenbein H. 3 cm; L. 5,2 cm Kyoto, frühes 19. Jh. Der Kopf des Tigers mit zusammengepreßtem Maul, die angezogenen Schultern, durchgedrückte Rücken und der lange, in einer Wellenlinie über den Rücken gelegte Schwanz, sind die besonderen Merkmale dieses Netsuke. 596 TIGER Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 3,9 cm; L. 5,1 cm Sign.: Denshin Kyoto, spätes 18. Jh. Ehemalige Sammlung Weil Der Tiger reißt mit seinen Zähnen an einem der Scheidenblättern eines Bambusschößlings. Dieses Sujet ist nur bei Schnitzern aus Kyoto anzutreffen. Ein sehr ähnlicher Tiger, signiert Tomotada, befindet sich im Musée d’Ennery in Paris (Alain Ducros, „Netsuke in France“, NKSJ, Bd. 4, Bd. 3 [1983], S. 34). Abgeb. in: Hurtig 1973, S. 202, Nr. 850; Lazarnick 1982, Bd. 2, S. 1338; Japanische Netsuke, Inro und andere Sagemono, Galerie Zacke, Wien 1986, Kat.-Nr. 58 597 TIGER Elfenbein H. 3,6 cm Frühes 19. Jh. Der Tiger steht auf einer felsigen Standfläche unter Bambus, das Maul geöffnet, als ob er trinken wolle. Dieses Modell wurde häufig und in verschiedenen Größen geschnitzt. Das Motiv des an einem Bach trinkenden Tigers wurde von Malern der Kano-Schule oft dargestellt. 598 TIGER Elfenbein H. 2,9 cm; L. 3,6 cm Frühes 19. Jh. Die Umkehrung der Größenverhältnisse war bei Netsuke im frühen 19. Jahrhundert sehr beliebt. 157 599 TIGER Elfenbein H. 3,2 cm; L. 4,6 cm Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Topper Die Raubkatze hat ihre Tatzen auf ein Bambusrohr gelegt und wendet den Kopf mit schielendem Blick nach oben. 600 TIGER Pottwalzahn, Pupillen aus Horn H. 3 cm Frühes 19. Jh. Das Tier liegt auf einem Bambusknoten (fushi), an dem sich zwei abgestorbene Nebenzweige befinden. Mit anderen Schriftzeichen geschrieben, bedeutet fushi nicht nur „Vater und Sohn“, sondern auch „Nicht Sterben“ bzw. „Unsterblichkeit“, womit das Netsuke die zusätzliche Funktion eines Talismans erhält. Abgeb. in: Arts of Asia, Bd. 16, Nr. 4 (Juli/August 1986), S. 25 (Anzeige) 601 TIGER Buchsbaum, Pupillen aus Messing H. 2,6 cm; B. 4,1 cm Sign.: Minkô Tsu, Provinz Ise, frühes 19. Jh. Die kurzen, stämmigen Beine und die dicken, runden Tatzen dieses Raubtiers sind Merkmale der Tigerdarstellungen des Minkô. Dieser Typ wurde oft nachgeahmt. 602 TIGER Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn H. 3 cm; L. 4,9 cm Spätes 19. Jh. Der Tiger in fauchender, buckelmachender Haltung wird selten dargestellt. Die übertriebene Haltung der Raubkatze ist Hinweis auf eine späte Arbeit. 603 TIGERIN UND JUNGES Kagamibuta-Netsuke Platte: shibuichi, Details aus Gold und Silber Kapsel: Elfenbein Ø 5,2 cm 1. Hälfte 19. Jh. Diese Darstellung illustriert die Erzählung Tora no ko watashi (Das Übersetzen der Tigerjungen). Eine Tigermutter hat zwei friedfertige und ein aggressives Junges. Sie überquert mit ihnen einen Fluß siebenmal in einer Weise, daß nie ein friedliches Jungtier mit dem aggressiven Tier an einem der Ufer allein zurück bleibt. Hier ist dargestellt, wie eines der Jungtiere unter Aufsicht der Mutter alleine durch die Wellen schwimmt. 604 TIGER UND AFFE Tiger und Affe Walnuß H. 4,3 cm Sign.: Masanao Provinz Ise, Uji-Yamada, Mitte 19. Jh. Auf der einen Seite der Walnuß ist ein Tiger, auf der anderen ein Affe – beide im Bambushain – zu sehen. Die Kombination dieser beiden Zodiakustiere steht für die 158 Zeit zwischen der dritten und fünften Stunde des frühen Morgens und des Nachmittags. DIE KATZE Katzen (neko) wurden in der Heian-Zeit aus China eingeführt und dienten den Damen am Hof zur Unterhaltung (vgl. Kat.-Nr. 242). Im Laufe der Jahrhunderte wurden sie in Japan zum Haustier, wo Katzen auch zum Mäusefang gehalten wurden. Im Volksglauben gibt es einige Legenden von Katzen, die sich in Menschen verwandeln. Um diese kleinen Raubtiere ranken sich weiterhin etliche Sprichwörter. Das Wort neko bezeichnet in der japanischen Vulgärsprache nicht nur Vulva sondern auch Geisha, Musikantinnen bzw. Sängerinnen, die in Bordellen und Gasthäusern der Vergnügungsviertel arbeiteten, – auch weil der Klangkörper der samisen mit der Haut der Katze überzogen ist. 605 KATZE Elfenbein H. 2,7 cm; L. 3,8 cm 18. Jh. Genüßlich legt das Tier seine Tatzen auf eine awabi-Schale. 606 KATZE Buchsbaum H. 2,5 cm; L. 4,9 cm 18./19. Jh. Das Tier kauert über einer nur rudimentär ausgeführten awabi-Schale. 607 KATZE AUF EINEM BLATTFÄCHER Buchsbaum H. 2,1 cm; L. 5,4 cm Frühes 19. Jh. Das Motiv der schlafenden Katze ist ein charmantes Bild friedlicher Häuslichkeit. Hier ruht sie auf einem Blattfächer. Aus dem gravierten Fell sind große Fellflecken ausgespart. 608 KATZE Buchsbaum H. 3,1 cm; B. 3,8 cm 19. Jh. Die Katze leckt sich in typischer Pose die hochgereckte Hinterpfote. 609 KATZE Elfenbein, Pupillen des Fisches aus Horn H. 2,6 cm; L. 3,5 cm Frühes 19. Jh. Die Katze hat einen Fisch geschnappt und liegt über einem umgestülpten Mörser (suribachi), unter dem sich drei katsuobushi (getrocknete Thunfischfilets) befinden. Dies könnte eine Anspielung sein auf den Ausspruch „neko ni katsuobushi“, was soviel bedeutet wie: „Jemandem von einer Sache erzählen, auf die er sehr erpicht ist, oder ... den Bock zum Gärtner machen“ (Ehmann, 1927, S. 225, Nr. 2085). 610 KATZE Elfenbein H. 2,2 cm; L. 3,6 cm Frühes 19. Jh. 159 Das Tier liegt über einem Mörser (suribachi), an dem eine sich öffnende Archenmuschel (akagai) lehnt. Im Inneren der Schüssel befinden sich drei katsuobushi. Akagai ist der Form und des eßbaren roten Fleisches wegen auch ein volkstümlicher Ausdruck für die Geschlechtsteile der erwachsenen Frau. 611 KATZE Elfenbein H. 4,8 cm Frühes 19. Jh. Museums-Inv.-Nr. in schwarzer Tusche Eine getigerte Katze hockt in Lauerstellung auf einem Küchensieb und beobachtet eine sich öffnende akagai. Unter dem Sieb befinden sich zwei weitere akagai. 612 Katze Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 4,1 cm Aufschrift: Natsuki Ca. 1979 (erworben 1979) Die Arbeit ist gutes Beispiel einer hervorragenden, modernen Fälschung (vgl. Kat.Nrn. 550 und 621). 613 KATZE AN EINER LATERNE Elfenbein H. 2,4 cm; L. 4,6 cm Sign.: Minkoku Edo/Tokyo, ca. 1870 Ehemalige Sammlungen Fletcher und Jonsson Eine neugierige Katze mit einem Lätzchen steht mit den Hinterbeinen in einem Kasten und schaut in das Innere einer beschädigten Papierlaterne. Neben der Laterne liegt ein länglicher Kürbis (hechima) und ein kleiner Korb sowie Früchte. Das MCI (S. 705) zeigt die Darstellung einer Katze an einer Laterne mit den Schriftzeichen „Yanagibashi“, in der sich eine Ratte versteckt, eine Anspielung auf eines der eleganteren Vergnügungsviertel in Edo/Tokyo. Dort hingen rote Laternen vor den entsprechenden GeishaEtablissements und Katzen waren beliebte Haustiere dieser Damen. Abgeb. in: Hurtig 1973, S. 130, Nr. 530 614 KATZE UND WELS Elfenbein H. 1,3 cm; L. 3,9 cm Sign.: Hôsui Ca. 1880/1890 Ehemalige Sammlung Bushell Eine als Frau gekleidete Katze hockt auf einem Wels, den Kopf in menschlichem Habitus in die Pfoten gestützt. Das Netsuke ist eine ungewöhnliche, dreidimensionale Umsetzung eines namazu-e (Wels-Bild). Nach 1877 kamen diese satirischen Zeichnungen in illustrierten Zeitungen in Mode. Statt Erdbeben zu symbolisieren stand der Wels jetzt für die Regierungsbeamte mit modischem Schnurrbart und die Katzen mit shamisen für die Geisha, denen sie hörig waren (Kitani 1985, zit. in Timothy Clark, The Art of Kawanabe Kyôsai, Demon of Painting, London 1993, S. 155 und 156). Abb. 33 160 Eine Katze auf einem auf dem Rücken liegenden Wels, der von jungen Kätzchen gezogen wird. Aus: Kyôsai donga, 1881, abgeb. in: Timothy Clark, The Art of Kawanabe Kyôsai, Demon of Painting, London, 1993, S. 155 615 KATZE Elfenbein, Pupillen aus Horn Ø 3,4 cm 19. Jh. Das Kätzchen liegt auf einem Hut aus Schilfgras (sugegasa), unter dem sich ein Regenumhang (mino) befindet. 616 KATZE Elfenbein Ø 3,8 cm Frühes 20. Jh. Die kleine Katze kauert auf einem Strohhut. Unter dem Hut befinden sich stilisierte Ahornblätter, Kordeln und ein dünnes Zepter, unter dem das himotôshi verläuft. DER WOLF Der Wolf (yama-inu oder ôkami) ist in Japans Bergwäldern heimisch. Er war als Raubtier gefürchtet, wurde aber auch als Schutz vor Tieren geachtet, die die Ernten vernichteten. Unter den Netsuke wird der Wolf als hungriges, mageres Tier dargestellt, das über einer Hirschkeule, einem kleinen Tier oder einem Blattzweig kauert. Das Motiv wird mit dem Tomotada aus Kyoto in Verbindung gebracht. Wenn ein Wolf über einem Schädel kauert, wird das Sujet unterschiedlich gedeutet. Brockhaus (1925, S. 429) meint, es handle sich dabei um den Kopf eines gefallenen Kriegers. In Japan soll es aber auch üblich gewesen sein, die Körper hingerichteter Verbrecher dem Fraß wilder Tiere zu überlassen (Davey 1974, S. 146, Nr. 436), z.B. auf dem Richtfeld von Kozukahara bei Edo/Tokyo. Bushell meint, daß dieses Sujet die Angst des Reisenden ausdrückt, fern von Zuhause umzukommen, wo keine Familie ihm ein angemessenes Begräbnis ausrichten kann. (Christie's, New York, 23.4.1991, Lot 33) 617 WOLF UND TOTENSCHÄDEL Buchsbaum, Augen aus Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 5,4 cm Frühes 19. Jh. 618 WOLF Buchsbaum, Augen aus Bein H. 3,5 cm; L. 4,5 cm Aufschrift: Tomotada Kyoto, frühes 19. Jh. Mit geöffnetem Maul kauert das Tier über einer Hirschkeule. 619 WOLF Buchsbaum, Augen aus Bein H. 3,2 cm; L. 5,5 cm 1. Hälfte 19. Jh. Mit offenem Maul und gierigem Blick kauert der Wolf über einem Hasen. Obwohl der Wolf gefürchtet war, wurde er von den Bauern geschätzt, weil er Tiere, die die Ernte zerstörten, vertilgte. 161 620 WOLF UND AFFE Buchsbaum, Augen beider Tiere verschiedenfarbig eingelegt H. 3 cm; L. 4,7 cm Möglicherweise Gifu, spätes 19. Jh. Der magere Wolf beißt in den Arm eines kleinen Affen und hält ihn mit den Vorderpfoten am Boden fest. Die Haltung, die naturalistische Ausarbeitung der Rückenpartie sprechen für eine späte Arbeit. 621 WOLF Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn H. 4,8 cm Ca. 1979 (erworben 1979) Die Arbeit ist ein interessantes Beispiel einer modernen Fälschung. Das Stück stammt aus derselben Werkstatt wie die Katze (vgl. Kat.-Nr. 612), ersichtlich an der Gestaltung der Ohren, den Fellgravuren, der Plazierung der Pfoten sowie der Farbe des Elfenbeins. 622 MARDER Bein H. 1,8 cm; L. 4,7 cm Frühes 19. Jh. Das Tier liegt mit halb geschlossenen Augen auf einem Bett von Blättern und Zweigen. FUCHS Dem weißen Fuchs, der als Götterbote des Dakiniten im Lauf der Zeit in der Vorstellung der Leute zum Gott der Zerealien und der Ernte (Inari) wurde, sind zahlreiche Schreine gewidmet, an deren Eingang Fuchs-Skulpturen plaziert waren. In ihrem Maul befindet sich eine Perle bzw. ein Schlüssel. In InariSchreinen betete man um Wohlstand und Reichtum. Am 1. Pferde-Tag des Jahres entsprechend dem alten Kalender wurde in diesen Schreinen Anfang Februar das hatsuuma-Fest gefeiert. Volker nimmt an, daß Fuchs-Netsuke an dem Tag getragen wurden. 623 INARI Elfenbein H. 3,9 cm Sign.: Mitsunobu 19. Jh. 624 INARI Elfenbein H. 4,9 cm Sign.: Yukimasa Gifu, ca. 1960/1970 (erworben 1974) Der Götterbote sitzt auf den Hinterläufen und leckt seine hochgestellte Lunte. Die Vorderpfoten ruhen auf einem Juwel, das auf den Synkretismus von Buddhismus und Shintoismus hinweist. Auch Omura Keiun (geb. 1912), der aus Fushimi bei Kyoto stammt, wo sich der berühmte Fushimi Inari-Schrein befindet, hat dieses Sujet mehrfach in sehr ähnlicher Weise in den Jahren 1965-1970 geschnitzt (Kinsey 1977, Abb. 25). 625 INARI Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 3,6 cm 1. Hälfte 19. Jh. 162 Der Fuchs hat seine Vorderpfoten über eine Schelle (suzu) gelegt, mit der man in Schreinen um die Anhörung der Götter bat. In der Schelle befindet sich eine bewegliche Kugel. DER HUND Der Hund (inu) ist das elfte Tier des Zodiaks, repräsentiert den 9. Monat und steht für die Stunden zwischen 19 und 21 Uhr. Als Haustier ist er auch in Japan der Freund des Menschen. In Gegenwart von Hunden nehmen der Legende nach Katzen, tanuki und Füchse, die sich in Menschen verwandelt haben, wieder ihre natürliche Form an. Hundedarstellungen dienten als Amulett für Schwangere, weil Hündinnen beim Wurf keine Schmerzen haben, und für Kinder, weil man der Ansicht war, Hunde hätten ein leichtes Leben. In der Netsuke-Kunst gab es Darstellungen verschiedener Hundetypen, die auch in den Vorlagebüchern von Tachibana Morikuni anzutreffen sind: den großen, mageren, fast haarlosen Hund (kôken, yôken, oder kame von „come here“), der aus Europa eingeführt wurde, einem Windhund ähnelt, einen langen, dünnen Schwanz hat und meist ein Halsband mit Schelle trägt, den Hund mit langen, zotteligen Haaren und Wirbelschwanz (muku-inu, mukuge-inu oder jakô [Moschus]), den Zwerg-Hund (Pekinese, Schoßhund, chin von „chisai inu“), den heimischen Haushund (inu) mit kurzem Fell und munter spielende Welpen (chinkoro). 626 HÜNDIN UND WELPE Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,5 cm; L. 5,8 cm Spätes 18. Jh. Geduldig läßt das liegende Muttertier ihr Junges an sich hoch krabbeln. Ungewöhnlich ist das fleckige Fell, welches durch gravierte und ungravierte Partien wiedergegeben wird. 627 HUND Elfenbein H. 2 cm; L. 5,7 cm Spätes 18. Jh. Das Tier liegt neben einem sorgfältig zusammengelegten Seil. 628 HUND Buchsbaum H. 4,9 cm 19. Jh. Die großen, mageren Hunde (kôken, kame oder yôken) genannt, mit langem, sich einrollenden Schwanz, begleiteten die Portugiesen und Holländer auf ihren Schiffen. Abb. 34 Ehon shahôbukuro, 1770 (Erstausgabe 1720), Bd. 9.1, S. 19b 629 HUND Buchsbaum, Halsband rot lackiert H. 4,4 cm 1. Hälfte 19. Jh. 163 630 HUND Elfenbein H. 3,4 cm Sign.: Tomotane Kyoto; 2. Hälfte 18. Jh. Zähnefletschend hat der Hund von einem kemari-Ball Besitz ergriffen. 631 HÜNDIN UND JUNGE Elfenbein H. 1,6 cm; L. 4,6 cm Frühes 19. Jh. Drei Welpen scharen sich um die Zitzen einer Hündin. Die Darstellung ist ein Sinnbild für eine schmerzfreie Geburt. 632 HUND MIT AWABI Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 2,2 cm; L. 4,2 cm Sign.: Ran’ichi Kyoto; ca. 1835/1865 Der Welpe legt seine Vorderpfote auf eine Haliotis-Schale (awabi). Gerade die schillernde Innenseite dieser Meeresschnecken reizt Hunde und Katzen zum Spiel. 633 LANGHAARIGER HUND Elfenbein H. 3,6 cm; L. 4,2 cm Aufschrift: Tomatada Kyoto/Osaka, spätes 18./frühes 19. Jh. Die langen Rückenhaare, die kleinen Ohren, die in putzender Haltung angehobene Pranke und die Sockelplatte unterscheiden das Tier von den üblichen Hunde- Darstellungen. Dargestellt ist ein langhaariger mukuge-inu, der in den Malvorlagebüchern von Tachibana Morikuni immer wieder auftaucht. Abb. 35 Shasei kemono zuga, 1719, Bd. 1, S. 11b/12a 634 HUND Buchsbaum H. 4,8 cm 2. Hälfte 18. Jh. Dieser kôken-Hundetypus wurde oft zusammen mit einem Ball dargestellt. 635 WELPE Schwarzes Holz H. 2,5 cm; L. 4,2 cm Sign.: Tomotada 19. Jh. 636 HUND AUF KISSEN Buchsbaum, Augen aus schwarzem Horn H 2,6 cm 1. Hälfte 19. Jh. Der Hund liegt mit angehobenen Kopf auf einem geflochtenen Binsen-Kissen (zabuton), wie sie im Sommer verwendet werden. 637 HUND Buchsbaum H. 2,4 cm; L. 5,8 cm 18./19. Jh. 638 HUND Elfenbein 164 H. 3,2 cm Frühes 19. Jh. 639 HUND Elfenbein H. 1,4 cm; B. 3,6 cm Sign.: Gyokuhôsai Edo, Mitte 19. Jh. Der Hund ruht neben einem Mühlstein, auf dem ein Hammer und eine Basttasche mit Werkzeug liegen. 640 ZWEI WELPEN Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2 cm; Ø 3,8 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die Jungtiere erkunden ein abgelegtes Wagenrad. Die Schnur wird durch den Pflock in der Nabe des Rades geführt. 641 ZWEI WELPEN Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,6 cm Ca. 1800 Junge, verspielte Hunde werden oft gezeigt, wie sie in Strohsandalen beißen. 642 HUND AUF SOCKEL Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 3,4 cm Osaka, ca. 1840/1860 Der magere Hund sitzt auf einer Sockelplatte, die mit einem schwarz eingefärbten Zackenband dekoriert ist, ein Motiv, das für die Schnitzer aus Ôsaka typisch ist. Im Takarabukuro von 1837 findet sich unter Nr. 218 zu dieser Darstellung folgende Beschreibung: „Seal – Chinese dog (karainu). The skinny dog makes a good design. One forepaw is raised. There are variations for the shape of the seal – square, round, oval, or gourd-shaped – but the haunch of the animal should always be the neck of the seal’s surface.“ (Temple 2002, S. 154) (Anm. des Autors: „The neck of the seal‘s surface“ ist der Siegelknauf.) Auf Grund dieser Beschreibung in den Notizen des Ôhara Mitsuhiro kann das Netsuke hier bedenkenlos diesem OsakaSchnitzer zugeschrieben werden. 643 WELPE Elfenbein, Augen aus Horn H. 3,2 cm Sign.: Sôichi Mitte 19. Jh. Der in der Art eines Affen sitzende Hund spielt mit einer awabi-Schale. 644 DREI WELPEN Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 2,2 cm; B. 4,3 cm Sign.: Tomochika Edo, Mitte 19. Jh. Die Jungen sind in verschiedenen Haltungen dargestellt: liegend, kletternd und sich kratzend. 645 HUND Porzellan mit Unterglasurblaudekor, die Augen Eisenschwarz H. 2,8 cm; L. 4,9 cm China, 19. Jh. 165 646 FÜNF WELPEN Elfenbein, Augen aus Glas, Achse der Räder aus grünem Glas H. 3,5 cm Sign.: Kangyoku tô Tokyo, ca. 1960/1970 (erworben 1972) nach Japan. Seitdem wird dieses Tier im japanischen Kunstgewerbe dargestellt. Sujet und Darstellungsweisen wurden aus China übernommen, da Elefanten in Japan nicht heimisch waren. Auf dem Rücken trägt er oft eine Blüte, die als Lotos interpretiert werden kann, ein buddhistisches Symbol, das für Reinheit und Erneuerung steht. Häufiger ist jedoch die reich dekorierte Satteldecke. Der reich geschmückte Elefant war ein beliebtes Sujet der Shibayama-Werkstatt. Die Tiere bilden einen Knäuel und zerren an der Schnur einer Holztaube auf Rädern (hato-guruma). Das Fell ist sehr fein graviert und die glatten Partien des Elfenbeins sind hervorragend poliert und eingefärbt. 647 ELEFANT Buchsbaum H. 2,8 cm; B. 3,7 cm Frühes 19. Jh. Dieser Netsuke-Typus ist wahrscheinlich in großer Zahl in China für den japanischen Mark hergestellt worden. DER ELEFANT Der Elefant (zô) symbolisiert Weisheit, Klugheit, Güte und Hingabe. Der weiße Elefant steht in enger Verbindung mit dem Buddhismus. Er war eines der Tiere, die beim Tode Buddhas und seinem Eingang in das Nirvana anwesend waren. Zudem ist er das Reittier des Bodhisattva Fugen. In der Ära Kyôhô (1711-1735), im Jahr 1729, gelangte erstmals ein weißer Elefant als Geschenk aus Thailand nach Japan. Dieser wurde von Nagasaki nach Kyôto geschickt. Der Kaiser Nakamikado (reg. 1710-1735) verlieh dem Tier den 5. höfischen Rang, worauf die einfachen Leute sich vor dem Tier verbeugen mußten. Auch in Edo wurde das Tier bewundert und als heilig verehrt. Danach brachten die Holländer immer wieder Elefanten, beispielsweise aus Ceylon, Über dem Rücken des liegenden Elefanten mit zur Seite gewandtem Kopf ist eine Satteldecke ausgebreitet. In dieser Haltung erinnert das Tier an die Sockelfunktion für Fûgen bosatsu bzw. Eguchi no kimi (siehe Kat.-Nr. 262). 648 ELEFANT Ryûsa-manjû Walroßzahn Ø 4,5 cm 1. Hälfte 19. Jh. Der sich umschauende Elefant mit Satteldecke steht auf einem Felsen in einem Bambusdickicht. Auf der Rückseite ist eine stilisierte Blüte, umgeben von Wolken und Felsen, dargestellt. 166 649 ELEFANT Kagamibuta-Netsuke Platte aus versilbertem Kupfer, Satteldecke vergoldet; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,7 cm 19. Jh. Die Darstellung einer Rattenmutter mit zwei Jungen auf einem Lager von Farnen und Pilzen war ein sehr häufiges Motiv der Schnitzer in Kyoto. Meist haben diese Stücke wie hier eine flache, dreieckige Form und die Ratten einen unnatürlich langen Kopf. Auf der schwach gewölbten Platte ist in Relief ein Elefant dargestellt. Der Fond besteht aus stilisierten Wellen. Die Platte ist umgeben von einem Sägezahnmuster. Auf der Rückseite befinden sich konzentrische Dekorbänder. 651 RATTE AUF EINER KERZE Elfenbein, Pupillen und Docht schwarzbraunem Horn H. 3,5 cm; L. 4,3 cm Kyoto, spätes 18. Jh. DIE RATTE Die Ratte (nezumi) ist das erste Zodiaktier, weil sie angeblich das erste Tier war, das an Buddhas Sterbelager eilte. Sie repräsentiert den 11. Monat und steht für die Stunden 23 bis 1 Uhr. Sie gilt als Beginn und Ursprung aller Dinge und ist Begleittier und Bote des Glücksgottes Daikoku, der Reichtum und gute Ernten verspricht. Weil sich Ratten schnell vermehren und sich an Orten aufhalten, wo es reichlich zu fressen gibt, sind sie zum Wunschbild des Wohlstandes geworden. Die Schnitzer schätzen die Ratte wegen ihres weichen Körpers, dem sie angenehm abgerundete Formen geben konnten. Oft wird sie nagend an einer Kerze, an einem Schirm oder in einem Schiffstau gezeigt. 650 DREI RATTEN Elfenbein, Augen aus Horn H. 2,9 cm; L. 7,1 cm Kyoto, spätes 18. Jh. Ehemalige Sammlung Beasley aus Die Ratte kauert mit gesenktem Kopf und angehobener Pfote auf einem liegenden Kerzenstummel. Die Kombination Ratte und Kerze geht vielleicht zurück auf folgende Legende: als nach dem Tode Buddhas sich die Tiere versammelten, um zu entscheiden, wer die zwölf Tierkreistiere repräsentieren sollte, beobachtete die Katze, wie die Ratte den Talg einer Kerze ableckte. Sie sprang auf die Ratte und verzehrte sie. Weil sie ein Lebewesen umgebracht hatte, wurde die Katze nicht in den Kreis der Zodiaktiere zugelassen. Kerzen wurden in Japan nicht aus Stearin sondern aus Talg, einem tierischen Fett hergestellt. Wahrscheinlich zog dieser die Ratten an. 652 RATTE Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 1,8 cm; L. 4 cm Frühes 19. Jh. Die Ratte kauert auf einem Blattfächer und nagt an den Blättern einer Rübe (kabu). 167 653 DREI RATTEN Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 2,6 cm; L. 4 cm Sign.: Masatoshi Mitte 19. Jh. Eine Ratte klettert über zwei in gegenläufiger Richtung sitzende Tiere. 654 RATTE Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn L. 7 cm Spätes 18. Jh. Die Ratte liegt mit gerade ausgestrecktem Schwanz auf einem alten, zusammengeklappten Schirm. Diese Darstellung illustriert das Sprichwort „karakasa nezumi ni kuwarureba sono ie fukki suru“ (Wenn eine Ratte an einem Schirm knabbert, dann kommt Glück über das Haus) (Tatoe zukushi, Bd. 2, herausgegeben von Shoyoken Tôse, 1786, zit. in: Kotowaza daijiten [Sprichwörter Wörterbuch], Shogakkan, 1988, S. 287 und INSJ, Bd. 23, Nr. 2 [Sommer 2003], S. 14). Japanische Schirme waren aus Papier hergestellt, das mit Öl inprägniert wurde. Das Papier des Schirmes wurde mit der Stärke der Kassave-Knolle auf das Gestell geklebt. Sowohl Öl als auch die Stärke könnten für die Ratte ein Leckerbissen gewesen sein. 655 RATTE AUF STROHUMHANG Elfenbein H. 2 cm; L. 5,4 cm Um 1800 Die Ratte kauert auf einem Strohumhang (mino), wie er von Bauern getragen wird, darunter befindet sich ein Strohhut (gasa). Mino und gasa gehören zu den takaramono (Kostbarkeiten), die dem Träger angeblich Unsichtbarkeit verleihen und ihn somit vor bösen Einflüssen schützen. 656 ZWEI RATTEN Hirschhorn, Augen aus schwarzem Horn H. 2 cm; L. 11,4 cm 19. Jh. In einem kunstvoll zusammengelegten Schiffstau haben sich zwei Ratten verkrochen. Das himotôshi führt durch zwei vom Seil an der Unterseite gebildete Schlaufen. Eine andere Möglichkeit der Schnurführung bietet sich an der Spitze, wo ein einzelner Strang, der als Pflock in die natürliche Höhlung des Geweihstücks gesteckt ist, eine Öse bildet. Die Form dieses beliebten Netsuke-Typs nutzt das große Segment einer Geweihstange geschickt aus und bildet eine sehr handschmeichlerische Form. 657 ZWEI RATTEN Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,8 cm; L. 5,1 cm Kyôto, 2. Hälfte 18. Jh. Die Rattenmutter legt schützend ihre Pfoten über ein Junges. Der Schwanz ist in einem weitem Bogen um den Körper gelegt. 658 ZWEI RATTEN Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 1,8 cm; L. 3,8 cm Kyoto, frühes 19. Jh. 168 659 RATTE Buchsbaum, Pupillen aus Horn H. 2,5 cm; B. 3,7 cm 19. Jh. Die Ratte kauert auf einem auf dem Hut liegenden Pilz, wahrscheinlich ein matsudake, dessen kräftig in das Holz geschnittene Lamellen einen reizvollen Gegensatz zu dem glatten Stengel bilden. 660 RATTE Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn H. 3 cm; L. 4,5 cm 1. Hälfte 19. Jh. Auf dem Rand einer mit Pilzen gefüllten Schwinge kauert eine Ratte. Solche aus Bambusstreifen geflochtenen Siebe werden noch heute zum Waschen von Gemüse verwendet. 661 RATTE Holz H. 3,2 cm; L. 5,5 cm 19. Jh. Das Stück ist eine ungewöhnlich große und realistische Darstellung, wobei auffällt, daß das Fell nicht ausgearbeitet ist. 662 RATTE Elfenbein H. 2,8 cm; L. 5,1 cm Mitte 19. Jh. Die Ratte kauert auf einem dicken Rettich. Die Blätter des futamata daikon sind fein geschnitzt. Rettich und Ratte werden mit Daikoku in Verbindung gesetzt, wobei Rettiche dem Gott auch geopfert werden; im futamata daikon wird eine Ähnlichkeit mit dem weiblichen Unterleib gesehen. Es ist ein glücksverheißendes Motiv, das den Wunsch nach vielen Nachkommen und guten Ernten beinhaltet. 663 RATTE Elfenbein H 1,9; L. 4,4 cm Frühes 19. Jh. Die Ratte sitzt nagend auf der Hutkante. Auf der Unterseite befinden sich das Polster (kasa makura), dicke Bänder und die Hutschnur. 664 RATTE Buchsbaum, Augen aus braunem Horn H. 3,7 cm Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2. Hälfte 19. Jh. Die Ratte hat sich zusammengerollt, eine Hinterpfote ist über die Schnauze gelegt. Der Typus der zu einer Kugel zusammengerollten Ratte gibt es zwar bereits schon in Kyoto im 18. Jahrhundert, doch wird er, vor allem wenn in Holz geschnitzt, mit Masanao aus der Provinz Ise in Verbindung gebracht. 665 RATTE Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 2,8 cm; B. 3 cm Sign.: Kômin Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. 169 Die Ratte liegt über einer hamaguriMuschel, die die Hinterpfote und den Schwanz des Tieres mit ihren beiden Schalenhälften festhält. Dies ist eine Anspielung auf gleichartige kappa-Darstellungen (vgl. Kat.-Nr. 225) und das Motiv des Mannes, dessen Lendentuch von einer Muschel festgehalten wird. 666 RATTE Elfenbein, Augen aus Horn H. 4,1 cm; B. 3,3 cm 2. Hälfte 19. Jh. Mit geöffnetem Maul, in dem die Nagezähne gut sichtbar sind, kauert das Tier auf einer gerippten asari-Muschel. Eine kleine Muschel an der Unterseite gibt dem Netsuke Standfestigkeit. 667 RATTE AUF EINER SCHWINGE Elfenbein, Pupillen aus rotem Glas H. 1,6 cm; L. 4,1 cm Sign. auf eingelegtem Rotlackplättchen: Meigyokusai Kyoto, Mitte 20. Jh. Die Ratte kauert auf dem Rand einer Schwinge, in der ein shimenawa liegt. An diesem zu Neujahr dekorierten Seil hängen Farnwedel (uwajiro, Gleichenia glauca) und yuzuriha (Blätter der yuzuri-Pflanze, Daphniphyllum), deren Eigenschaft es ist, nicht abzufallen, bevor nicht ein neues Blatt an dessen Stelle wächst (ein Sinnbild dafür, daß der Vater nicht stirbt, bevor der Sohn erwachsen geworden ist). Der Farn hingegen „versinnbildlicht Kraft, Gesundheit und Nachwuchs, der sich ständig ausbreitet wie der Farnwedel.“ (Casal 1967, S. 7) DAS EICHHÖRNCHEN Es gibt Diskussionen, ob das Tier mit langem, buschigem Schwanz ein Eichhörnchen (risu, Sciurus lis), ein Siebenschläfer (yamane, Glirulus japonicus) oder ein sarigue, ein eichhörnchenähnliches Opossum ist. Das Tier, das zusammen mit Weinlaub und Trauben in der chinesischen als auch der japanischen Kunst dargestellt ist, wird in der Kunstgeschichte üblicherweise und zurecht als Eichhörnchen identifiziert. Beiden gemeinsam ist die Wendigkeit: Das Eichhörnchen kann alles springend erreichen, die Rebe rankt überall hin. Die Bezeichnung des Sujets „budô ni risu“ (Trauben und Eichhörnchen) ist zudem ein Ausspruch, der ähnlich klingt wie die Phrase budô ni rissu, die soviel bedeutet wie "Dinge entsprechend der Philosophie und Normen der Samurai (bushidô order budô) zu beurteilen (rissuru)". In den Enzyklopädien und Malvorlagebüchern wird neben anderen ähnlichen Tieren das risu auf einem Kastanien-, Mispel- oder auf einem Zedernstamm gezeigt. 668 EICHHÖRNCHEN AUF PILZ Elfenbein, Augen aus dunklem Horn H. 1,9 cm; L. 3,9 cm Spätes 18./frühes 19. Jh. Das rattenähnliche Tier mit zweigeteiltem Schwanz kauert auf der Unterseite eines großen Pilzes (matsudake?) mit dickem Stamm, dessen Lamellen kräftig geschnitzt sind. Auf dem Hut befinden sich Kiefernnadeln, ein Ginkgo- und ein weiteres Blatt. 170 669 EICHHÖRNCHEN Buchsbaum H. 3 cm; L. 4,2 cm 1. Hälfte 19. Jh. Das Eichhörnchen hockt auf einer Weinrebe und nascht an den Trauben. 670 EICHHÖRNCHEN Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 2,2 cm; L. 8,8 cm Ca. 1800 Der Hase wird nicht nur in China und Japan mit dem Mond in Verbindung gebracht. Der ostasiatischen Überlieferung nach zerstößt er im Mond in einem Mörser das Elixier der Unsterblichkeit (China) bzw. stampft mochi (Japan). Sein Fell wird nach 1000 Jahren weiß. Der weiße Hase, der mit roten Augen dargestellt wird, symbolisiert daher in China und Japan langes Leben. Er wird oft inmitten von Schachtelhalm (togusa, equisetum pratense) dargestellt. Mit den Halmen, die Kieselsäure enthalten, poliert er der Legende nach die Mondoberfläche. Auf dem größten der drei Pilze, die auf zwei Farnwedeln liegen, sitzt ein Eichhörnchen. Das Stück ordnet sich formal in die Gruppe langer, großerStücke von dreieckigem Querschnitt wie Schirm und Schiffstau ein. 672 HASE Elfenbein H. 3,2 cm 17./18. Jh. 671 EICHHÖRNCHEN Elfenbein H. 2,3 cm; L. 8,9 cm Ca. 1800 Ehemalige Sammlung Wohltat Der Hase mit ungewöhnlich langen, zurückgelegten Löffeln hält einen Blütenstengel im Maul. Ein Siegel in Form eines ähnlich gestalteten Hasens mit einem reishi-Pilz im Maul ist im Kapitel „Tôbori“ (wörtlich: chinesische Schnitzerei) des Sôken kishô abgebildet. Das Tier mit buschigem und stark gebogenem Schwanz hockt an einem länglichen Kürbis mit Zweig, von dem herzförmige Blätter hängen. Die Form des Netsuke entspricht dem runden Segment aus dem mittleren Teil eines Stoßzahns. DER HASE Der Hase (usagi) ist das vierte Tier des Zodiak, repräsentiert den 2. Monat und steht für die Stunden von 5 bis 7 Uhr. In Japan wird keine Unterscheidung zwischen Hase und Kaninchen gemacht. Abb. 36: Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 17b 673 ZWEI HASEN Buchsbaum H. 2,5 cm; L. 4,9 cm Sign.: der 79jährige Nanajûkyusai Shunzan Frühes 19. Jh. Die Hasen liegen auf einer flachen Platte, auf deren Unterseite Bündel von tokusa in flachem Relief geschnitzt sind; der eine Hase kratzt sich, der andere beißt in einen Zapfen. 171 674 HASE Holz, Augen aus Horn H. 2, cm; L. 6,2 cm 19. Jh. An das Muttertier schmiegen sich zwei Jungtiere. Die komplexe Komposition dieses Netsuke ist typisch für den Stil des Harumitsu. Das Fell des Hasen ist nicht in Gravur wiedergegeben, wodurch die schöne Maserung des Holzes zur Geltung kommt. FLEDERMAUS Der Symbolgehalt der Fledermaus (kômori) wurde aus China übernommen. Im Chinesischen wird das Schriftzeichen für die Abendsegler fu ausgesprochen, das gleichlautend ist mit dem Wort fu für Glück. Da Fledermäuse in China oft zusammen mit Münzen dargestellt werden, symbolisieren sie auch Wohlstand. Gelegentlich wird die Fledermaus zusammen mit dem reishi-Fungus abgebildet, der in China ein Sinnbild für langes Leben ist. Hôraku aus Kyôto wurde für seine Fledermaus-Netsuke berühmt. 675 HASE Buchsbaum H. 1,5 cm; L. 3,4 cm 19. Jh. 676 HASE Holz, Augen aus hellgrünem Horn H. 2,5 cm 19. Jh. 677 ZWEI HASEN Buchsbaum, Augen aus rotbraunem Horn H. 3,4 cm; L. 4,5 cm Sign.: Masanao Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2. Hälfte 19. Jh. oder später Am Rücken des Muttertieres richtet sich das Junge auf und schaut neugierig nach oben. Ein sehr ähnliches Modell ist im Skizzenbuch des Suzuki Masanao abgebildet (INCSJ, Bd. 2, Nr. 4 [1974], S. 37). 678 HASEN Buchsbaum, Augen aus Bernstein H. 3,4 cm; L. 3,4 cm Sign.: Harumitsu Ise-Yamada, Präfektur Mie, ca. 1870/1890 679 FLEDERMAUS Elfenbein H. 2,9 cm; L. 3 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die Fledermaus liegt in einem alten, beschädigten Dachziegel, dessen Stirnseite mit einem dreifachen tomoe-Motiv und 13 Noppen dekoriert ist. Möglicherweise ist diese Darstellung eine Anspielung auf den Ausspruch tori naku sato no kômori (die Fledermaus in einem Dorf ohne Vögel), der soviel bedeuten soll wie „Im Land der Blinden ist der Einäugige König“ (Ehmann 1927, S. 340, Nr. 3101) oder „ein Pedant, der unwissende Menschen beherrscht“ (Volker 1975, S. 19). 172 680 FLEDERMÄUSE Manjû-Netsuke Walroßzahn, mittiger Pflock und Ring aus Silber Ø 5 cm Sign.: Gyokkô und kaô Mitte Hälfte 19. Jh. In die runde Fläche des manjû sind zwei fliegende Fledermäuse und knospende Trauerweidenzweige graviert. Trauerweiden säumen die von Wasserläufen durchzogenen Straßen der alten Bordellviertel. Auf der Rückseite wird die kristalline Materialstruktur durch die Borke eines Kiefernstamms kaschiert. 681 FLEDERMAUS Narwalzahn, Augen aus schwarzem Glas H. 4 cm; B. 4 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die Fledermaus hat ihre Flügel auf eine hohe Gruppe von Pilzen gelegt. Dieses große Netsuke ist eine sehr ungewöhnliche Interpretation des Thema kômori und reishi. 682 FLEDERMAUS Hirschhorn H. 3,1; L. 4,1 cm 20. Jh. (erworben 1986) Die Fledermaus ist in einer typischen Flugbewegung dargestellt. Das poröse Material Hirschhorn entspricht der fragilen Beschaffenheit der Flügel. Das himotôshi verläuft unterhalb eines Steges zwischen den Flügeln. 683 FLEDERMAUS Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 2 cm; B. 3,7 cm 19. Jh. Das Nachttier mit dickem, rundem Körper hat die Spitzen seiner langen Flügel übereinander gelegt. Dieser Typus ist wohl der häufigste unter den FledermausDarstellungen. 684 ADLER Buchsbaum H. 4,8 cm Frühes 19. Jh. Der Raubvogel, ein Seeadler oder eine Weihe (tobi) steht mit nur summarisch dargestellten Fängen auf einem Gegenstand, möglicherweise ein Wels. Das Gefieder der Flügel ist durch große Federn in Gravur wiedergegeben. Die Bedeutung des Sujets bleibt Spekulation. Vielleicht macht der Adler den „Erdbebenwels“ unschädlich. Dann könnte es sich bei diesem Motiv um einen Talisman gegen Erdbeben handeln. Von diesem Netsuke-Typus sind viele Beispiele bekannt. 685 ADLER Elfenbein H. 3,5 cm Sign.: Tomochika Edo, Mitte 19. Jh. Der Adler (washi) hat einen auf dem Rücken liegenden Fuchs gekrallt. Das Sujet des Adlers, der Kraft und Macht symbolisiert, ist ein Netsuke-Motiv der Spätzeit. 173 In der Regel schlägt der Raubvogel einen Affen. Hierzu kann man ein Sprichwort anführen: washi ni mitsukareta ko-saru (der junge Affe, erwischt vom Adler), was so viel bedeutet wie „sein Ziel immer erreichen“. Es gibt auch die Legende vom Adler, der einen Affen, auf den ein shishi aufpassen sollte, in seinen Fängen abtransportiert. Als der shishi den Adlerhorst mit dem entführten Affen fand, bot er sich selber als Beute an. Ein anderes Sprichwort washi ni usagi (der Hase im Angesicht des Adlers) bedeutet, unfähig sein, sich zu bewegen. (INSJ, Bd. 24, Nr. 1 [Frühling 2004], S. 12) 686 ADLER Holz, Augen aus gelbem und schwarzem Horn (?) H. 5 cm Aufschrift: Harumitsu 20. Jh. Der sich umschauende Vogel krallt sich mit seinen großen Klauen an einem Stein fest, dessen Durchbohrung der Schnurführung dient. Das himotôshi wirkt unzweckmäßig. 687 KRÄHE Elfenbein, Augen aus braunem Horn H. 2,2 cm; B. 3,7 cm Sign.: Ranmei Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh. Fest an einen Kakizweig gekrallt, pickt der Vogel an einer Frucht. Die dunkle Patinierung verleiht dem Material das Aussehen von hellem Holz. Das Motiv des Raben, der in eine Kakifrucht pickt, ist vielleicht die Anspielung auf die Sprichwörter karasu ni hanbo no kô ari (Der Rabe hat die Tugend, [den Eltern] die Nahrung zu vergelten) und karasu wa oya no on o mukuyu (Der Rabe vergilt die Wohltaten der Eltern) (Ehmann 1927, S. 128-129, Nr. 1199 und 1206). Der Rabe gilt in Ostasien als Symbol kindlicher Dankbarkeit gegenüber den Eltern. 688 KRÄHE Schwarzes Holz, die Augen aus hellem Horn H. 4,5 cm Sign.: Chiryû 2. Hälfte 19. Jh. Krähen/Raben (karasu) gelten als Unglücksboten und sind Symbole des Herbstes. Eine dreifüßige Krähe mit rotem Gefieder bewohnt der Legende nach die Sonne. In Japan stehen die Krähen in Zusammenhang mit dem Kumano-Kult des Shintoismus. 689 EULE Ryûsa-manjû Walroßzahn, Pupillen aus schwarzem Horn Ø 4,1 cm Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Der frontal dargestellte Vogel sitzt auf einem Kiefernstamm, dessen Nadelbüschel einen Kranz um den Vogel bilden. Die Eule (fukurô) symbolisiert in Japan die Undankbarkeit, weil ihr nachgesagt wird, ihre eigene Mutter aufzufressen. Andererseits gilt sie als gutes Omen, wahrscheinlich weil fuku gleichbedeutend mit dem Wort für Glück ist. 174 690 KRANICHE Ryûsa-manjû, 2tlg. Elfenbein, an den Schöpfen Rest von rotem Lack Ø 4,3 cm Sign.: Ryûgyoku Edo/Tokyo, ca. 1860/1880 In der Krone einer Kiefer füttert ein Kranich zwei Jungvögel in einem Nest. Auf der Rückseite ist ein herabfliegender Kranich vor einer Kiefer dargestellt. Dieses seltene Motiv ist auch auf einem ovalen manjû von Ryûchin zu finden (Schwarz 1992, Nr. 362). Hier hat Ryûgoku, ein Schüler des Ryûchin, das Motiv des Meisters kopiert. Die Darstellung eines Kranichs bei der Fütterung in einem Baum widerspricht der Natur, da der Kranich ein Bodennister ist. Das Motiv basiert höchstwahrscheinlich auf der Illustration im Malvorlagebuch Ehon shahôbukuro. Der weiß gefiederte, sog. mandschurische Kranich (tsuru, Grus nipponense) mit rotem Schopf ist in China und Japan das Symbol schlechthin für langes Leben und Glück. Er ist Begleittier zahlreicher Unsterblicher, legendärer Gestalten sowie chinesischer Gelehrter. Abb. 37 Ehon shahôbukuro, 1720), Bd. 8, S. 28b 1770 (Erstauflage 691 KRANICH Eibenholz, Pupillen aus schwarzem Horn H. 2,7 cm; L. 4,6 cm Sign.: Sukenaga Takayama, Provinz Hida, Mitte 19. Jh. Der liegende Kranich ist in der ittôbori (wörtlich: Ein-Messer-Schnitzerei)Schnitztechnik gearbeitet. Bei dieser Technik wird die Form durch möglichst wenige, großflächige Schnitte erreicht. Es wird nicht das harte Buchsbaum-, sondern das weichere Eibenholz (ichii) benutzt, dessen gleichmäßige, geradlinige Maserung auf den großen Schnittflächen gut zur Geltung kommt. Der aufgesetzte Schopf fehlt und das Stück hat zahlreiche Tragespuren. 692 GANS Elfenbein H. 4,2 cm Osaka, Mitte 19. Jh. Vögel, deren elegante Hälse und Körper sich zur Stilisierung eignen, waren ein beliebtes Motiv der Schnitzer in Osaka. Der Reiz dieses Stückes liegt in der Drehung des Halses, der kräftigen Modellierung und der Farbe des Elfenbeins. 693 WILDGÄNSE Manjû-Netsuke Elfenbein, Augen und Wasserspritzer aus Silber Ø 5,3 cm Sign.: Kozan und kaô Mitte 19. Jh. In versenktem Relief sind zwei fliegende Wildgänse über einem Wasserlauf und Schilf dargestellt. Wildgänse waren ein Motiv in der Malerei seit dem 14. Jahrhundert. 175 DER HAHN Der Hahn (niwatori) ist das 10. Tier des Zodiak, repräsentiert den 8. Monat und steht für die Stunden zwischen 17 und 19 Uhr. Er symbolisiert männliche Schönheit, Potenz und Kraft. Unter den Netsuke wird der Hahn sehr häufig zusammen mit einer Trommel dargestellt. Das Motiv ist eine Anspielung auf eine chinesische Legende. Eine Trommel, die in Kriegszeiten geschlagen wurde, um Soldaten zusammenzurufen, wurde in einer langen Zeit des Friedens zur Schlafstelle von Hühnern. Später wurde die Trommel von Bürgern geschlagen, wenn sie den Beamten ihre Klagen vorbringen wollten. Das Thema ist als kanko no niwatori (der Hahn auf der Beschwerdetrommel) bekannt und versinnbildlicht friedvolle Zeiten und zufriedene Bürger. 694 HAHN UND HENNE Elfenbein H. 4,6 cm; B. 3 cm Sign.: Shûgetsu Edo, 1. Hälfte 19. Jh. In pickender Haltung sitzen Hahn und die Henne auf einer großen Trommel, deren Bespannung mit Regendrachen in Gravur dekoriert ist. Ein fast identisches Motiv ist im Ehon shahôbukuro abgebildet. Abb. 38 Ehon shahôbukuro, 1720), Bd. 4, S. 12a 1770 (Erstauflage 695 HAHN Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn H. 4,7 cm Sign.: Meikeisai Hôjitsu Edo, Mitte 19. Jh. Die feine Schnitzarbeit dieses Stücks zeigt sich in den durchbrochen gestalteten Schwanzfedern des Hahns und der detailreichen Darstellung der Trommel. 696 HAHN, HENNE UND KÜKEN Buchsbaum, Augen aus schwarzem Glass H. 3,9 cm Sign.: Kokei saku Ise-Provinz, frühes 19. Jahrhundert Ein Hahn kauert auf einem liegenden Holzmörser (usu), während innen eine nach oben schauende Henne sitzt und neben dem Mörser ein Küken neugierig um den Rand lugt. Die Wandung zeigt eine kräftige, in Gravur wiedergegeben Holzmaserung, und zwei Vertiefungen dienen als Griffschalen. Das Netsuke veranschaulicht eine friedliche, bäuerliche Idylle. 697 HAHN Elfenbein H. 3,4; L. 3,8 cm Sign.: Isshû 20. Jh. 698 KÜKEN Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 2,6 cm; L. 3,8 cm Sign.: Ranboku Kyoto, Mitte 19. Jh. Ehemalige Sammlungen Bluth und Rose 176 Das Küken sitzt auf einer umgekehrt liegenden Schöpfkelle (hishaku), dessen Griff das himotôshi bildet. 699 KÜKEN Elfenbein, Augen aus zweifarbigem Horn H. 3,5 cm Osaka, Mitte 19. Jh. Dieses Sujet eines Kükens, das aus einer aufgebrochenen Eierschale schlüpft, war bei den Schnitzern in Osaka wie Dôraku oder Kaigyokusai beliebt. DIE WACHTEL Wachteln (uzura) gelten als streitbar und verkörpern daher Kampfgeist. Ihre Hauptnahrung sind Hirsekörner (awa). Die Wachtel ist zudem wegen des farblosen Gefieders Sinnbild der Armut und – zusammen dargestellt mit Hirsekolben – des Herbstes. Die Verbindung mit dem Herbst wurde bereits im Gedichtzyklus von Fujiwara Teika (1162-1241) über die Blumen und Vögel der zwölf Monate (1214) festgelegt: 9. Monat: Wachteln Hitome sae/ itodo fukakusa/ karenu to ya/ fuyu matsu shimo ni/ uzura nakuran (Immer so alleine, und jetzt, wo das hohe Gras welkt – ist es das, weswegen die Wachtel schreit, inmitten des Frostes, der auf den Winter wartet? (nach Carolyn Wheelwright (Hg.), Word in Flower: The Visualization of Classical Literature in Seventeenth-Century Japan, New Haven 1989, S. 31). Weber vermutet, daß von Hirsehalmen umgebene Wachteln eine Anspielung auf den Kyotoer Vorort Fukakusa ist (Fuka bedeutet Brüten und kusa Gras). Tatsächlich stammen die be- rühmtesten Wachteldarstellungen von den in Kyoto ansässigen Tosa-Malern und – als Netsuke – von Okatomo aus Kyoto. 700 WACHTEL AUF HIRSEKOLBEN Elfenbein, Pupillen aus Horn L. 8,9 cm Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Bluth (Nr. 428) Das Thema der Wachteln auf Hirsekolben ist hier um eine erzählerische Komponente erweitert. Über drei dicken Hirsekolben mit Halmen liegt eine Vogelklapper (naruko), die aus fünf Bambusrohren an einem Holzbrett besteht und ein zusätzlicher Hinweis auf ein Herbstfeld ist. 701 WACHTELN Kagamibuta-Netsuke Platte aus geschwärztem Kupfer mit Vergoldung und Versilberung; Kapsel aus Hirschhorn Sign. auf der Kapsel: Kazuyuki Ø 4 cm 2. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Vetter Die Platte ist dekoriert in Relief mit einem Wachtelpaar unter Herbstblumen. Die Kapsel ist in der Art der sog. AsakusaSchnitzer mit einem Zackenband durchbrochen beschnitzt. Auf der Unterseite ist in Relief ein fliegender Vogel zwischen Blattzweigen über einem Felsen dargestellt. 702 WACHTEL UND KÜKEN Buchsbaum, Pupillen aus Horn H. 2,8 cm; B. 3,5 cm 2. Hälfte 19. Jh. 177 Eine Wachtelhenne mit fein ausgearbeitetem Gefieder und ein Küken sitzen auf einem sehr großen Hirsekolben mit Halm. Die winzige Öffnung zwischen den Halmen ist nicht geeignet die Schnur aufzunehmen. 704 FUKURA SUZUME Elfenbein, Augen aus Holz H. 2,9 cm; B. 4,8 cm Aufschrift: Masanao Kyoto, spätes 18. Jh. 703 ZWEI WACHTELN Elfenbein H. 2,6 cm; L. 3,8 cm Sign.: Yukimasa Gifu, Präfektur Gifu, ca. 1970 (erworben 1974) Ein Loch für die Schnurführung befindet sich zwischen den Krallen, das andere, größere unterhalb der Schwanzfedern. Die neuzeitliche Interpretation dieses Okatomo-Sujets zeigt sich in der geduckten Haltung, in dem aufgeplusterten Aussehen der Vögel und in ihrem strengen, starren, ins Leere gerichteten Blick. FUKURA SUZUME Fukura suzume heißt wörtlich übersetzt „aufgeplusterter Spatz“. Seine Bedeutung als Glückssymbol beruht auf dem Homonym fuku, das sowohl Glück als auch Anschwellen bedeutet. Gelegentlich wird dieser Vogel als Bidori identifiziert, der Spatz in dem Märchen Shitakiri suzume (Der Spatz mit der abgeschnittenen Zunge). Die Erfindung dieses Netsuke-Typus geht wahrscheinlich auf Masanao aus Kyoto zurück. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts schuf er zahlreiche solcher Spatzen mit frechen Köpfen, kurzen, ausgebreiteten Flügeln und hochgestellten Schwanzfedern „wie bei der Liebeswerbung“ (Brockhaus 1925, S. 440) meist in Elfenbein, seltener in Buchsbaumholz. Dieser Netsuke-Typus wurde sehr oft kopiert. 705 FUKURA SUZUME Elfenbein, Augen aus Horn H. 2,4 cm; B. 4,6 cm Aufschrift: Masanao Kyoto, spätes 18. Jh. Auf der Unterseite dieses Netsuke mit goldgelber Patina befinden sich große, flach geschnitzte Krallen. 706 FUKURA SUZUME Buchsbaum, Augen aus Horn H. 2,5 cm; L. 4,5 cm Aufschrift: Masanao Kyoto, spätes 18. Jh. Auch hier sind die Krallen flach in die Unterseite geschnitzt, zwischen ihnen befinden sich die unterschiedlich großen Löcher des himotôshi. Im Gegensatz zu den meisten Darstellungen hat dieser Spatz den Kopf ein wenig zur Seite gewendet. Der Schnabel ist etwas schief, wodurch der Vogel besonders lebendig wirkt. 707 FUKURA SUZUME Tagayasan-Holz, Augen aus Silber H. 2,9 cm; L. 5 cm Aufschrift: Masanao 1. Hälfte 19. Jh. 178 Die Flügel und Schwanzfedern entsprechen nicht der für Glücksspatzen typischen Formgebung. 708 SPATZ Buchsbaum(?), Augen aus Horn H. 2,4; L. 4,1 cm Mitte 19. Jh. Netsuke in Form stilisierter Vögel waren auf Grund ihrer kompakten, abgerundeten Form zum Tragen sehr geeignet. Hier ist der winzige Schnabel Hinweis auf einen Spatzen. 709 VOGELSCHAR Zahn H. 1,3 cm; L. 5,4 cm 19. Jh. Der Zahn ist der Länge nach halbiert und beschnitzt mit einer Schar von neun Vögeln, bei denen es sich aufgrund der Flügelform und der Schwanzfedern um Spatzen handeln könnte. Auf der Unterseite sind Wolkenwirbel dargestellt. DIE SCHILDKRÖTE Die Schildkröte (kame) wird sehr alt und symbolisiert daher langes Leben. In der japanischen Kunst sind zwei Typen von Schildkröten anzutreffen: minogame und kame. Da manche Schildkröten jahrelang im Brackwasser leben, können auf ihrem Panzer parasitische Algen wachsen, die dem Tier das Aussehen geben, als trage es einen Strohumhang (mino). Diese Art wird minogame (wörtlich: Strohumhang-Schildkröte) genannt und mit einem langem, breiten, spitz zulaufendem „Schwanz“ und Ohren dargestellt. Die minogame ist eines der vier kosmologischen Tiere, der die Himmelsrichtung Norden zugeteilt ist. Als Symbol des langen Lebens ist sie Begleittier des Glücksgottes Fukurokuju und wird in glücksverheißender Kombination mit Modellen eines Kranichs und einer Kiefer auf der Hôrai-Insel zu Neujahr und zu Hochzeiten dekoriert. Die Schildkröte gilt wegen ihrer zahlreichen Nachkommenschaft als Sinnbild der Fruchtbarkeit und wird daher oft mit ihren Jungen, in großen Gruppen oder als Spielzeug eines Kindes dargestellt. Sie ist ein Talisman für zahlreichen Nachwuchs und diente anläßlich von Festen als Geschenk. 710 SCHILDKRÖTE Elfenbein H. 1,5 cm; L. 4 cm Aufschrift: Masatsugu Spätes 18. Jh. Die Schildkröte hat die Beine eng an den Körper gelegt. Der Kopf schaut nur wenig unter dem Panzer hervor. Dieser kompakte Typus eignet sich hervorragend als Netsuke. Es gibt ihn bereits seit dem 18. Jahrhundert und er wird mit Garaku aus Osaka in Verbindung gebracht. 711 SCHILDKRÖTE Buchsbaum H. 2,2 cm; L. 5,2 cm Sign.: Kihachi tsukuru kore (gemacht von Kihachi) Mitte 19. Jh. 179 Bei diesem Netsuke befindet sich die Öse für die Schnur auf der Unterseite des deckelähnlich eingelassenen Sechsecks des Panzers; die Schnur tritt aus einer Öffnung im Bauch des Tieres. 715 MINOGAME Buchsbaum H. 2,1 cm; B. 5 cm 1. Hälfte 19. Jh. 712 FÜNFZEHN SCHILDKRÖTEN Elfenbein H. 2,6 cm; B. 4 cm Sign.: Ikkôsai Edo, Mitte 19. Jh. Die Darstellung könnte als Wunsch für das lange Leben der Tokugawa-Familie, die das Shogunat stellte, interpretiert werden, da das aoi (Asarum caulescens)-Blatt, auf dem die minogame liegt, die Wappenpflanze der Tokugawa-Familie ist. Auf der Unterseite befindet sich ein zweites aoi-Blatt. Über zwei Lotosblätter und zwei Stengeln mit Lotosblüte kriechen fünfzehn kleine, detailreich ausgearbeitete Schildkröten. Dieses Sujet hat Ikkôsai mehrfach geschnitzt. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um das im MCI, S. 939 abgebildete Stück. 713 SIEBEN SCHILDKRÖTEN Elfenbein H. 2,3 cm; B. 4,8 cm Sign.: Rakuôsai Mitte 19. Jh. Die sieben übereinander kletternden Tiere bilden eine große, kompakte Form. Die Schnurführung verläuft unter einem der Schwänze. 714 ZWEI SCHILDKRÖTEN Buchsbaum H. 3 cm Aufschrift: Kagetoshi Mitte 19. Jh. Über eine kleine Schildkröte mit eingezogenem Kopf klettert ein größerer Artgenosse mit aggressiv vorgeschobenem Kopf. 716 MINOGAME Porzellan, Überglasurblau, Grün und Gold H. 2,3 cm; L. 3,9 cm Wahrscheinlich Kyoto, Mitte 19. Jh. Das Netsuke hat die Form einer Schildkröte mit kurzem Schwanz und fledermausartigem Kopf. Die Basis besteht aus einem Kranz von Lotosblütenblättern. Die Farbpalette der Glasur ist die der Keramiken aus Kyoto (s. MCI, S. 55). Ein fast identisches Netsuke, elfenbeinfarben glasiert, wird von Noetzel – wohl fälschlich – als eine Arbeit aus Tokyo beschrieben (Noetzel 1985, S. 96, Abb. 51). 717 MINOGAME Elfenbein H. 1,8 cm; L. 4,1 cm 20. Jh. (1981 erworben) Diese minogame ist mit besonders langem, aus mehreren Haarsträhnen bestehendem Schwanz, der nicht wie üblich von unterhalb des Panzers entwächst, und einem Drachenkopf und -hals dargestellt. Obwohl das Stück eine schöne Patina aufweist, 180 sprechen die Themeninterpretation und die sehr kleinen himotôshi-Löcher für eine moderne Arbeit. de Kunden und Profite. Restaurant- und ryôkan-Besitzer stellten beispielsweise Keramik-Frösche in den Eingängen auf. 718 ZWEI EIDECHSEN Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn H. 1,9 cm; L. 4,6 cm Aufschrift: Shûgetsu 19. Jh. Ehemalige Sammlung Houthakker 719 FROSCH Elfenbein oder Tierzahn, Augen aus Horn L. 4,2 cm 1. Hälfte 19. Jh. Die beiden Echsen liegen auf einem Blatt; der Stengel bildet das himotôshi. Weil diese Tiere Musterbeispiele ehelicher Zuneigung und Liebe sind, entwickelte sich in Japan der Aberglaube, daß die Asche von Echsen (imori no kuroyaki) eine Liebesmedizin ist, und daß das Mädchen, das mit solchem Pulver bestreut wird, die Liebe erwidern wird. DER FROSCH Frösche (kawazu oder kaeru) mit glatter Haut sind Vorboten der Frühlingsregen mit ihren kräftigen Schauern, die für die Reisfelder und sprießende Saat notwendig sind. Eine gut aufgegangene Saat versprach Wohlstand. Dem ama gaeru (wörtlich: Regen-Frosch, Laubfrosch) wird nachgesagt, mit seinem lauten Quaken Regen herbeirufen zu können. Heute werden kleine Nachbildungen von Fröschen aus glasiertem Porzellan verkauft, die man in das Portemonnaie steckt, denn kaeru bedeutet auch „zurückkehren“. Man erhofft sich, daß das ausgegebene Geld wieder zurückkommen würde. Diesen Aberglauben gab es vielleicht schon zur Edo-Zeit. Geschäftsleute sahen im Frosch ein Symbol für wiederkehren- Der kleine Frosch hockt auf einem liegenden Bambusschößling. 720 FROSCH Buchsbaum L. 5,3 cm Spätes 18./frühes 19. Jh. Der Frosch liegt auf einem zusammengeklappten Lotosblatt, in dem sich ein Taschenkrebs eingenistet hat. Dieser kneift, über die plötzliche Landung des Frosches auf dem Blatt erschreckt, mit einer Schere in dessen Hinterbein. Sujets wie dieses, denen eine genaue Naturbeobachtung zugrunde liegt, stammen in der Regel aus der Provinz. DIE KRÖTE Der plumpen und sich aufblähenden Kröte (gama) mit warziger, drüsenreicher Haut, die ein giftiges Sekret ausscheidet, wurde in Japan in Anlehnung an chinesische Vorstellungen magische Kräfte zugesprochen. Diese zeigen sich beispielsweise in ihrer Fähigkeit, sich auch durch kleinste Öffnungen zu zwengen und somit entwischen zu können. Trotz der häßlichen Haut besitzt die Kröte eine gewisse Würde in der Art, wie sie 181 sich langsam fortbewegt und still und geduldig sitzt, um auf ihre Beute zu warten, die sie dann in einer schnellen Bewegung schnappt und verschlingt. In dieser Eigenschaft könnten die Japaner eine Parallele zum regungslos meditierenden, aber dennoch hellwachen Zen-Adepten gesehen haben. 721 ZWEI KRÖTEN Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Horn H. 2,8 cm Sign.: Masanao und kaô Uji-Yamada, Provinz Ise/Präfektur Mie, 2. Hälfte 19. Jh. oder später Ein solcher Kröten-Typus – groß und fett und von kompakter Form – ist beispielsweise von Shigetada sehr häufig geschnitzt worden. 724 KRÖTE Buchsbaum, Augen aus Perlmutter und Horn; himotôshi in Bein gefaßt H. 2,7 cm; L. 5 cm Ca. 1800 Bei diesem Motiv handelt es sich um Kröten bei der Paarung. Dieses Sujet ist typisch für die Schnitzer aus Ise und wurde über viele Jahrzehnte hindurch gefertigt. Dieses Modell einer Kröte mit großen Augen aus Perlmutter weicht in Form und Ausarbeitung der Beine von den häufigen Shigetada-Kröten ab. Der Schnurkanal an den beiden gleichgroßen Öffnungen ist mit Horn gefaßt. Auf der Unterseite befindet sich ein Perlmutterplättchen, eine Ergänzung für das ausgebrochene Plättchen mit Signatur. 722 KRÖTE Buchsbaum, Augen aus Glas L. 4,3 cm 2. Hälfte 19. Jh. 725 KRÖTE Elfenbein, Augen aus Horn H. 3,9 cm 2. Hälfte 18. Jh. Die Kröte auf einer Strohsandale mit ausgerissenem Riemen ist von den Schnitzern in Ise und Tsu (heute Präfektur Mie) oft geschaffen worden. Das Motiv soll die Armseligkeit des Landlebens symbolisieren. Diese ungewöhnlich große Kröte aus einem dreieckigen Stück Elfenbein ist durch den riesigen, aufgeblähten Hals und die großen Augen gekennzeichnet. Die warzige Haut ist in graphisch vereinfachter Art durch kleine Kerben wiedergegeben. 723 KRÖTE Buchsbaum, Augen aus Horn (?) und Silber H. 3,3 cm; L. 9,2 cm Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Vassal 726 KRÖTE AUF EINEM LOTOSBLATT Bein und Metall L. 4,3 cm 2. Hälfte 19. Jh. Auf einem angefressenen Lotosblatt sitzt eine Kröte aus Metall, deren Buckel ver182 goldet sind und deren Gegenstück auf der Unterseite ein beweglicher Ring ist. 727 KRÖTE Kagamibuta-Netsuke Platte aus Gelbmetall mit Kupfereinlage, teilweise vergoldet; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,2 cm Mitte 19. Jh. Die hockende Kröte mit aufgeblähtem Hals unter in katakiri-Gravur wiedergegeben Zweigen ist frontal dargestellt. 728 KRÖTE Elfenbein L. 5,6 cm Sign.: Kinmei (Kaneaki) 20. Jh. (erworben 1983) Ehemalige Sammlung Wohlthat Die Kröte wird „vermenschlicht“ dargestellt, indem sie ein Kopftuch trägt. 729 KRÖTE Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 2,8 cm; L. 4,4 cm Sign.: Kangyoku Tokyo, ca. 1960/1970 (erworben 1979) Der Reiz dieses Stückes liegt in der Gestaltung der warzigen Haut: helle, erhabene Buckel wechseln mit tiefer liegenden, dunkel eingefärbten Stellen ab. SANSUKUMI Die Schlange ist der einzige natürliche Feind der Kröte, denn andere Tiere schrecken vor ihrem giftigen Drüsensaft zurück. Im Volksglauben besaßen Schlange und Kröte übernatürliche Kräfte. Häufig dargestellt ist das Thema sansukumi (Die Drei Schaudernden), die drei Tiere, die ihren gegenseitigen Untergang bedeuten: Denn die Kröte frißt die Schnecke und die Schlange verschlingt die Kröte. Doch das Schneckengift bringt schließlich auch die Schlange um. So leben die Tiere in gegenseitiger Furcht und in Mißtrauen voreinander. Das Thema, auch Topos der Erzählung von Jiraya, ist Sinnbild der Vergeltung und war unter Netsuke in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ein häufiges Motiv. Meist werden eine Schlange und eine Kröte an einem Schädel dargestellt. 730 SCHLANGE UND KRÖTE Sashi-Netsuke Holz, Pupillen der Kröte aus Metall H. 12,8 cm; B. 4,7 cm Sign.: Masatami tô Nagoya, 2. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Poser Auf der Klinge einer aufrecht stehenden Hacke sitzt eine Kröte; eine Schlange windet sich um den Griff und schaut auf die Kröte herab. Da das Stück als Netsuke nicht gut tragbar ist, handelt es sich möglicherweise um eine Auftragsarbeit. 731 KRÖTE UND TOTENSCHÄDEL Bein, Pupillen aus schwarzem Horn H. 2,9 cm; L. 4,1 cm 2. Hälfte 19. Jh. Eine Kröte versucht über einen Totenschädel ohne Unterkiefer zu klettern. 183 732 SCHLANGEN UND KRÖTE AUF EINEM SCHÄDEL Elfenbein H. 3,5 cm Sign.: Minkyoku Spätes 19. Jh. Zwei Schlangen winden sich an einem Schädel; eine von ihnen hat das Bein eines Frosches geschnappt. Auf der Schädeldecke liegt eine kleine Echse. In China ist die Echse, eigentlich ein Gecko, zusammen mit dem Tausendfüßler, der Schlange, dem Skorpion und der Kröte, eines der Fünf Gifttiere, die sich gegenseitig auffressen. Das übriggebliebene Tier enthielt das Gift aller fünf Tiere, und mit seinem Kadaver wurden verschiedene magische Praktiken ausgeführt. während eine tote Schlange ein Unglück ankündigt. Im Buddhismus ist die Schlange Sinnbild von Sinnlichkeit, Eifersucht und Haß. In der Netsuke-Kunst wird sie wegen der eleganten Windungen ihres Körpers und dessen vielfältigen Möglichkeiten der Gestaltung gerne dargestellt. Je manierierter und unregelmäßiger die Verschlingungen gestaltet sind, desto später sind die Netsuke entstanden. 734 SCHLANGE Kagamibuta-Netsuke Platte aus Kokos-Holz, Auge und Zunge aus Silber; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,8 cm Platte sign.: Masahide und kaô; Kapsel sign.: Masanobu Nagasaki, ca. 1830/1870 733 SCHLANGE UND KRÖTE Elfenbein H. 4 cm; L. 4,1 cm Sign.: Seikyû 20. Jh. (erworben 1982) Ehemalige Sammlung Wohlthat Die Platte besteht aus einer flach geschnitzten Schlange mit rund gelegtem Leib und einer Kapsel mit der unregelmäßigen Oberfläche eines Kürbisses. Dies ist eine Variante des Motives der Schlange, die sich durch einen Kürbis windet und Mitte des 19. Jahrhunderts sehr beliebt war. Aus einer der Körperwindungen der züngelnden Schlange schaut der Kopf einer Kröte hervor. Die sechseckige From der Schuppen zieht sich wie ein Muster über den Körper. Das große Netsuke ist ein typisches Beispiel für eine moderne Arbeit. 735 DREI SCHLANGEN Elfenbein H. 4,2 cm Sign.: Meigyoku 20. Jh. (1977 erworben) DIE SCHLANGE Die Schlange (hebi oder mi), das sechste Tierkreiszeichen, repräsentiert den 4. Monat und steht für die Stunden zwischen 9 und 11 Uhr. Eine lebende Schlange gilt im Volksglauben als gutes Omen, Die Leiber sind ineinander verschlungen und die Mäuler zweier von ihnen aggressiv geöffnet. Bei dieser modernen Interpretation lag das Interesse in den komplizierten Windungen der drei Körper. 184 736 SCHLANGE Buchsbaum, Pupillen aus Horn H. 2,4 cm; Ø 3,4 cm Sign.: Ichiraku Mitte 19. Jh. Die Schlange ist zu einem Kreis zusammengerollt, der Kopf ruht auf ihrem Leib. 737 SCHLANGE Rotbraunes Holz, Augen aus hellem Horn und Silber H. 3 cm; L. 4,9 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Katchen Der Körper der züngelnden Schlange ist in der Art einer Acht zusammengerollt und bildet eine große, kompakte Form. Die Schuppen sind schematisch dargestellt. DIE SCHNECKE Schnecken (katatsumuri) sind gelegentlich Thema von Romanen (z.B. Jiraya monogatari) und Märchen. Doch der Hauptgrund ihrer Darstellung als Netsuke liegt in der kompakten Form des Gehäuses, das die Schnecke zu einem nahezu idealen Sujet für einen Gürtelknebel macht. Die Schnecke wird oft auf einem Brunneneimer oder auf einem Bambusrohr dargestellt. 738 SCHNECKE Eisen H. 1,7 cm; L. 4,5 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Bushell Die Schnecke ist aus ihrem Haus gekrochen und hat die Fühler ausgestreckt. Ihre Haut ist von einem goldenen Streifen akzentuiert. Das ungewöhnliche Stück ist aus zwei Teilen geformt und innen hohl. 739 DREI SCHNECKEN Elfenbein H. 1,8 cm; L. 3,8 cm Sign.: Gyokuhôsai Edo. Mitte/2. Hälfte 19. Jh. Die drei Schnecken mit ausgefahrenen Fühlern folgen einander im Kreis. In der Öffnung eines jeden Schneckenhauses ist eine Landschaft dargestellt: Miho no matsubara, die kiefernbestandene Landzunge in der Suruga-Bucht, und der Berg Fuji; eine Uferlandschaft bei Vollmond und Pavillons an einem Ufer. Meist werden diese anabori-Motive in Muscheln oder in Früchten dargestellt. Die Ring-Muster auf den Schneckengehäusen sind rotbraun eingefärbt. 740 SCHNECKE Buchsbaum, die Fühlerspitzen aus schwarzem Horn H. 1,9 cm; L. 3 cm Spätes 19. Jh. Die Schnecke schiebt sich aus ihrem Gehäuse und legt die Fühler auf den Umgang. Dies ist die gängigste SchneckenDarstellung, die sich wegen der handschmeichlerischen, kompakten, runden Form hervorragend als Netsuke eignet. 185 741 ZWEI SCHNECKEN Hirschhorn H. 1,3 cm; L. 4,3 cm Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Über zwei, auf Wellen schwimmenden Ahornblätter kriechen zwei stilisierte Schnecken. Textur und Form dieses Netsuke sprechen für die Arbeit eines Schnitzers, der vom Stil des Kokusai beeinflußt war. MEERESTIERE Im Inselland Japan, das zudem von großen Flüssen durchzogen ist, sind Meeresund Flußtiere eine wichtige Nahrungsquelle. Unter ihnen sind Lachs (sake), Bonito (katsuo) und Meerbrasse (tai) die begehrtesten. Getrockneter und gesalzener Lachs (shiozake) und Meerbrasse (tai), die dem Gott der Fischerei Ebisu zugeordnet sind, werden zu Neujahr verschenkt. Der Kugelfisch (fugu) gilt als besondere Delikatesse. Karpfen (koi) und Schleierschwanzfische (kingyo) hingegen sind reine Zierfische. Die Bedeutung der Meerestiere in der japanischen Kultur findet sich auch in zahlreichen Darstellungen von Fischen in Malerei und Druckgraphik, z.B. im Buch Umi no sachi (Meeresfülle) von Katsuma Ryûsai aus dem Jahr 1762, im illustrierten Album mit Abbildungen von Fischen und Muscheln von Keisai Masayoshi (1764-1824) aus dem Jahr 1802 und in verschiedenen Blättern von Katsushika Hokusai (1760-1849). Am berühmtesten jedoch sind die FischDrucke von Utagawa Hiroshige (17971858). 742 KARPFEN IN EINER LANDSCHAFT Elfenbein, Pupillen der Fische aus Silber H. 4,4 cm Sign.: Masamune 18. Jh. (nach 1715) Ehemalige Sammlung Buzaglo Auf einer Seite dieses dreieckigen Elfenbeinstückes sind ein Karpfen, der einen Wasserfall hochspringt, und ein schwimmender Karpfen dargestellt. Die Schriftzeichen ryûmontaki (Drachen-TorWasserfall) auf der Unterseite beziehen sich auf die chinesische Legende des Karpfens, der die Stromschnellen von Longmen (jap. Ryûmon) überwindet und sich in einen Drachen verwandelt. Das Sujet hat zwei Bedeutungen. Einerseits verweist es auf die Kraft und Stärke des Karpfen, der gegen die Wasserströmung schwimmen kann. Andererseits wird in China der Karpfen, der die LongmenSchnellen des Gelben Flusses hochspringt, als eine Parabel gesehen für den jungen Anwärter, der die Hürden der Beamtenprüfungen besteht. Der Karpfen ist damit ein Symbol von Beharrlichkeit und Erfolg. Eine fast identische Darstellung ist im Ehon shoshin hashiradate illustriert. Daß der Schnitzer diese Vorlage genutzt hat, zeigt, daß er sogar den Schriftduktus der Bezeichnung ryumontaki genau kopierte. Auf der anderen Seite dieses Netsuke ist ein Reisender mit Schwert und ein Pfeife rauchender Lastenträger dargestellt. Abb. 39 Ehon shoshin hashiradate, 1794 (Erstauflage 1715), Bd. 1, S. 14b Abgeb. in: Aalderink 1985, Kat.-Nr. 41 186 743 KARPFEN Walroßzahn, Pupillen aus rotbrauner Masse H. 1,7 cm; L. 4,4 cm 1. Hälfte 19. Jh. Der Karpfen schwimmt zwischen Wellen. Das Motiv ist Anspielung auf die Stromschnellen von Longmen (siehe Kat.-Nr. 742). 744 ZWEI FISCHE Elfenbein, Pupillen aus Horn B. 4,2 cm Sign.: Tomokazu 2. Hälfte 19. Jh. Über einer Scholle (hirame) liegt eine Brasse (tai) in einem flachen Korb. In Japan werden noch heute in Fischhandlungen die Waren in flachen Körben dargeboten. 745 KARPFEN Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 3,5 cm; L. 5,3 cm Aufschrift: Garaku Spätes 19./20. Jh. Der kraftvolle Körper des Karpfens ist rund gelegt. Er beißt in die Spitze der Schwanzflosse. Das große, unhandliche Netsuke wurde wohl von ähnlichen Netsuke des Masanao aus Kyoto inspiriert. 746 ZWEI KUGELFISCHE UND ZWEI AUBERGINEN Buchsbaum H. 1,6 cm; L. 4,5 cm Sign.: Tadayuki nanajûni (72jährig) Nagoya, Provinz Owari, Mitte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Bushell Kugelfische, die in der japanischen Küche als Delikatesse gelten, dürfen nur von eigens geschulten Köchen zubereitet werden, da einige Eingeweide giftig sind. Von Auberginen (nasubi) hingegen glaubt man, daß sie ein Gegenmittel für das Gift des fugu sind. Die raffinierte Einfärbung der Fischhaut ist sehr ungewöhnlich. Ein fast identisches Stück, signiert Ichiriki, befand sich ehemals in der Sammlung Bushell (Bushell 1975, S. 183, Nr. 514; auch Christie's, London, 27.10.1987, Lot 206). Dieser in ukibori signierende Künstler war Mitte des 19. Jahrhunderts tätig und war auf Pilze und Gemüse-Sujets spezialisiert. Eine Darstellung von zwei fugu, signiert Tadatoshi, befand sich ehemals in der Sammlung Greenfield (Hurtig 1973, S. 76, Nr. 252). Diese Netsuke zeigen exemplarisch wie ein und dasselbe Motiv von verschiedenen, aber in derselben Werkstattradition stehenden Künstlern in derselben Machart ausgeführt wurde. 747 FUGU Buchsbaum, Augen aus hellem und dunklem Horn, Zähne aus Bein H. 3,5 cm; L. 7,8 cm Sign.: Masatada 2. Hälfte 19. Jh. Die charakteristischen Merkmale des Kugelfisches sind das schnabelartige Gebiß und die mit feinen Stacheln besetzte Haut. Wenn der fugu sich in Gefahr befindet, füllt er seinen Magensack mit Wasser, so daß er die Form einer Kugel annimmt. 187 748 WELS Elfenbein, Augen aus hellem und dunklem Horn L. 7,1 cm 19./20. Jh. 752 TROCKENLACHS Walfischbarte L. 13,4 cm Sign.: Tessai tô und kaô Nara, ca. 1920 749 TROCKENLACHS Elfenbein, Augen aus Perlmutt L. 8,3 cm 19. Jh. Der aufgeschlitzte und ausgenommene Lachs ist in virtuoser Schnitztechnik wiedergegeben. Tessai hat shiozake sowohl in Barte als auch in Holz geschnitzt. Ein Trockensalm von ihm aus Holz (ehemals Londoner Kunsthandel, abgeb. in: Through Three Centuries, London 1978, Nr. 58) wird von einem Holzkasten begleitet, der inschriftlich auf das Jahr 1924 datiert ist. Die aogai (Haliotis)-Einlagen in den Augenhöhlen steigern das makabre Aussehen dieses Trockenlachs (shiozake). 750 TROCKENLACHS Obstholz, Augen aus Perlmutt L. 9 cm 2. Hälfte 19. Jh. Am abgeschnittenen Ende des Trockenlachs sind Gräten und Wirbelsäule des Fisches sichtbar. Die schuppige Haut ist verschrumpelt, die Flossen sind mager und dünn. Es ist eine ungewöhnlich realistische Wiedergabe. 751 TROCKENLACHS Horn, Augen und Fellpunkte aus Bein L. 10,3 cm 19. Jh. Über den Unterkiefer eines großen shiozake krabbelt ein Kätzchen mit weiß gepunktetem Fell. 753 KRAKE Kagamibuta-Netsuke Platte aus shakudô, Details aus Gold und Kupfer; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,2 cm Mitte 19. Jh. Auf der Platte befindet sich die seltene Darstellung eines Kraken in seinem Habitat. Er schaut aus einer Grotte, an der ein Fisch vorbei schwimmt. 754 TENTAKEL EINES KRAKEN Elfenbein L. 5,4 cm Aufschrift: Mitsuhiro und kaô Osaka, ca. 1840/1860 oder später Bei dieser sehr realistischen Darstellung eines Krakententakels denkt man unwillkürlich an eine Küchenszene, wo der Fangarm bereit für die Zubereitung liegt. 188 Im Takarabukuro des Ôhara Mitsuhiro ist unter Nummer 82 ein solches Netsuke angeführt: „Fly on Octopus tentacles. Tentacles are colored in red. Make the cut ends white. The fly should be an exact copy“. (Temple 2001, S. 59) Die japanische Sprache kennt kein Plural, daher kann es sich auch um einen einzelnen Tentakel handeln. Die Art, wie das Material hier eingefärbt ist, entspricht der Beschreibung und ist typisch für eine Arbeit aus Osaka. Ein fast identisches Modell eines Tentakel mit Fliege befand sich ehemals in der Slg. Bushell (Christie's London, 27.10.1987, Lot 199, sign. Mitsuhiro und kaô). Ein Kôshû signiertes Netsuke mit gleichem Thema befindet sich im British Museum, London (Barker und Smith 1976, S. 37, Nr. 31). Ein Krake versucht sich aus einem Binsenbündel zu befreien, in dem sich Venusmuscheln befinden. Die Spitze einer Tentakel wird von einer Muschel festgehalten. Dieses Sujet ist typisch für die NagoyaSchnitzer der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. 755 KRAKE Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 3,3 cm Aufschrift: Mitsuharu 20. Jh. 758 KRABBE IN EINEM LOTOSTEICH Ryûsa-manjû Elfenbein und Silber Ø 4,6 cm 2. Hälfte 19. Jh. Der Krake (tako) mit Stilaugen hat seine Fangarme zum Körper hin gekreuzt angeordnet. Oktopus-Netsuke wurden angeblich gerne von Ärzten getragen, weil der Legende nach der Hofarzt des Drachenkönigs Ryûjin ein Krake war. Ein weiterer Grund für die Beliebtheit ist, daß tako ein Homonym für großes Glück ist. In der Mitte dieses ryûsa-manjû befindet sich zwischen stilisierten Wellen, Lotosblättern und -blüten eine Krabbe aus Silber. 756 KRAKE IN EINEM BINSENBÜNDEL Buchsbaum, Augen aus schwarzem Glas H. 3,3 cm; B. 5,1 cm Sign.: Masakazu Nagoya, Provinz Owari, Präfektur Aichi 2. Hälfte 19. Jh. 757 TINTENFISCH ODER KALMAR Elfenbein, Pupillen aus Glas L. 6,5 cm Um 1900 Ehemalige Sammlungen Bluth und Rose Während sich um den Kraken in Japan zahlreiche Sagen ranken, hat der Tintenfisch (ika) seine Bedeutung vor allem als Nahrungsmittel. 759 KRABBE Maritimes Elfenbein H. 2 cm; L. 6,2 cm Sign.: Teruyuki 1. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Bushell Der große, realistisch dargestellte Taschenkrebs (kani) mit besonders dicken 189 Scheren liegt auf einem Blatt, um dessen Ränder sich die Klauen biegen. Möglicherweise ist dieses Netsuke identisch mit dem von Davey unter Nr. 2906 der Künstlerliste erwähnten. 760 SEEOHR Holz H. 1,3 cm; L. 4,3 cm Sign.: Ikkô Nagoya, Provinz Owari, Mitte 19. Jh. Die Oberseite der Schale zeigt typische Verkrustungen, die teilweise die Atemlöcher überwuchern. An der glatten, fleischigen Unterseite – die eigentliche Schauseite – sind einige Sandkörner in ukibori dargestellt. 761 SEEOHR Hirschhorn H. 2,3 cm; L. 4,8 cm 19. Jh. Die Schale wird bestimmt durch elf Atemlöcher. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt eine dünne Garnele (ebi), deren gekrümmter Rücken das himotôshi bildet. Die rauhe, poröse Struktur des Materials entspricht der natürlichen Beschaffenheit der Seeohrschale. Die tiefe Höhlung könnte dem Ausklopfen eines Pfeifenkopfes gedient haben. 762 MUSCHELN Elfenbein H. 1,4 cm; L. 6,6 cm 1. Hälfte 19. Jh. Das lange, spitze Materialstück von dreieckigem Querschnitt ist beschnitzt mit einer Venusmuschel, aus der eine langschwänzige Schildkröte kriecht. Die Mitte wird gebildet durch eine Haliotis, die Spitze durch eine Schnecke. 763 MUSCHELGRUPPE Elfenbein H. 1,8 cm; L. 4,1 cm Sign.: Hôshinsai Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Die Gruppe wird gebildet von hamaguri, akagai, einer Schnecke und einer Kauri; im Boden verläuft das himotôshi unter einer kleinen Turmschnecke. Im Inneren der hamaguri-Muscheln sind Landschaften mit Fuji dargestellt. Der Name der Örtlichkeiten ist auf der Muschelschale in Silbenschrift (katakana) geschrieben: Shichirigahama, Kanazawa und Enoshima. Von diesen drei Orten an der Sagami-Bucht hat man einen besonders schönen Blick auf den Fuji. Enoshima war in der Edo-Zeit ein Pilgerort, und es ist möglich, daß solche Netsuke dort als Souvenir verkauft wurden. 764 DREI VENUSMUSCHELN Elfenbein H. 2,3 cm; L. 5,1 cm Spätes 19. Jh. Auf die glatte Schale der großen hamaguriMuschel sind der Bergkegel des Fuji und die Kiefern auf der Landzunge von Miho graviert. Auf einer kleineren ist eine von Trauerweiden gesäumte Brücke zu erkennen. 190 DIE ZIKADE In China war die Zikade (semi) seit alters her Symbol der Wiedergeburt und des Lebens nach dem Tod, da sie als ausgewachsenes Tier ihrer Chrysalis entschlüpft. In Japan symbolisiert die Zikade Menschlichkeit. Das Insekt wird mit der obon-Zeit (das buddhistische Allerseelenfest) in Verbindung gebracht und wegen ihres lauten Zirpens besonders mit dem Spätsommer. Die Zikade ist eines der Lieblingssujets der Schnitzer in der Provinz Iwami. 765 ZIKADE Umimatsu H. 2,2 cm; L. 4,8 cm Möglicherweise Provinz Iwami, 1. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wolf Das Insekt sitzt auf einem Blattzweig, an dem Eicheln hängen. 766 ZIKADE Buchsbaum H. 2,6 cm; L. 3,9 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die Zikade sitzt auf einer leeren, halben Walnußschale. Da Walnüsse ein häufiges Motiv der Hida-Schnitzer waren, könnte auch diese Arbeit von dort stammen. 767 ZIKADE Holz, Augen aus schwarzbraunem Horn (?) H. 1,9 cm; L. 4,3 cm Sign.: Masanao 20. Jh. Die Zikade sitzt auf einem löchrigen Lotosblatt. Auf der Unterseite befindet sich eine Spinne, die einen Faden spinnt. Das himotôshi verläuft unterhalb eines verästelten, blattlosen Zweiges, der in diesem Kontext fehl am Platz erscheint. Man hätte hier den Stengel des Lotos erwartet. Das Netsuke ist fast identisch mit einem Harumitsu signierten Netsuke aus dem späten 19. Jahrhundert (Welch and Chappell 1999, S. 155, Kat.-Nr. 237), das im Katalog von der Seite und von unten abgebildet ist. Die Signatur hier entspricht nicht den Signaturen des Masanao aus Ise, es irritiert vor allem der obere Doppelstrich des ersten Schriftzeichens. 768 ZIKADE Elfenbein, Früchte rot eingefärbt H. 2,4 cm; L. 4,2 cm Sign.: Gyokuhôsai Tokyo/Edo, ca. 1850/1870 Ehemalige Sammlung Greene Die Zikade verharrt auf dem größten, teilweise aufgeplatzten Granatapfel von vier Früchten. Im Inneren sind die Samenkörner und in anabori drei winzige Landschaften zu sehen. Darüber stehen auf der Schale die Schriftzeichen Tamagawa. Die Szenerien können teilweise mit den Topoi der Mu Tamagawa (Sechs Kristallflüsse) identifiziert werden. Eine Szene zeigt in anabori eine Wäscherin mit langer Stoffbahn, eine Anspielung auf das Wäschebleichen in Tatsukuri in der Provinz Musashi (Chôfu); eine andere Szene zeigt eine Figur auf einer Brücke, vielleicht Anspielung auf eine Pilgerreise zum Koya-Berg in der Provinz Kii. Abgeb. in: Eskenazi 1973, Kat.-Nr. 12 191 769 ZIKADE Elfenbein H. 1,9 cm; L. 3,6 cm Sign.: Gyokuyôsai Edo, Mitte 19. Jh. Das Insekt hockt auf einem großen Kürbis. Im Inneren der Frucht ist eine Landschaft dargestellt. 770 ZIKADE Sashi-Netsuke Maritimes Elfenbein(?), Augen aus schwarzem Glas L. 10,3 cm Sign.: Senpô Tokyo, ca. 1975/1990 (erworben 1999) Die Darstellung dieser Zikade weicht von üblichen Darstellungen ab. Der Körper ist überlang wiedergegeben und die Flügel sind übereinander gelegt und nicht, wie üblich, dachartig aneinander gestellt. Die Rückseite zeigt die Beine und den Korpus mit hinterem Stachel sehr genau. 771 SINGGRILLE Kagamibuta-Netsuke Platte aus shibuichi, Details aus shakudô, Gold und Silber; Kapsel: Hirschhornrose Ø 4,4 cm Mitte 19. Jh. Zwischen susuki (Riedgras, Miscanthus sinensis) und kikyô (Ballonblume, Platycodon grandiflorum), zwei der Sieben Herbstgräser, hockt eine Singgrille. Die suzumushi gilt als die aristokratischste unter den Grillen des Spätsommers und ist Vorbote des Herbstes. Abgeb. in: NKSJ, Bd. 8, Nr. 4 (Winter 1988), S. 40 772 SCHMETTERLINGE Manjû-Netsuke Elfenbein B. 4,7 cm 2. Hälfte 19. Jh. Fünf Falter verteilen sich über die Fläche dieses ausgehöhlten manjû mit kleinen Öffnungen an den Schmalseiten. Der Schmetterling symbolisiert Glück und Weiblichkeit. Darüber hinaus verkörpert er die Seelen der Verstorbenen sowie der Lebenden. Fliegt ein Schmetterling ins Haus, so kündet er die Ankunft desjenigen an, dessen Seele er trägt. 773 SPINNE UND SPINNENNETZ Manjû-Netsuke Eisen, Gold und Silber Ø 3,2 cm Mitte 19. Jh. Die schwach gewölbte Oberfläche des kleinen manjû zeigt eine Holzmaserung in Relief. Die Spinne aus reliefiertem Silber kriecht aus einer kleinen Öffnung. Die Fäden des Spinnennetzes sind in Goldtauschierung wiedergegeben. 774 SPINNE AUF EINEM ZAHN Eberhauer, Pupillen aus braunem Horn L. 9 cm Aufschrift: Nihon San'in dô Iwami Kaaigawa Seiyôdô Bunshôjô horiki zamu (Von Seiyôdô Bunshôjo aus Kaaigawa in 192 Iwami im San'in Gebiet von Japan geschnitzt) Provinz Iwami, 19. Jh. Eine Spinne sitzt an der Spitze des Hauers, auf den zierliche Bambusstämme und Blätter graviert sind. Dieser Typ von Netsuke war eine Besonderheit der IwamiSchnitzer, die ihre Stücke oft mit langen Inschriften versahen. 775 SPINNE AUF EINEM BLATT Eberhauer L. 10,7 cm Provinz Iwami, 19. Jh. Auf einem Blatt mit radial ausstrahlenden Adern hockt eine Spinne. Am stumpfen Ende des Zahns ist das Material mit Bein und einer weichen Masse ausgepflockt. 193 Flora Viele Früchte, die als Netsuke dargestellt werden, besitzen eine symbolische Bedeutung. Kürbisse, Melonen, Auberginen und Granatäpfel versinnbildlichen auf Grund ihrer zahlreichen Kerne männliche, während die Hülsenfrüchte weibliche Fruchtbarkeit symbolisieren. FruchtNetsuke müssen jedoch nicht immer mit einer Fruchtbarkeitssymbolik in Verbindung stehen, viele Früchte stammen aus Japans Bergwäldern. Im späten 18. Jahrhundert gab es zahlreiche Darstellungen von Ginkgo-Nüssen und Kastanien. In Osaka kreierte Mitsuhiro eine Mode für Mispeln- (biwa) und Kaki-Netsuke. Birnen, Walnüsse und Erdnüsse, die ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gerne dargestellt wurden, haben keinerlei symbolische Bedeutung. In der naturalistischen Ausarbeitung der Außenhaut jedoch zeigt sich das gestalterische und technische Können des Schnitzers und in manchen Fällen, soweit es die Größe zuließ, entstand sogar ein Trompe l'œil. Früchte mit kugeliger Form benutzten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts viele Schnitzer aus Tokyo für anabori (wörtlich: Loch-Schnitzerei). Durch einen Schlitz oder eine breite Öffnung ist eine Küstenlandschaft, oft mit Salzbrennerhütten oder Kegel des Fuji-Berges im Hintergrund, zu sehen. In der Provinz Tanba wurden Netsuke von Mandarinen (mikan) und Kürbissen, durch die sich ein Drache bzw. eine Schlange windet, hergestellt. Aus den Blumen wählten die Schnitzer bevorzugt Päonie und Chrysantheme als Motiv für Netsuke und kagamibuta. Der Lotos, Symbolpflanze des Buddhismus, war ein beliebtes Sujet der Schnitzer in Tokyo, die im Stil des Kokusai arbeiteten. Lotos und Bambus sind die einzigen Pflanzen, die in den verschiedenen Stadien des Wachstums wiedergegeben wurden. Kiefer, Bambus und Pflaumenblüten bilden eine glücksverheißende Gruppe (shôchikubai oder matsutakeume). Diese Pflanzen, in China als „Die drei Freunde des Winters“ bekannt, symbolisieren Reinheit, Beständigkeit und langes Leben und werden in Japan u.a. als Neujahrsdekoration verwendet. Viele andere Pflanzen haben ebenfalls einen jahreszeitlichen Bezug: Adonisröschen (Neujahr), Iris (das Knabenfest), die Sieben Herbstgräser (aki no nanakusa), Chrysanthemen (Herbst), Kamelie (Winter). Sowohl die japanischen Enzyklopädien als auch die Malvorlagebücher enthalten Pflanzendarstellungen. Das Ehon noyamagusa (E.A. 1755) von Tachibana Yasukuni (1717-1792) enthält eine Vielzahl von Wildpflanzen (Blumen, Stauden und blühende Sträucher) mit namentlicher Bezeichnung. FUNGI Schichtporlinge (mannendake, wörtlich: Zehntausend-Jahre-Pilz = Ganoderma lucidum oder Fomes japonicus) wachsen an knorrigen Stielen in schwammiger, wolkiger Form im unteren Bereich von Bäumen und werden sehr hart. Da sie in wolkenartigen Wucherungen wachsen, werden sie mit weiblichen in (chin. yin)Elementen in Verbindung gebracht. In der Kunst sind sie besser bekannt als reishi, die japanische Aussprache der chinesischen Bezeichnung lingzhi. Sie sind in China ein Symbol des langen Lebens, 194 eine Bedeutung, die in Japan übernommen wurde. 776 REISHI Hirschhorn H. 6 cm 2. Hälfte 19. Jh. Bei dem in Hirschhorn gearbeiteten reishi wird hier die Rose des Geweihs für den „Hut“ des Fungus verwendet. Das himotôshi wird gebildet durch einen kleineren reishi an der Rückseite. Vor allem Schnitzer, die im Stil des Kokusai arbeiteten, haben diese Pilze oft in stilisierter Form dargestellt. 777 REISHI Buchsbaum B. 6,3 cm Sign.: Juraku 2. Hälfte 19. Jh. Der große Kopf eines Schichtporlings hat aufgrund seiner nahezu symmetrischen Form das Aussehen des wolkenkopfförmigen Kopfes des Zepters vom Typ nyoi (chin.: ruyi). Dieser Terminus bedeutet in China „wie man es haben will“, und es ist nicht auszuschließen, daß in Japan die chinesische Bedeutung bekannt war. Aus dem Stiel des reishi entwächst ein kleinerer Fungus. Die Schnur kann zwar durch die von den Verzweigungen des Stengels gebildeten Öffnungen geführt werden, doch wirkt das Stück nicht wie ein getragenes Netsuke. 778 REISHI Buchsbaum H. 15,4 cm Sign.: Masanao Uji-Yamada, Provinz Ise, 2. Hälfte 19. Jh. Die Form der beiden langen Pilze wurde für ein sashi-Netsuke genutzt, wobei eine natürliche Öffnung zwischen den beiden Stengeln der Schnurführung dient. PILZE Pilze (ki no ko) sind ein Fruchtbarkeitssymbol par excellence. Über Nacht nach einem warmen Regen, der die Sporen aktiviert, schießen sie früh morgens aus dem Boden. In China gibt es daher den Ausspruch „Er erscheint wie die Pilze am Morgen“, eine Anspielung auf schnelle Karriere oder plötzlichen Ruhm (Wolf 1974, S. 160). Für die Landbevölkerung Japans waren Pilze Sinnbilder der schnellen Vermehrung. Auf Grund seiner Form und der Fortpflanzung durch zahlreiche Sporen ist der Pilz ein phallisches Symbol. In der japanischen Küche spielen die verschiedenen Pilzsorten eine große Rolle, besonders der aromatische shiitake (Lentinus edodes), der teuere matsutake (Tricholoma matsutake), die in Gruppen wachsenden shimeji (Lyophyllum spp.) und die dünnstieligen enokitake (Flammulina velutipes). Zwei Schnitzer müssen im Zusammenhang mit Pilz-Netsuke hervorgehoben werden. Ganbun (Mebun) gestaltete Hutpilze und Schichtporlinge gleichermaßen originell und besetzte sie mit winzigen, in Metall ausgeführten Amei195 sen und Spinnen. Im Vergleich zu diesen individualistisch gestalteten Arbeiten wirken die shimeji-Pilze des Masanao und seiner Nachfolger äußerst konventionell. Ihr Reiz liegt vornehmlich in der Patina des Buchsbaums und der Griffigkeit der runden Gestaltung. 779 PILZE Gebeiztes Buchsbaumholz H. 2,5 cm; L. 3,9 cm Sign.: Yoshihide (Hôshû) Tokyo, ca. 1880/1900 Die Pilze befinden sich in einem Behältnis aus Reisstroh. So verpackt, dienten die Pilze möglicherweise als Geschenk. Yoshihide hat dieses Sujet mehrfach geschnitzt. Ein ähnliches Motiv, dessen Pilze als hatsudake bezeichnet sind und das als Vorlage für dieses Netsuke gedient haben könnte, ist im Banbutsu hinagata gafu zu finden. Abb. 40 Banbutsu hinagata gafu, 1879, Bd. 2, S. 14b 780 PILZE Elfenbein H. 2,2; B. 4,7 cm Sign.: Okatomo Kyoto, 2. Hälfte 18. Jh. Die fünf runden Hüte, wahrscheinlich des matsudake, und die dicken umgebogenen Stengel bilden ein gut tragbares, kompaktes Netsuke. 781 PILZE Buchsbaum H. 2,4 cm; B. 4,9 cm Mitte 19. Jh. Eng gedrängt fügen sich die Pilze zu einem flachen und griffigen Netsuke. Möglicherweise handelt es sich um shiitake. Er wächst am Stamm des shii-Baumes (Castanopsis cuspidata), einer Eichenart. 782 SHIMEJI-PILZE Buchsbaum H. 3,9 cm; B. 3,6 cm Sign.: Masanao Uji-Yamada, Provinz Ise, Mitte 19. Jh. Shimeji-Pilze, die in Gruppen wachsen, mit bauchigen Stämmen, relativ kleinen Hüten und dichten, feinen Lamellen, sind unter den Netsuke Masanaos recht häufig. 783 GEMÜSE Ryûsa-manjû Elfenbein B. 3,7 cm Edo, ca. 1850 Auf dem ovalen ryûsa-manjû sind verschiedene, dicht zusammengelegte Gemüse zu sehen. Auf der Schauseite befinden sich Rettich (futamata daikon), Gurken, Lotoswurzel (ren), eine Zitrusfrucht (mikan oder yuzu), Pilze und Auberginen; auf der himotôshi-Seite Wassernuß (hishi), Ingwerschößling (myôga), Kürbis, Rübe (kabu), Auberginen, Bohnen, Pilze und Bambusschößling. Diese Arbeit ist ein häufiges Modell des Gyokuhôsai. 196 784 AUBERGINE Buchsbaum, Made aus Elfenbein H. 5 cm; L. 2 cm 1. Hälfte 19. Jh. Eine kleine Made frißt sich durch die Fruchtblätter einer Aubergine (nasu oder nasubi, Solanum melongena) mit aufgeplatzter Schale. Vom langen Stengel hängt ein geädertes Blatt, in das zwei Löcher für die Schnurführung gebohrt sind. 785 AUBERGINEN Manjû-Netsuke Holz und Lack Ø 3,8 cm 20. Jh. (erworben 1995) Über einem leuchtend roten, hochglänzendem Grund sind in Schwarz- und Braunlack zwei Auberginen dargestellt sowie in makie Grashalme und ein Schmetterling. Die malerisch in den noch feuchten Lack angebrachte Schattierung der hinteren Frucht und der relativ grobe nashiji im Inneren sind Hinweis auf eine neuzeitliche Arbeit, möglicherweise von Saratani Tomizô. Die Eleganz dieses manjû leitet sich ab von den raffinierten Arbeiten des Shibata Zeshin (1807-1891) und seiner Schüler. BOHNEN Hülsenfrüchte wie Bohnen (mame, Phaseolus vulgaris) und Erbsen (endô, Pisum sativum) versinnbildlichen in Ostasien weibliche Fruchtbarkeit. Die Früchte, die sich in den Schwellungen der Hülse abzeichnen, werden als das Ungeborene im Mutterleib verstanden. Mame, mit ande- ren Schriftzeichen geschrieben, bedeutet auch Gesundheit und Tüchtigkeit. Bohnen-Netsuke hatten daher die Funktion eines Talisman. Die proteinhaltige Bohne gehört zu den Grundnahrungsmitteln Japans. Vor allem die Sojabohne (daizu, Glycine hispida max.) wird zu einer würzigen Sauce (shôyu), zu Käse (tôfu), Paste (miso) und Öl (abura) verarbeitet. Soja ist der von den Holländern im 17. Jahrhundert geprägte Name, der sich aus dem Wort shôyu ableitet. Sojabohnen werden im Sommer in halbrohem Zustand aus der Hülse (edamame) oder fermentiert (nattô) gegessen. Die Samen der roten Mungobohnen (azuki, Phaseolus mungo) werden ebenfalls zu Speisen verarbeitet und gehören zur Volksnahrung. 786 DREI BOHNENSCHOTEN Elfenbein L. 6,5 cm Kyoto, spätes 18. Jh. Diese Komposition von drei flachen Soyabohnenschoten an einem langem Stengel findet sich häufig bei den Schnitzern in Kyoto. Auf der Rückseite zeichnen sich in der Hülse die Schwellungen der Früchte ab, die durch die Zeichnung der Elfenbeinmaserung und Farbe der Patina betont werden. 787 BOHNENSCHOTE Elfenbein, Kopf der Made aus schwarzem Horn L. 7,9 cm Aufschrift: Mitsuharu 19. Jh. 197 Die gerade Form der Bohnenschote mit naturalistisch gestalteter Naht ist sehr subtil modelliert. In einem Loch der Schale befindet sich eine bewegliche Frucht mit einer Made. Diese thematische Erweiterung eines traditionellen Sujets ist ein Hinweis auf eine spätere Schnitzarbeit. KÜRBISSE Kürbisse werden einerseits als Nahrung, aber auch als Gerät verwendet. Die zahlreichen Fruchtkerne hingegen symbolisieren reichen Kindersegen. Die Legenaria siceraria-Sorten mit verhärtenden Schalen werden für Wasserbehälter für die Reise verwendet, aber auch als nioibin (Parfümfläschchen) und in halbiertem Zustand als Kelle (hishaku). Die Ranke mit anhängenden, kleinen Früchten (hyôtan) symbolisiert in China immerwährende Folge von Nachwuchs. 788 KÜRBIS Elfenbein H. 2,6; B. 3,9 cm Mitte 19. Jh. Auf dem geriffelten Kürbis (bôfura), umgeben von einem Blattzweig mit Blüte und Ranke, sitzt eine Spinne. Die Spinne ist Symbol des Fleißes, aber die Kombination einer Pflanze oder einer Frucht mit einer Spinne bleibt ungeklärt. 789 KÜRBIS Kupfer, shibuichi und Gelbmetall H. 4,3 cm Mitte 19. Jh. Auf der Oberfläche des geriffelten Kürbisses vom Typ kabôcha sind Blätter in shibuichi und Gelbmetall eingelegt und Ranken in Gravur dargestellt. Die Wandung ist in Treibarbeit hergestellt und aus zwei Teilen zusammengesetzt. 790 FLASCHENKÜRBIS Walroßzahn H. 1,8 cm; L. 4,5 cm Mitte 19. Jh. Um einen Flaschenkürbis mit mehreren, unterschiedlich großen Öffnungen winden sich Ranken mit großen Blättern. Das Innere der Frucht ist ausgehöhlt, so daß das Netsuke sehr leicht und gut geeignet ist, an einem delikaten inrô zu hängen. Die Einfärbung und die graphischen Details der Ausführung sind Hinweis auf eine Schnitzarbeit aus Osaka. 791 SECHS FLASCHENKÜRBISSE Walroßzahn L. 5,1 cm Sign.: Masayuki Spätes 19. Jh. Die schlanken Flaschenkürbisse (hyôtan) liegen teilweise übereinander und bilden eine flache, ovale, handschmeichlerische Form. Die Darstellung kann im Japanischen mubyô ausgesprochen werden. Dies bedeutet sowohl „sechs Kürbisse“ als auch „keine Krankheit“. Dieses Netsuke war sicherlich ein Talisman. 792 EICHELN Buchsbaum H. 2,6 cm; B. 5,8 cm 18./frühes 19. Jh. 198 Auf drei Blättern liegen fünf Eicheln (donguri). Sie wurden geröstet gegessen und waren Bestandteil von jahreszeitlichen Süßspeisen. Das Netsuke ist eine abstrahierende Komposition, wie sie im frühen 19. Jahrhundert häufig war. KASTANIEN Die Edelkastanie (kuri, Castanea crenata) wächst in den Bergregionen Japans, vor allem in der Provinz Hida (Präfektur Gifu und Yamanashi). In der japanischen Küche wird die Marone (amaguri) hauptsächlich für Süßspeisen verwendet. Geschälte, in Dampf gekochte und getrocknete Kastanien (kachikuri) sind eine Neujahrsspeise. Weil das Wort kachi auch Sieg im Kampf bedeutet, ist die Trockenkastanie ein Omen für Erfolg und wurde den in den Kampf ziehenden Kriegern serviert. größten kachikuri befinden sich rudimentär geschnitzte Landschaften. 795 FÜNF KASTANIEN UND BOHNEN Buchsbaum H. 2,1 cm; B. 4,1 cm Sign.: Masanao Uji-Yamada, Provinz Ise, 2. Hälfte 19. Jh. Über vier Kastanien liegen eine flache Kastanie und zwei pralle Bohnenschoten. Der Nabelfleck und die Rippen sind sorgfältig ausgearbeitet. 796 ZWEI WALNÜSSE Elfenbein, unterschiedlich patiniert H. 2,3 cm; B. 3,5 cm Sign.: Ransai Spätes 19. Jh. 793 KASTANIEN Buchsbaum H. 2 cm; B. 4,4 cm Frühes 19. Jh. Über einer leeren Schalenhälfte einer Walnuß (kurumi), durch die das himotôshi führt, liegen eine andere Hälfte mit hellem und glänzendem Nußfleisch und eine an der Spitze wenig geöffnete Walnuß, auf der eine Spinne sitzt. Im Inneren dieser Nuß befindet sich eine Landschaft. 794 KASTANIEN, ZWEI SARDINEN UND STECHPALMENZWEIG Elfenbein H. 1,8 cm; B. 3,5 cm Sign.: Ippô Mitte 19. Jh. 797 DREI ERDNÜSSE Elfenbein L. 3,7 cm Sign.: Gyokusô Tokyo, ca. 1900/1940 Bei diesen drei Objekten handelt es sich um Neujahrsembleme: Stechpalme (soyogo) und getrocknete Sardinen (iwashi) dienen der Abwehr des Bösen und werden zu Neujahr dekoriert. Im Inneren der beiden Die naturalistische Ausarbeitung und Einfärbung der Oberfläche dieser Erdnüsse (rakkasei) in der Schale machen das Netsuke zu einem Trompe-l'œil. Die besten Erdnüsse wurden in der Nähe von Tokyo, in Chiba, angebaut und galten als 199 Souvenir und berühmtes Produkt (meibutsu) dieser Region. 798 KORB MIT HERBSTFRÜCHTEN Buchsbaum H. 2,8 cm; B. 4,1 cm 19. Jh. Der Korb ist gefüllt mit Granatäpfeln, Trauben, Weinlaub und anderen Früchten. Ein gebogener Steg an der Unterseite bildet die Öse für die Schnurführung. Das Motiv ist Sinnbild reicher Ernte. 799 GINKGO-NÜSSE Elfenbein H. 2,4; B. 4,2 cm Kyoto, 1. Hälfte 19. Jh. Die nahrhaften Nüsse des Ginkgo-Baumes (ichô, Ginkgo bilboa), ginnan genannt, erfreuen sich im Herbst großer Beliebtheit. Die übliche Ginkgo-Nuß ist zweikantig. Ausnahmen bilden die dreikantigen, die in Japan eine ähnliche Bedeutung haben wie unser vierblättriges Kleeblatt. Im Aberglauben schützen sie gegen Füchse und Krankheiten. 800 GRUPPE VON GINKGO-NÜSSEN UND EICHELN Elfenbein H. 1,7 cm; B. 3,8 cm Sign.: Ryûsen Edo/Tokyo, ca. 1850/1870 Diese Art von Stillebenmotiv war als Netsuke in den letzten Jahren der Edo-Zeit bei Schnitzern sehr beliebt. Zwei große ginnan haben die seltene dreieckige Form. In drei der größeren ginnan befindet sich in anabori jeweils eine Landschaft, die an der Außenseite die Inschrift „Tamagawa“ (Kristallfluß) trägt. DER PFIRSICH Der Pfirsich (momo, Prunus persica Batsch) steht in Japan mit Glück und Gesundheit in Verbindung. In China ist er Symbol der Unsterblichkeit und Langlebigkeit. Denn im Garten der Königinmutter des Westens, Seiôbo, wuchsen diese wunderbaren Bäume, dessen Früchte nur alle 1000 Jahre reiften. 801 PFIRSICHE Elfenbein H. 2,6 cm; L. 4,5 cm 18. Jh. Ein großer und ein kleinerer Pfirsich hängen von einem Ast mit Blättern, die die Früchte schützend umgeben. Das Stück ist von dreieckiger, wenig tief geschnittener Form. 802 PFIRSICHE Elfenbein H. 1,9 cm; L. 3,5 cm 2. Hälfte 18./frühes 19. Jh. Von einem verzweigten Ast hängen sechs Pfirsiche mit Blattwerk. Der dreieckige Querschnitt des Stückes spricht für eine frühe Arbeit. 803 PFIRSICH Holzkern mit Rot- und Goldlack H. 3 cm; B. 4 cm Ca. 1880 200 Die Oberfläche dieser Frucht und ihre länglichen, spitzen Blätter sind in feinster makie-Technik gestaltet. Über rotem bis dunkelbraunem Lack liegt in abgestufter Streuung sehr feiner Goldstaub, der die samtige Pfirsichhaut treffend wiedergibt. 804 KAKI Elfenbein H. 2,5 cm; B. 3,5 cm Sign.: Rantei Kyoto, Mitte 19. Jh. Vom Stengel dieser Kaki hängt ein großes Blatt, auf dem die Signatur des Schnitzers geschrieben steht. Auf der Unterseite sitzt ein Insekt. Von den beiden Kakisorten (Diospyros kaki, Dattelpflaume) ist hier die tomatenähnliche, süße Frucht (amagaki), die vom Baum gepflückt und sofort gegessen werden kann, dargestellt. Sie symbolisiert Fruchtbarkeit und eine glückliche Familie. So wie die Samen durch zähe Fäden zusammengehalten werden, so soll der Nachwuchs mit der Familie verbunden bleiben. 805 GETROCKNETE KAKI Shibuichi, Fruchtblatt und Blütenstängel aus vergoldetem Kupfer L. 5,9 Sign. in Gold auf einer shakudô-Reserve: Shôkatei Kazutsune saku Matsuyama, Provinz Iyo/Präfektur Ehime, 2. Hälfte 19. Jh. Die Fruchtblätter mit kurzem Stengel sitzen wie ein Deckel mit Knauf auf der innen hohlen Frucht. Das himotôshi führt durch ein Loch in der Wandung und eine Öse im „Deckel“. Die flache, längliche Form und die schrumpelige Schale sind die Merkmale von getrockneten Kaki (hoshigaki). Hierfür wird die Sorte shibugaki verwendet, die auch in reifen Zustand sehr herb im Geschmack ist und daher nicht verspeist werden kann. Diese Früchte werden geschält, auf Strohseilen aufgezogen und in Sonne und Wind getrocknet, woraufhin sie süß und aromatisch werden. Der Fruchtzucker kristallisiert an der Oberfläche, und sie wirken daher wie überzuckert. Diese hoshigaki waren ein Amulett für Glück, langes Leben und Wohlstand, ein Bestandteil der Neujahrsdekoration und eine beliebte Süßspeise. 806 BIRNE UND WESPE Holz, Augen aus Horn H. 5,4 cm Sign.: Gekkô Gifu oder Nagoya, spätes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Dore In einer großen Öffnung einer angefressenen, faulenden Birne sitzt eine Wespe. Die Schale ist durch kleine Punkte in ukibori gestaltet. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 12 807 BIRNE UND MADE Buchsbaum, Made aus Bein H. 5 cm Sign. in ukibori: Bazan Gifu, ca. 1870/1890 Die Schale dieser angefressenen Birne mit kleinen, unregelmäßigen Punkten ist in 201 ukibori-Technik gestaltet. Eine dicke Made aus Elfenbein frißt sich durch das Fruchtfleisch und erhöht dadurch die morbide Erscheinung dieses Netsuke. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 12 808 MISPELZWEIG Manjû-Netsuke Silber, shakudô und Gelbmetall B. 3,4 cm Mitte 19. Jh. Die wenig gewölbte Oberfläche ist überzogen mit einem Flechtwerk feiner Metallstreifen, die ein Muster von Diagonalstreifen bilden. Darauf appliziert ist in hohem Relief aus Silber ein Mispelzweig mit Blatt und sieben Früchten sowie eine wappenähnliche Blüte. 809 BLUMEN DER SAISON Hako-Netsuke Holz, Lack und makie H. 1,6 cm; B. 4,9 cm 19. Jh. Das hako-Netsuke hat die Form einer Briefschatulle (fumibako) mit typischer „Staubleiste“. Auf mattrotem Lackgrund sind in halbhohem takamakie verschiedene Blüten der vier Jahreszeiten dargestellt: Päonie, Nelke, Kerria oder Kirschblüten, Narzisse (?), Iris, Chrysantheme und Kamelie. 810 ADONISRÖSCHEN Hako-Netsuke Holz, Lack und makie 3,7 x 3,2 cm Aufschrift: Chikanao und kaô 18./19. Jh. Ehemalige Sammlung Lazarnick Die Oberseite ist dekoriert mit einem fukujusô in Gold-hiramakie auf schwarzem Lackgrund. Der Name der Blume setzt sich zusammen aus den Schriftzeichen Glück (fuku) und langes Leben (ju). Diese glücksverheißende Pflanze wird gerne zu Neujahr dekoriert, weil sie bereits im Januar blüht. Abgeb. in: Lazarnick 1982, Bd. 1, Farbtaf. S. 86 und Bd. 2, S. 1321; Jirka-Schmitz 1994b, S. 12 811 KAMELIE Hako-Netsuke Holz, Lack, Perlmutter und makie; Ränder in Silber gefaßt H. 2,3 cm; L. 3,1 cm Sign.: Haku 19. Jh. Aus dem tiefschwarzen und auf Hochglanz polierten Lackgrund leuchtet die Kamelienblüte hervor. Die Blätter sind in zweifarbigem Gold-takamakie gestaltet. Die Stamen sind aus gelblich schimmerndem Perlmutter, während die Blütenblätter strahlend weiß sind. Die differenzierende Verwendung des farblich unterschiedlichen Perlmutters und die hervorragende Verarbeitung sind Merkmale dieses Netsuke. 812 PÄONIE Kagamibuta-Netsuke Platte: shibuichi, Details aus Gold und Silber; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,4 cm 19. Jh. 202 813 PÄONIE Kagamibuta-Netsuke Platte: Kupfer versilbert, Details in shakudô und Gold; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,8 cm 19. Jh. kikuzuki genannt. Am 9.9. findet das Chrysanthemenfest (chôyô no sekku) statt, an dem große Blütenschauen veranstaltet werden. Dabei trinkt man Sake mit zerkleinerten Chrysanthemenblüten; dadurch sollen Krankheiten abgewehrt sowie Lebenskraft und Vitalität verliehen werden. In Zusammenhang mit der Symbolik der Chrysanthemenblüten wurden Chrysanthemen-Netsuke sicherlich als Talismane für eine gute und lange Gesundheit getragen. Die Blüte der Strauchpäonie, umgeben von Blättern und einer Knospe, dominiert die ganze Platte dieses kagamibuta. Ein dünner Stamm verbindet die Blüte mit dem Erdreich. 814 CHRYSANTHEMEN Elfenbein H. 1,3 cm; B. 5 cm 18. Jh. Die Strauchpäonie (botan, Paeonia suffruticosa) gilt wegen ihrer prächtigen, großen Blüten in China als die Königin der Blumen. DIE CHRYSANTHEME Die Chrysantheme (kiku, Chrysanthemum sinense) ist eine der wichtigsten Blumen in Ostasien und Symbolblume für den Herbst. Weil sich ihre Blüten lange halten und sie – ohne die Blütenblätter fallen zu lassen – welkt, gilt sie als Sinnbild der Langlebigkeit. Sie übersteht Kälte und frühen Frost und verkörpert somit die Überwindung von Widrigkeiten. In China wurde sie besonders von dem zurückgezogen lebenden Dichter Dôgenmin (chin. Tao Yuanming, 365427) verehrt, einer der „Vier Blumenliebhaber“ (shiai). Sie wird deshalb mit dem Leben im Ruhestand in Verbindung gebracht und symbolisiert in diesem Zusammenhang Zuflucht in die Einsamkeit der Natur. Der 9. Monat des Mondkalenders wird in Japan nach der Chrysantheme Das große, manjû-artige Elfenbeinstück hat eine flache Oberseite, die mit zwei großen Chrysanthemenblüten, einer Knospe und Blattwerk beschnitzt wurde. 815 CHRYSANTHEME UND KASTANIEN Buchsbaum H. 1,9 cm; B. 3,8 cm 1. Hälfte 19. Jh. 816 CHRYSANTHEMENBLÜTE Eisen mit Goldtauschierung Ø 3,5 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Jordan Die stilisierte Chrysanthemenblüte fungiert als Aschenbecher-Netsuke. Die Scheibe hat in der Mitte eine Vertiefung, um den kleinen Pfeifenkopf darin auszuklopfen. Die Oberfläche ist am Rand dekoriert mit Blütenblättern und innen mit kleinen Punkten, die die Staubgefäße dar203 stellen. Auf der Unterseite bildet der Stengel die Öse für die Schnurführung. 817 CHRYSANTHEME Elfenbein H. 1,5 cm; Ø 2,2 cm Sign.: Shôsai Osaka, ca. 1900/1920 Dieses ungewöhnlich kleine Netsuke erhält seine kugelige Kompaktheit durch die schmalen, übereinander gelegten Blütenblätter, die die sichtbaren Staubgefäße umschließen. Der Stengel auf der Rückseite bietet zwei Möglichkeiten für die Schnurführung. 818 ROSE Elfenbein H. 2,3 cm; B. 4,7 cm Sign. auf rot-grün lackiertem Plättchen: Gyokkôsai Tokyo, ca. 1870/1900 Nach und nach entfalten sich die Blütenblätter der Rose. Die abendländische Gartenrose wurde in der Meiji-Zeit nach Japan eingeführt. 819 LOTOSKAPSEL Holz, Stengelpunkte aus schwarzem Holz H. 3,8 cm 1. Hälfte 19. Jh. In der Kapsel befinden sich zehn bewegliche Samen. Der umgebogene Stengel, auf dem kleine, schwarze Punkte die natürliche Beschaffenheit darstellen, bildet die Schnurführung. Sie symbolisiert sowohl männliche als auch weibliche Fruchtbarkeit. Für diese häufig gefertigten Stücke mit beweglichen Samen wurde das Holz der Kapsel zunächst ausgehöhlt und dann naß gemacht, so daß das Holz sich erweiterte. Dann wurden die Samenkugeln aus einem anderen, harten Holz in die Öffnungen hinein gepreßt. Mit dem Trocknen des Kapselholzes zogen sich die Öffnungen wieder zusammen. BAMBUSSCHÖßLING Bambusschößlinge (take no ko) treiben nach dem Regen im späten Frühjahr sehr schnell und mit großer Kraft und Geschwindigkeit aus. Analog wird ein Emporkömmling im Geschäftsleben daher ugo no take no ko (Bambusschößling nach dem Regen) genannt. In der japanischen Küche sind die Schößlinge eine Delikatesse. Im Bündel von Dreien verschnürt, dienten sie auch als Geschenk. 820 BAMBUSSCHÖßLING Bein L. 6,7 cm 19. Jh. 821 BAMBUSSPROß UND FLIEGE Zahn, Pupillen aus Horn L. 6,1 cm Mitte 19. Jh. 822 ZWEI BAMBUSSPROSSEN Buchsbaum L. 4,6 cm Sign.: Ichi... (Kazu...) Ca. 1900 204 823 BAMBUSBLATT Bein L. 18,5 cm Sign. in Siegelform: Tengai oder Gyokugai 19. Jh. Auf das lange Bambusblatt sind in zwei Zeilen die 14 Schriftzeichen eines SiebenWort-Gedichtes im chinesischen Stil graviert. Wahrscheinlich handelt es sich um die Arbeit eines Amateurs. Das Siegel bezieht sich wahrscheinlich auf den Schreiber bzw. den Dichter und nicht auf den Schnitzer. 205 Gegenstände Eine Reihe von Netsuke zeigen Gegenstände, die in Bezug stehen zu Buddhismus, Glücksgöttern, Handwerkern oder dem Alltag allgemein. Schnitzer, die im Stil des Kokusai arbeiteten, haben oft Priesterutensilien dargestellt. Takaramono (Schätze, die im Volksglauben Glück und Reichtum verheißen und das Böse abwenden sollen) wurden seit dem 18. Jahrhundert als Netsuke geschnitzt. Sie bilden auch die Ladung des Schatzschiffes (takarabune) oder den Inhalt von Hoteis Sack. Andere Gegenstände lassen sich entsprechend der Klassenordnung den Samurai (Rüstung, Helm, Schwertschmuck), den Bauern und Jägern (Schwinge, Strohmatte und Luntenschloßgewehr), den Handwerkern (Hobel, Zange) oder den Kaufleuten (Abakus, Münzen) zuordnen. Die meisten Gegenstände, die sich unter den Netsuke antreffen lassen, aber stammen aus dem Alltag des städtischen Bürgertums (chônin). Auf das wichtigste Fest im japanischen Jahreslauf – Neujahr – wurde mit der Darstellung von shimenawa, Wassereimer, takaramono, Masken und Tanzutensilien immer wieder Bezug genommen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts kam besonders unter den Schnitzern in Tokyo die Sitte auf, Gegenstände, die inhaltlich zusammengehören, in dichten, stillebenartigen Arrangements darzustellen, entweder als vollplastisches Netsuke oder im Relief auf manjû. Manche dieser Gegenstände beziehen sich auf Beschäftigungen wie Teezeremonie (cha-no-yu), Kalligraphie und Malerei (Tuschesteine, Siegelgruppen) oder entstammen dem privaten Bereich wie Küchengeräte, Spielzeug, Reiseandenken. Der besondere Reiz dieser kompakten Netsuke ist, daß der Betrachter durch die Vielzahl der Einzelheiten zum Drehen und Wenden des Stückes angeregt wird, und er immer wieder ein neues, kleines Detail entdeckt. Von eigenem Charme sind die kompakten, quadratischen Stücke, auf denen eine detailreiche Landschaft dargestellt ist oder die manjû mit Zeichnung einer japanischen Landkarte. Entsprechend dem Zweck der Netsuke, u.a. auch Rauchutensilien am Gürtel zu befestigen, entstanden auch Aschenbecher-Netsuke. Die meisten wurden seit der Ära Tenpô (1830-1844) aus Bronze, Porzellan und anderen feuerfesten Materialien gefertigt. Zu den funktionalen Netsuke zählen auch kleine Kompasse und Sonnenuhren. 824 GONG Ryûsa-manjû Elfenbein und Holz H. 4,1 cm 2. Hälfte 19. Jh. Ein mitsu-tomoe-Motiv schmückt die Bespannung dieses Gongs. Durch zwei gerade und drei halbkreisförmige Stege wird er in einem mit Ranken geschmückten Ring fixiert. Dieser Gong-Typus wird in der NetsukeLiteratur als kei bezeichnet. Der kei ist eigentlich eine Klangplatte aus Metall oder Stein, der in China und Japan wie ein Gong benutzt wurde. Der Klang des kei sollte die Aufmerksamkeit Buddhas und anderer Gottheiten auf sich ziehen. Er hängt an Seidenschnüren in einem aufwendig ge206 schnitzten Ständer aus Holz. Im Schatzhaus des Tôdai-Tempels in Nara, dem Shôsôin, befindet sich die berühmteste Klangplatte, der Kagen kei, benannt nach dem Ort in China, der berühmt war für die Qualität seiner klingende Steine. Die vergleichbaren Netsuke zeigen den kei auf einem Ständer in Form eines Drachen (Lazarnick 1982, S. 1312 und Bushell 1979, S. 34, Nr. 40). MOKUGYO Mokugyo (wörtlich: Holz-Fisch) sind hölzerne Gongs, die – aus China übernommen – vor allem im Ritus der Sôtô- und Ôbaku-Zen-Sekte, aber auch in den Jôdound Tendai-Sekten des japanischen Buddhismus verwendet werden. Mit einem lederbespannten Schlegel wird der Gong geschlagen, während die Priester die Sutren rezitieren. Der dumpfe Klang harmoniert mit dem eintönigen Gesang. Ursprünglich bestand die Form des Gongs aus einem sich in den Schwanz beissenden Fisch. „Seine dickleibige Fischgestalt soll die Zen-Lehrlinge dazu anregen, nach dem Vorbild der Fische, die nachts nicht schlafen, den Schlaf zu vergessen und sich der Meditationsübung zu widmen“ (Müller 1993, S. 235). Später wurde der bügelartige „Griff“ aus zwei sich gegenüberliegenden Drachenköpfen gebildet. Bei der Miniaturisierung verwendeten die Netsuke-Schnitzer eine Vielzahl anderer Motive für den Griff. Der „Holz-Fisch“ war ein häufiges Motiv der Schnitzer im Tokyoter Stadtteil Asakusa. Er wurde meist zusammen mit anderen Utensilien buddhistischer Priester dargestellt. 825 MOKUGYO Elfenbein H. 1,9 cm; B. 3,4 cm Osaka, 2. Hälfte 19. Jh. Auf einem dunkel eingefärbten buddhistischen Gong mit Drachenkopfhenkeln liegt eine helle Gebetsschnur mit Quasten. Die dunkle Patinierung und die feine Politur des Materials sprechen für eine Arbeit aus Osaka. 826 MOKUGYO UND FLIEGENWEDEL Manjû-Netsuke Hirschhorn H. 2,2 cm; B. 4,6 cm 2. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Auf einem Lotosblatt liegen ein mokugyo und ein Fliegenwedel (hossu). Auf der Unterseite befindet sich ein Stengel mit Lotoskapsel; die Schnurführung verläuft unterhalb des Blattstengels. 827 BUDDHISTISCHE GEGENSTÄNDE Ryûsa-manjû Hirschhorn Ø 4,8 cm Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Auf dem ryûsa-manjû gruppieren sich Gegenstände zen-buddhistischer Mönche (mokugyo, Fliegenwedel, Almosenschale, Zepter) und ein Lotosblatt. 207 828 MOKUGYO Maritimes Elfenbein H. 1,8 cm; B. 4 cm Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Mokugyo und Lotosknospe liegen auf einem verrottenden Lotosblatt. Das Blatt ist Sinnbild der Vergänglichkeit, die Knospe Symbol des Erwachens zu neuem Leben. 829 TAKARAMONO Elfenbein L. 6,6 cm Frühes 19. Jh. Auf kakure-mino und kakure-gasa, dem Umhang und Hut der Unsichtbarkeit, liegen: tama (Glücksperle), tsuchi, der Glückshammer des Daikoku und kagi, der Schlüssel des Tresors der Götter, in dem die Schätze aufbewahrt sind, und eine tama (das glückbringende Juwel). 830 TAKARAMONO Elfenbein H. 2,4 cm; L. 4,6 cm 1. Hälfte 19. Jh. Aus einem Materialsegment, das die dreieckige Form noch gut erkennen läßt, wurden die wichtigsten takaramono geschnitzt. Über einem Strohumhang liegen Daikokus Glückshammer, eine Meerbrasse (Symbol des Ebisu), ein Gewicht aus Gold (fundô) und der Schlüssel. Die Art wie die Schnurführung unterhalb der Binsen des Strohumhangs verläuft, spricht für eine Datierung in die 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts. 831 TAKARAMONO Buchsbaum H. 2,2 cm; L. 5 cm Sign.: Masachika Mitte 19. Jh. Auf einem niedrigen Tischchen (dai) liegen zu einem Stilleben arrangiert verschiedene takaramono: kane-bukuro, der unerschöpfliche Geldbeutel, tama, tsuchi, kakure-gasa, kakure-mino, makimono (Schriftrolle, ein Symbol der Weisheit), fundô mit dem Schriftzeichen kane (Gold), kagi, chôji (Gewürznelken) und ein poröser Korallekalkfelsen (kikume-ishi). 832 TSUBA Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn H. 6,5 cm; B. 5,4 cm Mitte 19. Jh. Das ovale Schwertstichblatt (tsuba) mit einer Öffnung für das Beimesser (kozukahitsuana) ist dekoriert in durchbrochenem Relief mit einem aufsteigenden Drachen in glattem Rand. Bis auf die Form, die für ein reales tsuba ungewöhnlich wäre, imitiert die Arbeit naturgetreu ein Schwertstichblatt. 833 SAMURAI-GEGENSTÄNDE Ryûsa-Manjû Elfenbein B. 3,6 cm Sign.: Hikaku Edo/Tokyo, ca. 1850/1880 Zahlreiche, teilweise sehr kleine, sorgfältig dargestellte Bekleidungsstücke, Utensilien 208 und Waffen des Samurai schmücken dieses ryûsa-manjû. Das kikusui-Wappen steht in Verbindung mit der Kusunoki-daimyô-Familie. Kusonoki Masashige (1294-1336) ist Verkörperung der Kaisertreue und war in der MeijiZeit häufiges Thema von Malern und Kunsthandwerkern. murai (u.a. Rüstung [dô]), Arm- und Gesichtsschutz [menpô], Tritonshorn) und die der Bauern (u.a. Hacke, Sichel, Strohhut). Die Rückseite zeigt Werkzeuge der Handwerker wie Hammer und Hobel, und Utensilien der Kaufleute, u.a. ein Kontobuch mit der Aufschrift daifukuchô (Großes Glück-Kontobuch). 834 LUNTENSCHLOßPISTOLE Holz mit Lack und makie; verschiedene Metalle L. 6,1 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Bushell 836 HOBEL Elfenbein, die Klinge aus Horn H. 1,7 cm; L. 4,6 cm Sign.: Tomochika Edo, Mitte 19. Jh. Das Modell einer Luntenschloßpistole (teppô) nach portugiesischem Vorbild hat einen teilweise kantigen Lauf mit Kimme und Korn aus Eisen; der Schlagbolzen und der bewegliche Deckel der Pulverkammer sind aus Messing, die „Schrauben“ aus Kupfer. Auf Schaft und Griff befindet sich ein fortlaufendes Swastikamuster (sayagata) und ein vierblättriges Blüten-mon in Gold-makie auf silbrig grauem Grund. Diese von den Portugiesen 1542 nach Japan eingeführten Waffen wurden in Osaka bis ins 19. Jahrhundert nachgebaut. 835 GEGENSTÄNDE DER VIER STÄNDE Ryûsa-Manjû Elfenbein H. 1,6 cm; B. 4,3 cm Sign.: Gyokuhô und kaô Edo, ca. 1860 In wenig durchbrochenem Relief sind Gegenstände, die mit den Vier Ständen (shinôkôshô) assoziert werden können, dargestellt: auf der Vorderseite die der Sa- Der Hobel (kanna) und die Richtschnur (suminawa) sind die wichtigsten Werkzeuge des Schreiners (daiku). Der Reiz dieses Stückes liegt in der aus dem Hobelkasten herausnehmbaren Klinge aus schwarzem Horn, das Eisen darstellen soll und in der sich das Loch für die Schnur befindet. Dieses Modell wurde von der TomochikaWerkstatt häufig geschnitzt. 837 TABAKSTASCHE Buchsbaum H. 2,6 cm; L. 4,4 cm Frühes 19. Jh. Auf dem tabakoire mit einer großen, fledermausartigen Schließe (kanamono) liegen ein Netsuke in Form einer DämonenMaske und ein ojime. 838 GELDBEUTEL Elfenbein, Augenbrauen aus hellem und dunklem Horn H. 3,1 cm Sign.: Masatsugu 19. Jh. 209 Dargestellt ist ein Lederbeutel (kinchaku), wie er für Münzen üblich war. An der Mündung ist er mit einer Kordel zusammengezogen, an der ein Netsuke in Form einer Okame-Maske hängt und die von einem runden ojime zusammengehalten wird. 839 FÜNF CHINESISCHEMÜNZEN Hirschhorn H. 1,4 cm; L. 4 cm 18./19. Jh. Ehemalige Sammlung Buzaglo Auf einer der Lochmünzen stehen die vier Schriftzeichen Daigen Eihô (Groß Yuan immerwährende Schätze), womit auf Münzen aus der Yuan-Zeit (1260-1368) hingewiesen wird. Ihr Alter wird durch die Löcher und ausgebrochenen Ränder verdeutlicht. Im Mittelalter wurde in Japan in zunehmendem Maße Münzgeld aus China importiert, da Japan selber bis zum 16. Jahrhundert kein Münzgeld herausgab. Münz-Netsuke drücken den Wunsch nach Reichtum aus und waren wahrscheinlich an Geldbeuteln befestigt. Abgeb. in: Aalderink 1985, Nr. 298 840 MÜNZEN Manjû-Netsuke Kupfer und Gold B. 3,5 cm 2. Hälfte 19. Jh. Auf Ober- und Unterseite des abgerundeten, viereckigen manjû befinden sich je fünf Phantasie-Münzen: eine mit Dekor von Bauer, Kranich, Pferd, Ahorn und ge- drehtem Rand, eine mit Reiter und drei mit um die viereckige Öffnung gruppierten Schriftzeichen: Shômi (?) tsûhô Da Sô gojû (Groß Song fünfzig) und Juzan fukkai (Immerwährende Berge, glückliches Meer). 841 DREIZEHN MÜNZEN Elfenbein H. 2,5 cm; L. 4,5 cm Sign.: Chokusai Osaka, ca. 1900/1920 Dreizehn Münzen, vier von ihnen beweglich, sind auf einer Schnur aufgereiht. Eine der äußeren Münzen zeigt Aoto Fujitsuna, ein Minister des Hôjô Tokinori (12261263), der für seine Sparsamkeit berühmt war. Er ist dargestellt, wie er bei Nacht mit einer Fackel auf einer Brücke steht und einem seiner Männer leuchtet, der seine zehn im Nameri-Fluß verlorenen Münzen sucht. Da er der Legende nach den Männern 50 Münzen hierfür zahlt, machte man sich lustig über dieses unprofitable Unternehmen. Auf der Münze am anderen Ende des Stranges sind die Schriftzeichen kan, ei und tsu zu sehen. Sie könnten sich auf den Namen der Ära Kan'ei (1624-1644) beziehen. Das Netsuke ist eine Mahnung für den umsichtigen Umgang mit Geld. 842 TEEZEREMONIE-UTENSILIEN Manjû-Netsuke Elfenbein und farbige Einalgen aus Holz, Schildpatt, Perlmutter und Koralle Ø 4,2 cm Sign. auf eingelegtem Perlmutterplättchen: Shibayama Yasunobu (Ekishin) saku Edo/Tokyo, ca. 1850/1880 210 Auf der Schauseite befinden sich ein Qirl (chasen) aus Horn, eine Teeschale (chawan), ein Wasserkessel (kama) in Relief mit Deckel aus Perlmutter, Ringe (kan) aus Messing, eine Teedose (natsume) aus Koralle, Teelöffel (chashaku) aus grünlich schillerndem Perlmutter, ein Rost (gotoku) aus Bernstein, Stäbe (hibachi) für die Holzkohle aus Silber und rosa schimmerndem Perlmutter sowie ein Korb mit Holzkohle (sumitori). Die Rückseite zeigt einen Federbesen (haboki) aus Perlmutter. 843 WASSERKESSEL FÜR DIE TEEZEREMONIE Holz H. 2,8 cm; Ø 3,8 cm 19. Jh. Die Wandung des Wasserkessels (chagama) ist dekoriert mit Kiefernzweigen auf einem Grund, der die genarbte Oberfläche von Eisen imitiert. Der blütenförmige Deckel ist wahrscheinlich eine Ergänzung. 844 KÜCHENUTENSILIEN Maritimes Elfenbein H. 2,6 cm; B. 3,8 cm Mitte 19. Jh. Eine Vielzahl von Küchenutensilien (u.a. Sake-Faß mit dem Schriftzeichen man, Reibe, Eimer, Ständer mit zwei Messern) bilden eine kompakte Gruppe; darüber liegen ein Mörser (suribachi), eine Dose mit Maschendrahtdeckel, ein Wasserkessel und eine Kelle. Auf der Unterseite sind ein Löffel und Stößel (surikogi) zu sehen. 845 HAUSHALTS- UND KÜCHENGERÄTE Elfenbein Ø 4,7 cm Sign.: Gyokuhô Ca. 1850/1880 Die Ober- und Unterseite dieses manjû sind mit verschiedenen Geräten dekoriert, die einen Einblick in das häusliche Leben geben. Gyokuhô hat etliche Netsuke mit diesem Thema gefertigt. 846 BRUNNENEIMER Hirschhorn H. 3,9 cm 2. Hälfte 19. Jh. An einen Brunneneimer (tsurube), auf dessen Wandung eine Trichterwinde graviert ist, lehnt ein tanzaku. Auf dem Gedichtstreifen steht in feiner Gravur geschrieben: Asagao ni/ tsurube torarete/ morai-mizu (Der Brunneneimer/ in Beschlag genommen von der Trichterwinde/ ich bitte anderswo um Wasser). Das Gedicht stammt von Chiyojo (auch Chiyoni, 1701-1775), die für dieses haiku berühmt wurde. Der Eimer ist aus dem zylindrischen Geweihsegment geschnitzt, der Boden ist ausgepflockt. 847 WAKAMIZU-EIMER Buchsbaum, Details aus Kupfer, Perlmutt und Elfenbein H. 3,6 cm 2. Hälfte 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wolf 211 An einem Brunneneimer hängt ein shimenawa (Neujahrsdekoration) aus Bein mit Farnwedel und einem yuzuriha (Blatt des Daphniphyllum macropodum) aus grün gefärbtem Bein sowie Papierstreifen aus Perlmutter. Als erste Handlung am Neujahrsmorgen zog der Familienälteste mit einem solchen Eimer das „junge Wasser“ (wakamizu) aus einem Brunnen. Es wurde bei der Zubereitung des Neujahrsmahls verwendet und sollte langes Leben für alle Hausbewohner bewirken. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10 848 PERÜCKE Buchsbaum H. 3 cm 2. Hälfte 19. Jh. Möglicherweise handelt es sich um die Perücke einer Kurtisane der Edo-Zeit. Das ungewöhnliche Thema spricht für eine späte Arbeit. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 385, Abb. 16 849 STROHHUT Ebenholz, Knöpfe aus Metall H. 2,6 cm 19. Jh. Dieser Netsuke-Typus eines zusammengeklappten Regenhuts wurde häufig in Ebenholz geschnitzt. Er muß wohl bereits im 18. Jahrhundert existiert haben. Santô Kyôden (1761-1816), der berühmte Literat und Connaisseur, hat sich 1808 in einem Brief über ein Netsuke in in Form eines Regen- strohhuts geäußert: „It looks, indeed, like an old piece, and any way it is likely to date from the period when such hats were worn. However, I have not managed to find any evidence that netsuke of this form were popular in olden times“ (M. Onishi, Honkoku Santô Kyôden Shokan, in: Biblia, No. 75 (1980), S. 236-244, zit. von Forrer 1999, S. 58). Auch befand sich ein Netsuke eines „Hut aus Bambushaut“ (take no kawa gasa) aus Holz vor 1818 in der Sammlung Matsura. 850 SOUVENIRS AUS TOKYO Elfenbein H. 3,6 cm; Edo/Tokyo, ca. 1870/1890 Dicht zusammen liegen sechs Spezialitäten aus Tokyo: Kaminari okoshi (Reisgebäck aus Asakusa) in einem Beutel, der Bezug nimmt auf den Trommelreif des Raiden im Kaminarimon in Asakusa; in Stroh gewickelte Muscheln, fünf auf einem Bambuszweig aufgereihte satoimo (taro, Colocasia esculenta), Ômori karashizuke (in Senf eingelegte Gurken aus Ômori), ein Holzspielzeug in Form eines Adlers, wahrscheinlich aus dem Kameidô TenmanguSchrein, und eine dekorierte Schachtel. Ein sehr ähnliches, Hakuunsai signiertes Netsuke, ehemals Sammlung Hull Grundy, befindet sich heute im British Museum, London. Es ist nicht auszuschließen, daß dieses Netsuke hier aus der HakuunsaiWerkstatt stammt. Dieser Netsuke-Typ wurde nicht nur von Hakuunsai, sondern auch von Ryûgyoku und – in etwas anderer Form – sehr oft von Suzuki Tôkoku (1846-1913) in Tokyo geschnitzt. 212 851 VIER SIEGEL Manjû-Netsuke Elfenbein H. 1,6 cm; B. 5,4 cm Sign.: Gashô Osaka, ca. 1880 Die Abdrucke der Siegel auf diesem ovalen manjû sind von unterschiedlicher Form. Die Zeichen erscheinen in Intaglio bzw. in Relief in hiragana-Silbenschrift, Kursivschrift und als antikisierende Siegelschriftzeichen. Das Banbutsu hinagata gafu bildet solche Siegelgruppierungen ab, die möglicherweise ein kiseruzutsu schmücken sollten. Abb. 41 Banbutsu hinagata gafu, 1881, Bd. 4, S. 3b 852 FADENHALTER Manjû-Netsuke Holz, Lack, makie und Perlmuttereinlage 4,2 x 4,2 cm Aufschrift: Zeshin Edo/Tokyo, 2. Hälfte 19. Jh. Ein viereckiges Brokatkissen dient als Fadenhalter. Es ist dekoriert mit klassischen Textilmustern in makie, Einlagen feiner, rautenförmiger Perlmuttersplitter und quadratischen Goldplättchen auf rotem bzw. grünem Grund. Hier handelt es sich um eine Anspielung auf das tanabata-Fest am 7.7., das an das jährliche Zusammentreffen des Rinderhirten Kengyû (chin. Qiannu) mit der Weberin Shokujo (chin. Zhinü) erinnert. 853 SPIELKARTEN Manjû-Netsuke Holzkern und verschiedene Lacktechniken Ø 4,2 cm 2. Hälfte 19. Jh. Dargestellt sind drei Karten aus dem unsun-Spiel, dessen Karten auf die von den portugiesischen Kartenspielen beeinflußten tenshô karuta aus der Ära Tenshô (1573-1592) zurückgehen. Das Spiel enthält folgende Farben: Koppu (Kelch), isu (Schwert), ôru (Goldmünze), hô (Keule), tomoe oder kuru (Wirbelkreis). Hier dargestellt sind: hô no rohai (Keule Drachen) und koppu no san (Kelch drei) auf der Vorderseite und isu no san (Schwert drei) auf der Rückseite. 854 HINA-PUPPENPAAR Elfenbein H. 4,8 cm Sign.: Mitsushige Osaka, ca. 1840/1860 Anläßlich des Mädchenfestes am 3.3. werden Puppen, die Kaiser und Kaiserin darstellen, aufgestellt. Die stehenden Puppen werden aus gefaltetem und gerolltem Papier hergestellt und werden tatebina genannt. Die Gewänder beider hier dargestellten Puppen sind in feiner Gravur mit Pflaumenblütenzweigen und stilisierten Kiefernnadelbüscheln dekoriert. Wenn man in den Medaillons der hakama Bambusblätter erkennen möchte, dann ergibt sich die glückverheißende Kombination shôchikubai. Der Schnurkanal verläuft durch ein Hosenbein und eine Öffnung im Rücken. 213 855 HINA-PUPPENPAAR Elfenbein H. 3,9 cm Inschrift: Kosaku yori utsushi (Kopie nach einem alten Stück) Spätes 19./20. Jh. Die weibliche Figur lehnt an den majestätisch, mit ausgebreiteten Armen stehenden Mann. Die Gewänder sind mit klassischen Textilmustern geschmückt. Diese Muster und die Form der weiblichem Puppe in jûni hitoe (das 12fache Gewand der Heianzeitlichen Hofdamen) mit sichtbaren Ärmeln sind bei tatebina der Edo-Zeit nicht anzutreffen. Es handelt sich bei diesem Netsuke um eine späte Arbeit. Ein sehr ähnliches, Rensai signiertes Stück wird von Bushell (1964, S. 55, Tafel 68) abgebildet. Wegen der großen Ähnlichkeit beider Netsuke könnte man das Netsuke hier dem Schnitzer Rensai zuschreiben. 856 SPIELZEUG Elfenbein H. 3,2 cm; B. 3,4 cm Sign.: Ryûchin und kaô Tokyo, ca. 1850/1870 Ein feister Knabe, der nur in ein Schürzchen gekleidet ist, reitet auf einem Spielzeug-Eber auf Rädern. Das Sujet kombiniert das Motiv des bärenstarken Kintoki und des Nitta no Shiro, der während einer Jagd auf einen galoppierenden Eber sprang und diesen tötete. Solche Gestalten dienten den Knaben als Vorbild für Kraft und Vitalität und wurden ihnen als Spielzeug gegeben oder zum Knabenfest am 5.5. im tokonoma dekoriert. 857 SPIELZEUG Elfenbein, Einlagen aus schwarzem Horn H. 2,8 cm; B. 3,8 cm Sign.: Shômin Tokyo, ca. 1870 Die Gruppe besteht aus einem azuma-inu, einem kleinen Hund aus Papiermaché, wie sie auf Tempelmärkten in Tokyo auch heute noch verkauft werden, einer shishiMaske für den Löwentanz zu Neujahr und einem Hasen auf einem Brett. Auf der Unterseite ist ein eboshi zu sehen, wie er von manzai-Tänzern getragen wird. Die Gruppe nimmt Bezug auf Neujahr und vielleicht das Jahr des Hasen. 858 SPIELZEUG Elfenbein H. 2,4 cm; B. 4,6 cm Sign.: Hôzan Mitte 19. Jh. Arrangements verschiedener Gegenstände waren unter den Netsuke-Schnitzern in der Mitte des 19. Jahrhunderts beliebt. Hier sind eine Okame- und eine Kitsune-Maske, eine Daruma-Puppe, eine Spielzeugeule, ein Karpfen auf Rädern, ein Brunneneimer und eine Trommel dargestellt. 859 SPIELZEUG Manjû-Netsuke Elfenbein und Lack H. 2,4 cm; B. 4,6 cm Mitte 19. Jh. Auf der Schauseite sind in hohem, farbigem takamakie ein Karpfen auf Rädern und eine onna-daruma-Puppe dargestellt. 214 Dieses Stück könnte zum Knabenfest geschenkt worden sein mit dem Wunsch, die Kraft und Ausdauer des Karpfen möge sich auf den Knaben übertragen. 860 REQUISITEN EINES SANBASÔ TÄNZERS Elfenbein H. 1,9 cm; L. 4 cm 1. Hälfte 19. Jh. Die Requisiten des sanbasô-Tänzers bilden ein Stilleben, bestehend aus Schellenbaum (suzu), eboshi, Maske vom Typ Okina, einem geschlossenen Faltfächer vom Typ chûkei und einem Tuch mit Dekor von Kiefernschößlingen, ein Hinweis darauf, daß dieser Nô-Tanz zu Neujahr aufgeführt wird. 861 REQUISITEN EINES TÄNZERS Buchsbaum H. 2,2 cm; L. 4,5 cm Um 1800 BUGAKU- Über dem helmartigen Kopfschmuck (tori kabuto) eines höfischen bugaku-Tänzers liegen eine Maske vom Typ Kitoku und in Papier gewickelte Pflaumenblütenzweige. Da bugaku-Tänze in manchen ShintoSchreinen zu Neujahr aufgeführt werden und die Pflaumenblüte eine Blüte des ausgehenden Winters ist, spielt dieses Netsuke auf Neujahr an. Abgeb. in: Jirka-Schmitz 1994b, S. 10 862 MASKE AUF EINEM KASTEN Buchsbaum, Pupillen aus schwarzem Glas H. 3,4 cm; L. 3,6 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die Nô-Maske vom Typ Buaku liegt auf einem mit Kiefernschößlingen dekorierten Kasten, ein Hinweis auf Neujahr. Die hochgeschätzten Nô-Masken werden in Lackschachteln aufbewahrt, die mit einer Seidenschnur verschlossen werden. 863 WAGENRAD Kagamibuta-Netsuke Platte: shibuichi, Details aus Kupfer, Silber und Gold; Kapsel aus Elfenbein Ø 4,5 cm Edo/Tokyo, ca. 1860/1890 Die Platte in Form eines Wagenrades wird von einer Kürbispflanze mit Früchten umrankt. Ein ähnliches, Ryûmin signiertes kagamibuta-Netsuke, befindet sich im LindenMuseum Stuttgart. Serizawa Ryumin (ca. 1836-nach 1887) arbeitete in Edo/Tokyo und möglicherweise stammt diese Arbeit aus seiner Werkstatt. 864 VORSATZ Elfenbein und Kupferlegierungen L. 5,7 cm Spätes 19. Jh. Auf der länglichen Kupferplatte dieses kagamibuta-artigen Netsuke befinden sich zu beiden Seiten eines beweglichen Schubschlosses aus shibuichi mit Silberführung die Schriftzeichen für „Frau“ und „Sake“ in shakudô. Dieser Vorsatz, Wein und Frauen 215 zu entsagen, ist auch auf vielen Votivtafeln (ema) anzutreffen. Auf der Rückseite der Kapsel mit himotôshi in Form von Schlüssellöchern ist ein Gedicht geschrieben: yô no naka/ sake to onna wa/ kataki nari/ tofu so kataki ni/ meguri aitai (In der Nacht werden Sake und Frauen zu Feinden, trotzdem möchte ich mit diesen Feinde zusammenkommen). 865 PHALLUS Maritimes Elfenbein H. 4,7 cm 20. Jh. Der Phallus hat von der einen Seite das Aussehen eines kleinen Pilzes. Der Reiz des Netsuke liegt sowohl in der Form als der schönen Politur des Materials. 866 PHALLUS Maritimes Elfenbein L. 6,1 cm Sign.: Sôju Tokyo, 2. Hälfte 20. Jh. (erworben 1996) Der Phallus mit Vorhaut und Hoden ist ungewöhnlich realistisch dargestellt. 867 SKELETT UND SCHÄDEL Buchsbaum H. 3,8 cm Ca. 1860/1880 Ein Skelett versucht, über einen riesigen, abstrahiert dargestellten Totenschädel zu klettern. Skelette waren ein beliebtes Motiv in der Kunst der frühen Meiji-Zeit (1868-1912). Nicht nur Schnitzer in Edo/Tôkyo speziali- sierten sich auf dieses Thema, auch Schnitzer aus Hida-Takayama wie Shôko. Die berühmtesten Darstellungen dieser Zeit aber schuf der Maler Watanabe Kyôsai (1831-1889), der Skelette mit Humor und Witz wiedergab. 868 SCHÄDEL UNTER EINEM HUT Buchsbaum Ø 4,1 cm Sign.: Masayuki Edo/Tokyo, ca. 1860/1880 Unter einem löchrigen Reisehut befindet sich ein Totenschädel, aus dessen Augenhöhle ein Grashalm wächst und zwischen dessen Zähnen ein tanzaku (Gedichtblatt) steckt. Der Hut läßt an die Dichterin Ono no Komachi denken, deren armseliges Leben im Alter ein Sinnbild der Vergänglichkeit ist. 869 SCHÄDEL Elfenbein H. 2,3 cm; B. 2,5 cm 2. Hälfte 19. Jh. Der Schädel als Memento mori wurde in der Meiji-Zeit wie üblich ohne Unterkiefer – auch als okimono – sehr oft dargestellt. 870 LANDKARTE Manjû-Netsuke Elfenbein B. 4,5 cm Wahrscheinlich 1830/1850 Provinz Izumi, ca. Auf der Schauseite dieses abgerundeten, viereckigen manjû, dessen Rückseite in der 216 Art einer Chrysantheme geschnitzt ist, befindet sich in der unteren Hälfte in schwarz eingefärbter Gravur eine Karte Japans mit Namen der verschiedenen Provinzen und der Überschrift: Nansenbushû Dai Nihon kuni shôshin no zu (Wahrheitsgetreue Zeichnung von Groß-Japan in einem der vier Kontinente). Nansenbushû ist die japanische Aussprache des buddhistischen Sanskrit-Terminus jambûdvipa (einer der vier Kontinente südlich des Berg Meru). Netsuke dieser Art wurden fast ausschließlich von Nanka und seinem Schüler Nanyô in der Provinz Izumi (heute Osaka) gefertigt. Neben Landkarten-Netsuke und -inrô schufen sie auch manjû mit Entfernungstabellen, z.B. von Edo nach Kyoto. 871 LANDKARTE Manjû-Netsuke Walroßzahn B. 6,5 cm Wahrscheinlich 1830/1850 Provinz Izumi, ca. Diese Landkarte trägt den gleichen Titel wie das vorangegangene Stück. Landkarten in dieser Art schmückten auch Porzellanteller, die in der Ära Tenpô (1830-1844) in Arita hergestellt wurden. Möglicherweise wurden die LandkartenNetsuke zur selben Zeit gefertigt. 872 PALAST Manjû-Netsuke Elfenbein H. 2,4 cm; B. 3,4 cm Sign.: Ryûkôsai Mitte 19. Jh. Im Inneren eines Quaders ist in durchbrochenem Relief eine chinesische Palasthalle eingefaßt von Bambus und Kiefern dargestellt. Auf der Wandung befinden sich ein Phönix und Ranken in kebori-Gravur. 873 ACHT ANSICHTEN VON ÔMI Holz H. 3,1 cm; B. 3,8 cm Sign.: Masamitsu Ca. 1830/1850 Ehemalige Sammlungen Winkworth (Versteigerung 1938) und Segal Dargestellt sind die Acht Ansichten von Ômi, ein berühmter Ort am Biwa-See in der Provinz Ômi (heute Präfektur Shiga). Oben auf einem Berg liegt eine Tempelanlage mit Pagode und Glockenturm (Miidera), durch ein torii führt der Weg zu einer weit ausladenden Kiefer, umgeben von einem Zaun (Karasaki). Rechts ist ein Pavillon auf Stelzen ins Wasser gebaut (Katada). Auf der anderen Seite, unterhalb des Schlosses von Awazu, biegt sich eine Brücke über den Seta-Fluß. Eine lange Treppe führt zu einer an einem Felsabhang gebauten Halle (Ishiyama). An der Unterseite sind ein heimkehrendes Segelboot vor einem Strand mit strohgedeckten Hütten (Yabase) und im Hintergrund der Berg Hira zu sehen. Solch kompakte Modelle von Landschaften, die eine real existierende Örtlichkeit darstellen, sind von Kagetoshi bekannt. 874 UFERLANDSCHAFT Ryûsa-manjû Narwahlzahn Ø 5,2 cm 19. Jh. 217 Das ungewöhnlich große ryûsa-manjû ist dekoriert mit einer Uferbefestigung aus geflochtenen Bambusschienen (jakago), zwei aufgespannten Fischernetzen, Wellen, schmalen Wolkenstreifen und zwei stilisierten chidori (Regenpfeifer) auf jeder Seite. 877 EI-FORM Ryûsa-manjû Gelbmetall (sentoku) H. 3,4 cm; L. 4,1 cm 18. Jh. Ehemalige Sammlung Bushell 875 LANDSCHAFT Kagamibuta-Netsuke Platte aus shakudô, Details aus Kupfer, Silber und Gold; Kapsel aus Elfenbein; Ø 3,9 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die Wandung besteht aus im cire-perduVerfahren wiedergegebenen Spiralen, Wellen, Pflaumenblüten und Ornamenten. Netsuke in dieser Technik werden auf Karamono Kyubei (tätig frühes 18. Jh.) zurückgeführt, in dessen Nachfolge zahlreiche solcher Arbeiten entstanden sind. Auf der kleinen Platte sind eine Uferböschung mit blühendem Kirschbaum und zwei Wildgänse dargestellt. 878 MEDAILLONS UND RANKEN Ryûsa-manjû Walroßzahn Ø 4,5 cm Tokyo, ca. 1880 876 KRANICH, MINOGAME UND KIEFER Manjû-Netsuke Bohne (fujimame) L. 6,5 cm Sign.: Shun'yo tô 19. Jh. Ehemalige Sammlung Bushell Die Schauseite dieser polierten, flachen Bohne ist dekoriert in Gravur mit Kranich, minogame und Kiefer. Am Horizont geht die Sonne über dem Meer auf. Das Motiv ist als Hôrai (chin. Penglai) bekannt, eine sagenumwobene Insel im Ostchinesischen Meer. Es ist eines der wichtigsten, glückverheißenden Embleme, das in Japan fast ausschließlich anläßlich von Hochzeiten verwendet wird. Auf beiden Seiten dieses sehr gut ausgehöhlten und daher leichten manjû befinden sich in flachem Relief Medaillons zwischen durchbrochen geschnitzten Wellen. Die Muster sind: zwei kommaförmige Jadeperlen (magatama), die wie das yinyangSymbol aussehen, eine dichte Spirale, zwei Siegelschriftzeichen, ein tachibana-Zweig (citrus nobilis), das Schriftzeichen tama. In der Mitte befindet sich ein Medaillon mit Raute. Auf der Rückseite sind eine dichte Spirale, ein Wappen mit Blattmotiv und ein shippô-tsunagi-Motiv zu sehen. Material und Schnitzstil sind typisch für Arbeiten im Stil des Kokusai. Abgeb. in: Bushell 1961, S. 46 218 879 STILISIERTE BLÜTE Manjû-Netsuke Elfenbein Ø 4,6 cm 2. Hälfte 19. Jh. Im Inneren einer flachen Kapsel mit eingezogenem Rand befinden sich in Goldtauschierung zwei Pavillons unter Kiefern und eine Bergkette im Hintergrund. Die Außenseite ist mit Wolkenmotiven geschmückt. In der Mitte der stilisierten Blütenform mit vier herzförmigen Durchbrechungen in der Art von inome (kleine Durchbrechungen in Form von „Eberaugen“) bei tsuba befindet sich eine 12blättrige Blüte. 883 ASCHENBECHER-NETSUKE Émail cloisonné auf Kupfer Ø 2,2 cm Wahrscheinlich Nagoya, ca. 1850/1860 880 ASCHENBECHER-NETSUKE Gelbmetall (sentoku) Ø 4,3 cm 19. Jh. Da der Kopf der japanischen Pfeife sehr klein ist und nur winzige Mengen von Tabak aufnimmt, ist dieses AschenbecherNetsuke trotz seiner ungewöhnlich kleinen Form zweckmäßig. Der Dekor der Außenwandung besteht aus sich überschneidenden Kreisen (shippô-tsunagi). Möglicherweise stammt diese Arbeit aus der Werkstatt des Kaji Tsunekichi aus Nagoya. Die Muster und die trübe Farbpalette des Dekors sind typisch für seine émail cloisonné-Arbeiten. Auf der halbkugeligen Außenwandung dieses Netsuke befinden sich in Relief zwei Regendrachen und ein Juwel. 881 ASCHENBECHER-NETSUKE Porzellan Ø 5,6 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die halbkugelige Porzellanschale ist dekoriert in Unterglasurblau innen mit einer Uferlandschaft, außen mit Regenpfeifern (chidori) über Wellen. Im 19. Jahrhundert wurde Blau-Weiß-Porzellan nicht mehr nur in Arita auf der Insel Kyûshû hergestellt, auch in Seto und auf der Insel Shikoku gab es Manufakturen. 882 ASCHENBECHER-NETSUKE Eisen und Goldüberzug Ø 3,9 cm Möglicherweise Provinz Higo, 19. Jh. 884 KOMPAß-NETSUKE Bein oder Knochen und Gelbmetall Ø 2,4; L. 4,2 cm 19. Jh. Die äußere Form stellt eine Kerze mit dickem, gewundenem Docht dar. Am gegenüberliegenden Ende befindet sich hinter Glas die Kompaßscheibe. 885 DUFTFLÄSCHCHEN Roter Schnitzlack, Ring um die Taille, Mündungseinfassung und Stöpsel aus Silber H. 5,8 cm 19. Jh. 219 Der untere Teil der Flaschenkürbisform ist mit einer Landschaft beschnitzt, der obere mit einer Päonienblüte und Blättern. Der Fond besteht aus einem Muster von Hanfblüten (asanoha). Diese Art von nioibin war sehr häufig und befindet sich in vielen Sammlungen. 886 HAKO-NETSUKE Roter Schnitzlack, innen Schwarzlack H. 3,7 cm 19. Jh. Krisgriffe waren – wie aus dem Sôken kishô hervorgeht – in Japan bekannt und wurden zu Netsuke umgearbeitet. Hier handelt es sich um eine japanische Kopie eines ostjavanischen Krisgriffs in Form eines hockenden Rakshasa-Dämons mit geschupptem Körper, langen Haaren und starken Nasolabialfalten. Abb. 42 Sôken kishô, 1781, Bd. 7, S. 4b An der Wandung dieses inrô-ähnlichen Dosen-Netsuke befinden sich in Relief drei chinesische Gelehrte und ein Diener mit Ehrenfächer, die einen Knaben mit Windrad beobachten. Der Fond besteht aus einem stilisierten Muster von asanoha. Auf dem Deckel und der Unterseite ist eine stilisierte Päonie in Relief geschnitzt. 887 HAUER EINES EBERS Hauer eines Ebers Eberzahn L. 9,6 cm 1. Hälfte 19. Jh. Der Zahn des Ebers war ein bevorzugtes Material der Schnitzer in der Provinz Iwami (heute Präfektur Shimane). Die warme, goldgelbe Patina und die glasig wirkende Oberfläche des undekorierten Hauers machen die Attraktivität dieses Netsuke aus. 888 KRISGRIFF Hirschhorn H. 6 cm 19. Jh. 220 Masken Das Schnitzen von Masken hat in Japan eine lange Tradition. Im bugaku und gigaku, den kultischen Tänzen seit dem 6. Jahrhundert, sowie im gyodô (Prozession buddhistischer Priester) wurden große Masken getragen, die von chinesischen und indischen Vorbildern beeinflußt waren. Nô- und kyôgen-Masken hingegen, die es seit dem 14. Jahrhundert gibt, sind rein japanischen Ursprungs und klein. Masken wurden auch bei den satokagura, den pantomimischen ShintoKulttänzen auf dem Land, aufgesetzt. Die Darsteller des komischen Mannes und der komischen Frau trugen Hyottokound Okame-Masken. Ebenso fanden Masken bei dem höfischen Brauch des großen Geisteraustreibens (tsuina) zum Jahresende und dem shishimai (Löwentanz) zu Neujahr, der zur Abwehr von Krankheit und Katastrophen aufgeführt wurde, Verwendung. Nô- und kyôgen-Masken wurden von professionellen Maskenschnitzern hergestellt. Die führenden Schnitzerfamilien der Edo-Zeit waren die Deme und die Kodama. Unter den zahlreichen Deme-Schnitzern gab es einige, die auch Netsuke geschnitzt haben. Angeblich war Deme Eiman (?-1705) der erste, der sich mit Masken-Netsuke befaßte, gefolgt von seinem Sohn Joman, seinem Enkel Uman und Josei. Da sie sich bei den Netsuke nicht immer an die ikonographischen Vorschriften der Theatermasken hielten, lassen sich die Maskentypen nicht immer genau bestimmen. In den Masken-Netsuke spiegelt sich die Freude an grotesken Darstellungen und viele Schnitzer nutzten die Gele- genheit, ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Daher waren Dämonenmasken, wie Hannya und Oni, sowie die grotesken Masken, wie Beshimi, Buaku und Hyottoko/Usobuki, besonders häufig. Sehr beliebt war die Okame/Oto-Maske. Nicht nur wurde sie im kyôgen und kagura getragen, sondern sie diente auch zur Neujahrsdekoration, wie sie auf dem tori no ichi („Geflügel“-Markt) in Schreinen und Tempeln verkauft wurde, und schmückt den kumade (Modell eines Gartenrechens), der Glück und Geld zusammenkratzen soll. Die Okame-Maske gilt mit ihrem molligen, wohlgenährten und fröhlichen Gesicht als Glücksbringer. Die meisten Masken-Netsuke wurden ab der Mitte des 19. Jahrhundert hergestellt. Hara Shûgetsu und seine Nachfolger habe sich auf Okame-Masken spezialisiert. Ab ca. 1850 kam die Sitte auf, verschiedene Nô-und kyôgen-Masken in Gruppen darzustellen. Die KikugawaFamilie von Netsuke-Schnitzern in Edo/Tokyo und ihr Hauptvertreter Hakuunsai spezialisierten sich auf diesen Netsuke-Typ. Auch wurden ganze Sätze von Masken hergestellt, z.B. von Hôzan, Ryûmin oder dem Töpfer Sekisen. Künstler der Sô-Schule schufen besonders phantasievolle und originelle Exemplare, die keine Vorbilder in den japanischen Theatermasken haben. Der Bildhauer Kano Tessai (1845-1925) hingegen schnitzte zahlreiche Masken-Netsuke, die alte gigaku-Masken des Shôsôin, Hôrûji und Genkôji in Nara im Miniaturformat kopierten und sogar die Altersspuren und den abblätternden Lack der Originale nachahmten. Das Interesse an diesen alten Masken, die in höfischen Tänzen getragen wurden, stand in Zusammen221 hang mit den restaurativen Tendenzen und der Rückbesinnung auf Japans Frühgeschichte in der Meiji-Zeit. Da es zahllose Varianten zu den verschiedenen Maskentypen gibt und die Zuordnung den einzelnen Theatergattungen schwierig ist, erfolgt die Reihenfolge der Masken-Netsuke nach Themengruppen: Buddhismus und Shintoismus, Sagengestalten, Menschen, Dämonen, Kompositköpfe und Tiere. 889 GOTTHEIT Elfenbein H. 4,8 cm Sign.: Masamitsu Spätes 19. Jh. Unter den gyôdô-Masken, die bei buddhistischen Prozessionen getragen wurden, gibt es die Köpfe der Zwölf Wächtergottheiten (Jûniten). Dieses Netsuke hier könnte aufgrund der Haartracht und des Diadems als Bonten, der hochrangigste Wächtergott, identifiziert werden. Die dicken Ohrläppchen sind jedoch atypisch. 890 EBISU Holz H. 4 cm Sign.: Deme tô 19. Jh. Ebisu ist an seinem Kopftuch und dicken Ohrläppchen zu erkennen. Der Kopf mit lustigen Augen, trotzig vorgeschobener Unterlippe und kurzer Nase ist weich modelliert. Ebisu-Masken wurde im kyôgen getragen. 891 RAIDEN (?) Dunkelbraunes Holz, Augen und Zähne aus Silber H. 4,8 cm 19. Jh. Hier handelt es sich wahrscheinlich um die Nô-Maske vom Typ Raiden. Mit brüllend aufgerissenem Mund verdeutlicht der Donnergott „den ganzen Eklat des Einschlagens“ (Perzynski 1925, Bd. 2, S. 164). Raiden-Masken wurden sowohl im Nô getragen, wo die Maske aber keine Hörner hat, und im kyôgen, wo sie Kaminari (Donner) genannt wurden. 892 RAIDEN Buchsbaum, Augen, Hörner und Zähne aus Elfenbein; Pupillen aus schwarzem Horn H. 4,5 cm Sign.: Ôsai 2. Hälfte 19. Jh. Die in Elfenbein eingelegten Augen und Zähne setzen besondere Akzente in der Fratze dieses Dämons. Die Brauen und der Bart auf den Wangen sind tief gezackt, wie es bei oni- und Raiden-Darstellungen üblich ist. 893 ONI Buchsbaum H. 4,9 cm 18. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Zwischen buschigen Brauen und dicken Wangen befinden sich die großen Augen mit durchbohrten Pupillen. Zwei kleine 222 Fangzähne schauen zwischen den Lippen hervor und aus großen Haarlocken ragen zwei kurze Hörner. Die breite Kopfform und die Patina sprechen für eine frühe Datierung. Oni-Masken wurden wahrscheinlich anläßlich der tsuina-Riten getragen. 896 SHÔJÔ Holz, rot lackiert, Pupillen schwarz H. 4,2 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlungen Behrens Brockhaus 894 GROßER ONI Holz, Augen aus Elfenbein und Lack H. 6,6 cm 19. Jh. Das breite Lachen, die lustigen Augen, die strähnigen Haare und die rote Farbe sind Kennzeichen eines shôjô-Kopfes. ShôjôMasken wurden im Nô getragen, jedoch in einer strengeren Ausführung als hier. Der große Kopf ist von breiter Birnenform. Aus dem dunklen Holz leuchten die schmalen Augen aus Elfenbein hell hervor, die durchbohrte Iris ist in schwarzem Lack umrandet. Die Grimasse ähnelt der des Beshimi und des Buaku, die in ähnlicher Weise mit gefletschten Zähnen die Unterlippe nach innen ziehen. Abgeb. in: Joly 1912, Tafel IV, Nr. 189 895 ONI Holz, Rückseite rot lackiert, Reste von Vergoldung H. 4,7 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Brockhaus (Index Karte Nr. 1882, erworben 1909) Die flachen Hörner dieses Teufels verschwinden unter den glatten Haaren. Ungewöhnlich ist der Bartwuchs mit gescheitelten Haaren. Auf der Rückseite befindet sich ein Schlegel. und 897 IKKAKU SENNIN Buchsbaum H. 5,1 cm Spätes 18./frühes 19. Jh. Die Maske vom Typ Ikkaku sennin (wörtlich: Ein-Horn-Unsterblicher) läßt sich anhand des kleinen, einzelnen Horns über der Stirn und der dämonenhaften Physiognomie leicht identifizieren. Es gibt unterschiedliche Interpretationen dieses Maskentyps, der im Nô-Stück Ikkaku sennin getragen wurde: entweder mit einem großen, spitzen Horn oder ohne Horn. 898 KONOHA-TENGU-MASKE Maritimes Elfenbein H. 2,7 cm Sign.: Naokazu 2. Hälfte 19. Jh. Die lange Nase dieses Waldkoboldes ähnelt einem Schnabel, womit sich Physiognomie von karasu-tengu und konoha-tengu vermischen. Die schmalen, zusammengepreß223 ten Lippen mit nach unten gezogenen Mundwinkeln und die tiefen Falten verleihen dem Kopf einen grimmigen Ausdruck. 899 OKINA Helles Holz H. 4,7 cm Spätes 19. Jh. Die Haarbüschel in den Mundwinkeln und auf der Stirn sowie der lange, zur Seite gelegte Bart sind die Merkmale der OkinaMaske. Okina (Alter Mann) ist der Name einer Tanzvorführung, die aus dem Senzai, Okina- und Sanbasô-Tanz besteht und vor einem Nô-Stück aufgeführt wird. 900 OKINA Elfenbein H. 4 cm Sign.: Hôshin und kaô Edo/Tokyo, ca. 1860/1880 Diese typische Okina-Maske wird beim kamifuki-Spiel gezeigt Hierbei muß ein angefeuchtetes Papierstück durch kräftiges Blasen auf die Stirn befördert werden. Eine ehrwürdige Maske bei einem solchen neckischen Spiel darzustellen, ist eine amüsante und humorvolle Interpretation. 901 NÔ-MASKE Holz H. 4,4 cm Mitte 19. Jh. würde es sich um die Nô-Maske vom Typ Chûjô handeln. 902 NÔ-MASKE Buchsbaum H. 4,7 cm Sign.: Ikkô 2. Hälfte 19. Jh. Die Maske eines jungen Priesters mit Stirnpony wird im Nô-Theater Kasshiki (Der Immerhungrige) genannt. Die hohen Brauen über den mandelförmigen Augen reichen fast bis zu den Schläfen. Die Zähne zeigen Spuren einer schwarzen Einfärbung. 903 NÔ-MASKE Buchsbaum H. 4,4 cm Sign. mit kaô 19. Jh. Die vornehme Physiognomie erinnert an Nô-Masken junger Männer. Auffallend sind besonders die ovalen Kreise auf der Stirn, die ebenfalls Brauen darstellen. 904 BUAKU Schwarzes Holz B. 3,8 cm Signatur unlesbar 19. Jh. Buaku-Masken wurden im kyôgen getragen, wo sie sowohl Ärger als auch Trauer ausdrücken. Das Antlitz des jungen Mannes ist durch strenge Gesichtszüge, Barthaare in den Mundwinkeln und einen Kinnbart gekennzeichnet. Wäre der Mund geöffnet, 224 905 BESHIMI-VARIANTE Elfenbein H. 5,5 cm Frühes 20. Jh. Backenbart, dünne Lippen und die geschwungenen Falten über dem Nasenrücken sind Gesichtsmerkmale dieser sehr flachen Maske. 906 BESHIMI-VARIANTE Buchsbaum H. 4,7 cm Spätes 19. Jh. Die Unterlippe ist derart eingezogen, daß man den Eindruck hat, die Oberlippe hänge über der Unterlippe. Durch diese anatomische Unmöglichkeit erhält der Kopf sein groteskes Aussehen. 907 HARE-MEN Holz H. 4,8 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Das grimassierende Gesicht hat ein zugekniffenes Auge, einen schief verzogenen Mund mit großen Zahnlücken und tiefe Furchen auf der Stirn. 908 HARE-MEN Buchsbaum, Auge aus rotbraunem und schwarzem Horn (?) H. 4,4 cm Aufschrift: Deme Jôman Edo/Tokyo, 19. Jh. Die physiognomischen Merkmale sind übertrieben dargestellt. Das rechte Auge tritt hervor, das linke wird von dem schlaff herabhängenden Oberlid teilweise verdeckt. Über dem linken Auge befindet sich eine Beule. Solche Masken werden haremen (wörtlich: geschwollene Maske) bezeichnet und wurden im bugaku-Tanz Ni no mai getragen. 909 EINÄUGIGER HYOTTOKO Elfenbein, Pupille aus Messing H. 4,7 cm 19. Jh. Das hervorquellende Auge erhält eine zusätzliche Ausdruckssteigerung durch die Pupille aus Messing. Der gespitzte Mund ist zur Seite geschoben. Nach Hokusai manga könnte diese Maske auch als Shiofuki (wörtlich: Flut- und Ebbebläser) interpretiert werden. 910 HYOTTOKO/USOBUKI Holz, Lack und Spuren von Gold H. 4,8 cm Spätes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Bei diesem Kopf sind die Lippen gespitzt nach vorne geschoben. Die sich so bildenden Gesichtsfalten auf den Wangen enden in Spiralen. Diese Grimasse soll sich vom Nasentrichter eines Kraken ableiten. Hyottoko/Usobuki-Masken werden im kyôgen getragen. 225 911 HYOTTOKO/USOBUKI Buchsbaum H. 4,8 cm 19. Jh. Neben dem typisch zugespitzten Mund wird der Kopf von zahlreichen, stilisierten Falten und den Nasenlöchern bestimmt. Die Maske ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein bestimmter Maskentyp in höchst phantasievoller Weise neu interpretiert und abgewandelt wurde. Eine sehr ähnliche Maske wird von Bushell „Spouting Mouth“ genannt und ist mit einem unidentifizierten kaô signiert. (Bushell 1985, Nr. 335) 912 MANN MIT LANGER NASE Buchsbaum H. 4,7 cm Frühes 20. Jh. Der Mann leckt die Spitze seiner langen, dünnen Nase mit der Zunge ab. Lange Nasen sind das Kennzeichen der bugakuMaske für den Kotokuraku sowie der Kono-ha-tengu- und Hyottoko-Masken, die bei Tänzen auf dem Land (sato-kagura) getragen werden. Sie sind mit einer phallischen, nach unten gebogenen Nase und herausgestreckter Zunge dargestellt. Die groteske Darstellung hier, die verschiedene Typen in extremer Weise kombiniert, ist eine späte Arbeit, die mit keiner der genannten Maskentypen in direkte Verbindung gebracht werden kann. 913 MASKE EINER FRAU Holz H. 3,3 cm Sign.: Hidemune saku 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Die gescheitelten Haare sind Hinweis, daß es sich hier um einen Frauenkopf in Anlehnung an eine weibliche Nô-Maske handelt. 914 MASKE EINER FRAU Bronze H. 4,1 cm 2. Hälfte 19. Jh. Diese Maske einer jungen Frau mit lächelndem Mund zeichnet sich aus durch sorgfältig gescheitelte, in dünne Strähnen gelegte Haare. Masken-Netsuke in Bronze sind sehr selten anzutreffen. 915 OKAME Elfenbein H. 3,8 cm 18. Jh. Die dreieckige Kopfform, die Wangengrübchen, der winzige Mund und die beiden Augenbrauen darstellenden Punkte auf der Stirn sind die unverwechselbaren Merkmale des Okame-Gesichtes. Die dreieckige Form und die Altersrisse weisen das Stück als frühe Arbeit aus. 226 916 OKAME Buchsbaum mit silbriger, schwarzer und roter Lackfassung H. 4,8 cm Sign. unter der Lackschicht: Shûzan Edo, 1. Hälfte 19. Jh. Okame-Masken werden im kyôgen getragen, wo sie Oto genannt werden. Wahrscheinlich stammt die Lackfassung aus späterer Zeit. Abgeb. in Werdelmann 1989, S. 386, Abb. 19 917 OKAME Buchsbaum H. 4,8 cm Mitte 19. Jh. Die herausgestreckte, nach oben gebogene Zunge entbehrt nicht einer gewissen Anzüglichkeit, die dem lasziven Charakter der Okame entspricht. 918 OKAME Buchsbaum H. 5,1 cm Sign. in hiragana: Hashimoto zô Spätes 19. Jh. Ehemalige Sammlung William und Betty Parker Die Brauen dieses Okame-Kopfes werden durch eingelegtes, dunkleres Holz dargestellt. 919 HANNYA Buchsbaum H. 4,6 cm Sign.: Shûzan Edo, 1. Hälfte 19. Jh. Die Nô-Maske vom Typ Hannya ist als Netsuke sehr häufig dargestellt worden. Ihre Charakteristika sind die gescheitelten Haare, die Hörner und der furchterregende Rachen. Die Maske wird in Rollen der eifersüchtigen Frau, z.B. Kiyohime in dem berühmten Nô-Stück Dôjôji, getragen. 920 HANNYA Buchsbaum, Augen aus Gelbmetall H. 5,2 cm Mitte 19. Jh. Die in hohen Bögen gelegten Haarsträhnen hinter den Hörnern sind eine Abweichung von den typischen HannyaMaskendarstellungen. 921 HANNYA Hirschhorn H. 6,4 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Die Kopfform entspricht der natürlichen Biegung eines Geweihsegments. Das langgezogenen, vierkantige Gesicht wirkt wie eine Karikatur der Maske eines weiblichen Teufels. Die kreisrunden Augen sind aufgerissen, der riesige, geöffnete Mund füllt die untere Gesichtshälfte aus. Abgeb. in: Bushell 1985, S. 160, Nr. 75 (nur Signatur); Atchley 1991, S. 20, Abb. 15 227 922 HANNYA Elfenbein H. 5,2 cm Sign.: Gyokuzan 2. Hälfte 19. Jh. 925 SHISHIGUCHI Buchsbaum und grünes Glas H. 4,9 cm Sign.: Sekibai Spätes 19. Jh. Die typischen Merkmale der HannyaMaske sind der riesige, trapezförmige Mund und die großen Augen; ungewöhnlich hingegen sind die flügelartigen Ohren. Die nach vorne, tief in die Stirn gebogenen Hörner verleihen diesem Netsuke eine kompakte, gut tragbare Form. 923 DÄMON Holz mit Lackfassung H. 3,8 cm Sign.: in Goldlack: Kôzan Spätes 19. Jh. Zwischen wulstigen Brauen und breiter Knollennase liegen tief die Augen mit Pupillen aus grünen, durchbohrten Glasperlen. Der Mund ist aufgerissen. Ungewöhnlich sind die feinen, in ukibori-Technik ausgeführten Punkte auf der Stirn. Auf der Rückseite bildet ein sehr kleiner, gebogener, vertikaler Steg die, wenn auch unzweckmäßige Möglichkeit, für die Schnurführung. Die Identifizierung dieser Maske beruht auf Bushell, der ein fast identisches Netsuke abbildet, dessen Signatur er Sekitan (sic!) liest (Bushell 1985, Tafel 208). Das Wilde und Furchterregende dieser Maske wird nicht nur durch die rote Lackierung, sondern auch durch die großen, goldenen Augen, die nach vorne gerichteten Hörner und den großen, vorgeschobenen Unterkiefer ausgedrückt. 926 HEIKEGANI Buchsbaum H. 4,5 cm Sign.: Gyokuzan Spätes 19. Jh. 924 NAMANARI Holz H. 4,7 cm Sign.: Deme Jôsei Edo, ca. 1800 Dieser merkwürdige Kopf besteht aus Augen, die sich auf gleicher Höhe wie die fischköpfige Nase befinden. Der fischmaulartige Mund ist mit einer Blütenraute am Kinn geschmückt. Über den Augen befindet sich ein gewelltes Tuch und eine Art Vorhaut mit zwei Krebsscheren. Feine Punkte an den „Schläfen“ und am Kinn sind in ukibori ausgeführt. Diese funktionslose Maske wird Heikegani (wörtlich: Heike-Krabbe) genannt. Denn es gab in Japan den Glauben, daß die Köpfe der im Kampf gefallenen Heike-Krieger in der Panzerzeichnung des heikegani ge- Die Nô-Maske vom Typ Namanari läßt sich anhand der ovalen Kopfform und der kurzen Hörner bestimmen. Diese Maske eines weiblichen Teufels wird in den NôStücken Kanawa und Sesshôseki getragen. 228 nannten Krebses zu erkennen sind. Die vielen Toten auf dem Schlachtfeld vom Dannoura sollen sich in heikegani verwandelt haben. Die Plazierung der Signatur auf einem sehr schmalen, vertikalen Steg, der kaum geeignet für die Schnurführung ist, und die Art, wie die Rückseite durch schraffurartige, längliche Kerben gestaltet ist, entspricht jenen des vorangegangenen Netsuke. Entweder sind Sekibai und Gyokuzan zwei unterschiedliche Namen desselben Schnitzers oder die beiden Künstler arbeiteten im selben Werkstattstil. heiten dieses Maskentyps sind die Augen und der Unterkiefer, die sich während des Tanzes rhythmisch bewegen. Im Gegensatz zu den vielen Ranryôô-Netsuke sind hier Ober- und Unterkiefer nicht beweglich. Die helle Farbe des Holzes ist Hinweis auf die Entstehung ca. 1900/1920. 927 KONRON Leichtes Holz, wahrscheinlich hinoki (japanische Zypresse), und Rotlack H. 6,1 cm 18. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Shishi-Masken, die beim Löwentanz (shishimai) getragen wurden, waren im späten 18. Jahrhundert ein beliebtes Thema der Schnitzer in Kyoto. Die quadratische Form, die lockige Mähne, die hervortretenden Augen und das breite Maul mit beweglichem Unterkiefer sind die typischen Merkmale. Die dämonenhafte Fratze der gigakuMaske vom Typ Konron ist von Falten zerfurcht. Eingefaßt von dünnen Lippen sind beide Zahnreihen mit oberen und unteren Fangzähnen. Die spitzen Ohren wirken wie kleine Flügel. Durch Abrieb entstand bei diesem Stück ein attraktiver, negoro-ähnlicher Effekt. 928 RANRYÔÔ Buchsbaum H. 4,6 cm Sign.: ...zan Um 1900/1920 Ehemalige Sammlung Wohlthat Ranryôô-Masken, die von einem Drachen bekrönt werden, sind die eindrucksvollsten unter den bugaku-Masken. Die Besonder- 929 SHISHI Elfenbein H. 3,2 cm Aufschrift: Tomotada 19. Jh. 930 SHISHI Buchsbaum H. 3,5 cm Kyôto, spätes 18./frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat 931 SHISHI-ÄHNLICHE MASKE Holz H. 3,9 cm Sign.: Sôichi tô Tokyo, ca. 1880/1920 Die Maske zeigt zwar die Charakteristika eines shishi, wirkt jedoch durch die in die Stirn fallenden Haarsträhnen und den zum Lachen geöffneten Mund wie der Kopf eines fröhlichen Mannes. Diese Maske ist 229 eine typische Arbeit eines Sô-SchuleSchnitzers, deren Masken-Netsuke keinerlei Vorbilder unter den Theatermasken haben. 932 SHISHIGUCHI Holz, makie, roter, brauner und silberner Lack H. 3,9 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Diese Maske erinnert in ihrer Physiognomie an die Nô-Maske vom Typ Shishiguchi (wörtlich: Löwenmaul). Die tiefen Furchen auf der Stirn und die Falten um den aufgerissenen Mund drücken Kraft und Energie aus. Möglicherweise stammt die Lackffassung aus der Meiji-Zeit. 933 SHIKAMI Holz, grüner Lack und makie H. 4,1 cm Spätes 19. Jh. Der Mund ist weit aufgerissen und das Gesicht ist von tiefen Falten zerfurcht. Die Rückseite ist in nashiji gestaltet. Grüner Lack ist in größerem Umfang erst in der Meiji-Zeit verwendet worden. Das aufgestreute Goldpulver wurde wahrscheinlich absichtlich berieben, um den Effekt des grüne Lacks zu erhöhen und dem Stück ein Aussehen von Alter zu geben. Shikami-Masken wurden im Nô getragen. 934 MASKE Geflecktes Kaki-Holz H. 4,5 cm Sign.: Ippô 2. Hälfte 19. Jh. Der Kopf von fast rechteckiger Form wird bestimmt durch den weit geöffneten Mund, der eine riesige, fast rechteckige Öffnung bildet. Die schräg gestellten Augen schielen nach oben. Möglicherweise handelt es sich um eine Variante der NôMaske vom Typ Otobide. 935 GENKÔJI-MASKE Buchsbaum H. 5,2 cm Sign.: Deme Uman 2. Hälfte 18. Jh./19. Jh. Der Kopf ist gekennzeichnet durch hervorquellende Augen und einen geöffneten Mund mit vier spitzen Hauern. Neben den Nasenflügeln ist je ein mißmutig dreinschauender Kopf geschnitzt. Auf der Stirn befindet sich ein Fabelwesen mit Drachenklauen und eine weitere Gestalt mit aufgesträubten Haaren. Im Sôken kishô (Bd. 7, S. 7a) ist eine solche Maske abgebildet, die von den Schriftzeichen Genkôji kamen (buddhistische Maske aus dem Genkôji) begleitet wird. Der Genkôji ist der älteste Tempel in Nara, in dessen Besitz sich möglicherweise das Vorbild für diese Maske befand. Bushell nennt diesen als Theatermaske nicht bekannten Typus „ethnic mask“ (Bushell 1985, Nr. 322, S. 150). Er war in vielen frühen Sammlungen (Behrens, Brockhaus und Garrett) vertreten. Joly beschreibt diese Maske wie folgt: „Grotesque mask with two heads on either side of the nose, and two devils with common body and dragon claws on the forehead. The original of this mask is a large Gigaku mask showing the influence of the devil dances of Tibet, kept in the Treasure of one of the temples, copies are 230 sometimes inscribed to that effect.“ (Joly 1912, S. 5, Nr. 128, Taf. II) Spätes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Siehe Abb. 1, S. 235 Hauptmerkmal dieser Maske, die im bugaku getragen wird, ist die schnabelähnliche Nase und der ungewöhnlich geformte Mund mit nach unten gezogenen Mundlinien. Die weit aufgerissene Augen liegen unter buschigen Brauen. 936 KOROBASE Holz, fleischfarben und schwarz bemalt H. 5,3 cm Sign. mit kaô: Kô (Hikaru) Ca. 1880/1920 Ehemalige Sammlung Wohlthat Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Variante der Korobase-Maske. Das Haupthaar, aus dem Tierohren spitz hervorschauen, fällt strähnig in die Stirn. Die Lippen sind zusammengepreßt, in den Mundwinkeln sind Fangzähne zu sehen. Es gibt kein himotôshi. Auf der Rückseite befindet sich ein Papieretikett mit der Bezeichnung in lateinischen Buchstaben: Hikaru und die Ziffer 284 UT. Hikaru wird auch Kô gelesen und ist das Signaturkürzel von Kano Tessai. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Miniaturversion einer unidentifizierten, alten Tempelmaske, wie sie Tessai zu schnitzen pflegte. 937 KOROBASE Holz mit mattgrüner Farbfassung, Augen in Goldlack, Rückseite in Schwarzlack mit Gold H. 5 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Brockhaus 938 KOROBASE Holz, lackiert H. 4,9 cm 939 KITSUNE Holz H. 4,3 cm Aufschrift: Deme Uman 19. Jh. Merkmal dieser kleinen Fuchsmaske sind die hohen, durchbrochen gestalteten Ohren. Die Barthaare sind in Gravur wiedergegeben. Das Netsuke hat eine schöne Alterspatina. Möglicherweise wurde die Signatur später aufgetragen. Kitsune-Masken wurden im kyôgen-Stück Tsurigitsune (Die Fuchsfalle) (s. Kat.-Nr. 271) getragen. 940 KITSUNE Buchsbaum H. 4,6 cm Aufschrift: Deme Uman Edo, 19. Jh. Ohren und Schnauze sind stilisiert dargestellt und offen gearbeitet. 941 KITSUNE Holz H. 4,7 cm Sign.: Ittokusai Spätes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat 231 Diese Kitsune-Maske, deren schmale, schräg gestellten Augen die Hinterlist und Scheinheiligkeit des Fuchses treffend ausdrücken, hat einen beweglichen Unterkiefer. 942 KITSUNE Buchsbaum, Augen aus Perlmutt und Pupillen aus Lack H. 4,6 cm Sign.: Hôitsu Spätes 19. Jh. Die naturgetreue Darstellung der Schnauze, die scharfen Zähne, das Maul mit beweglichem Unterkiefer, die spitzen, nach vorne gerichteten Ohren, aber vor allem die in Perlmutter eingelegten Augen verleihen dieser großen Maske ein gefährliches, aggressives Aussehen. 943 AFFE Buchsbaum H. 4,7 cm 18. Jh. Affenmasken wurden in verschiedenen kyôgen-Stücken getragen. 944 AFFEN-MASKE Manjû-Netsuke Holz, Bein, Lack und Perlmuttersplitter H. 1,4 cm; B. 3,8 cm 2. Hälfte 19. Jh. Die Oberseite der ovalen, flachen manjûForm ist in der Art einer Holzmaserung gestaltet, wobei die Grate in rotem Lack ausgeführt sind. Hinter dem flach reliefier- ten Affenkopf aus Bein liegt eine in weiten Bögen arrangierte Kordel in makie. 945 ZWÖLF NÔ- UND KYÔGEN-MASKEN Elfenbein Ø 4,5 cm 2. Hälfte 19. Jh. Um eine zentrale Hannya-Maske gruppieren sich eine Shikami-, Oni-, Okame-, Dämon-, Beshimi- und Kikujidô-Maske. Auf der Rückseite befinden sich Okina-, Usobuki- und drei weitere Masken. 946 NEUN NÔ- UND KYÔGEN-MASKEN Buchsbaum, kleine Details aus Elfenbein Ø 4,9 cm Mitte 19. Jh. Auf der Schauseite gruppieren sich um eine Okame-Maske eine Hannya-, Shikami-, Okina- und eine Shôjô-Maske. Auf der Rückseite befinden sich Benten-, Oni-, Usobuki- und Buaku-Masken. Das Motiv der neun Masken beinhaltet ein Wortspiel, denn kumen bedeutet sowohl „neun Masken“ als auch „Geldbeschaffung“. 947 ELF NÔ- UND KYÔGEN-MASKEN Buchsbaum Ø 3,9 cm Mitte 19. Jh. Elf Nô- und kyôgen-Masken bilden ein rundes manjû. Um die zentrale KikujidôMaske gruppieren sich Affe-, Oni/Raiden-, Fukusuke-, Okina- und Bärtiger(?)-Maske, auf der Rückseiten befinden sich Beshimi-, Kitsune-, Ikkaku sennin-, Okame- und 232 Tengu-Maske. Eine Fukusuke-Maske in diesem Kontext ist sehr ungewöhnlich. 948 UBA Elfenbein H. 4,4 cm Spätes 19. Jh. Der längliche Kopf ist gekennzeichnet durch den geöffneten Mund mit sichtbarer Zunge, die in hohe Bögen gelegten Brauen und dem Stirnband mit Mäandermuster. Es gibt kein himotôshi. 949 KOPF EINES ALTEN MANNES Bein H. 4,3 cm 2. Hälfte 19. Jh. Der Kopf trägt nahezu portraithafte Züge. Die Haare an den Schläfen bilden gebündelt an der Rückseite einen Steg. 950 KINDERKOPF Elfenbein H. 4,3 cm Spätes 19. Jh. Dieser große Kopf eines Knaben mit Haarbüscheln an den Schläfen und kesser Stirnlocke hat kein himotôshi. Abgeb. in: Werdelmann 1989, S. 384, Abb. 14 951 KOPF EINES SANBASÔ-TÄNZERS Elfenbein und shitan-Holz H. 6,1 cm Spätes 19. Jh. Der hohe, horizontal gerippte eboshi ist das augenfälligste Erkennungsmerkmal des sanbasô-Tänzers. Das Netsuke hat bewegliche Augen und eine bewegliche Zunge. Der Trickmechanismus wird durch einen Hebel mit Öse für die Schnur auf der Rückseite betätigt. 952 KOPF DES MITSUME KOZÔ Holz, das dritte Auge aus Bein H. 4,6 cm 19. Jh. Ehemalige Sammlung Wohlthat Der Kopf ist von nahezu rechteckiger Form und von dreieckigem Querschnitt. Das Gespenst Mitsume Kozô (Drei-AugenKozô) mit einem runden Stirnauge wird oft mit heraushängender Zunge dargestellt. Die natürlichen Augen schauen lustig, während das dritte Auge beulenartig auf der Stirn sitzt und durch das helle Bein besonders auffällt. 953 KOPFGRUPPE Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn H. 4,6 cm Sign.: Shudô tô Spätes 19. Jh. Vier groteske Köpfe und eine Kordel mit Quaste bilden eine längliche Form. Die grotesken Köpfe sind individualistisch gestaltet, wobei physiognomische Details (Nasen, Falten und die Münder) übertrieben dargestellt sind und die Brauen aus langen Haarsträhnen bestehen. Stil und Qualität des Elfenbein sprechen für eine späte Entstehungszeit dieser Arbeit. 233 OJIME 954 PERLE Fûten und Blitze Elfenbein H. 1,8 cm Mitte 19. Jh. 955 PERLE Daimyô-Prozession vor einem Schloß Elfenbein H. 2 cm Sign.: Yukikazu 2. Hälfte 19. Jh. 956 PERLE Figuren vor einem Stellschirm Kunststoff H. 1,8 cm Sign.: Tamayuki (Gyokushi) 2. Hälfte 19. Jh. 957 PERLE Daikoku und Ratte mit Münze im Maul Elfenbein H. 2 cm Sign.: Gyoku und kaô 2. Hälfte 19. Jh. 958 PERLE Gärtner in Landschaft Kunststoff H. 2 cm Sign.: Yukikazu 2. Hälfte 19. Jh. 959 PERLE Hotei mit Fächer Walroßzahn H. 1,8 cm Frühes 19. Jh. Ehemalige Sammlung Beasley 960 PERLE Sechs Ratten Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 1,9 cm 2. Hälfte 19. Jh. 961 PERLE Krake, Kugelfisch, Muscheln und Meerestiere Elfenbein, Pupillen aus Glas H. 1,8 cm 2. Hälfte 19. Jh. 962 PERLE Drache in Wolken Elfenbein H. 1,8 cm 19. Jh. 963 KAPPA-KOPF Elfenbein, Augen aus hellem und dunkelbraunem Horn, Noppen aus dunkelbraunem Horn H. 2,1 cm Sign. in rechteckiger Reserve: Yasufusa Ca. 1970 964 FUKURA SUZUME Elfenbein, Augen aus schwarzem Horn H. 1,8 cm 20. Jh. 234 965 ZU EINER KUGEL GEROLLTES, GRASENDES PFERD Elfenbein H. 2,3 cm Sign.: Meishû 2. Hälfte 20. Jh. 966 KARAKO MIT TROMPETE Narwahlzahn H. 1,8 cm 18./19. Jh. 967 BÄUCHLINGS LIEGENDER KARAKO Hirschhorn H. 2,5 cm 18./19. Jh. 968 SITZENDER ONI Bein (?), kupferfarben lackiert, Schwarzlack und makie H. 1,7 cm 19. Jh. 969 ZIKADE AUF PHALLUS Elfenbein H. 2,1 cm 20. Jh. 970 DRACHE MIT EINGEROLLTEM SCHWANZ Bein, Pupillen aus schwarzem Glas H. 1,7 cm 20. Jh. 971 LIEGENDER HIRSCH Hirschhorn H. 1,8 cm 19. Jh. 972 TANUKI; AUF TROMMELND Hirschhorn H. 2 cm 19. Jh. SEINEN BAUCH 973 SCHWIMMENDE MANDARINENTE Elfenbein B. 1,8 cm 19. Jh. 974 KLETTERNDER AFFE Elfenbein, Augen aus Horn H. 1,6 cm 2. Hälfte 19. Jh. 975 SITZENDER WELPE Elfenbein H. 1,7 cm Frühes 19. Jh. 976 RATTE, ZU EINER KUGEL ZUSAMMENGEROLLT Elfenbein, Pupillen aus Horn H. 1,7 cm 2. Hälfte 19./20. Jh. 977 TIGER Elfenbein, Pupillen aus schwarzem Horn H. 1,9 cm Frühes 19. Jh. 235 978 KAKI-FRUCHT UND BLATTZWEIG Bein H. 1,6 cm; B. 2,5 cm 19. Jh. 979 PERLE Zwei um eine tama streitende Drachen Porzellan und Unterglasurblaudekor H. 2,2 cm Spätes 19. Jh. 980 PERLE Begonien und Schmetterling Elfenbein und makie H. 2 cm Spätes 19. Jh. 981 SPULENFÖRMIGE PERLE Kleinodien (takaramono) (Hut, fundô, chôji, Rauten) Roter Schnitzlack H. 1,5 cm 19. Jh. 982 PERLE Päonienblüte und Blätter Roter Schnitzlack H. 1,4 cm 19. Jh. 983 DOPPELMASKE (OKINA UND LANGHAARIGER DÄMON) Roter Lack H. 1,2 cm Sign.: Kôsei Spätes 19. Jh. 984 PERLE Okina-Maske und Embleme Lack, Gelbmetall und Einlagen in Shibayama-Art H. 1,8 cm Sign. auf Perlmutterplättchen abgerieben 2. Hälfte 19. Jh. 985 PERLE Eisen H. 1,6 cm Europa (?), 20. Jh. 986 PERLE Blüten, Ranken und Muster Émail cloisonné H. 1,3 cm Wahrscheinlich Nagoya, ca. 1865 987 PERLE, GERIEFELT Transparentes Glas mit einem hellblauen Fleck H. 1,5 cm 19. Jh. 988 PERLE Schwarze Glas mit farbigen Schlieren H. 1,3 cm Möglicherweise Europa, 20. Jh. 989 SITZENDER DARUMA Gelbmetall und Silber H. 1,6 cm Sign.: Toshimasa 19. Jh. 236 990 ONNA-DARUMA MIT OKAME-KOPF Kupfer und Vergoldung H. 1,6 cm Sign.: Kazumasa 19. Jh. 996 VASE UND MAGNOLIENZWEIG Gelbmetall H. 2 cm Sign.: Masanaga (Shôju) 2. Hälfte 19. Jh. 991 STILISIERTER REGENPFEIFER (CHIDORI) Schraubverschluß und Ringöse; kein ojime Shibuichi, flache Spiraleinlagen aus Gold, Silber und shakudô H. 1,4 cm 19. Jh. 997 LÖWENZAHN UND WILDE CHRYSANTHEMEN AUF EINER FUNDÔFORM Gelbmetall, versilbert H. 1,8 cm 2. Hälfte 19. Jh. 992 TOTENKOPF Massives Silber H. 1,5 cm 2. Hälfte 19. Jh. 993 TOTENKOPF MIT UNTERKIEFER Bein H. 2 cm Spätes 19./20. Jh. 994 VASE MIT BEWEGLICHEN RINGHENKELN Eisen mit Resten von Goldtauschierung H. 2,2 cm 19. Jh. 995 KORBVASE MIT AUFSITZENDER KRABBE Silber mit Einlagen aus Kupfer H. 2 cm 2. Hälfte 19. Jh. 998 OVALE PERLE Einen Wasserfall hochspringender Karpfen Silber, Details aus Gold H. 1,9 cm Sign.: Tenmin 2. Hälfte 19. Jh. 999 PERLE Chrysanthemen und Orchideen Silber, massiv, und Einlagen aus Gelbmetall H. 1,8 cm Sign.: Masamitsu 2. Hälfte 19. Jh. 1000 PERLE Hirsekolben an Zweigen Eisen mit Einlagen aus Gelbmetall, Kupfer und Silber H. 1,7 cm 19. Jh. 237 1001 GEDRUNGENE PERLE Vögel über Schilf Metall, vergoldet, Einlagen aus Kupfer und Silber H. 1,6 cm 1002 PERLE Regenpfeifer über Wellen Metall, vergoldet, Einlagen aus shibuichi und Drähte aus Silber H. 1,7 cm 19. Jh. 1003 PERLE Chrysanthemen, und Orchidee Metall, vergoldet H. 1,9 cm 19. Jh. Pflaumenblütenzweig 1004 PERLE Päonien und Schmetterling Eisen mit Einlagen aus Gold und Silber H. 1,4 cm 19. Jh. 1005 ZYLINDRISCHE PERLE Asanoha, Ranken und sayagata-Muster Eisen mit Goldtauschierung H. 1,1 cm 19. Jh. 1006 ZYLINDRISCHE PERLE Diagonalstreifen Silber mit Einlagen aus Kupfer und shakudô H. 1,2 cm 19. Jh. 1007 ZYLINDRISCHE PERLE Diagonalstreifen Silber mit Einlagen aus Kupfer und shakudô H. 1,2 cm 19. Jh. 1008 TROMMEL Kupfer mit Einlagen aus Silber und shakudô H. 1,3 cm 19. Jh. 1009 ZYLINDRISCHE PERLE Hyottoko/Usobuki und Okame-Maske Gefleckter Bambus mit farbigem Lack und makie H. 2,3 cm Sign. in makie: Tomi (Saratani Tomizô) Ca. 1970/1980 1010 ZYLINDRISCHE PERLE Libelle auf Bambus und Blätter Elfenbein, Schwarzlack und makie H. 1,9 cm Sign. in makie: Tomi (Saratani Tomizô) Ca. 1970/1980 1011 BAMBUSSTAMM MIT WURZELNARBEN UND DARAN HOCHKLETTERNDER FROSCH Bambusstamm mit Wurzelnarben und daran hochkletternder Frosch Brauner und grüner Lack, nashiji H. 2 cm Sign. in makie: Tomi (Saratani Tomizô) Ca. 1970/1980 238 1012 PERLE Kreis- und Rautendekor Bein und gedrehter Messingdraht H. 1,3 cm 19. Jh. 1013 GERIEFELTE PERLE Bein und gedrehter Messingdraht H. 1,5 cm 19. Jh. 1014 GROßE PERLE Kiefernstämme mit Astlöchern und „Augen“ Holz H. 2,8 cm 2. Hälfte 19./20. Jh. 1015 EIFÖRMIGE PERLE Drache Fruchtkern, Auge aus Gelbmetall H. 1,9 cm Sign.: Kozan Ca. 1850/1860 1016 EIFÖRMIGE PERLE Tierkreiszeichentiere Fruchtkern H. 1,7 cm Sign.: Kozan Ca. 1850/1860 1017 TONNENFÖRMIGE PERLE Blüten und Ranken Kupfer, versilbert, und Silberdraht H. 1,3 cm, 19. Jh. INRO 1018 INRÔ, 6tlg. Federkleid aus dem Nô-Stück Hagoromo Takamakie und Einlagen aus weißglasiertem Steinzeug, Schildplatt und aogaiSplittern; innen nashiji H. 10 cm; B. 5,5 cm Sign.: Isen saku und Topfsiegel 19. Jh. Ojime: Karneolperle Kagamibuta-Netsuke: Platte aus shibuichi mit Drachen zwischen Wolken in Relief, Details aus Gold; Kapsel aus Holz; Ø 4 cm; 2. Hälfte 19. Jh.; Ehemalige Sammlung. Wohlthat 1019 INRÔ, 6tlg. Hase, Affe, Beil und Stab unter einer großen Kiefer Hiramakie und takamakie; Goldauflagen und kirikane auf rotem Lackgrund; innen Rotlack H. 7,7 cm; Ø 2,6 cm 18. Jh. Ojime: Zylindrisch; Gelbmetall mit Filigranauflagen Manjû-Netsuke: in Rotlack Spatzen und Bambus; hiramakie auf Elfenbein; Ø 3,5 cm; 2. Hälfte 19. Jh. 1020 INRÔ, 5tlg. Kôsekikô auf einer Brücke, auf der anderen Seite Chôryô, der ihm den Schuh reicht Gold- und Silber taka- und hiramakie sowie Einlagen aus Blei und Goldfolie auf Schwarzlackgrund; innen nashiji H. 7 cm; B. 5,2 cm 18./frühes 19. Jh. Ojime: Korallenperle 239 Ryûsa-manjû: Ahornblatt auf Wellen; Chrysanthemen und Blattranken; Elfenbein; Ø 4,2 cm; 2. Hälfte 19. Jh. 1021 INRÔ, 5tlg. Dichte Chrysanthemen Schwarzlack, makie, Einlage aus sehr kleinen quadratischen Perlmutterplättchen; innen feiner nashiji H. 7,5 cm Frühes 18. Jh. Ojime: Geriffelte Glasperle mit weißen und orangefarbenen Querstreifen. 1022 INRÔ, 5tlg. Aufgespannter Vorhang an einem blühenden Kirschbaum Takamakie, hiramakie, Schwarzlack sowie kirikane auf rotem Lackgrund; innen nashiji H. 8,8 cm; B. 8,3 cm 19. Jh. Netsuke: Spulenform aus Schildplatt; in Goldlack verschiedene Insekten; Ø 3,4 cm; spätes 19. Jh. 1023 INRÔ, 5tlg. Fuji hinter Wolkenbänken; im Vordergrund eine Kiefer Hiramakie und kirikane auf Schwarzlackgrund mit unregelmäßigem nashiji; innen nashiji H. 8,9 cm; B. 4,4 cm Sign.: Masakatsu und kaô 19. Jh. Ojime: Profilierte Holzperle Netsuke: Mokugyo; Buchsbaum; B. 3,1 cm; 19. Jh. 1024 INRÔ, 2tlg. Schreindiener mit Schirm, auf der anderen Seite tôrii im Regen Gold- und Silber-hiramakie und kirikane auf Schwarzlackgrund; innen Schwarzlack H. 4,6 cm; B. 10 cm 19. Jh. Ojime: Schwarze Glasperle Netsuke: Hannya-Maske; schwarzer Kunststoff; H. 4,6 cm; spätes 19. Jh. TABAKO-IRE, TONKOTSU, KISERUZUTSU UND KISERU Tabakrauchen wurde Ende des 16. Jahrhunderts von den Portugiesen in Japan eingeführt. Bereits im frühen 17. Jahrhundert, in der Ära Kan’ei (1624-1644), hatte sich die spezielle japanische Art des Rauchens etabliert. Fein geschredderte Tabakblätter wurden zwischen den Fingern zu einer lockeren Kugel gerollt und in einen winzigen Pfeifenkopf gestopft, der an einem glimmenden Holzkohlestück entzündet wurde. Die lange, elegante Pfeife mit winzigem Kopf erlaubte aber nur einige wenige Züge. Tabak und Pfeife trug man auf Reisen oder außerhalb des Hauses in einer Tasche (tabako-ire) oder einem Behälter aus Holz oder Bambus (tonkotsu) und die Pfeife (kiseru) in einem Futteral (kiseruzutsu) bei sich. Die Taschen waren aus dunklem, seltener geprägtem Leder oder aus bestickter Baumwolle und mit einer Schließe (kanagu, früher kanamono genannt) geschmückt. Auf der Lasche zeigen sie ein figürliches Motiv aus Metall, meist versilbert oder mit Einlagen aus Kupferlegierungen. Die größeren tonkotsu sind meist in Form einer Dose, die in Gravur 240 oder mit farbigen Einlagen geschmückt ist, oder von figürlicher Form (Daruma, Affen, Hütten etc.). Männer trugen die Rauchgarnitur am Gürtel, wobei der Tabakbehälter mit dem als Gürtelknebel fungierenden kiseruzutsu und/oder dem Netsuke - meist ein Aschenbecher-Netsuke - mit einer Seidenschnur oder einer mehrgliedrigen Silberkette verbunden war. Frauen schoben die schmalen Tabakstaschen und Pfeifenfutterale aus besticktem oder mit eleganten Mustern gewebtem Stoff in den Brustausschnitt. Das künstlerisch dekorierte kiseruzuutsu (wörtlich: Pfeifen-Rohr) ist ein Produkt des 19. Jahrhunderts und hatte seine Blütezeit in der Zeit um 1900. Man unterscheidet fünf verschiedene Typen: Musô-zutsu – Hülle (saya) mit Einschub bzw. Deckel (sashi) Aikuchi-zutsu – Hülle und Einschub bilden eine Linie Otoshi-zutsu – Hülle ohne Einschub, in die man die Pfeife fallen läßt Wari-zutsu – Hülle mit zwei vertikalen Schlitzen Senryû-zutsu – Gegenständige Hülle in Form einer Figur, eines Tieres, u.ä. Es gab Werkstätten, die die Hülle, sozusagen die Rohlinge, fertigten, d.h. drechselten oder aus Papier-, Bambus oder Weidenstreifen flochten. Schnitzer, Lackmeister und Metallkünstler trugen dann, gelegentlich auch in Zusammenarbeit den Dekor auf. Viele von ihnen signierte ihre Arbeiten. In die Futterale wurde die Pfeife eingeführt. Kiseru (Pfeifen) können in zwei Gruppen unterteilt werden. Die raukiseru mit einem Mittelstück aus einem Bambusrohr (rau), mit abnehmbarem Kopf (gankubi) mit kleiner Schale (hizara) und Mundstück (suiguchi) aus Metall, dessen Spitze meist vergoldet ist. Das Bambusrohr besteht meistes aus einem Internodium, das auch verziert sein kann, seltener hat es einen Knoten. Der zweite Typ ist in einem Stück und ganz aus Metall gefertigt. Diese Pfeifen werden nobe-kiseru genannt. Es gibt auch Fälle, wo der Griff des Beimessers (kozuka) zu einer solchen Pfeife umgearbeitet wurde (Kat.-Nr. 1050). Dieses Sitte kam sicherlich erst mit dem Verbot des Schwertertragens nach 1876 auf. 1025 TABAKO-IRE Taschenform aus braunem Leder; kanagu: sich windender Drache aus Silber, Auge vergoldet; Silberkette B. 14,4 cm 2. Hälfte 19. Jh. Kagamibuta-Netsuke: Platte aus Silber; in flachem Relief rundgelegter Drache mit Perle; Kapsel aus Elfenbein; Ø 4,2 cm; 2. Hälfte 19. Jh. 1026 TABAKO-IRE Taschenform aus Leder und Baumwolle, in Seidenstickerei Blüten und Ranken; kanagu aus Silber in Form zweier springender shishi B. 13,2 cm 2. Hälfte 19. Jh. Netsuke: shishi auf einer flachen Standplatte; Elfenbein; H. 2,3 cm; 19. Jh. 241 1027 TABAKGARNITUR Tabako-ire in Taschenform aus schwarzem Leder; kanagu in Form zweier Niô aus versilbertem und vergoldetem Kupfer; Silberkette B. 14,4 cm 2. Hälfte 19. Jh. Ojime: Silber; Raiden in Relief; Details aus Silber und Gold Netsuke: Vier karako mit Trommel, Flöte, Usobuki- und shishi-Maske; Elfenbein, Haarknoten aus Horn; H. 3,3 cm; spätes 19. Jh. Kiseruzutsu aus schwarzem Leder 1028 TABAKGARNITUR Tabako-ire in Taschenform, Leder; kanagu: Daikokus Schlegel mit Kordel und Quasten B. 11,8 cm 19. Jh. Ojime: Ovale Perle, Kupfer, vergoldet; in durchbrochenem Relief Herbstgräser und Vollmond; Sign.: Masayoshi Kiserusutsu vom Typ musô-zutsu; Flechtwerk aus breiten Weidenstreifen (tô); in wenig reliefiertem Schwarzlack, dunklem Silberlack und makie Chrysanthemen und stilisierte Wellen. Rand in Silber gefaßt. L. 22,1 cm; 2. Hälfte 19. Jh. 1029 TABAKO-IRE Taschenform aus geprägtem und teilweise bemaltem Leder mit Lilien; kanagu: stilisierte Fledermaus mit ausgebreiteten Flügeln B. 13,2 cm Um 1900 Ojime: Karneol-Perle Manjû-Netsuke: ovale Karneolplatte mit Silberauflage in Form einer Fledermaus vor einem Vollmond; auf der Unterseite Halterung und bewegliche Öse. B. 4,6 cm; 19. Jh. 1030 TONKOTSU In Form eines Bauernhauses; aus der Tür läuft ein oni, der mit Bohnen beworfen wird; aus einem Rundfenster schaut ein Okame-Kopf. Die Darstellung ist eine bildhafte Darstellung des Spruches oni wa soto fuku wa uchi (Der Teufel hinaus, das Glück herein). Auf der Rückseite Hut und Umhang der Unsichtbarkeit. Verschiedene Hölzer, Elfenbein und gefärbtes Bein H. 8,7 cm. 2. Hälfte 19. Jh. Ojime: Koralle in Form eines Drachenkopfes mit geöffnetem Maul Manjû-Netsuke in Form einer quadratischen, stilisierten Chrysantheme. Bein und Holz. B. 4,6 cm; 19. Jh. 1031 TONKOTSU, 3tlg. In Form eines sitzenden Affens; die an die Ohren gehaltenen Pfoten bilden die Schnurführung Buchsbaum, Augen aus hellem und dunklem Horn H. 10,8 cm 2. Hälfte 19. Jh. Ojime: Holzperle Netsuke: Affe; Holz, Augen aus hellem und dunklem Horn; H. 4,5 cm; 19. Jh. 1032 TONKOTSU, 2tlg. In Relief zahlreiche Affen an einem Früchte tragenden Pfirsichbaum Pflaumenholz, Früchte und Blätter aus Perlmutter, Horn und gefärbtem Bein, Augen aus hellem und dunklem Horn 242 H. 8,7 cm Sign. auf eingelassenem Plättchen: Ikkô 19. Jh. Perlmutter- Ojime: Affe, Holz, Augen aus hellem und dunklem Horn; H. 2,7 cm; 19. Jh. Kiseruzutsu 1033 OTOSHI-ZUTSU In Form eines geschuppten Drachenfisches Bein L. 20,2 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1034 OTOSHI-ZUTSU Hochspringender Karpfen Bein, Pupillen aus schwarzem Glas L. 19,8 cm Sign.: Ryûmin; Siegel 2. Hälfte 19. Jh. 1035 WARI-ZUTSU Krake mit hochgestreckten Fangarmen und Lotosblätter Bein, Augen aus Horn L. 20 cm Spätes 19. Jh. 1036 OTOSHI-ZUTSU Zwei Wachteln zwischen Hirsekolben Bein L. 20,4 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1037 MUSÔ-ZUTSU Bauer bei der Kaki-Ernte Bein L. 20,3 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1038 MUSÔ-ZUTSU Hottara sonja mit jui-Zepter und shishi Hirschhorn L. 21,4 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1039 MUSÔ-ZUTSU Kodai moyô-Ornamente Hirschhorn, Rand in durchbrochenem Eisen gefaßt L. 21,2 cm Sign.: Hiro und kaô 2. Hälfte 19. Jh. 1040 MUSÔ-ZUTSU Fortlaufendes Swastika-Muster (sayagata) Elfenbein L. 19,1 cm Sign. in Siegelform: Minko (?) 2. Hälfte 19. Jh. 1041 SENRYU-ZUTSU Ashinaga Hirschhorn, Pupillen aus Perlmutter L. 21 cm Sign.: Hakuôsai 2. Hälfte 19. Jh. 243 1042 OTOSHI-ZUTSU Oni auf einer Zange Hirschhorn, Pupillen aus schwarzem Horn, Lendentuch aus Horn und Perlmutter L. 21,1 cm Siegel: Koku 2. Hälfte 19. Jh. 1043 OTOSHI-ZUTSU Landschaft mit strohgedeckten Hütten und Steinlaterne Hirschhorn L. 19,6 cm 2. Hälfte 19. Jh. Elfenbein L. 20,8 cm Spätes 19. Jh. 1048 MUSÔ-ZUTSU Blühendes Pfeilkraut (saji-omodaka) Walroßzahn L. 21,8 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1049 MUSÔ-ZUTSU Fukurokuju und Schriftrolle Bein L. 21,7 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1044 OTOSHI-ZUTSU Tiger an einem Felsen unter Bambus Bein L. 20 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1050 MUSÔ-ZUTSU Medaillons mit kodai moyô-Ornamenten Weidengeflecht, Lack und Silber L. 20,9 cm Spätes 19. Jh. 1045 MUSÔ-ZUTSU Kodai moyô-Ornamente Silber, shakudô, shibuichi und Hirschhorn L. 22,2 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1051 MUSÔ-ZUTSU Kerben und Muster Bambus, zwei unterschiedliche Hölzer und Bein L. 21 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1046 MUSÔ-ZUTSU Zwei shishi zwischen Päonien an einem Wasserfall Bein L. 20,5 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1047 MUSÔ-ZUTSU Die Hundert Affen 1052 MUSÔ-ZUTSU Trommel und Mütze eines bugakuTänzers Holz mit Einlagen aus Hirschhorn, Ebenholz und Schildpatt L. 23 cm Sign. auf eingelegtem Holzplättchen: Kosai (?) Spätes 19. Jh. 244 1053 MUSÔ-ZUTSU Tatarischer Bogenschützen mit Fächer und Bogen Weidengeflecht mit Auflage aus Schildpatt und Elfenbein, Details aus makie L. 20,7 cm Sign.: Tamaaki (Gyokumei) 2. Hälfte 19. Jh. 1054 OTOSHI-ZUTSU Minogame und fliegender Kranich über Wellen Papiermaché, schwarzbraun lackiert, shibuichi und vergoldetes Kupfer L. 22,2 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1055 MUSÔ-ZUTSU Zwei Bauern mit Hacke und eine Frau mit Schirm Holz, Silber, Kupfer und Gold L. 23,3 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1056 MUSÔ-ZUTSU Tanzende und musizierende Skelette Schwarz lackiertes Holz und versilbertem Kupfer L. 22,2 cm Spätes 19. Jh. 1057 MUSÔ-ZUTSU Rakan Handaka Sonja und ein Drache Schwarz lackiertes Holz, Silber und makie H. 21,8 cm Sign. auf Silberplättchen: Kaikô Spätes 19. Jh. 1058 MUSÔ-ZUTSU Kirschblütenzweig Holz und togidashi über hochglänzendem Schwarzlack L. 22,2 cm Spätes 19./frühes 20. Jh. 1059 MUSÔ-ZUTSU Affenmutter und Junges in einer Höhle Schwarzes Holz, Kupfer, Silber und Messing L. 21,9 cm Sign.: Kaitô; auf der Randeinfassung ein kaô 2. Hälfte 19. Jh. 1060 MUSÔ-ZUTSU Zwei Hasen zwischen Schachtelhalm (tokusa) bei Vollmond Schwarzes Holz und Silber L. 22 cm Spätes 19. Jh. Pfeifen 1061 RAU-KISERU Schachbrettmuster Bambus, shibuichi, shakudô und Silber L. 15,7 cm Spätes 19. Jh. 1062 NOBE-KISERU Ochsenkarren und Höflinge in einer Landschaft mit Sturzbach und Ahornbäumen Kopf-und Mundstück aus Silber; Mittelteil aus einem Beimessergriff (kozuka) aus shibuichi (berieben) mit Vergoldung 245 L. 20,3 cm 19. Jh. 1063 RAU-KISERU Drache zwischen Wolken Gemusterter Bambus (madaradake) und Silber, Kupfer, shibuichi und Gold L. 20,3 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1064 RAU-KISERU Wolkenkopfmuster im guri-Art Gefleckter Bambus und Silber L. 19,5 cm 2. Hälfte 19. Jh. Abgeb. in BAFJ, Nr. 42, Oktober 1993, S. 20 (korrekt: 17) 1065 RAU-KISERU Ahornblätter Bambus und Silber, Einlagen aus Kupfer, shakudô und Gold; Spitze vergoldet L. 25,5 cm Sign.: Dai Nihon Tôto oite sha zu Murata sei Toshihiro ... koku (Groß-Japan in Tokyo kopiert; gemacht von Murata, graviert von Toshihiro) 2. Hälfte 19. Jh. 1066 RAU-KISERU Blüten und Kreise Bambus und Silber L. 21,2 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1067 RAU-KISERU Netzmuster Bambus, Kupfer und Silber L. 21,2 cm 2. Hälfte 19. Jh. 1068 MUNDSTÜCK (ZIGARETTENSPITZE?) Raiden mit einem Kreis von Trommeln auf dem Rücken unter Blitz und Wolken und zwei kappa, die sich die Nase zuhalten Elfenbein L. 21 cm Sign.: Kômin uns Siegel Spätes 19. Jh. 1069 SENRYÛ-ZUTSU An einem Felsen stehender Insulaners Buchsbaum H. 22,2 cm Sign.: Keikô 19. Jh. Kiseru: Bambus, Kopf und Mundstück aus Gelbmetall und Gold mit Chrysanthemenblüten und Blättern in Relief; L. 20,1cm; 19. Jh. 1070 RAU-KISERU Saigyô hôshi, der den Fuji bewundert Bambus mit Kreisdekor und Silber, Messing und Vergoldung L. 35 cm Sign.: unlesbar; Siegel: Yama 2. Hälfte 19. Jh. 246 Kommentiertes Signaturenverzeichnis Bazan (ca. 1834-ca. 1897) 807 Tätig in Gifu Arbeitete in Buchsbaum Motive: Birnen, Tiere, Figuren Bazan wurde ca. 1834 in Kitagatamura bei Gifu (nordwestlich von Nagoya) geboren. In seinen mittleren Jahren ging er nach Tokyo. Enttäuscht von der dortigen Qualität der Netsuke-Schnitzerei kehrte er nach Gifu zurück und lebte in Ôgaki, Takejima in der Provinz Mino (heute Präfektur Gifu). Obwohl er sich in finanziellen Schwierigkeiten befand, schnitzte er weiterhin Netsuke. Er lieferte die Vorlagen für die Masken-Netsuke aus Steinzeug des Shimizu Sekisen, der für den Brennofen Onko in Akasaka, Mino arbeitete. Bazan schnitzte zwar Tier- und FigurenNetsuke, wurde jedoch für die Darstellung angefressener und verrottender Früchte (Birnen, Kaki, Kürbisse), die entweder von Wespen befallen sind oder von Maden zerfressen werden, berühmt. Die ukiboriTechnik trägt stark zum naturalistischen Aussehen der Schalen bei, darüber hinaus soll er die Birnen-Netsuke sogar mit Birnenessenz parfümiert haben. Es ist nicht bekannt, ob Bazan Schüler hatte. →Ikkyû, →Gekkô, Kôgetsu, Kôzan und andere, die ebenfalls verrottende Früchte schnitzten, standen unter seinem unmittelbaren Einfluß. Bunshôjo (1764-1838) 774 Tätig in der Provinz Iwami Arbeitete in Kaki-Holz, schwarzem Holz und Eberzahn Motive: Spinne und Tausendfüßler auf Eberzahn; Frosch auf Lotos-, kawahoneoder taro-Blatt, Schildkröten, Schnecken Iwao Bunshôjo war die älteste Tochter des Netsuke-Schnitzers Iwao Tomiharu (17231811). Sie übernahm seinen Namen Seiyôdô und wurde Iwao II. Sie unterrichtete Gansui, den Sohn ihrer jüngeren Schwester, und zeigte Begabung als haikuDichterin. Bunshôjo orientierte sich am Stil ihres Vaters, sowohl in der Thematik als auch in der Auswahl der Materialien. Um Oberflächen und Strukturen realistisch wiederzugeben, verwendete sie die ukibori-Technik. Ihre Netsuke sind groß, kompakt und handfest. Sie passen eher an eine Tabaktasche als an ein delikates inrô. Wie ihr Vater schrieb auch sie lange Signaturen in feinster Gravur (kebori). Der Duktus der Schriftzeichen hier entspricht nicht den in der Literatur abgebildeten. Chikahiro (tätig ca. 1840-1870) →Chôkôsai Tätig in Edo Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere und Figuren Chikahiro führte das gô →Chôkôsai und verwendete gelegentlich das kaô “aki”. Wahrscheinlich gehörte er der TomochikaGruppe an. Ein 1861 datierter Pinselbecher gibt einen Anhaltspunkt für seine Schaffenszeit (MCI, S. 21). Er fertigte große, okimono-hafte Netsuke und manjû. 247 Chikanao (tätig 18. Jh.) 810 Arbeitete in Lack (makie) Erhalten von ihm sind inrô mit Darstellung von Landschaften und Tieren Chikanao wird unter den inrô-Meistern im Sôken kishô von 1781 erwähnt. Sein Familienname war Ueda, wie aus einer Signatur hervorgeht. Schreibweise der Signatur und kaô weichen hier ein wenig von den publizierten Signaturen ab. Chiryû (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 688 Tätig in Nagoya Arbeitete in Holz Motive: Tiere Dieser seltene Künstler ist nur durch das Netsuke eines Widders bekannt. Meinertzhagen und Davey vermuten, daß Chiryû in Nagoya tätig war. Die Schreibweise dieser Signatur wirkt unsicher und ist nicht vergleichbar mit den Abbildungen im MCI und bei Lazarnick. Chôkôsai 254 →Chikahiro Chokusai (1877-?) 91, 841 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein und gelegentlich Buchsbaum Motive: Figuren, Gegenstände, Muscheln Miyagi Masanosuke wurde 1877 in Osaka geboren. Wegen seiner schlechten Gesundheit beschloß sein Vater, daß er nicht im väterlichen Bauunternehmen tätig werden sollte und schickte ihn 1892 zu dem Schnitzer Murata Naomitsu (1867-1931) in die Lehre, bei dem er vier Jahre blieb. Von seinem Lehrer übernahm er das Schriftzeichen nao, das auch choku ausgesprochen wird, in seinen Künstlernamen. Chokusai arbeitete auch zusammen mit Yoshimitsu. Seine Schüler waren Nishimoto →Kôsen und Okada Naoaki. Im breiten Spektrum von Chokusais Motiven fällt seine individualistische Themeninterpretation auf. Diese wird durch die akribische Liebe zum Detail und sein vorzügliches, handwerkliches Können ergänzt. Um einen möglichst realistischen Effekt zu erzielen, nutzte er eine Vielzahl von unterschiedlichen Oberflächenbehandlungen, Einfärbungen sowie gelegentlich auch die Kombination von Holz und Elfenbein sowie farbige Horneinlagen. Chôunsai 342 →Hidechika Deme (Schnitzerfamilie seit dem 18. Jh.) 890 Tätig in Edo Arbeiteten in Holz Motive: Masken Die Deme waren die offiziellen Schnitzer für das Shôgunat in Edo. Sie schufen Masken für die fünf Nô-Schulen aber auch Netsuke. Beim Vergleich der publizierten Signaturen fällt ihre große Unterschied248 lichkeit auf, und es ist kaum möglich die Echtheit zu beurteilen. Deme Jôman (tätig 18. Jh.) 908 Enkel des Eiman (?-1705) und in der Ära An'ei (1772-1781) tätig. Die Echtheitsbestimmung von Signaturen dieses Schnitzers ist schwierig, und die meisten auf diesen Künstler lautenden Signaturen müssen als apocryph gelten. Tätig in Edo Arbeitete in Holz Motive: Masken Denshin (tätig spätes 18. Jh.) 596 Jôman war der Sohn des Eiman (gest. 1705) und der jüngere Bruder des Juman. Das Sôken kishô rühmt Jôman als einen sehr guten Schnitzer von Masken-Netsuke und meint, er könne der Sohn des →Deme Uman sein. Die Signatur ist möglicherweise nicht authentisch. Tätig in Kyôto Deme Jôsei (tätig ca. 1800) 924 Don‘yô (tätig ca. 1820-1860) 250 Tätig in Edo Arbeitete in Holz Motive: Masken Jôsei gilt als Schüler des →Deme Uman. Deme Uman (tätig 2. Hälfte 18. Jh.) 285, 935, 939, 940 Tätig in Edo Arbeitete in Holz Motive: Masken Deme Uman wird im Sôken kishô als Maskenschnitzer erwähnt, der MaskenNetsuke zu seinem Vergnügen herstellte. Seine Stücke waren hervorragend. Laut Ueda war Uman der Sohn des Juman und Denshin ist nur durch das Netsuke Kat. Nr. 596 bekannt. Aufgrund der großen Ähnlichkeit dieses Stückes mit einem →Tomotada signierten Tiger muß dieser Schnitzer im späten 18. Jahrhundert in Kyôto tätig gewesen sein. Tätig in Osaka Arbeitet in Elfenbein Motive: Figuren, vor allem Samurai Don‘yô ist die Lesung, die von Lazarnick vertreten wird. Vieles spricht aber dafür, daß das zweite Zeichen das Schriftzeichen für mono (auch butsu, Gegenstand) ist. Dann würde die Signatur Donbutsu gelesen. Aus einer Karte im MCI geht hervor, daß das Pseudonym dieses Schnitzers Tôkyokusai war. Der Stil seiner Arbeiten läßt eine Schaffenszeit in Osaka in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vermuten. Das für Signaturen sehr seltene Schriftzeichen don wird auch von Dôraku aus Osaka in seinem Pseudonym Donkôsai verwendet. Vielleicht gibt es eine Beziehung zwischen den beiden Schnitzern. 249 Dôraku (tätig Mitte 19. Jh.) 234 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, Tiere, manjû Laut Ueda wurde Dôraku in Onomichi (Provinz Bingo, heute Präfektur Hiroshima) geboren, lebte aber in Osaka. Er führte das gô Dôrakusai und Donkôsai. Auf einigen Netsuke befindet sich die Aufschrift Naniwa jû (wohnhaft in Osaka) oder Kibi Tamanoura jû (wohnhaft in Tamanoura in Kibi, heute Präfektur Okayama und Teil der Präfektur Hiroshima). Viele seiner Motive, die typisch sind für Schnitzer aus Osaka, sind auch bei Mitsuhiro zu finden: Küken, Münzen, namako (Seegurke). Er schuf auch flache, querrechteckige manjû. Die Signatur hier ist nicht vergleichbar mit den publizierten Signaturen von Dôraku aus Osaka. Die Schreibweise des Schriftzeichens raku weicht erheblich ab. Es besteht die Möglichkeit, daß es sich hier um Yoshida Dôraku (1888?-1938) handelt, der in Kobe lebte, für okimono von schönen Frauen bekannt wurde, aber auch Netsuke schnitzte. Dôshô(sai) (1828-1884) 114 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: Pflanzen, Tiere, buddhistische Figuren bei Dôraku. Sein gô war Kokusai, sein chômei Dôshô. Zu seinen Schülern zählte Wada Kokeisai Sanshô (1871-1936). Dôshôsai, einer der wichtigen Vertreter des Osaka-Stils, arbeitete fast ausschließlich in Elfenbein, das er entgegen den Gepflogenheiten der Osaka-Schnitzer nur wenig einfärbte. Augen und kleine Details sind eingelegt. Häufig sind große, runde Chrysanthemen-Netsuke mit zahlreichen, in verschiedenen Krümmungen nach innen gebogenen Blütenblättern. Unter den Tieren bevorzugte er Hund, Katze, Spatz und Motte. Die manjû von Dôshôsai sind ganz im Stil seines Lehrers Dôraku gearbeitet. Die abgerundet querrechteckige, wenig gewölbte Schauseite ist in Tiefrelief meistens mit der Figur eines Daruma oder rakan dekoriert. Dôshôsai fertigte neben Kämmen auch inrô aus Elfenbein. Das inrô Nr. 925 aus der Sammlung Seymour Trower ist mit rakan dekoriert. Eishin (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 182 Arbeitete in Buchsbaum Motive: Figuren Lazarnick bildet ein identisches Netsuke ab, welches Eishin in Regelschrift signiert hat. Eishinsai 346 →Suketomo Kagei Juzaemon wurde 1828 in der Provinz Izumo (heute Präfektur Shimane) geboren. Später zog er nach Osaka und lernte dort 250 Fushô (tätig ca. 1830-ca. 1870) 483 Arbeitete in Holz, gelegentlich Elfenbein Motive: Drachen Fushô ist bekannt für seine kompakten, rund oder oval zusammengerollten Drachen. Diese Netsuke wirken wie große ryûsa-manjû. Im MCI wird außerdem ein manjû mit Dekor von chinesischen Landschaften erwähnt. Garaku (tätig 18. Jh.) 745 Tätig in Osaka Arbeitet in Elfenbein, auch in Holz Motive: Tiere Die spärlichen Angaben über Garaku stammen aus dem Sôken kishô. Er wurde Risuke genannt und stammte aus Osaka. Sein Lehrer war Tawaraya Denbei. Laut Okada war sein Familienname Taguchi. Es gibt nur sehr wenige, gesicherte Werke des Risuke Garaku. Meinertzhagen geht davon aus, daß seine Signatur im 19. Jahrhundert oft nachgeahmt wurde. Die gesicherten Stücke sind große Tiere, wie sie auch in Kyoto zu jener Zeit beliebt waren: shishi, Pferde, Ochsen, Hirsche, Katzen, Wachteln und Schildkröten. Obwohl der Schriftduktus der Signatur hier der des Garaku aus Osaka ähnelt, kann sie nicht als authentisch angesehen werden. Garaku (tätig ca. 1850-1860) 119 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: chinesische Figuren und japanische Legendengestalten Aus einer duktusgleichen Signatur geht hervor, daß sein Familienname Okamoto war (Lazarnick 1982, S. 397). Seine Signatur befindet sich meist in einer Reserve und wird gelegentlich gefolgt von einem kaô. Entgegen den Quellen, die besagen, daß er in Holz gearbeitet habe, sind die aus der Literatur bekannten Netsuke aus Elfenbein. Das Material ist mit Pflanzensäften dunkel gefärbt und hat bei den Stücken in der Sammlung Gô und der Sammlung Bushell noch seine ursprüngliche Färbung. Die Gewandmuster sind tief und sicher graviert und schwarz eingefärbt. Gashô (tätig ca. 1860-1880) 851 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, Tiere, manjû Laut Okada war sein Familienname Taguchi . Laut Ueda war Gashô wahrscheinlich ein Schüler des Dôshô (1828-1884). Seine Sujets sind typisch für die Osaka-Schnitzer. Gekkô (tätig spätes 19. Jh.) 806 Tätig in Gifu oder Nagoya Arbeitete in Holz Motive: verrottende Früchte mit Wespen Aus seinem Stil geht hervor, daß er aus dem Umkreis von →Bazan stammen muß. 251 Daher war er wohl im späten 19. Jahrhundert in Gifu oder Nagoya tätig. Aus den ehemaligen Sammlungen Hindson und Bushell sind je ein Netsuke von Gekkô bekannt. Es sind bravouröse Darstellungen von Wespen, die sich durch das weiche Fruchtfleisch einer Birne bzw. eines langen Kürbisses fressen. Die Insekten haben große Augen aus Horn. Löcher in der Frucht bilden das himotôshi. Gyokkô (tätig 1840-1870) 85 Über Gyokkôsai gibt es keinerlei biographische Angaben. Lediglich aus seinem Stil geht hervor, daß er ca. 1840-1870 gearbeitet haben muß. Gyokkôsai signierte immer in gleicher Weise und mit identischem Schriftduktus. Er arbeitete fast ausschließlich in Elfenbein und bevorzugte ungewöhnliche und groteske Darstellungen von Glücksgöttern, oni und Kindern. Gyokkôsai hatte eine Vorliebe für Details und seine Netsuke wirken immer etwas okimono-haft. Gelegentlich schnitzte er auch Tiere. Arbeitete in Holz Motive: Figuren, Holz-manjû Gyokkôsai (tätig ca. 1870-1900) 818 Meinertzhagen führt sechs Schnitzer auf, die Gyokkô signiert haben. Eine ähnlich klare und große Schreibweise der Signatur findet sich auf einer Anzahl von HolzNetsuke. Die Stücke, meist sitzende Figuren, haben eine flache Standfläche. Kleine Details sind aus Elfenbein eingelegt. Die Signatur hier entspricht nicht dem Stil der anderen Gyokkôsai-Signaturen in dieser Sammlung. Es könnte sich um eine spätere Werkstattmarke handeln, deren Schnitzer ca. 1870-1900 tätig waren. Gyokkô (tätig Mitte 19. Jh.) 680 Eine Signatur Gyokkô, in der beide Schriftzeichen in dieser zittrig wirkenden, manierierten Weise geschrieben sind, ist aus der Literatur nicht bekannt. Gyokkôsai (tätig ca. 1840-1870) 129, 343, 439 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Gyokuhô (tätig ca. 1850-1880) 835, 845 →Ryûchin Gyokuhôsai (tätig ca. 1850-1870) 280, 639, 739, 769 →Ryûchin Gyokuhôsai (tätig 1850-1860) 298 Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren und Tiere Dieser Künstler signierte auch „Gyokuhô“. 252 Gyokuichi (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 338 Gyokusô (1879-1944) 797 Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Tätig in Tokyo Arbeitete in Holz, seltener in Elfenbein Motive: Figuren, Gegenstände und Tiere Meinertzhagen erwähnt ein Netsuke mit Zenkoji-Sujet, das wahrscheinlich vom selben Schnitzer stammt. Gyokuôsai 99 →Shûgyoku Gyokurintei (tätig ca. 1850-1860) 78 Tätig in Edo Arbeitete in Holz Motive: Figuren Gyokurintei hat sich auf figürliche Themen aus der chinesischen und japanischen Geschichte spezialisiert, wobei er besonders gerne Reiter schnitzte und kleinformatige, sitzende Figuren auf einer flachen Sockelplatte. Die Signatur, deren erste beiden Schriftzeichen hier fast wie eines wirken, da sie sehr eng beisammen stehen, ist tief in das Holz eingeschnitten und befindet sich oft in einer Reserve. Gyokusen 204 →Tomochika Gyokushin (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 55 Nicht verzeichnet Ôuchi Jiemon wurde 1879 in Tokyo Akishiro geboren. Er lernte 18 Monate bei Miyazaki →Josô (1855-1910), dessen Namensbestandteil sô er in sein chômei übernahm, und angeblich auch bei Oyaki Keigyoku (1851-1904). Er war mit einem anderen Josô-Schüler, Morita Sôko (18791944), befreundet, mit dem er sich zwischen 1920 und 1934 fast täglich traf. Aus dieser engen Verbindung resultierte die große, stilistische und thematische Ähnlichkeit ihrer Netsuke. Gyokusôs Arbeiten wurden mit Preisen ausgezeichnet, und er stellte verschiedentlich aus. Er schuf auch okimono. Er war der Vater von Sôsui (1911-1972), der bei Sôko lernte. Er selber hatte keine Schüler. Als die besten Arbeiten Gyokusôs gelten die Darstellungen von Männern, die alltäglichen Beschäftigungen nachgehen: Handwerker, Straßenverkäufer und Unterhalter. Unter den figürlichen Netsuke gibt es aber auch Gestalten aus dem Volksglauben wie Okame, Fujimusume etc. Wie Sôko fertigte auch er Netsuke, die einen direkten Bezug zur Stadt Tokyo haben, z.B. das Fährboot, dessen Passagiere einen Querschnitt der Bevölkerung zeigen (Samurai, sarumawashi, Sake-Verkäufer und junges Mädchen) oder den Brückenpfeiler der Nihonbashi, von dem aus alle Entfernungen aus Tokyo gemessen werden. Die seltenen Frucht-Netsuke wurden von Gyokusô offensichtlich nach der Beschaffenheit ihrer Schale ausgesucht: Mandarine, Gurke und Erdnüsse. Elfenbein-Netsuke sind selten. 253 Zwei von diesen wurden erst nach seinem Tod von anderen Schnitzern vollendet (INCS], Jg. 10, Nr. 4, März 1983, S. 34). Möglicherweise verarbeitete er Elfenbein erst in seinen letzten Lebensjahren. Gyokuyôsai (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 435, 457, 769 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, manjû, Tiere (Hunde, shishi), Früchte mit Insekten Gyokuyôsai Mitsuhina (Kôsô) lebte in Tokyo Asakusa Fukuichô. Laut Jonas war er Puppenmacher. Er gilt als der Lehrer des Ozaki →Kokusai. Gyokuyôsai arbeitete fast ausschließlich in Elfenbein. Er gab seinen Netsuke eine kleine, kompakte und handliche Form. Seine Figuren-Netsuke stellen Fûten, Raiden, Daruma, oni und Shôki dar. Sehr häufig schnitzte er karako beim Spiel mit einer Schildkröte oder einer Trommel. Er schuf auch ungewöhnliche manjû. Laut Davey ist sein häufigstes Motiv die Frucht mit aufsitzendem Insekt. Oft ist eine der Früchte ausgehöhlt und zeigt eine Landschaft in anabori. Gyokuzan (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 922 Gyokuzan (wörtlich Juwelen-Berg) ist aufgrund der einfachen Schreibweise der beiden Schriftzeichen eine sehr beliebte Signatur, die hier keinem bestimmten Künstler zuzuschreiben ist. Gyokuzan (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 259 Bei dieser Signatur kann es sich weder um die des Asahi Gyokuzan (1843-1923) noch um die des Isshinsai Gyokuzan, die beide in Elfenbein schnitzten, handeln. Auch kann die Signatur nicht dem von Ueda erwähnten Gyokuzan, der in der Ära Kansei-Bunsei (1789-1830) in Holz gearbeitet haben soll, zugeschrieben werden. Gyozuzan (tätig spätes 19. Jh.) 926 Tätig in Tokyo (?) Arbeitete in Holz Motive: Masken Im MCI ist eine Gyokuzan signierte Maskengruppe aus Holz abgebildet. Dieser Künstler muß aus derselben Werkstatt stammen wie →Sekibai oder ist mit diesem identisch. Haku (tätig 19. Jh.) 811 Arbeitete in Lack Yanagisawa Hakuhô war ein Lackmeister, der – wie aus den erhaltenen inrô hervorgeht – sich auf die sumi-togidashi-Technik spezialisiert hat. Es gibt aber auch einen Lackmeister namens Inoue Hakusai, der im späten 18. Jahrhundert tätig gewesen sein soll. 254 Harumitsu (tätig ca. 1870-1890) 521, 545, 678, 686 Tätig in Ise Arbeitete in Holz Motive: Tiere des Zodiakus Harumitsu lebte in Ise-Yamada Tokiwachô. Er hat bei Miyake Masanao II (1848-1922) gelernt. Harumitsu schnitzte Zodiakus-Tiere. Eber, Schlange, Affe, vor allem der Hase sind besonders häufig. Auch fertigte er Kombinationen von Tieren. Er arbeitete in Buchsbaum und legte die Augen bzw. Pupillen aus hellem Horn oder Bernstein ein. Seine Stücke sind in der Regel groß und etwas zu aufwendig, um als Netsuke getragen zu werden. Harumitsu schuf auch Tier-okimono. Die Signatur auf Netsuke Kat. Nr. 686 entspricht nicht der üblichen Schreibweise und muß daher als apokryph gelten. Harutomo (tätig Mitte 19. Jh.) 101 Nicht verzeichnet Hashiichi (1817-1882) →Hashimoto Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Lack Motive: Bambusimitationen Laut Bushell (Bushell 1985, S. 160, Nr. 75) handelt es sich bei der Signatur um die des Hashimoto Ichizô (1817-1882), der als Netsuke-Schnitzer bisher nicht in Erscheinung getreten ist. Hashimoto Ichizô war Sohn des Matajirô, eines sayanurishi (Meister der Schwertscheidenlackierung) aus Edo Shiba Shinsenza. Hashimoto Ichizôs persönlicher Name war Ichizaburô, sein chômei Hashiichi, ein Name der sich aus dem ersten Schriftzeichen seines Familiennamens hashi (Brücke) und dem seines persönlichen Namens ichi (Markt) zusammensetzt. Er lebte wie sein Vater in Tokyo Shiba Shinsenza und starb am 4. Februar 1882 im Alter von 66 Jahren. Sein Grab befindet sich im Chôsenji in Asakusa Kitakiyoshimachô. Anfänglich war Hashiichi wie sein Vater ein Spezialist für die Lackierung von Schwertscheiden (sayanuri). Hierfür benutzte er die sabitake- oder takemozô-nuriTechnik, womit alter Bambus imitiert wurde. Als das Tragen von Schwertern 1876 untersagt wurde, verlegte Hashiichi seine Arbeit auf den Dekor von verschiedenen Objekten, denen er das trompe-l’œil-artige Aussehen von Bambus gab. Er schuf kleine Gegenstände und Accessoires – Pfeifenfutterale (kiseruzutsu), Rohre (rau) der japanischen Pfeifen, Tabakbehälter (tonkotsu), Netsuke, ojime, Schließen (maekanagu) von Tabaktaschen (tabakoire). Am bekanntesten wurde Hashiichi im Westen für seine Pfeifenfutterale vom Typ musôzutsu. Der Schaft (saya) und der Einschub (sashi) imitieren entweder susudake, Bambusrohre, die für die Decken in Bauernhäusern verwendet, über der Feuerstelle “geräuchert” und rußig wurden und somit eine intensive, rotbraune, sehr geschätzte Patina annahmen, oder gomadake, eine Bambussorte, deren dunkle Narben auf der Außenhaut schwarzen Sesamkörnern (goma) ähneln. 255 Hashiichi signierte entweder in Gravur oder mit einem Brandstempel, wobei hashi mit zwei hiragana-Zeichen geschrieben ist und ichi mit dem Schriftzeichen für “Eins”. Es gibt auch den Brandstempel Hashiichi, wobei die Schriftzeichen “Brücke” (das erste Zeichen seines Familiennamens) und “Markt” (das erste Zeichens eines persönlichen Namens) in Regelschrift in einer rechteckigen Reserve wiedergegeben sind. Dieser Künstler ist nur peripher als Netsuke-Schnitzer in Erscheinung getreten. Die Signatur Hashimoto ist nur von diesem einen Stück bekannt. Hashimoto 918 →Hashiichi Hidechika (tätig ca. 1850-1860) 208 Tätig in Edo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren und Maskengruppen Hidechika führte das gô →Chôunsai. Meinertzhagen ordnet ihn in den Umkreis des →Tomochika ein. Ein auf das Jahr 1858 datierter Fukurokuju (Christie’s London, 20.4.1997, Lot 599) gibt einen konkreten Anhaltspunkt für seine Schaffenszeit. Hidechika arbeitete in Elfenbein. Die Gravuren färbte er schwarz ein und belebte seine Arbeiten mit Einlagen aus Horn. Seine figürlichen Netsuke, vor allem kleine Glücksgötter und Figuren des Alltags, signierte er Hidechika. Die meisten manjû, die von Meinertzhagen seiner späteren Schaffenszeit zugeordnet werden, sind zweiteilig und tragen die Sig- natur Chôunsai und das Siegel Hidechika. Auf der Schauseite befindet sich in tiefem, versenkten Relief mit schwarzer Einfärbung der Gravuren eine Figur aus dem Alltagsleben. Hidechika fertigte auch Elfenbein-inrô. Hideharu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 462 Tätig wahrscheinlich in Nagoya Arbeitete in Holz Motive: Figuren, Tiere Die Arbeiten dieses Künstlers – vor allem kappa sowie Nixen und Muscheln – zeichnen sich durch kräftige, aber im Detail etwas grobe Schnitztechnik aus. Jonas und Meinertzhagen erwähnen shishi-Netsuke. Seine Signatur befindet sich in einer versenkten, rechteckigen oder ovalen Reserve. Hidemasa I (tätig ca. 1810-1840) 22, 209, 241 Tätig in Osaka/Kyoto oder Edo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Hidemasa führte laut Ueda das gô Chingendô und lebte in Kyoto und Edo. Meinertzhagen vermutet, daß er aus Osaka stammt. Bei dem Künstler, der Shûôsai Hidemasa signierte, handelt es sich wahrscheinlich um →Hidemasa II. Hidemasa schnitzte zu Beginn seiner Karriere Figuren und Tiere aus Holz, ist aber für seine figürlichen Netsuke in Elfenbein berühmt geworden. Seine volkstümlichen Gottheiten und Figuren aus dem Alltag sind von kleiner Statur. Meistens haben sie 256 die Schultern angezogen, so daß sie leicht buckelig wirken. Ihr Kopf ist im Verhältnis zum Körper sehr groß. Die Gesichter wirken lebendig und individuell, auch wenn die Pupillen nicht eingelegt, sondern lediglich durch einen schwarzen Punkt wiedergegeben sind. Die Augenbrauen werden durch auffällige, schwarz eingefärbte Gravuren dargestellt. Hidemasas Figuren sind auch an den typischen Rankenmustern und Wolkendekore der Gewänder zu erkennen. S-förmige Ranken werden mit zierlichen, spitzovalen Blättern besetzt und gelegentlich um Chrysanthemen- und Kirschblüten bereichert. Die Signatur befindet sich oft in einer gezackten, unregelmäßigen Reserve. Hidemasa II (tätig ca. 1830-1870) 374 Tätig Osaka/Kyoto oder Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein, gelegentlich in Holz Motive: Figuren, seltener Tiere und Masken →Shûôsai ist das gô von Hidemasa II, der bei →Hidemasa I lernte. Aus NetsukeSignaturen geht hervor, daß sein Familienname Fujimoto (im MCI fälschlich Fujiwara gelesen) war. Gelegentlich verwendete er auch ein Topfsiegel mit dem Zeichen masa oder ein kaô was auf dem Schriftzeichen masa basiert. Diese Art der Signatur war ca. 1860 üblich. Shûôsai Hidemasa II, der auch nur mit Hidemasa zeichnete, fertigte ähnliche Figuren-Netsuke wie sein Vorgänger. Die Gravuren der Gewänder, die in Tusche eingefärbt sind, und die expressiven, gut ausgearbeiteten Gesichter lassen sich mit den Arbeiten des Hidemasa I vergleichen. Mit Shûôsai signierte Stücke stellen oft Figuren dar, die sich in einer dramatischen Handlung befinden: Shôki, der einen oni jagt, I no Hayata, der das nue erlegt, Raiden sowie Gestalten, die aus einer Bildrolle steigen, oder Figuren neben einem Gegenstand, wobei die Größenverhältnisse umgekehrt werden. Eine genaue Unterscheidung der Netsuke von Hidemasa I und II steht noch aus. Hidemune (tätig 19. Jh.) 913 Nicht verzeichnet Hikaku (tätig ca. 1850-1880) 833 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren und manjû Bei Jonas und Ueda wird Hikaku als früher Schnitzer geführt, doch muß er aufgrund seines Stils als ein Künstler der frühen Meiji-Zeit gelten. Laut Davey steht er in der Nachfolge des →Ikkôsai aus Edo. Dieser Künstler, dessen schwungvolle Signatur “Fliegender Kranich” unverkennbar ist, benutzte ein Logo in Form von Kiefernadelbüscheln (Baur C488). Er schnitzte mit Vorliebe Kinder mit Trommeln, einteilige manjû von rechteckiger Form und ungewöhnliche Motive in einem außerordentlich detailreichen Stil. Das Material ist hervorragend poliert. 257 Hôitsu (tätig spätes 19. Jh.) 942 Nicht verzeichnet Hôjitsu (ca. 1790/vor 1801-1872) 176, 384, 695 Tätig in: Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Figuren, Tiere, manjû Hôjitsus Familienname war Yamada, der persönliche Name Izaemon (oder Iuemon), das gô Meikeisai. Er verwendete das Familienwappen maru ni kikyô (Ballonblume im Kreis). Sein postumer Name (kaimyô) ist Zekôin Myôtatsu. Hôjitsu lebte in Edo Koishikawa Haramachi Keiseigakubo. Er war ein gokenin (Mitglied der unteren Klasse der unmittelbaren Vasallen des bakufu) und möglicherweise persönlicher Netsuke-Schnitzer des Shôgun. Er erhielt die Unterstützung des Fürsten von Tsugaru mit Sitz in Hirosaki in Mutsu (heute Präfektur Aomori). Es ist ein Brief von Hôjitsu erhalten, aus dem hervorgeht, daß Hishiya Risuke, der ein Geschäft für fukuromono (Beutel und Taschen) in Ningyôchô führte, sein Auftraggeber war. Hierin verlangt Hôjitsu für ein rakan-Netsuke den Preis von 6 ryô (Sekido 1999, S. 32). Er starb laut Ueda Meiji 5 (1872), 8. Monat, 13. Tag. Da es ein Netsuke gibt mit der Signatur und der Altersangabe von 72 Jahren, muß er vor 1800 geboren sein. Meiji 27 (1894), 10. Monat, 14. Tag, errichteten seine Schüler für ihn einen Grabstein im Friedhof des Renkyûji (Nichiren-Sekte) in Koishikawaku Haramachi, 23 banchi. Ihre Namen sind auf der Rückseite des Grabsteins graviert: →Hômin, Ippôsai, Hôgyoku, Hôichi, →Kôjitsu und Hôkyô. Hôjitsu galt als der beste NetsukeSchnitzer in Edo/Tôkyô. Seine Arbeiten sind realistisch und elegant. Die Ausführung ist exakt, die Details gut ausgearbeitet und die Augen durch Einlagen aus Horn oder Glas realistisch wiedergegeben. Die Figuren sind in der Regel klein und etwas okimono-haft. Karako und Glücksgötter sind besonders häufig. Ob alle figürlichen Netsuke wirklich von ihm stammen, wird von Meinertzhagen und Sekido Kendo angezweifelt. Sicherlich führte er eine große Werkstatt. Ein großer Teil seiner Produktion sind manjû. Sie zeigen meist an der Schauseite eine einzelne Figur aus Geschichte oder Alltag, die einen großen Teil der Fläche einnimmt und in shishiaibori geschnitzt ist. Diese Technik übernahm er aus der Metallkunst und perfektionierte diese. Die manjû sind auf der Rückseite meist Meikeisai Hôjitsu signiert. Gelegentlich folgt auf die Signatur ein kaô (angeblich nach 1840) oder das Siegel Hôjitsu. Hôjitsu schuf auch inrô. Daß die Signatur bei Kat. Nr. 384 in einer doppelt umrandeten Reserve erscheint, ist für Hôjitsu ungewöhnlich. Hômin (tätig ca. 1850-1880) 38, 301 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Über diesen Hômin gibt es keinerlei biographische Angaben. Die Thematik seiner Netsuke ist typisch für die frühe Meiji-Zeit: 258 legendäre Figuren und Kinder. Der Signatur folgt immer ein kaô. Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren und Tiere Hômin (tätig ca. 1860-1880) 433 Tanaka Reigyoku führte das gô Hôshinsai, mit dem er alle seine Netsuke signierte. Laut Jonas wurde er im März 1837 geboren und lebte in Tokyo Nipporimura. Hôshinsai ist ein typischer Vertreter des Tokyo-Stils der frühen Meiji-Zeit. Seine Netsuke sind klein, kompakt und stark eingefärbt. Er hatte eine Vorliebe für Stilleben. Wie →Ryûchin und andere Künstler dieser Zeit bereicherte er seine Stücke um anabori. Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein, seltener in Holz Motive: Figuren und manjû Fukumoto Hômin war Schüler des Yamada Meikeisai →Hôjitsu (?-1872). Hômin schnitzte manjû und figürliche Netsuke. Kinder mit einer minogame, einer Maske oder einer Trompete waren sein Lieblingsthema. Hôsai (tätig Mitte 19. Jh.) 427 Dieser Künstler ist nicht verzeichnet. Aus seinem Stil geht hervor, daß er ein Schüler des →Hôjitsu (?-1872) aus Tokyo gewesen sein muß. Hôshin (tätig ca. 1870) 900 Arbeitete in Elfenbein Motive: Masken und Totenköpfe Aus dem Schnitzstil der wenigen, in der Literatur angeführten Netsuke geht hervor, daß Hôshin in der frühen Meiji-Zeit gearbeitet hat. Er bevorzugte die zeittypischen Themen Masken und Schädel und färbte sein kaô rot ein. Hôshinsai (1837?-?) 763 Hôsui (tätig spätes 19. Jh.) 614 Arbeitete in Elfenbein Es kann sich hier nicht um den Schnitzer Hôsui handeln, der laut Ueda in Holz arbeitete und in der Ära Tenpô (1833-1840) tätig war. Hôzan (tätig Mitte 19. Jh.) 858 Es kann sich hier um keinen der in der Literatur unter diesem Namen verzeichneten Künstler handeln. Hôzan 469 Es kann sich bei diesem Schnitzer um keinen der in der Literatur unter diesem Namen verzeichneten Künstler handeln. 259 Wahrscheinlich wurde diese Signatur später hinzugefügt und ist apokryph. Ichiraku (tätig Mitte 19. Jh.) 736 Arbeitete in Holz Motive: Tiere, Ochsen Laut Ueda bereicherte er seine Arbeiten durch Lack und verwendete ein kaô, welches auf den Schriftzeichen ichi und raku basiert. Ichiyûsai (tätig ca. 1860-1890) 152, 568 Tätig in Edo/Tokyo oder Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren und manjû Aus der Signatur auf einem Netsuke (Lazarnik 1982, S. 506) geht hervor, daß zwei Künstler, Naoharu und sein Schüler Murata Isseisai Naomitsu (1868-1931) aus Osaka, dieses gô führten. Der Schriftduktus hier entspricht dem des Naoharu. Über Ichiyûsai Naoharu gibt es keine biographische Angaben. Aus dem yagô (Geschäftsnamen) Yamacho (?) auf einem Ichiyûsai signierten inrô (INCS Journal, Jg. 1, Nr. 4, 1973, S. 38) kann man schließen, daß Naoharu eine große Werkstatt geführt hat. Ein weiteres inrô mit Signatur Ichiyûsai Naoharu und kaô befindet sich in der Collection Baur. Bei den Signaturen Ichiyûsai Naoharu wird das zweite Zeichen immer mit dem Radikal für Holz in der Mitte geschrieben. Es gibt aber auch Beispiele, wo das Schriftzeichen für Holz auf der linken Seite steht. Obwohl Naoharu von Ueda als “Tokyo Naoharu” bezeichnet wird, deutet die Tatsache, daß sein Schüler Naomitsu in Osaka geboren und gestorben ist, darauf hin, daß Naoharu vielleicht zeitweilig in Osaka arbeitete. Ichiyûsai Naoharu fertigte vollplastische Netsuke, die Figuren aus dem japanischen Legendenschatz darstellen. Sie haben eine flache Basis und wirken wie kleine okimono. Die meisten Ichiyûsai signierten Netsuke aber sind manjû, die in kräftigem, sehr tief geschnittenem und eingefärbtem Relief mit Helden der japanischen Geschichte dekoriert sind. Diese Thematik ist auch auf den inrô anzutreffen. Naomitsu arbeitete in einem sehr ähnlichem Stil. Das gô ist kursiv während sein chômei Naoharu in kaisho geschrieben ist. Die nur Ichiyûsai signierten Stücke können nicht genau zugeordnet werden. Ikkansai Inshi (tätig Mitte 19. Jh.) 66 →Inshi Ikko (tätig ca. 1840-1860) 175, 444 Tätig in Matsuzaka, Kyôto oder Edo Arbeitete in Holz und Elfenbein Motive: Tiere und Figuren Hasegawa Ikko lebte laut Ueda entweder in Ise-Matsuzaka, Provinz Ise (heute Präfektur Mie), Kyoto oder Edo. Meinertzhagen ordnet ihn unter die Schnitzer von Tsu und in die Nachfolge von →Minkô ein. Seine Schaffensperiode ergibt sich aus drei datierten Netsuke: ein Tiger datiert 1842 (Brockhaus 1925, S. 433), ein unbekanntes 260 Stück datiert 1848 (Davey 1974, S. 216) und ein Raiden datiert 1854 (Ueda 1954, Abb. 44). Das MCI erwähnt zwei kiserusutzu mit Datierungen 1842 und 1855. Wenn man davon ausgeht, daß japanische Künstler erst im Alter ihre Stücke datierten, dann könnte er schon im frühen 19. Jahrhundert tätig gewesen sein. Ikko schnitzte mit Vorliebe Tiere des Zodiakus, vor allem Tiger. Unter seinen zahlreichen, figürlichen Netsuke überwiegen groteske Darstellungen von oni, Shôki, Daruma und Geistern. Sein Stil ist kräftig und seine Stücke sind größer als die anderer Schnitzer. Gängigen Themen verlieh er eine neuartige und individuelle Interpretation. Seine manjû dekorierte Ikko mit eng aneinandergefügten Tieren. Von Ikko stammen auch zahlreiche kiseruzutsu und tonkotsu, deren Reliefs er mit farbigen Einlagen aus Schildpatt, Horn, Perlmutter und Koralle ausschmückte. Meinertzhagen erwähnt inrô, yatate und ein aikuchi. Es gibt auch bokutô. Ikko war ein außerordentlich individualistischer und vielseitiger Künstler, der stilistisch und geographisch nur schwer einzuordnen ist. Seine sagemono dekorierte er mit großem Verve und mit Freude an farbigen Einlagen. Manche Stücke sind im Stil von Tsu, während andere dem Edo-Stil entsprechen. Die Signatur ist markant geschrieben. Ikkô (Mitte 19. Jh.) 760 Tätig in Nagoya Arbeitete in Holz Motive: Tiere, vor allem Ratten Dieser Künstler schuft vor allem Tierdarstellungen. Die Signatur auf diesen Stücken ist in klarer kaisho tief geschnitten und befindet sich gelegentlich in einer eckigen oder ovalen Reserve. Das erste Zeichen ist ein recht spannungslos gravierter, horizontaler Strich. Über seine Schaffenszeit gibt es unterschiedliche Meinungen: frühes 19. Jh. (Ueda) und spätes 19. Jh. (Meinertzhagen). Beide Autoren unterscheiden sich auch in der Einschätzung des Künstlers. Für Ueda ist er ein brillanter Künstler, während Meinertzhagen meint, er habe für den Export gearbeitet. Davey ordnet ihn in die Gruppe der Schnitzer aus Nagoya ein. Ikkô (tätig ca. 1860-1880) 902 Dieser Künstler ist wahrscheinlich nicht mit dem vorangegangenen identisch. Ikkôsai 207 →Kôjitsu Ikkôsai (tätig ca. 1840-1870) 454, 712 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Ueda verzeichnet Saitô Ikkôsai (18041876), Saitô Ikkôsai →Kôjitsu (1833-1893) und Ikkôsai Tôun. Meinertzhagen setzt Tôun mit dem ersten Saitô Ikkôsai gleich, obwohl es keine Signatur Ikkôsai Tôun gibt, die das belegen könnte. 261 Während die im MCI abgebildeten, Tôun zugeordneten Ikkôsai-Signaturen auf figürlichen Netsuke schriftduktusgleich sind, weicht die Signatur auf diesem Schildkröten-Netsuke in der Schreibweise des letzten Schriftzeichens sai ab. Diese Signatur ist der auf dem Netsuke gleichen Motivs in der Collection Baur (C979) vergleichbar. Die mit Ikkôsai signierten, figürlichen Netsuke stellen fast ausschließlich Gruppen der Glücksgötter, oni oder Gestalten aus dem Legendenschatz dar, die dramatisch agieren. Das Elfenbein ist in der Regel leicht gefärbt. Inshi (Kazuyuki) (tätig Mitte 19. Jh.) →Ikkansai Inshi Ikkyû (tätig ca. 1870/1880) 227 Bei Lazarnick ist seine Signatur auf einem Eber- und einem in Kopfform ähnlichen Masken-Netsuke abgebildet. Auf dem Masken-Netsuke sind die Schriftzeichen ebenfalls an den beiden gegenüberliegende Enden des rückwärtigen Steges angebracht. Tätig in Nagoya Arbeitete in Holz Motive: Tiere, vor allem kappa und Kraken Ikkyû ist aufgrund eines Birnen- und Wespen-Netsuke (Linden-Museum Stuttgart, Jirka-Schmitz 2000b, Kat. Nr. 725) dem Umkreis der “wasp carvers” (→Ittokusai, →Bazan, Kogetsu und Sangetsu) aus Nagoya/Gifu und wegen seiner Krakendarstellungen den Nagoya-Schnitzern zuzuordnen. Sein Stil ist naturalistisch. Sein häufigstes Motiv ist das des Kraken (in einem Strohbündel, in einer Muschel, in einem Topf, in einer Glocke). Andere Tiermotive sind Fische, Affen und kappa. Ikkyû signierte oft in einer ovalen, gelegentlich erhabenen Reserve oder auf einem eingelegten Elfenbein- oder Beinplättchen. Thematisch kann das vorliegende Netsuke von diesem Ikkyû stammen. Elfenbein hat er äußerst selten verwendet. Die nur durch dieses Netsuke bekannte Signatur wird von Lazarnick (S. 515) “Ikkansai Inshi” gelesen. Es ist jedoch auch möglich, das chômei in kunyomi so zu lesen, daß der zweite Name Kazuyuki lautet. Ippô (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 934 Arbeitete in Holz Motive: Masken Ippô (tätig Mitte 19. Jh.) 794 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Stilleben von Muscheln, Früchten, Kastanien Dieser Künstler, der laut MCI aus der Tradition des Gyokuhôsai →Ryûchin, laut Davey der des Ryûkei stammte, spezialisierte sich auf manjû-ähnliche Stilleben von Gemüse, Bohnen, Fischen, Kastanien oder Muscheln, die er durch anabori anreicherte. Gerne kombinierte er Sujets, deren Zusammenstellung willkürlich erscheint, wie z. B. Muscheln und Eicheln (Collection Baur C790) oder Granatäpfel, Spinne und 262 Zikade (Linden-Museum Stuttgart, JirkaSchmitz 2000b, Kat. Nr. 720). Issai (tätig Mitte 19. Jh.) 131 Arbeitete in Holz Motive: Figuren Bei dieser Signatur kann es sich nicht um die des Ogasawara Issai aus dem Sôken kishô handeln. Die Signatur ähnelt jener auf einem Ikkakusennin-Netsuke in der Collection Baur (C156), das auch stilistisch vergleichbar ist. Issai (tätig frühes 19. Jh.) 231 Arbeitete in Holz Motive: Figuren Im MCI werden drei Holz-Netsuke erwähnt (Fûten, rakan mit Tiger sowie tanuki und Jäger). Letzteres ist ein häufiges Modell des Issai. Issai (tätig ca. 1870-1900) 295 Arbeitete in Lack Motive: manjû, Nô-Schauspieler Dieser Lackkünstler fertigte vor allem kagamibuta, deren Lack-Platten Eisen imitieren. Die pflanzlichen Motive sind in Perlmutter, Zinn und gefärbtem Bein eingelegt. Im MCI sind ein kagamibuta mit Lackplatte, ein hako-Netsuke und ein Nô-Tänzer aus Elfenbein, dekoriert in Lack, abgebildet. Issai wird von Meinertzhagen und Jahss der Schule des →Zeshin und Ikeda Taishin (1825-1903) zugeordnet. Von Issai gibt es auch kiseruzutsu und ein geflochtenes inrô mit einem Eisvogel in Lack. Sowohl seine Lacktechnik als auch die Objekte selbst weisen ihn als einen Künstler aus der Zeit von 1870 bis 1900 aus. Issen (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 244 Tätig in Edo Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Figurengruppen Nach Davey ist Issen ein Schnitzer der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Edo, der im Stil des →Joryû arbeitete. Seine Netsuke sind klein. Die Figuren, oft aus der klassischen Literatur, stehen in einer aktiven Beziehung zueinander. Isshi (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 253 Nicht verzeichnet Isshinsai Unzan (tätig Mitte 19. Jh.) 83 →Unzan Isshû (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 243 Tätig in Edo 263 Arbeite in Holz und Elfenbein Motive: Figuren Über Isshû ist nichts bekannt. Lazarnick zeigt eine Signatur Isshû in Kombination mit dem Namen Seikyô (Kiyotsune). Davey meint, er habe auch erotische Figurendarstellungen gefertigt. Die Formulierung jô (suji) könnte so verstanden werden, daß Isshû in der Nachfolge des →Issen arbeitete. Stilistisch und thematisch ähneln sich die Netsuke beider Künstler. Isshû (tätig spätes 19. Jh.) 133 Arbeitete in Elfenbein Nur bei Lazarnick ist ein Netsuke von Isshû abgebildet. Aufgrund des Schnitzstils, der Einfärbung des Elfenbeins und der Hinzufügung des Schriftzeichen tô (geschnitzt) handelt sich vermutlich um einen späten Schnitzer. Isshû (tätig 20.Jh.) 697 Nicht verzeichnet Ittan (ca. 1820-ca. 1877) 210 Tätig in Nagoya Arbeitete in Holz Motive: Tiere und Figuren Kyôryûsai geht hervor, daß er in einem Vorort von Nagoya ansässig war. Laut Ueda lebte er in Nagoya oder Gifu und starb ca. 1877. Meinertzhagen vermutet, daß er aus Gifu stammte, nach Nagoya ging und anschließend nach Tokyo (wohl weil eine stilistische Beziehung zu Itsumin besteht) und wieder nach Gifu zurückkehrte. In Zusammenhang mit diesem Lebenslauf behauptet Meinertzhagen, daß Ittan der Lehrer des Masanao II und des Itsumin aus Edo war. Ittan arbeitete in rotbraun patiniertem Holz, Augen setzte er aus hellem Horn ein. Mit seinen Tier-Netsuke fügt er sich thematisch und stilistisch in die Gruppe der Nagoya-Schnitzer aus der Zeit von ca. 1820 bis 1850. Zu seinen bevorzugten Tieren zählen Hase, Affe, Ratte, Schnecke und Pferd. Die meisten Figuren befinden sich in bewegter Haltung und sind oft recht witzig. Thematisch könnten seine FigurenNetsuke aus Edo stammen, z.B. der Krakenjäger, der erfolglose Rattenfänger, die lustigen oni-, Raiden- und FûtenDarstellungen. Der Stil des Ittan ist kompakt und zeichnet sich durch delikate Details aus. Das Messer “streicht über das Holz und schneidet nicht in das Holz hinein” (Moss 1989, Nr. 38). Besonderen Wert legte er auf die Gestaltung des himotôshi, oft lediglich eine schlitzartige Öffnung, die sich gut in die Komposition einfügt. Durch dieses Detail weist er sich als Schnitzer aus Nagoya aus. Möglicherweise stammen seine TierNetsuke aus seiner frühen Schaffenszeit und die figürlichen Stücke, die vom Edo-Stil beeinflußt sind, aus einer späteren Phase. Laut Ueda gehörte Ittan dem Toba-Clan an. Er führte die gô Ittanfu, Ittansanjin und Kyôryûsai. Aus einer Signatur Meifuka 264 Ittokusai (tätig ca. 1860-1890) 941 Tätig wahrscheinlich in Nagoya Arbeitete in Holz Motive: Tiere, Figuren, Masken Über Ittokusai gibt es keine biographischen Angaben. Wegen seiner überlangen Kürbis-Netsuke mit aufsitzender Libelle bzw. Wespen wird er der Gruppe der “wasp carvers” zugeordnet. Ittokusais Vorliebe für kappa und Masken hingegen entspricht dem Zeitgeschmack der frühen Meiji-Zeit. Joryû (frühes 19. Jh.) 12 Die Schreibweise des zweiten Zeichens ist eine verkürzte Form des Schriftzeichens ryû (Drache). Aufgrund des Stils seiner Netsuke muß dieser Künstler im frühen 19. Jahrhundert in Edo gearbeitet haben. Joryû (tätig ca. 1820-1860) →Shôunsai Tätig in Edo Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Figuren, Kinder Joryû führte das gô →Shôunsai. Er signierte immer in einem gleichen, etwas fahrig wirkenden Schriftduktus. Auf einem Netsuke befinden sich die zusätzlichen Schriftzeichen Yamazaki. Dabei könnte es sich um eine Ortsbezeichnung oder einen Familiennamen handeln (Lazarnick 1982, S. 539). Laut Ueda führte er den Familiennamen Maeda. Fast alle bekannten Stücke dieses Schnitzers sind aus Elfenbein. Sie zeigen Gestalten aus der japanischen und chinesischen Geschichte oder aus dem Alltag. Die Figuren sind klein und haben markante, länglich ovale Gesichter mit hoher Stirn und elegant geschwungenen Brauen und Augen. Die Gewandmuster sind sorgfältig ausgearbeitet. Josô (1855-1910) 412 Tätig in Tokyo Arbeitete in Holz Motive: Figuren aus dem Alltag Miyazaki Seitarô wurde 1855 in Edo geboren. Er kam mit 14 Jahren zu Saitô Ikkôsai →Kôjitsu in die Lehre. Mit 25 Jahren machte er sich selbständig und nahm seinen Wohnsitz in Tokyo Asakusa Fukutomichô 23. Er war Mitglied der Japan Art Association und einer der Gründer der Tokyo Bildhauer-Gesellschaft (Tôkyô chokkôkai). Josô erhielt zahlreiche Preise und war für das kaiserliche Hofamt tätig. Zusammen mit Nakajima Kôun (18521934), Takeuchi Kyûichi (1857-1916) und Ishikawa Kômei (1852-1913) arbeitete er an den ramma in der kaiserlichen Bibliothek. 1906 lebte er in Asakusa Eichô 22 banchi. Josô starb 1910 und wurde im Kanôin in Tokyo Shitagaya begraben. Josôs Bedeutung liegt vor allem in seiner großen Schülerzahl (Sôko, →Gyokusô, →Sôichi, Sôya et al.). Er fertigte nicht nur Netsuke, sondern auch Gürtelschließen (obidome) und Pfeifenbehälter. Er arbeitete in Holz und Elfenbein, das er färbte und mit kleinen Einlagen aus Horn oder Koralle bereicherte. 265 Seine Stücke sind klein und kompakt. Obwohl sie himotôshi haben, sind sie selten so konzipiert, daß sie als Netsuke getragen werden können. Josô stellte vor allem Menschen aus dem zeitgenössischen Tokyo (edokko) dar. Seine Netsuke sind realistisch, voller Sympathie für die Dargestellten und nicht ohne Sinn für Humor und Groteske. Jugyoku (tätig Mitte 19. Jh.) 293, 389, 550 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein, Holz und anderen Materialien Motive: Figuren und Tiere Die Signatur Jugyoku kann drei Schnitzern zugeordnet werden: 1) Chôunsai Jugyoku, der wohl in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts tätig war und Schüler des Ryûkei gewesen sein soll; 2) Ryûkôsai Jugyoku I., der in Holz arbeitete, Figuren schnitzte und vom frühen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts tätig war und 3) Jugyoku II., wie aus einer Signatur „nidai Jugyoku“ hervorgeht, der ungewöhnliche Netsuke schuf und verschiedene Materialien benutzte oder kombinierte und aus stilistischen Gründen bis in die Meiji-Zeit hinein gearbeitet haben muß. Ueda nennt nur die beiden ersten Schnitzer Chôunsai Jugyoku und Ryûkôsai Jugyoku. Er differenziert nicht zwischen Jugyoku I. und II. Jonas nennt das Geburtsjahr 1816, wohl basierend auf einem Netsuke, das die Aufschrift: "Meiji 12 (1879), alter Mann von 64 Jahren" trägt. Meinertzhagen führt das Sterbedatum 1877 an und ein Netsuke mit Aufschrift „der 80jährige“, womit Jugyoku nach 1897 ge- storben sein müßte. Laut Ueda war Jugyokus Familienname Ueda, der Name Naokichi, das chômei Jugyoku und das gô Ryûkôsai. Er lebte in Higashi Okubo, einem Vorort von Edo/Tokyo und war Schüler des Keigyoku. Sein Auftraggeber war ein gewisser Tomigawa. Diese Biographie wird von Meinertzhagen und Schmoll/Storno dem Jugyoku II. zugeschrieben. Die Jugyoku-Signatur wird mit den besten und originellsten Netsuke aus Edo/Tôkyô in Verbindung gebracht, andererseits gibt es zahlreiche Stücke, die als Werkstattarbeiten klassifiziert werden müssen, wahrscheinlich im Auftrag des Tomigawa gefertigt. Es gibt zwei Schreibweise des Schriftzeichen ju, mit sechs und mit 14 Strichen, doch können diese weder definitiv Jugyoku I. oder Jugyoku II. zugeordnet werden. Eine Zuschreibung an Jugyoku I oder II kann lediglich aus stilistischen Gründen erfolgen. Kat. Nr. 293 könnte vom älteren Jugyoku stammen. Kat. Nr. 389 könnte wegen der Signatur auf einem Elfenbeinplättchen auch eine Arbeit des Chôunsai Jugyoku sein. Kat. Nr. 550 ist eine neuzeitliche Fälschung. Juraku (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 777 Arbeitete in verschiedenen Materialien Motive: Tiere und Pflanzen Von diesem seltenen Künstler sind nur wenige Arbeiten sehr unterschiedlicher Art publiziert. 266 Kagetoshi (tätig ca. 1820-1850) 714 mit zahlreichen Figuren. Seine Vorliebe für Ansichten von Kyoto und Umgebung (Kiyomizudera und die Acht Ansichten von Ômi) unterstützt die Vermutung, daß er in Kyoto gearbeitet hat. Außerdem wählte er gerne Darstellungen, die langes Leben symbolisieren wie z. B. Jô und Uba, Kraniche, Schildkröten und Hirsche. Er schnitzte auch Zodiakus-Tiere. Die Kranichgruppen sind wahre Meisterwerke der Durchbruchschnitzerei (sukashibori). Mit Kranichen und Hirschen dekorierte er auch etliche inrô. Weder Thema noch Signatur der Kat. Nr. 714 entsprechen den als authentisch angesehenen Netsuke aus der Literatur. Tätig wahrscheinlich in Kyoto Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Modelle von Landschaften, Drachenboot, Kraniche, Tiere Kaigyoku 524 →Kaigyokusai Jusen (tätig 19. Jh.) 481 Motive: Figuren Ueda erwähnt Jusen als Schnitzer von Netsuke mit Darstellungen von Kindern, Brockhaus erwähnt das Netsuke einer Hebammme, Lazarnik ein ElfenbeinNetsuke von drei Kindern mit DarumaPuppe. Näheres läßt sich jedoch über diesen Schnitzer nicht sagen. Kamijima Kagetoshi mit Name (zokushô) Kazuyoshi ist im Heianjinbutsu shi (Auflistung von Personen aus Kyoto) aus dem Jahr Bunsei 5 (1825) erwähnt. Ueda meint, Kagetoshi stamme aus Nagoya, habe aber auch in Kyoto gearbeitet. Aus einem 1843 datierten Netsuke (ehem. Sammlung Brockhaus) und einem Eber, der auf einer Tenpô-tsuhô Münze steht, geht hervor, daß er in der Tenpô-Ära (1830-1844) tätig war. Im British Museum befindet sich ein Skizzenbuch dieses Meisters, in dem auch okimono und inrô abgebildet sind. Kagetoshi entwickelte in Zusammenhang mit seinen neuartigen Themen einen miniaturistischen Stil, der ihn zu einem großen Individualisten unter den NetsukeKünstlern macht. Besonders einprägsam sind seine Darstellungen von Landschaften mit dicht gedrängten, sich an Berge schmiegenden Tempeln und Palastanlagen Kaigyokusai (1823-1892) Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Tiere, Landschaften Kaigyokusai wurde am 13.9.1813 als erster Sohn des Shimizu Kichibei in Osaka Sugishitadori geboren. Im Januar 1829 wurde er von Yasunaga Kichirôbei adoptiert. Nach dessen Tod übernahm er den Namen Yasunaga. Er war Autodidakt und machte Naturstudien. Er verwendete verschiedene gô: Masatsugu, Kaigyokudô, Kyigyoku und Kaigyokusai. Aus einigen Signaturen geht hervor, daß er mit Ohara →Mitsuhiro (1810-1875) und Kobayashi Tenmin (1800-nach 1875) zusammengearbeitet hat. 267 Sein einziger namentlich bekannter Nachfolger ist →Masateru. Kaigyokusai starb am 21.1.1892 im Alter von 79 Jahren in Osaka. Er ist im Hôjuin (Hôshuin) in Osaka begraben. Laut Ueda arbeitete Kaigyokusai zu ca. 70 bis 80% für den Export. Aber auch in Japan war er sehr geschätzt. Seine Auftragsarbeiten waren hoch bezahlt. Ein Netsuke kostete damals in Japan zehn mal mehr als in London (MCI, S. 289). Aus den Notizen von Albert Brockhaus, der diesen Künstler nicht sonderlich schätzte, geht hervor, daß der berühmte Kunsthändler Hayashi Tadamasa 1898 für eine BernsteinChrysantheme 100 Francs verlangte, den zweithöchsten Preis nach einem Stück von →Rakumin. In einem Brief aus Tokyo an Albert Brockhaus spricht B. Jähne 1912 davon, daß Arbeiten von Kaigyokusai in Japan sehr geschätzt waren und 500 Yen (= 1000 Mark) kosteten (Klefisch 1982, S. 41). Entsprechend der 60jährigen Schaffenszeit Kaigyokusais war seine Produktion an Netsuke und okimono sehr groß. Auch stellte er tonkotsu und yatate sowie kanamono (Schließen der Tabakstaschen) her. Diese Arbeiten stammen in der Regel aus der Meiji-Zeit. Kaigyokusai war Perfektionist. Dies begann bei der Auswahl des Materials. Obwohl er verschiedene, harte, d.h. gut haltbare Materialien verwendete, sind die meisten seiner Stücke aus bestem Elfenbein. Viele Arbeiten patinierte er in typischer Osaka-Manier dunkel und färbte die Gravuren schwarz ein. Berühmt geworden ist er jedoch für sein reinweißes, ungefärbtes Elfenbein, das kalt und hart wie Marmor wirkt. Dieser Eindruck wird durch die in Bernstein oder rötlichem Horn eingelegten Augen verstärkt. Auch bei Buchsbaum suchte er das Material sorgfältig aus, indem er darauf achtete, daß es keine Astlöcher hatte. Kaigyokusai bevorzugte Tiere und Gegenstände; Figuren sind in seinem Œuvre selten. Die Tiere, die vor allem aus dem Zodiakus stammen, sind traditionell in der Auffassung, bestechen aber durch die Qualität ihrer Ausführung. Das Fell wurde zu einem besonderen Bravourstück dieses Künstlers. Die Linien sind sicher in das Material geschnitten. Die anschließende Politur erzeugt einen unaufdringlichen Glanz, so daß das Material sich weich und seidig anfühlt. Penible Ausführung – auch auf der Unterseite – und feinste Details sind Charakteristika seines Stils. Unter den Tieren sind junge Hunde, die mit einer Sandale spielen, besonders häufig. Als ein besonderes Merkmal der Kaigyokusai-Produktion muß auch der Affe gelten, der, zu einer Kugel zusammengerollt, mit den Pfoten Mund, Augen und Ohren zuhält. Dieses beliebte Modell gestaltete er in Elfenbein und Buchsbaum. Die aufwendigsten Arbeiten sind die Darstellungen im Inneren einer Muschel, einer Frucht, eines Bambussprosses oder eines Kiefernzapfens. Beim Öffnen zeigen sie fliegende Vögel, die Landschaften von Miyajima oder Amanohashidate zwischen bewegten Wolken oder figürliche Szenen wie die 24 Beispiele der Kindesliebe oder Roseis Traum. Diese Motive sollen in seinen mittleren und späteren Jahren entstanden sein. Kaigyokusai hat viele verschiedene gô und deren Kombinationen verwendet. Ueda teilt diese wie folgt ein: bis zum Alter von ca. 20 Jahren (bis ca. 1833) verwendete er Masatsugu; bis ca. 1843 Kaigyokudô; bis ca. 1863 Kaigyoku; nach 1863 Kaigyokusai (Ueda 1954, S. 227). Heute wird dieser Einteilung nicht mehr so viel Wert beigemes268 sen. Eindeutig erscheint lediglich, daß Kaigyokusai die Signatur der späten Schaffenszeit ist. Kainô (tätig Mitte 19. Jh.) 100 Dieser Metallkünstler ist nicht verzeichnet. Kangyoku (geb. 1944) 548, 646, 729 Tätig in Tokyo Arbeitet in Elfenbein Motive: Tiere Tachihara Noriyoshi wurde am 6.1.1944 als Sohn des Netsuke-Schnitzers Tachihara Fusakichi in Tokyo geboren. Er lernte das Handwerk bei seinem Vater (Kangyoku II, 1901-1963), der aus der Schule des Yamada →Hôjitsu kam. Offizielle Ehrung erfuhr er, als die Kaiserin im Jahr 1967 ein HasenNetsuke von ihm kaufte. In den frühen 1970er Jahren schuf er ca. 48 Netsuke pro Jahr. Seit 1973 signiert er mit dem gô Risshisai und stellt ca. zwölf Netsuke pro Jahr her. Kangyoku hat sich auf Tierdarstellungen spezialisiert. Manche Netsuke orientieren sich an Vorbildern der Kyôto-Schnitzer des späten 18. Jahrhunderts, andere sind neue und oft witzige Interpretationen. Wie Bishû zeigt er seine Tiere gelegentlich in übertriebener und manierierter Bewegung. In seinen frühen Arbeiten färbte er das Elfenbein sorgfältig ein, in den 1980er Jahren bevorzugte er rein weißes Elfenbein. Er dekoriert seine Arbeiten auch mit eingelegten, farbigen (roten, hellgrünen, schwarzen) Stiften. Kazutsune (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) →Shôkatei Kazutsune Tätig in Matsuyama, Provinz Iyo Arbeitete in Metall Ogawa Kazutsune lebte in Matsuyama, Provinz Iyo (heute Präfektur Ehime) auf der Insel Shikoku. Er signierte mit seinem gô Shôkatei, weswegen er mit seinem Verwandten, dem ebenfalls mit Shôkatei signierenden Ogawa Tomotsune, in Verbindung gebracht wird. Dieser stammte aus Iyo, war aber bis ca. 1870 in Kyoto und Osaka tätig. Kazuyuki (2. Hälfte 19. Jh.) 701 Weil sich die Signatur an einer sehr ungewöhnlichen Stelle (auf dem Hals des Vogels) befindet, kann man nicht ausschließen, daß die einfach zu schreibenden und häufigen Schriftzeichen nachträglich hier aufgetragen wurden. Kei(?)gyoku (tätig 20. Jh.) 331 Nicht verzeichnet Keiun (geb. 1912) 240 Tätig in Kyoto und Uji Arbeitet in Elfenbein Motive: Tiere und Figuren Omura Minosuke wurde am 25.6.1912 in Kyoto Fushimiku geboren. Er ging bei 269 Tsuji Mitsutami, der auf okimono und tôbijin (chinesische, schöne Damen) spezialisiert war, in die Lehre. Mit 18 Jahren trennte er sich von seinem Lehrer. Für kurze Zeit lernte er bei →Meigyokusai (1896-1991). Sein Agent ist die Firma Yokoyama in Kyoto und Tokyo. Für seine Tier-Netsuke hat Keiun sich →Kaigyokusai zum Vorbild genommen. Bekannter ist er jedoch für seine figürlichen Darstellungen. Sein berühmtestes Thema ist „Das Waschen des Buddha“, das er nach eigener Angabe fast 120 mal schnitzte (Kinsey 1984, S. 195), sowie Roseis Traum. Andere miniaturistische Figurengruppen wirken sehr fragil. Keiun schnitzt in Elfenbein, das er sehr dunkel einfärbt. Kigyoku (tätig Mitte 19. Jh.) 423 Tätig in Edo Arbeitete in Holz Motive: Figuren Laut Ueda war Kigyoku in der Ära Kansei bis Bunsei (1789-1830) tätig. Laut Meinertzhagen lebte er in Edo in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und gehörte der Schule des →Jugyoku an. Viele seiner Figurendarstellungen zeichnen sich durch Detailreichtum und witzige Themenauffassung aus. Kihachi (tätig Mitte 19. Jh.) 711 Nicht verzeichnet. Der Namen setzt sich zusammen aus den Schriftzeichen Schildkröte und Acht. Kikugawa (tätig ca. 1830-1870) 488 Kagamibuta und Metall-manjû Die Kikugawa-Familie von Metallkünstlern gehörte laut Meinertzhagen der ÔmoriSchule an. Aus einem 1835 datierten kagamibuta (Sammlung Bushell) läßt sich schließen, daß sie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts tätig waren. Sie schufen kagamibuta, Metall-Netsuke und gelegentlich auch kleinere Metallarbeiten (kanamono, kiseru, kozuka, fuchi-kashira). Kikugawa (tätig ca. 1840-1890) 281 Tätig in Edo/Tokyo Arbeiteten in Elfenbein Motive: manjû, Maskengruppen In der Kikugawa-Werkstatt arbeiteten zahlreiche Künstler (Hakuunsai II., Ryûkoku, Tôun, Hômin, Kôrin), die alle manjû, Maskengruppen – und seltener – Figuren fertigten. Meistens aber trifft man nur die Signatur mit dem Familiennamen Kikugawa an. Wahrscheinlich wurde die KikugawaWerkstatt von Masamitsu begründet. Laut Ueda war dieser von der Ära Kôka bis Keiô (1844-1867) tätig und lebte in Edo Negishi. Dieser hatte bis zum Alter von 20 Jahren bei Shôbei gelernt. Zunächst schuf er Netsuke, später okimono und Objekte für den Export. Ab 1889 war er Lehrer von Ishikawa Kômei. Laut Jonas wurde er 1822 geboren und war Vater von Kikugawa Gyokumin (1859-?). Die Signatur Kikugawa, gelegentlich gefolgt von einem Siegel, einem kaô oder 270 dem Schriftzeichen saku, ist auf zahlreichen, meist großen manjû anzutreffen. Diese sind mit Figuren aus der japanischen Geschichte, Literatur und aus dem Alltag in sorgfältig ausgeführtem, tiefem Relief (shishiaibori) dekoriert. Gelegentlich sind kleine Details in Perlmutter und Koralle eingelegt. Kimitada (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 269 Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Lazarnick bildet ein Hotei-Netsuke von Kimitada ab. Kinmei (Kaneaki) (tätig frühes 20. Jh.) 728 Nicht verzeichnet Kinsai (tätig ca. 1840-1860) 277 Tätig in Edo Arbeitete in Elfenbein Motive: Verschiedenes Dieser Schnitzer wird nur im MCI erwähnt. Die Darstellung einer Münze aus der Ära Tenpô (1830-1844) auf dem Stück Kat. Nr. 277 ergibt eine Datierung ante quem non. Kishôsai (tätig ca. 1830-1860) 363 Tätig in Edo Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Figuren, manjû In der Literatur ist Kishôsai nur mit Elfenbein-manjû mit figürlichem Dekor erwähnt. Das Holz-Netsuke Kat. Nr. 363 ist daher für sein Œuvre ungewöhnlich. Es könnte sich um eine frühe Arbeit handeln, bevor er sich auf manjû im Zeitstil der Mitte des 19. Jahrhunderts spezialisierte. Kisui (tätig 19. Jh.) 224 Arbeitete in Holz und Bein Motive: Figuren Kisui ist in der Literatur als früher Schnitzer verzeichnet. Ein Holz-Netsuke eines den abgeschlagenen Arm des Dämon Ibaraki beweinenden oni ist mehrfach abgebildet. Kô 936 →Tessai Kôgyoku 87, 190 Es gibt mindestens drei Netsuke-Schnitzer, die mit Kôgyoku signierten und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gearbeitet haben. Welchem der Künstler diese Netsuke zuzuschreiben sind, muß offen bleiben. 271 Kôji (tätig ca. 1960-1970) 410 Nicht verzeichnet Kôjitsu (1833-1893) →Ikkôsai Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren aus dem All Saitô Yatarô wurde als Sohn des Saitô →Ikkôsai (1804-1876) aus Osaka am 28.11.1833 geboren und führte den Namen Ikkôsai II. In seinen mittleren Jahren lernte er bei →Hôjitsu (?-1872). Er lebte in Edo/Tokyo Asakusa Mukôyanagibara. Er starb am 27.7.1893 und ist im Shinjôji im Bezirk Hongô begraben. Ikkôsai Kôjitsus Stil ist stark von Hôjitsu beeinflußt. Die vollplastischen Netsuke stellen überwiegend Figuren aus dem Alltag dar. Diese Netsuke sind meistens lkkôsai signiert, wobei das in einer Wellenlinie geschriebene, erste Zeichen ichi sein Erkennungsmerkmal ist. Kôjitsu hat eine große Anzahl von manjû geschaffen, die fast alle Ikkôsai Kôjitsu und mit einem kaô signiert sind. Entsprechend dem Stil der Zeit von ca. 1850 bis 1860 sind sie in shishiaibori sowie erhabenem Relief gestaltet. Die Komposition ist ausgewogen, da das Motiv die kleine Fläche nicht sprengt, sondern in harmonischem Verhältnis zu dem Rund des manjû steht. Interessant ist ein manjû mit der Darstellung einer Pferdekutsche, dessen Vorlage ein yokohama-e gewesen war (British Museum, London, Barker und Smith 1976, Nr. 144), und die perspektivische Darstellung eines Bootes (MCI, S. 359). Dieser Künstler hat sich offensichtlich von der Graphik der 1860er Jahre inspirieren lassen. Kôju (tätig ca. 1870) 350 Tätig in Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, manjû Laut Davey ist Kôju ein Schnitzer in der Nachfolge des →Hôjitsu (?-1872). Aus der Literatur sind vor allem manjû mit sehr sorgfältig geschnittenem, versenktem Relief bekannt. Kokei (tätig ca. 1800/1820) 696 Tätig in der Provinz Ise Arbeitete in Holz Motive: Tiere Laut Ueda wurde Kokei in Ise Suzukagun Ayada geboren. Er lernte das Schnitzhandwerk in Kameyama und lebte später in Kuwana, beides kleine Burgstädte in der Provinz Ise (heute Präfektur Mie). Er arbeitet im Stil des →Minkô und verwendet – zwar selten – ein kaô, das dem des Minkô ähnelt. Meist sind seine Netsuke klein und sehr kompakt. Seine Buchsbaum-Netsuke sind entweder sehr hell oder dunkelbraun patiniert. Letztere Netsuke wirken aufgrund des dunklen Holzes recht unscheinbar. Seine häufigsten Motive sind die liegende Ziege und der Tiger. Seine Vorliebe für dieses Tier spiegelt sich auch in seinem Namen Kokei, der übersetzt „Tigertal“ bedeutet. Berühmt wurde er auch für 272 spielende Welpen, Kröten auf einer Sandale und Tiere an einem Felsen. Moss charakterisiert den Stil des Kokei wie folgt: „The contrast between realistic and effective features and densly convincing tactile hairwork is the sum of what made Kokei tick.“ (Moss 2000, Nr. 28) Kokei signierte meist in Kursivschrift und in einer polierten Reserve ohne Randeinfassung oder in einer rechteckigen, versenkten Reserve. Da es sehr viele von ihm signierte Stücke gibt, wird vermutet, daß er oft kopiert wurde. Kokusai (1835/37-1894) 465 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Hirschhorn Motive: ryûsa-manjû, buddhistische Themen, Gegenstände, Pflanzen, Wappenmotive Okazaki Sôzô wurde nach Jonas 1835 geboren. Laut Signaturen nannte er sich aber mit Familiennamen Takeda und in den Memoiren von Shin-YoshiwaraUnterhalter Matsunoya Rohachi wird er Takeda Yasugorô genannt. Trotzdem nennen ihn japanische Quellen Ozaki Kokusai, vielleicht wegen des Namens seines Sohnes, der berühmte Romancier Ozaki Kôyô (1868-1903). Mit 21 Jahren ging er bei →Gyokuyôsai Mitsuhina, der im Asakusa lebte, in die Lehre, bei dem er vier Jahre blieb. Er wohnte in Shiba Katamonzen, später in Shiba Atagoshita. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Unterhalter (hôkan) und war eine bekannte Persönlichkeit im Tokyoer Nachtleben von Yanagibashi und Shinbashi. Weil er meist eine leuchtend rote Seidenkrepp-Jacke (chiri- men haori) trug, wurde er Akabaori Kokusai genannt. Wahrscheinlich waren seine Kunden auch Auftraggeber für Netsuke und sagemono, wie z.B. der kabukiSchauspieler Ichikawa Danjurô, der ein kiseruzutsu bei ihm in Auftrag gab. Kokusai starb am 21.2.1894 an fuguVergiftung und ist im Entsuji begraben. Seine Hauptschaffenszeit war um 1870. Er arbeitete fast ausschließlich in Hirschhorn, auch wenn es einige Arbeiten in Elfenbein und umimatsu (wörtlich: Meereskiefer, i.e. Hornkoralle) gibt. Er schuf neben ryûsamanjû auch zahlreiche sashi- und obihasami-Netsuke, oft in Affenform, und kiseruzutsu. Lieblingsmotive sind buddhistische Gegenstände, Fledermaus und reishiPilz. Er hatte eine besondere Vorliebe für Wappen. Da er ein beruflicher Spaßmacher war, wundert es nicht, daß Witz und Humor in seinen Netsuke stark vertreten sind. Er signierte in Siegelschrift, gelegentlich nur mit dem ersten Namensteil koku, und plazierte diese an ungewöhnliche Stellen oder versteckte dieses und gelegentlich auch das zweite Zeichen innerhalb des Dekors Kokusai genießt im Westen sehr hohes Ansehen und gilt als der erfindungsreichste unter den Netsuke-Schnitzern. Zahlreiche Autoren haben sich mit ihm beschäftigt: Moss, Ducros, Bandini und Shimatani (s. Bibliographie). Kokusais Arbeiten gelten als Inbegriff des sogenannten Asakusa-Stils, womit Arbeiten in Hirschhorn gemeint sind, jeder Künstler seine eigene spezifische Thematik entwickelte und die Signaturen oft in Siegelschrift und Siegelform geschrieben sind. Der Begriff Asakusa-Schule ist aber irreführend, da die Schnitzer weder eine Gruppe bildeten noch Schüler hatten oder 273 – bis auf Ishikawa Rensai – in Asakusa lebten. Zurecht sprechen die Japaner daher von kokusaibori (Schnitzerei in der Art des Kokusai). Kômin (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 665 Es kann sich bei diesem Schnitzer nicht um den in Tokyo ansässigen Kômin handeln, der in Holz arbeitete und dessen Signatur, der fast immer ein kaô folgt, kräftig und tief in das Material geschnitten ist. Kôsai (tätig ca. 1860-1880) 408 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, manjû Suzuki Kôsai fertigte vor allem manjû. Viele zeigen entweder buddhistische Figuren oder Alltagsszenen. Kôsai muß in Beziehung gestanden haben zu Ikkôsai →Kôjitsu (1833-1893). Beide verwendeten dasselbe Schriftzeichen kô in ihrem Namen. Schriftzug und Art der Gravur der Signatur sind der des Kôjitsu sehr ähnlich. Auch gibt es von Kôjitsu (Davey 1974, Kat. Nr. 455) und von Kôsai (Lazarnick 1982, S. 670) ein fast identisches manjû mit dem Brustbild einer von Davey als rakan identifizierten Gestalt. Motive: Figuren Nishimoto Kôsen lebte in Osaka und war ein Schüler des Miyagi →Chokusai (1877?). Kôzan (1787-nach 1863) 499, 693 Arbeitete in Holz Motive: Figuren und beschnitzte Nüsse Die Angaben über Kozan sind sehr spärlich. Laut Jonas wurde er 1845 geboren, doch nach einem zyklisch auf das Jahr 1854 datierten Hotei-Netsuke mit der Altersangabe „68jährig“ muß Kozan 1787 geboren worden sein. Sein gô war Toryûsai. Bekannt wurde er für seine beschnitzten Walnüsse, vor allem jene mit jûnishi-Darstellung. Es gibt Netsuke mit der Altersangaben von 60, 65, 71, 72 und 77 Jahren, wonach er nach 1863 gestorben sein muß. Der Signatur folgt gelegentlich ein kaô in der Art einer flachen Schlaufe. Er war ein vielseitiger Künstler. Das Elfenbein-manjû hier ist eine sehr ungewöhnliche Arbeit für ihn, aber Schriftstil und kaô stimmen mit denen auf dem 1854 datierten Hotei-Netsuke und einem Holz-MaskenNetsuke (MCI, S. 398) überein. Er schnitzte auch bokutô und tonkotsu. Kôzan (1835-?) Arbeitete in Lack Kôsen (tätig frühes 20. Jh.) 349 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Wahrscheinlich handelt es sich bei Kawasaki Kôzan um einen inrô-Meister der Meiji-Zeit, der 1835 geboren wurde, in 274 Edo/Tokyo lebte und später für den Export arbeitete. Kôzan (tätig spätes 19. Jh.) 151 Bei diesem Schnitzer kann es sich nicht um die von Ueda und Davey genannten Netsuke-Künstler handeln. Masachika (tätig Mitte 19. Jh.) 831 Arbeitete in Holz Lediglich das MCI verzeichnet ein HolzNetsuke mit Tiger-Motiv von der Hand dieses Schnitzers. Masahide (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 734 Tätig in Nagasaki Arbeitete in Holz, Kokos und Walnuß Motive: Beschnitzte Nüsse, manjû Kurokawa Masahide stammte aus Nagasaki, da er die Schriftzeichen Kiyô (der alte Name von Nagasaki) seiner Signatur voransetzte. Aus den Sammlungen Hindson (Davey 1974, Kat. Nr. 898) und Baur (C 810) sind beschnitzte Nüsse bekannt, die Chrysanthemen und Päonien in einem Korb darstellen. Nicht nur ist das Motiv chinesisch, Masahide war möglicherweise vertraut mit chinesischen beschnitzten Nüsse, die von den in Nagasaki lebenden Chinesen als Handschmeichler benutzt wurden. Masahide bevorzugte bei seinen Schnitzarbeiten ein sehr flaches Relief und versah die Oberfläche seiner kinchaku und inrô aus Kokosnußschale mit einem dichten Muster von Chrysanthemen (Sammlung Kress [Theodor Helmert-Corvey, Hrsg., inrô: Das Ding am Gürtel, Bielefeld 1997, Kat. Nr. 137], Sammlung Wrangham und van Daalen, beide unpubl.). Er arbeitete mit →Masanobu zusammen. Masakazu 29 Masakazu ist auf Grund der leichten Schreibweise der beiden Schriftzeichen eine sehr beliebte und häufige Signatur. Meinertzhagen und Davey führen folgende Schnitzer an: Masakazu aus Kyoto/Osaka, Chikuzenya Masakazu, Masakazu aus Nagoya, Sawaki Kihodô Masakazu, Isshidô Masakazu und Hokutosai Masakazu. Davey schreibt über die Signatur Masakazu: “... there are so many that they are impossible to classify“ (Davey 1974, S. 21). Es ist nur in wenigen Fällen möglich, die Signatur Masakazu einem speziellen Künstler zuzuordnen. Hier wird versucht, die Signaturen unter stilistischen Gesichtspunkten zu gruppieren. Die Signatur auf Kat. Nr. 29 muß als apocryph angesehen werden. Masakazu (tätig 1. Hälfte/Mitte 19. Jh.) 24, 102, 302, 397 Tätig in Kyoto? Arbeitete in Elfenbein Alle diese Netsuke stammen wohl aus der gleichen Werkstatt und zeigen den starken Einfluß von →Hidemasa. Bei Kat. Nrn. 24 und 102 sind die geflochtenen Schuhsoh275 len identisch, bei Nrn. 102 und 302 sind die Gewandgravuren von gleicher Art. Kat. Nr. 397 ist stilistisch letzterem ähnlich, doch die Signatur ist befremdend klein. Masakazu (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 245, 263 Tätig in Nagoya Arbeitete in Holz Motive: Figuren Wegen Stil, Sujet und Farbe des Holzes muß es sich hier um einen Schnitzer aus Nagoya handeln. In der Literatur wird ein Masakazu genannt, der Schüler des Tomokazu aus Nagoya gewesen sein soll. Der Schriftduktus (Ansatz der horizontalen Striche rechts) entspricht dem der im MCI (S. 425, Nr. 1388 A u.a.) abgebildeten Signaturen. Es scheint unwahrscheinlich, daß es sich um den Schnitzer Sawaki Manjirô (18391891) mit chômei Masakazu handelt, der aus Nagoya stammen soll und später in Osaka arbeitete. Masakazu (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 424 Tätig in Nagoya Arbeitete in Holz Motive: Figuren Weil das kaô dieses Schnitzers dem des Ikkan ähnelt, vermutet Meinertzhagen, daß es sich bei diesem Künstler um einen Schüler des Ikkan aus Nagoya handelt. Detailreichtum und Kompaktheit des Netsuke Kat. Nr. 424 entsprechen dem Stil der frühen, figürlichen Netsuke aus Nago- ya, weshalb die Annahme von Meinertzhagen gerechtfertigt erscheint. Die Eigenheit dieser Signatur besteht darin, daß der Horizontalstrich des zweiten Zeichens oft kürzer ist, als der untere Horizontalstrich des ersten Zeichens. Masakazu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 756 Dieses Motiv wurde von Schnitzern in Nagoya wie →Ikkyû gefertigt. Vielleicht ist diese Signatur einem der oben genannten Schnitzer aus Nagoya zuzuordnen. Masakazu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 222, 381 Tätig wohl in Osaka Arbeitete in Elfenbein Gemeinsam ist diesen beiden Stücken der große Abstand zwischen den beiden Schriftzeichen, die sehr gute Politur des Elfenbeins, die braun patinierten Flecken, die braune Einfärbung der Gewandfalten, der sichere Strich der Haargravuren. Vieles an diesem Stil spricht für eine Werkstatt in Osaka. Masakazu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 233 Dieser Masakazu ist mit keinem der von Meinertzhagen, Davey und Lazarnick aufgelisteten Schnitzer zu identifizieren. 276 Masami (geb. 1937) 485 Tätig in Ise Arbeitet in Buchsbaum Motive: Tiere Sakai Miyoko, chômei Masami, ist die älteste Tochter von Sakai Masanao Shinzan (1904-1982), bei dem sie auch gelernt hat. 1979 war sie erstmals auf der Ausstellung der Isejima mokuchôkai (Isejima Holzbildhauerei-Gesellschaft) vertreten. Sie bevorzugt Tiere. Das von ihr verwendete Buchsbaum-Holz hat eine rotbraune Farbe. Masamitsu (tätig ca. 1820-1850) 399, 873 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Landschaftsmodelle und Figuren Diese Signatur, deren Hauptmerkmal der letzte Strich des zweiten Zeichens mitsu ist, der sich in weitem Bogen zum ersten Schriftzeichen masa, das rechts oben plaziert ist, zieht, wird seit Ueda dem Hagiwara Kaikô zugeschrieben. Dieser stand im Dienst der Familie Akimoto, die als daimyô von 1845 bis 1868 in Tatebayashi in der Provinz Jôshû (Kôzuke, heute Präfektur Gunma) residierte. Später ging er nach Tokyo, wo er bei Kaneko Kaitô das Schnitzen in Elfenbein und Hirschhorn lernte. Er war außerordentlich geschickt im Schnitzen von kiseruzutsu. Er arbeitete im Stil von Kaitô und Kokusai. Er starb ca. Meiji 35 (1902) im Alter von 50 Jahren. Das MCI erwähnt zwei Gebäudegruppen und Lazarnick bildet ein Ômi hakkei- Modell in Elfenbein ab, die alle im Stil des →Kagetoshi gearbeitet sind. Ein shishiNetsuke mit in selber Art geschriebener Signatur befindet sich im British Museum und ist ebenfalls im Stil des Kagetoshi gearbeitet. Diese Stücke sind ca. 1830/1850 zu datieren, was nicht in Einklang zu bringen ist mit den Lebensdaten des Hagiwara Kaikô. Die Zuschreibung dieser Signatur an Kaikô scheint daher fragwürdig. Masamitsu (tätig spätes 19. Jh.) 37, 889 Welchem der sechs weiteren Schnitzer mit diesen beiden, beliebten Schriftzeichen, die Davey auflistet, dieses Netsuke zuzuordnen ist, kann nicht geklärt werden. Masamune (tätig 18. Jh.) 742 Nicht verzeichnet. Möglicherweise wurde die Signatur nachträglich hinzugefügt. Masanao (tätig 2. Hälfte 18. Jh.) 84, 704, 705, 706, 707, 767 Tätig in Kyoto Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Tiere, seltener Figuren Das Sôken kishô schreibt über Masanao lediglich, daß er aus Kyoto stammt und in Elfenbein und Holz gearbeitet hat. In der Sammlung Brockhaus (Brockhaus 1925, S. 137) befand sich ehemals ein Masanao signiertes, 1770 datiertes Holz-Netsuke in Muschelform mit einer Szene aus dem Genji monogatari im Inneren. 277 Masanao spezialisierte sich auf Tiere des Zodiakus, und er gilt als der Erfinder des Netsuke in Form eines aufgeplusterten Spatzen, des fukura suzume. Davey hat den Stil Masanaos treffend beschrieben: „The work is bold, his creatures being distinctive with their large ears, strong legs, splayed paws and, most particularly, their powerful distended chest and shoulders. Their snouts are rather square and their eyes, terminating in a slit at each corner, have firmly inlayed pupils. The hairwork on certain animals curves distinctly away from the well marked backbone and continues in a fine line with the legs and the tail“ (Davey 1974, S. 62). Als weiteres Stilmerkmal kann die Übertreibung gelten, die aber nie ins Groteske umschlägt. Das himotôshi besteht aus einer großen Öffnung und einem kleinen Loch, die asymmetrisch plaziert sind. Masanao hat auch ungewöhnliche Sujets geschaffen, z.B. die amagatsu-Puppe, drei Eier (MCI), fugu (ehem. Sammlung Behrens) oder große Karpfen. Die charakteristische Signatur mit den Schriftzeichen in einer ovalen Reserve wurde sehr oft imitiert. So müssen auch die hier abgebildeten Signaturen als Nachempfindungen gelten. Jedoch kommt Kat. Nr. 706 sowohl stilistisch als auch im Duktus der Inschrift der Signatur eines fukura suzume nahe, der bei Moss 1989, Nr. 9 abgebildet ist und als echt beschrieben wird. Kat. Nr. 84 ist im Stil des →Hidemasa gearbeitet und könnte in die Gruppe der →Masanao signierten Netsuke des Hidemasa eingeordnet werden. Kat. Nr. 767 ist eine neuzeitliche Arbeit. Masanao (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 264 Tätig wohl in Osaka Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Figuren Eine Signatur in dieser Schreibweise ist nur von einem Vergleichsstück bekannt – es zeigt das Motiv eines Blinden und eines tanuki, deren Köpfe und Gestaltung der Gewänder dem vorliegenden sehr ähnlich sind (MCI, S. 432). Die Signatur wird von Meinertzhagen Masamichi gelesen. Den Künstler ordnet er der Gruppe von Schnitzern wie Dôshô und Shôraku aus Osaka zu. Unter den Signaturen Masanaos aus Kyoto findet sich eine sehr ähnliche Signatur auf einem Netsuke eines Ebisu, der stilistisch dem Blinden verwandt ist (MCI, S. 445). Drei weitere Netsuke tragen eine sehr ähnliche Signatur, die von Bushell mit einiger Berechtigung Masanao gelesen wird (Bushell 1971, S. 111 und 115). Da diese Netsuke ganz im Stil des →Hidemasa geschnitzt sind, werden sie ihm zugeschrieben. Hidemasa soll – angeblich um seine Netsuke aufzuwerten – mit dem Namen Masanao signiert haben. So merkwürdig die Argumentation Bushells sein mag, ist die stilistische Beziehung zu Hidemasa unverkennbar. Masanao (Schnitzersignatur seit ca. 1840) 218, 526, 578, 587, 604, 677, 721, 778, 782, 795 Tätig in Ise Arbeitete in Buchsbaum Motive: Tiere, seltener Figuren 278 Mit dem Namen Masanao sind zwei Probleme verbunden: 1. Der Name Masanao wurde seit Suzuki Masanao (1815-1890) vier Generationen lang geführt. 2. Viele Schüler des Suzuki Masanao verwendeten trotz ihres eigenen chômei gelegentlich auch die Signatur ihres Meisters, damit dieser die große Nachfrage nach seinen Netsuke befriedigen konnte (INCS Journal, Jg. 2, Nr. 2 [1974], S. 8). Ducros hat in seinen Recherchen über Masanao 23 Varianten dieser Signatur festgestellt und meint, sie könnten von 17 verschiedenen Schnitzern stammen (BAFJ, Nr. 23, Januar 1989, S. 4). Demzufolge ist es weitgehend unmöglich, die Signaturen einem bestimmten Masanao zuzuordnen, zumal sie auch immer dieselben Themen schnitzten. Die Fortführung des Stils des Meisters wurde durch Skizzenbücher garantiert, wie z.B. jenen beiden, die sich in Besitz des Shinzan Masanao (1904-1982) befanden (Hurtig 1974a, S. 6-9). Suzuki Masanao (Shinzaemon) wurde 1815 in Ise-Shima geboren. Laut Ueda lernte er in seinen mittleren Jahren bei →Ittan, einem geschickten Schnitzer des Toba Clan. Geschichtliche Quellen aus Uji-Yamada berichten hingegen, daß er seit seiner Jugend eine Vorliebe für das Schnitzerhandwerk hatte und er nach Osaka ging, um es dort zu erlernen (INCSJ, Jg. 5, Nr. 1 [Juni 1977], S. 46). Er starb 1890. Masanao und seine Nachfolger lebten in Uji-Yamada, heute Ise, in der MiePräfektur. Sie verwendeten Buchsbaum, das angeblich vom Azama-Berg stammte, für Netsuke und kusunoki (Kampferholz) aus dem Areal des Ise-Schreins für okimono. Die Augen wurden in Ebenholz eingelegt (INCSJ, Jg. 5, Nr. 1 [Juni 1977], S. 45). Das beliebteste Thema der Ise-Schnitzer waren Kröten. Häufig ist die Darstellung des großen Weibchens mit dem aufsitzenden, kleineren Männchen. Andere Sujets waren die Kröte auf einer Sandale mit intaktem oder ausgerissenem Riemen oder auf einem viereckigen Brunneneimer. Seltener waren Motive der Kröte auf Mühlsteinen oder Dachziegeln. Unter den Zodiakus-Tieren der Masanao ist der Tiger besonders häufig und ähnelt denen des →Minkô, der zwar früher, aber nur ca. 25 km nördlich von Uji-Yamada lebte. Sehr originell ist die zu einer Kugel zusammengerollte Ratte – ein bis tief ins 20. Jahrhundert fortgeführtes Motiv. Wahrscheinlich geht es auf Suzuki Masanao zurück, da es in dessen Skizzenbuch enthalten ist. Neben den zahlreichen Tieren gibt es auch Gruppen von shimejiPilzen und einige wenige figürliche Netsuke. Die meisten als früh einzuschätzenden, Masanao signierten Stücke sind relativ klein, während die Arbeiten des späten 19. Jahrhunderts groß und eher unhandlich sind. Unter den abgebildeten Signaturen könnte es sich bei Kat. Nrn. 604, 721 und 782 um einen frühen Masanao handeln, während die Signaturen der Kat. Nrn. 587 und 677 aufgrund stilistischer Merkmale späteren Meistern zuzuschreiben sind. Masanobu (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 734 Um welchen der zahlreichen Masanobu es sich hier handelt, kann nicht schlüssig gesagt werden. Weil dieser Schnitzer mit →Masahide aus Nagasaki zusammenarbeitete, könnte er ebenfalls in Nagasaki gelebt haben. 279 Masatada (tätig ca. 1860-1870) 747 Wohl tätig in Ise Arbeitete in Holz Motive: Tiere und Insekten Masatada war ein Schüler des Suzuki →Masanao (1815-1890) und in der frühen Meiji-Zeit tätig. Unter seinen Tierdarstellungen sind Kröten häufig. Masatami (tätig ca. 1850-1890) 268, 730 Tätig in Nagoya Arbeitete in Holz Motive: Tiere und Figuren Meinertzhagen, Lazarnick u.a. vermuten zu Recht, daß Ueda die Schaffenszeit bzw. Lebensdaten der beiden Masatamis vertauscht hat. Wem der beiden der Name Moribe Fukuzô zuzuschreiben ist, bleibt offen. Masatami signierte Netsuke sind aber relativ leicht in zwei Gruppe zu unterteilen. Der eine signierte mit einer prononcierten, diagonalen Ausrichtung (von links unten nach rechts oben), einem eigenwillig geschriebenen Zeichen masa und einem kräftig nach unten gezogenen, letzten Strich des zweiten Zeichens, dem fast immer das Zeichen tô (geschnitten) folgt. Die relativ konventionell geschriebene Signatur des anderen →Masatami befindet sich oft in einer Reserve. Der Masatami, auf dessen Signatur ein tô folgt, schuf vor allem gedrungene Tiere des Zodiakus, aber auch ungewöhnliche, figürliche Sujets. Er scheint eine Vorliebe für die sorgfältige Ausarbeitung der Oberflächenstrukturen gehabt zu haben. L. Gonse bildet in seinem 1883 erschienenen Buch L'art japonais ein Hasen-Netsuke von ihm ab. Nach Ueda müßte dieser Masatami Schüler des Masakazu gewesen sein. Es ist nicht klar, welchen Masakazu er damit meint. Bushell setzt ihn mit Sawaki Masakazu (1839-1891) gleich (Bushell 1961, S. 258). Meinertzhagen geht offenbar von Masakazu aus Nagoya (tätig ca. 1810-1840), der in Holz arbeitete, aus und folgert, daß die Lebensdaten 1854-1928 des Moribe Fukuzô eher zum „Affen-Masatami“ passen. Masatami (Shômin) (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 531, 532 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: Affen, Tiere, Figuren, Masken Laut Ueda stammte dieser Masatami aus Nagoya und siedelte nach Osaka über. Meinertzhagen vermutet, daß es dieser Masatami ist, der den Name Moribe Fukuzô führte und der von 1854 bis 1928 lebte. Er arbeitete fast ausschließlich in Elfenbein. Seine Affendarstellungen fertigte er für den Export (Ueda). Die zahlreichen Affen-Netsuke und okimono sind unverwechselbar, in ihrer Wiederholung jedoch auch langweilig. Das Elfenbein ist pflanzlich gefärbt, als Pupillen dienen winzige, schwarze Glasperlen. Die Tiere erscheinen immer in Gruppen. Sie beschäftigen sich mit Kaki- oder Pfirsichzweigen, Trommeln, Kraken, Läusen etc. Charakteristika seiner Köpfe sind der schreiend geöffnete Mund, die sehr tief liegenden Augen und die im Gegensatz zu dem fein gravierten Fell glatte Partie zwi280 schen Nase und Mund. Seine Technik ist möglicherweise der des →Kaigyokusai verpflichtet. Ein Wachtel-Netsuke im Linden-Museum in Stuttgart (Schmitz-Jirka 2000b, Kat. Nr. 638) zeigt, daß er auch den Stil früherer Schnitzer wie z.B. Okatomo nachahmte – eine weitere Anbiederung an westliche Geschmacksvorlieben. Die Signatur befindet sich meistens in einer Kartusche, die aus dem Fell ausgespart ist. Von der britischen Zeitschrift Private Eye wurde 1980 die Herstellung falscher, aus Plastik gefertigter MasatamiAffengruppen aufgedeckt (INCSJ, Jg. 9, Nr. 3 [Dezember 1981], S. 19). Masateru (1871-1946) 525 Tätig in Osaka Arbeitete in Holz Motive: Tiere, seltener Figuren Yasunaga Hidezô wurde als Sohn des Masachika und Enkel des →Kaigyokusai 1871 geboren. Sein Künstlername war Masateru. Er lebte in Osaka und ist der einzige, namentlich bekannte Nachfolger Kaigyokusais. Außer Netsuke schnitzte er auch tonkotsu aus Holz. Seine Produktion jedoch war gering. Er galt als Dilettant und hatte keinen eigentlichen Beruf (INCSJ, Jg. 8, Nr. 2 [September 1980], S. 46). Masateru hat die verwandtschaftliche Beziehung zu Kaigyokusai sowohl künstlerisch genutzt als auch in seiner Signatur festgehalten und das gô Kaigyokudô verwendet. Da sich bereits in der Sammlung Trower ein Netsuke von ihm befand, müssen schon in der Zeit um 1900 seine Arbeiten nach Europa gelangt sein. Masatomo (tätig spätes 19. Jh.) 415 Bei diesem Schnitzer kann es sich weder um Masatomo aus Kyoto, noch um Masatomo aus Nagoya handeln. Die Arbeit dieses Schnitzers zeigt den späten Tokyo-Stil. Masatoshi (tätig ca. 1840-1860) 177, 197, 653 Tätig in Edo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, Tiere und Landschaftsmodelle Hier handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Shinkeisai Masatoshi, der stilistisch der Tomochika-Gruppe zuzuordnen ist. Laut Davey schuf er viele, kompakte Landschaftsmodelle mit himotôshi auf der Unterseite. Meinertzhagen bildet Figuren- und Tier-Netsuke ab. Masatsugu 347, 546, 710, 838 Meinertzhagen unterscheidet sieben, Davey sechs Schnitzer namens Masatsugu, ein im 19. Jahrhundert sehr verbreiteter Schnitzername. Auch in Anlehnung an den berühmten →Kaigyokusai Masatsugu wurde dieser Name bis in die Neuzeit gerne verwendet. Die Signatur auf Kat. Nr. 347 ist mit großer Wahrscheinlichkeit die eines Schnitzers der Meiji-Zeit in Tokyo, während man die Schriftzeichen der Kat. Nr. 710 aufgrund ihrer Schreibweise als „Phantasiesignatur“ ansehen muß, die auf ein altes Stück später eingraviert wurde. 281 Masatsugu 111 →Kaigyokusai Masayoshi (Seikei) (ca. 1877-?) 367 Tätig in Osaka(?) Arbeitete in Holz und Elfenbein Motive: Rattenfänger, Figuren und Tiere In Uedas Netsuke no Kenkyû werden die Schriftzeichen dieser Signatur fälschlich „Serikei“ transkribiert. Masayoshi ist das chômei von Kojima Kuwajirô, der ca. 1877 geboren wurde und in Nagoya lebte. Er soll bei Sawaki Masakazu (1839-1891) und bei Masaka (1868-?) gelernt haben, die beide aus Nagoya stammten und nach Osaka gingen. Masayoshi spezialisierte sich wie sein Lehrer Masakazu auf okimono-artige Netsuke von Rattenfängern für den Export (Bushell 1961, S. 168). Er schuf jedoch auch Figuren und Tiere aus Holz im Nagoya-Stil. Masayuki (1831-nach 1879) 530, 868 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Holz und Bein Motive: Figuren, buddhistische Motive, Pflanzen und Tiere Ueda listet zwei verschiedene Schnitzer auf, doch handelt es sich um ein und denselben. Die folgenden Angaben zu Masayuki sind dem Tôkyô meiko kagami von 1879 entnommen. Katô Masayuki wurde 1831 geboren und lebte 1879 in Tokyo Motosamegabashi minamicho 49. Er stammte aus einer Samurai-Familie. Anfänglich lernte er Medizin unter einem gewissen Nasu in Honjô Ishihara Shinmachi. Als er 21 Jahre alt war, starb sein Vater, und er wandte sich danach (ca. 1852) der Schnitzerei zu. Zunächst kopierte er die Meisterwerke anderer Schnitzer. Er war recht erfolgreich und eröffnete eine Werkstatt für Schnitzereien in Kohinata Shinsakaue im Jahr 1855. Er schuf ausschließlich Blumenvasen auf Bestellung. 1870 siedelte er nach Yotsuya Tansuchô über. Danach war sein Auftraggeber Maruya, ein fukuromonoya in Ushigome Kagurazaka, und das Geschäft florierte. 1877 stellte er bei der 1. InlandsIndustrieausstellung das okimono eines Gama sennin aus und erhielt dafür den Kamon-Preis. Sein gô war Hôshunsai. Oft signierte er mit einem immer gleich geschriebenen kaô. Die meisten seiner Netsuke stellen sitzende Figuren aus Buddhismus oder Alltag dar. Masayuki hat möglicherweise aus kommerziellen Gründen im konventionellen Stil der Tokyo-Schnitzer der Ryûkei/Gyokkô-Tradition gearbeitet. Reizvoller sind die Arbeiten in Hirschhorn, die mit einem markanten Siegel, bei dem die beiden Schriftzeichen in den gegenüberliegenden Ecken plaziert sind, versehen sind, und die dem Stil der sog. Asakusa-Schnitzer verpflichtet sind. Hier finden sich deren typische Motive wie buddhistische Gegenstände, Oktopus als Arzt, kappa, sashi-Netsuke (Kürbis). Sein häufigstes Modell ist ein Bambussegment mit einem Nebenzweig, an dem sich ein Äffchen festhält. Bei manchen dieser Stücke ist das Äffchen so geschnitzt, daß es den Zweig rauf und runter rutschen kann. 282 Sehr ungewöhnliche Modelle sind die durchbrochen geschnitzten Vasen und Kannen. Neben Vasen, okimono, Netsuke und kiseruzutsu schuf er obihasami. Das Siegel auf Kat. Nr. 530 ist nur wenig tief in das Material eingeschnitten und unterscheidet sich daher von den meisten anderen seiner Siegel-Signaturen. Masayuki 42, 407 Masayuki ist eine Signatur, die sich in variierendem Schriftstil auf zahlreichen Export-Netsuke unterschiedlicher Qualität ab 1860 befindet. Masayuki (tätig spätes 19./20. Jh.) 761 Der Name dieses Schnitzers ist durch eine sehr ähnliche, bei Lazarnick abgebildete Signatur auf einem Netsuke mit einer Kürbisgruppe bekannt. Meigyoku (tätig 20. Jh.) 735 Die Signatur entspricht nicht den bekannten Meigyoku-Signaturen. Meigyokusai (1896-1991) 667 Tätig in Tokyo und Kyoto Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, Tiere, vor allem Zodiakustiere Hiraga Tanetsugu wurde am 20. Dezember 1896 in Tokyo geboren. 1918 begann er seine Lehre bei Ishikawa Shôgin, der in der Tradition des Asahi Gyokuzan (18431923), des berühmten Schnitzers von Totenschädeln, stand. Von 1920 bis 1922 war er Mitglied der Tôkyô chokkôkai (Tokyo Bildhauer-Gesellschaft) und bereits vor dem Alter von 25 Jahren erhielt er Preise. Bis zum Alter von 70 Jahren (Kinsey 1977, S. 185), einer anderen Quelle nach bis 1935 (INCSJ, Jg. 4, Nr. 1 [Juni 1976], S. 25), signierte er mit dem gô Meigin, danach mit Meigyokusai. Bis vor dem 2. Weltkrieg waren die Exportfirmen Toyama in Tokyo und Samurai Shokai in Yokohama seine Hauptabnehmer. 1940 zog er auf Wunsch von Kanebo Silk, die seine frühen Schnitzarbeiten verkauften, nach Kyoto. Nach dem 2. Weltkrieg war H. Nakayama in Kyoto bis 1967 sein Abnehmer. Als senryûDichter mit zahlreichen Schülern führte er den Namen Kôju. Er schnitzte Netsuke und okimono bis ins hohe Alter. Meigyokusai starb am 21. August 1991 in seinem Haus am Biwa-See in der Präfektur Shiga. Seine Schüler waren sein Sohn →Tanetoshi, →Keiun und Meikei. Meigyokusais Technik und Motive waren vielfältig. Er folgte der Tradition und zeichnete sich durch dunkle Einfärbungen, farbige Fassungen und sorgfältige Politur aus. Am berühmtesten sind seine Darstellungen der Tierkreiszeichentiere, die sich um ein stehendes Pferd scharen und die er ab ca. 1960 häufig schnitzte. Die Firma Tsuruki, ein Antiquitätengeschäft in Kyoto, Shinmonzen, dessen Hauptangesteller Herr Nakayama war, beauftragte ihn, 100 Stücke zu schnitzen und Signaturen berühmter Schnitzer darauf anzubringen. Es gibt dieses Modell mit der Signatur →Okatomo, →Masanao und →Tomotada. 283 Als Sammler davon erfuhren, baten sie den Schnitzer, die Signatur zu entfernen und mit eigenem Namen zu signieren, meist dann auf einem roten Lackplättchen (Willi Bossard, "Collecting Netsuke", in: Daruma 39, Jg. 10, Nr. 3 [Sommer 2003], S. 49). Minkô (1735-1816) 80, 229, 230, 527, 601 Tätig in Tsu Arbeitete in Holz Motive: Tiere und Figuren Tanaka Minkô, der sich auch Tadamitsu und Juntoku nannte, wurde 1735 in Nakatsuge, Provinz Iga (heute Präfektur Mie) geboren. Sein Name war Iwaemon, sein chômei Minkô. Anfänglich schnitzte er buddhistische Schreine (butsudan). Er erregte die Aufmerksamkeit des Tôdô daimyô von Tsu (heute Präfektur Mie), der ihn in seine Dienste aufnahm. Minkô zog nach Tsu und lebte im Haus des Oumaba. Er wurde mit verschiedenen Schnitzarbeiten beauftragt: Pfeifen, Weihrauchdosen, Pinselbehälter, Schwerter, Schwertschmuck, Netsuke, okimono, Deckel für Tuschereibsteine und tonkotsu. Minkô betätigte sich aber auch als miyaborishi (Schnitzer von Architekturschmuck in Schreinen und Tempeln). Ueda und Okuno (1996, S. 21-22) geben unterschiedliche Angaben zu den von ihm geschaffenen, datierten Schnitzwerken. Die Haupthalle des Jôfukuji in Kanbe-Kogori, Iga (das heutige Ueno in der Präfektur Mie), wurde auf Geheiß des Tôdô daimyô in der Ära Kansei (1789-1801) renoviert. Von Minkô stammen die 1796 datierten Darstellungen eines shishi und eines Elefanten auf zwei Balken (kôryô) im Inneren und ein Phönix an der Fassade der gleichen Halle. Im letzteren Fall sind die zyklische Datierung und das ebenfalls angegebene Lebensalter nicht in Einklang zu bringen. Seine datierten Netsuke stammen aus den Jahren 1789 bis 1816. Minkô war auch Maler, der dem Stil des Soga Shôhaku (1730-1781) folgte, der ebenfalls aus Ise stammte. Minkô starb am 29.8.1816 und ist im Rinshôji in Nakatsuge begraben. Minkô verwendete für seine Schnitzarbeiten Buchsbaum, Sandel-, Eben- und KakiHolz. Die Augen der Tiere, vor allem der Tiger und tanuki, bestehen aus Gelbmetall oder dunklerem Holz. Für tonkotsu benutzte er auch Einlagen aus Elfenbein, Perlmutter und fremden Hölzern. Die Netsuke-Motive des Minkô sind vor allem Tiere des Zodiakus. Unter diesen kommt der Tiger besonders häufig vor, entweder mit Jungen oder sich das Hinterbein leckend. Entgegen ihrem eigentlichen Wesen wirken diese Raubtiere mit ihren dicken, runden Tatzen und gut ausgearbeiteten Klauen wie harmlose, überdimensionierte Katzen. Der tanuki, der auf seinem Bauch trommelt, ist ein anderes, häufiges Sujet des Minkô. Zudem schuf er Kröten, Fische, Nüsse und Pilze. Sein berühmtestes, figürliches Motiv ist Kiyohime und die Glocke des Dôjôji. Zu seinen Figuren zählen aber auch oni, Daruma, Okame, Skelette und Rattenfänger. Sowohl das Sôken kishô als auch das Mieken senken ihô (Ortsverzeichnis der Mie Präfektur) erwähnen die Trick-Netsuke von Minkô: ein Daruma mit beweglichen Augen, die bewegliche Made in einer Nuß und Anchin unter der Glocke des Dôjôji mit beweglichem Gesicht (Ueda 1954, S. 183-184). 284 Minko hat seinem chômei gelegentlich Namen Juntoku, Tsu-han (im Dienst der Tsu), Gose und manchmal seine Altersangabe hinzugefügt. Aus den Altersangaben geht hervor, daß seine besten Arbeiten kurz vor seinem Tod entstanden sind. Da er ein sehr beliebter Schnitzer war, wurden seine Arbeiten schon zu Lebzeiten gefälscht. Die Signatur auf dem tanuki-Netsuke, Kat. Nr. 229, und der Affengruppe, Kat. Nr. 527, muß angezweifelt werden. Minkoku (tätig Mitte 19. Jh.) 364 Tätig in Edo Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Figuren und Tiere Hier handelt es sich um Minkoku II, der wie sein Vater das gô Genryôsai führte und in Edo lebte. Er schuf zahlreiche, sorgfältig ausgeführte, figürliche Arbeiten, die sowohl Menschen aus dem Alltag als auch Gestalten aus dem japanischen Legendenschatz darstellen. Seine manjû dekorierte er in versenktem Relief und ihre Art entspricht dem Zeitstil von ca. 1850 bis 1860. Eine Signatur in einer gezackten Reserve, wie hier bei Kat. Nr. 364, ist zwar ungewöhnlich, doch in gleichem Schriftduktus auch auf einem manjû in der Collection Baur (C 670) anzutreffen. Minkoku (tätig ca. 1870) 355, 613 Tätig in Tokyo Arbeitete in Elfenbein Lazarnick zeigt neben der Signatur dieses Minkoku ein Netsuke, das ein Sujet des Kato →Masayuki ist. Die Motive der Kat. Nrn. 355 und 613 wurden auch von →Hôjitsu geschnitzt (ehemalige Sammlung Gô, Arakawa 1983, Kat. Nr. 111 und Klefisch, Köln, Auktion 20.11.2004, Lot 338). Der Schnitzer, der diese Signatur verwendete, kann daher als Kopist angesehen werde. Minkoku (tätig 20. Jh.) 267 Obwohl es sich bei dieser Signatur vielleicht um die des Minkoku II. handelt, kann der Schnitzer aufgrund seines Stils nicht der Minkoku-Gruppe zugeordnet werden. Die modernistische Konzeption des Sujets und die fahrig-unkonventionell geschriebene Signatur, die auch Ryôkoku gelesen werden könnte, lassen vermuten, daß es sich um eine Arbeit des 20. Jahrhunderts handelt. Minkoku (1833-1916) 201 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Metall Kagamibuta Ikedo Minkoku I. wurde in Edo geboren und war ab 1840 Schüler von Ohara Sôyo. Sein Name war Sogorô, sein gô Ippôsai. Er lebte in Tokyo Shitayaku. Minkoku I. schuf kozuka (Beimessergriffe) und menuki (Griffzierate) für Schwerter, aber auch zahlreiche Platten für kagamibuta. Aus einer Signatur geht hervor, daß er mit Ono Ryômin zusammengearbeitet hat. Die Motive der kagamibuta-Platten sind meist figürlich. Gerne kombinierte er farbige 285 Reliefs (iroe takazôgan) mit flachen Einlagen (hirazôgan) aus shakudô. Aus den Aufschriften geht hervor, daß er Motive berühmter Maler wie Sesshû, Kôrin oder Tan’yû auf seine kagamibuta-Platten übertrug. Die Schreibweise der Signatur und des kaô variiert. Gelegentlich sind dem chômei verschiedene, andere gô beigefügt: Shôkasai, Kôrinsai oder Ryusai. Möglicherweise handelt es sich um eine größere Werkstatt, deren Künstler sich nur durch die gô unterschieden. Minkyoku (tätig spätes 19. Jh.) 732 Bei in der Horizontalen angeordneten Schriftzeichen ist die traditionelle Lesung von rechts nach links. Demzufolge müßte die Signatur Kyokumin gelesen werden. Da jedoch das linke Schriftzeichen wenig größer als das rechte ist und in der Meiji-Zeit die Sitte aufkam, auch von links nach rechts zu schreiben, ist die Signatur wohl Minkyoku zu lesen. Dieser Schnitzer ist nicht verzeichnet. Mitsuharu (tätig 2. Hälfte 18. Jh.) 452, 775, 787 Tätig in Kyoto Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere und Früchte Mitsuharu wird im Sôken kishô erwähnt: „Er stammt aus Kyoto, und es gibt einige Netsuke mit seiner Signatur“. Nach Davey arbeitete er im Stil des →Tomotada. Berühmt wurde er für seine Darstellungen von Ginkgo-Nüssen, die aber auch von anderen Kyoto-Künstlern gefertigt wurden. Am häufigsten sind seine Darstellungen kraftstrotzender Tiger und Fabeltiere. Meinertzhagen meint, daß echte Netsuke von ihm rar seien. Die Signaturen der Kat. Nrn. 755 und 787 müssen wegen des Stils als nicht authentisch angesehen werden. Mitsuhiro (1810-1875) 754 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere, Früchte und Gegenstände Ôhara Mitsuhiro wurde 1810 in der Hafenstadt Onomichi, Provinz Bingo (heute Präfektur Hiroshima) geboren. Mit 17 Jahren ging er bei einem Hersteller von shamisenPlektren in die Lehre. Anfangs benutzte er die Elfenbein-Reststücke für seine Netsuke. Bereits 1837 schrieb er seine Ideen zu Netsuke-Themen nieder und gab diesen Notizen den Titel Takarabukuro (Schatzbeutel). Diese Aufzeichnungen, die 252 Netsuke Stück für Stück beschreiben, waren 1978 im Städtischen Museum von Onomichi ausgestellt, und Raymond Bushell hat sich dafür eingesetzt, daß sie publiziert wurden. 1858 zog sich Mitsuhiro wegen Krankheit in seine Heimatstadt zurück, wo er 66jährig starb. Seine datierten Netsuke stammen aus den Jahren 1837 bis 1854. Mitsuhiro hatte keine direkten Schüler, aber zahlreiche, andere Schnitzer arbeiteten in dem von ihm begründeten OsakaStil und schufen Netsuke mit Themen, die im Takarabukuro beschrieben sind. Neben Vögeln wie Kraniche, Gänse, chidori und Tauben schuf Mitsuhiro Kaki und japanische Mispel (biwa), beide mit quer über der Frucht liegendem Stengel, 286 der das himotôshi bildet. Andere Motive aus der Flora sind Bambusstamm, -blätter und Seegurke (namako) mit aufliegender Kastanie. Eine Besonderheit Mitsuhiros sind die naturalistischen Darstellungen von Alltagsgegenständen, u.a. Zwinge des Schwertgriffs (fuchi), Tuschestein (sumi) sowie Fushimi-Tonpuppen. Figuren, mit Ausnahme von Daruma, sind bei Mitsuhiro selten. Tiere, Pflanzen und Gegenstände sind durch einfache und fließende Konturen bestimmt, wobei Mitsuhiro gelegentlich das Motiv stilisierte. Typisch für diesen Schnitzer sind die Patinierung und Politur. Er färbte Elfenbein bernsteinfarben ein. Das Material besitzt zudem einen cremeartigen Glanz, die Durchsichtigkeit von Porzellan oder den Schimmer von Email (Atchley 1983, S. 10). Die Details seiner Netsuke wurden in Gravur (katakiribori und kebori) mit einem Rattenzahn ausgeführt. Die Signatur der Kat. Nr. 754 stammt nicht von der Hand des Mitsuhiro. Mitsunobu 585, 623 Keine der beiden Signaturen können einem der sechs von Meinertzhagen und Davey erwähnten Mitsunobu zugeordnet werden. Mitsushige (tätig ca. 1840-1860) 854 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, Schildkröten und manjû Aufgrund des Stils und des Namensbestandteils mitsu kann man davon ausgehen, daß Mitsushige aus dem Umfeld des Ôhara →Mitsuhiro (1810-1875) stammt. Dies wird weiter belegt z.B. durch ein Hotei-Netsuke, das Mitsushige nach einem Modell des Mitsuhiro, das 1841 datiert ist, fertigte (British Museum, Sammlung Hull Grundy, Harris 1987, Kat. Nr. 23). Mitsutsugu (tätig ca. 1850-1860) 153, 221 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Mitsutsugu war mit großer Wahrscheinlichkeit einer der zahlreichen Nachfolger des Ôhara →Mitsuhiro (1810-1875). Miwa (Schnitzersignatur seit 1757) 437 Tätig in Edo Arbeitete in Holz Motive: Figuren, seltener Tiere Das Sôken kishô führt Miwa nach den hochgelobten Shûzan, Unjudô Shumemaru und Ogasawara Issai an vierter Stelle auf. Inaba kennt seinen Familiennamen nicht, weiß aber, daß er in Edo Sekiguchi Suidô lebte. Inaba schreibt: "War geschickt. Es gibt Schnitzereien von Kindern beim Löwentanz (shishi asobi) und Krakenfänger (tako ryoshi). Seine Arbeiten sind aus unbemaltem Holz (subori) und Kirschbaumholz, die Löcher des himotôshi sind in hellgrün (moegi) gefärbtes Hirschhorn gefaßt. 287 Er verwendete kein Elfenbein.“ (Bd. 7, S. 8a). Ueda erwähnt einen Hiromori Miwa Yûkan, der sich Kiinokuniya Shôzaemon nannte, einen Miwa Zaiei, der möglicherweise mit Yûkan identisch ist, und einen Miwa Rikan. Von Miwa Zaiei (?-7.7.1789), der das gô Kashinsai führte, sind drei kleine, sitzende Portraitfiguren erhalten: Der Teemeister Rikyû, datiert 1757, im Victoria & Albert Museum (MCI, S. 560), ein Mönch namens Shimeiten?, möglicherweise Sesshû, datiert 1784 (BAFJ, Nr. 34 [Oktober 1991], S. 4243 und Nr. 64 [April 1999], S. 38-39) und der Maler Sesshû, aus dem Jahr 1787, im British Museum, London (L. Smith und V. Harris, Japanese Decorative Arts from the 17th to the 19th centuries, London 1982, S. 58, Abb. 36, hier fälschlicherweise 1788 datiert). Im Laufe dieser dreißig Jahre hat sich der Stil des Miwa beträchtlich gewandelt. Die frühe Figur ist relativ summarisch gearbeitet. Das dunkle Holz hat eine glatte, glänzende Oberfläche. Die späteren Figuren sind aus hartem, hellen Holz, das unterschiedlich Färbungen aufweist. Gewand und Gesicht zeigen einen scharfkantigen und präzisen Realismus. Der Signatur Miwa folgt auf beiden Stücken das typische siegelförmige Signet. Wenngleich die Portraitskulpturen und die kleinen Netsuke aufgrund ihrer unterschiedlichen Größe nur schwer vergleichbar sind, so ist doch beiden ein entschiedener Realismus und die flache Basis gemeinsam. Miwa Zaiei ist in dem Malerlexikon Koga bikô erwähnt. Asaoka Okisada (1800-1856) nennt ihn einen Maler von Affen und schreibt, daß seine Schnitzarbeiten als miwabori (Miwa-Schnitzereien) bekannt waren. Es gibt unter den mit „Miwa“ signierten Netsuke große, überlange Insulaner mit Tambourin, Ausländer und sennin. Manche von ihnen sind dem 1750 datierten Netsuke im Musée d'Ennery in Paris vergleichbar und können daher wohl in die frühe Zeit der Miwa-Werkstatt, ca. 1757, datiert werden. Aber die typischen Miwa-Netsuke sind die kleinen, kompakten Figuren bei alltäglichen Beschäftigungen (shishi-Tänzer, Niesender, Masseure, Blinde, Steinheber, Puppenspieler, sarumawashi, Kinder), von denen bereits das Sôken kishô berichtet. Sie sind fast immer aus sehr dunklem Holz und haben eine flache Unterseite, in der sich die in grün gefärbtes Hirschhorn gefaßten himotôshi-Löcher befinden. Augen aus Glas und Glimmer sowie Zähne aus Elfenbein tragen zum übersteigerten Realismus der oft verzerrten Gesichter bei. Die leicht lesbare Signatur wurde ab 1757 verwendet. Wie lange sie über den Tod von Miwa Zaiei im Jahr 1789 hinaus verwendet wurde, kann nicht genau gesagt werden. Einigen Miwa-Signaturen sind Namen wie Zaiei, Rikan, Shiryu, Chôzai beigefügt. Daher kann man vermuten, daß Miwa der Name einer großen Werkstatt war, in der etliche Schnitzer arbeiteten. Die meisten von ihnen verwendeten das typische Signet, das seit 1757 in Gebrauch war. Nagatsugu (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 75 Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Figuren Meinertzhagen ordnet diesen Schnitzer in die Gruppe um Nagamitsu aus Edo ein. Der Stil des Netsuke Kat. Nr. 75 spricht 288 aber nicht unbedingt für eine Herstellung in Edo. Naoaki (tätig spätes 19. Jh.) 274, 522 Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, Tiere Meinertzhagen erwähnt einen Tadahisa Naoaki, der ein Holz-Netsuke eines liegenden Pferdes schnitzte. Hier handelt es sich jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit um einen anderen Schnitzer. Naokazu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 898 Davey listet drei Schnitzer mit Namen Naokazu, doch welchem von diesen das Masken-Netsuke hier zuzuordnen ist, bleibt offen. Einer der Schnitzer führte das gô Kôryûsai. Laut Ueda war dieser in der Ära Tenpô (1830-1843) tätig, und sein kaô basierte auf dem Namen Kôryûsai Naokazu. Natsuki 612 Aus stilistischen Gründen kann es sich nicht um den Schnitzer Natsuki handeln, der vor allem Figuren schnitzte und in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Kyoto oder Osaka gearbeitet haben soll. Die Signatur hier muß als apokryph angesehen werden, obwohl sie denen im MCI abgebildeten sehr ähnlich ist. Nobuyoshi (tätig 19. Jh.) 279 Nicht verzeichnet Norishige (tätig ca. 1830-1860) 115 Tätig in Edo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Norishige, der in Edo gearbeitet haben soll, stellte kleine, komplexe Figurengruppen aus chinesischen und japanischen Legenden oder dem Alltag her. Die Figuren stehen fast immer auf einer flachen Sockelplatte. Okakoto (tätig ca. 18001840) 336 Tätig in Kyoto Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere und Figuren Über Okakoto gibt es keinerlei biographische Angaben. Jonas und Ueda führen ein Netsuke an mit der Altersangabe „80 Jahre“. Nach Ueda war er in der Ära Tenpô (1830-1844) tätig. Nicht nur der Namensbestandteil oka, sondern auch die Tiermotive und sein Stil weisen ihn als einen Schüler des →Okatomo aus Kyoto aus. Die Tier-Netsuke folgen ganz der Manier des Meisters. Die figürlichen Arbeiten hingegen stammen möglicherweise aus späteren Jahren, als der Publikumsgeschmack in den Großstädten historische und humoristische Figurendarstellungen bevorzugte. 289 Okatomo (tätig 2. Hälfte 18. Jh.) 256, 780 Raku (tätig ca. 1800) 344 Tätig in Kyoto Arbeitete in Elfenbein, gelegentlich in Holz Motive: Tiere, Gemüse, seltener Figuren Tätig in Osaka (?) Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, Tiere und Pflanzen Laut dem Sôken kishô lebte Yamaguchi Okatomo in Kyoto Higashiyama. Meinertzhagen erwähnt zwei Netsuke mit der Altersangabe 78 bzw. 88 Jahre. Er bezweifelt jedoch die Echtheit dieser Signaturen. Okatomo hatte eine Anzahl von Schülern, die seinen Stil forführten, u.a. →Okakoto, Okanobu und Okatori. Okatomo ist einer der drei großen KyotoNetsuke-Schnitzer des späten 18. Jahrhunderts. Er kommt aus der Stiltradition des →Tomotada. Seine Arbeiten sind jedoch etwas kleiner, die Köpfe kantiger und auch die Fellgestaltung unterscheidet sich von der des Tomotada. Okatomo bevorzugte Elfenbein und wählte vor allem ZodiakusTiere als Thema seiner Netsuke. Figuren sind in seinem Œuvre fast nicht anzutreffen. Berühmt geworden ist er für die Darstellungen von Wachteln auf Hirseähren. Das Gefieder der Vögel, die in der Regel in entgegengesetzte Richtungen schauen und auf rund gelegten Hirsekolben stehen, ist sehr präzise ausgearbeitet. Diese Arbeiten zeigen, daß er sich von seinem Vorbild Tomotada gelöst hat. Die Wachtel-Netsuke wurden bereits zu seinen Lebzeiten kopiert und seine Signatur gefälscht. Dieser Künstler plazierte seine Signatur, die aus dem einzelnen Schriftzeichen raku besteht, in eine spitzovale, gezackte Reserve, oder er signierte in Siegelform. Ôsai (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 892 Nicht verzeichnet Rakumin (1804-1877) 275 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Toki (Ho) Rakumin wurde laut Jonas 1804 geboren. Sein Name war Hoda Kinbei. Er erhielt den Titel hôgen (Ehrentitel des 2. Ranges für Künstler). Sein kaô waren Jitokusai und Kotekisai. Er stammte aus Tsuchiura in der Provonz Hitachi (heute Präfektur Ibaraki) und starb dort am 6.1.1877. Rakumin muß hoch angesehen gewesen sein und zählte zusammen mit →Hôjitsu zu den besten Schnitzern in Tokyo. Er schnitzte amüsante und groteske Figurenthemen, die sich für den Export in den Westen gut eigneten. Die Signatur auf dem vorliegenden Stück ist atypisch. Vielleicht handelt es sich um eine Werkstattarbeit oder um einen anderen Schnitzer gleichen Namens. Rakuôsai (tätig Mitte 19. Jh.) 713 Arbeitete in Elfenbein und Holz 290 Motive: Maskengruppen und Tiere Motive: Tiere Meinertzhagen bildet vier Maskengruppen ab. Möglicherweise hat sich dieser Schnitzer auf dieses Thema spezialisiert und kompakte Formen bevorzugt. Ran’ichi ist einer der zahlreichen Schüler des →Rantei. Er spezialisierte sich auf Tiere, deren Fell sehr sorgfältig ausgearbeitet ist. Die Signatur befindet sich oft in einer spitzovalen Reserve. Rakuzan (tätig Mitte 19. Jh.) 543 Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere Meinertzhagen erwähnt das Netsuke eines Hündchens von einem Schnitzer mit Namen Rakuzan. Schnitzstil und Schriftduktus sind vergleichbar mit Kat. Nr. 543. Ranmei (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 591, 687 Tätig in Kyoto Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere Ranboku (tätig Mitte 19. Jh.) 698 Aufgrund des ersten Schriftzeichens ran und dem mit dem Schriftstil des Meisters vergleichbaren Schriftduktus, war Ranmei wohl ein Schüler des →Rantei. Sein häufigstes Motiv war der Tiger. Tätig in Kyoto Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere Ransen (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 516 Aufgrund des ersten Schriftzeichens ran und der Thematik kann man annehmen, daß es sich um einen Schüler des →Rantei handelt, der einen sehr großen Schülerkreis hatte. Er arbeitete in reinweißem Elfenbein. Lazarnick bildet ein Hasen-Netsuke ab, Meinertzhagen erwähnt ein Netsuke von gleichem Motiv wie Kat. Nr. 698. Ran’ichi (tätig Mitte 19. Jh.) 558, 632 Tätig in Kyoto Arbeitet in Elfenbein Tätig in Kyoto Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere Ransen war ein Schüler des →Rantei. Er fertigte wie alle aus der Rantei-Schnitzergruppe Tiger, Hasen, Ratten, Affen und andere Tiere. Rantei Schnitzersignatur seit ca. 1790 40, 172, 216, 434, 804 Tätig in Kyoto Arbeiteten in Elfenbein, seltener in Holz Motive: Tiere und Figuren 291 Nagai Rantei kam laut Ueda aus der Provinz Izumo (heute Präfektur Shimane) nach Kyoto. Vom Prinzen Ninnaji soll er den Auftrag erhalten haben, eine Nuß mit 1000 Affen zu beschnitzen. Aus einer Reihe von Signaturen geht hervor, daß er den Ehrentitel hôgen führte. Er muß also ein angesehener und in höchsten Kreisen geschätzter Schnitzer gewesen sein. Rantei führte eine außerordentlich produktive Werkstatt mit zahlreichen Schülern. Er arbeitete vorwiegend in Elfenbein, das er gelegentlich stark einfärbte. Die Augen seiner Netsuke sind in verschiedenen Materialien – darunter auch Glas – eingelegt. Er schuf vor allem Tier-Netsuke mit sehr fein ausgearbeiteten Fellgravuren. Besonders Hasen aus nur wenig gefärbtem Elfenbein, mit Pupillen oft aus Bernstein und mit stark gekrümmtem Rücken werden eng mit seinem Namen verbunden. Diesen Tiere, vor allem die Tiger, besitzen nicht die Kraft und Ausstrahlung der frühen Kyoto-Arbeiten. Rantei hat auch figürliche Sujets geschnitzt. Der Gesichtsausdruck der Figuren ist lieblich. Nach Ueda war Rantei in der Ära Kansei (1789-1801), nach Meinertzhagen war er ca. 1830 bis 1860 tätig. Außer der Unklarheit über seine Schaffenszeit fallen die erheblichen Stilunterschiede der mit Rantei signierten Stücke auf. Zwei Netsuke eines Elefanten mit spielenden Kindern tragen die Signatur Nagai Rantei Seiyô. Seiyô ist hier sicherlich keine Ortsbezeichnung, wie Davey annimmt, sondern ein zusätzlicher Künstlername. Beide Arbeiten sind Exportstücke der Meiji-Zeit. Aufgrund der großen Zahl der von ihm signierten Netsuke, die stilistisch uneinheitlich sind, sowie der von Lazarnick dargelegten unterschiedlichen Schreibweisen der Signaturen und der Existenz eines Rantei Seiyô nimmt man an, daß es mehr als einen Rantei gegeben hat. Rensai (tätig spätes 19. Jh.) 796 Es kann sich hier nicht um Rensai, den Schnitzer aus Asakusa in Tokyo handeln, der immer ein klar geschriebenes Siegel Ren verwendete oder in kaisho signierte. Rensai (tätig 20. Jh.) 237 Nicht verzeichnet Ryôji (tätig ca. 1860-1880) 436 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Holz, Elfenbein Motive: Figuren Ono Ryôji gehörte der Werkstatt des →Ono Ryômin (1833-?) an. Ryôkô (tätig ca. 1860-1880) 69 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Ono Ryôkô gehörte der Werkstatt von →Ono Ryômin (1833-?) an. 292 Ryômin (tätig ca. 1860-1890) 212 Flusses, führte. Dort wurden Netsuke und okimono vor allem für den Export hergestellt. Er hatte zahlreiche Schüler, die das Zeichen ryô im Namen führten. Ono Ryômin schnitzte vor allem karako. Auf den manjû hingegen sind historische Figuren dargestellt. Ein beliebtes Modell war das manjû mit Darstellung von Enmaô, Jizô und oni nach einer Vorlage des Malers Hanabusa Itchô (1652-1724). Es gibt 1863 und 1864 datierte Beispiele (Jirka-Schmitz 2000b, Bd. 2, S. 87, Kat. Nr. 106). Daß er sich von Illustrationen in Holzschnittbüchern inspirieren ließ, belegen auch zwei manjû (Davey 1974, Nr. 316 und MCI, S. 656), deren Dekore an die Darstellungen von außer Rand und Band geratenen Geistern von Kawanabe Kyôsai erinnern. Das Kyôsai hyakki gadan (Kyôsais Bilder der hundert Dämonen), aus dem diese Illustration stammen könnten, erschien posthum 1889. Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren und manjû Ryôshû II (1912-1982) 327 Ryôkô (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 206 Schreibweise des ersten Zeichens und mangelnde Detailqualität dieses Netsuke schließen aus, daß es sich um Ono →Ryôkô, ein Schüler des Ono →Ryômin, handelt. Ryômin (tätig 19. Jh.) 324 Ein Künstler, der in dieser Weise signierte, ist zwar bei Davey aufgelistet, doch das Netsuke in der Sammlung Brockhaus, auf das er hinweist, ist de facto mit einem anderen Schriftzeichen ryô geschrieben. Sein Familienname war Ono, wie aus zahlreichen, signierten Netsuke hervorgeht, sein persönlicher Name war Mataemon und sein gô Kotekisai. Ein Netsuke mit Fährboot-Darstellung ist auf das Jahr 1878 datiert (MCI, S. 656). Er verwendete im Gegensatz zu anderen Schnitzern immer wieder dasselbe kaô. Selten erscheint ein rotes Lacksiegel Ono. Die Schreibweise der Zeichen ryô und no variert. Meinertzhagen nennt das Geburtsjahr 1833 und hält Ono Ryômin für einen Schüler des →Rakumin. Auch schreibt er, daß er in den 1880er Jahren eine große Werkstatt für Elfenbeinschnitzerei in Mukôjima, am linken Ufer des Sumida- Tätig in Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere und Figuren Miyazawa Shôzô wurde am 18.8.1912 in Tokyo geboren. Er lernte die Elfenbeinschnitzerei bei seinem Vater Miyazawa Seijirô (Ryôshû I.). Nachdem er sich zunächst mit Malerei beschäftigte, beschloß er mit dreißig Jahren, Netsuke-Schnitzer zu werden. Bekannt sind seine humorvollen Darstellungen von kappa und Daruma mit beweglichen Augen. Ca. 1970 begann er Fische und abstrakte Tiere zu schnitzen. Oft färbte er das Elfenbein stark ein. 293 Ryûchin (tätig ca. 1850/1870) 242, 356, 378, 405, 856 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren und Stilleben, manjû Yamada Bunjirô (oder Motojirô) verwendete das chômei Ryûchin sowie das gô →Gyokuhôsai, →Gyokuhô und Gyokusai. Laut Ueda war er der Schüler des →Ryûkei in Edo/Tokyo und von der Ära Keiô (18651868) bis in die Meiji-Zeit tätig. Meinertzhagen jedoch bringt ihn auch in Verbindung mit →Gyokuyôsai. Die von ihm vermutete Schaffensperiode, ca. 1830-1860, dürfte im Hinblick auf seinen Stil zu früh angesetzt sein. Er war Lehrer des Nishino Hômeisai Kôgyoku (1858-?). Die verschiedenen gô Gyokuhôsai, →Gyokuhô und Gyokusai führen zu einer ziemlichen Verwirrung, vor allem, wenn der Schnitzer nur mit einem dieser gô signierte. Die Signaturen Gyokuhô sind in einer klaren Regelschrift geschrieben. Das kaô ist mit dem des Ryûchin vergleichbar, aber nicht identisch. Die manjû haben eine große, flache, runde Form oder sind klein und abgerundet viereckig. Der Schriftstil der Signatur Gyokuhôsai in Regelschrift, die gelegentlich von dem Siegel „Ryûchin“ gefolgt ist, ist sehr vergleichbar mit den Signaturen „Ryûchin“. Die kursiv geschriebene Signatur Gyokuhôsai muß nicht unbedingt mit Gyokuhôsai Ryûchin identisch sein. Die in Kursivschrift Gyokuhôsai signierten Netsuke stellen in den meisten Fällen Früchte oder dichte Arrangements von Gegenständen dar, die denen des Ryûchin sehr ähneln. Die zahlreichen, figürlichen Netsuke des Ryûchin haben einen erzählerischen Cha- rakter. Um eine Hauptfigur gruppieren sich kleinere Gestalten. Bei den Zodiakusgruppen zeigt sich eine Vorliebe für dichte, kompakte Arrangements. Die Ryûchin-Werkstatt schuf vor allem Stilleben-Netsuke, die meist Gyokuhôsai signiert sind: Spielzeug, Muscheln und Fische, Teezeremonie- und Küchenuntensilien sowie Gegenstände, die die vier Stände repräsentieren. Oft wurden die Früchte oder die Schneckengehäuse mit Landschaften in anabori versehen. Ryûchin wählte Ansichten von Uji, den berühmten Häfen und den sankei (die drei schönsten Landschaften Japans: Miyajima, Matsushima und Amanohashidate) oder Tamagawa-Ansichten. In den meisten Fällen wird die Szenerie durch eine Inschrift in feiner, schwarz eingefärbter Gravur identifiziert. Ryûgi (tätig spätes 19. Jh.) 288 Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Aus einer bei Lazarnick abgebildeten Signatur geht hervor, daß sein Familienname Yamamoto war. Ryûgyoku (tätig ca. 1860-1880) 690 Tätig in Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Bei Meinertzhagen sind drei RyûgyokuNetsuke abgebildet, deren Signatur in derselben Art (das erste Zeichen Kursiv-, das 294 zweite in Regelschrift) geschrieben ist und sich in einer ovalen oder gezackten Reserve befindet. Er benutzte das Siegel Seikô (Kiyomitsu). Meinertzhagen meint, daß er aus der Schule des Gyokuhôsai →Ryûchin stamme. Verifiziert wird diese Aussage durch das vorliegende manjû, das es in ganz ähnlicher Art auch von Ryûchin gibt (Schwarz 1992, Nr. 362). Ryûkei (tätig Mitte 19. Jh.) 366 Tätig in Edo Arbeitete in Holz Motive: Figuren Die Signatur ist entweder die des Ryûkei I. oder Ryukei II. Ersterer stammte aus Kyoto und zog später nach Edo, wo er in Honjô Kitashinmacho lebte und bei Hôkei lernte. Sein gô war Shinshisai. Er führte den Titel hôkyô, der niedrigste Ehrentitel für Künstler. Ryûkei I. hatte zahlreiche Schüler. Eines seiner Merkmale ist, daß er seine Schnitzarbeiten mit Lack und teilweise gefärbtem Elfenbein anreicherte. Ryûkôsai (tätig Mitte 19. Jh.) 872 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Nach dem Tokyo meiko kagami wurde Ota Ryûmin 1833 geboren. Sein Name war Mataemon und 1879 lebte er in Koumemura 12 banchi. Er lernte circa acht Jahre lang bei →Rakumin. 1853 machte er sich selbständig und eröffnete eine Werkstatt in Fukagawa Fukuzumichô. Er schuf Netsuke für inrô und tabakoire für seinen Auftraggeber Miyagawa Chôjirô (wohnhaft in Koamichô) und andere. Ab ca. 1871/1872 schuf er okimono im Auftrag von Ôzeki Yahei (wohnhaft in Asakusa Kuramaechô) und Kishida Sahei (wohnhaft in Asakusa Komagatachô). In der 1. Inlandsindustrieausstellung stellte er ein okimono einer Figur von Ôta Dôkan bzw. eine Passagierfähre, eingereicht von den beiden Auftraggebern, aus. Nach der Meiji-Restauration verringerte sich seine Produktion um 20%. Ryûraku (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 278 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Holz und Elfenbein Motive: Figuren und Tiere Es kann sich bei diesem Schnitzer nicht um →Jugyoku handeln, der das gô Ryûkôsai führte. Das MCI führt ein fast identisches Netsuke mit Signatur Ryûkôsai an. Jonas und Ueda schreiben, er habe im 18. Jahrhundert kleine Masken geschnitzt. Dies widerspricht dem Bestand erhaltener Netsuke, die in die Mitte des 19. Jahrhunderts zu datieren sind. Meinertzhagen ordnet ihn in die Gruppe um →Ryûkei ein. Viele Netsuke habe eine flache Standfläche. Ryûmin (tätig ca. 1850-1880) 438 Ryûsen (tätig ca. 1850-1870) 65, 800 Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren 295 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere und Gegenstände Horiuchi Ryûsen war Lehrer von Takeuchi Kyûichi (1857-1916). Laut Ueda starb Ryûsen kurz nachdem der 13jährige Kyûichi bei ihm in die Lehre kam. Die Netsuke des Ryûsen stellen meistens Stilleben dar, die in der Art von ryûsamanjû gearbeitet und in anabori dekoriert sind. Der Unterschied der beiden Signaturen erklärt sich dadurch, daß das erste Schriftzeichen der Signatur des Netsuke Kat. Nr. 65 die verkürzte Form des Schriftzeichens der Signatur des Netsuke Kat. Nr. 800 ist. Beide Stücke zeigen einen ähnlichen anabori-Dekor: im Vordergrund innen steht ein Baum, dessen Stamm unterschnitten geschnitzt ist, während die Krone in Gravur außen auf der glatten Oberfläche wiedergegeben ist. Seiha (tätig 20. Jh.) 71, 177 Nicht verzeichnet Seikanshi (tätig ca. 1850) 192 Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein, gelegentlich in Holz Motive: Figuren und Tiere Über Seikanshi gibt es keinerlei biographische Angaben. Aus der Signatur eines Netsukes im gleichen Schriftstil in der Collection Baur (C 88) geht hervor, daß er auch den Namen Seiseisai Kanshi benutzte. Die Übernahme des Hotei-Motivs von Ôhara →Mitsuhiro (1810-1875) aus Osaka (NKSJ, Jg. 6, Nr. 2 [Sommer 1986], S. 30) läßt vermuten, daß er in Osaka tätig war. Er arbeitete hauptsächlich in ungefärbtem Elfenbein und schuf Figuren aus dem Buddhismus oder Volksglauben, aber auch Tiere und manjû. Seizan (tätig spätes 19. Jh.) 318 Ein Künstler dieses Namens wird bei Lazarnick mit einem oni-Netsuke erwähnt. Sekibai (tätig spätes 19. Jh.) 925 Dieses Signatur ist nur bei Bushell (1985, Sign.-Nr. 268, Tafel 208) angeführt. Er liest die Schriftzeichen Sekitan. Ein Netsuke, im selben Stil gearbeitet (Kat. Nr. 926), ist →Gyokuzan signiert. Zwischen den beiden Schnitzern muß eine enge Beziehung bestehen. Entweder arbeiteten sie in derselben Werkstatt oder es handelt es sich um denselben Künstler, der zwei verschiedene Namen verwendete. Sekkô (tätig Mitte 19. Jh.) 79 Dieser Schnitzer ist nur durch dieses einzige Netsuke bekannt, das im MCI und bei Davey (Nr. 2318) erwähnt wird. Senpô (1919-?) 770 296 Tätig in Tokyo Arbeitet in Elfenbein Motive: Zikaden und Figuren Kobayashi Senkichi wurde am 2.3.1919 in Tokyo geboren. Er lernte die NetsukeSchnitzerei bei seinem Vater Take‘ichirô, der nach dem 2. Weltkrieg mit dem Schnitzen von Netsuke begann. 1970 stellte er erstmals auf der Zen Nihon zôge chokoku ten (Ausstellung von ElfenbeinSkulpturen aus ganz Japan) aus. Es folgten zahlreiche weitere Ausstellungen und Preise. Sein berühmtestes Motiv ist das der Zikade, das er ab ca. 1975 in Holz und Elfenbein schnitzte. Sensai (tätig Mitte 19. Jh.) 165 Arbeitete in Holz Motive: Tiere Sensai scheint ein Faible für ausgefallene Sujets gehabt zu haben. Das erste Schriftzeichen sen bedeutet Unsterblicher. Das zweite Zeichen seines Namens schreibt er in einer stark verkürzten Weise. Shibayama (Werkstattmarke seit dem späten 18. Jh.) 139, 276 Tätig in Edo/Tokyo Arbeiteten in Elfenbein und Lack sowie mit farbigen Einlagen Shibayama ist sowohl der Name einer Familie, die in Lack mit farbigen Einlagen arbeitete, als auch die Bezeichnung der Technik, Lack, Elfenbein, aber auch Holz mit Einlagen aus Schildpatt, Perlen, Perlmutter, Malachit, Koralle und Metallen zu versehen. Dieser Stil wurde ca. 1780 von Ônogi Senzô Yasumasa aus Shibayama begründet. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts waren als berühmteste Künstler dieser Familie Senzôs Enkel Shinryôsai Yasumasa (1830-nach 1879), Sôichi (1811nach 1893) und Sôchichi tätig. Von den ersten beiden sind Netsuke erhalten. Netsuke, die in Shibayama-Technik dekoriert sind, sind meist manjû aus Elfenbein. Ein häufiges Netsuke-Sujet ist der reich geschmückte Elefant. Die Werkstattmarke Shibayama befindet sich meist auf einem eingelassenen, rechteckigen Perlmutterplättchen. Shibayama Yasunobu (Ekishin) (tätig ca. 1850-1880) 842 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein mit Einlagen Motive: Manjû Meinertzhagen, der die Lesung Ekishin anwendet, erwähnt zwei Netsuke. Seit Davey hat sich der Name Yasunobu eingebürgert. Dieser Künstler hat sich auf manjû spezialisiert. Diese dekorierte er mit Stilleben, z.B. Gemüse oder Insekten in einer willkürlich anmutenden Zusammenstellung über die ganze Fläche verteilt. Seine Einlagen bestanden neben Perlmutter aus Koralle, Malachit und Aventurin. Er hat mit dem Metallkünstler Serizawa Ryûmin (ca. 1837-nach 1887) zusammengearbeitet. In der Sammlung Wrangham befindet sich ein Elfenbein-inrô, das in einem zurückhaltenden Shibayama-Stil mit shishi und 297 Päonien bzw. Kranich und Bambus dekoriert ist. Auf die Signatur Yasunobu auf einem Perlmutter-Cachet folgt ein Siegel. Shin'ichi (tätig Mitte 19. Jh.) 291 Arbeitete in Holz Motive: Tänzer Shin'ichi hat vor allem Tänzer geschnitzt. Die Gewänder sind farbig bemalt, die Gesichter naturbelassen. Sein Stil ähnelt sehr dem des →Shûzan, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts tätig war. Im Katalog der Sammlung Behrens wird das Netsuke eines Oniwakamaru mit Karpfen erwähnt (Joly 1912, Nr. 1140, ohne Abb.). Da dieser Künstler nur durch dieses eine Netsuke bekannt ist und das Netsuke das gleiche Sujet zeigt, könnte es mit dem vorliegenden Stück identisch sein. Die von Meinertzhagen gezeichnete Signatur stammt wohl nicht von dem Netsuke, sondern ist von gedruckten Schriftzeichen kopiert. Shôhaku (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 14 Nicht verzeichnet Shinsai (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 439 Vielleicht handelt es sich um den von Jonas und Ueda erwähnten Schnitzer in Elfenbein, über den nichts weiteres bekannt ist. Shin‘yû (tätig Mitte 19. Jh.) 135 Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Von diesem Schnitzer sind zwei weitere Netsuke bekannt (Collection Baur, C 211 und ehemalige Sammlung Trower, Nr. 754). Das Netsuke in der Collection Baur und diese Kat. Nr. 135 zeigen, daß Shin‘yû eine Vorliebe für Gestalten des Volksglaubens in amüsanten Situationen hatte. Shizu (tätig 19. Jh.) 252 Shôkatei Kazutsune 805 →Kazutsune Shômin (tätig ca. 1870) 857 Tätig in Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figurengruppen Ein ähnliches Netsuke mit Darstellung eines azuma-inu (Spielzeughund aus der Hauptstadt) im British Museum ist Ono →Ryômin signiert. Shômin ist daher wohl der Schnitzergruppe um Ono Ryômin zuzuordnen, was durch den Stil seiner Arbeiten bestätigt wird. Auf seine Signatur folgt gelegentlich ein kaô. In der Literatur wird die Signatur oft mit der des →Masatami, sowohl jenem aus Nagoya als auch des sog. Affen-Masatami, verwechselt. 298 Shôsai (1878-1928) 817 genannten Schnitzer dieses Namens in Verbindung zu bringen. Tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: Totenschädel, Langusten, Masken Shûdô (tätig spätes 19. Jh.) 953 Tsuda Shôsai wurde am 25.8.1878 in Osaka geboren. Er lebte in Osaka Tsurumachi und lernte bei Murata Naomitsu (18671931). Seine Schüler Hatanaka Shôroku und Nishida Shôju unterstützten ihn in seinen letzten Lebensjahren in seiner Arbeit. Shôsai starb 1928. Netsuke von Shôsai sind selten. Aus der Literatur sind ein Tiger und zwei HannyaMasken bekannt (Sammlung Bushell und Sammlung Baur). Laut Ueda hat er zahlreiche Totenköpfe und Langusten geschnitzt. Er scheint eine Vorliebe für besonders kleine Netsuke gehabt zu haben. Shôunsai 81, 446 →Joryû Shôzan (tätig Mitte 19. Jh.) 362 Eine Signatur in dieser Schreibweise findet sich bei Lazarnick auf einem MaskenNetsuke aus Holz. Shôzan (tätig spätes 19. Jh.) 200 Aufgrund von Stil und Schreibweise der Signatur sowie der Qualität der Schnitzarbeit ist er mit keinem der in der Literatur Möglicherweise tätig in Osaka Arbeitete in Elfenbein Motive: Masken Dieser Künstler hat sich auf groteskkomische Masken-Darstellungen spezialisiert. Die Augen schielen oder sind geschwollen, der Mund ist zahnlos, die Nasen oft krumm und auf den Köpfen befinden sich Beulen. Meinertzhagen sieht eine Beziehung zu den Maskengruppen des Kôhôsai aus Osaka. Shûgetsu (Schnitzersignatur 1760/1780) 183, 184, 694 Tätig in Edo/Tokyo Arbeiteten in Holz Motive: Masken und Figuren seit ca. Obwohl bei Ueda lange, biographische Angaben zu Higuchi Shûgetsu I., Shûgetsu II., Hara Shûgetsu III. und Hara Shûgetsu IV. zu lesen sind, lassen sich Netsuke den einzelnen Schnitzern nicht eindeutig zuweisen. Man nur kann nur vom Zeitstil ausgehend ein Netsuke einem der vier Schnitzer zuschreiben. Meinertzhagen meint, daß die Hinzufügung des Wortes saku (gemacht) typisch sei für Shûgetsu III., aber auch von Shûgetsu II. benutzt wurde. Signaturen, denen der Familienname Hara hinzugefügt ist, müssen von Shûgetsu III. stammen. Eine große OkameMaske mit Signatur sandaime (3. Genera299 tion) Hara Shûgetsu wird im MCI erwähnt. Desweiteren gibt es die Signaturen Shûgetsu Shizan, die von Meinertzhagen dem Shûgetsu IV. zugeordnet werden. Hara Shûgetsu ist im Edo kaimono hitori annai (Fürhrer zum selbständigen Einkauf in Edo) von 1824 als gohinashi (ehrenwerter Puppenmeister) gelistet, der vielerlei feine Holzschnitzereien in Hochô 2 chôme Kidogawa anbietet. Dies war in der Nähe der Jikkendana-Straße, in der sich viele hina-Puppengeschäfte befanden. Wahrscheinlich sind alle Shûgetsu signierenden Schnitzer mit dieser Adresse in Verbindung zu bringen. Sie schufen hina-Puppen, Shûgetsu II. auch kabuto-ningyô (Puppen, die Samurai darstellen und die zum Knabenfest aufgestellt wurden) und Puppen für Festwagen. Sie fertigten aber auch Netsuke. Shûgetsu I. schnitzte MaskenNetsuke, vor allem Okame-Masken waren seine Spezialität. Seither sind OkameMasken ein Markenzeichen dieser Schnitzergruppe. Die meisten Netsuke mit Signatur Shûgetsu müssen wohl dem Shûgetsu IV., der 1828 geboren wurde und der bis in die 80er Jahre arbeitete, zugeschrieben werden. Shûgetsu (tätig 19. Jh.) 718 Motive: Figuren Shûgyoku führte das gô →Gyokuôsai. Meinertzhagen lokalisiert diesen Schnitzer in Tokyo; Smith und Barker vermuten ihn hingegen aus Osaka stammend. Shûmin (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 211 Tätig in Edo Ein Schnitzer namens Shûmin, dessen zweites Zeichen sich in dieser Weise zusammensetzt, ist in der Literatur nicht verzeichnet. Weil es in Japan üblich war, im Laufe einer beruflichen Karriere Namensbestandteile oder auch nur einen Teil eines Schriftzeichens auszutauschen, könnte man vermuten, daß es sich hier um Hara Shûmin I. oder Shûmin II. (?-ca. 1875) aus Edo handelt. Der steife, dünne und etwas unbeholfen wirkende Schriftduktus weicht jedoch von den kräftig geschnittenen Signaturen des berühmten Schnitzers Hara Shûmin ab. Stilistisch läßt sich das Stück jedoch den Arbeiten der Hara-Schnitzer zuordnen. Diese zeichneten sich durch feine Ausarbeitung der Gesichter und Gewandfalten sowie die glatt polierte Oberfläche des dunklen, rötlich braunen Holzes aus. Diese dünn gravierte Signatur kann wohl kaum von jenem Shûgetsu stammen, der für die Darstellung großer, kräftiger Kröten bekannt wurde. Shunchôsai (tätig ca. 1820-1850) 577 Shûgyoku (tätig Mitte 19. Jh.) →Gyokuôsai Tätig in Tanba Arbeitete in Holz Motive: Tiere Arbeite in Elfenbein 300 Netsuke mit Signaturen Shunchôsai sind sehr selten. Bekannt von ihm sind Drachen und Schlangen-Darstellungen. Seitdem Meinertzhagen ein Drachen-Netsuke des Shunchôsai in Verbindung mit dem Stil des →Toyomasa aus Sasayama brachte, gilt Shunchôsai als Schnitzer aus der Provinz Tanba (heute Präfektur Kyoto). Arbeitete in Holz Motive: Tiere Meinertzhagen erwähnt zwei große TierNetsuke dieses Schnitzers, von denen eines „im Alter von 75 Jahren“ signiert ist. Shûôsai 132 Shungetsu (1841-nach 1910) 92 →Hidemansa II Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Shûraku (1843-?) 149 Uzawa Shungetsu wurde im März 1841 geboren. Sein gô war Kôryûsai. Er lebte in Tokyo Shitaya Taninakachô und war der Schüler des Yamada Chôgetsu (18261892). Nach der Öffnung der Handelshäfen schnitzte er Netsuke und okimono für den Export. Auch fertigte er kiseruzutsu. Er ist in der Mitgliederliste der Tôkyô chokkôkai, zôgebu (Tokyo BildhauerGesellschaft, Abteilung Elfenbein) für das Jahr Meiji 43 (1910) vertreten. Damals lebte er in Chiba, in der Nähe von Tokyo. Shungetsu schuf vor allem figürliche Netsuke. Die Gewandmuster sind durch feine, schwarz eingefärbte Gravuren wiedergegeben. Shun‘yô (tätig 19. Jh.) 876 Nicht verzeichnet Shunzan (tätig frühes 19. Jh.) 673 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Holz, Elfenbein und Narwalzahn Motive: Figuren, manjû Kawamoto Shûraku führte den Name Tetsujirô. Sein gô war laut Ueda und Jonas Shôjôsai, im MCI ist das gô Korinsai vermerkt. Laut Jonas wurde er 1843 geboren. Er lernte bei Hara Shûgetsu III., und nach zehn Jahren Lehrzeit machte er sich selbständig. Zunächst arbeitete er in Holz, später aber unter Einfluß von Asahi Gyokuzan (1843-1923) begann er in Elfenbein zu schnitzen. Vielleicht ging damit auch der Wechsel des Signaturstils einher. Denn es gibt HolzNetsuke mit einer klar in Regelschrift geschriebenen Signatur und ElfenbeinNetsuke, die in einem kursiven Stil signiert und mit dem Siegel Shûraku versehen sind. Als Link dieser beiden Gruppen könnte ein Holz-Netsuke in der Collection Baur angesehen werden, wo eine in kaisho geschriebene Signatur mit einem in Elfenbein eingelegtem Siegel kombiniert ist (C 494). 301 Aber vielleicht hat Lazarnick auch recht, wenn er die Shûraku signierten Stücke nicht nur nach Material unterscheidet, sondern diese auch verschiedenen Künstlern zuschreibt. Möglicherweise hat Shûraku anfänglich und unter Einfluß seines Lehrers in Holz gearbeitet und dessen Themen übernommen, denn er hat das Thema des Daruma, bei der Meditation, beim Aufwachen und Gähnen oder beim Durchbrechen von Spinnweben nach seiner langjährigen Meditation, in verschiedenen Varianten geschnitzt. Die Holz-Netsuke sind mit kleinen Einlagen aus Elfenbein angereichert; die himotôshi-Löcher sind in der Art der Hara Shûmin-Nachfolger in naturbelassenes und gefärbtes Bein gefaßt. Es gibt auch Narwal (ikkaku)-Arbeiten von ihm, wobei die typische Außenkruste teilweise erhalten blieb (Davey 1974, S. 109). Narwal war besonders kostbar, weswegen die Außenhaut in die Komposition miteinbezogen wurde. Die Arbeiten in Narwal zeigen Tiere (Affe, Hirsch). Shûraku schuf auch Elfenbein-manjû. Shûraku (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 246 Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Figuren Dieser Shûraku ist vielleicht mit dem von Meinertzhagen erwähnten Schnitzer, der in Holz arbeitete, gleichzusetzen. Shûraku (1830-1894) 105 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Metall Ozawa Shûraku, mit persönlichem Namen Kingorô, wurde 1830 in Edo geboren und lebte in Tokyofu Kita-Toyoshima-gun, Kanesugimura, Negishi. Er war ein Schüler des Kobayashi Tenmin (1800-nach 1875) und führte den Titel hôgen. Shûraku gilt als der wichtigste kagamibuta-Künstler in Edo/Tokyo. Die Shûraku-Signaturen lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: Die Mehrzahl der kagamibuta zeigt eine kräftig geschriebene Signatur mit kaô in Form eines Helmes. Gelegentlich wird dem Namen das gô Baidô vorangesetzt. Man ist sich einig, daß die markant geschriebene Signatur dem Meister Ozawa Shûraku selber zuzuordnen ist. Eine kleine Gruppe von kagamibuta zeigt eine etwas anders geschriebene Signatur und ein Signet, das von dem auffälligen Helm-kaô stark abweicht. Bei diesem Signaturen-Typ findet sich gelegentlich das gô Ryûryû. Interessanterweise ähneln manche dieser kaô sehr demjenigen des Someya Shûmin. Es wird vermutet, daß Ryûryû Shûraku und Someya Shûmin ein und derselbe Künstler sind (Eijer 1994, S. 103). Die kagamibuta des Baidô Shûraku und des Ryûryû Shûraku sind meist aus shibuichi. Die Kapsel der Ozawa Baidô Shûraku-Netsuke ist sehr gut gearbeitet und gelegentlich von bekannten NetsukeSchnitzern wie Kokusai gefertigt. Die bevorzugten Techniken waren Treibarbeit, reliefierte Einlagen (takazôgan), Gravur (katakiri und kebori); flache Einlagen (hirazôgan) sind hingegen eher selten. Die Motive sind der japanischen Geschichte und dem Legendenschatz entnommen. Der Entwurf stammt gelegentlich von namentlich identifizierten Malern wie Hanabusa Itchô (1652-1724) oder Maruyama Ôkyô (1733-1795). 302 Die Signatur auf dem vorliegenden Stück stammt wahrscheinlich nicht vom Meister selbst. Shûzan (tätig Mitte/2. Hälfte 19. Jh.) 114, 317 Tätig in Osaka oder Nara (?) Arbeitete in farbig bemaltem Holz Motive: Figuren (Schauspieler, Glücksgötter) Diese Signatur, in einer vertieften, ovalen Reserve und in rot eingefärbter Gravur, findet sich auf zahlreichen, figürlichen Netsuke aus farbig bemaltem Buchsbaum. Das Holz ist mit Muschelkalk grundiert und in matten Mineralfarben – u.a. in den Tönen Rosa und Grau – bemalt. Die Gewandmuster bestehen oft aus kleinen, aneinander gefügten, farbigen Kreisen, deren Kontur plastisch aufgebaut ist und die Wolkenformen bilden. Andere Stoffpartien sind in feiner Zeichnung in Gold dekoriert. Manchmal sind Kopf und Füße aus Elfenbein. Diese Netsuke könnten im Umkreis von Morikawa Tôen (1820-1894) aus Nara entstanden sein. Dieser schnitzte zahlreiche, farbig bemalte Puppen und Netsuke, vor allem von Nô-Schauspielern, in blockhafter Manier in der Art der nara-ningyô. Diese sowie die Puppen aus Uji (uji-ningyô) waren – wie auch heute noch – meibutsu (berühmtes Produkte) aus Nara bzw. Uji. Die größte Sammlung von ShûzanNetsuke befindet sich im Musée d’Ennery. Madame Clémence d’Ennery trug ihre Sammlung in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zusammen und hat sie vor allem im Handelshaus Au Bon Marché erworben, das von 1882 bis 1902 Japonica ver- kaufte. Es ist zu vermuten, daß dort auch moderne Arbeiten angeboten wurden, und die große Anzahl gleichartiger Netsuke läßt auf eine damals zeitgenössische Produktion schließen. Shûzan 255, 388 Diese Signaturen sind nicht in Verbindung zu setzen mit dem berühmten Yoshimura Shûzan aus Osaka und Shûzan, der seine Buchsbaum-Netsuke farbig bemalte. Eine mit Kat. Nr. 255 vergleichbare Signatur wird im INCSJ (Jg. 8, Nr. 1 [Juni 1980], S. 41) abgebildet. Sie befindet sich auf einem Elfenbein-Netsuke eines Wolfes, der im Stil der Kyoto-Schnitzer des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts gearbeitet ist. Die Signatur der Kat. Nr. 388 ist eine Hinzufügung neueren Datums. Shûzan (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 304, 916, 919 Tätig in Edo Arbeitete in Holz Motive: Figuren und Masken Shûzan soll laut Ueda ein Schüler des Shûgetsu I. gewesen sein, der vor 1781 von Osaka nach Edo übersiedelte. Meinertzhagen bildet ein Netsuke einer Okame ab (sehr ähnlich der Kat. Nr. 211), auf dessen Signatur Shûzan ein kaô folgt. Dieses wiederum ist sehr ähnlich dem kaô der Kat. Nr. 304 und gleicht dem auf einem Netsuke von Shûmin (MCI, S. 776, Nr. 1103g). Shûzan ist daher wohl ein Schnitzer aus der Hara Shûmin-Gruppe. 303 Shûzan schuf vor allem Okame-Masken in Holz, wodurch er sich als Schüler des Shûgetsu, der für seine Okame-Masken bekannt war, ausweist. Die Masken Shûzans sind unverkennbar: sie haben eine hohe Stirn mit zwei ovalen Kreisen, die die Augenbrauen darstellen, eine breite Nase, einen kleinen, geöffneten Mund mit vorgeschobener Unterlippe und ein markantes, spitzes Kinn. Die dichten, fast ein Polster bildenden Haare sind in der Mitte gescheitelt und zwei dicke Strähnen umrahmen das Gesicht. Der Steg auf der Rückseite ist bei ShûzanMasken-Netsuke charakteristisch geschweift. Shûzan (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 354 Möglicherweise ist es der gleiche, von Davey (Nr. 2663) aufgelistete Schnitzer, der seine Netsuke mit Einlegearbeiten anreicherte. Sôichi (tätig Mitte 19. Jh.) 643 Dieser Schnitzer ist keinem der in der Literatur (Ueda, Meinertzhagen und Davey) erwähnten Schnitzer mit Namen Sôichi eindeutig zuzuordnen. Sôichi (tätig ca. 1880-1920) 931 Tätig in Tokyo Arbeitete in Holz Motive: Masken Sôichi ist einer der vielen Schüler des Miyazaki →Josô (1855-1910). Er hat sich auf die in der Meiji-Zeit sehr beliebten Masken-Netsuke spezialisiert, die durch besonders sorgfältige Schnitzarbeit auffallen. Sôju (geb. 1918) 866 Tätig in Tokyo Arbeitet in Elfenbein Fukai Motohisa wurde 1918 in Nagano, Ogatagun geboren. Sein Name war Kiju (Motohisa). 1937 wurde er in Tokyo mit 19 Jahren Schüler des Morita Sôko (18791944) und übernahm dessen Stil. Es sind nur wenige Werke mit seiner Signatur erhalten, die aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg stammen. Nach dem Krieg ging er zurück nach Nagano und wandte sich der Landwirtschaft zu. Lazarnick bildet eine Ratte auf einem Dachziegel ab. Sôtoku (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 299 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Davey erwähnt von diesem Schnitzer ein Netsuke eines Tänzers. Sôzan (tätig ca. 1880-1920) 383 Tätig in Tokyo Arbeitete in Holz Motive: Figuren 304 Sôzan war Schüler des Miyazaki →Josô (1855-1910). In der Manier der Sô-Schule schnitze er Figuren aus dem städtischen Alltag. Manche seiner Figuren (Priester, Okame und kamifuki-Spieler) sitzen auf flachen, rechteckigen Kissen (zabuton). Bemerkenswert ist, daß inrô oder eine Tabaktasche mit Netsuke oft ostentativ vom Gürtel hängen. Gelegentlich verwendete Sôzan Lack und kleine Metalleinlagen, um – in der Art des Suzuki Tôkoku (18461913) – Details hervorzuheben. Sukenaga (1800-1871) 691 Tätig in Hida-Takayama Arbeitete in Buchsbaum und ichii (Eibe) Motive: Tiere Matsuda Sukenaga wurde 1800 geboren. Seine Familie lebte von der Herstellung von Eßstäbchen und zog, als er 12 oder 13 Jahre alt, war nach Takayama in der Hida Provinz (heute Präfektur Gifu). Er wurde von Matsuda Kichibei adoptiert. Wie aus seinem Reisetagebuch, das er zwischen 1819 und 1844 führte, hervorgeht, reiste er mit 20 Jahren nach Nagoya, Ise, Osaka, Kyoto und Nara. 1840 hielt er sich vier Monate in Tokyo auf (NKSJ, Jg. 9, Nr. 4 [Winter 1989], S. 21). Sukenaga soll kurz unter Hirata Suketomo (1810-1847) in Edo gelernt haben. Sein Auftraggeber war der Großhändler für Taschen und Beutelchen namens Hinoya in Edo. Sukenaga starb 1871. Sukenaga hat in zwei verschiedenen Stilen gearbeitet. Anfänglich schuf er naturalistische Tier-Netsuke in Holz, das er unterschiedlich färbte, um die beste Wirkung zu erzielen. Seine Motive waren Frösche auf Dachziegeln, Walnüsse oder Kürbisse, Schlangen und die Kombination sansukumi sowie andere Tiere. Figuren schnitzte er selten. Sukenaga schuf auch Holz-inrô. Andererseits gilt Sukenaga als Erfinder des ittôbori (Ein-Messer-Schnitzerei), einer fast kubistisch anmutenden Schnitzart, bei der mit dem Messer großflächige Partien aus dem Holz weggenommen werden und so kantige Formen entstehen. Hierfür verwendete er das lokale Eibenholz (ichii), dessen gestreifte Maserung in Zusammenhang mit dieser Schnitztechnik einerseits besonders gut zur Geltung kommt, andererseits zu darstellerischen Zwecken, wie beispielsweise Gefieder oder Fell, genutzt wurde. In dieser Art fertigte er vor allem Kraniche. Aufschluß über die Verwendung dieser simplen Netsuke gibt das in ittôbori wiedergegebene Hasen-Netsuke des Sukenaga an einem Futteral aus lederähnlichem Papier eines Postkuriers. Solche Netsuke waren billig und für den täglichen Gebrauch geeignet (Shimatani Yoichi, The Mail Courier’s Netsuke and Sagemono, in: INSJ, Jg. 22, Nr. 2 [Sommer 2002], S. 2226). Seine Signatur ist immer im gleichen Stil, der sich an der sog. chinesischen BeamtenSchrift (reisho) orientiert, geschrieben. Suketomo (1810-1847) →Eishinsai Tätig in Edo Arbeitete in Holz Motive: Tiere und Figuren Hirata Suketomo wurde 1810 in Takayama, Provinz Hida (heute Präfektur Gifu), geboren. Als junger Mann zog er nach Edo, 305 wo er in Asakusabashi wohnte. Er lernte bei Yamaguchi →Tomochika (1800-1873) und wurde ein professioneller NetsukeSchnitzer, der für den Großhändler für Taschen und Beutel (fukuromonoya) Hinoya in Nihonbashi arbeitete. Suketomo starb 1847 und ist im Ryukokuji in Asakusa begraben (INSJ, Jg. 23, Nr. 2 [Sommer 2003], S. 44). Sein gô war Eishinsai, wie aus zwei Eishinsai Suketomo signierten Netsuke hervorgeht. Lazarnick liest das gô Saishinsai. Suketomo schnitzte vor allem Frösche und Schlangen. Sukeyoshi (tätig frühes 20. Jh.) 156 Tätig in Hida-Takayama Arbeitete in Holz, vor allem Eibe Motive: Daruma, Masken, Tiere Sukeyoshi stammte aus Hida-Takayama, Präfektur Gifu. Er wird aber in den Geneaologien der Eguro- und Tsuda-Linie der Hida-Schnitzer nicht erwähnt. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Schnitzer der Tsuda-Linie, zu der im frühen 20. Jahrhundert die meisten Hida-Schnitzer zählten. Bei den in der Literatur erwähnten Netsuke handelt es sich um Daruma, bei den Hida-Schnitzern besonders beliebt, Fukurokuju, Affen, Frosch auf Nußschale und eine Maske. Er schnitzte in einer gemäßigten ittôbori-Technik. Tadachika (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 396 Arbeitete in Holz Motive: Figuren Bei Kat. Nr. 396 handelt es sich wahrscheinlich um das im MCI, S. 835 erwähnte Stück. Lazarnick bildet ein HannyaNetsuke dieses seltenen Schnitzers ab. Tadachika (tätig ca. 1860-1870) 161 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren, Tiere, Maskenhaufen Tadachika zählt zu den Schülern →Tomochikas. Er führte das gô Tôyôsai. Ueda schreibt, daß er in der Ära Bunkyû (18611864) tätig war. Dies stimmt mit der Datierung auf der Arbeit Kat. Nr. 161 überein. Das Netsuke ist möglicherweise identisch mit dem von Meinertzhagen (MCI, S. 834) erwähnten, 1865 datierten okimono. Tadachika schuf Figuren, Skelette und Maskengruppen in ungefärbtem Elfenbein. Tadatoshi (ca. 1770-1840) 8, 9, 10 Tätig in Nagoya Arbeitete in Holz Motive: Tiere und Figuren Laut Ueda lebte Tadatoshi in der Ära Tenmei und Kansei (1781-1801). Heute ist man sich jedoch einig, daß er ein Schnitzer der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war. Er lebte in Kinjô higashi (wörtlich östlich des Kinjô-Schlosses) in Nagoya. Tadatoshi schnitzte fast ausschließlich in Holz, wahrscheinlich Kirschholz, das er rötlich färbte. Die Augen der Tiere sind oft in hellem Horn eingelegt. Der Stil ist realistisch, die raffinierten Details teilweise in 306 ukibori genau wiedergegeben. In der Regel bildete eine natürliche Öffnung im Netsuke das himotôshi. Tadatoshis beliebtestes Motiv ist der schlafende shôjô, liegend oder sitzend, den Kopf weinselig und müde in die Hand gestützt. Diese Netsuke können ca. 1820 bis 1840 datiert werden. Es wird vermutet, daß Tadatoshi der Schöpfer dieses Motives ist. Mehrfach schnitzte er auch das Thema der Meerjungfrau und Kiyohime. Später übernahm Ikkan (ca. 1790-1870) diese figürlichen Motive in sein Repertoire. Tadatoshi fertigte nur wenige Darstellungen von Zodiak-Tieren, hatte aber eine Vorliebe für Schnecken, Schlangen, Kastanien und Pilze. Die Signatur ist fast immer kursiv und in ukibori-Technik geschrieben und befindet sich in einer rechteckigen Reserve. Gelegentlich fügte er die Wohnortsbezeichnung hinzu: Chôfu jû (wohnhaft in Chôfu [Nagoya]) oder Kinjô higashi jû (wohnhaft östlich des Schlosses). Tadayuki (tätig Mitte 19. Jh.) 746 Tätig in Nagoya Arbeitete in Holz Tadayuki wird von Ueda als ein Schnitzer von ningyô erwähnt, der in der Ära Tenpô (1830-1844) gearbeitet haben soll. Sein Namensbestandteil tada und die in ukibori ausgeführte Signatur sind Hinweis auf einen Schnitzer aus Nagoya. In der von Akatsu Kentarô aufgestellten Genealogie der Nagoya-Schnitzer ist er nicht erwähnt. Eine sehr ähnliche Darstellung von zwei fugu, signiert →Tadatoshi, befand sich ehemals in der Sammlung Greenfield (Hurtig 1973, S. 76, Nr. 252). Wahrscheinlich war Tadayuki ein Schüler des Tadatoshi. Die schwer lesbare Signatur wurde von Bushell fälschlicherweise Sayuki gelesen (Christie’s New York, 23.4.1991, Lot 269). Tama (Gyoku) (tätig spätes 18./frühes 19. Jh.) 589 Nur Davey (Nr. 2845) führt einen Schnitzer dieses Namens an. Tanetoshi (geb. 1947) 486, 500 Tätig in Kyoto Arbeitet in Elfenbein und Holz Motive: Tiere und Kindermärchen Hiraga Tanetoshi wurde 1947 als Sohn des Hiraga →Meigyokusai Tanetsugu (18961991) geboren und lernte bei seinem Vater. Vorstudien und Skizzen für Netsuke machte Tanetoshi bei Besuchen im Zoo. Wie sein Vater ist auch er ein Dichter von senryû. 1978 hatte er eine Ausstellung bei Sunamoto Ivory & Co., Ltd. in Tokyo. Seine Arbeiten wurden auch von der Firma Yamato Brothers in Tokyo vertrieben. Tenzan 36 Motive: Figuren Lazarnick bildet ein Lack-Netsuke eines Kinkô sennin ab, das auf einem Elfenbeinplättchen Tenzan signiert ist; ein Netsuke 307 ohne Abbildung ist im MCI erwähnt. Hier jedoch scheint das Plättchen mit Signatur eine Ergänzung zu sein, nachdem das originale Plättchen herausgefallen war. Teruyuki (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) 759 Arbeitete in Elfenbein Motive: Fauna und Flora Die Signatur wird von Davey und Lazarnick gelistet. Tessai (1842-925) 752 Tätig in Tokyo und Nara Arbeitete in Holz mit farbigen, lackierten Fassungen Motive: Masken und Trockenfische Kano Kôtarô wurde am 15.2.1842 in Gifu Honmachi in der Provinz Mino (heute Präfektur Gifu) geboren. Seit dem 23. Lebensjahr verdiente er seinen Lebensunterhalt mit Schnitzarbeiten. Nebenher begann er in Tokyo, Kyoto und Nara Schnitztechnik und polychromen Fassungen alter Skulpturen und Masken zu untersuchen. 1883 setzte er seine Studien der Skulpturen der frühen Epochen in Nara fort. 1884 wurde er in das Komitee für die Untersuchung alter Kunstwerke berufen. Nach einer sehr kurzen Professur für Bildhauerkunst an der Kunstakademie in Tokyo, zog er 1895 wieder nach Nara, wo er Kopien von Meisterwerken im Shôsôin und im Hôryûji fertigte (William und Betty Parker, "Kano Tessai and his many monjin", in: NKSJ, Jg. 5, Nr. 1 [Frühjahr 1984], S. 27). Ab 1913 lebte er wieder in Tokyo, bevor er 1918 endgültig nach Nara übersiedelte und dort 81jährig starb. Er schuf neben Kopien von Skulpturen, gigaku- und bugaku-Masken der Nara-, Heian- und Kamakura-Zeit auch persönliche Accessoires (Pfeifenfutterale, Netsuke, obihasami) und kleine Objekte für die Teezeremonie, Weihrauchdöschen, etc. Einerseits wurde er für seine feinen, linearen Gravuren auf flachen Oberflächen berühmt, andererseits war er ein Meister der polychromen Fassung, die Patina und Alter täuschend echt simulierte. Hierfür verwendete er eine Mischung von Farben und Lack, deren Rezeptur bis heute unbekannt ist. Seine Netsuke waren fast ausschließlich Kopien der berühmten Masken verschiedener Tempel und Schreine in Nara und Umgebung. Ob diese Masken-Netsuke tatsächlich getragen wurden, erscheint unwahrscheinlich. Wahrscheinlich ist, daß ein an der Vergangenheit orientierter, nationalistischer Kreis von Interessenten diese Schnitzarbeiten als Dokumentation bedeutender Tempelschätze en miniature sammelte. Seit 1881 signierte er mit dem Künstlernamen Tessai. Auf diesen folgt oft das Schriftzeichen tô (geschnitzt) und sein kaô. Dieses – verwendet ab 1899 – basiert auf dem Schriftzeichen kô (Glanz), das erste Zeichen in seinem Vornamen. Einer seiner Schüler, der sich mit dem Meister zerstritt, rächte sich, indem er Tessais Signatur und Arbeiten fälschte. Tô (Azuma) (tätig 19. Jh.) 368 Nur bei Brockhaus ist ein kappa-Netsuke 308 mit der Signatur Tô vermerkt. Es ist sehr ungewöhnlich, daß ein negoro-Netsuke signiert ist. Tômin (tätig ca. 1850-1880) 198 Arbeitete in Holz und Elfenbein Motive: Figuren Ueda erwähnt einen Tômin, der in Holz gearbeitet hat und den er in die Spätzeit datiert. Lazarnick bildet zwei Holz-Netsuke ab, die beide das gô Mutei dôjin (Zurückgezogen von den weltlichen Sorgen) führen und von denen eines Taishô kinoto-ushi (1925) datiert ist. Das Netsuke hier ist ganz in der Art des Yamaguchi →Tomochika gearbeitet. Vielleicht ist es eine frühe Arbeit des oben genannten Tômin. Tomoaki (tätig ca. 1850-1870) 392 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Sein Familienname war Inagawa und er führte das gô Tôkôsai. Seine figürlichen Netsuke sind im Stil des Yamaguchi →Tomochika. Tomochika (tätig 1. Hälfte 19. Jh.) →Gyokusen Tätig in Edo Arbeitete in Holz Motive: Figuren und Tiere Yamamoto Tomochika (nicht zu verwechseln mit Yamaguchi Chikuyôsai →Tomochika) führte das gô →Gyokusen und Gyokusensai. Ein Netsuke trägt auch die Schriftzeichen Sôtetsu. Aus zwei Signaturen geht hervor, daß er den offiziellen Titel hôkyô (der niedrigste Ehrentitel für Künstler) innehatte. Laut Ueda war er ein Schüler des →Tomotada aus Kyoto, doch übersiedelte er später nach Tokyo. Figuren aus dem Legendenschatz und Glücksgötter überwiegen bei diesem Schnitzer. Manche Netsuke sind von einer außerordentlich akribischen Ausführung. Dazu zählt der durchbrochen geschnitzte Vogelkäfig, der aus einem Stück Holz gefertigt ist – ein Bravourstück, welches er mit dem Ehrentitel hôkyô signierte (ehemals Sammlung Bushell). Tomochika (Schnitzersignatur ab ca. 1830) 17, 130, 137, 162, 251, 403, 409, 445, 644, 685, 836 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Yamaguchi Chikuyôsai Tomochika wurde 1800 in Edo geboren. Er lernte die Elfenbeinschnitzerei bei seinem älteren Bruder Shôminsai Chikamasa. Sein chômei war Tomochika, sein gô Chikuyôsai. Die Werkstatt, die von Yamaguchi Chikuyôsai Tomochika gegründet wurde, befand sich in Tokyos Stadtteil Sugamo und führte ca. 1859 den Namen Teiya. Er starb 1873, im Alter von 74 Jahren. Tomochika hatte neben zahlreichen Schülern auch zwei direkte Nachfolger, die seinen Namen führten: Tomochika II. (1830?) war laut Jonas der Neffe, laut Ueda der Enkel des Chikuyôsai Tomochika. 309 Yamaguchi Chinnosuke (1842-?) war (laut dem Tokyo meiko kagami und Jonas) der Enkel des Tomochika I. Auch sein gô war Chikuyôsai. Er lebte 1879 in Tokyo Koishikawa-ku Sugamo Kagochô 35 (nach einer anderen Quelle in Ikebukuro Ohara). Ab 1863 führte er den Namen Tomochika III. Er schuf Netsuke und ab 1878 fast ausschließlich okimono für den Export. Die Tomochika-Werkstatt arbeitete vorwiegend in Elfenbein. Als Sujets dienten historische, japanische und chinesische Personen und Figuren aus dem Alltag. Laut Ueda spezialisierte sich Tomochika auf das Thema ashinaga tenaga und ließ sich von Hokusai manga inspirieren. Zudem fertigte er Geisterdarstellungen. TierNetsuke der Tomochika-Werkstatt, wie shishi und Zodiak-Tiere, sind konventionell. Tomochika I war der Begründer eines Typus genrehafter Figurendarstellungen, der zum Merkmal dieser Werkstatt wurde. Die Personen zeichnen sich durch die genaue Wiedergabe der verschiedenen Gewandstücke (kosode, haori, obi) aus. Die fein gravierten Muster entsprechen der Mode des frühen 19. Jahrhunderts. Die Stoffe der Männer-Gewänder sind mit kleinen Ornamenten überzogen – bestehend entweder aus drei parallelen Strichen, drei Punkten im Dreieck oder vier Punkten als Raute. Die Frauengewänder sind mit asanoha, stilisierten Wellen, Kiefernadelbüscheln oder Blüten geschmückt. Frisuren, Tabaktaschen mit Pfeifenfutteral und Fächern galt besondere Aufmerksamkeit. Tomochika-Figuren sind auch an ihren charakteristischen Köpfen zu erkennen: ausgewogen ovale Gesichter, die nicht so überlängt sind wie bei →Joryû, schmale, gebogene Augen, lange Nasen mit breiten Nasenflügeln, leicht lächelnde Münder mit tief liegenden Mundwinkeln. Den Stil der drei Tomochika auseinanderzuhalten ist nicht möglich. Auch die Signaturen können weder vom Duktus noch von der Form der Reserve her, in der sich die Signatur befindet, einem der Schnitzer zugeschrieben werden. Möglich jedoch ist eine Einteilung in frühe, mittlere und späte Arbeiten. Kompakte Stücke mit expressiven Gesichtern und guter Patina sowie Holz-Netsuke müssen in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts datiert werden und könnten also von Tomochika I. stammen. In der Zeit von ca. 1840 bis 1870 entstanden die lieblichen, genrehaften Figuren, deren erzählerische Details die Europäer begeisterten. Von ca. 1870 bis ca. 1890 datieren die kleinen okimono und die sehr kleinen Netsuke mit figürlicher Darstellung auf einer flachen Standplatte. Manche dieser späten Arbeiten tragen die Signatur Chikuyôsai und das Siegel Tomochika. Tomofusa 187 Im Sôken kishô von 1781 wird ein Hata Tomofusa erwähnt. Er stellte nurimono (Lack)-Netsuke her. Von Tomofusa sind bisher keine Netsuke bekannt. Da er ein Lackmeister war, wird er wohl kaum Elfenbein-Netsuke geschnitzt haben. Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine nachträglich auf ein altes Stück angebrachte Signatur. Tomoharu (tätig ca. 1850-1870) 391 Tätig in Edo/Tokyo 310 Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Figuren Tomomasa (1848?-nach 1879) 393 Aufgrund des Schriftzeichens tomo und dem Schnitzstil muß es sich bei diesem Künstler um einen Schnitzer aus der Gruppe um Yamaguchi →Tomochika handeln. Tätig in Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Tomohide (tätig ca. 1860) 145 Tätig in Edo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Aufgrund des Stils seiner Netsuke und des Schriftzeichens tomo in seinem Namen stammt Tomohide wohl aus der Gruppe um Yamaguchi →Tomochika. Seine Arbeiten sind selten. Tomohisa (2. Hälfte 19. Jh.) 147 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Holz und Elfenbein Motive: Figuren Die im MCI und bei Lazarnick erwähnten Figuren- und Tier-Netsuke sind aus Holz und Elfenbein. Tomokazu 228, 553, 744 Diese Signaturen stammen von verschiedenen Schnitzern und können nicht dem berühmten Tomokazu aus Gifu zugeordnet werden. Nach dem Tokyo meiko kagami wurde Tomomasa 1848 in Edo geboren. Sein Name war Katô Seijûrô, sein gô Tôgyokusai. Er lernte acht Jahre lang bei Yamaguchi →Tomochika und machte sich 1868 selbständig und schuf zahlreiche Netsuke. Von 1873 an schuf er nur mehr okimono. Er hatte keine Schüler oder Assistenten. Seine Auftraggeber waren Tsuji Sôbei (Shiroganechô 2-chôme), Hinoya (Yokohamachô) und Etchûya (Yokohamachô) u.a. Er lebte 1879 in Tokyo Asakusaku Umamichichô 4-11. Tomonobu (tätig ca. 1860-1870) 376 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren und Tiere Tomonobu ist ein Schnitzer der Yamaguchi →Tomochika-Gruppe. Ein Meiji 3 (1870) datiertes, kleines okimono (ehem. Offermann & Schmitz, Wuppertal) gibt einen Anhaltspunkt für seine Schaffenszeit; es ist mit dem gô Kôyôsai signiert. Tomonobu (tätig 20. Jh.) 549 Die Schreibweise dieser Signatur entspricht nicht den bekannten →Tomonobu-Signaturen. Es handelt sich um einen 311 neuzeitlichen Schnitzer, dessen Name sich möglicherweise auch Yûshin liest. Tomotada (tätig ca. 1780) 308, 560, 565, 585, 618, 633, 929 Tätig in Kyoto Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Tiere, seltener Figuren Das Sôken kishô schreibt über Tomotada: „Eine Person aus Keishi (Kyoto). Er nannte sich Izumiya Shichiemon. Wenn er einen Ochsen schnitzte, war dieser herausragend. Seine Arbeiten wurden vor allem im Kantô (Das Gebiet um Tokyo) geschätzt. Deshalb gehen die Fälschungen in die Hunderte. Seine originalen Schnitzarbeiten sind hervorragend.“ (übersetzt nach Lazarnick 1982, S. 55). Tomotada hat hauptsächlich Tiere geschnitzt und ihnen eine Interpretation verliehen, die immer wieder von anderen Schnitzern kopiert wurde. Der Ochse, Tomotadas bekanntestes Motiv, wird liegend dargestellt, mit dickem Zaumzeug und über den Rücken gelegtem Leitseil. Die Unterseiten dieser Netsuke sind nach oben gewölbt, die Beine sind fast immer in der gleichen Weise untergeschlagen. Die Tiger haben ihren dicken Schwanz in einer gewellten Linie über den Rücken gelegt. Der kräftig modellierte Kopf zeigt Augen mit großen, runden Pupillen aus dunklem Holz und stark gewölbte Brauen. Die Pranken sind dick und rundlich. Zu den markanten Netsuke-Modellen des Tomotada zählen weiterhin der auf einem Lager aus Herbstblättern und Gräsern schlafende Eber; der Hund vom Typ kame mit magerem Körper, einem Halsband und Glöckchen; das auf den Hinterläufen sitzende kirin und der Wolf. Bei den sitzenden Tieren verläuft das himotôshi durch ein Loch an der Unterseite und eines an der Flanke. Von den hier abgebildeten Signaturen sind, obwohl die Netsuke teilweise zweifelsfrei aus dem späten 18. Jahrhundert stammen, keine eigenhändig von diesem berühmten Schnitzer ausgeführt worden. Tomotada (tätig 19. Jh.) 635 Arbeitete in schwarzem Holz Motive: Tiere Von Davey und Lazarnick wird das erste Schriftzeichen tomo gelesen. Die geläufigere Lesung ist jedoch kazu. Weil dieser Schnitzer in der Literatur als „Tomotada“ geführt wird, wurde hier diese Lesung beibehalten. Tomotane (tätig 2. Hälfte 18. Jh.) 630 Tätig in Kyoto Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Tiere und Figuren Das Sôken kishô erwähnt Tomotane als einen Netsuke-Schnitzer aus Kyoto. Netsuke von Tomotane sind selten. Meinertzhagen bildet einen kirin ab (ex Sammlung Hull Grundy, heute im British Museum, London) und erwähnt einen Hund mit Ball, der möglicherweise mit Kat. Nr. 630 identisch ist. 312 Tomotoshi (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 414 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen Schnitzer aus dem Umkreis Yamaguchi →Tomochika. Tôraku (tätig ca. 1900) 185 Dieser Schnitzer ist nicht verzeichnet. Möglicherweise handelt es sich aufgrund des Stils und des Namensbestandteils tô um einen Schüler des Suzuki Tôkoku (1847-1913). Toshikazu (tätig spätes 19. Jh.) 398 Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Figuren In der Literatur wird Toshikazu (auch Juichi) als Schnitzer in Elfenbein geführt. Lazarnick bildet ein Holz-Netsuke ab, das ins späte 19. Jahrhundert zu datieren ist. Er vermutet wegen eines vergleichbaren kaô und dem Schrifzeichen ju (toshi), daß eine Beziehung zu →Jugyoku besteht. Toshinaga (tätig Mitte 19. Jh.) 143 Arbeitete in Metall Wahrscheinlich handelt es sich bei dieser Signatur um die des Fujita Toshinaga, der im 19. Jahrhundert tätig war und über den nichts weiteres bekannt ist. Tôun (tätig 19. Jh.) 325 Es gibt drei verzeichnete Künstler, die mit Tôun signierten. Es kann sich hier nicht um Takamura Tôun und einen anderen Tôun, die beide buddhistische Skulpturen schufen, handeln. Ein dritter Künstler, Ikkôsai Tôun, schuf detailreiche Figurengruppen auf flacher Standplatte in Elfenbein. Laut Ueda lebte dieser Tôun in Edo, war in der Ära Tenpô (1830-1843) tätig und führte erst in seiner Spätzeit das gô Ikkôsai. Demnach führt Meinertzhagen alle →Ikkôsai signierten Netsuke unter Tôun auf. Bei diesen ist die Signatur meist in ähnlicher Weise geschrieben: das erste Schriftzeichen ist verkürzt, das zweite oft mit einem markanten unteren Haken geschrieben. Hier jedoch ist tô in Regelschrift geschrieben, von einer dekorativen Reserve umgeben und mit der Signatur des Ikkôsai Tôun nicht vergleichbar. Tôyô (tätig ca. 1850) 134 Arbeitete in Holz Motive: Figuren Dieser Künstler ist bei Meinertzhagen und Davey nicht erwähnt. Ein fast identisches Netsuke eines Raiden mit einer Frau im Badezuber befindet sich im British Museum in London (Lazarnick 1982, S. 1189 und Barker und Smith 1976, Kat. Nr. 252). 313 Toyomasa (1773-1856) 136, 484 Tätig in Sasayama Arbeitete in Holz (Buchsbaum und Kastanie) Motive: Tiere und Figuren Nicht nur Ueda trug bereits zahlreiche Angaben über Toyomasa zusammen. Hata Akira publizierte 1975 seine Quellenforschungen, die von Misao Mikoshiba ins Englische übersetzt wurden (INCSJ, Jg. 11, Nr. 4 [März 1984], S. 32-39). In den letzten Jahren hat sich Ichimichi Kazutoyo mit Toyomasa beschäftigt (INSJ, Jg. 20, Nr. 4 [Winter 2000], S. 21-25; Jg. 21, Nr. 1 [Frühling 2001], S. 21-29, Jg. 21, Nr. 2 [Sommer 2001], S. 40-45 und Jg. 24, Nr. 1 [Frühling 2004], S. 22-27). Naitô Toyomasa wurde 1773 geboren. Sein Name war Shirobyôei, er wurde aber Sensuke genannt. Seine Eltern waren Bauern in der Provinz Tanba, Takigun (heute Präfektur Hyôgo). In der Ära Kansei (17891801) übersiedelte er vom Dorf Sôji, ein Vorort von Sasayama, nach Kamitatsumachi in Sasayama. In der frühen Ära Bunka (1804-1818) eröffnete er eine Schnitzerwerkstatt. 1809 erhielt er den Namen Toyomasa von Nakagawa Naohisa, der möglicherweise sein Lehrer war. 1810 bekam Naitô Toyomasa ein Grundstück. Sein Geschäft für Siegel und Stempel namens Fujiya existierte ab 1839. Aus einem Auftragsbuch geht hervor, daß seine Kunden auch aus Orten in der Umgebung von Sasayama, wie Sanda, Hikami, Sonobe und Kameoka, stammten. Er und sein Sohn Toyoyasu (1810-1883) stellten inrô, tonkotsu, buddhistische und shintôistische Götter, Tiere und koshimoto (Holzdolche für Frauen) her. Unter dem daimyô Aoyama Tadahiro, der im Sasayama-Schloß lebte, wurde Toyomasa 1835 offizieller Schnitzer der AoyamaFamilie. 1839 präsentierte er dem daimyô Aoyama Tadatoshi ein inrô, von dem jener so begeistert war, daß er Toyomasa eine Malerei von Haruki Nanko (1759-1839) schenkte. Aus den Buchführungsunterlagen der Aoyama-daimyô geht hervor, daß Toyomasa und sein Sohn Toyoyasu im Durchschnitt 200 hiki (= 5000 mon) für ein Netsuke erhielten. (Ein mon entsprach dem Preis einer Tasse Tee). Aus den Quellen geht weiterhin hervor, daß Vater und Sohn als Schnitzer auch im Auftrag des OsakaSchlosses arbeiteten. Interessant sind die für das Jahr 1845 belegten Umstände der Herstellung eines okimono für den daimyô Aoyama Yukishige von Mino. Dieser hatte bei seinem Bruder in Sasayama die Arbeiten des Toyomasa bewundert und wünschte sich von diesem Schnitzer ein okimono. Hierfür lieferte er Toyomasa eine Skizze einer Schlange mit einer tama. Doch Toyomasa folgte der Skizze nicht genau, da exakte Kopien den Prinzipien des Künstlers widersprachen. Aus anderen Unterlagen in der NaitoFamilie geht hervor, daß er sich höflich entschuldigte, als er einen Abgabetermin für ein bestelltes Objekt nicht einhalten konnte. Toyomasa hat sich auch mit Dichten von haiku und Blumenstecken beschäftigt. Gelegentlich signierter er Netsuke mit Shunshôan, einem Namen, den er als Ikebana-Meister führte. Er war ein frommer und praktizierender Buddhist. Toyomasa starb am 18.11.1856 im Alter von 84 Jahren. Er ist im Tatemachi Kannon-Tempel in Sasayama begraben. 314 Bei der Mehrzahl der Netsuke von Toyomasa handelt es sich um Tiere des Zodiak aus Holz: Affen, Hunde, Eber, Tiger und Hasen. Sie zeichnen sich durch eine oft originelle Interpretation oder Zusammenstellung mit anderen Tieren aus. Die wichtigsten Merkmale jedoch sind Dramatik und Spannung, die sich in Körperbewegung und Kopf ausdrücken. Dazu tragen auch die großen, in gelblichem Horn eingelegten Augen bei. Eine Besonderheit im Werk des Toyomasa sind die Tiere, die sich in einer Frucht befinden, sich durch diese hindurch winden oder aus dieser heraussteigen. Diese Netsuke verkörpern den Stil des Toyomasa am treffendsten. Bei den selteneren, figürlichen Netsuke des Toyomasa handelt es sich in der Regel um Glücksgötter, Gama sennin und buddhistische Figuren. Ihre Gesichter sind oft grimassenhaft verzerrt und von großer Ausdruckskraft. Eizô (Hidezô), der den Künstlernamen Toyoyasu (auch gelesen Toyoyô) führte, arbeitete zusammen mit seinem Vater. Aus einer Notiz des Toyomasa I. geht hervor, daß sein Sohn Linkshänder war. Entsprechend signierte er Hidari Toyomasa, wenn nicht gar nur Toyomasa, wie sein Vater. Laut Ducros begann er nach 1865 in Elfenbein zu arbeiten, wahrscheinlich um dem westlichen Geschmack entgegenzukommen. Toyomasa 123 Davey erwähnt ein lackiertes KarpfenNetsuke, das von einem Shunshoan Toyomasa stammt. Möglicherweise wurde diese Signatur hier nachträglich eingeritzt. Unzan (Mitte 19. Jh.) →Isshinsai Unzan Arbeitete in Holz, seltener Elfenbein Motive: Figuren, Maskengruppe Unzan ist das chômei, →Isshinsai ist das gô dieses Schnitzers. Im MCI sind vier Unzan signierte Netsuke erwähnt, u.a. ein Chôryô Kôsekiko-Motiv in Elfenbein. Bei Ueda findet sich ein Künstler namens Isshinsai, der in Holz arbeitete und Netsuke mit der Darstellung von Chôryô schuf. Davey listet fünf Künstler auf, die das gô Isshinsai verwendeten, aber ein Isshinsai Unzan ist nicht gelistet. Dieses Netsuke hier ist Beleg, daß der von Meinertzhagen erwähnte Unzan und der von Ueda erwähnte Isshinsai ein und dieselbe Person sind. Offensichtlich hat sich Isshinsai Unzan auf das Thema ChôryôKôsekikô spezialisiert. Yasuchika (Signatur seit dem frühen 18. Jh.) 150 Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Metall Tsuchiya Yasuchika (1670-1744) war Begründer einer Schule, die den Namen Yasuchika sieben Generationen lang führte. Der letzte Yasuchika war in der MeijiZeit tätig. Zu dieser Signatur läßt sich lediglich sagen, daß sie nicht von Yasuchika I. stammen kann. Yasumasa (tätig ca. 1900) 418 315 Tätig in Tokyo Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Yasumasa (Hôsei) gilt als Schüler des Kodama Yasuaki. Laut Ueda arbeitete er für den Export. Aus einem Siegel auf einem seiner Netsuke geht hervor, daß sein Familienname Yamagawa war (Lazarnick 1982, S. 1224). Sein Stil ähnelt dem des Yasuaki. Die Netsuke sind gut ausgearbeitet und er verwendete Lack und farbige Einlagen. Yoshihide (tätig ca. 1880-1900) 779 Tätig in Tokyo Arbeitete in Holz Motive: Figuren und Gegenstände Laut Meinertzhagen gehörte Yoshihide (Hôshû) der Schule des Suzuki Tôkoku (1847-1913) an. Davey übernimmt diese Annahme, obwohl er eine Maske des Yoshihide anführt, auf der sich das kaô des Kodama Yasuaki befindet. Yoshihide arbeitete in verschiedenen, teilweise patinierten Hölzern, die er in der Art des Tôkoku mit Elfenbein und farbigen Einlagen anreicherte. Wie Tôkoku hatte auch er eine Vorliebe für buddhistische Figuren. Seine Signatur und sein kaô befinden sich gelegentlich auf einem eingelegten Metallplättchen. Yoshinaga (tätig ca. 1740-1780) 31 Tätig in Kyôto Arbeitet in Elfenbein Motive: Figuren und Tiere Yoshinaga wird im Sôken kishô erwähnt. Sein gô war Kôyôken. Es gibt Netsuke mit dem gô, das von Meinertzhagen Bokusaidô bzw. Bokusaisai gelesen wird. Er war einer der wichtigsten Schnitzer in Kyoto. Seine figürlichen Netsuke sind überdurchschnittlich ausdrucksstark. Die himotôshi sind groß. Es gibt zwei Varianten des zweiten Schriftzeichens. Die Signatur hier muß als apokryph angesehen werden. Yoshinobu (tätig 2. Hälfte 19. Jh.) 94 Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren Aus einem bei Lazarnick abgebildeten Netsuke geht hervor, daß er das gô Shûôsai führte. Es handelt sich jedoch nicht um Shûôsai →Hidemasa II. Yoshiyuki (tätig um 1900) 348 Arbeitete in Elfenbein Motive: Tiere, Figuren und Masken Dieser Künstler wird zwar in den Nachschlagewerken erwähnt, doch erhält man keine klare Vorstellung von seinem Werk. Yôsui (tätig 19. Jh.) 286 Arbeitete in Holz Lazarnick bildet von Pilz-Netsuke aus Holz ab. Yôsui ein 316 Yûgetsu (1772-1844) 559 Tätig in Kaga Arbeitete in Holz Sein Agent war die Firma Yokoyama in Kyoto. Yukimasa arbeitet fast ausschließlich in Elfenbein, das er gelegentlich färbt oder bemalt. Seine Themen sind der Alltag der Edo-Zeit und Tiere. Sein Stil ist eher konservativ. Die hier vorgestellten Netsuke stellen alle Motive dar, die auf Entwürfe früherer Schnitzer zurückgehen. Takeda Shinkô (Nobuoki), auch Shûhei (Hidehira) genannt, wurde in der Provinz Harima (heute Präfektur Hyôgo) als elfter Sohn eines Samurai des Himeji-Clans geboren. 1814 kam er in den Dienst des Maeda daimyô in Kanazawa, Provonz Kaga (heute Präfektur Ishikawa). Dort beaufsichtigte und leitete er Handwerks-, Reparatur- und Bauarbeiten. In der Ära Bunsei (1818-1830) gründete er den MinzanBrennofen in Kasugayama und stellte Porzellan her. Er starb am 13.9.1844. Unter seinem Künstlernamen Yûgetsu schuf er kleine Objekte aus Holz. Meinertzhagen erwähnt ein Ebenholz-Netsuke, einen Schreibkasten und ein inrô, beide aus Holz. Ob es sich bei dieser NetsukeSignatur hier tatsächlich um diesen Takeda Shinkô handelt, ist ungewiß. Seine Vielseitigkeit jedoch läßt es möglich erscheinen, daß er auch Netsuke in Elfenbein schnitzte. Nakamura Toshitake wurde am 21.2.1916 in der Präfektur Saitama geboren. 1932 begann er bei Saitô Shôsai (?-1970) zu lernen. 1970 nahm er erstmals an einer Ausstellung von Elfenbeinschnitzereien teil. Yûkô verwendet Elfenbein und Holz und kombiniert gelegentlich diese beiden Materialien. Seine Tier-Netsuke zeichnen sich durch sorgfältige Ausarbeitung des Fells aus. Yukimasa (geb. 1914) 282, 624, 703 Zeshin (1807-1891) 852 Tätig in Gifu Arbeitete in Elfenbein Motive: Figuren und Tiere Tätig in Edo/Tokyo Arbeitete in Lack Motive: Tuschebarren, manjû Uno Tadami wurde im November 1914 in Gifu geboren. Er lernte die NetsukeSchnitzerei unter Akiyama Koshin in Kyoto. Seit 1930 konzentriert er sich auf das Schnitzen von Netsuke. Bis zu 90% seiner Arbeiten werden ins Ausland verkauft. Yûkô (geb. 1916) 535 Arbeitete in Elfenbein und Holz Motive: Tiere und Figuren hako-netsuke, Shibata Zeshin (1807-1891) ist der berühmteste und originellste Lackmeister des 19. Jahrhunderts. Er schuf neben zahlreichen, verschiedenen Dosen und Bildplatten auch inrô und Netsuke. En suite zu seinen populären Tuschestein-inrô fertigte 317 er die zugehörigen, stark abgeriebenen Tuschebarren-Netsuke, die oft mit Schachtelhalm (togusa bzw. tsukushi) und Schriftzeichen dekoriert sind. Ein anderer Netsuke-Typus sind die hako Netsuke, die mit seigaiha-Muster dekoriert sind, oder die hako-Netsuke aus sehr sorgfältig geschältem und poliertem Bambus, die einen sparsamen, eleganten Lackdekor in makie zeigen. Meistens signierte Zeshin mit seiner typischen Ritzsignatur, gelegentlich in hiramakie. Unleserliche Signaturen 58, 107, 126, 154, 166, 296, 326, 370, 426, 822, 903, 904, 928 Inschriften 823, 855 318 Kurzbiographie des Sammlers Professor Dr.rer.nat., Dr.phil.h.c. Bruno Wilhelm Werdelmann wurde am 14. August 1920 in Ratingen geboren. Er studierte Chemie an den Universitäten München und Bonn. Nach seiner Promotion 1948 arbeitete er zunächst bei der DreiringWerke KG in Krefeld. Nach deren Übernahme durch die Henkel-Gruppe wurde er 1959 mit der Leitung der organischen Betriebe der Henkel & Cie GmbH in Düsseldorf Holthausen betraut. Sechs Jahre später bekam er als Geschäftsführer der Holding das Aufgabenspektrum Forschung und Entwicklung, Produktion und Ingenieurwesen weltweit übertragen. Von 1975 bis 1984 war Bruno Werdelmann persönlich haftender, geschäftsführender Gesellschafter der Henkel KGaA. Bereits seit 1980 war er parallel zu seiner Vorstandstätigkeit zunächst als Lehrbeauftragter dann als Honorarprofessor im Fachbereich Chemie an der Universität Essen tätig. Nach seiner Pensionierung wirkte er für über zehn Jahre als Gastprofessor in Südostasien mit Schwerpunkten in Bangkok, Chiang Mai und Kuala Lumpur. 1984 erhielt er das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland insbesondere für seine nationalen und internationalen Umweltschutzaktivitäten: U.a. war es in langjähriger Forschungsarbeit gelungen, einen Ersatz für Phosphat in Waschmitteln zu entwickeln. Für seine wissenschaftlichen Leistungen und sein außerordentliches Engagement in Südostasien wurden Bruno Werdelmann weitere Ehrungen zuteil: u.a. die Normann-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Fettwissenschaft, 1973, die Ehrenmedaille der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, 1985, und die durch König Bumiphol verliehene Ehrendoktorwürde der ChiangMai Universität, Thailand, 1993. Immer wieder hat sich Bruno Werdelmann für die Zusammenarbeit, den wissenschaftlichen und kulturellen Austausch zwischen Europa und Asien engagiert. Er war langjähriges Mitglied der DeutschThailändischen Gesellschaft in Bonn, der Siam Society in Bangkok sowie der Deutsch-Japanischen Gesellschaft in Düsseldorf. 1990 gründete er die „Professor Werdelmann Stiftung“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich Chemie finanziell zu fördern sowie Entwicklungs- und Forschungsprojekte zu unterstützen. Seit den späten 1960er Jahren sammelt Bruno Werdelmann neben südostasiatischer Kunst leidenschaftlich NetsukeFiguren. Im Laufe der Jahrzehnte entstand so eine über 1100 Exponate umfassende Sammlung, die er nun dem museum kunst palast zugedacht hat. 319