Meilensteine der philatelistischen Literatur des 19

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Meilensteine der philatelistischen Literatur des 19
Wolfgang Maassen
MEILENSTEINE DER PHILATELISTISCHEN
LITERATUR des 19. JAHRHUNDERTS
Supplement • Index
Deutsche Übersetzung
Meilensteine
der Philatelistischen Literatur
des 19. Jahrhunderts
Deutsche Übersetzung
Supplement
Index
Wolfgang Maassen
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Impressum
Meilensteine der Philatelistischen Literatur des 19. Jahrhunderts – Deutsche Übersetzung, Index und Corrigenda/Addenda zum Buch „Les Jalons de la Littérature Philatelique au XIXe Siècle“ / „Milestones of The Philatelic Literature of The 19th
­Century“
ISBN 978-3-932198-23-6
© Phil*Creativ GmbH, Schwalmtal 2014
Deutsche Übersetzung des Vorspanns, der Kap. 2.2 und 2.3 (Verfasser: Vincent Schouberechts), Kap. 6 (Verfasser: Yves
Vertommen) sowie der Appendices 1 und 2 (Verfasser: Brian Birch) durch den Autor Wolfgang Maassen, ausgehend von
der englischen Vorlage der Manuskripte. Die hier nicht genannten Kapitel wurden in deutscher Sprache von Wolfgang
Maassen verfasst und nachfolgend in die französische und englische Sprache übertragen. Vincent Schouberechts betreute die Zentralredaktion und Organisation des Buches.
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne schriftliche Genehmigung der Phil*Creativ GmbH
reproduziert, gespeichert sowie in Datenbanksystemen veröffentlicht oder in irgendeiner Form elektronisch, mechanisch,
per Fotokopie oder Aufnahme wiedergegeben werden.
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
5
1. Anfänge. Von ersten Marken zur ersten Literatur
7
2. Das Jahrzehnt der Pioniere 13
2.1 Erste Preislisten – frühe Kataloge
15
2.2 Die ersten philatelistischen Fachzeitschriften des 19. Jahrhunderts
33
2.3 Erste philatelistische Artikel in Fachzeitschriften
38
2.4 Alben: Vom „Unikat“ zur ersten Mengenproduktion 42
3
Philatelie in der Krise – Neuanfänge (ca. 1871 bis 1885) 52
3.1 Kriege in Europa und ihre Folgen für Philatelie und Literatur 53
3.2 Erste Vereine – erste Vereinsliteratur
58
3.3 Die Ausbreitung des Handels: Bedeutende Kataloge und Auktionen
61
3.4 Die Bedeutung und Entstehung früher Monografien, Handbücher
und Spezialkataloge
70
3.5 Wachstum weltweiter Philatelie und philatelistischer Literatur
77
4
Briefmarken als Massenprodukt, Spezialisierung als Reaktion
85
4.1 Philatelistische Profilbildung mit Handbuch-Reihen und besonderen Editionen
87
4.2 Anspruchsvolle Fachzeitschriften mit Niveau
93
4.3 Alben und Kataloge als Massenprodukte
98
4.4 „Eintagsfliegen“ und Inseratenblätter
4.5 Ausstellungs- und Auktionskataloge als neue Formen der
philatelistischen Literatur
107
113
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3
5
Versuche weltweiter literarischer Erfassung der Philatelie
121
5.1 Bibliografien philatelistischer Literatur
122
5.2 Das „Kohl-Handbuch“
129
5.3 Publikationen über Fälschungen
134
6
Die philatelistische Literatur des 20. Jahrhunderts
144
Anhang 1
Ausgewählte Kurzbiografien einiger namhafter Autoren und Herausgeber in der Philatelie
157
Anhang 2
Pseudonyme
173
Corrigenda/Addenda
189
Personen Index
192
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Vorwort
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Als im Herbst 2011, wenige Monate vor der MONACOPHIL,
der Präsident der AIJP, der Association Internationale des
Journalistes Philatéliques, Wolfgang Maassen, den Vorschlag machte, man könnte doch einmal zur Würdigung
des Jubiläums „150 Jahre philatelistische Literatur“ eine
Sonderschau zu diesem Thema gestalten, war dies eine
Anregung, die der Club de Monte Carlo gerne aufgenommen hat. Bereits Ende 2011 stand damit fest, dass es einen solchen Schwerpunkt Ende 2013 geben könnte, dazu
aber nicht nur eine spezielle Ausstellung, sondern auch
ein spezieller Katalog zu erarbeiten wäre.
Ein solcher Beschluss mag schnell getroffen werden und
leicht fallen. Die Verwirklichung eines solchen Vorhabens
innerhalb eines derart kurzen Zeitraums stellt große Ansprüche an die, die sich solch einem Vorhaben verpflichtet fühlen. Bereits Ende November trafen sich interessierte Kenner und Literatursammler in Monte Carlo, um die
Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu erörtern. Mit dabei waren u.a. David Beech, Tomas Bjäringer, Cheryl Ganz,
Dr. Jan Huys, Birthe und Chris King, Wolfgang Maassen,
Vincent Schouberechts und Charles Verge.
Es lag auf der Hand, dass weder Jahre für notwendige Recherchen in bekannten philatelistischen Bibliotheken dieser Welt zu investieren waren, noch bei einer Ausstellung,
selbst nicht in einem Katalog 150 Jahre philatelistischen
Literaturschaffens auch nur annähernd „komplett“ zu zeigen wären. Dem Prinzip des „Exemplarischen“ musste also zu folgen sein, wobei aber dabei die Bedeutung der
frühen Anfänge weltweiten Schaffens nicht aus dem Auge
zu verlieren war. Speziell im Vergleich zu der Ende 2012
in Mainz durchgeführten Internationalen Philatelistischen
Literatur-Ausstellung IPHLA, die an 150 Jahre deutschsprachiger philatelistischer Literatur, u.a. auch mit einem
Raritätenkabinett und Sonderschauen erinnerte, sollte
bei der MONACOPHIL 2013 die Internationalität im Vordergrund stehen. Eben die Entwicklung der frühen ersten
philatelistischen Literatur in vielen Ländern.
Dank der großzügigen Bereitschaft zahlreicher teils bereits schon zuvor erwähnter Literaturexperten war es
nicht schwierig, denkbare Ausstellungsexponate in nennenswerter Zahl zu einem Ausstellungskonzept zu vereinen. Weniger einfach erwies sich das Vorhaben, einen
Ausstellungskatalog, den es in dieser Form als Fachbuch
noch nicht gegeben hatte, zu realisieren. Aufgrund der
knappen nur einjährigen Zeit, die für ein solches Projekt
zur Verfügung stand, aber auch mangels eines Experten,
der in der Lage gewesen wäre, die Literaturentwicklung in
allen Ländern der Welt auf knappen Raum detailliert und
dennoch fundiert zu bearbeiten, wurde einem dezentralen Ansatz der Vorzug gegeben. Wolfgang Maassen aus
Schwalmtal war der Hauptautor, assistiert von Vincent
Schouberechts aus Brüssel. Beide genannten Philatelisten verfügten über exzellente Kontakte zu zahlreichen
Sammlern philatelistischer Literatur, was es ihnen ermöglichte, seltene und oft einzigartige Ausstellungsstücke zu
organisieren und das Wissen sowie die „Schätze“ dieser
Bibliophilen aber auch für den Katalog zu berücksichtigen.
Besuche bei der Royal Philatelic Society, London, Recherchen in der dortigen Bibliothek, aber auch bei der legendären Diena-Bibliothek in Rom, deren Möglichkeit zur Auswertung Raffaele Diena großzügig zur Verfügung stellte,
folgten. Bereits von daher legte sich der Titel dieses Kataloges, der ausgewählten „Meilensteine“, nahe, der nachfolgend zum leitenden Grundaspekt bei der Erstellung des
Kataloges wurde. Leider kam ein Kontakt zu Dr. Manfred
Amrhein, dem wohl besten Kenner weltweiter Literatur
in San José in Costa Rica, nicht zustande, so dass die
Schriftleitung sich zwar auf dessen großartiges vierbändiges Werk stützen konnte, sich aber nicht seiner direkten
Mitwirkung zu versichern vermochte. Seine Studien und
Ausarbeitungen werden aber an vielen Stellen in diesem
Buch eingehend gewürdigt und berücksichtigt, wofür ihm
nur zu danken ist.
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Im Vergleich zu Amrheins umfassenden Werk schien es
uns erforderlich, auch eigene Akzente zu setzen, was einerseits durch das reichhaltige Bildmaterial bislang noch
nie zu sehender besonderer Ausgaben früher Literatur
aus Bibliotheken namhafter bibliophiler Sammler möglich
wurde, aber auch durch so manche Daten und Fakten,
die bislang noch nicht veröffentlich worden waren. Nicht
selten kamen dabei auch „Schätze“ zum Vorschein, die
bislang in keiner Bibliografie erfasst sind. Andererseits
bedingte es der zu begrenzende Umfang, auf spezielle literarische Produkte und deren näherer Beschreibung völlig zu verzichten, z.B. auf frühe postgeschichtliche Werke,
die nur insofern Berücksichtigung fanden, als sie einen direkten Bezug zur Philatelie aufwiesen. Auch BriefmarkenPolkas oder Organisationsliteratur von Vereinen, Adressbücher des Handels oder der Sammler und dergleichen
blieben außen vor.
Die Kapitel 1 bis 5.3 legen den Schwerpunkt jeweils auf
die frühe weltweite Literatur, speziell des 19. Jahrhunderts, während gerade das Kapitel 6 deren weitere Entwicklung im 20. Jahrhundert anhand neuer Trends, aber
auch ganz besonders herausragender Werke näher beschreibt. Damit schließt sich ein Kreis, der die Bedeutung
der philatelistischen Literatur früher wie heute beispielhaft akzentuiert, aber auch aufzeigt, dass die Literatur zu
jeder Zeit die Grundlage der philatelistischen Entwicklung
in allen Ländern war.
Technisch wurde dieses Buch und dessen einzelne Kapitel mehrheitlich auf der Basis deutscher Manuskripte
umgesetzt, die dann Übersetzungen in die französische
und englische Sprache erfuhren, aber auch nachfolgende
Ergänzungen durch andere Kenner der jeweiligen nationalen Literaturszene.
Wir möchten Brian Birch, Eduardo Escalada und Yves Vertommen unseren besonderen Dank für ihre bedeutsame
Unterstützung bei der Herstellung dieses Buches aussprechen, Rainer von Scharpen und Nick Martin für ihre umfangreiche Übersetzungsarbeit, ebenso Marc Lebrun und
James von der Linden für ihr Lektorat bestimmter Artikel.
Das Herausgeberteam dankt den nachfolgend aufgeführten Institutionen und Philatelisten für ihre Unterstützung,
ohne die dieses Werk nicht in dem vorliegenden Gehalt zu
erstellen möglich gewesen wäre.
Wolfgang Maassen, FRPSL, AEP, AIJP
Vincent Schouberechts, FRPSL, AEP
Nachfolgend aufgeführte Experten und Institutionen haben das Projekt unterstützt
und dazu beigetragen:
Brian Birch
Tomas Bjäringer
Alberto Bolaffi
Federico Borromeo d‘Adda
The British Library, London, Kurator der Philatelistischen
Sammlungen, David R. Beech
Raffaele Diena
Eduardo Escalada
Heinz Glaettli
Chris King / Royal Philatelic Society, London
Museum für Kommunikation, Berlin / Archiv für Philatelie,
Bonn, Dr. Andreas Hahn
Leonhard H. Hartmann
Christoph Hertsch
Auktionshaus Heinrich Köhler (Dieter Michelson / Karl
Louis), Wiesbaden
Wolfgang Maassen
6
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Wade Saadi
Vincent Schouberechts
Auktionshaus Hans-Joachim Schwanke, Hamburg
Smithonian National Postal Museum und Smithsonian Institution Library des NPM, Washington, Chefkuratorin für
Philatelie, Dr. Cheryl R. Ganz, und Kurator für Philatelie,
Daniel Piazza
Schwedisches Postmuseum
Herbert Trenchard
Jan Vellekoop
Charles Verge
Die Vincent Graves Greene Philatelic Research Foundation (VGG) und die Harry Sutherland Philatelic Library der
VGG
Yves Vertommen
Jean Voruz
Paul Wijnants
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1
Anfänge. Von ersten Briefmarken
zur ersten Literatur
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Gedanken zur Abgrenzung
Mit einer Geschichte der philatelistischen Literatur ist die
Geschichte der ersten frühen Sammler untrennbar verbunden. Insofern ist Literaturgeschichte stets auch eine
Beschreibung philateliegeschichtlicher Art, ohne mit dieser identisch zu sein. Ihr Schnittpunkt ist in der Regel dort
zu finden, wo Sammler schriftliches, heute noch Dokumentiertes hinterlassen haben, wo sie selbst zum Urheber dessen wurden, was wir gängigerweise als Literatur
bezeichnen: Preislisten und Kataloge, Monografien oder
Studien in Form von Fachbeiträgen in Zeitschriften. Damit
verewigten sie ihren Namen, nicht selten auch ihre eigene
Geschichte, wurden so zu einem historisch bedeutsamen
Teil der Geschichte der Philatelie selbst.
Bibliophile Sammler wissen diese Verknüpfung umso
mehr Wert zu schätzen, sofern Spuren solcher literarischer Erstversuche verknüpft sind mit Autographen und
Widmungen von Autoren in ihren frühen Werken. Dann
entsteht nicht selten ein Netz voller lebensgeschichtlicher, biografischer, aber auch für die Verbindungen – zum
Teil sogar über Ländergrenzen weit hinausreichender –
bedeutsamer Kontakte.
Insofern ist die Geschichte der Literatur mit der Philateliegeschichte verwandt oder verschwägert, aber sie unterscheidet sich auch. Denn sie begrenzt sich primär auf
eben heute noch Nachweisbares, auf das, was in gedruckter Form aus der Hand einzelner Verfasser vorliegt und
nachweisbar ist. Dies zu betonen, scheint wichtig, denn
gerade über die Ursprünge der ersten Phasen der Philate-
lie, der dabei mitwirkenden Sammler, gar der Pioniere der
Philatelie, gibt es zahllose Geschichten, die nicht selten
aus heutiger wissenschaftlicher Sicht eher an Hörensagen und Gerede, an persönlichen Geltungs- und Profilierungsdrang erinnern, einer der ersten, vielleicht gar der
erste Sammler überhaupt gewesen zu sein. Für Philateliegeschichtler mögen solche Beschreibungen – meist
in späterer Zeit, als die Philatelie bereits in Blüte stand,
entstanden – aufschlussreich sein und Einblicke in die
Entwicklung, aber auch in die Psychogramme daran beteiligter und handelnder Personen vermitteln. Für Literaturgeschichtler sind solche Fragen eher von untergeordneter Bedeutung, lassen sich deren wahrheitsgemäße
Gehalte doch heute nicht verifizieren.
„Wer schreibt, der bleibt“, sagte ein geflügeltes Wort, genauer und hier treffender gesagt müsste es für Literatur
heißen: Was gedruckt ist, ist nachweisbar, empirisch belegbar, kategorisierbar. Was nun allerdings bei weitem
nicht heißt, dass alles, was gedruckt ist, deshalb auch
der Wahrheit entspricht, ebenso wenig – ohne die kleine
philosophische Betrachtung hier weiterzuführen – deshalb auch richtig ist. Denn auch dies belegt eine nähere
Betrachtung der frühen ersten Spuren des um die Mitte
des 19. Jahrhunderts neuen Hobbys, des Briefmarkensammelns: es war ein langer Weg bis zu verlässlichen
und umfassenderen Werken, die für sich Geltung und
überwiegende Richtigkeit in Anspruch nehmen konnten.
Diesen Wegen folgten die großen Bibliografen der Vergan-
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genheit, die den Vorteil hatten, zeitlich deutlich näher an
der Entstehungszeit erster Literatur und deren Urheber
ihre Werke zu schaffen. Unvergessen und bis heute eine
hervorragende Quelle, zumal zur deutschsprachigen philatelistischen Literatur, ist Victor Suppantschitschs umfassende „Bibliographie zugleich Nachschlagebuch der
gesamten deutschen philatelistischen Literatur seit ihrem Entstehen bis Ende 1891 nebst einem Abriss der Geschichte der Philatelie mit besonderer Berücksichtigung
Deutschland’s und einer kurzen Geschichte der deutschen philatelistischen Literatur“, die 1892 in München
erschien, der der Autor aber in den Folgejahren auch zahlreiche kleinere Studien zur philatelistischen Literatur anderer Länder folgen ließ. Übertroffen wurde dieses Monumentalwerk nur durch Edward Dennis Bacons „Catalogue
of the Philatelic Library of the Earl of Crawford“ 1911, in
dem der Bestand der Crawford-Bibliothek, der größten
philatelistischen Bibliothek aller Zeiten, die alle weltweit
bis damals erschienene Literatur, allerdings ohne Alben,
exakt mit umfangreichen bibliografischen Angaben auflistete und nachgewiesen wurde.
Einen vergleichbaren Versuch weltweiten Zugriffs hat in
neuerer Zeit nur noch – sieht man von dem eher marginalen Beitrag in Carlrichard Brühls „Geschichte der Philatelie“ 1985/86 ab – Dr. Manfred Amrhein aus San José in
Costa Rica unternommen. Sein bislang vierbändiges Werk
„Philatelic Literature. A History And A Select Bibliography
from 1861–1891“ erschien 1992 mit Band 1, 1997 mit
Band 2, 2001 mit Band 3 und mit dem bisher letzten
Band 4 im Jahr 2006. Zu dieser Zeit waren längst in zahllosen Ländern teils bemerkenswerte Einzelbibliografien
publiziert worden1, die aber in keiner Weise diesen internationalen Überblick ersetzen konnten oder gar mit ihm in
Konkurrenz treten wollten. Sie bleiben hier aufgrund ihrer
jeweils nationalen Beschränkung auch außen vor.
Wenn überhaupt ein Projekt einmal die Chance hat, diesen einmaligen Werken das Wasser zu reichen, wird es
sicherlich das Vorhaben der Royal Philatelic Society, London, sein, mit Hilfe heute möglicher Computertechnik eine „Global Philatelic Library“, also eine alle Zeiten und
Länder umfassende Bibliografie des philatelistischen
Schrifttums dank der Bestände zahlreicher nationaler Bibliotheken zusammenzuführen, die nicht nur in wahrlich
monumentaler Art und Weise alle bekannten Titel nachweist, sondern auch deren Standorte dokumentiert.
1 Eine der umfangreichsten, wenn nicht die größte überhaupt, dürfte
die Anfang der 1950er-Jahre von Christian Otto Müller in München
begonnene und bis heute von anderen weitergeführten „LiteraturNachrichten“ in deutscher Sprache sein, die auch auf der Webseite
des Bundes Deutscher Philatelisten, www.bdph.de, Fortsetzung findet.
8
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Schon insofern erübrigt sich jeder weitere Versuch, derartige Vorhaben zu imitieren oder gar zu wiederholen. Wichtiger erscheint es, die großen Spuren nachzuzeichnen,
mit denen namhafte Autoren Geschichte schrieben, ihre
eigene und eben die der Philatelie. Hierzu ist das Prinzip
des Exemplarischen unerlässlich, dem dieses Buch folgt.
Die selbst gewählte Begrenzung soll dabei das deutlich
machen, was das Wesentliche in der Philatelie ist: Forschung und Fortschritt oder Fortschritt dank immer wieder neuer Erforschung. Eben dies lässt sich seit den ersten dokumentierten Anfangen nachweisen.
Anfänge. Erste Sammler
Verständlicherweise kann das Ei nicht sein ohne das
Huhn, wenngleich es stets schwierig ist, die Frage zu
beantworten, wer denn zuerst da war. Bekannt ist, dass
bereits in den 1860er-Jahren frühe Sammler, aber auch
erste Literaten für sich in Anspruch nahmen, die ersten
Sammler überhaupt gewesen zu sein.
Ein „klassisches“ Beispiel für diesen Typus des Vorrechte geltend machenden Philatelisten war zweifelsohne Dr.
John Edward Grey (1800–1875). Er soll sich bereits am 1.
Mai 1840 einen (Vierer-?)block der „Penny Black“ gekauft
haben und diesen als Erinnerungsstück zur Einführung
der „Uniform Penny Postage“ zurückgelegt haben. Nach
dem weiteren Erscheinen von Marken habe er auch diese
erworben und veröffentlichte gar später, Ende 1862, einen der ersten Briefmarkenkataloge.
Als Beleg für die Erwähnung Dr. John Edward Grays müssen wohl seine eigenen biografischen Aussagen herhalten, die er in einer Artikelserie „The Postage Stamps of
the World“ im Juni 1862 in der Zeitschrift „Young England“ publizierte, aber auch in seinem erwähnten ersten
Briefmarkenkatalog festhielt, der wenig später erschien.
Dort schrieb er, dass er „shortly after the system was established“, also kurz nach Einführung der Briefmarken,
und viele Jahre, bevor dies erst zur Mode wurde, mit dem
Sammeln begann, und zwar, weil er damals schon vor Sir
Rowland Hill den großen Nutzen des neuen Penny-PortoSystems erkannt habe und weil eine Sammlung dieses
„Geldes“ in Form von Briefmarken höchst sicher und ökonomisch sei („I was the first that proposed the system of
a small uniform rate of postage to be prepaid by stamps
...“). Es sei hier nur angemerkt, dass Grays Versuch, sich
die „Patenschaft“ an Rowland Hills Taten zu sichern,
schon wenig später den Widerspruch von eben diesem
und von Charles Knight erhielt.2
2 Vgl. hierzu: Athenaeum 13., 20. und 27. Dezember 1862, 3. und 10.
Januar 1863; zit. nach P. J. Anderson/ B. T.K. Smith: Early English
Philatelic Literature 1862–1865, London 1912, S. 12; Grays vollständige Ausführungen zum Beginn seiner Sammlertätigkeit sind
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Dr. Gray bekam später aber Konkurrenz durch einen Österreicher namens William Kratter in Sydney, der behauptete, sein nach Australien ausgewanderter Vater habe bereits 1838 mit dem Sammeln der seit dem 3. November
des damaligen Jahres in Sydney herausgegebenen Stadtpost-Briefumschläge begonnen.3 Auch eine Engländerin,
eine Miss Harrison aus Yorkshire, wurde 1910 literaturbekannt, als sie im Alter von 80 Jahren „Meekels Magazine“
mitteilte, sie habe 1840 – damals war sie zehn Jahre alt
– seltene VR-Penny Blacks von einer der Hofdamen der
Queen Victoria und später auch Essays und Proofs von
Sir Rowland Hill erhalten. 1910 war sie immer noch als
Sammlerin aktiv. Selbst auf der Isle of Wight soll eine Lady, eine „governess“, beheimatet gewesen sein, die schon
1841 mit dem Sammeln von Briefmarken begann – zu
dieser Zeit gab es erst vier verschiedene, so dass sie sich
für Quantität entschied, also möglichst viele zusammenzutragen. Da sie dies mit Hilfe ihrer Freunde und Bekannten jedermann wissen ließ, erregte dies angeblich die
Aufmerksamkeit der postalischen Behörde, die gar eine
Untersuchung startete und erst deren Ergebnisse, dass
sie keine kriminellen betrügerischen Absichten im Sinn
hatte, sie vor dem Gefängnis bewahrt haben soll.4
Alexander Bungerz glaubte 1923 einen anderen ersten
Sammler ausfindig gemacht zu haben, nämlich den Pariser Graveur Auguste Mancin. Dieser habe bereits 1840
befreundete Angestellte gebeten, ihm alle neu auftauchenden Marken zu besorgen. Über 15 Jahre hinweg sammelte er, bis er an Tuberkulose erkrankte und sich genötigt sah, die Sammlung zu verkaufen. Damals soll es auch
schon drei Briefmarkenhändler in Paris gegeben haben
und an einen habe er dann gegen dessen Höchstgebot
von 100 Franc verkauft.5
Der Gedanke der Seltenheit und des Wertes, der Sammelfähigkeit nach bestimmten Kriterien war in den 40erJahren des 19. Jahrhunderts noch nicht erfunden. Dieser
konnte erst, als zunehmend mehr Marken aus diversen
Ländern in verschiedenen Wertstufen und Verkaufsformen, in unterschiedlichen Druck- und Herstellungsverfahren erschienen, entwickelt werden. Zu Recht benannte Toni Abele, ein Schweizer Autor, der vor einigen Jahrzehnten
auch wiedergegeben in: Charles J. Phillips: Stamp Collecting. The
King of Hobbies and The Hobby of Kings, New York 1936, S. 35 und
wurden nicht zuletzt festgehalten in James Mackays: Guiness Buch
der Briefmarken, Ullstein Verlag Frankfurt – Berlin – Wien 1985,
hier S. 146.
3 Illustriertes Briefmarken-Journal 1910, S. 164
4 Vgl. E. A. Smythies: The Lure of the Postage Stamp, in: The Stamp
Lover, January–February 1955, S. 131
5 Alexander Bungerz: Großes Lexikon der Philatelie, München 1923,
Stichwort „Mancin, Auguste“ (S. 443)
eine hervorragende Übersicht zur philatelistischen Literatur der Schweiz publizierte, diese Phase des ersten Sammelns von Briefmarken auch als „Embryonal-Stadium“
der Philatelie, das er als „Parforce-Sammeln“ definierte,
als ein „wahlloses Anhäufen von gestempelten Postwertzeichen, um dadurch z.B. eine Wette zu gewinnen ... oder
auch, um damit ein Zimmer zu tapezieren oder ein Kleid
aus Briefmarken für den nächsten Maskenball zu verfertigen.“ Diese Art „Sammelwut“ wurde bevorzugt von 1840
bis 1855, aber auch – wie zu zeigen ist – später noch in
England favorisiert.6
Es verwundert deshalb auch nicht, dass diese frühen Zeug­­nisse
eines neuen „Sammelsports“ zu Beginn der 1840­­er-Jahre
mehr exotisch-lustigen Anstrich hatten, wozu man getrost
die Notiz in der TIMES 1841 über Brief­mar­kenta­peten
(Briefmarken zur Ausschmückung des Ankleide­zim­mers
für eine junge Dame) und verrückte Briefmar­ken-Wetten,
wie viele Marken man in kurzer Zeit zusammentragen
kann, zählen darf. Vergleichbar lustige Anzeigen erschienen u.a. auch im „The Spectator“, „The Art Union“
und in der „London and West Review“, 1842 im Magazine „Punch“7, 1842 und 1844 in „The Illustrated London
News“, 1848 in: „La Presse“ zur Seite.8 Über diese „Embryonalphase“ der Philatelie wurde bereits von berufeneren Autoren viel geschrieben und zusammengetragen, so
dass dies an dieser Stelle kaum zu wiederholen ist.9
Die Mehrzahl dieser frühen Sammler der 1840er- und
1850er-Jahre waren im heutigen Sinne keine Philatelisten, die die Marken und deren Entstehung nach briefmarkenkundlichen Kriterien erforschten, kategorisierten oder
gar systematisierten, sie blieben in aller Regel eher der
Quantität gleicher oder verschiedenfarbiger Marken und
Markenbildnisse verhaftet oder betrieben dieses spleenige Hobby neben vielen anderen nur als Sport, als Manie.
Ernsthafter schien da schon ein an einen Mr. Henry D.
Davies, London, adressierter Brief zu sein, der von einem
John M. Davenport aus Oxon am 14. Dezember 1841
versandt wurde. In diesem Brief fragt Davenport: „Lieber
Henry, falls Du Dich zu etwas so Trivialem herablassen
kannst, möchte ich Dich erneut bitten, alle Briefmarken,
6 Toni Abele: Die philatelistische Literatur der Schweiz, in: SBZ, Nr.
12/1944, S. 345
7 Punch, Vol. II, p. 76 sowie Vol. III, p. 166, 201
8 Vgl. Theodor Haas, Lehrbuch der Briefmarkenkunde, Leipzig 1905,
S. 512; und L.N. und M. Williams: The Postage Stamp – Its History
and Recognition, Penguin Books, London 1956
9 Vergleiche in jüngerer Zeit die Übersicht in dem umfangreichen
Werk von Wolfgang Maaßen: Philatelie und Vereine im 19. Jahrhundert, erschienen in der Reihe „Chronik der deutschen Philatelie“,
hier besonders Kapitel 2. Siehe auch Manfred Amrhein: Philatelic
Literature, Band I, San Jose/Costa Rica 1992, S. 6
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derer Du habhaft werden kannst, aufzuheben. Ich habe
von anderer Seite eine Anfrage, aus solchen Marken eine Sammlung aufzubauen“.10 Bemerkenswert ist weniger
der Hinweis, dass hier eine Sammlung solcher Briefmarken erstellt werden sollte, denn daraus lässt sich nicht ableiten, um was für eine Art „Sammlung“ es sich handelte.
Eher die Tatsache, dass Davenport offenbar schon zum
zweiten Mal anfragte, seine erste Anfrage also schon einige Zeit früher erfolgt sein muss.
Es mag zutreffen, dass später berühmte Namen in der
Philatelie ihre erste Handelstätigkeiten in den Anfang der
50er-Jahre oder gar früher datieren. Jean-Baptiste Moens
behauptete später, er habe schon ab 1848 als Junge
Briefmarken gesammelt und sei 1852 in den Handel
eingestiegen. Dies wurde viele Jahre später von seinem
Schwager, Louis Hanciau, in einer im „Stanley Gibbons
Monthly Magazine“ veröffentlichten Artikelreihe bestätigt.
Belegt ist auf jeden Fall seine literarische Tätigkeit, die
zehn Jahre später, also 1862, begann und erste Anzeigen
datieren noch früher. Aber erst ab Mitte der 1850er-Jahre
kann man von einer breiter werdenden Entstehung eines
ernsthafteren Sammelsports sprechen, der aber vorerst
nicht differenziert für sich, sondern in der Regel mit anderen Objekten verbunden angesehen wurde. Also z.B. mit
Münzen, Siegel, Autographen, Büchern und dergleichen.11
Spätere pressebelegte Anzeigen dokumentieren den
Wandel, der offenbar in den 1850er-Jahren in England
stattgefunden hatte. Hierfür ist auch eine Notiz, die am
23. Juni 1860 in Beeton’s „Boy’s Own Magazine“12 veröffentlicht wird, aufschlussreich:
„Postage Stamps. – A boy in my form one day showed me a collection of from 300 to 400 different postage stamps, English and foreign, and at the same time
10 John R. Homersham: The second recorded mention of stamp collecting? In: London Philatelist 106:115, May 1997. Der Original-Brieftext lautet: „Dear Henry, If you can descend to any thing so trifling I
will again ask you to put by all the postage stamps you can: I having
had a request from another quarter to assist in making a collection
of them”.
11 Ein solcher „Mischwaren-Verein“ ist unter dem Namen „OmnibusClub“ im Jahre 1856 in den USA bekannt geworden; man darf auch
davon ausgehen, dass in den 50er- und 60er-Jahren in Deutschland
– vergleichbar dem Vorbild der 1865 in Großbritannien gegründeten
„Bridlington Amateur Association“, die sogar eine eigene Zeitschrift,
„The Postmen’s Knock“, hielt – in deutschen Vereinen, lose und mit
Reglement organisiert, schon an Briefmarken resp. Postwertzeichen
interessierte Sammler waren. Da diesen Vereinen aber keine Dauerhaftigkeit beschieden war, fehlen hierzu jegliche Quellen und prüfbare Belege.
12 Nach Anderson, P. J./ Smith, B. T.K.: Early English Philatelic Literature 1862–1865, London 1912, S. 7, war die Quelle: Notes and
Queries, Series II, Vol. IX, p. 482.
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stated that Sir Rowland Hill told him at that time there
might be about 500 varieties on the whole. This seems
a cheap, instructive, and portable museum for young
persons to arrange; and yet I have seen no notice of
catalogues or specimens for sale, such as there are of
coins, eggs, prints, plants & c., and no articles in periodicals. Cheap facsimile catalogue, with nothing but names of respective states, periods of use, value, &c., would
meet with attention. If there be a London shop where
stamps or lists of them could be procured, its adress
would be acceptable to me, and to a score young friends.
S. F. Creswell, The School, Tonbridge”
(„Briefmarken. - Ein Junge in meiner Klasse zeigte mir einmal eine Sammlung von 300 bis 400 verschiedener Briefmarken aus dem In- und Ausland und meinte, dass Sir
Rowland Hill ihm gesagt habe, es gäbe wohl insgesamt
rund 500 verschiedene in der Welt. Dies scheint mir ein
billiges, lehrreiches und leicht mit sich zu tragendes ‚Museum‘ zu sein, dass Jugendliche aufbauen können, allerdings habe ich bisher noch keinen Katalog oder Verkaufsangebote gesehen, wie dies z.B. für Münzen, Eier, Drucke,
Pflanzen usw. bekannt ist, auch noch keinen Artikel in einer Zeitschrift dazu gelesen. Falls es in London ein Markengeschäft gibt, dass solche Listen herausgibt, wäre
die Adresse mir und den Jugendlichen sehr willkommen.
S. F. Creswell, Schule in Tonbridge“
Das Hilfegesuch belegt Jugendliche, die eine Schule in
Tonbridge (Tonbridge Wells, ca. 25 km südlich von London) besuchten, einen Lehrer, der ihre Sammeltätigkeit
unterstützte und offenbar auch selbst interessiert war.
Und diese Anzeige löste, allerdings mit Verzögerung, eine „Lawine“ aus. So konnte man einige Monate später in
der Zeitschrift „Young England“ 1860 hierzu das Angebot
eines willigen Sammlers (?) lesen, „that if any of the readers of this journal happen to be making a collection of
the postage stamps of different countries, I should be very happy to exchange some duplicates with them“. Und da
ein solcher Tausch, offenbar ja nicht einfach zu bewerkstelligen war, weil ja keiner wusste, was dem anderen
fehlte, bot dieser Leser an: „I should be willing to send to
anyone who wished to make an exchange a catalogue of
the stamps in my collection, so that he might know which
I do not want“. Die Idee der Fehlliste war geboren, ein Vorläufer der späteren Kataloge!13
Und im Beeton’s „Boy’s Own Magazine“ konnte man 1861
nachlesen:
13 Young England, Oktober 1860, zit. nach: P. J. Anderson/ B. T.K.
Smith: Early English Philatelic Literature 1862–1865, London 1912,
S. 8. Das vollständige englische Zitat findet sich in: Manfred Amrhein: Philatelic Literature, Band I, San Jose/Costa Rica 1992, S. 7
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„W. T. and J. F. C. should advertise in, say, for cheapness,
the ‘Daily Telegraph’ for old foreign postage stamps. You
cannot get them gratuitously. We know several collectors
who have to pay for them”. (June 1861)
“C. J. Armstrong, Bexley, Kent, will be glad to exchange foreign postage stamps. And S. G. L., Arbourfield, Streatham
Hill, Surrey, has also a collection. The latter will exchange,
but will accept no remittance beyond postage for his
answers to enquiries.” (August 1861)
“E. Pemperton, Warstone House, near Birmingham, would
be glad to effect exchanges with stamp collectors per
post” (September 1861)
“Extra Prize for January. – We have received scores of applications from subscribers to open up a correspondence
on the subject of Foreign Postage Stamps, giving the
names and addresses of those who are desirous of exchanging or purchasing such stamps. As far as we could,
we have done so; but finding it impossible to meet the
requirements of all our applicants in this respect, we now
offer one of our usual prizes to him who will, on or before the 5th of December next, send us the completest
collection of Foreign Postage Stamps, such collection to
be engraved and published in the ‘Boy’s Own Magazine’.
The collection must be accompanied by an introduction.”
(November 1861)
“H. Barber, 44, Douglas Street, Deptford, S.E., wishes to
announce that he has above 400 foreign postage stamps,
many of them duplicates.” (December 1861)14
Die Notizen und Anzeigen mehrten sich und sie belegen,
dass 1860/1861 augenscheinlich Sammler den Tauschund Kaufkontakt suchten, und dies in einer Zahl, dass die
Zeitschrift sich gar genötigt sah, im Januarheft 1862 dem
Thema durch Abdruck der komplettesten Sammlung, die
von einem Leser nachgewiesen werden konnte, die Ehre
zu geben. Der Leser wird auch den Namen „E. Pemperton“
mit Aufmerksamkeit registriert haben: Es handelt sich tatsächlich um die erste Anzeige des für die Pionierzeit in
England wenig später so bedeutsam gewordenen Berufsphilatelisten Edward L. Pemberton, dem leider – er wurde
1844 geboren und starb schon früh, im Jahre 1878 – kein
langes Leben vergönnt war. Gerade E. L. Pemperton bestätigte im Jahre 1863, dass ihm vor 1856 kaum mehr
als drei oder vier Erwachsene als Sammler bekannt waren, selbst 1858 sich deren Zahl noch in überschaubaren
Zahlen hielt, während sie danach geradezu explodierte.15
14 Zitiert nach: P. J. Anderson/ B. T.K. Smith: Early English Philatelic
Literature 1862-1865, London 1912, S. 8–9
15 Dorning Beckton: The Evolution of Philately, in: Philatelic Journal of
Great Britain, 1. April 1916, S. 51
Bei der letzten Anzeige, aufgegeben von H. Barber, handelt es sich wahrscheinlich um die erste oder eine der allerersten Händler-Anzeigen, die belegt sind, denn dieser
H. Barber inserierte in dieser Form nunmehr monatlich.
Eben diese und vergleichbare Anzeigen waren das erste
literarische Produkt, dem das Wachsen und Entstehen
der frühen Philatelie abzulesen ist. Diesen folgten dann –
nahezu zeitgleich mit ersten Händlerlisten ab ca. 1861 –
erste Beiträge in weiter verbreiterten Publikumszeitschriften, die mit dem Namen eines Franzosen, Natalie Rondot,
eng verbunden sind (vergleiche Kapitel 2.2).16
Dr. J. E. Gray, Verfasser/Herausgeber einer der frühen
schon 1862 erschienenen Briefmarken-Kataloge, reflektierte in seiner Katalogeinleitung die Realität jener Tage,
als er schrieb:
„The collecting of Postage Stamps is a fashion not confined to this country, or to a single class; for collections
are frequently seen in the drawing-room of the luxurious,
in the study of the enlightend (!), and the locker of the
schoolboy.
The fashion has been ridiculed, as all fashions will be;
but if postage stamps are properly studied, collected and
arranged, there is no reason why they may not be quite as instructive and entertaining as the collections of
birds, butterflies, shells, books engravings, coins or other
objects.”17
Ähnliches war von einem weiteren Katalogautor zu vernehmen, der im gleichen Jahr, im August 1862, einen Katalog veröffentlicht hatte (Aids to Stamp Collectors) und in
der am 15. Dezember erstmalig erscheinenden Fachzeitschrift „The Monthly Intelligencer“ einen Beitrag veröffentlichte. Frederick William Booty ging in diesem Beitrag aber
16 Natalis Rondot veröffentlichte ab 21. Juni 1862 unter dem Titel „Les
Timbres-poste de touts les États du Globe“ eine Artikelserie im „Magasin Pittoresque“, ab 26. Juli 1862 erschien diese auch in englischer Sprache in „Cassell’s Illustrated Family Paper“ unter dem Titel
„Postage Stamps“ und ab 1. Oktober des gleichen Jahres unter dem
Titel „Briefmarken und Briefmarken-Sammlungen“ in der Modezeitschrift „Der Bazar“. Wie Jan Vellekoop nachweisen konnte, gab es
sogar eine Übersetzung ins Niederländische, die von 1862–1864
in den von S. Gille Heringa herausgegebenen Jahrbüchern (Nederlandsch jaarboekje der posterijen voor ... – Middelburg : Altdorffer,
1862–1864) mit 63 Illustrationen und fünf lithografischen Bildtafeln veröffentlicht wurde. In Deutschland folgte ein weiterer Beitrag
über Briefmarken in der „Illustrierten Leipziger Zeitung“ Nr. 1014
am 6. Dezember 1862.
17 Zitiert nach Robert White: The first Stamp Collector and his Catalogue, in: Stamp Lover, Vol. 96, February 2004, S. 12. Grey hatte
zuvor bereits „The Postage Stamps of the World“ in der Zeitschrift
„Young England“ in London: Tweedie, 1862, ab Juni S. 91, publiziert, eine Serie, die in fünf Folgen erschien und die die Grundlage
für seinen späteren Katalog darstellte.
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auch besonders auf den Wandel der frühen Szene und im
öffentlichen Bewusstsein ein:
„Es ist schon merkwürdig, festzustellen, wie sehr sich die
öffentliche Meinung über das Briefmarkensammeln geändert hat. Vor zwei oder drei Jahren, als man die Zahl
der Sammler noch einzeln nennen konnte (nun zählen
sie schon nach hunderten), wurden sie als hoffnungslose, allerdings auch harmlose Spinner verschrien und ihre Freunde bestätigten allzu bereitwillig deren Manie, zumal diese ja immer nur nach ‚alten Marken’ fragten, die
von keinem Nutzwert außer für sie selbst gekennzeichnet
waren. Wenn die gleichen Spötter nun heute die wirklich
wunderschönen Markenbücher sehen könnten, die diese
glücklichen, geschmacksvolle und erfolgreichen Sammler
besitzen, dann wären sie wohl überzeugt und bereit zu
akzeptieren, dass es wohl verborgene Schönheiten selbst
bei misslungenen Briefmarken gibt.“18
Mit Booty, Grey und vielen anderen wurde ab 1861 das
Zeitalter der philatelistischen Literatur eingeläutet, eben
die Periode der Pionierzeit, in der das gedruckte Wort Verbreitung fand, sei es in Preis- oder Übersichtslisten existierender Briefmarken, in ersten Anzeigen, deren Suchund Tauschwünsche diese Listen als Angebote folgten bis
hin zu Zusammenstellungen, die wirklich fundierte Überblicke zu all dem gab, was existierte. Kataloge wurden geboren und diesen folgten nahezu zeitgleich das Bedürfnis,
sich über Neuerscheinungen und alle Aspekte des Sammelns auszutauschen: eben in periodisch publizierten
Zeitschriften.
Dass dem sich geradezu explosiv ausbreitenden Virus
der Philatelie, also der ernsthafteren systematischen Be18 Zitiert nach L. N. und M. Williams: Centenary of the Philatelic Press,
in: The Stamp Lover, October–November 1962, S. 63
12 |
schäftigung des Sammelns von Briefmarken, auch eine
weitere Literaturgattung, die Alben, an die Seite zu stellen
waren, schien geboten, mehrte sich doch unübersehbar
die Zahl der Briefmarken ab 1860 Jahr um Jahr. Diese
waren als geschätzte Werte dauerhaft gesichert unterzubringen, aber auch zu repräsentieren. Aus dem frühen
Spleen einiger „Verrückter“ wurde eine echte Liebhaberei
mit Gehalt.
All diese ersten literarischen Spuren – und noch zahlreiche andere hier nicht genannte mehr – führen primär
nach Großbritannien und Frankreich, wo Oscar BergerLevrault aus Straßburg bereits 1861 eine erste Liste ihm
bekannter Briefmarken mit Hilfe von Freunden und ihm
bekannten Sammlern wie Dr. Amable Legrand oder JeanBaptiste Moens zusammenstellte. Warum gerade England und Frankreich? Dies dürfte wohl kaum durch die
regionale Nähe des Lebensraumes bestimmt gewesen
sein, sondern durch zwei Ereignisse, die das Sammeln
von Briefmarken gewaltig gefördert hatten: die ersten
beiden Weltausstellungen 1851 in London und 1857 in
Paris. Bei beiden wurden Briefmarken als modernste Novität, als weltbewegende Neuheit, vorgestellt – und dieses
für viele neue Produkt sprach weiteste Kreise, nicht nur
Kinder und Jugendliche an. Aus einem Stein, der damit
ins Wasser geworfen wurde, entstand eine Lawine, die in
literarischer Form bis heute jeden in den Bann zieht, der
sich näher mit der Literatur beschäftigt. Die Philatelie wurde geboren. Ihre unerlässliche Basis war die Veröffentlichung von gedruckter Literatur, denn nur diese machte
orts- oder gar grenzüberschreitende Kommunikation, ein
Miteinander von Sammlern möglich.
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2
Das Jahrzehnt der Pioniere
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Eruptionen gehen nicht selten lange aufgestaute Energiemassen voraus, die sich dann unversehens auf einen
Schlag zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem oder
mehreren Orten entladen. Diesem Vergleich folgend, darf
man auch die erste frühe philatelistische Literatur verschiedener Länder – vor allem in Frankreich, England,
Belgien, Deutschland und den USA – nicht nur als einen
kontinuierlich gewachsenen Prozess interpretieren, sondern als ein in verschiedensten Teilen der Welt damals
– ohne jede Absprache oder Abstimmung – entfachtes
Feuer, das plötzlich aufzulodern begann.
Seit Mitte der 1850er-Jahre war das „Feuer der Philatelie“, also der ernsthafteren Beschäftigung mit bereits erschienenen oder ständig neu erscheinenden Briefmarken
vieler Länder, erwacht. Mit der Zunahme der Zahl der
Marken wuchs die Akzeptanz der 1840 in England erstmals eingeleiteten Postreform, damit aber gleichzeitig
der Status der Briefmarken selbst. Weite Kreise, selbst
der Bürgerschicht und des Hochadels, begannen sich für
Briefmarken als damals neuem Medium der Kommunikationsmittelerleichterung, aber auch der Repräsentanz eigener Herrscher und Königshäuser zu interessieren und
zunehmend damit zu identifizieren.
Mochte der urmenschliche Trieb des Sammelns, Klassifizierens und Anhäufens von Objekten gewünschter Wahl
bei Jugendlichen überwiegen, gar zum Motor einer nachfolgenden Entwicklung von Tausch, An- und Verkauf, damit auch des Niederschlags in den gedruckten Medien
damaliger Zeit, werden, hielten sich Erwachsene zuerst
noch vornehm zurück. Die Sorge, ihr „Spleen“ würde von
anderen eher als infantiles Gehabe eingestuft, mag sie in
die Anonymität dieser frühen Jahre der Philatelieentwicklung getrieben haben, was man noch heute über dieses
„Jahrzehnt der Pioniere“, das man von ca. 1861 bis 1870
ansetzen kann, nachvollziehen kann. Denn in den ersten
frühen Gazetten der damaligen Zeit finden sich viele Autoren und Leserbriefschreiber überwiegend nur mit Namenskürzeln aufgeführt.
Ähnlich einem bald ausbrechenden Vulkan brodelte es
aber allerorten. Junge Menschen dürften damals zwar
erste verbürgte Spuren in allgemeinen Publikumszeitschriften mit ihren Sammlerwünschen hinterlassen haben, aber bereits zu dieser Zeit, 1860/61 gab es eine Art
Parallelwelt: die Erwachsenen, die sich in kleinen Zirkeln
Gleichgesinnter trafen, wie dies z.B. aus London bekannt
ist, die die ersten Briefmarkenbörsen ab 1860 in Paris
oder Buchhändler – wie Jean-Baptiste Moens in Brüssel
– aufsuchten, der neben seinem Buch- eben auch ein
Briefmarkenangebot spätestens seit 1858 pflegte. So verwundert es auch nicht, unter den Namen der ersten philatelistischen Literaturherausgeber auch bekannte Adressen namhafter Buchhändler der damaligen Zeit zu finden.
Dies lag nahe, denn Buchhändler waren zu dieser Zeit in
der Regel auch Verleger, und sobald sie Nachfrage bei ihren Kunden verspürten, produzierten sie entsprechende
Angebote: sei es von Verzeichnissen und Katalogen, von
Zeitschriften oder gar Alben zur Aufbewahrung.
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Parallel entdeckt man einzelne Handelsfirmen, die sich
mehr den Antiquitäten verpflichtet fühlten, wie z.B. die
Leipziger Firma Zschiesche & Köder, die mit Münzen, Medaillen, Wappen und Siegel handelte, wozu ein Briefmarkenangebot ebenfalls bestens passte. Waren Paris und
London zu dieser Zeit „Nabel der Welt“ – 1851, 1857 und
1861 fanden deshalb dort auch die ersten „Expos“, die
ersten großen Weltausstellungen statt, auf denen die Novitäten aus Technik und Industrie, damit auch der Post
und der neu eingeführten Briefmarken vorgestellt wurden – so war Leipzig eine weltbekannte Buch- und Buchhändler-Stadt. Ein Zentrum, in dem man sich traf, Neues
entdeckte und sich über neue Trends austauschte, quasi
ein Handelsplatz der aktuellen Kommunikation über all
das, wozu man literarisch Neues produzieren konnte. Eine ähnliche Rolle dürfte jenseits des Ozeans New York zu
dieser Zeit eingenommen haben, ein Schmelztiegel vieler
Nationen, in dem ebenfalls neue Ideen für ihren Urheber
ungeahnte Entwicklungen bereit halten konnten.
So entzündete sich 1861 eine Flamme, die zum flächendeckenden Waldbrand werden sollte: Es begann das Zeitalter der philatelistischen Literatur. Zuerst noch zaghaft
mit kleinen Listen, die Übersicht über Existierendes bie-
14 |
ten sollten, denn mangels Vorläufer fehlte Sammlern dieser frühen Zeit bis dahin fundierte Kenntnis über das, was
es überhaupt gab. Parallel entwickelten sich erste Preislisten und -angebote, ab 1862 auch Produkte, die heute
als erste Kataloge bezeichnet werden. Damit wurde das
Jahr 1862 zum eigentlichen Entstehungsjahr philatelistischer Literatur und die große Zahl verschiedener Kataloge und Zeitschriften, die im Laufe des Jahres entstanden,
verblüfft noch heute jeden Kenner. Für all diese „Objekte“
der frühen Zeit gilt, dass sie selten, manche sogar nahezu
einzigartig sind, weil sie eben nur als Einzel- oder in wenigen Exemplaren noch in öffentlichen oder privaten Bibliotheken belegt und erhalten geblieben sind.
Mangels eindeutiger Herausgeber-Hinweise ist es bis heute nicht immer möglich, den genauen Erscheinungstermin
jedes literarischen Objektes zu benennen, manche können nur annähernd zeitlich eingeordnet werden. Dennoch
lassen sich heute dank zahlreicher Arbeiten von Kennern
und Könnern die literarischen Verläufe dieses Pionierjahrzehnts so gut beschreiben, dass dieses Buch darauf
aufbauend in diesem Kapitel einige Dinge wiedergeben
kann, die vielleicht selbst manchen Experten bislang noch
unbekannt sind.
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2.1
Erste Preislisten – frühe Kataloge
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Es ist wohl kaum ein Zufall, dass zu Beginn der philatelistischen Fachliteratur katalogartige Verzeichnisse zu
registrieren sind. Um 1860 lag die Zahl bereits herausgegebener Postwertzeichen schon bei rund 1 000 verschiedenen und es deuteten sich erste Probleme nicht
nur der Beschaffung, sondern auch der Übersicht an.
Manche Länder hatten schon eine größere Zahl von Briefmarken herausgegeben – wobei vielfach nicht bekannt
war, in welcher Reihenfolge –, andere Marken tauchten
erstmals auf oder waren vielen noch gar nicht bekannt.
Gleichzeitig zeichnete sich deutlich ab, dass nicht wenige
Marken offenbar wesentlich seltener als andere, andere
kaum zu beschaffen waren.
Zieht man in Betracht, dass um diese Zeit erste Briefmarkenbörsen die Kommunikation und den Wissenstand
beflügelten, diese aber nur an wenigen Orten bis dahin
verbreitet waren, gleichzeitig mehr und mehr private
Nachahmungen, aus heutiger Sicht „Fälschungen“, verbreitet wurden, war das Bedürfnis nach einer Art verbindlichen Übersicht dessen, was existierte, verständlich.
Aus diesem frühen und ersten Wissen entstand dann erst
das, was man heute als Ursprungsmotive eines „Marktes“ bezeichnen kann. Nämlich das Bedürfnis, diese Erkenntnisse weithin zu verbreiten und allen mitzuteilen,
was wenig später zu Funktionen erster Kataloge, aber
auch von (Publikums- und späteren Fach-) Zeitschriften
wurde. Mit den ersten „Katalogen“ ist allerdings auch die
Trennung von ‚Spreu und Weizen‘ verbunden, so dass es
nicht verwundert, dass nahezu zeitgleich erste Spezialau-
sarbeitungen zum Thema „Fälschungsbekämpfung“ erschienen, worauf an anderer Stelle in diesem Buch noch
zurückzukommen ist.
Waren die ersten „Kataloge“ eigentlich noch eher „Listen“, Bestandslisten einzelner Sammler oder sogar wenig später Angebots-/Bestandslisten von Händlern (z.B.
die von Zschiesche & Köder, Stanley Gibbons oder Scott),
dann fällt die exakte Zuordnung auch hier – ähnlich der
Einschätzung, wer ist als Sammler oder eher als Händler
einzustufen – schwer. Das Beispiel von Christian Mann
aus Leipzig, einem damals noch jugendlichen „Sammler“,
mag stellvertretend für viele andere sein, denn mit Anzeigen warb er kurz nach Herausgabe seines Kataloges in
der Fachpresse, bot und kaufte Marken an, wurde zum
Händler.
Die Unterscheidung zwischen Preislisten und Katalogen
fällt dabei nicht einfach. Richtet man sich allein nach
dem Umfang, bleiben 2-, 4- oder 8-seitige Listen, herausgegeben von Händlern aller Art, außen vor, selbst wenn
sie ein „weltweites“ (aber eben nicht vollständiges) Angebot von Briefmarken zum Erwerb offerierten. Andererseits
waren gerade solche Preislisten eine gute Basis, daraus
vollständigere Werke, umfassendere Kataloge, nun sogar
mit Preisen versehen, zu entwickeln. Ob diese von einem
mit Marken handelnden Händler oder nur von einem diese Marken suchenden Sammler – die Grenzen zwischen
Sammler und Händler waren damals, wie bereits gesagt,
fließend – verfasst wurden, ist für die Einstufung des jeweiligen Objektes ohne Belang und bleibt deshalb hier
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außer Betracht. Denn unter den ersten Katalogherausgebern, gerade in Paris oder in Brüssel, finden sich namhafte Pionierhändler, die mit Briefmarken ihr Geld verdienten,
aber auch Sammler, die eben diese Briefmarken suchen,
tauschten und kauften.
Weitere – aus heutiger Sicht ebenfalls wichtige – Unterscheidungskriterien, wie z.B. Abbildungen, spielten zu Beginn ebenfalls noch keine Rolle. Solche kamen zwar vergleichsweise schnell in den Folgejahren dazu, aber es gab
auch in zahlreichen Ländern noch bis in die 1870er-Jahre
Katalogverfasser, die glaubten, darauf verzichten zu können, was in der Regel auch der nicht einfachen Herstellungs- und Beschaffungsfrage sowie den damit verbundenen Kosten geschuldet war. Der Umfang der Beschreibung
einzelner Notierungen ist ebenfalls zu vernachlässigen,
denn zum einen mehrte sich dieser bei zahlreichen Katalogen von Auflage zu Auflage, zum anderen entsprach
deren Gestaltung eher primären Zielsetzungen, als möglichst inhaltsreiches Informations- oder als Angebotsprodukt potentielle Leser zu erfreuen. Bei allen Unterschieden spiegeln die teils zahlreichen Auflagen die enorme
Nachfrage, die vielen dieser Katalogwerke zuteil wurde.
Bei den ersten Katalogen des frühen Pionier-Jahrzehnts
spielten – einmal mehr – die Länder Frankreich, England,
Belgien, Deutschland und die USA eine hervorgehobene Rolle, wie die nachfolgend chronologisch gegliederte
Übersicht dieser Werke bis ca. 1870 zeigt. Aber es sind
auch „kleine“, deshalb nicht weniger bedeutende Länder,
wie z.B. die Schweiz, die Niederlande, Italien und Spanien, bereits vertreten, was beweist, dass Briefmarkensammeln alles andere als ein territorial begrenztes Hobby war.
Schon von 1870 bis 1900 mehrte sich diese Gattung der
Literatur, speziell der „Spezial-Länder-/Gebiets- und Sondergebietskataloge“, derart, dass ihre Darstellung und
nähere Beschreibung hier bei weitem den Rahmen sprengen würde.1
1861
Am Anfang der frühen philatelistischen Literaturentwicklung steht kein Katalog, sondern eine Ankündigung, besser gesagt eine Anzeige.2 Diese erschien am 4. Juni 1861
in Brüssel in der Zeitung „L’Étoile Belge“ und mit der An1 Interessenten an vollständigen Übersichten dieser Art seien die
früheren und bis heute nützlichen Ausarbeitungen von Victor Suppantschitsch, besonders aber die ausgezeichnete Bibliografie von
Manfred Amrhein, Philatelic Literature, Band I, San José 1992, empfohlen.
2 Der Autor verdankt die Vorlage dieser Anzeige Vincent Schouberechts aus Brüssel.
16 |
zeige zeigte Jean-Baptiste Moens an, sein „Manuel du
Timbromane ...“ sei in seiner Buchhandlung in der Galerie Bortier, 7 erhältlich. Er zeichnete als „M. J.-B.-Ph.-C.
Moens, timbrophile“, also als Markenliebhaber und bot
gleichzeitig noch seinen Bestand von 10 000 Marken aus
„Ste-Hélène, Australie, Afrique, tous ceux des État Italiens
supprimés, etc.“ zu konkurrenzlos günstigen Preisen an.
Bei dieser Vorab-Anzeige, denn darum handelte es sich,
war offenbar der Wunsch der Vater des Gedankens, denn
zu dieser Zeit gab es dieses „Manuel de Timbromane“
noch nicht. Es war eher in Planung und dessen Idee vielleicht aus dem Gedankenaustausch Moens‘ mit seinem
Schwager, Louis Hanciau, entstanden. Der Handbuch-Gedanke dürfte auch besonders durch einen Zeitgenossen
inspiriert gewesen sein, der tatsächlich bereits zu dieser
Zeit an einer „Liste“ aller ihm und seinen Freunden bekannten Marken arbeitete: Oscar Berger-Levrault.
Denn das erste in der Geschichte der Philatelie zu benennende literarische Produkt war kein Katalog, auch keine
Preisliste. Weder enthielt diese handschriftlich erstellte
Liste Preise für die aufgeführten Briefmarken, noch wurde dieses Verzeichnis verkauft. Insofern ist diese eher ein
„Vorläufer“, die allerdings im direkten Sinne zur Basis für
die nachfolgenden Kataloge wurde, weil andere aus ihr,
zumindest aber im Wissen um diese Liste, bereits Monate später die Literaturgattung schufen, die man heute als
„Katalog“ einordnet.
Der Buchhändler und Druckereibesitzer François Georges
Berger-Levrault in Straßburg – er galt schon zu dieser Zeit
als einer der großen Sammler, obwohl er erst 1859 oder
1860 mit dem Sammeln von Postwertzeichen begonnen
hatte – beabsichtigte mit diesem „Katalog“ für sich und
seine Freunde auf der Grundlage der eigenen Sammlung
und ihm bekannter Informationen ein Verzeichnis, also eine Übersicht, zusammenzustellen. So entstanden mehrere handschriftliche, jeweils ergänzte Listen, die dann in
nur ca. 40 bis 50 Exemplaren in seiner Druckerei zuerst
kopiert, später auch lithographisch vervielfältigt wurden.
Circa zehn solcher Exemplare behielt Berger-Levrault
selbst, den Rest verschenkte er an Freunde, darunter
Georges Herpin und Dr. Jacques Amable Legrand in Paris,
mit denen er in enger und intensiver Korrespondenz und
Gedankenaustausch stand.3
Dieses Verzeichnis diente seinen Freunden als Grundlage
für eine Art Ergänzungsliste, in die sie neue „Funde“ eintrugen und dies wiederum nach Straßburg meldeten. So
entstand die erste Markenliste (dies war im heutigen Sinne noch kein Katalog!), die am 17. September 1861 mit
3 Vgl. DBZ, Nr. 14/1903, S. 131–132; Manfred Amrhein: Philatelic Literature, San José 1992, Bd. I, S. 9
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zehn bzw. zwölf Seiten Inhalt/Umfang im Quartformat herauskam und 973 Postwertzeichen aufführte, allerdings
ohne jedwede Abbildungen. Eine zweite Auflage erschien
im Dezember 1861. Zwischen Januar 1862 bis 1864 publizierte Berger-Levrault weitere 14. Ab der dritten Auflage
im Juni 1862 wurden diese bereits im Drucksatz hergestellt (die letzten hatten schon einen Umfang von 26 Seiten), die keinen Autorenhinweis enthielten, aber den Titel
„Les Timbres-Poste“.4
Grundlage für diese „Markenliste“ des um 1825 geborenen François Georges Oscar Berger-Levrault war –
wie schon erwähnt – dessen eigene Sammlung. Diese
enthielt im September 1861 genau 673 Postwertzeichen,
war aber schon bis August 1862 auf 1 142 Stücke angewachsen. Sie zählte im April 1863 genau 1 533 und im Juli 1864 insgesamt 1 857 verschiedene Exemplare. Dieser
Bestand ließ sich später aus seinen Listen und Katalogen
erschließen.
Als ersten wirklich substantiellen Katalog mag man sein
in deutscher Sprache verfasstes Werk „Beschreibung der
bis jetzt bekannten Briefmarken ...“ aus dem Jahre 1864
(siehe auch dessen Erwähnung unter dem Jahr 1864
in diesem Teilkapitel!) ansehen, sein letztes Werk „Les
Timbres-poste“ wurde 1867 veröffentlicht. Der deutschfranzösische Krieg ließ Berger-Levraults Bemühungen wenige Jahre später zu einem Endpunkt kommen. Zu dieser
Zeit besaß er eine Sammlung mit 10 400 Marken, unter diesen 6 300 ungebraucht, außerdem 1400 Essays.
Gleichzeitig hielt er fest, dass er „bis auf 50 zu dieser
Zeit bekannte Marken, außerdem einigen australischen
Marken mit ihren diversen unterschiedlichen Wasserzeichen, die er seit 1866 eingehend mit seinen Freunden
F. A. Philbrick und Dr. Magnus erforschte, komplett sei.“5
Berger-Levrault lebte zwar noch bis zum 24. September
1903 in Nancy, aber der Krieg 1870 hatte ihm alle Lust
zur weiteren literarischen Betätigung und zu neuen Katalogausgaben genommen.6 Er blieb aber der Philatelie
verbunden.
Der erste Katalog, der in der späteren Geschichte der philatelistischen Literatur auch als solcher jeweils genannt
wird, ist das Werk von Alfred Potiquet, „Catalogue des
4 Weitere Informationen zu den diversen Listen Berger-Levraults sind
dem „Bulletin de la Societé Francaise de Timbrologie, Juni 1877, zu
entnehmen. Nach Angaben von C. Brühl <siehe Band 2, Seite 602>,
der sich hier auf Georg Turner beruft, sollen heute noch vier von den
wohl ursprünglich 40 bis 50 vervielfältigten Listen der ersten Auflage existieren.
5 L. N. und M. Williams: Centenary of the Stamp Catalogue, in: „The
Stamp Lover“, August–September 1961, S. 37
6 Nähere Angaben zu Berger-Levrault und zu seiner Sammlung finden
sich bei Fred J. Melville, in: „The Postage Stamp“, Vol. XV, S. 46
Timbres-Poste. Créés dans les divers États du Globe“, erschienen am 21. Dezember 1861 in der Buchhandlung
Eugène Lacroix in Paris. Dieser erste Briefmarkenkatalog der Welt – er hatte einen Umfang von 43 Seiten, auf
denen 1 080 Marken und 132 verschiedene Umschläge
gelistet wurden – wird nicht selten in der Literatur unter
dem Namen des Verkäufers, einer Buch- und Briefmarkenhandlung Laplante in Paris, als „Catalogue Laplante“
geführt, weil dieser den Zusatz enthielt: „en vente: chez
Laplante marchand de timbres-poste pour collections 1,
rue Christine, Paris“. Der Sammler Potiquet hatte Oscar
Berger-Levraults Liste als Quelle genutzt, möglicherweise
aber auch von diesem Hinweise und Hilfen erhalten, denn
beide standen – wie schon erwähnt – in engem Briefkontakt. Im März 1862 erschien eine zweite Auflage im Umfang von 48 Seiten, bei der allerdings nicht mehr Laplantes Namen auf dem Titel zu sehen war.
Aufschlussreich ist ein Autorenhinweis Potiquets auf der
zweiten Umschlagseite dieser Zweitauflage, wo es hieß:
„Als die erste Auflage des Catalogue des Timbres Poste
erschien (21. Dezember 1861), war noch kein Pamphlet
über Briefmarken veröffentlicht ..., aber dieser inhaltlich
so reichlich dokumentierende Katalog eröffnete weiteren
Publikationen dieser Art den Weg. Besonders zwei kleinen Broschüren, die nahezu vollständig von Mr. Alfred Potiquets Arbeit kopiert wurden, eine in Brüssel, die andere
in Paris. Wir haben deshalb legale juristische Schritte vorgenommen gegen deren Autoren [...] .“7
--------------------------------Ein interessanter Hinweis für Bibliophile!
Es ist für jeden Sammler höchst schwierig, ein Exemplar
der ersten Auflage dieses allerersten Kataloges zu erwerben. Uns sind einige sehr seltene solcher Exemplare bekannt, die der Stolz und die Freude ihrer glücklichen Besitzer sind. Wenn man den von Pierre Mahé zur Zeit der
Veröffentlichung seines Buches “Les Marchands de Timbres-Poste d’Autrefois” (Briefmarkenhändler der Vergangenheit) abgefassten Brief liest, bemerken wir, dass jeder
Sammler dieses Kataloges ein Bibliophiler sein muss.
Denn er braucht nicht nur ein Exemplar, sondern gleich
drei bei der Suche nach dem „heiligen Gral“! Denn Mahé
beschreibt in seinem Brief genau die verschiedenen Ausführungen dieses Kataloges, die durch seine Hände gingen. (Vergessen wir dabei nicht, dass Mahé einer der ers-
7 Bertram T. K. Smith: The Earliest Catalogues of Postage Stamps, in:
The Philatelic Record, 1908, S. 71; L. N. and M. Williams: Stamps
Day by Day, London 1950, hier: World’s first printed stamp catalogue (Alfred Potiquet’s), S. 235 ff.
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ten Händler überhaupt war und er deshalb mit diesem
Katalog handelte, um sein eigenes Geschäft zu fördern!)
Ergebnis ist, dass die erste Auflage des Kataloges für
2 Franc verkauft wurde, wie es auch auf dem Titelblatt
angezeigt wird. Als die zweite Auflage im März 1862 erschien, wurde der Verkaufpreis des Kataloges auf 1,25
Franc ermäßigt. Der Verleger, Lacroix, hatte aber noch Exemplare der Erstauflage auf Vorrat, so dass er für diese
den Umschlag der Zweitauflage nutzte, um diese weiter
verkaufen zu können. Mahé berichtete, dass ihm dabei
Exemplare bekannt geworden seien, bei denen der aufgedruckte Preis handschriftlich und mit Tinte in 2 Franc
geändert wurde. Somit gab es also drei Varianten dieses
Kataloges, der bereits an sich extrem selten ist. Dank des
Briefes von Mahé wissen wir so nicht nur über die erste
und zweite Auflage Bescheid, sondern auch über die dritte Variante, die zweite Auflage zu 1,25 Franc, die aber für
2 Franc verkauft wurde. Ob wohl der gut laufende Katalogverkauf in den Folgemonaten den Verleger (oder Autor)
bewogen haben mag, den Verkaufspreis für die Restexemplare hochzusetzen?
--------------------------------------------Die Erstauflagen beider Werke, also der Listen von BergerLevrault wie der noch Ende 1861, also drei Monate später
als Berger-Levraults Übersicht, erschienene Katalog von
Potiquet, sind heute höchst seltene Raritäten, deren Existenz offenbar an einer Hand abgezählt werden kann. Derzeit ist bekannt, dass von Berger-Levraults Listen drei Exemplare noch im Smithonian Institute in Washington und
ein weitgehend kompletter Bestand in der Crawford-Bibliothek aufbewahrt werden. Dr. Emilio Diena gab vor mehr
als hundert Jahren an, dass neben der Erstausgabe vom
September 1861 fünf weitere – die letzte war eine achte
Ausgabe von 1864 – in seiner Bibliothek seien.8 Ähnlich
wie Potiquets Werk dürften diese nur jeweils als Einzelexemplare überlebt haben, sieht man einmal von den gesetzlich vorgeschriebenen Belegexemplaren ab.
8 Mitte 2012 besuchten Vincent Schouberechts und Wolfgang Maassen die philatelistische Bibliothek der Familie Diena, die seit den
1880er-Jahren von Emilio Diena nachhaltig aufgebaut worden war.
In ihr befindet sich noch heute ein Schatz alter Kataloge und Fachzeitschriften, aber auch von Preislisten und Werbeblättern, die auf
den frühen italienischen Briefmarkenhändler E. C Usigli seit den
1860er-Jahren zurückgehen. Dennoch konnten viele der von Diena
1909 beschriebenen Werke (siehe „The Philatelic Library of Dr. Emilio Diena“, in: The Journal of the Philatelic Literature Society, Vol. II,
April 1909, Nr. 2, S. 21–22), darunter auch die von Berger-Levrault,
nicht mehr aufgefunden werden und ihr Verbleib ist derzeit noch
ungeklärt.
18 |
1862
Mit dem Katalog von Potiquet schien der Damm gebrochen. Die Welle der Philatelie schwappte nun über und
breitete sich ungehindert aus. 1862 erschienen bereits
– nimmt man die Zweitauflage von Potiquets Werk und
weitere Listen von Berger-Levrault aus – zehn (!) weitere
Kataloge: nicht allein in Frankreich, sondern nun zuerst
einmal in Belgien, dann in England und zum Jahresende
in Deutschland.
Das „Manuel de Collectionneur” (Handbuch für Sammler) von Jean-Baptiste Philippe Constant Moens in Brüssel
eröffnete den bunten Reigen im Januar 1862. Es gilt als
gesichert, dass Moens Potiquets Katalog als Vorlage nutzte, wenngleich Moens auch eigene Ergänzungen einfügte.9 Der Katalog hatte einen Umfang von 72 Seiten, wies
aber noch keine Abbildungen auf. Er wurde auf grünlichem Papier gedruckt. Ähnlich wie beim Potiquet-Katalog
sind auch hier zwei Herausgeber/Vertreiber angegeben:
Moens selbst und der Pariser Buch- und Briefmarkenhändler Baillieu, der ein Kollege und Freund von Moens
war. Ursprünglich sollte der Katalog wohl schon am 4. Juni des Vorjahres erscheinen (vergleiche die zu Beginn erwähnte Anzeige von J.-B. Moens!), aber Moens – so seine
eigene Aussage – standen die benötigten Angaben nicht
rechtzeitig zur Verfügung und er hatte außerdem Probleme mit seinem Drucker, was die Produktion des Kataloges weiter verzögerte. LaCroix beklagte ihn deshalb auch
wenig später wegen unerlaubter Informationsnutzung aus
dem bei ihm dann vorher erschienenen Potiquet-Katalog.
Eine zweite Auflage, dieses Mal auf weißem Papier, erschien im Juni 1862. In dieser zweiten Auflage setzte sich
Moens gegen den Plagiatvorwurf zur Wehr und verwies
darauf, dass Potiquet ja von ihm zahlreiche Informationen
erst erhalten habe und dann – als dieser mitbekommen
hatte, dass er, Moens, einen Katalog machen wollte, sich
beeilt habe, ihm zuvorzukommen.10 Auch gegen Laplantes Raubkopie wandte sich Moens. Es sei alles, was man
irgendwo kopieren könne, fehlerhaft zusammengeschrieben. Zur zweiten Auflage erschien Anfang 1863 eine 16
Seiten-Ergänzung, die dann zusammen mit der zweiten
auch als dritte Auflage angeboten wurde.
Ebenfalls noch 1862 erschien von W. F. Dannenfelser in
Utrecht/Niederlande eine Übertragung der zweiten Kata9 Moens war mit Potiquet gut bekannt, dieser mit Berger-Levrault, mit
dem auch Moens vermutlich enge Kontakte pflegte, was auch bei
dem engen Gedankenaustausch Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen erklären dürfte.
10 Zur Frage der Illustrationen von Moens vgl. Carlrichard Brühls Ausführungen in: Geschichte der Philatelie, Band 2, Hildesheim 1986,
D. 632
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logauflage von Moens in die niederländische Sprache.11
Der Titel hieß nun: „Vade-Mecum voor verzamelaars van
Postzegels of algemeene naamlijst van al de in de verschilldene staten aangenomen postzegels“ und beinhaltete 114 Seiten. Ob diese Herausgabe nun mit Genehmigung von Moens erfolgte, ist nicht bekannt. Dannenfelser
veröffentlichte am 27. November 1862 eine Anzeige in
der örtlichen Tageszeitung, in der man lesen konnte, dass
diese Broschüre nun erhältlich sei – rechtzeitig zum Nikolaustag!
Ebenso wenig bekannt bis heute ist W. F. Dannenfelsers
zweiter völlig neuer Katalog, der der erste niederländische Katalog mit Preisangaben war.12 Kurz vor dessen
Erscheinen hatte Dannenfelser noch den Katalog des Literarischen Museums in Leipzig im Programm, auf dem
er einfach seinen Namen auf dem Umschlag hinzufügte.
(Siehe hierzu auch die Anmerkungen von Bacon im Crawford-Katalog).
Dieser neue Katalog erschien knapp zwei Jahre später,
nunmehr aber nur noch 46 Seiten zählend, mit dem Titel: „Catalogus van alle bekende, van 1840 tot November
1864 uitgegeven postzegels, die tot nevenstaande prijzen
te verkrijgen zijn bij den boekhandel van W. F. Dannenfelser te Utrecht“. Es wäre aber zweifellos interessant, den
Inhalt des Kataloges mit zeitgleich erschienenen Werken
aus Deutschland, speziell von Wuttig/Bauschke, abzugleichen, denn Dannenfelser bot auch Alben an, die – spätestens ab der 3. Auflage 1867 – nach deren Vorbild bearbeitet waren.
Im Februar 1862 trat François Valléte mit seinen “Tablettes du collectioneur“ in Paris auf den Plan. Dieser 60-Seiten-Katalog ist heute kaum noch bekannt, zumal er als
Erstversuch keine Fortführung erfuhr. Der Grund war, Valléte wartete mit einem völlig neuen, allerdings deutlich
abweichenden Katalogisierungsprinzip auf. Er sortierte
die Markenausgaben nicht nach Ländern und Ausgabedaten, sondern nach deren Bildmotiven, also heraldisch und
genealogisch. Dies konnte sich auf Dauer gegenüber dem
chronologischen Prinzip der anderen Listen und Katalog
nicht durchsetzen, verdient hier aber festgelegt zu werden, weil dieser Katalog quasi als erster „thematischer
Katalog“ der Philatelie anzusehen ist.
Zeitgleich erschien Ende Januar/Februar 1862 Edard
E.-A. Laplantes Katalog „Timbres-Poste” in Paris. Dieser
11 Amrhein gibt als Erscheinungsdatum 1863 an (siehe Band I, S. 54),
aber laut Jan Vellekoop (siehe: 100 jaar verzamelen, in: FILACENTO
Catalogus, Den Haag 1984, S. 125) ist dieser bereits 1862 erschienen.
12 Dieser bei Tiffany/Crawford nicht nachgewiesene Katalog befindet
sich heute in der Bibliothek von Jan Vellekoop, dem der Verfasser
auch diesbezügliche Hinweise verdankt.
100 Seiten umfassende und 1 233 Marken notierende
Katalog war nichts anderes als eine Kopie des PotiquetKataloges, den der Pariser Buch- und Briefmarkenhändler Laplante nunmehr selbst vertrieb. Der Tatsache, dass
bei der zweiten Auflage des Potiquet-Kataloges Laplantes
Name nicht mehr auf dem Titel erschien, ist zu entnehmen, dass der der Raubkopie folgende Streit, in dem auch
der Drucker des Potiquet-Kataloges, Eugene LaCroix, eine
hervorgehobene Rolle mit spielte, die beiden vorher zusammenwirkenden Parteien getrennt hatte.
Zu Edard (man findet auch die Schreibweise Eduard) E.A. (de) Laplante sind weitere Daten bekannt. Er nannte
sich selbst „de Laplante“ und wurde 1820 geboren. Nach
einer Berufsausbildung als Lithograph begann er eine erfolgreiche Karriere als Soldat, wurde Sekretär bei Prinz
Jerome Napoleon, war danach Postmeister verschiedener
kleinerer Postämter, dann Angestellter einer Polizeipräfektur und begann schließlich den Briefmarkenhandel im
Jahre 1861. 1869 verkaufte er sein Geschäft an Wilhelm
Georg in Basel, um sich anschließend als Winzer in Algerien niederzulassen, wo er wohl 1881 gestorben ist.13
Der französisch sprechenden Welt folgten nun erst einmal
die Engländer. Im April 1862 wartete Frederic (Frederick)
W. Booty mit seinen „Aids to Stamp Collectors: being a
List of English and Foreign Postage Stamps in Circulation
since 1840”, verlegt bei H. & C. Treacher in Brighton auf,
einem Katalog, der innerhalb weniger Monate mit drei
Auflagen erschien. Ebenfalls noch 1862, möglicherweise
bereits im August, erschien eine vierte Auflage, allerdings
unter leicht veränderten Titelbeginn, der nun lautete: „The
Stamp collector’s guide; being a list of English and foreign postage stamps with 200 facsimile drawings“.14 Dies
war der erste mit Handzeichnungen illustrierte Briefmarken-Katalog. Er enthielt bereits rund 200 Abbildungen,
allerdings in einfacher lithographischer Qualität. Bemerkenswerter ist die Tatsache, dass Booty seine Abbildungen Facsimiles nannte, ein Begriff, der in der Philateliegeschichte schon bald zu anrüchigem Ruhm gelangen sollte.
Aufschlussreich bis heute ist Bootys damaliger Hinweis in
der Katalogeinführung: „Vor zwei oder drei Jahren konnte
13 Bertram T. K. Smith: The Earliest Catalogues of Postage Stamps, in:
“The Philatelic Record”, 1908, S. 91
14 Abele datierte diese vierte Auflage quasi als Erstauflage des Katalog
Bootys auf den August 1862, vgl.: Toni Abele: Die philatelistische
Literatur der Schweiz, in: SBZ Nr. 12/1944, S. 346. Mit Carlrichard
Brühl: Geschichte der Philatelie, Band 2, Hildesheim 1986, S. 606
und Manfred Amrhein: Philatelic Literature, Bd. I, San José 1992, S.
11 ist die Erstausgabe allerdings im April 1862 anzusetzen. Weiterführende Angaben zu Bootys Katalogen finden sich auch im „Philatelic Record“, 1905, Vol. XXVII, S. 110, und im „Stamp Lover“, 1910,
Vol. II, S. 211.
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man die Sammler noch einzeln zählen, nun schon bereits
nach Hunderten ...“.
Der Katalog wurde im Steindruck im Format 7½ x 4½ Zoll
hergestellt. Den Einband aus grünem Überzugpapier zierte eine seitwärts gestellte Mulready-Vignette, oben das
Königliche Wappen, unten die Worte „Published by H. &
C. Treacher, Brighton 1862“. Der Preis betrug drei Shilling, allerdings gab es zwei verschiedene Ausgaben: In der
einen wurde die Einleitung nur einseitig gedruckt, in der
anderen beidseitig. Der eigentliche Katalog ist in beiden
Ausführungen gleich.
Neuauflagen erschienen keine, da Booty wenig später,
um 1864, das Sammeln von Briefmarken aufgab und
Kunstmaler wurde.15 Später konnte der um 1842 geborene Booty aber für sich das Verdienst verbuchen, das erste illustrierte Druckwerk in der Geschichte der Philatelie
herausgegeben zu haben, denn der nächste Katalog, der
seinem Beispiel folgte, war der erst im Dezember 1863
erschienene Oppen-Katalog in 3./4. Auflage.
Booty war zur Zeit der Erstausgabe seines Kataloges noch
Schüler, vielleicht auch schon Student16 und lehnte sich
wohl bei der Abfassung deutlich an den Potiquet- und
Moens-Katalog an. Die Erstausgabe zeichnete er noch
anonym als ein „stamp collector“. Die zweite Auflage war
nahezu deckungsgleich mit der ersten, wies dabei sechs
Seiten Ergänzungen und zwei Seiten „Errata“ auf. Die Angabe „2. Auflage“ war allerdings bei dieser ebenso wenig
zu finden wie der Name des Autors. Dieser wurde erst bei
der dritten Auflage als „Frederick Booty, Brighton“ ausgewiesen. Die 2. und 3. Auflage erschienen, wie bereits ausgeführt, ebenfalls 1862.17
Booty war der Sohn eines Kunstmalers aus Brighton
und zur Entstehungszeit des Kataloges auch dort wohnhaft. Später siedelte er nach Yorkshire um, wo er seinen
Lebens­unterhalt als Aquarellmaler und Kunstlehrer verdiente. 1861 hatte er gemeinsam mit seinem Vater das
Sammeln von Briefmarken begonnen. Ein Freund des Hauses förderte dies durch einen großen, offenbar schon Jahre zuvor angesammelten Bestand von nahezu einer hal15 Mehr zum Katalog ist dem „Philatelic Record“, 1905, Vol. XXVII,
S. 110 sowie einem Beitrag von Fred J. Melville im „Stamp Lover“,
1910, Vol. II, S. 211 zu entnehmen.
16 Manfred Amrhein: Philatelic Literature, Bd. I, San José 1992, S. 12
spricht davon, Booty sei zu dieser Zeit schon 20 Jahre alt gewesen.
17 Abele wie Manfred Amrhein stützten sich bei ihrer Zuordnung auf
einen Artikel von Fred Melville <Mr. Frederick Booty: The first British
Catalogue, in: „The Stamp Lover“, Vol. II (1910), Nr. 10, S. 211–214,
der von vier Auflagen sprach, wobei Melville allerdings die dritte bereits als erste illustrierte im Juli ansetzte und die vierte im August
1862 mit geändertem Titel und nunmehr 98 Seiten – die Erstauflage hatte nur 32 Seiten – erschienen wäre.
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ben Million Marken, die er stiftete. So kam der Gedanke
an eine Katalogisierung auf, wobei Booty selbst um das
Jahr 1894 keinen Bezug auf andere Katalogisierungsversuche erwähnte, die schon vor seinem Katalog erschienen
waren.18
Wohl erinnerte er sich an eine Anzeige in der „London
News“, einer an seiner Schule zugelassenen Zeitung, in
der er seinen im April 1862 erschienenen ersten Katalog anzeigte. Mit der Folge, dass dieser umgehend vergriffen war. Für eine zweite Auflage zeichnete er alle Steinzeichnungen der Marken selbst. Er besaß aber später,
also 1894, selbst kein einziges Exemplar seiner Erst- und
Zweitauflage dieser Kataloge mehr, eben so wenig seine ursprüngliche Sammlung, die kunstvoll als Album mit
selbstgemalten Wappen und Flaggen von ihm gestaltet
worden war, die er seinem Vater 1864, als er das Haus
verließ, überlassen hatte und von diesem wohl ohne sein
Wissen verkauft worden war.
Mit dem Sammeln von Briefmarken hörte er, wie zuvor bereits gesagt, zeitgleich 1864 auf, erinnerte sich aber später schmerzlich des ursprünglich großen Markenbestandes und der „größten Seltenheiten“, die „zu Hunderten
und Tausenden darin enthalten waren“. Wörtlich meinte
er: „Das Mulready Couvert z. B. war so häufig darin, dass
ich alle meine Freunde damit versorgen konnte und noch
ein ganzes Lot an Stafford Smith, dessen Namen ich mich
noch als einzigen entsinne, verkaufen konnte.“19
Frederick Booty folgte am 1. Mai 1862 W. Mount Brown
(1837–1919). Mount Brown, 1837 in London (?) geboren,
zumindest dort zur Schule gegangen, sammelte Briefmarken seit 1860. Im Gegensatz zu anderen Katalogherausgebern war er zu Beginn Sammler, also nicht professionell
mit Briefmarken befasst. Schon bald hatte er 300 Marken
zusammen und fand ständig neue, so dass er auf den Gedanken kam, eben eine Liste zu erstellen. So gab er Anfang 1862 Anzeigen in zwei Londoner und jeweils einer
in Liverpool sowie in Manchester erscheinenden Tageszeitung auf, in der er bekannt gab, dass er einen Katalog
seiner „großen“ Sammlung drucken wolle, sofern er 200
Interessenten dafür fände, die ihm jeweils einen solchen
Katalog im Tausch für eine 1 Shilling-Marke abkaufen
würden. Der Erfolg der Anzeigen war überwältigend, denn
innerhalb von 14 Tagen war die potentielle Käuferzahl zusammen, so dass er nun in sechs Wochen harter Arbeit
das angekündigte Werk zusammenstellte.
18 Vgl. hierzu: E. Stolpe: Der erste englische Briefmarken-Katalog, in:
„Die Post“, 1905, hier S. 135
19 Zitiert nach: E. Stolpe: Der erste englische Briefmarken-Katalog, in:
„Die Post“, 1905, hier S. 136; Übersetzung des Originalbeitrages
aus: „Philatelic Record“, 1905, Vol. XXVII, S. 110
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Es war Browns erster „Catalogue of British Colonial and
Foreign Postage Stamps”. Der Katalog basierte weitgehend auf der Sammlung von Reverend Francis J. Stainforth, einem der ersten Sammler überhaupt, der schon
1866 verstarb, folgte aber von der Anlage her auch den
bereits erschienenen Katalogen von Potiquet und Moens.
Die erste am 1. Mai 1862 erschienene Auflage enthielt
auf 62 Seiten 1 200 Marken und wurde in einer Auflage von 500 Exemplaren gedruckt, die umgehend verkauft
waren. Die zweite Auflage mit einem Umfang von 72 Seiten erschien schon gut einen Monat später, im Juni 1862,
nunmehr in einer Auflage von 1 000 Exemplaren und sie
beinhaltete 1 300 Marken.
Es ist ein Brief von Mr. Mount Brown vom 4. Juni 1862 literaturbekannt20, in dem dieser an einen Mr. C. Coulthard
schrieb:
„Sir, – The first issue of my ‚Catalogue of British Colonial and Foreign postage stamps’ beeing sold, and the demand still continuing, I have the pleasure to inform you
that a second edition is in the press.
Since its circulation I have received many kind letters pointing out errors, and suggesting improvements, of which I
have availed myself where I deemed it necessary. Nearly
100 additional stamps are described and, for the convenience of those who desire it, the Catalogue may be had: –
1st In paper cover, price 1 S., post free 1S. 1d.
2nd Strongly bound in cloth, price 1S 6d.
3rd Do. Do. and interleaved with blank paper, price 2S.
I hope to issue this edition about the 14th inst. and shall
be happy to forward a copy when ready, on receipt of order enclosing stamps.
I remain, Yours obedly, Mount Brown …”
Die zweite Auflage wird also nicht vor Mitte Juni 1862 erschienen sein und war ebenfalls schnell vergriffen. Für die
dritte Auflage, nunmehr mit einem Umfang von 66 Seiten,
die noch im Dezember des gleichen Jahres erschien, erhielt er die tatkräftige Unterstützung von Dr. Rix, einem
engagierten ernsthaften Sammler, so dass nun eine Auflistung von 1 700 verschiedenen Marken möglich war. Erneut wurde die Auflage verdoppelt, dieses Mal auf 2000
Exemplare, die ebenso wie die ersten bei Mr. Passmore
aus Cheapside „under the Tree“ erschienen (dies war
Mount Browns Korrespondenzadresse).
Zu dieser Zeit stand Mount Brown in engem persönlichen
Kontakt mit namhaften Philatelisten jener Zeit, mit Reverend Francis J. Stainforth, Sir Daniel Cooper, Mr. Philbrick,
Dr. Viner und manchen anderen. Man traf sich Samstagsnachmittag im Rektoratsgebäude von Reverend Stain-
forth und glich die jeweils neuesten Entdeckungen miteinander ab.
Wenig später, 1863, folgte die vierte Auflage (96 Seiten), wiederum im Mai, also ein Jahr nach Erstausgabe
(ebenfalls in einer Auflage von 2 000 Exemplaren), und
die fünfte im März 1864 in ähnlich hoher Auflage. Diese letztgenannte enthielt auf ebenfalls 96 Seiten schon
2400 katalogisierte Marken. Allein diese Angaben zeigen,
dass gerade dieser Katalog eine hohe Nachfrage erfuhr
und auch einige Ergänzungen in Fachzeitschriften jener
Zeit dies bestätigen.21
Bis zu jener Zeit war Mount Brown in erster Linie Sammler
gewesen, was auch daran ersichtlich ist, dass er die Kataloge gegen Briefmarken aus aller Welt tauschte und so
an manche Neuheit kam, die sonst für ihn unerreichbar
geblieben wäre. Für einige Jahre stieg er dann zwar in den
Briefmarkenhandel ein, gab diesen allerdings spätestens
1870 schon wieder auf.
Den Franzosen und Engländern folgten im Herbst 1862
erst einmal deutsche Katalogherausgeber. Im Oktober 1862 erschien in der Dürr’schen Buchhandlung ein
„Handbuch für Briefmarken-Sammler. Anweisung zur
zweckmäßigsten Einrichtung der Briefmarkensammlungen nebst vollständiger Übersicht und Beschreibung aller
bis jetzt herausgegebenen Briefmarken“, Leipzig 1863.
Die Jahreszahl „1863“ mag hier irre führen, da der Katalog Monate vorher erschien, wie zu belegen ist. Denn
in einer von Dr. Gray erstellten Bibliographie wurde das
„Dürr’sche Handbuch für Briefmarken-Sammler“ bereits
aufgeführt. Da als gesichert gilt, dass Grays Katalog frühestens Anfang November 1862 gedruckt wurde, musste
diesem das Handbuch bereits bekannt geworden sein.22
Ein Autor des Katalogwerkes wurde damals nicht angegeben, nur der Herausgeber. Mit Norbert Röhm23 darf allerdings angenommen werden, dass Friedrich Ludwig, der
für die Redaktion der zeitgleich erscheinenden Alben der
Dürr’schen Buchhandlung verantwortlich zeichnete, auch
der Redakteur dieses ersten Kataloges war. Näheres weiß
20 Vgl.: A Mount Brown Circular of 1862, in: „The Stamp Lover“, Juni
1918, S. 12–13
23 Norbert Röhm: 125 Jahre deutsche Briefmarken-Kataloge, in: „Philatelie und Postgeschichte“, 1988, S. 46
21 Vgl. hierzu: „Stamp Collectors’ Review“, Vol I, p. 47; Stamp Collector’s
Magazine Vol. II, S. 87, 99, 119, 135, 151, 167. Zu Mount Brown erschien eine Biografie im „Philatelic Record“ von 1894, Vol. XVI, S.
273–275, außerdem von F. J. Melville im „Stamp Lover“ 1908, Vol.
I, S. 5, die hier ebenfalls verwertet wurden.
22 In früheren Veröffentlichungen, so auch von Norbert Breunig in
„DBZ“, Nr. 6/1961, S. 453, findet sich aber zumeist die Jahresangabe 1863 statt 1862, aber schon C. Brühl wies nach, dass der
Katalog auf jeden Fall vor dem 22. November 1862 erschienen sein
muss. Vgl. Carlrichard Brühl: Geschichte der Philatelie, Band 2, Hildesheim 1986, S. 615.
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man über ihn nicht, nach 1864 ist über ihn nichts mehr
bekannt.
Der Katalog – er gehört heute zu den seltensten frühen
Literaturwerken der Philatelie und fehlte auch in der berühmten Crawford-Bibliothek, während wohl Victor Suppantschitsch und Arthur Ernst Glasewald noch je ein Exemplar besaßen – hatte ein Format von 12,5 x 18 cm und
war bei A. Edelmann in Leipzig gedruckt worden. Während
der Verbleib des Katalogexemplares aus der Suppantschitsch-Bibliothek, die 1922 von Theodore Edward Steinway gekauft und von diesem dem Collectors Club in New
York gestiftet wurde, ungeklärt ist, wurde das GlasewaldExemplar nach dem Tode Ruprechts Glasewald als erstes
seit 60 Jahren 1984 bei einer deutschen Auktion angeboten. Damals erwarb es Norbert Röhm24, der 2012 seine
Bibliothek bei der Literatur-Auktion des Auktionshauses
Heinrich Köhler während der IPHLA 2012 Mainz verkaufen ließ. Dabei war auch je ein Exemplar der ersten (und
zweiten) Auflage des „Dürr‘schen Handbuches“.
Röhm vermochte damals aufzuweisen, dass in diesem
Katalog zum ersten Mal der Begriff „gezähnt“ verwendet
wurde, dass der Katalog quasi „nach amtlichen Quellen“
erarbeitet wurde und er vermutete, dass dieser Katalog
schon allein wegen der Buchmesse in Leipzig zu diesem
Termin in Eile produziert worden war, wobei dann wohl ein
Besucher der Messe den Katalog mit nach England genommen hat, wo er dann Dr. Gray in die Hände fiel.
Der Katalog enthielt nur die Beschreibungen der erschienenen Briefmarken, ab und zu auch kleine weiterführende Hinweise. Instruktiv ist allerdings bis heute das Vorwort
und die Einführung, denen z.B. interessante Hinweise zu
„Francomarken-Sammlungen und deren Einrichtung“ zu
entnehmen sind. Interessant ist auch die Aussage des
Katalogherausgebers, dass zur Erscheinungszeit, also
1862, wohl schon um 1 100 bis 1 200 Marken erschienen seien, die sich auf 120 einzelne Staaten verteilten,
von denen es aber wohl kaum eine „wirklich vollständige“
Sammlung geben würde. Der Katalog empfahl zur Aufnahme der Marken die „neuerdings in Gebrauch kommenden
Albums“, wie sie „in der Dürr’schen Buchhandlung in Leipzig bereits in vielen Auflagen erschienen und zu den Preisen von 16 Ngr. bis 2 Thlr. 20 Ngr. durch alle Buch- und
Kunsthandlungen zu beziehen sind“.25
24 Vgl. Röhms detaillierte Beschreibung des Handbuches in: „Philatelie
und Postgeschichte“, Nr. 102/1988, S. 40–47, der bereits zu entnehmen war, dass er selbst auch Besitzer eines Exemplares war. In
Deutschland ist ein weiteres Exemplar bisher nur in der Philatelistischen Bibliothek München nachgewiesen, das vom 2. bis 4. November 2012 bei der IPHLA in Mainz ausgestellt war.
25 Handbuch für Briefmarkensammler, Leipzig 1863, S. 14/15
22 |
Eine „zweite umgearbeitete und vermehrte Auflage“ des
Dürr’schen Kataloges erschien – nunmehr mit 64 statt
56 Seiten – ein Jahr später, im Frühherbst 1863, vielleicht pünktlich zur Michaelismesse in Leipzig, quasi als
Konkurrenzprodukt zu dem nahezu zeitgleichen Zschiesche-Katalog. Diese zweite Auflage ist nicht so selten
wie der Vorgänger. Sie befand sich u.a. in der bekannten
Krötzsch-Bibliothek, die jeder noch heute in Leipzig einsehen kann.26
Einen zweiten deutschen Katalog, besser einen Vorläufer
im Sinne einer Preis- und Verkaufsliste, gilt es hier zu erwähnen, die „Uebersicht über alle bekannten von 1849–
1862 emittierten Francomarken“ der Leipziger Antiquitätenhandlung Zschiesche & Köder. Die Angabe „1849“ ist
ein Satzfehler, denn katalogisiert sind natürlich die Marken ab 1840.
Etwas unklar war lange Zeit, wann diese achtseitige Preisliste oder diese erste Auflage eines später weithin verbreiteten Katalogwerkes genau erschienen ist, ob Ende 1862
oder erst 1863, wie früher meist angenommen wurde.27
Völlig abweichend ordnete dies A. F. Kumpf-Mikuli ein. Dieser sah es als möglich an, dass der „Katalog“ sogar schon
Ende 1861 erschienen und damit der erste deutsche Katalog überhaupt sei. Dafür konnte er aber keinen Beweis
erbringen.28 Es spricht viel für eine Veröffentlichung bereits im Herbst 1862, weil Carl Zschiesche, der Verfasser,
sich wohl nach den Terminen der Leipziger Herbstmesse ausrichtete. Evtl. ist sie zeitgleich oder bereits früher
als das „Dürr’sche Handbuch“ erschienen, das als erster
deutscher Katalog gilt.29
Zschiesches Liste von 1862 zeigt noch seine handschriftlich eingetragenen Preise. Es ist bislang nur eine Original-Liste von 1862 in deutschen Privatbesitz bekannt
und sie enthält acht Seiten, wie dies auch im CrawfordKatalog aufgeführt ist.30 Ein Nachdruck dieser Liste mit
26 Vgl. Wolfgang Maassen: Der „Schatz der Azteken“ ruht in Leipzig:
Die Krötzsch-Bibliothek, in: philatelie, Nr. 253/2005, S. 70–76)
27 Vgl. Victor Suppantschitsch: Bibliographie zugleich Nachschlagebuch der gesammten deutschen philatelistischen Literatur seit ihrem Entstehen ..., München 1892, S. 26. In seinem Werk von 1901
ordnete er es aber erneut für 1862 ein; auch Norbert Röhm datierte den Katalog auf „Ende 1862“, Carlrichard Brühl auf Dezember
1862.
28 A.F. Kumpf-Mikuli: Die Geschichte der Philatelie, in: Katalogbeilage
WIPA 1965, Wien 1965, S. 4
29Einen eindeutigen Hinweis, dass die Zschiesche-Preisliste 1862
(und nicht erst 1863) erschienen ist, bietet Alfred Moschkau, der
in der Januar-Ausgabe der Zeitschrift „Der Philatelist“, 1912, S. 5,
diese Datierung bestätigt.
30 Im Crawford-Katalog (Sp. 427, a.a.O.) und bei anderen ist von dieser achtseitigen Liste, hrsg. 1862, zu lesen. Der Autor konnte dies
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verändertem Bezugsnachweis erschien Anfang 1863 bei
der Hamburger Firma „Tramburg’s Erben“. Die Liste war
identisch, lautete auch auf den Titel „Uebersicht aller bekannten, von 1949 (sic!) bis 1862 emittirten Franco-Marken, welche in grösserer Anzahl vorräthig (und unter der
Ziffer ‚Ab 1863‘ ... zu bestellen sind.“ Die Jahresangabe
„ab 1863“ war der neue Zusatz, der letztlich auch als Beweis gewertet werden kann, dass die Ursprungsliste von
Zschiesche & Köder bereits deutlich vorher herausgegeben wurde, zumal Zschiesche oder die Hamburger Firma
noch unbedeutende, aber kleinere Ergänzungen einfügten. Der Anspruch der unbebilderten Liste, eine vollständige Übersicht aller bekannten Briefmarken zu bieten, bestätigt das Recht, diese Preisliste durchaus auch als eine
Art „Vorläufer“-Katalog zu sehen und entsprechend einzustufen. Die Grenzen waren hier noch fließend. Die Preise wurden allerdings, vergleichbar der Zschiesche-Liste,
noch handschriftlich eingetragen!
Bis 1879 sollen elf Ausgaben dieser „Listen“ erschienen
sein.31 Das ist allerdings missverständlich, denn erst einmal erschien im August 1863 Zschiesche & Köders „Katalog über die seit 1840 bis Juli 1863 ausgegebenen Briefmarken aller Länder mit beigedruckten Verkaufspreisen“,
der als zweite Auflage der 1862er-Übersicht zählte. Dieses Mal hatte diese „Liste“ allerdings bereits 80 Seiten
und war allein von daher weit eher als Katalog einzustufen.
Eine dritte Auflage erschien 1864 (80 Seiten, dazu ein
Nachtrag von vier Seiten), die vierte im April 1865 (70
Seiten, wiederum mit vierseitigem Nachtrag), es folgte
die fünfte im Mai 1866 (76 Seiten), die sechste im April
1867 (72 Seiten), eine siebte 1868 (71 Seiten) und eine achte Auflage ist für den Oktober 1870 (mit 79 Seiten
und einem achtseitigen Nachtrag), eine neunte für 1872
(84 Seiten), eine zehnte 1876 (60 Seiten mit achtseitigem Nachtrag) und die letzte, die elfte (80 Seiten) für
1879 belegt. Das Katalogwerk sollte nicht mit dem von
Carl Zschiesches Neffen, Alwin Zschiesche, verwechselt
werden, der erst 1867 mit einem eigenen ersten Katalog
antrat, wobei allerdings inhaltliche Ähnlichkeiten nicht zu
übersehen waren.
Noch im November 1862 erschien aus der Feder von
Dr. John Edward Gray „The Hand-Catalogue of Postage
Stamps for the Use of Collectors” in London bei R. Hardwicke mit XVI + 54 Seiten im Format 16 x 10,5 cm und
einer Auflage von 1 000 Exemplaren, allerdings ohne
Abbildungen. Der zu seiner Zeit bekannte Naturwissenschaftler (Zoologe) und Philatelist – er war auch Kurator
im Britischen Museum – stellte seinen Katalog auf der
Grundlage der ihm verfügbaren Literatur in den Familienillustrierten der Zeit bzw. einer von ihm veröffentlichten
Artikelserie „The collecting of postage stamps“ (ab Juni
bis September 1862 in „Young England“) her. So führte er
bereits in der Erstauflage des Kataloges eine kleine Bibliographie mit 20 ihm bekannter Artikel zur Philatelie auf,
womit er sich als „the Earliest Philatelic Bibliographer“32
in die Philateliegeschichte einschrieb. Dabei war der Katalog selbst eher ein „Simple“-(Einfach-)Katalog. Denn in
der ersten Auflage fehlten noch Angaben zu Farben, Zähnung, Wasserzeichen, selbst zu Ausgabedaten. Angaben
gab es nur zum Bildmotiv.
Eine zweite Auflage („revised and enlarged“) erschien
1863. Der eigentliche Katalogumfang war zwar nicht
deutlich angewachsen, er betrug nun 58 statt 54 Seiten,
dafür kamen aber 32 Anzeigen dazu. Außerdem gab es
den Katalog mit zwei Umschlagvarianten, mit dazwischen
geschossenem Papier und sogar in einer Sonderedition
mit Ledereinband („Postage stamps album and hand catalogue“).
Vier weitere Ausgaben wurden von Alfred Smith & Co. in
Bath im April 1865, 1866, 1870 und 1874, allerdings
unter neuem Titel („The Illustrated catalogue of postage
stamps for the use of collectors“) herausgegeben. Die
dritte Auflage von 1865 war bereits illustriert. Sie hatte
nun 16 Seiten Vorspann, 95 Katalogseiten und 14 Seiten
Anzeigen. Bei der vierten Auflage von 1866 wuchs der Katalogteil auf fast das Doppelte, auf 180 Seiten, was die
fünfte von 1870 mit 210 Seiten Kataloginhalt noch zu
steigern wusste. Letztere war die erste von Overy Taylor
als “The Illustrated Catalogue of Postage Stamps” fortgeführte Ausgabe.33
Die letzte (6.) Auflage des Grey-Kataloges soll in acht
Monatslieferungen zwischen März und Oktober 1874 erschienen sein, die dann zu einer gebundenen Ausgabe
an seinem Exemplar bestätigen. Das steht im Gegensatz zu Alfred
Moschkaus Aussage („Der Philatelist“, 1912, S. 5), der in seinem
Rückblick auf das damals 50jährige Jubiläum des ersten deutschen
Albums und der ersten Kataloge davon sprach, dass Zschiesches
vierseitige (also nicht achtseitige!) Preisliste „mit handschriftlich
eingetragenen Preisen … in jener Zeit … die wichtigsten Ausrüstungsstücke eines Sammlers“ waren.
32 „The Journal of the Philatelic Literature Society“, 5. Jg. 1922, Nr.
2, Seite 27 – hier zit. nach Norbert Röhm: 125 Jahre deutsche
Briefmarken-Kataloge, in: „Philatelie und Postgeschichte“, Nr.
102/1988, S. 41
31 Manfred Amrhein: Philatelic Literature, Band I, San José 1992, S. 23
33 Zu den frühen Gray-Katalogen vgl. Beiträge von Fred J. Melville
im „Journal of the Philatelic Literature Society“ (Vol. II, S. 43) bzw.
„Stamp Lover“, 1908, Vol. I, S. 71, S. 98 und im „Stamp Lover“, Vol.
96, February 2004, S. 12.
| 23
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zusammengefasst und im November oder Dezember angeboten wurden.34
Den Jahresabschluss markierte ein erster Katalog in den
USA, der – verfasst von A. C. Kline – unter dem Titel „The
Stamp Collector’s Manual: being a Complete Guide to the
Collectors of American and Foreign Postage and Despatch
Stamps“ in Philadelphia im Dezember 1862 herausgegeben wurde. Dieser erste amerikanische Katalog ist nahezu identisch mit dem englischen Mount Brown-Katalog,
dem er also – drückt man es höflich aus – „nachempfunden ist”. Zu dieser Zeit gab es in den USA noch keinen
Copyright-Schutz für Autorenwerke, so dass Verstöße – in
diesem Fall war Mount Brown geschädigt – weder von
England aus noch in den USA geahndet werden konnten.
Unterschiede sind in den beiden Katalogen nämlich nur
bei der Katalogisierung der US-Marken bzw. bei den Ausgaben der Konföderierten Staaten zu entdecken, die unter „S“ mit der Angabe „So-called Southern Confederacy“
einsortiert sind. Die Eigenleistung des Autors mag man in
einer vergleichsweise vollständigen Liste der Postmeisterausgaben sehen, die das Werk ergänzte. Die erste Auflage hatte einen Umfang von 48 Seiten, auf der letzten Seite findet sich der Hinweis zur Druckerei T. Sinex, Printer,
619 Jayne Street. Zwei weitere Auflagen erschienen 1863
und 1865. Aus dem Jahr 1864 ist auch eine der frühesten
Preislisten der USA belegt, die ebenfalls von A. C. Kline
herrührt: „Unused Despatch and Express Stamps“.35
1863
Mount Browns beliebter Katalog resp. dessen dritte Auflage wurde im ersten Quartal 1863 in Gloucester mit einem
weiteren fast identischen Werk nachgeahmt, das den Titel trug: „Catalogue of nearly Two Thousand Varieties of
British, Colonial, and Foreign Postage Stamps“. Das Plagiat zeigte weder einen Verfassernamen noch einen Herausgeber oder eine Druckerei an. Es hieß nur anonym „by
a collector“. Mount Brown erstattete Anzeige und die behördliche Ermittlung machte einen gewissen W. H. Wright
aus Gloucester dingfest. Mount Brown untersagte W. H.
Wright die Verbreitung und den Verkauf, dieser hatte die
Restauflage an Mount Brown abzuliefern.36
Weit eigenständiger war da der im Februar 1863 in London gedruckte und angebotene Katalog von Edward A.
Oppen, der „Catalogue of British and foreign postage
34 Manfred Amrhein: Philatelic Literature, Band I, S. 41 bzw. S. 54
35 Ein Exemplar befindet sich laut Aussage von Cheryl Ganz in der Bibliothek von Herbert Trenchard.
36 Vgl.: P. J. Anderson / B. T. K. Smith: Early English Philatelic Literature
1862–1865, London 1912, S. 21
24 |
stamps“. Von allen englischsprachigen Katalogen fand
dieser – so bereits Carlrichard Brühl37 – die weiteste Verbreitung, da er parallel zu den Alben von Oppen erschien
und bis 1891 in 30 Auflagen verbreitet wurde. Die zweite Auflage erschien bereits im Mai 1863. Die Redaktion
übernahm spätestens ab der dritten Auflage, nach Oppens Tod 1864, Henry Whymper, ab der 6. bis zur letzten Auflage Dr. Charles Viner.38 Oppens Katalog – der ursprüngliche Herausgeber starb bereits 1864 (in diesem
Jahr kam damals die 4. Auflage heraus) – erschien parallel zu seinem Album, was für viele Sammler offenbar von
besonderem Nutzen war.
Von zweifellos geringerer Bedeutung und Einfluss auf
den Philateliemarkt jener Zeit war ein kleines „Neuestes
Verzeichnis aller bis jetzt ausgegebenen in- und ausländischen Briefmarken mit genauer Beschreibung derselben“, bearbeitet von C. Beyfuss, das in Hannover das Licht
der Welt erblickte. Die 68 kleinformatigen Seiten waren
ohne Markenabbildungen und Katalogpreise. Als Erscheinungstermin wird das erste Quartal 1863 angenommen,
da noch keine Marken von diesem Jahr verzeichnet wurden. Es sollen insgesamt zwei Auflagen publiziert worden
sein, die zweite 1865.
Mit Pierre Mahé (1833–1913), dem seit 1862 in Paris
tätigen Buch- und Briefmarkenhändler, betrat ein ganz
anderes „Schwergewicht“ die Bühne. Mit dem später
ebenso erfolgreichen Pariser Arthur Maury sollte Mahé
als Pionierhändler die Generation der frühen Philatelie
in Frankreich nachhaltig beeinflussen, zumal er auch mit
zahlreichen Fachblättern und in seinem Verlag herausgegebenen Büchern in Erscheinung trat und als „Sekretär
des Briefmarkenkönigs“ Philipp von Ferrari, also als Kurator für dessen riesige Sammlungen, ab 1874 wirkte.
Mahés erstes Katalogwerk erschien 1863 in Paris und
hieß: “Guide-Manuel du Collectionneur de Timbres-poste. Description raisonée espèces ou variétes de timbresposte, émis par tous les États du Globe”. Die Erstauflage
hatte nur einen bescheidenen Umfang von 18 Seiten. Eine Ergänzung mit vier Seiten kam als Beilage zu Mahés
1864 gegründeter Zeitschrift ”Le Timbrophile” am 15.
November 1864 heraus. Die dritte Auflage erschien unter leicht revidiertem Titel als „Nouveau Guide-Manuel du
Collectionneur de Timbres-Poste. Description de 2,580
timbres-poste en vente aux prix marqués au bureau du
37 In: Geschichte der Philatelie, Hildesheim 1986, Band 2, S. 613
38 Es findet sich in der Literatur auch der Hinweis, dass Oppen die ersten fünf Auflagen selbst betreut habe, erst die sechste und siebte von
Whymper verantwortet wurde. Der Autor folgt hier eher der Darstellung von Carlrichard Brühl, ergänzt um Feststellungen von Manfred
Amrhein, der berichtet, dass Viner die Redaktion schon ab der 6.,
und nicht wie bei Brühl zu lesen, der 8. Auflage übernommen hatte.
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journal Le Timbrophile“ und hatte nunmehr bereits 95
Seiten Umfang. Diese dritte Auflage wurde in 1400 Exemplaren 1865 produziert (davon gibt es eine spezielle Sonderausgabe auf farbigem Papier), wiederum ergänzt mit
einem Nachtrag von 23 Seiten 1866.
Ähnlich verlief es mit der vierten Auflage im Dezember
1867 und der Ergänzung von 1870 (79 und 33 Seiten).
Diese vierte Auflage mit erneut leicht verändertem Titel
„Nouveau Guide-Manuel du Collectionneur, d‘ après un
plan nouveau. Description de 4,000 timbres-poste en
vente aux prix marqués“ (als Verlagsangabe werden Paris,
Pierre Mahé und Brüssel, Typ. De H. Thiry-Van Buggenhourdt benannt) bedeutete für die Katalogentwicklung einen großen Schritt vorwärts, entwickelte Mahé doch eine
Standardisierungsform für die genaue Markenbeschreibung, die nun auch Markentönungen, Abarten, Zähnungen, Typen etc. umfasste. Auch von dieser vierten Auflage
wurden spezielle Editionen auf stärkerem und farbigen
Papier produziert, eben Liebhaber-Editionen.39
Im Juni 1863 meldete sich ein weiterer US-amerikanischer Katalogautor zu Wort, Georg Dexter, dessen ”Catalogue of Postage Stamps, American and Foreign, and U.S.
Revenue Stamps” mit einem Umfang von 78 Seiten von
der University Press, Cambridge, Mass./USA gedruckt und
von Sever and Francis in einer Auflage von 1 000 Exemplaren herausgegeben worden war.
Ebenfalls 1863, eventuell bis zur Jahresmitte, erblickte
die Erstauflage des “Guide de l’amateur de Timbres Poste“ von Alexandre Baillieu (1842–1899) das Licht der
Welt. Der Name des in Paris wirkenden Buchhändler war
bereits einmal in diesem Kapitel aufgetaucht, nämlich bei
dem „Manuel du Collectionneur de Timbres-Poste“ von J.B. Moens, das ab Januar 1862 in Brüssel und in Paris
bei Baillieu erschienen war und vertrieben wurde. Baillieu
war damals aber nicht der Autor – dies war Moens oder
wohl eher Louis Hanciau, Moens‘ Ghostwriter und Schwager –, nur der Vertreiber, was bereits Carlrichard Brühl anmerkte.40 Die Erstauflage von Baillieus eigenem Katalog
hatte einen Umfang von IV + 88 Seiten, 1864 erschien
die zweite Auflage, nunmehr bereits mit VIII + 132 Seiten,
während eine dritte von 1865 nur vier Seiten mehr zählte.
Imitierte Imitationen? Auch das kann es geben, wenngleich vielleicht auch gewollt. Ein Beispiel ist indirekt mit
dem Namen des Leipziger Buchhändlers Gustav Wuttig
39 Mahé verdankt die Philatelie wertvolle Einblicke in die Zeit des früheren Pariser Briefmarkenhandels und dessen erster Kataloge,
setzte er diesen doch in seinem 1908 erschienenen Buch „Les Marchands des Timbres-poste d’autrefois et leur catalogues“ ein Denkmal. Zahlreiche der ersten Katalogwerke band er in dieses Buch als
Faksimiléauszug ein.
40 Carlrichard Brühl, Geschichte der Philatelie, Band II, S. 613/614
(ca. 1810, gest. um 1870) verbunden. Er war zu dieser
Zeit Inhaber des „Literarischen Museums“ in Leipzig, einer bekannten Buchhandlung mit Verlag, Lesezirkel und
Leihbibliothek, die er Ende 1864 aus Krankheitsgründen
an Gustav Bauschke verkaufte, weshalb man auch zuweilen in den von ihm herausgegebenen Katalogen einfach
nur „Literarisches Museum“ als Herausgeber benannt
findet. Wuttig erweiterte sein Geschäft 1862/63 um eine
Briefmarkenhandlung und gab sein erstes Album heraus.
Verbürgt ist, dass am 10. September 1863 Wuttigs „Uebersicht aller bekannten von 1840 bis August 1863 ausgegebenen Franco-Marken (Timbres-Poste – PostageStamps)“ herauskam, ein Titel, der fast ein Jahr zuvor
bereits von Zschiesche & Köder für dessen Preisliste (1.
Auflage des nachfolgenden Katalogwerkes) benutzt worden war. Wuttigs Liste gilt deshalb auch als weitergeführte Kopie der ursprünglichen Zschiesche-Liste, wobei allerdings die vom September 1863 bereits in zweiter Auflage
(mit 30 Seiten Umfang) herauskam, es vorher also auch
eine Erstauflage gegeben haben muss, deren Datierung
aber mangels Belege noch nicht geklärt ist. Eine dritte
Auflage ist mit nahezu gleichem Titel als „Uebersicht aller
bekannten von 1840 bis Juli 1864 ausgegebenen FrancoMarken“ im September 1864 erschienen.
Die Wahl des Titels dieser Listen ist nahezu wortgleich
denen der „Uebersichten“ von Zschiesche & Köder sowie Tramburg, aber auch einer weiteren von Leopold Priebatsch, dessen ebenfalls 30-seitige Liste im September
1863 in Breslau herausgegeben wurde. Priebatschs Katalog war eindeutig ein Imitat von Wuttigs Liste, trug nur den
eigenen Anbieternamen. Gleiches hatte zuvor bereits für
Wuttigs und Trambergs Listen in Relation zur der jeweils
ursprünglichen von Zschiesche & Köder gegolten.
Eine Entdeckung von Carl Lindenberg im Jahre 1896
verdeutlichte, wie diese weitgehend deckungsgleichen
„Uebersichten“ zustande kamen. Er berichtete damals
über einen Katalogfund in seiner Bibliothek, dessen Titel
auffällig mit dem von Tramburg und Priebatsch übereinstimmte. Dieser lautete: „Uebersicht aller seit 1840 bis
Juli 1864 ausgegebenen Franko-Marken, welche meistens in großeren Posten vorrätig und zu den beigesetzten
Preisen bei Oscar Jann in Breslau (Schmiedebrücke No.
24) zu haben sind.“ Der dritte, revidierte und ergänzte Abdruck erschien am 1. August 186441, was die Annahme
möglich erscheinen lässt, dass diese Kataloge nicht von
dem genannten Händler, sondern vermutlich von einem
größeren Händler in Hamburg produziert, von den Mengenabnehmern dann aber mit eigenem Titel ausgestattet
wurden. Oscar Jann war Angestellter in der Weinhandlung
41 Vgl. DBZ 1896, S. 126
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Wuiteck in Breslau, die mit Briefmarken handelte, diese
aber selbst von Dritten bezog. Man darf dieser Firma wohl
kaum die nötige Kompetenz und Übersicht zuschreiben,
um selbst einen Katalog herauszubringen. Das heißt, um
Kosten zu sparen, wurden diese Listen jeweils in großer
Auflage gedruckt, erhielten nur auf der Titelseite den jeweils abweichenden Zudruck des einzelnen Anbieters.
Solche Vorgehensweisen sind auch von anderen Händler,
selbst in späterer Zeit, mehrfach belegt, wobei es sich jeweils um abgesprochene, also vereinbarte Vorgehensweisen handelte, nicht um „Raubkopien“.
Die dritte und letzte selbst von Gustav Wuttig betreute
Auflage kam im September 1864 mit 27 Seiten Umfang
heraus, eine vierte im April 1865, eine achte 1867, und
eine elfte bereits ein Jahr später, 1868. Der Katalog wurde bis 1864 von Wuttig, danach von Gustav Bauschke
unter dem Titel „Katalog aller bekannten Briefmarken ...
Unter freundlicher Mitwirkung der ersten Sammlerautoritäten Deutschlands“ herausgegeben und ab 1868 von
Julius Kümmel, der das „Literarische Museum“ übernommen hatte, mit einer 12. und 13. Auflage 1869 fortgeführt. Die 14. Auflage erschien 1870, weshalb man nicht
selten auch jeden dieser drei genannten Namen als Herausgeber findet. Verlag war allerdings stets das „Literarische Museum“, das eben nur 1864 und 1868 jeweils den
Besitzer gewechselt hatte.
Der Katalog der vierten Auflage – Mitte 1865 erschienen
– gilt gleichzeitig als erste Auflage des Kataloges von Gustav Bauschke, denn bereits die wenig später, aber noch
im gleichen Jahr 1865 erschienene zweite Auflage des
Kataloges zählte Gustav Bauschke als „zweiten Abdruck“
des nunmehr allein von ihm verantworteten Werkes, zu
dem es sogar noch im November 1865 einen ersten
Nachtrag gab.42 Über diesen Katalog schrieb die Schweizer Briefmarken-Zeitung 1950: Die vorhergehenden Kataloge waren nur „Aufstellungen der bis dahin bekannten
Postwertzeichen, während ein wirklicher BriefmarkenPreiskatalog, der wie die heutigen als Bewertungsgrundlage diente, zum ersten Mal von dem damals bedeutendsten deutschen Briefmarkenhändler Gustav Bauschke in
Leipzig erst 1866 herausgegeben wurde.“43 Das wird
stimmen, denn die achte Auflage von 1867 zählte bereits
148 Seiten.
42 Unklarheiten bestehen bis heute für die 5.–7. Auflage, die 1866 erschienen sein sollen, dem Verfasser noch nicht vorlagen und für die
keine Seitenzahlen bekannt sind. Möglicherweise handelte es sich
nur um Nachträge oder ergänzte Nachdrucke zu der letzten 1865erAusgabe?
43 SBZ, Nr. 5/1950, S. 120
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Zum Jahresabschluss 1863 überraschte noch ein Katalog
von Bellars and Davie mit dem Titel “Standard Guide to
postage stamp collecting giving the Values and Degrees
of Rarity“, der in London mit Hinweis 1864 gedruckt wurde. Wenn auch die Jahresangabe auf 1864 lautete, glaubte doch bereits Brühl, diesen Katalog auf November oder
Dezember 1863 datieren zu können.44 Das XI + 100-Seiten-Werk – von diesem gab es auch eine Vorzugs-De-Luxe-Ausgabe in Leder gebunden und mit zwischen den Katalogseiten eingeschossenen Blättern – erschien 1864 in
deutlich erweiterter zweiter Auflage (nunmehr XIII + 130
Seiten), allerdings unter ergänztem Titel „sixth thousand,
revised and corrected, giving upwards of three hundred
stamps not in the previous issue“, ebenfalls in London
bei John Camden Hotten gedruckt. Diese Auflage gab es
1865 erneut als Nachdruck, beide wie die Erstausgabe
auch in „de-luxe“-Version.
1864
Waren 1863 Franzosen, Engländer, Deutsche und Amerikaner noch unter sich, breitete sich 1864 die „Timbromania“ sichtbar aus, denn nun erschienen zusätzlich auch in
anderen Ländern Preisverzeichnisse und Kataloge. Den
Anfang machte vielleicht ein Werk von Pieter H. Witkamp
aus den Niederlanden, das eventuell bereits Ende 1863
herauskam: “De Postzegels van alle Rijken en Staten“, ein
zweibändiges Werk, das insofern von anderen Katalogen
abwich, als es sich nur den Ausgaben Europas widmete
(Band 1: Nordeuropa; Band 2: Mitteleuropa). Dafür enthielt
es sehr detaillierte Angaben. Es gilt als der erste eigenständige Katalog, der in den Niederlanden erschienen ist.
Zu Beginn des Jahres 1862 war in diesem Kapitel bereits
etwas über die verschiedenen Ausgaben des Moens-Kataloges zu lesen, der sein „Manuel du Collectionneur“
seit der zweiten Ausgabe um Illustrationen ergänzt hatte,
die separat bezogen werden konnten. Zwischen 1862 bis
1864 gab es 17 Lieferungen mit insgesamt 54 Bildtafeln.
Der Publikaionsnachweis dieser Bildtafel findet sich in der
ursprünglichen Quart-Ausgabe von „Le Timbre Poste“, der
Zeitschrift von Moens, die noch in einem späteren Kapitel
vorgestellt wird. Um den Verkauf dieser Bildtafeln zu fördern, kam Moens auf die Idee, Ausschnitte von diesen in
die Zeitschrift zu integrieren, um damit auf die jeweiligen
Lieferungen gleichzeitig aufmerksam zu machen.
Der Katalog von Jean-Baptiste Moens wurde 1864 unter
dem Titel „Les timbres-poste illustrés contenant la nomenclature générale de tous le timbres-poste et la reproduction de tous les types émis jusqu´à ce jour, dans les
divers pays de l’univers. (1840–1864)“ fortgeführt. Eine
44 Carlrichard Brühl, Geschichte der Philatelie, Band II, S. 618
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besondere Erwähnung verdient dieser 148-Seiten-Katalog mit seinen 54 Bildtafeln allein schon wegen seiner verschiedenen bibliophilen Ausführungen, die Moens dem
Werk spendierte. Einmal mehr gab es eine „de-luxe-Version“ mit neu gestaltetem Titel, bei der die Bildtafeln auf
erlesenem India-Papier gedruckt wurden. Allerdings nur in
einer Auflage von 100 Exemplaren! Aber auch die Qualität
der Abbildungen galt lange Jahrzehnte als unübertroffen
in der Philatelie.
Dieser Katalog von Moens verdient auch aus einem zweiten Grund Beachtung, denn er wurde von Dr. Charles Viner ins Englische übertragen und um die bis dahin neu
erschienenen Ausgaben ergänzt. Der Titel lautete: „Postage stamps illustrated. A general nomenclature of every
postage stamp and fac-similes of all types issued up to
the present time in the different countries of the world
(1840–1864) by J. B. M. translated by Dr. C. W. Viner, A.M.
With the stamps that have appeared since the publication
of the French edition added.“ Unter dem Titel „Illustration
of postage stamps. Comprising upwards of 600 fac-similes engravings of the different types of stamps ad descriptions of more than 2 000 varieties“ wurde die englische
Ausgabe von Moens Werk auch von Hall & Co. in London
sowie von Stafford Smith & Co. in Brighton verbreitet. 45
Ein vollständig neu bearbeitetes Werk erschien allerdings
erneut in Frankreich, dieses Mal aus der Feder von François Georges Oscar Berger-Levrault, aber abweichend
von dessen Liste aus dem Jahr 1861 zuerst einmal in
deutscher Sprache: „Beschreibung der bis jetzt bekannten Briefmarken (mehr als 2.200 Sorten) nebst Notizen
über die nachgedruckten Marken und einer Anleitung zur
Einrichtung von Sammlungen“, Straßburg, Wwe. BergerLevrault und Sohn, XIV + 103 Seiten. Der Katalog war
zwar letztlich aus den von Berger-Levrault seit September
1861 kontinuierlich fortgeführten Listen hervorgegangen,
nun aber wesentlich erweitert worden. Denn er enthielt
zwar – wie manche anderen jener Jahre – keine Abbildungen und Katalogpreise, dafür aber eine Reihe interessanter weiterführender Hinweise, z.B. zu Essays, Neu- und
Probedrucken sowie Fälschungen. Der Katalog kam wenig später, 1865, auch in einer erweiterten französischen
Ausgabe unter dem Titel „Timbres-poste (and) Deuxième
partie. Essais at timbres proposés“ in zwei Teilen mit insgesamt 153 Seiten heraus.
Suppantschitsch, einer der besten Kenner der frühen philatelistischen Literatur überhaupt, sollte 1901 über den
Katalog schreiben: „Er überragt alles, was bis dahin an
Catalogen erschienen war und es ist geradezu wunderbar, welchen Scharfblick dieser Mann besass, denn viele der Grundsätze, welche er im Vorworte aufgestellt hat,
sind noch heute in der ganzen philatelistischen Welt anerkannt und sein Catalog gibt über viele Dinge (Herstellungsart der Briefmarken, Umrandung etc.) Auskunft, die
erst viel später die Aufmerksamkeit der Sammler zu erregen begannen“.46
Berger-Levrault krönte sein Katalogschaffen 1867 mit
seinem letzten Werk, „Les Timbres-Poste. Catalogue méthodologique et descriptiv de tous les timbres-poste connus. Première partie. Timbres-poste proprement dits“,
dem man die Berechtigung von Suppantschitschs Urteil
ebenfalls nachempfinden kann. Von diesem Katalog soll
im Juni 1867 ebenfalls eine de-luxe-Ausgabe in grünem
Ledereinband angeboten worden sein.
Völlig unbekannt bis 1864 war der Name eines „unmündigen Bürschchens“, der mit seiner Firma als Christian
Mann junior auftrat, recht bald aber auch als Verkäufer
von Faksimiles bekannt wurde, die er allerdings als Originale anbot.47 Die Erstauflage seines Katalogs – dies war
nichts anderes als ein Plagiat des Katalogs des Literarischen Museums, der von G. Wuttig und Gustav Bauschke
zuvor herausgegeben war – erschien Anfang 1864 unter
dem Titel „Katalog über alle bekannten seit 1840 bis Januar 1864 ausgegebenen Briefmarken, die zu den beigefügten Preisen durch Chr. Mann junior bezogen werden
können“, dessen 23 Seiten von ihm in Leipzig im Selbstverlag gedruckt worden waren.48 In der Diena-Bibliothek
befindet sich ein Exemplar einer dritten Auflage, deren Titel lautet: „Katalog über alle bekannten seit 1840 bis Mai
1864 ausgegebenen Briefmarken, die zu den beigefügten
Preisen durch Chr. Mann junior bezogen werden können“
(Hervorhebung durch den Autor), was die Vermutung nahelegt, dass es bereits zwischen Januar und Mai auch eine zweite Auflage gegeben haben kann. Dies widerlegt zuweilen anzutreffende Angaben, dass erst ein Jahr später
eine „zweite“, bis August 1865 fortgeführte (29 Seiten)
erschienen ist.
45 Amrhein erwähnt, das Charles Viners englische Übersetzung des
Katalogs unter dem Titel „Postage Stamps illustrated“, allerdings
mit Bildtafeln von abgenutzten Platten, in Paris erschien. Siehe Amrhein, Band I, S. 56
47 Vgl. Beilage zu Nr. 24 des „Magazin für Briefmarkensammler“;
Brühl, a.a.O., Band I, S. 277
46 Victor Suppantschitsch: Die Entstehung und Entwicklung der Philatelistischen Literatur in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts,
Selbstverlag Wien 1901, S. 15. An weiterer Literatur zu BergerLevrault vgl. das „Journal of the Philatelic Literature Society“, Vol.
VII/1914, Nr. 1, S. 46 und das „Stamp Collector’s Magazine“, Vol.
II/1864, S. 75 und Vol. V/1867, S. 139.
48 Die Ausgabe dieses Kataloges mit exakt diesem genannten Titel ist
durch eine Abbildung bei C. Brühl (Band II, S. 622) belegt.
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Zwar ist nicht eindeutig belegt, ob diese bis auf den Namen mit dem Katalog des Literarischen Museums identische Ausgaben mit Genehmigung herauskamen, allerdings legt eine Warnanzeige des Literarischen Museums
von 1864 vor dem Fälschungsverkäufer Christian Mann
nahe, dass deren Verhältnis nicht gerade „unbelastet“
war. Damit in direktem Zusammenhang mag auch ein
gedruckter Hinweis in Gustav Bauschkes zweiter Auflage
des „Katalog aller bekannten seit 1840 bis Mitte 1865
emittirten Briefmarken ...“ stehen, auf dessen Rückseite
des Innentitels deutlich eine „Warnung vor Nachdruck“ zu
lesen war, in der es hieß: „Jedweden Nachdruck, in welcher Form er auch sein möge, werden wir mit allen uns zu
Gebote stehenden gesetzlichen Mitteln verfolgen.“
1868 soll angeblich eine weitere, bislang von anderen
meist als dritte Auflage gezählte Ausgabe des Mann-Kataloges erschienen sein. Belegt ist auf jeden Fall eine Neuauflage aus dem Jahr 1870 mit dem Titel „Katalog über
alle bekannten seit 1840 bis December 1869 ausgegebenen Briefmarken, die von den beigefügten Preisen durch
Christian Mann in Leipzig bezogen werden können“, zu
der es auch einen Nachtrag gibt.
1864 traten mit ersten Herausgebern in Italien und Spanien auch völlig neue Herausgeber auf den Plan. In Florenz erschien ein „Guida-Manuale per far collezione di
francobolli“ mit bescheidenem Umfang von 26 Seiten,
zusammengestellt von Ullise Franchi. Kaum nennenswert
umfangreicher war ein „Guida di tutti i francobolli emessi
dal 1840 alla finedi Giugno 1864“ mit 36 Seiten, ebenfalls in Florenz verlegt, allerdings von einem anderen Herausgeber, G. Brecker.
Dagegen nahm sich eine Neuerscheinung in Spanien
schwergewichtiger aus. Es war das von J. M. Verges de
Cardona verfasste ”Manual del Colleccionista de sellos de
correo”, das in Barcelona 1864 publiziert wurde. Dieser
132 Seiten umfassende erste in Spanien erschienene Katalog wurde von der ältesten Marken- und Münzenfirma
auf der iberischen Halbinsel, der Fa. von Narciso Ramírez
in Barcelona, herausgegeben. Bei dem Katalog handelte
es sich allerdings nur um eine Übersetzung des französischen Kataloges von Alexandre Baillieu, der 1863 erschienen war, mit zehn zusätzlichen Marken.49
Einige Jahre zuvor hatte Verges de Cardona sein „Centro
Numismático Barcelonés“ gegründet, in dem er Münzen,
Medaillen und Bücher über Numismatik seit 1854 anbot.
Bibliophile haben keinen Aufwand gescheut, den Verfassernamen dieses „Manuals“ zu entschlüsseln, denn auf
dem Titel wird dieser nur mit „D“ für „Don“ (Herr) bzw.
„D. J. M. V. de C.“ angegeben. Selbst im Supplement zum
49 Gemäß Mitteilung von Eduardo Escalada, Madrid.
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Crawford-Katalog 1926 konnte dieser nicht benannt werden, erst 1944, als man ein Exemplar des Kataloges mit
persönlicher Autoren-Widmung auffand.50
De Cardona war der erste Briefmarkenhändler in Spanien, der ergänzend zu seinem Münzangebot ab 1854 auch
Briefmarken im „Centro Numismático Barcelonés“ anbot.
Das Geschäft existierte bis 1874.
Neu mit im Verbund war auch die Schweiz, für die Wilhelm
Georg seinen „Catalog über alle seit 1840 bis 1864 erschienenen Briefmarken, welche zu den beigefügten Verkaufspreisen durch W.G. zu beziehen sind“, Basel, 100
Seiten 1864, herausgab. Es handelte sich offenbar um
einen Händlerkatalog, der sich gleichzeitig als Lieferliste
verstand und dieser ist – vor einem vergleichbaren Werk
von Chapalay Fils et Cie in Genf („Guide manuel du collectionneur de timbres-postes ...“, 90 Seiten, 1865)51 – das
erste Katalogwerk in der Schweiz.
In England machte ein weiterer Pionierhändler von sich
reden. William Lincoln in London gab seinen „Priced catalogue of foreign, colonial and English postage stamps,
offered for sale by W. L., Jun. (a W. S. Lincoln and Sons)“
mit 34 + 2 Seiten Umfang heraus. Drei weitere Auflagen
erschienen bereits bis 1870, aber auch danach wurde
das Werk mit jeweiligen Neuauflagen aktualisiert (später
hieß es: „The Lincoln Stamp Catalogue ...).
Ebenfalls in England erschien im selben Jahr, von Steinau, Jones & Co. aufgelegt, ein „wholesale price current
of foreign, and colonial postage stamps“, zuerst mit einem Blatt, dann aber noch im gleichen Jahr 1864 mit einer Broschüre von 32 Seiten. Bereits der Name der Urheberfirma, aber auch der Hinweis „For the trade only“,
machten deutlich, dass es sich hier nicht um einen Weltkatalog, sondern um eine reine Händlerpreisliste handelte. Allerdings wurde diese im erweiterten Umfang 1865
neu aufgelegt, und nach dem Tod von Steinau erschien
diese ab 1867 unter dem Herausgeber C. K. Jones &
Co. noch jährlich 1865 bis 1869.52 Auf weitere Nennung
von neuen Händler-Preislisten, wie z.B. der von Theophilu Creber & Co. und zahlreicher weiterer, auch von USamerikanischen Anbietern, ist hier zu verzichten, zumal
zahlreiche dieser Publikationen meist nur begrenzten und
einmaligen Veröffentlichungscharakter hatten.
50 Vgl. Oswald Schier: Handbuch der spanischen Philatelie, Band 1, 2.
Auflage, Oberwil 2002, S. 84
51 1864 verbreitete aber J. Chapalay Fils &Cie. in Genf bereits zwei
vervielfältigte „Prix Courant“, also Preislisten. Siehe: A. Abele, Basel:
Die philatelistische Literatur der Schweiz 1864–1945, Bern 1946,
S. 6
52 Die Ausgaben von 1865 bis 1867 sind in der Diena-Bibliothek nachweisbar, die nachfolgenden bei Crawford (a.a.O., Sp. 203).
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Zuguterletzt ist noch für 1864 der „Catalog nebst Preisliste mit Beschreibung über alle seit Anbeginn der Ausgabe von Briefmarken überhaupt bis zum heutigen Tage
ausgegebenen und projectirten Briefmarken und Stempel
enthaltent bis dato 2.800 Nummern“, erschienen in Dresden mit 132 Seiten und verfasst von Ferdinand Elb, zu erwähnen. Nachträge zum Katalog erschienen 1864, 1866
und 1867. Suppantschitsch attestierte dem Katalog und
seinen 2 800 aufgeführten Positionen, nach „amtlichen
Quellen“, also nach Auskünften der Postverwaltungen, erarbeitet worden zu sein. Anderen galt Elb als früher Fälscher, der bereits seit 1859 Fälschungen verbreitete.53
1865
1865 traten eigentlich nur drei neue Katalogherausgeber
an, Bewährtes selbst zu versuchen oder anders zu gestalten. Der bekannteste Namen ist zweifellos der von Arthur
Maury, der Anfang 1865 den “Catalogue complet des
timbres-poste...” (später: “Catalogue descriptive de tous
les timbres-poste”) erstmals herausgab. Die dritte Auflage erschien 1868. Insgesamt wurden allein bis 1905 insgesamt 45 Auflagen gezählt. Ein Jahr zuvor hatte Maury,
der als einer der erfolgreichsten Briefmarkenhändler zu
seiner Zeit galt, die Zeitschrift “Collectionneur de Timbres-Poste” eingeführt.54 Er schrieb auch 1898 das erste
Spezialwerk, das sich französischen Stempeln widmete.
Als sein bestes (Spät-)Werk gilt seine noch kurz vor seinem Tod 1907 fertiggestellte zweibändige „Histoire des
timbres-poste Français“, die 1907/08 erschien.
Ein von Ernest Regnard verfasster „Catalogue de l’amateur
de timbres-postes“, herausgegeben von Mme E. Nicholas
in Paris 1865 mit einem Umfang von 72 Seiten, gesellte sich gleichwertig dazu. Madame Nicholas war eine der
ersten Briefmarkenhändlerinnen in Paris und betrieb in
der Rue Taitbout Nr. 37 mit ihrem Mann einen bescheidenen Buchladen. Mahé erwähnte später, dass sie ständigen Kontakt mit den namhaften Philatelisten ihrer Zeit
in Paris hatte, z.B. mit George Herpin, Dr. Amable Legrand
und Ernest Regnard sowie vielen anderen. Er, also Mahé,
habe ihr gar die Erlaubnis gegeben, in ihrem von Regnard
verfassten Katalog auch erstmals die bekannten Wasserzeichen jener Zeit abzubilden.55
53 Siehe www.nystamp.org
54 Eine erste Preisliste soll Maury bereits 1863 als einseitig bedrucktes Blatt mit dem Titel „Liste de timbres-poste, avec les prix auxquels
on peut se les procurer chez Maury Fils“ in zwei Auflagen herausgegeben haben. Sie: C. Brühl, a.a.O., Band II, S. 625
55 Pierre Mahé: Les Marchands des Timbres-poste d’autrefois et leur
catalogues, Paris 1908, S. 179/180
Das bereits zuvor kurz erwähnte „Guide manuel du collectionneur de timbres-poste. Catalogue de timbres avec
les prix auxquels on peut seles procurer chez J. C. Fils et
Cie.“, in Genf mit 87 + 3 Seiten von der Firma Chapalay
Fils et Cie. herausgegeben, ist hier als weitere Schweizer
Produktion zu nennen, ebenfalls ein „Vollständiger Catalog über alle erschienenen Briefmarken“ der Briefmarkenhandelsfirma A. Thiele & Comp. in Mannheim, den es mit
25 Seiten Umfang gab.
Dies waren dennoch eher Handels- und Lagerübersichten
bzw. -angebote, was beweist, dass zu dieser Zeit sich der
Briefmarkenhandel bereits international organisierte und
strukturierte. Dazu passt auch eine erste im November
1865 erschienene, von Edward Stanley Gibbons (1840–
1913), in dieser Zeit noch in Plymouth herausgegebene
„Price List & Catalogue of British, Colonial & Foreign Postage Stamps“, gedruckt bei William Brendon, 26 George
Street, Plymouth. Diese 16 Großoktav-Seiten umfassende Publikation war auch nur eine Preisliste (des Bestandes der Briefmarkenfirma), noch kein Katalog, wobei bis
heute unklar ist, ob nicht sogar schon zuvor solche Listen
erschienen sind. Die erste bislang belegte Liste befand
sich in der bekannten Bibliothek von John Tiffany und
ging später an Lord Crawford über.56 Markenvarietäten,
z.B. Zähnungen und dergleichen, wurden in der Liste nicht
aufgeführt, nur bildverschiedene Marken. Aus diesen
Preislisten erwuchs aber mit den Jahren ein Katalogwerk,
das einen weltweit anerkannten Namen erreichen sollte
und bis heute noch international mit führend ist.
Ähnlich wie Stanley Gibbons wurde auch die Liverpooler
Firma Young & Stockall mit ihren Preislisten bekannt, die
sogar umfangreicher waren als so mancher sog. Katalog,
aber letztlich waren es doch Lagerlisten. Solche erschienen mindestens seit Juni 1864, ab Juli 1865 sogar nahezu monatlich und für den Zeitraum bis November 1870
wurden bereits im Crawford-Katalog 51 Listen nachgewiesen.57 Zu nennen wäre auch eine erste bisher belegte
„Price List of Foreign Postage Stamps“ von C. & H. Gloyn’s
in Manchester, die mit Datum vom Juni/Juli 1865 herauskam. Diese wurde – spätestens ein Jahr später ab Okto56 Im Crawford-Katalog sind diese in manchen Jahren nahezu monatlich erscheinenden Listen detailliert belegt (a.a.O., Sp. 132 ff.). Sie
erreichten bis Ende der 1870er-Jahre meist nur einen Umfang von
30 bis maximal 40 Seiten. Crawford zählte erst „S. G. and Co.‘s descriptive catalogue and price list ...“ von 1879 als ersten Katalog,
der fortan in zahlreichen Neuauflagen erschien.
57 Carlrichard Brühl, a.a.O., Band 2, S. 625, bezieht sich auf die Darstellung im Crawford-Katalog, Sp. 420–422. In der Diena-Bibliothek
befanden sich insgesamt 37 solcher Preislisten seit Juni 1864 bis
Mai 1872, eine weitere ohne Datierung (1873). Siehe: „The Journal
of the Philatelic Literature Society“, April 1909, Vol. II, S. 22
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ber 1866 – unter neuem Titel „C. & H. Gloyn’s Monthly Price List of British and Foreign Postage Stamps containing
Prices and Descriptions of all Stamps issued to the Present Time“ fortgeführt, wenn auch nicht monatlich, dann
aber doch in kurzzeitigen Abständen. Bis November 1869
werden bei Crawford neun Ausgaben nachgewiesen.58
Der erste Stanley Gibbons-Katalog, der tatsächlich den
Begriff „Katalog“ verdiente, erschien erst am 1. Juli 1879
(Titel nunmehr: “Stanley Gibbons and Co’s Descriptive Catalogue and Price List”). Auch dieser umfasste zu Beginn
nur 58 Seiten Text, außerdem 41 Seiten mit Abbildungen
von 1 234 Marken im Anhang, der Katalog listete nun
aber auch Marken, die das Handelshaus nicht auf Vorrat
hatte.59
1866
Ein vergleichbar uneinheitliches Bild bot das Jahr 1866.
In Wien erschien erst- und einmalig von A. Storch „Der
Briefmarkenfreund. Illustrirte Beschreibung aller Briefmarken der Erde“, Wien, Verlag der „Post“. Fasst man den
Begriff „Katalog“ enger, dann ist selbst diese Publikation
kein Katalog im üblichen Sinne, dazu fehlte es an Preisen
und einer näheren Beschreibung der Marken und deren
Varietäten. Der Verfasser war Postoffizial und Redakteur
der damaligen Zeitschrift „Die Post“, die in Wien erschien.
Den Ertrag des Werkes hatte Storch als Zustiftung dem
„Peterspfennig“, einer jährlichen Sammlung zur Unterstützung der katholischen Kirche in Rom gewidmet.60 Immerhin: Österreich war damit ebenfalls in den Kreis der
Katalogherausgeber eingetreten.
E. Thirifocq wartete 1866 mit seinem “Catalogue de timbres-postes“, Paris 1866, auf. Hierbei handelte es sich aber
nur um eine 24 Seiten umfassende Preisliste. Ein weiterer
zu nennender Katalog war ebenfalls ein Händlerkatalog
und zwar der von August Lauber: „Katalog aller bekannten seit 1830 bis Mitte 1866 angegebenen Briefmarken.
Hrsg. von A. L. mit den Verkaufspreisen der Handlung von
Hermann Goez in Stuttgart“. Dieser erschien im genannten Jahr in zwei Auflagen 1866, Stuttgart, bei E. Ebner,
jeweils mit 83 Seiten Umfang.
58 Die Preisliste vom Juni/Juli 1865 befindet sich in der Diena-Bibliothek, die zusätzlich zu Crawford noch ein Exemplar mit Datum vom
Januar 1870 nachweisen kann, die beide im Crawford-Katalog (siehe Sp. 144) nicht gelistet sind.
59 Zur Entwicklung dieser Gibbons-Kataloge vgl. William Finley: Centenary of Gibbons Catalogue, in: „Stamp Magazine“, February 1965,
S. 96 ff.; „Gibbons Stamp Special“: Celebrating 150 years, 2005, S.
141 ff.
60 Vgl. Victor Suppantschitsch: Die Philatelie in Österreich, in: „AustriaPhilatelist“, 1. Jg./1894, S. 131
30 |
Von der in Bath/England ansässigen Handelsfirma Alfred
Smith & Co. war bereits Ende 1862 bei der Fortführung
des Grey-Kataloges die Rede gewesen. 1866 gab das
Haus auch eine 23-Seiten-Liste unter der Bezeichnung „A
Descriptive price catalogue of British, Colonial and foreign
postage stamps on sale at the Foreign Stamp and Crest
Depot ...“ (bereits in sechster Auflage; 1865 ist eine 4.
Auflage, allerdings unter Stafford Smith & Co. in Bath dokumentiert) heraus. Bis 1878 sollen davon 25 verschiedene Ausgaben erscheinen.
Eine vom Namen leicht zu verwechselnde Firma in Brighton & London, Stafford Smith & Co., wartete fast zeitgleich mit „The Sixpenny Illustrated Catalogue of Postage Stamps on sale by S.S. and Co....“ auf, deren Umfang
mit 37 Seiten und einer Bildtafel auch kaum größer war.
Diese Liste erlebte 1868 noch eine Neuauflage, also die
zweite Ausgabe.
Da es sich bei den Inhaber beider Firmen um die wohl
zu den ältesten Briefmarkenhändlern Englands zählenden Pioniere englischer Philatelie handelt, deren Name
– die Rede ist hier von Henry Stafford und Alfred Smith
aus Bath – auch als Herausgeber des ab 1863 publizierten „Stamp Collector’s Magazine“ bekannt wurde, sei ihr
Wirken in dieser Phase kurz näher beschrieben. Henry
Stafford Smith (1843–1890) war bereits mit 18 Jahren
ein unheilbarer „timbromaniac“61 und fiel 1861 (richtiger ist wohl 1862) schon mit einer Anzeige in der „Times“
auf, mit der er eine Sammlung ausländischer Marken anbot.62 Da es über 150 Interessensanfragen gab, ließ er
eine Preisliste drucken, die möglicherweise die älteste in
England überhaupt ist. 1862 eröffnete er ein Briefmarkengeschäft in Bath. 1864 trennte er sich von seinem älteren Bruder Alfred (1837–1880), zog nach Brighton und
machte dort ein Markengeschäft auf. Ab Dezember 1866
gab er auch die erste Nummer einer eigenen Zeitschrift,
„The Philatelist“, mit zehn Jahrgängen und ein illustriertes
Album heraus, das später als Permanent-Album bekannt
wurde und von dem er um die 17 000 Exemplare verkaufte.63 Beide Smith-Brüder hatten zuvor Dr. Grays-Katalog
zu neuen Auflagen geführt.
61 Der Ausdruck wird in einem biografischen Beitrag über Smith genannt, der im „Philatelical Journal of Great Britain“ (1. Mai 1892, S.
102) verwendet wurde.
62 Im „Philatelical Journal of Great Britain“ und dem dort abgedruckten Interview wird 1861 als Erscheinungstermin der Anzeige in der
„Times“ genannt. In der DBZ 1912, S. 193 wurde in der Rubrik
„Geschäftsjubiläen“ allerdings der 9. September 1862 als Erscheinungstag der Anzeige aufgeführt, also auf ein zu dieser Zeit 50jähriges Jubiläum aufmerksam gemacht.
63 „Philatelical Journal of Great Britain“, 1. Mai 1892, S. 104
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1867
In Dresden bot Burdach`s Hofbuchhandlung 1867 einen
„Führer im Labyrinthe der bisher erschienenen Briefmarken aller Länder etc. etc.“ an, der in vielen Übersichten
zur frühen philatelistischen Literatur auch wohl deshalb
fehlt, weil das Werk des königlich-sächsischen Kommissionsrates G. W. Schubert sich weniger als Katalog, eher
als Hilfe für Sammler zur besseren Orientierung verstand.
Dies mochte man auch bereits dem erweiterten Innentitel „...oder specielles Verzeichniß der auf den Briefmarken und Couverts vorkommenden Sinnbilder, Portraits
und anderer Gebilde, Allegorien, Wappen, (verdeutschter) fremdländischer Werthbezeichnungen, der auf Marken repräsentirten Landeswappen, ingleichen der vom
Jahre 1865 ab bis mit 1866 neu emittirten Marken etc.
nebst anderen einschlagenden Notizen. Behufs leichterer Erkennung und sicherer Einschaltung derselben in die
Markensammlungen zusammengestellt ...“ entnehmen,
vielleicht auch der Tatsache, dass Schubert sein Werk seinen Enkeln Rudolf und Hanns „aus großväterlicher Liebe“
widmete. Schuberts Werk kann man – cum grano salis –
durchaus als ein erstes „Lexikon der Philatelie“ ansehen,
das alle geografischen, numismatischen, heraldischen
etc. Fachbegriffe dem Leser erläuterte und „übersetzte“.
Das Jahr 1867 sah allerdings auch den Namen eines bis
heute unvergessenen amerikanischen Pionierhändlers,
der als Herausgeber von Literatur weltbekannt werden
sollte: John Walter Scott (1845–1919). Im Juni und Juli
1867 erschien jeweils „J. W. Scott und Co.‘s Monthly Price
List“, von denen kein Exemplar mehr bekannt sein soll.
Wohl aber von der dritten Ausgabe vom August 1867, die
der damals 22 Jahre alte Scott zusammengestellt hatte.64
Amerikaner sehen diese gerne als die ersten Scott-Kataloge an, was allerdings – vergleichbar den zuvor erwähnten
ersten Listen Stanley Gibbons aus dem Jahre 1865 – etwas schönfärbend ist, denn erst die 16. Preisliste Scotts
im September 1868 (er zählte deren Ausgaben jeweils als
Auflage durch!) bezeichnete der Herausgeber selbst als
„Descriptive Catalogue of American and Foreign Postage
Stamps, issued from 1840 to September 1868, splendidly illustrated with coloured engravings, and containing the
current value of each variety (New York: J. W. Scott and
Co.“. Dieser Katalog hatte einen Umfang von 20 Seiten,
listete 1 900 Marken, enthielt eine Seite mit (ein-)farbigen
64 Laut Cheryl Ganz sollen sich im Smithsonian National Postal Museum eine frühe einseitig gedruckte Preisliste und eine „First large price list“, die nur in drei bzw. einem Exemplar heute noch belegt sind,
befinden. Allerdings lassen sich diese mangels näherer Informationen den hier im Buch erwähnten ersten Preislisten Scotts nicht
zuordnen.
(jeweils in blau bzw. dunkelroten) Markenabbildungen65
und aus ihm entstand dann später ein bis heute weltweit
renommiertes Katalogwerk, das bis 1885 (1870 war bereits die 18. Auflage erschienen) allein schon 46 Ausgaben – einschließlich diverser spanischer Ausgaben – umfasste. 1885 verkaufte Scott all seine Publikationen und
Verlagsrechte an die Calman-Brüder.
Zuweilen w ird auch der Name von Samuel Allan Taylor
als Herausgeber eines vielleicht bereits 1867 in Boston
erschienenen „Stamp Collectors‘ Hand-Book: A Guide to
Collectors of the Postage Stamps of the World“ genannt.
Dieses Werk gibt es, es wurde allerdings nicht 1867, sondern 1871 von Taylor herausgegeben und es war nichts
anderes als eine Kopie der zweiten Auflage der Preisliste von William P. Brown, die nach 1868 erschien. Allerdings war Taylor tatsächlich schon einmal Jahre zuvor mit
einem „Catalogue of American, Local and Miscellaneous
Stamps“ in Erscheinung getreten. 1864 gab er einen solchen „Katalog“ heraus: Dieser war aber auch nichts anderes als eine Preisliste seiner Fälschungen und Phantasieprodukte, für die er bekannt werden sollte.66 Eine
vergleichbare Preisliste gab es 1866 von Geo. Hussey, mit
der ebenfalls Nachdrucke offeriert wurden.
Allerdings erschien tatsächlich 1867 ein „Postage stampcollectors‘ hand-book. A complete descriptive catalogue
of all postage stamps issued from 1840 to the present
time“. Verfasser war Charles M. Seltz aus Boston, dessen richtiger Name Frederick Henry King lautete. King alias Seltz war bereits 1865 und 1866 mit zwei Preislisten
(zwei bzw. vier Seiten) in Erscheinung getreten und der
zuvor erwähnte 20+4-Seiten-Katalog von 1867 – auch
kaum mehr als eine Preisliste – wurde von S. Allen Taylor,
der ja ebenfalls in Boston ansässig war, aber auch von A.
H. Wheeler in Lowell, Mass., genutzt.67
Seit Oktober 1867 war Edward Loines Pembertons “Catalogue of the fine and very complete collection of Postage
Stamp ... comprising all the rarest varieties of perforation, watermarks etc., including a full series of the stamps
of the various countries upon which Mr. Pemberton has
been writing during the last year” erhältlich, ein Werk,
das nicht nur die Wasserzeichen, sondern auch die Zähnungsverschiedenheiten sorgsam registrierte. Der bereits
65 Stafford Smith wünschte dem Katalog bei seiner Buchbesprechung
(in: The Philatelist, Dec. 1, 1868, S. 164) „a continuance and increase
of patronage“, merkte aber auch die aus seiner Sicht verhältnismäßig
hohen Preise an, die offenbar in der „New World“ angesetzt würden.
66 Nachweis durch Cheryl Ganz in der Bibliothek von Herbert Trenchard.
67 In der Bibliothek von Herbert Trenchard ist ein Exemplar von C. M.
Seltz aus dem Jahr 1867 nachgewiesen.
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damals jahrelang bekannte Briefmarkenhändler Pemberton wusste, wie er seinen Katalog an den Mann bringen
konnte, nämlich mit Original-Markenbeilagen. Aber auch
ohne diese galt der Katalog vielen als das bedeutendste
Katalogwerk jener Epoche.
1874, hier sei gerne vorgegriffen, erschien sein Werk „The
Philatelical Catalogue: Being a Complete Catalogue of
Postage Stamps, and Postal Envelopes and Cards with Voluminous Notes on Reprints, Forgeries, and Every Subjekt
of Interest“, was erneut ein Meilenstein war.
Mit exaktem Datum vom 18. September 1867 erschien
in Boston/USA Ferdinand Marie Trifets erster Katalog: „
A descriptive Catalogue of American and Foreign Postage Stamps, Issued from 1840 to 1867, with the prices at
which they can be had of F. Trifet, Wholesale and Retail
Dealer in Postage Stamps ... Boston, Mass.“ Aufschlussreich war sein Hinweis, „All former prices cancelled“, was
nahelegt, dass zuvor zumindest Preislisten bereits erschienen waren.
Weitere Auflagen dieses neuen Werkes erschienen in kurzer Folge, die 9. und 10. Auflage bereits 1875, die 11.
Auflage 1877 und eine 12. Auflage 1879. Spätere, seit
1890 unter seinem Namen erschienene Auflagen wurden allerdings nicht mehr von ihm betreut, sondern von
der Scott Stamps & Coin Company verlegt. 1877 veröffentlichte Trifet außerdem den „Descriptive Catalogue of
the Revenue Stamps of all Nations“, also seinen ersten
Fiskalmarken-Katalog.
1868
Die Zahl der wirklichen Neuerscheinungen wurde immer
kleiner, dafür die der Neuauflagen bereits gut eingeführter Werke größer. Einige Ausnahmen bestätigen diese
Regel, Alwin Zschiesche und Jean-Baptiste Moens. Alwin Zschiesches „Katalog über alle seit 1840 bis Januar
1868 ausgegebenen Briefmarken mit beigedruckten Verkaufspreisen“ wurde von Reinherz Zschiesche (seinem
Onkel) in Leipzig 1868 in erster und zweiter Auflage mit
je 32 Seiten und einem zweiseitigen Nachtrag herausgegeben. Eine dritte Auflage erschien bereits 1869 (36 Seiten), eine vierte Auflage 1870 (38 Seiten mit achtseitigem
Nachtrag). Bis 1888 erreichte der Katalog zwölf Auflagen,
was verdeutlicht, wie beliebt der Katalog war. Die erste
Auflage zählte 32 Seiten, selbst bei der letzten Auflage
hatte er nur einen Umfang von 100 Seiten, was nahelegt,
dass er kaum mehr als ein „simplified catalogue“ war, der
zuweilen auch mit denen von Zschiesche & Köder große
Übereinstimmungen aufwies. Carl Zschiesche, der Mitinhaber der Handlung Zschiesche & Köder, war vermutlich
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sein Onkel, was die gute familiäre Zusammenarbeit erklären könnte.
Im gleichen Jahr kam ein neuer ”Catalogue prix-courant
de timbres-poste. Essais divers, timbre-télégraphes, timbres fiscaux, timbres de Chemins de fer et autres. En vente
aux prix marques” in Brüssel heraus, mit insgesamt 102
Seiten Umfang gedruckt. Herausgeber war einmal mehr
Jean-Baptiste Moens. Auch dieser Katalog fand schnell
seine Liebhaber. Die 1868er-Ausgabe beinhaltete 97 Seiten, die mit 86 Illustrationen ausgestattet waren. Angeboten wurde auch eine de-luxe-Ausgabe, gedruckt auf farbigem Papier. Dieser Katalog war bereits deutlich besser
bearbeitet als der von 1864, so dass weitere Auflagen veröffentlicht werden konnten. Nach 1869 erschienen diese
1871, 1872/73, 1877, 1882 und letztmalig 1892/93.
Insgesamt also in sieben Ausgaben. Die letzte davon bestand aus sieben Teilen, die Generationen von Philtelisten
als Referenzquelle dienten, denn sie boten eine Fülle von
Informationen über alle behandelten Themen, angefangen von Briefmarken bis zu Ganzsachen, Fiskalmarken
und den Postwertzeichen aus aller Welt.
Aus den USA gesellte sich ein weiterer Neuling dazu. William P. Brown aus New York gab im März 1868 seinen ersten „Descriptive Price Catalogue of Government Postage
Stamps, for Sale by William P. Brown“ heraus. Zwar war
diese bescheidene 18-Seiten-Broschüre eher eine Preisund Verkaufsliste, aber sie sollte in den Folgejahren bis
1887 zahlreiche Neuauflagen erleben, die der Herausgeber als „Descriptive price catalogue…“ und als „Price
list …“ (ab Januar 1869) gut zu unterscheiden wusste, die
aber auch inhaltsgleich von anderen Händler jener Zeit
unter ihrem Namen verwendet wurden.
Damit neigt sich die Zahl neu erschienener Kataloge bereits dem Ende zu. Nicht alle Auflagen, zumal in speziellen
„de-luxe“-Versionen“, mögen genannt worden sein, ebenso wenig alle Preislisten früher Pionierhändler jener Zeit.
Allein von C. K. Jones & Co. aus Manchester sind mindestens drei Ausgaben von 1865 bis 1867 bekannt, von
Theophilus Creber & Co. aus Devonport eine aus 1864,
C. & H. Gloyn in Manchester gaben zwischen Juni 1865
bis Januar 1870 ebenfalls fünf solcher Preislisten heraus,
um nur einige Beispiele aus England zu nennen, die man
sicherlich um die aus anderen Staaten ergänzen könnte.
Hier ist noch heute viel an Forschung möglich, wobei all
diese Preislisten – ebenso wie die Kataloge – Seltenheiten sind, eben die Erstlingswerke einer längst vergangenen Zeit, auf der spätere gut aufbauen konnten.
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2.2
Die ersten philatelistischen Fachzeitschriften des 19. Jahrhunderts
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Die Philatelie entwickelte in den frühen 1860er-Jahren mit
der Herausgabe spezieller Magazine sehr schnell Strukturen, die sich schrittweise in Europa verbreiteten, bevor sie
langsam aber sicher sich auch in anderen Kontinenten
ausdehnten. All dies geschah nicht ohne Probleme, die
vielen kurzfristigen Versuchen folgten. Infolge des Fehlens
größerer Leserzahlen und damit fehlender Profitabilität
wurden zahlreiche Blätter bereits kurz nach Erscheinen
ihrer ersten Nummer(n) wieder eingestellt. Wir begrenzen
uns deshalb auf einen kurzen Überblick derjenigen Magazine, die wirklich Spuren in der ein oder anderen Weise in
der Geschichte der Philatelie hinterlassen haben. Dabei
zielen wir nicht auf eine lange Publikationsliste für jedes
Land ab, da andere Autoren solche bereits in nennenswerter Vollständigkeit vorgelegt haben. Bewusst haben
wir also solche Titel ausgelassen, die nur als „Eintagsfliegen“ in der Welt der Philatelie gelebt haben.
15. Dezember 1862: „The Monthly Adviser“
Dies war das erste Magazin, veröffentlicht in Liverpool von
Edward Moore & Co. und es gilt schlechthin als erste Publikation dieser Art. Dessen erste Ausgabe beinhaltete einen
Artikel von Frederick William Booty. Ab der zweiten Ausgabe erfuhr der Titel eine Änderung. Dieser lautete nun: „The
Stamp Collector’s Advertiser“, was sicherlich für Sammler
leichter zu verstehen war. Unabhängig davon, sah man ab
der dritten Ausgabe eine weitere Titeländerung, nunmehr
zu „The Stamp Collector’s Review and monthly Advertiser“, was den Inhalt dieses neuen Blattes noch stärker
verdeutlichte. Edward Loines Pemberton wurde für einige
Zeit dessen Herausgeber. Damit ist auch der Beginn einer
kommerziellen Praxis zu identifizieren, die nachfolgend
vielfach nachgeahmt wurde: Man gab den Lesern mit der
Zeitschrift eine kostenlose Briefmarke. Es versteht sich
wohl von selbst, dass dieses erste Fachblatt der Philatelie
extrem selten auf dem philatelistischen Markt anzutreffen ist. Nur eine Handvoll kompletter Ausgaben sind heute
noch bekannt.
1. Februar 1863:
The Stamp Collector’s Magazine
Diese Fachzeitschrift war die erste, die dank der Qualität
ihrer Beiträge international bekannt wurde. Sie wurde zuerst von Henry Stafford Smith in Bath herausgegeben, ab
1866 von seinem Bruder und dessen Firma Alfred Smith &
Co. Herausgeber war der bekannte Philatelist Charles W.
Viner, dessen Rolle später George Overy Taylor übernahm.
Die Namen von Mount Brown und Dr. J. E. Gray tauchten
regelmäßig in dem Blatt auf. Das Blatt überstand eine bemerkenswert lange Zeit und wurde erst mit der 144. Ausgabe vom Dezember 1874 eingestellt. Mit Blick auf die
vielfältigen Fakten und auf die die ersten Jahre der Philatelie betreffenden Studien bot die Zeitschrift wirklich eine
Fülle von Informationen. Der Verleger spendierte der Zeitschrift luxuriös gestaltete Einbanddecken mit einer Originalmarke auf der Mitte des Einbandes.
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15. Februar 1863: Le Timbre-Poste
Es ist das Verdienst von Jean-Baptiste Moens, die erste
Fachzeitschrift auf dem Kontinent publiziert zu haben.
Diese Publikation sollte sich über eine außerordentlich
lange Zeit bewähren und wurde erst nach 38 Jahren, im
Dezember 1900, eingestellt. Während dieser Zeit war
Louis Hanciau als Schriftleiter die Hauptstütze und er verstand es ohne Fehl und Tadel, jeweils alle Informationen
über die Neuausgaben der Postverwaltungen aus aller
Welt zusammenzutragen, aber auch vorbildliche Artikel
über eine Reihe von Themen zu verfassen. Über die Jahre
baute er ein internationales Netzwerk an Kontakten auf,
die ihn regelmäßig mit Material versorgten, das er monatlich veröffentlichten konnte.
Ursprünglich war die Zeitschrift entstanden, weil die Portokosten für ein Journal geringer waren als bei Versand
einer einfachen Preisliste. Nachdem Hanciau allerdings
seine Fähigkeiten als Autor von Artikeln entdeckt hatte,
nutzte er diese für ein Magazin, das fortan viel gelesen
und von einer internationalen Klientel hoch geschätzt
wurde. Im ersten Jahr erschien das Blatt im Quart-Format, was aber im Folgejahr schnell einem Oktav-Format
weichen musste, da dieses leichter zu lesen und aufzubewahren war. Die ersten beiden Ausgaben waren
schnell vergriffen und diese wurden in den nachfolgenden Monaten mit kleinen Änderungen neu aufgelegt. In
Anbetracht der sorgfältigen Informationen, die die Zeitschrift bot und deren langes Erscheinen, gilt „TimbrePoste“ als eines der bedeutendsten Magazine seiner Zeit.
1. Mai 1863:
„Magazin für Briefmarkensammler“
Kaum zwei Monate nach Erscheinen der belgischen
Zeitschrift, erhielten auch deutsche Sammler ein eigenes Fachmagazin. Dies wurde von Zschiesche & Köder
in Leipzig herausgegeben, einer Firma, die auf Münzen und Antiquitäten spezialisiert war. Schnell fand das
Blatt weite Verbreitung und wuchs zu einer international bedeutenden Publikation heran. Das Magazin hatte
aber nur eine kurze Lebensdauer und während der vierjährigen Bestehenszeit erschienen nur 48 Ausgaben.
1. Mai 1863:
„The Liverpool Stamp Advertiser“
Am gleichen Tag wie das „Magazin für Briefmarkensammler“ erblickte auch in England eine neue Zeitschrift
34 |
das Licht der Welt. Sie wurde ebenfalls in Liverpool verlegt und zwar von F. G. Jones. Die vierte Ausgabe zeigte einen längeren Titel „Liverpool and Newport Stamp
Advertiser“, da das Blatt nun in Newport herausgegeben wurde. Es bestand aber kaum ein Jahr und stellte
sein Erscheinen mit der 14. Ausgabe im Juni 1864 ein.
1. Januar 1864:
„Börsenblatt für den Briefmarkenhandel“
Wie bereits der Titel dieses neuen in Kaufbeuren
(Deutschland) herausgegebenen Journals verdeutlicht,
war dies das erste von einem Briefmarkenhändler verlegte Nachrichtenblatt, welches das Geschehen zu jener
Zeit mit Tausch, Kauf/Verkauf und dem philatelistischen
Markt widerspiegeln sollte. Zwei Ausgaben erschienen
pro Monat, aber einmal mehr bestand auch dieses Blatt
nur für die kurze Zeit von sechs Monaten und wurde dann
durch ein Nachfolgeblatt, die „Allgemeine Deutsche Briefmarken-Zeitung“, mit einem neuen Herausgeber ersetzt.
15. Januar 1864: „The London and New York Stamp
Collector’s Review“
Dieses Blatt erschien in London und wurde von John
G. Boel publiziert, assistiert von William P. Brown, der
in New York ein Geschäft eröffnet hatte, um auch dort
Fuß zu fassen. Das reichte allerdings nicht, um erfolgreich ein Magazin zu lancieren, so dass nach der zweiten Ausgabe das Blatt eingestellt wurde. Es ist aber
bemerkenswert, dass in dieser Zeitschrift die allerersten Anzeigen von J. W. Scott erschienen, der zur damaligen Zeit gerade einmal 18 Jahre alt war und erst
ein Jahr zuvor sich in New York niedergelassen hatte.
15. Februar 1864:
„The Stamp Collector’s Record“
Das erste Magazin jenseits des Atlantiks erschien in Montreal, Kanada, und wurde von Samuel Allan Taylor herausgegeben. Ab der zweiten Ausgabe kam es in Albany und
dann in Boston heraus. Somit wurde es auch die erste
Fachzeitschrift in den USA. Bereits ab der ersten Ausgabe
wurden die Leser vor Fälschungen gewarnt. Obgleich zwei
Ausgaben veröffentlicht wurden, welche offensichtlich
sehr selten sind (nur eine Handvoll Exemplare der zweiten
Ausgabe wurden verbreitet), wurde das Magazin zeitweise eingestellt, bevor es dann erneut in einer sog. „neuen
Serie“ in Albany, New York, im Dezember 1864 publiziert
wurde.
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1. Juli 1864:
„Allgemeine deutsche Briefmarkenzeitung“
Diese Zeitschrift führte das „Börsenblatt für den Briefmarkenhandel“ fort, erschien also unter einem neuen Titel
und wurde nun von Ernst Roschlau aus Coburg herausgegeben. Sie erwies sich aber als ebenso erfolglos und wurde nach einem halben Jahr und 12 Ausgaben eingestellt.
15. Juli 1864:
„Le Collectionneur de Timbre-Poste“
Arthur Maury gab ebenfalls seine eigene Zeitschrift heraus, welches die erste in Frankreich war. Die ersten drei
Ausgaben wurden im Folio-Format gedruckt. Danach
wechselte man schnell zu einer kleineren und eher handlicheren Größe. Die ersten drei Ausgaben wurden mit Datum vom 15. September 1864 in dem zuletzt erwähnten
kleineren Format nachgedruckt. Nach einer zehnjährigen
Unterbrechung – von Oktober 1874 bis Januar 1885 –
erschien das Magazin erneut und zwar bis zum Zweiten
Weltkrieg.
15. November 1864: „Le Timbrophile“
Maurys Mitbewerber in Paris, Pierre Mahé, verlor keine
Zeit, ein eigenes Journal mit dem Titel „Le Timbrophile.
Journal de la collection timbre-postale (et fiscale)“ auf
den Markt zu bringen. Er stützte sich auf Autoren, die bereits als Autoritäten bekannt waren, z.B. auf Dr. Amable
Legrand, der zu seinem Konkurrenten Abstand wahrte.
Die Zeitschrift wurde Ende 1871 eingestellt, bevor sie wie
ein Phönix aus der Asche unter dem neuen Namen, „La
Gazette des Timbres“ wieder erschien, wiederum von Pierre Mahé herausgegeben.
Juni 1865:
„The Stamp Collector’s Monthly Gazette“
Das Blatt kam in St. John in Neuschottland (Kanada) heraus und bestand für nahezu zwei Jahre. George Stewart
begann mit dessen Publikation, als er gerade einmal 17
Jahre alt war.
Mai 1865: „The Star of Panama“
Dieses Magazin bestand nur ganz kurz. Es erschien nur
eine Ausgabe zu 16 Seiten. Dennoch fühlen wir uns verpflichtet, es zu erwähnen, da es die allererste Zeitschrift
war, die in Zentralamerika herauskam. Herausgeber war
F. Lawley. Diese Zeitschrift gilt weithin als extrem selten
und fehlte selbst in der berühmten Crawford-Bibliothek.
Mai 1866: „The Postman’s Knock“
Ein weiteres Magazin erblickte in St. John, Neu-Braunschweig, das Licht der Welt. Herausgeber war E. A. Craig.
Es erschien bis März 1870 mit 21 Ausgaben, die in unregelmäßigen Abständen veröffentlicht wurden. Die Ausgaben bestanden aus einem vierseitigen Editorial, sie waren
allerdings – wenn man die Anzeigen mit in Betracht zieht
– doppelt so umfangreich. In der ersten Ausgabe schrieb
Craig: „Wir geben das Blatt nicht zur eigenen Selbstverherrlichung heraus!“
Januar 1866: „Der Briefmarken-Sammler“
Diese Zeitschrift gab G. Bauschke in Leipzig heraus und
sie bestand fünf Jahre lang. 1868 verkaufte der Inhaber
das Blatt an seinen Kollegen J. Kümmel. Seit 1867 war es
die einzige Fachzeitschrift in Deutschland, nachdem das
Konkurrenzblatt von Zschiesche & Köder eingestellt worden war. Die letzte Ausgabe erschien im März 1871.
20. Juni 1866: „Der Briefmarken-Anzeiger“
Dieses Magazin erschien in Triest, was zur damaligen Zeit
zum österreichisch-ungarischen Kaiserreich gehörte. Carl
von Cordona gab nur zwei Nummern heraus. Wenn man
bedenkt, dass er damals gerade 13 Jahre alt war, wird
vielleicht verständlicher, warum dieser junge von Cardona
die Publikation einzustellen hatte.
1. Dezember 1866: „The Philatelist“
Stafford, Smith & Co. in Brighton – zur damaligen Zeit bereits eine weithin bekannte Firma – traten ebenfalls als
erfolgreiche Verleger auf. In der Zeitschrift begegnen uns
einige der bekanntesten Namen der Philateliegeschichte,
die mit dieser Firma verbunden sind, so z.B. E. L. Pemberton, der bereits ab der ersten Ausgabe mitwirkte. Über die
Jahre folgte ihm Frl. Lucy Fenton, die Beiträge unter ihrem
Pseudonym „Fentonia“ publizierte, danach auch Westoby,
Oscar Berger-Levrault, Dr. Amable Legrand und Charles Viner. Die Artikel von Reverend R. B. Earée sorgten für Aufsehen, als dessen legendäre „Spud Papers“ erstmals in
diesem Fachblatt abgedruckt wurden. Die Zeitschrift lief
über zehn Jahre, bevor sie dann 1876 durch einen anderen Titel „The Philatelic Quarterly“ ersetzt wurde.
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26. August 1867: „Nordisk Frimaerketidente“
Februar 1871: „El Colleccionista de Sellos“
Die erste skandinavische Zeitschrift erblickte das Licht
der Welt in Kopenhagen, Dänemark. Sie kam nur für ein
Jahr heraus und bis zu ihrem Ende im Juni 1868 gab es
zwölf Ausgaben.
Ein Jahr später gab es in Madrid ein zweites Magazin, welches 14täglich herauskam. Insgesamt vier Ausgaben der
Zeitschrift „El Colleccionista de Sellos“ wurden von Februar bis März 1871 veröffentlicht. Es sollte weitere zwanzig
Jahre dauern, bevor eine weitere Fachzeitschrift in Spanien herauskam.
1868: „American Journal of Philately“
In New York verlegte J. W. Scott ein eigenes Journal, welches zugleich für das erste Erscheinungsjahr das offizielle
Sprachrohr der „New York Philatelic Society“ war. Somit
wurde diese Zeitschrift die erste, die durch Vereine und
Verbände herausgegeben wurde. Die Vereinsmitglieder
erhielten spezielle Ausgaben, die während des ersten
Jahres auf farbigem Papier gedruckt wurden. Insgesamt
erschien die Zeitschrift für zehn Jahre. Von 1879–1886
kam sie unter dem neuen Titel „The American Journal of
Philately and Coin Advertiser“ heraus, bevor sie dann von
den Calman-Brüdern übernommen und unter ihrem ursprünglichen Titel weitergeführt wurde.
Februar 1869:
„The Continental Philatelic Magazine“
Dieses Magazin war das erste, das in den Niederlanden
erschien und von C. van Rinsum herausgegeben wurde.
Es war in englischer Sprache gedruckt, brachte es allerdings nur auf acht Ausgaben.
Juli 1869: „De Timbrologist“
C. van Rinsum brachte aber nur wenige Monate später
auch das erste Journal in niederländischer Sprache heraus. 13 Ausgaben erschienen bis Juni 1870.
1. Juli 1869: „Bazar für Briefmarkensammler“
Diese Zeitschrift war die erste, die von einem Briefmarkensammler-Verein in Deutschland herausgegeben wurde. Verleger war ein junge Student der Rechte in Heidelberg, Wilhelm Faber. Der Krieg von 1870 bedingte das
frühzeitige Ende des Blattes im September 1870. Zum
ersten Mal wurde Alfred Moschkaus Name in diesem Periodikum belegt.
Juli 1870: „Indicador de los Sellos“
1870 erschien in Madrid zum ersten Mal eine Zeitschrift,
die nur der Philatelie gewidmet war. Der „Indicador de los
Sellos“ bestand aus vier Seiten und eine einzelne Ausgabe kam im Juli 1870 heraus.
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Juli 1873: „Posta Mondiale“
Herausgegeben in Livorno, war dies die erste italienische
Fachzeitschrift. Ihr Verleger, Placido Ramon de Torres,
war spanischer Herkunft, hatte sich aber zuvor in Livorno niedergelassen, wo er ein Briefmarkengeschäft eröffnet hatte. Nach zwölf Ausgaben war es auch mit dieser
Zeitschrift vorbei. Tatsachlich gehörte das Blatt allerdings
Graf Cesare Giulio Bonasi, der allerdings sich öffentlich
vom Briefmarkenhandel entfernt hielt und auch niemals
in der Zeitschrift erwähnt wurde.
August 1874: „Revista Philatelica“
Auch dieses Blatt hatte mit nur zwei Ausgaben ein kurzes
Leben. Herausgeber war Victor Albornos und primär bedeutend war, dass es sich um die erste philatelistische
Zeitschrift in Argentinien handelte. Sie gilt als extrem selten und – gemäß Crawford – sollen nur noch zwei Exemplare der ersten Ausgabe existieren.
Oktober 1875:
„Schweizerische Briefmarkenzeitung“
Diese erste Zeitschrift in der Schweiz wurde von Eduard
Riesen in Schwanden verlegt. Ab der fünften Ausgabe
wechselte der Titel und das Blatt hieß nun „Internationale
Briefmarkenzeitung“. Es sollen nur zwei vollständige Ausgaben der Zeitschrift noch existieren, allerdings nicht in
der Schweiz, sondern in der Emilio-Diena-Bibliothek und
in der Philatelistischen Bibliothek München.
Januar 1876: „Wiener Illustrirte BriefmarkenZeitung“
Wie bereits der Name der Zeitschrift sagt, erschien dieses
Journal in Wien und es wurde von dem bekannten Briefmarkenhändler Sigmund Friedl verlegt. Nach einer Titeländerung zu „Weltpost“ im Jahr 1879 wurde das Blatt bis
1897 fortgeführt und wurde damit zu einer der bedeutendsten Zeitschriften der damaligen Zeit.
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Januar 1878: „Guia del Colleccionista
de Sellos de Correos“
Verlegt in Valparaiso war dies das erste Journal, das in
Chile herauskam. Es erwies sich als kommerzieller Erfolg
und blieb das einzige Magazin seiner Art über sieben Jahre.
In den späteren Jahren wuchs die Zahl der Länder, in denen philatelistische Fachzeitschriften publiziert wurden,
erheblich an. In einigen der frühen Länder, in denen bereits Journale erschienen waren, vermehrte sich im ausge-
henden 19. Jahrhundert die Zahl der Periodika geradezu
überproportional. Dies war besonders in Großbritannien
und den USA der Fall. Gerade die USA wurde bei der Zahl
erschienener Magazine zum führenden Land überhaupt.
Dennoch: Die Mehrzahl all dieser Zeitschriften ging nach
Herausgabe der ersten Nummern meist wieder ein. Nur
die Blätter, die es verstanden, ihre Leser mit einem wirklich gut gemachten redaktionellen Inhalt und bedeutenden Informationen über Neuausgaben aus aller Welt zu
versorgen, hoben sich von diesen ab und bestanden für
längere Zeit.
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2.3
Erste philatelistische Artikel
in Fachzeitschriften
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Die Philatelie wurde erstmals in Tageszeitungen und Periodika (1862–1866) erwähnt.
Le Magasin Pittoresque 1862–1866
Zwanzig Jahre nach Einführung der ersten Briefmarken in
England fanden frühe Sammler erste grundlegende Informationen über Briefmarken in ihren bevorzugten Tageszeitungen und in anderen Periodika. Wie auch immer: der
erste den Briefmarken gewidmete Beitrag erschien nicht
in Großbritannien, wo die ersten Marken herausgegeben
worden waren, sondern in Frankreich. Und zwar in einem
Magazin, das bereits seit 1832 in Paris über 30 Jahre publiziert wurde.
Das Magasin Pittoresque war ein Trendmagazin zu jener
Zeit. Es ermöglichte einer großen Zahl von Lesern, sich
über neue Entwicklungen in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts zu informieren. So enthielt die Zeitschrift
eine große Spannbreite von Themen zu allen möglichen
Gebieten, angefangen von Geschichte bis zur Geografie
und Wissenschaft. Von 1862 bis 1866 erwarb ein Mann
das Verdienst, eine eindrucksvolle Artikelserie einem neuen Hobby gewidmet zu haben, das mehr und mehr Enthusiasten aus allen Schichten der Gesellschaft ansprach.
Natalis Rondot bot seinen Lesern genaue und zusammenhängende Informationen über die zahlreichen Briefmarkenausgaben eines jeden Landes. Er berichtete auch
über die Zeit, als die Postreform in Kraft trat, die den Weg
38 |
freimachte für die Herstellung von Briefmarken, die auf
Briefen zu verwenden waren. Von Zeit zu Zeit bot er ebenso genaue und detaillierte Beschreibungen der Druckverfahren und andere Informationen, wie z.B. die Namen der
Graveure, wo und wie die Marken gedruckt worden waren,
zu den Prozentzahlen zu tatsächlich frankierter Briefe und
auch sehr genaue Beschreibungen der Druckmethoden.
Wenn man diese Informationen, die bereits in den Artikeln veröffentlicht waren, mit den unvollständigen oder
einfach nicht korrekten Angaben der ersten Kataloge
vergleicht, die zur gleichen Zeit herauskamen, wundert
man sich, warum nur so wenige Sammler überhaupt etwas über diesen Autor wussten. Wie wir in dieser kurzen
Studie sehen werden, gelang es ihm, viele andere Sammler jener Zeit mit seinen Beiträgen, die in verschiedenen
europäischen Ländern erschienen, zu beeinflussen. Viele
davon wurden vollständig übersetzt und erschienen in anderen populären Zeitungen.
Wer war also Natalis Rondot? Wie gelang es ihm an diese eindrucksvolle Informationsfülle heranzukommen, die
von anderen Autoren der ersten Briefmarkenkataloge einfach ignoriert wurde?
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Natalis Rondot – „Eine philatelistische Persönlichkeit – viel zu häufig und unberechtigt
vergessen“1
Dieses Zitat stammt aus einem Buch, das vor nahezu
80 Jahren von einem Briefmarkensammler-Verein in Antwerpen, Belgien, herausgegeben wurde. Es zollte Rondot
Tribut, indem es seine im „Magasin Pittoresque“ erschienenen philatelistischen Artikel nachdruckte. Seine Artikel
waren also bereits zur Geschichte der weltweiten Philatelie zu jener Zeit geworden!
Schauen wir zurück auf Natalis Rondots beruflichen Werdegang, werden wir alsbald Anhaltspunkte finden, die es
uns ermöglichen, zu verstehen, wieso dieser Mann so vorzüglich zu jener frühen Zeit informiert war, und dies in einem Umfeld, wo noch vieles zu vervollständigen blieb.
Ein arbeitsreiches und aktives Leben:Geboren wurde Rondot 1822 in Saint-Quentin. Er verlegte sich auf Studien,
die ihm eine Beschäftigung in der Wollwaren-Industrie
ermöglichte. Schnell hob er sich auf diesem Gebiet von
anderen ab und wurde bereits im Alter von nur 23 Jahren
nach China geschickt, um die dortigen Marktverhältnisse zu untersuchen. Dabei wurde ihm als Aufgabe übertragen, die Wollwaren-Herstellung zu studieren und zu
prüfen, ob Exportmöglichkeiten bestünden, die Waren zu
dem Land zu exportieren, das zu dieser Zeit nur zeitweise
für westliche Ökonomien offen stand.
Nach seiner Rückkehr nach Frankreich arbeitete Rondot
für die Pariser Handelskammer, für die er Statistiken über
die industrielle Tätigkeit in Paris erstellte. 1860 wurde er
zum Kommissar der französischen Regierung ernannt,
mit der Aufgabe, neue Zolltarife für den Handel mit Großbritannien zu entwickeln. Er förderte die Seidenindustrie
und den Seidenexport von China nach Lyon. Er wurde Botschafter der Stadt bei Ministerien und Verwaltungen, die
sich in Paris befanden. Zur gleichen Zeit war er Mitglied
der Jurys der Weltausstellungen und ihm wurden in nahezu jedem europäischen Land Verantwortungen übertragen. Mit dem Ergebnis, dass sich sein „Adressbuch“ rasch
erweiterte, was ihm zugutekam, als er versuchte, an die
Fülle der Informationen über neue Briefmarkenausgaben
heranzukommen. So saß er wirklich in der ersten Reihe
und das versetzte ihn auch in die Lage, sein Netzwerk
an Kontakten zur Informationsbeschaffung bei Postverwaltungen zu nutzen. Die erhaltenen Informationen untersuchte er mit der wissenschaftlichen Genauigkeit, die
für den Umgang mit komplexen Daten aufgrund seiner Ta-
1 Les Timbres-Poste de tous les États du Globe en 1862, ed. Philatélisme, Antwerp, 1935
lente als Industrieller, Ökonom, Statistiker und Historiker
Standard war.
Am meisten überrascht wohl, dass er selbst wohl nie die
Briefmarken gesammelt hat, die er als erster in seinen
Beiträgen beschrieb und die so gut dokumentiert waren,
später aber trotz seiner Bemühungen vergessen wurden.
Es bedarf kaum weiterer Ausführungen über den überzeugenden und unterschiedlichen Ansatz, den Natalis Rondot auf diesem neuen Feld in den 1860er-Jahren wählte.
Es ist wirklich schade, dass nur einige wenige philatelistische Experten um seine Bedeutung als Autor wussten,
dem wir hier mit unserem kleinen Beitrag unseren Respekt erweisen.
Wie wir noch sehen werden, breiteten sich diese Beiträge, welche in Paris erschienen, wie durch ein Lauffeuer in
anderen Magazinen in Deutschland, Großbritannien und
den Niederlanden aus, nachdem sie in deren Sprachen
übersetzt worden waren.
Artikel aus dem „Magasin Pittoresque“ und
deren Übersetzung
In seiner umfangreichen Artikelserie von 53 Beiträgen beschrieb Rondot die Marken von nahezu jedem Land der
Welt.2 Jedes Land wurde in einem eigenen Beitrag behandelt, der einen kurzen Überblick zum Postsystem, zu
den Erscheinungsdaten der ersten Briefmarken, und zu
allen Bezeichnungen der Ausgaben enthielt, die bei Veröffentlichung des Artikels zu belegen waren. Diese Beiträge wurden mit 460 Stichen illustriert, die die Haupttypen
der Marken sehr wirklichkeitsgetreu wiedergaben, zumal,
wenn wir die begrenzten Beschaffungsmöglichkeiten der
Zeit in Betracht ziehen.
Die Beiträge erschienen über eine relativ lange Zeit, beginnend im Juni 1862, und die Serie kam erst im Dezember 1866 zu einem Abschluss. Im letzten Beitrag war zu
lesen, dass ein weiterer als „Fortsetzung im nächsten
Jahrgang“ geplant sei; dieser erschien aber nicht mehr.
Warum kam es also zu diesem Ende, wenn gleichzeitig
mehr und mehr Leser offenbar immer neue Artikel lesen
wollten? Das bleibt ein Geheimnis. Gab es vielleicht einen Disput zwischen Natalis Rondot und dem verantwortlichen Schriftleiter Edouard Charton? Das wäre reine Spekulation. Bis auf wenige Ausnahmen wurden die Beiträge
von Natalis Rondot regelmäßig monatlich abgedruckt. Die
Illustrationen waren sehr sorgfältig produziert und eindeutig von besserer Qualität als praktisch alle anderen,
2 Léon Galle: Natalis Rondot, sa vie et ses traveaux, éd. Bernoux, Cumikn et Masson, Lyon, 1902
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die in den frühen Händlerkatalogen jener Zeit zu finden
sind.
Wie wir noch sehen werden, erschienen Monate nach Natalis Rondots Erstveröffentlichung im Juni 1862 ähnliche
Artikel in den Ländern, die ebenfalls zu den ersten Ländern zählten, in denen dieses neue Hobby gepflegt wurde.
Dies waren entweder Übersetzungen oder vollständig neu
bearbeitete Versionen.
Casell’s Illustrated Family Paper
Ab Juli 1862 erschienen in diesem in London von Casell,
Peter & Gavin herausgegebenen englischen Magazin philatelistische Beiträge, die von jenen vorher in Paris veröffentlichten inspiriert waren. Sie wurden in zwei unterschiedlichen Serien publiziert. Die erste Serie bestand
aus 36 Beiträgen und erschien vom 25. Juli 1862 bis zum
1. Oktober 1864. Die zweite bestand aus 39 Ausgaben,
die von März 1866 bis Februar 1867 gedruckt wurden.
Natalis Rondot begann seine ursprüngliche Artikelserie
mit einer Beschreibung der Marken von Russland. Aber
in England beschrieb sein erster veröffentlichter Artikel
natürlich die Marken von Großbritannien, gefolgt von denen der verschiedenen britischen Kolonien. Die Abbildungen in diesen ersten Artikeln sind ebenfalls von denen in
Frankreich publizierten unterscheidbar. Dennoch, wenn
man die Beschreibung der Marken Russlands untersucht,
ist festzustellen, dass die dafür genutzten Platten mit denen einige Monate zuvor im „Magasin Pittoresque“ benutzten identisch sind. Man sollte nicht vergessen, dass
zu dieser Zeit noch jede Abbildung mit der Hand graviert
werden musste und es war deshalb sicherlich bei weitem
kostensparender, statt neu zu gravierender Platten bereits vorliegende erneut für den Druck zu nutzen.
Der Bazar
Diese in Berlin herausgegebene Zeitschrift veröffentlichte
ab dem 1. Oktober 1862 ebenfalls die Beiträge, die im
„Magasin Pittoresque“ erschienen waren. Die Originalbeiträge wurden zu einer Serie von 23 Artikeln mit 213 Illustrationen zusammengefasst und die Serie wurden am 15.
März 1864 eingestellt. Der deutsche Titel lautete „Briefmarken und Briefmarken-Sammlungen“3. Der Bearbeitung des Britischen Weltreiches mit starker Berücksichtigung der ursprünglichen Beitragstexte folgten Artikel über
die Marken Europas und deren letzter Beitrag beschrieb
die Ausgaben von Griechenland. Zu Ende dieses Artikels
schrieb der (immer noch unbekannte Autor), dass Phila3 Norbert Röhm, private Dokumente
40 |
telie (obgleich dieser Begriff zu dieser Zeit noch nicht verwendet wurde) immer noch kaum mehr als ein „Spleen“
sei.
Nederlandsch Magazijn
Eine niederländische Version erschien in dem wöchentlich erscheinenden Blatt „Nederlandsch Magazijn“ zwischen Februar 1863 und Dezember 1864. Auch jeder
dieser Beiträge wurde von Natalis Rondot selbst verfasst.
Die nächsten 27 Beiträge wurden unter dem Namen von
Pieter Harme Witkamp publiziert.
Diese Version wurde dann vom gleichen Autor übernommen, der sie in zwei Broschüren veröffentlichte, die zwischen 1863 und 1864 erschienen und in Kapitel 2.1 näher beschrieben sind. Der Vollständigkeit halber sei noch
eine weitere Version der Beiträge von Natalis Rondot erwähnt, ebenfalls in holländischer Sprache, die zwischen
1862 und 1864 im „Jaarboek der Nederlandsche Posterijen“ erschien, dieses Mal unter dem Namen von St. Gille
Heringa, und ebenfalls mit Lithografien illustriert.
Weitere Beispiele in anderen Journalen und
Magazinen
Neben den gut dokumentierten Beiträgen von Natalis
Rondot und deren verschiedenen Übersetzungen waren
bereits erste Artikel über Philatelie – oder über die Liebe
zur Philatelie – in einer Reihe anderer Zeitschrift und allgemeinen Blättern erschienen. Zu jener Zeit galt Briefmarkensammeln noch als Obsession, als Vernarrtheit junger
Menschen, die einfach nur auf bunte Bildchen aus waren.
Ein früher Artikel, veröffentlicht in „Household Words“ am
21. Februar 1852, erschien unter dem Titel „The Queen’s
Head“ und beschrieb, wie Perkins, Bacon & Petch die erste Briefmarkenserie Großbritanniens gedruckt hatte. Ein
anderes britisches Journal, „Notes and Queries“, welches
erstmals am 3. November 1849 erschienen war, ging
auch auf Fragen seiner Leser ein und bot dazu Antworten. Im „Journal of the Philatelic Literature Society“ listete
P. J. Anderson solche Beiträge, die Post und Briefmarken
betrafen, einmal auf. Die nachfolgende Abbildung belegt
das ab der zweiten Hälfte der 1850er-Jahre wachsende
Interesse an Briefmarken. Die letzte Frage wurde von einem jungen Leser eingereicht, der wissen wollte, ob es
bereits einen Katalog gäbe, in dem alle bislang erschienenen Briefmarken aufgeführt seien.
In Frankreich folgte diesem Magazin das „L’Intermédiaire
des Chercheur et Curieux“, welches erstmals ab 15. Januar 1864 herauskam. Eine kleine Anzeige erschien in
____________________________________________________________________________________
der Ausgabe vom 25. Juli von einem gewissen „King“, der
Abbildungen von Marken für sein Buch über Briefmarken
suchte. Bis heute weiß man nicht, ob er dabei erfolgreich
war und ob dieses geplante Buch überhaupt jemals erschien.
Am 19. Juli 1862 erschien in einem weiteren englischen
Magazin mit dem Titel „All the Year Round“ der Beitrag
„My Nephew’s Collection“ (die Sammlung meines Neffen).
Ebenfalls 1862 wurden die weit mehr bekannten Beiträge von Dr. J. E. Gray in dem Blatt „Young England“ abgedruckt.
1867: Spanien – Revista de Correos
Drei Jahre nach Erscheinen der ersten spanischen Veröffentlichung über Philatelie kam im Dezember 1867 ein
Beitrag mit dem Titel „Los sellos para el franqueo de la
correspondencia“ in einem Magazin der spanischen Post
heraus, das von Francisquo Lopez Fabra betreut wurde.
Der Autor beschrieb die seltsame fixe Idee, Briefmarken
zu sammeln. Weit interessanter war aber eine Anzeige in
der gleichen Ausgabe, die ein Briefmarkenhändler in Barcelona geschaltet hatte. Dieser suchte alte und neuere
Briefmarken zu kaufen und zu verkaufen, seien es ungebrauchte oder gestempelte. Ausgenommen waren nur solche, die noch in Umlauf waren.
Dies sind nur einige Beispiele solcher Artikel, von denen
einige bereits vor den ersten eigentlichen BriefmarkenFachzeitschriften ab Dezember 1861 erschienen, obgleich die Mehrzahl erst nach diesem Datum entstanden. Sie zeigen, wie die fixe Idee junger Sammler in den
1850er-Jahren über die Zeit sich entwickelte und zu einem der beliebtesten Hobbys in der Mehrzahl der Haushalte heranwuchs, was für viele Jahrzehnte auch so bleiben sollte. Dies kann man mit zahlreichen Beiträgen
dieser Art in nahezu allen allgemeinen Blättern belegen,
in denen sich der Geschmack und das Interesse der Leser
jener Zeit widerspiegeln.
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2.4
Vom „Unikat“ zur ersten
Mengenproduktion
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Bereits in Kapitel 1 klang an, dass nahezu zeitgleich mit
den ersten Listen und Anzeigen in Zeitungen auch erste
Bemühungen literarisch nachweisbar sind, Briefmarken
dauerhaft aufzuheben und zu bewahren. Die Idee eines
Albums, gefertigt in industrieller Mengen- oder gar späterer Massenproduktion war geboren. Dessen Vorläufer waren allerdings noch schlicht und einfach und erste Spuren führen 1861 nach Frankreich, vielleicht auch nach
Deutschland. Ob diese sog. Alben allerdings die Bezeichnung „Album“ im heute verstandenen Sinne verdienen,
ist eine Frage der Definition, bestanden diese doch aus
einfachen losen kartonartigen Blättern, die nur gedruckte
Rahmen als Feldeinteilung enthielten, in die man dann
seine Marken einkleben konnte. Keine Ländernamen,
keine Beschriftung und natürlich auch keine Markenabbildungen. Zuvor sollen bereits – wohl von Schülern –
Schreibhefte ähnliche Zwecke erfüllt haben, wobei deren
Beschriftung nicht vorgedruckt, sondern vom Besitzer
vorgenommen wurden.
Letztlich ist die Frage nach den ersten Alben stets auch
eine Frage nach der Definition, mit deren Hilfe man Antworten dazu finden kann, welche Briefmarkenalben wirklich die ersten waren. Das mag banal klingen, wenn man
sagt, ein Briefmarkenalbum enthält Briefmarken, besser:
Briefmarkenausgaben, die über eine längere wie auch
immer begrenzte Zeit gesammelt wurden. Damit scheidet
aber zum Beispiel das einer Miss Barrington und einem
Matthew Barrington zugeschriebene Autografenalbum,
das neben 96 Briefvorderseiten aus der Zeit von 1795–
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1839 auch die ersten Penny-Marken und einen MulreadyUmschlag auf zwei von 177 Seiten enthielt, bereits aus.
Denn dies war eine um 1840 abgeschlossene Sammlung
von Autografen, die die Briefvorderseiten zieren, die ersten englischen Postwertzeichen wurden nur als Neuheiten aufgenommen und nicht weitergeführt.1
Bewusst wird hier nur von Briefmarken gesprochen, womit
dann vor 1840 erschienene Steuermarken und vergleichbare Wertstempel, Labels etc. ebenfalls ausscheiden,
die im wohl ältesten Album dieser Art, ab 1774 von John
Bourke in Irland zusammengetragen, überlebt haben.2
Auch dies war im engeren Sinne kein Briefmarkenalbum,
durchaus aber eine Sammlung von Postwertzeichen, die
allerdings unter dem Aspekt der amtlichen Dokumentation erschienener Wertzeichen vom verantwortlichen Amtsinhaber der für Fiskalmarken zuständigen Stelle belegt
wurden.
Unter „Briefmarken“ im engeren Sinne versteht die Philatelie die seit Rowland Hills Postreform 1840 in Großbritannien und anderen Ländern erschienenen Marken,
mit denen der Käufer das Porto selbst entrichten, damit
vorausbezahlen konnte. Deshalb kann ein solches Album erst ab und nach 1840 angelegt worden sein und es
müsste – um dieses Album auch im Sinne einer Briefmarkensammlung im heutigen Verständnis zu werten – Brief1 Mehr zu diesem Album findet sich in Ken Lawrence Beitrag „The
oldest stamp collection: a sequel“, in: Scott Stamp Monthly, December 2009, S. 16 ff.
2 Lawrence, S. 16
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marken dieser Art in größerer Vielfalt, also aus verschiedenen Jahren und Ländern, enthalten.3
Das „Royal Album“ – Das „Belvedere Album“
von 1854/55
Ein solches Album aus der Zeit vor 1860 gibt es tatsächlich und es führt in die Mitte der 1850er-Jahre zurück.
Allerdings handelt es sich nicht um eine industrielle Fertigung, sondern um die von einem Künstlerstudio für eine
hochstehende Persönlichkeit vorgenommene Einzelanfertigung, die heute als sog. „Belvedere-Album“ bekannt ist.
Dieses in dunkelgrünes Leder gekleidete Album stammt
aus dem Nachlass von Angela Lascelles, Ehefrau von
Hon. Gerald Lascelles (1924–1998), einem Cousin Ihrer
Majestät Queen Elizabeth II, Königin von England.
Angela Lascelles gesamter Nachlass, also nicht nur das
Album, kam 2007 – in diesem Jahr war sie verstorben,
nachdem sie seit Mitte der 1950er-Jahre mit Ihrem Mann
auf Fort Belvedere gelebt hatte – zur Versteigerung. Die
erste nähere Analyse des Fundes ergab die meisterliche
Einzelanfertigung. Das Album beginnt mit einem Index
verschiedener Länder, die bereits Briefmarken herausgegeben hatten, wobei dafür jeweils Seiten, häufig auch
mit Umrandungen für einzuklebende Marken, enthalten
waren. In dem Album waren noch Briefmarkenoriginale,
allerdings erst ab 1850 und nur bis 1854. Manche Seiten (z.B. für die Ausgaben der Niederlande 1852 oder
Chile 1853) waren leer geblieben, andere enthielten Angaben zu Währungsrelationen der jeweiligen ausländischen Währung zur Britischen Währung (Sterling). Karl
Louis, der dieses neu 2007/2008 erstmals entdeckte
Briefmarkenalbum als erster näher beschrieb4, folgerte
daraus, dass dieses Album 1854 oder 1855 entstanden
sein musste. Dafür findet sich zwar kein eindeutiger Beweis im Sinne einer Jahreszahl der Entstehung, auch kein
Besitzerhinweis, aber die logische Frage steht zu recht im
Raum, warum bei deutlich späterer Entstehung als Mitte
der 1850er-Jahre ein Besitzer nur Markenblätter für Aus-
3 In einem sehr interessanten Beitrag hat sich in jüngerer Zeit James
E. Kloetzel über „The world’s first manufactured philatelic album
brought to light“ (in: Scott Stamp Monthly, December 2009, S. 26
ff.) geäußert. Er beschrieb das „Union and Patriotic Album“, das zur
Aufnahme von „Illustrated Envelopes“, also von Patriotic Covers gedacht war und bereits 1861 erschien. Dies war allerdings kein Briefmarkenalbum, wohl aber ein Album für Ganzstücke, die komplett in
vorgesehene Felder eingesteckt werden konnten, vergleichbar frühen Fotoalben jener Zeit.
4 Karl Louis: Der „königliche Sammlungsfund“ von Fort Belvedere, in:
philatelie, Nr. 376 (Oktober 2008), S. 44–46
gaben bis 1854 angelegt haben sollte, und nicht für die
Länder, die danach Briefmarken herausgegeben hatten.
Zwar kennt man keine eindeutige Benennung des Besitzers, wohl aber eine Bezeichnung des Urhebers dieses
Kunstproduktes in Leder und mit goldfarbiger Titelprägung, das in seiner schlichten Schönheit und heute noch
wundervollen Erhaltung die Zeiten überdauert hat, also
offenbar stets gesichert aufbewahrt wurde. Denn auf dem
Umschlagblatt innen befindet sich ein kleines Schild mit
dem Namen „R. Ackermann“, ein typisches FabrikationsFirmenlabel. Hier fügen sich nun zwei Dinge zusammen.
Denn unter diesem Namen von Rudolph Ackermann, auch
zuweilen Ackerman geschrieben, ist ein 1764 in Stollberg
im Kurfürstentum Sachsen geborener deutsch-britischer
Buchhändler, Lithograph, Verleger und Unternehmer bekannt, der 1795 in London eine Druckerei und Zeichenschule eröffnete. Seine Lithographien zu Kunst, Literatur,
Mode, seine späteren Jahrbücher und Landschaftsdarstellungen waren im London der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts ebenso bekannt wie seine Erfindungen.5
Rudolph Ackermann starb zwar 1834 in London, aber seine Söhne führten seine Geschäfte unter gleichem Namen
weiterhin erfolgreich fort. Da gehörte dessen Kunstgeschäft längst zu den königlichen Hoflieferanten des Buckingham Palastes und galt als eine der ersten Adresse in
allen Angelegenheiten von künstlerischer Ausgestaltung
in literarischer Form. Ein neu zu schaffendes Briefmarkenalbum war ein solches Produkt, das man auslegte, ansah und das man bewundern sollte. Ackermann junior war
dessen Schöpfer und er schuf es nach kunstästhetischen
Gesichtspunkten. Schlicht, aber wirkungsvoll.
Damit hat man eine erste Verbindung zum königlichem
Hof und der originären künstlerischen Herkunft, eine Verbindung, die weitere Spekulationen über den oder die ersten Besitzer dieses Albums nähren kann. Sollte es gar ein
„Royal Album“, also ein Album von königlichem „Geblüt“
gewesen sein? Diese Vermutung mag eine weitere Tatsache unterstützen. Bekannt ist, dass Ackerman & Co. 1841
Karikaturumschläge der damals in der britischen Öffentlichkeit nicht selten der Lächerlichkeit preisgegebenen
Mulready-Ganzsachen schuf. Belegt sind Beispiele mit
den Themen „The Print Mill“, 15./17. Oct. 1841, „Palmer‘s
Tun“, „The Civic“, 1841, aber auch ein Karikaturumschlag,
der in diesem Zusammenhang aufhorchen lässt: „Royal
Birth“. Dieser heute nur noch in einem Exemplar bekann5 Zu Rudolph Ackermann vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolph_
Ackermann; dort auch den Link zur Encyclopaedia Britannica/Ackermann, Rudolph; www.spartacus.schoolnet.co.uk/Jackermann.htm;
http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Ackermann,_Rudolf (hier auch
Verweis zu seinen Söhnen);
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te Umschlag aus der Ackermann’schen Produktion zeigt
die öffentliche Vorstellung des neu geborenen Prinzen
von Wales beim Lord Mayor von London (ex Grunin-Collection).
Man darf sich wohl fragen, ob diese Nähe zum königlichen Hof, die gar so weit ging, damals weltbewegende Ereignisse in künstlerischer Form zu dokumentieren, Zufall
ist. Zumal wenn man mehr über Fort Belvedere weiß, wo
dieses Album die Zeiten überdauerte. Dieses Castle gehörte seit 1755 der Königlichen Familie. Zwischen 1929
und 1936 lebte dort Edward, der Prinz von Wales und spätere König Edward VIII., vor ihm seit 1911 Prinz Arthur,
Herzog von Connaught. Selbst Königin Victoria war im 19.
Jahrhundert häufiger Gast hinter den dicken Mauern des
Forts, die auch ihre Kinder aufwachsen sahen. Zum Beispiel Prinz Alfred, den damals zwölfjährigen Herzog von
Edinburgh, dessen Besuch der englischen Briefmarkendruckerei De La Rue 1856 – zusammen mit dem Prinzen
von Wales – literarisch gut dokumentiert ist, denn es wurde damals für diese königlichen Besucher ein „Sonderdruck“ einer 6-Pence-Briefmarke mit einem handschriftlichem Vermerk versehen: „This small sheet of 6 d Postage
Labels is a sixth part of the sheet Printed in the presence
of His Royal Highness The Prince of Wales and (of His)
Highness Prince Alfred – 8th. April 1856“. Heute gehört
dieser Bogenteil zur „Royal Collection“ in London.
War also das hier beschriebene Briefmarkenalbum ein
Geschenk des königlichen Hoflieferanten um 1854/55
an einen für Briefmarken begeisterten Prinzen? Die spätere Sammelleidenschaft von Mitgliedern der königlichen
Familie ist belegt.6 Für die Datierung dieses Albums sprechen der Inhalt, der über 1854 nicht hinausreicht, aber
auch die zeittypisch ursprünglich enthaltenen Originalmarken, die durchwegs knapp geschnitten und mit ihrem
Originalgummi auf den Seiten enthalten waren. Als das
Album 2007 entdeckt wurde, waren die Betrachter überrascht von der Ursprünglichkeit der leuchtenden Markenfarben und es gelang, zahlreiche seltenste Stücke ohne
Beschädigung von den Kartonblättern zu lösen, was allerdings auch die Auflösung der überwiegenden Zahl der
Inhaltsseiten bedingte und so deren Auktionsverkauf ermöglichte, so dass heute nur noch das „Gerippe“ (Ein6 Sir John Wilson berichtete 1952 in seinem Monumentalwerk „The
Royal Philatelic Collection“ über die Sammelleidenschaft der Königlichen Familie: „An order in 1864 to the firm of Perkins Bacon & Co,
the Government printers of the time, to provide specimens of the 1
d Black… … is the earliest indication that any members of the Royal
Family were interested in stamps. The stamps were ordered for some younger members of the Royal Family……but it has never been
discovered for which members of the Royal Family they were required“.
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band, Innen-Titelseite, Index und einige Musterseiten mit
Originalbriefmarken) von diesem Album, allerdings in sehr
präsentabler Form erhalten ist.
Ist der knappe Schnitt der Marken durchaus auch ein
weiterer Hinweis, dass nicht die damals zeittypische „Verstümmelung“ von Marken angewandt, sondern das künstlerisch dem Markenbild gewidmete Auge hier Vorrang
hatte, so gilt dies für die Art der Befestigung noch mehr.
Das Aufkleben mittels des Originalgummis ist aus den
1850er-Jahren bisher aus keiner literarischen Quelle als
Empfehlung her bekannt. Erst in den 1870er-Jahren kamen solche Vorschläge, allerdings nur vereinzelt, zu Wort,
ebenso wie die Empfehlung Einzelner, man möge den Bogenrand zur Anbringung nutzen oder einen vergleichbaren Ersatz.7 Erst zehn Jahre später, um 1881, wurde der
Falz erfunden. Dies war also kein Philatelist im späteren
Sinne der 1860er-Jahre, der die Sammlung angelegt hatte. Denn der hätte vollflächigen Knochenleim, Gummi Arabicum oder Vergleichbares genommen.
Wenn es also kein Briefmarkensammler im eigentlichen
uns bekannten Sinne war, wer hat dann die Sammlung
angelegt? Ein jugendlicher Prinz? Das ist völlig unwahrscheinlich, dass ein Prinz, ein Kind beinah noch, solch
ästhetischen Kriterien der Anbringung und der Erhaltung
der Marken zu einer Zeit entwickelt haben soll, in der es
für solche Sammlungsanlagen noch gar keine Vorbilder
gab. Außerdem: Kann man sich einen jungen Prinzen
vorstellen, der selbst Hand anlegte? Das wäre ebenfalls
völlig untypisch für die damalige Zeit, in denen selbst die
Damen- und Herrschaften edlen und feineren Geblütes,
selbst aus dem Hochbürgertum, sich nicht die Hände
schmutzig machten, sondern andere für sich arbeiten ließen. Sammlungen ja, aber eigene handwerkliche Arbeit?
Das ist kaum vorstellbar.
Damit bleibt der Gedanke, dass dieses Album ein Geschenk war, ein Geschenk für einen Prinzen, dem man
sich (vielleicht seit dessen Geburt) verpflichtet fühlte. Es
war wahrlich auch ein fürstliches und aus dem Rahmen
fallendes Geschenk, nur sehr aufwändig und arbeitsintensiv zu fabrizieren, wobei es die erste Weltausstellung in
London 1851 sichtlich erleichtert haben dürfte, die ungebrauchten Marken aus aller Herren Länder zu beziehen.
Dieses „Belvedere-Album“ wurde 2010 während der LONDON 2010 erstmals in England gezeigt und darf für sich
in Anspruch nehmen, das erste Album der Philateliegeschichte zu sein. Entstanden um 1854/55, dokumentiert
7 Den Vorschlag, Falze (“charnières en papier“) zur Befestigung von
Marken in einem Album zu verwenden, äußerte bereits Dr. Magnus
(alias Dr. Legrand), erstmals in Le Timbrophile, Nr. 3/1867, S. 231–
234.
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es bereits den Ansatz, Briefmarken nach Ländern differenziert zu sammeln, aber auch zu einzelnen Marken mehr
als nur den Nennwert aufzuschreiben. Ein schlagender
Beleg für diese Aussage war die ursprüngliche Seite mit
den zwei Paaren der österreichischen Zeitungsmarken
(gelber und blauer Merkur), die mit dem Hinweis „Note.
These are sold wholesale to publishers only at the rate of
100 stamps for 2 sh sterling“ versehen war. Allein mit dieser und weiteren vergleichbaren Aussagen fachkundiger
Art wurde aus einem reinen Marken-Aufbewahrungsheft
ein literarisches Produkt, das hier zwar als Einzelanfertigung, ab 1862 aber in Mengenproduktion die Sammler
von Briefmarken erfreuen sollte.
Die frühen Briefmarkenalben industrieller Fabrikation
Im Juni 1862 erschien, bearbeitet von Justin Lallier, das
erste „Album Timbres-Poste orné de cartes“ im rechteckigen Querformat von 17,5 x 27 cm, verlegt bei A. Lenègre
in Paris, Frankreich. Es gilt bis heute als das verbürgte in
Serien gefertigte erste Briefmarkenalbum der Welt.8 Es erschien zuerst in französischer Sprache, wenig später – im
August 1862 – in einer englischen Übersetzung („Postage
Stamp Album. Illustrated with Maps“), die allerdings wegen der zahlreichen enthaltenen Fehler mancherlei Kritik
hervorrief.
Das umfangreiche Album enthielt links die Liste der
auf der rechten Seite einzuklebenden (nicht abgebildeten) Marken, insgesamt waren auf 160 Seiten so 1 101
Wertzeichen unterzubringen. Zwischen 1862 und 1875
erschienen – in beiden Sprachversionen – insgesamt
dreizehn Ausgaben des Albums, die der 1823 geborene
Lallier – er starb am 12. August 1873 – selbst noch erlebte. Für die 14. Auflage zeichnete Pierre Mahé, der Herausgeber des „Timbrophile“ und der „Gazette des Timbres“
verantwortlich, der diese letzte Ausgabe im Hochformat
(34,5 x 25,5 cm) unter dem Titel „Album Timbres-Poste et
Cartes postales“ 1876 besorgte. Das Album hatte nun einen Umfang von 336 Seiten für insgesamt 6 589 Marken,
präsentierte die Abbildungen, dem Beispiel der MoensAlben folgend, allerdings auf der linken Seite.
Diese Alben zeigen häufig Lalliers persönliche Unterschrift und zuweilen sogar sein Porträt auf der Titelseite.
8 Apfelbaum (siehe: http://www.apfelbauminc.com/library/evolutionalbum.html) gibt als Erscheinungsdatum der Erstauflage Februar
oder März 1862 an, was allerdings nicht zu dem Datumsvermerk im
ersten Album passt.
Lallier war Mitglied der Archäologischen Gesellschaft von
Orleans und Mitglied der Französischen Gesellschaft für
die Erhaltung historischer Monumente. Ob er selbst Briefmarken sammelte, ist nicht belegt, ist aber wohl anzunehmen, zumal er in der im Januar 1863 erschienenen zweiten, revidierten und überarbeiteten Auflage schrieb:
„Die überraschend gute Aufnahme des Briefmarkenalbum durch das interessierte Publikum hat uns zu einer
zweiten, sorgfältig überarbeiteten und nunmehr komplett
bis zur gegenwärtigen Zeit geführten Auflage veranlasst.
Wir geben nun die zutreffenden Formen vieler Marken
wieder, welche uns letzten Juni unbekannt waren und
wir haben alle Marken, die seitdem herausgegeben wurden, hinzugefügt, für deren Vorlage wir allen Sammlern
(‚amateurs‘) und besonders dem Buchhändler M. Baillieu zu Dank verpflichtet sind. Nach jedem der fünf großen
Weltteile haben wir jeweils eine Zahl von Blankoblättern
zur Einfügung der Stempel und Postmarken, die künftig
erscheinen, eingefügt.“
1863 ließ J. Lallier auch eine Ausgabe seines Albums in
spanischer Sprache herstellen. Er nutzte für die Übersetzung die dritte Auflage der französischen Ausgabe. Das
Album bestand aus 168 Seiten. Es gab aber erneut eine
größere Reihe von sprachlichen Fehlern und Irrtümern in
der spanischen Übersetzung, so dass es bei spanischen
Sammlern auch keine besondere Wertschätzung erhielt.
Von allen Lallier-Editionen blieb dies die einzige in spanischer Sprache und da heute nur noch zwei Belegexemplare bekannt sind, gilt es als literarisches Juwel.
Während Lalliers Stern in den 1870er-Jahren sank (dessen Alben wurden von Spezialisten auch vielfach wegen
der zu kleinen Wertzeichenrahmen gerügt), ging ein anderer bereits ab 1866/67 auf. Arthur Maury aus Paris
ergänzte mit eigenen Alben sein seit 1864/65 geführtes
Katalog- und Fachzeitschriftenangebot. Seine Alben sollten später in Frankreich weite Verbreitung finden, spielten allerdings in den 60er-Jahren noch keine bedeutende
Rolle.9
Das französische Beispiel scheint andere Macher inspiriert zu haben, zumal in Deutschland und England. In
Deutschland soll es ebenfalls bereits 1861/62 ein erstes
Album gegeben haben, allerdings noch ohne Bindung und
Text. Die Herausgeber sind unbekannt und ein Exemplar
ist bis heute nicht belegt, so dass diesem kein Begrün9 E. Requard und Laplante, beide in Paris, werden ebenfalls Albenproduktionen zugeschrieben, wobei die des letzteren ein halbes Jahr
nach dem ersten Lallier-Album erschienen sein soll, nur aber ein
Imitat war (http://www.apfelbauminc.com/library/evolutionalbum.
html). Genauere Informationen liegen dem Verfasser hierzu aber
noch nicht vor.
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dungscharakter für eine neue philatelistischer Literaturgattung in Deutschland zugesprochen werden kann.10
Wohl aber zwei anderen Linien, die beiden nach Leipzig
führen und deren erste Produkte bereits 1862, allerdings
im Sommer/Herbst des Jahres erschienen. Zuerst ist hier
der Leipziger Buchhändler Gustav Wuttig, Inhaber des
dort angesiedelten Literarischen Museums, zu nennen.
Sein „Album für Briefmarken“ bestand aus (ungebundenen) Blättern im Format Kl. 8°. Dieses Format blieb bis
zur 6. Auflage 1863/1864, wobei die zweite bereits gebunden war, die 8. Auflage erschien dann im April 1864
im Quart 4°-Format.11
1864 übernahm Gustav Bauschke das „Literarische Museum“ von Gustav Wuttig und gab das Album im November in 9. Auflage heraus (auf der rechten Seite die Vierecke
mit Nummern, denen auf der linken Albumseite entsprechend nummerierte Informationstexte entsprachen).12
Damals konnte dieses Album wohl rund 1 000 bis 1 200
Marken fassen. Die 14. Auflage erschien 1867, aber nunmehr im Hochformat 4°. Die 15. Auflage von 1868 erfuhr sogar eine Übersetzung in die holländische Sprache,
nachdem bereits zuvor eine englische Ausgabe erschienen war. 1868 verkaufte Bauschke das Literarische Museum an seinen Mitarbeiter Julius Kümmel, der bereits
10 Theodor Haas vermutete, dass ein gewisser M. Schloss dessen Urheber war. Siehe: Haas, Lehrbuch der Briefmarkenkunde, Leipzig
1905, S. 530, S. 533. Alfred Moschkau beschrieb die einfache Gestaltung im „Illustrirten Briefmarken-Journal“ 1880 (S. 90) und Louis Senf wusste sich in der Zeitschrift „Die Post“ (Nr. 4/1912, S. 50)
noch daran zu erinnern, dass nicht nur Wuttig in Leipzig, sondern
auch die Fa. Ruhl <1862?> ein aus einzelnen Kartons mit Carrés
ohne jede weitere Bezeichnung für die Aufbewahrung von Briefmarken herausgebracht habe.
11 Alfred Moschkau schrieb im Januar 1912 (siehe: „Der Philatelist“,
1912, S. 5) allerdings, dass das erste Album im Großoktav erschienen sei, 1862 das erste deutsche Marken-Album von G. Wuttig ein
„kastenartiges Buch in Form der alten Stammbücher“ gewesen sei,
in dem „eine Anzahl weißer Blätter mit rotem Quadrat-Vordruck“
lagen. Dem Autor liegt selbst nur eine 5. Auflage von 1863 (128
Seiten, Format ca. 15 cm breit, 20 cm hoch) vor, die tatsächlich
diese Vordrucke auf den Blättern enthielten, allerdings auch schon
Länderbeschreibungen. Gleiches gilt für das zweite in Deutschland
noch nachgewiesene Exemplar (3. Auflage, 1863), das der Bund
Deutscher Philatelisten besitzt.
12 Bauschke gab neben dem „Album für Briefmarken“ auch ein „Album Timbres-Poste“, also eine französische Ausgabe heraus, die
erstmals am 1. Dezember 1865 erschien. Die zweite Auflage kam
1869 auf den Markt und war dann von seinem Nachfolger, Julius
Kümmel, der 1869 das „Literarische Museum“ übernommen hatte,
bearbeitet. 1867 versuchte sich Bauschke auch an einem Album
für den englischen Markt: „Illustrated Postage Stamp Album, das
in Leipzig erschien. Die zweite Auflage kam ein Jahr später auf den
Markt, die dritte 1869, die beiden letztgenannten wurden ebenfalls
von Julius Kümmel bearbeitet.
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zwei Jahre zuvor die Neuauflagen des Albums, aber auch
die seit 1866 erscheinende Fachzeitschrift „Der Briefmarken-Sammler“ redaktionell betreut hatte.
Ab der 18. Auflage 1869 war Julius Kümmel Herausgeber des Albums. Kümmels Frau, Theodore Rosalie Luise
Kümmel, geb. Helfer, starb am 27. September 1870, Gustav Wuttig im gleichen Jahr und eine vorerst letzte, nämlich 19. Auflage war 1870 zu verzeichnen. Infolge seines
zunehmenden Alkoholismus ruinierte Kümmel das zuvor
erfolgreiche Verlagsgeschäft (ab 1868 gab er auch den
in elfter Auflage zuvor von Gustav Bauschke bearbeiteten
„Katalog aller bekannten, seit 1840 emitierten Briefmarken“ im Verlag des Literarischen Museums heraus). Um
1875 verkaufte Kümmel alle Rechte und Reste an Louis
Senf in Leipzig und wanderte schließlich, nicht weit vom
50. Lebensjahr entfernt, in die USA aus, wo sich seine
Spuren verloren.
Eine letzte Auflage dieses ältesten deutschen Albums für
Briefmarken, gilt es gesondert zu erwähnen, die 20. Auflage von 1878, die allerdings unter dem mehrsprachigen
Titel „Album International pour Timbres Postes – Internationales Briefmarken-Album – Universal Stamp Album“ von
dem Leipziger Verleger und Briefmarkenhändler Louis
Senf vermarktet wurde. Die Sonderstellung dieser letzten
Auflage ist nicht allein deshalb erwähnenswert, weil Senf
1878 wegen eines zu dieser Zeit anhängigen Prozesses
um das Schaubek-Album keine andere Wahl hatte, auf
dieses alte ebenfalls Jahre zuvor von ihm erworbene Produkt zurückzugreifen, sondern weil eine erhalten gebliebene Luxusausgabe dieser 20. Auflage Ende 2012 bei der
IPHLA 2012 Mainz, während einer Auktion des Wiesbadener Hauses Heinrich Köhler, den höchsten Preis erzielte,
der jemals für ein Album gezahlt wurde: 13 500 Euro, mit
Aufgeld über 16 000 Euro! Angesichts der einmalig frischen, unberührten Erhaltung, dank höchster damaliger
Buchbinderkunst gebunden in Pergament bei Gerhold’s
graphischer Anstalt zu Leipzig und verschwenderisch mit
Gold verziert. Das Album kostete bereits 1878 60 Goldmark, was einundeinhalb Monatslöhnen eines normalen
Arbeiters entsprach.
Die zweite Linie der frühen deutschen Alben-Entwicklung führt ebenfalls ins Jahr 1862 zurück nach Leipzig,
wo Friedrich Ludwig im Verlag von G. E. Schulze in Leipzig ein „Briefmarken-Album“ erscheinen ließ. Die ersten
Ausgaben dieses „Briefmarken-Album“ der Dürr’schen
Buchhandlung in Leipzig, das wohl dem Formatvorbild der
Lallier-Alben im Querformat folgte, umfasste 150 Seiten
im Groß 8°-Format mit Landesname und Markenumrandungen und wurde bei G. E. Schulze in Leipzig verlegt.
Meist findet man – Victor Suppantschitsch und Carlri-
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chard Brühl folgend – für eine zweite Auflage das Jahr
1864 oder sogar 1865 angegeben, was aber kaum zutreffen kann, denn schon in dem Dürr’schen BriefmarkenKatalog, der erstmals im Oktober 1862 erschien, wird für
dieses Album – aber in zweiter Auflage! – auf der letzten
Seite geworben. So darf man eher annehmen, dass diese
Zweitauflage bereits Ende 1862 erschienen ist.
Wohl beide Auflagen, auf jeden Fall die zweite Auflage, erschienen in Form gebundener Alben-Bände und zwar in
vier verschiedenen Qualitäts-Ausführungen, von denen
die dritte Auflage auf 1863 und – wenn überhaupt – die
vierte auf 1864 zu datieren ist, sofern sie nicht schon
1863, aber wie üblich vordatiert, erschien.13 Dafür spricht
eine Werbeaussage in der zweiten Auflage des Dürr’schen
Kataloges, in dem die Rede davon ist, dass die Alben „in
der Dürr’schen Buchhandung in Leipzig in vielen Auflagen
erschienen“ seien. „Viele“ – zwei oder drei sind nicht unbedingt viele, wie schon Norbert Röhm zu Recht annahm.
Da heute nicht mehr genau zu eruieren ist, inwiefern hier
die vier unterschiedlich teuren und ausgestatteten Albenarten mit zu den Auflagen gezählt wurden, lässt es sich
letztlich nicht mehr genau bestimmen, wie viele tatsächlich schon 1863 oder dann 1864 erschienen sind.
Tatsache ist, dass diese Alben im Quer-4°-Folioformat,
dem Lallier’schen Beispiel folgend, herausgegeben wurden, weiterhin bearbeitet von Richard Claudius, nunmehr
mit 128 Seiten Umfang. Spätestens im April 1865, vielleicht auch ein Jahr früher, kam es zur fünften Auflage,
was zeigt, dass auch dieses Album sehr gefragt war. 1866
wurde dieses Claudius-Album bereits in sechster Auflage herausgegeben. Erst zwei Jahre später, 1868, stellte
Alwin Zschiesche, der im gleichen Jahr die Bearbeitung
übernahm, das Querformat erneut um, nun auf ein größeres Hochformat: Auf den linken Seiten waren nun Abbildungen, rechts die Markenfelder. In dieser Form erschienen eine neu gezählte erste und zweite Auflage 1869 und
1870. Erst mit dem Erscheinen eines eigenen „Illustrierten Briefmarken-Album“ im Juni 1872 stellte die Dürr’sche
Buchhandlung die Produktion ein. Dieses Album erlebte
einen großen Erfolg, weil es erstmals dreisprachig mit
720 Markenabbildungen versehen war. Bis 1893 wurde
das Album von Zschiesche in insgesamt zwölf Auflagen
gepflegt und in diversen Ausgaben wohl über 200 000
Mal verkauft, bevor Zschiesche es 1893 an den Leipziger
Verleger Ernst Heitmann veräußerte.14
13 Vgl. hierzu Norbert Röhm: Anfänge der Philatelie vor 130 Jahren.
Die Briefmarkensammlungen, in: Philatelie und Postgeschichte Nr.
113/1990, S. 45–46
14 1863 soll auch ein Album der Firma Calvary & Co. in Berlin herausgegeben worden sein. Nach Louis Senf (vgl.: Berliner Briefmarken-
Ein Blick nach England zeigt, dass dort zur annähernd glei­
chen Zeit, ab Januar 1863, ebenfalls erste Albenprodukte angeboten wurden, die mit dem Namen eines Lehrers,
nämlich Edward A. Oppen verbunden sind. Dessen „Postage Stamp“-Album (der vollständige Name lautete: „Postage Stamp Album, and Catalogue of British and Foreign Postage Stamps“ war das erste, das in kombinierter Form von
Album und Katalog erschien und in England verlegt wurde, dabei mehrere Auflagen erlebte.15 Oppen gehört auch
zu den frühen Katalogherausgebern in England, dessen
Kataloge und Alben (letztere ab der 8. Auflage) von 1866
bis 1891 durch Dr. Charles W. Viner redaktionell besorgt
wurden. Bis zur 5. Auflage (Oppens starb 1864) wurden
die Albenkataloge von Henry Whymper betreut16, danach,
also ab der 6. Auflage, war Dr. Charles Viner dafür verantwortlich. Die Kongruenz des Oppen-Albums zum Katalog
erklärt sich daher, dass die Kataloge Anhänge zum Album
waren. Von der vierten Auflage existiert allerdings auch
ein Separatdruck des Kataloges.
Nahezu zeitgleich, Ende 1862, ist ein Album einer weiteren
englischen Firma zu nennen, das den Titel „The PostageStamp Collector’s Pocket Album. With a complete table of
all the known Stamps“ trug. Es wurde in London von Johnson & Rowe verlegt und bestand aus rund 40 Seiten und
einer sechsseitigen Einführung („Table of the number of
Postage Stamps issued by different Countries, States etc.”.
Eine zweite Auflage wurde für März 1863 angekündigt, allerdings ist nicht bekannt, ob diese jemals erschienen ist.
Mit kaum nennenswert zeitlicher Verzögerung trat auch
Jean Baptiste Moens 1862/63 in Belgien mit einem Album an die Öffentlichkeit. Sein „Album Timbres Postes“
Zeitung 1910, S. 215) erschien dieses Album allerdings erst 1865,
wofür auch eine Notiz in der Zeitschrift der Gebr. Spiro „Der deutsche Briefmarken-Sammler“ (Nr. 3/20. Februar 1865, Seite 22)
sprechen könnte, wenngleich Theodor Haas in seinem „Lehrbuch
der Briefmarkenkunde“ das Jahr 1863 als Erstausgabejahr nannte. Es handelte sich um ein kleines Album mit Relief-Einband, das
zahlreiche Illustrationen enthalten haben soll. David Beech, Kurator
der philatelistischen Abteilung der British Library in London, führt in
einer Auflistung der dort vorhandenen alten Alben ein „Post Marken
Album“ (Ausgabejahr 1865) mit Verlag in Berlin auf, bei dem es sich
eventuell um das hier in Frage stehende handeln könnte (vgl. Philatelic Literature Review Vol. No. 54, 1. Quartal 2005, S. 16).
15 Brühl datiert das Erscheinen der Erstauflage dieses Albums in das
Jahr 1863, vgl. Carlrichard Brühl, Geschichte der Philatelie, Band 2,
Hildesheim 1986, S. 713, aber es könnte auch bereits Ende 1862
erschienen sein. 1863 erschienen zwei weitere Auflage, 1864/65
weitere drei.
16 Bei Wikipedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Edward_A._Oppen) findet sich der Hinweis auf eine Buchrezension der 2. Auflage, in der es
im The National Postage Stamp Express, 15 March 1864, p.13, hieß:
„... much improved by that prince of engravers, Henry Whymper.“
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erschien zuerst im kleinen Quart-Querformat und erlebte bis 1887 über 16 Auflagen, wobei die siebte Auflage
1868 unter dem Titel „Album illustré pour timbres-poste“
erschien und auf 332 Seiten erstmals über 400 Abbildungen enthielt. Ein Jahr später waren es 537, bei der 9. Auflage 1872 dann 780 und die zehnte aus dem Jahre 1874
hatte sogar 1 100. Allerdings wurden diese Abbildungen
jeweils auf der linken Seite beim Katalog untergebracht,
so dass auf der rechten nur die jeweiligen Markenfelder
zu sehen waren.
Wenig bekannt ist die frühe Alben-Entwicklung in den
Niederlanden, denn auch dort gab es bereits 1863 ein
erstes „Album voor postzegels – voor elk werelddeel in
alphabetische orde gerangschikt en geillustreerd met de
wapens der verschillende landen“.17 W. F. Dannenfelser,
der im gleichen Jahr sein „Vade-mecum“ publiziert hatte,
gab auch dieses Album heraus, von dem 1863 nicht nur
die erste, sondern auch bereits eine zweite Auflage in Utrecht erschien. Diese „2e druk“, die zweite Auflage, hatte
einen Umfang von 120 Seiten, erschien nach dem „Vademecum“, bezog sich aber bereits darauf und die Wappen
waren in farbiger Lithografie wiedergegeben.
1868 erschien das Dannenfelser-Album in dritter Auflage
(„Album voor postzegels: naar het Hoogduitsch van Wuttig, Bauschke en Kümmel ... door M. J. van Hasselt), ebenfalls von Dannenfelser verlegt, nunmehr mit 161 Seiten
Umfang. Eine vierte Auflage (192 Seiten) ist für das Jahr
1872 bekannt, die fünfte erschien um 1875 mit bereits
335 Seiten, eine sechste 1878 mit 258 Seiten in leicht
größerem Format und eine siebte mit 275 Seiten ist für
das Jahr 1882 von Dannenfelser belegt.
Ein kurzlebiges und ungewöhnliches Werk bleibt noch für
die 1860er-Jahre zu nennen. Nämlich ein 1869 von C.
Rinsum in den Niederlanden veröffentlichte „Permanent
Stamp Album“, welches den Text neben Englisch, Französisch, Holländisch auch in deutscher Sprache enthielt.
Es hatte einen Umfang von 227 unnummerierten Seiten
im Royal-Quart-Format. Es wurde bei H. de Hoogh, einem
Verleger, Buchhändler und Drucker in Amsterdam verlegt, konnte sich aber offenbar gegen andere Alben nicht
durchsetzen. Es gab dieses Album auch in einer „deluxe“Ausgabe mit leicht verändertem Titel „Permanent Postage- Stamp Album in four languages, by C. van Rinsum, The
only one perfect permanent. 1840–1868, Amsterdam,
and H. de Hoogh“. Drei verschiedene Ausführungen dieses Albums wurden in der englischsprachigen Zeitschrift
„Continental Philatelic Magazine“ in Nr. 4 vom Mai 1869
inseriert: 1. Stark gebunden in festem Einband (10/-), 2.
17 Die Informationen zur frühen Entwicklung in den Niederlanden stellte Jan Vellekoop zur Verfügung.
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mit kunstvoll geschmücktem Leinen-Einband, hübschen
Design und goldenen Metallecken (12/6d) und 3. in bestem Marocco-Leder, mit eleganten Goldschmuck auf dem
Titel und Goldecken (16/6d). Glücklicherweise gab es
aber auch eine preiswertere Version, gedruckt in schwarz
auf weißem Papier (6/-).
Diese Alben zählen wie viele andere, auch die zuvor erwähnten Dannenfelser-Alben, heute zu den großen Seltenheiten der frühen Alben-Literatur.
Last but not least sind die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) nicht zu vergessen. Deren erstes Sammelbuch
hieß „Appleton’s Postage Stamp Album“ und wurde von
der Fa. D. Appleton & Co. in New York 1863 herausgegeben.18 Der Einband des oktav-großen Albums bestand aus
dunkelrotem Leder, in das der Titel „Album for Postage
and Other Stamps, American and Foreign“ eingeprägt war.
Es hatte bereits 208 Seiten Umfang, maß 18,5 x 23,5 cm
und wies Felder für rund 4 000 Marken auf. Es waren keinerlei Illustrationen oder Markenbeschreibungen, bestenfalls kurze Angaben zu den Ländern mit dem jeweiligen
Wappen enthalten, ansonsten nur leere gerahmte Markenfelder, die allerdings auf den Seiten gegenüberliegend
angeordnet waren.
Diese gab es für ca. 150 damals schon als Wertzeichen
verausgabend geführte Gebiete, die wiederum in sieben
„Kapitel“ eingeteilt wurden: Nord America; West-Indies,
British Posessions, Spanish Possessions, Cuba und Puerto Rico, French Possessions, Danish Possessions; South
America; Europe; Asia; Africa; Oceania.
Ebenfalls 1863, vielleicht auch 1864 kam die erste Auflage von Hill’S Boston Album heraus, das weitaus aufwändiger als das doch recht einfache Appleton-Album fabriziert
worden war. Herausgeber und Verleger waren W. H. Hill &
Co. aus Boston, Redakteur und Autor ein Mr. M. Bennett
aus Hartford, Connecticut. In einer Werbung, die im Februar 1868 im „American Stamp Mercury“ erschien, hieß es
über das Album: „Hill’s Boston album contains places for
three thousand stamps, including United States Revenues; is divided into countries, each country having sufficient squares for all past, present, and future issues, with
18 Angeblich gab es neben diesem großformatigen Album bereits eine kleinere Ausgabe im Dezember 1862. Die Firma Appleton & Co.
konnte dies später mittels eigener Archivinformationen zwar nicht
bestätigen, so dass die Aussagen eines frühen Sammlers hier bislang unbestätigt sind. Die Redaktion beider Alben wird J. Walter
Scott zugeschrieben, der dies allerdings selbst nie bestätigte. Vgl.
www.apfelbauminc.com: The Evolution of the Stamp Album, from
Lallier to Mekeel. Ein Autor dieses Beitrages, der diesen wohl vor ca.
100 Jahren schrieb, wird dort leider nicht benannt, aber es handelt
sich um den Beitrag von Lewis G. Quackenbush, den dieser im „Philatelic Journal of Great Britain“ (Vol. 11, 1894, Nr. 4, S. 156–169)
veröffentlichte.
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places fort he coat of arms and flags of each country. It is
printed in carmine ink, on extra fine paper, and ist he best
album published in America, cloth, gilt sides, $ 3; post
free, $ 3,25.“19 Eine zweite Auflage dieses Hill-Albums soll
1865 erschienen und von S. Allan Taylor durchgesehen
worden sein, letztlich dennoch viele Fehler enthalten haben. Vergleichbar unvollkommen war ein Versuch von Willard K. Freeman aus New York 1865, dessen nach ihm benanntes Album ebenfalls keine weite Verbreitung fand.20
Weitere Alben erschienen von John Walter Scott in den
USA ab Juli 1868.21 Dieser hatte sich bereits um 1863/64
in New York als Briefmarkenhändler etabliert, stieg aber
erst vier Jahre später ins Albengeschäft ein, dann aber so
erfolgreich, dass er seine Konkurrenten Appleton, Hill und
Freeman und deren Albenprodukte schnell vom Markt verdrängte.
Lange Zeit hatte man immer angenommen, die ersten
Scott-Alben seien erst ab 1876 erschienen, was aber George T. Turner schon vor fast 45 Jahren widerlegt hatte.22 Der
Titel „American Album for foreign postage stamps“ zeigte
die Zweckbestimmung des Albums für aus­ländische Marken an und war in Gold auf die reichlich ornamentierte
Vorderseite des Leder-Albums geprägt, das Blätter mit
Vordruckfelder für Marken bis Juli 1868, aber auch noch
Leerfelder zur Ergänzung enthielt. Das grüne Album –
noch im vergleichbaren Format von Appleton’s Alben –
hatte die Größe von 9 ¼ x 7 ¼ inch (hochrechteckig 24
x 18,5 cm), enthielt keine Abbildungen oder Landkarten,
nur die Landesnamen und Hinweise zu Farben der einzelnen Marken. Es kostete in der einfacheren Leinenausgabe 2,50 $, in der „French Morocco“-Ausgabe 4,50 $.
Eine zweite Ausgabe erschien am 15. Oktober 1869 unter
dem Titel „Scott’s American Postage Stamp Album“, nunmehr im französischen Format von 7 x 10 inch (17,5 x 27
cm), ähnlich wie die Lallier-Alben. Jede Seite hat nun ein
eigenes Layout, es gab kurze Hinweise zu den einzelnen
in die Felder einzufügenden Marken, außerdem wurde
ein stärkeres Papier benutzt, was die Preise des Albums
auf fünf bis sechs Dollar verteuerte, je nach Ausführung.
Damit war dieses Album weit besser als Appleton’s Konkurrenzausgabe und kam bei Sammlern gut an, zumal es
aktueller war.
Im Juni 1870 erschien die dritte Auflage, dieses Mal nun
mit beidseitig bedruckten Albenseiten. Zuvor war aber
19 Vgl. www.apfelbauminc.com (siehe Anm. 18)
20 Vgl. www.apfelbauminc.com (siehe Anm. 18)
21 Vgl. Robert Obojski: Vintage Albums, in: Scott’s Monthly Stamp Journal, Vol. 59, No. 3/März 1978, S. 4ff.
22 George T. Turner: A Century, 1868–1968, Scott’s Albums, in: Scott’s
Monthly Stamp Journal, Vol. 49, No. 1/März 1968, S. 1ff.
schon im Januar 1869 „The Philatelist’s or Scott’s American Postage Album“ erschienen. Dies zu erwähnen, ist
hier wichtig, denn es wurde von Scott als spezielles Album
für Anfänger angepriesen. Enthalten waren quasi auch eine bis 1868 geführte Liste aller erschienenen Briefmarken und 6 000 Markenfelder. Die Auflage soll 15 000
Exemplare betragen haben und das Album war zu einem
Preis von einem Dollar vergleichsweise günstig.
Die 4. Auflage von 1871 trug noch den alten Titel, aber
die 5. Auflage von 1872 hieß aus heute unbekannten
Gründen plötzlich „Common Sense Stamp Album“. Drei
oder vier neue Auflagen, nunmehr jeweils mit Holzschnitten von Abbildungen ausgestattet, erschienen bis 1875,
bis erstmals das „International Postage Stamps Album“
herauskam, das nun 1 000 Markenabbildungen in guter
Ausführung enthielt, während Scott’s Holzschnitte in der
1872er-Ausgabe des „Common Sense Postage Album“
doch noch an Qualität arg zu wünschen übrig ließen.
Scott’s „International Postage Stamps Album“ wurde in
den 1870er-Jahren zu dem führenden Album seiner Zeit
in den USA und war durchaus dem „Imperial Stamp Album“ der namhaften Firma (von Edward) Stanley Gibbons in England vergleichbar, dessen Erstauflage 1870
erschienen war und 1876 bereits die dritte zählte. Ihm
knapp voraus ging das V.R.-Album von Stanley Gibbons,
ein deutlich schlichter gestaltetes Produkt, das bereits um
1868/69 erschien, aber auch eine Art erstes PermanentAlbum, das 1869 von dem bekannten englischen Briefmarkenhändler und Verleger H. Stafford Smith auf den
Markt gebracht worden war. Dieses Album war sowohl
für Marken wie für Ganzsachen geeignet, richtete sich allerdings mehr an Spezialisten als an Anfänger. Mit der 7.
Auflage des „Imperial Stamp Albums“, betreut von Major
Edward Dennis Bacon, wurde das Album 1892 eingestellt.
Damit blickt man aber bereits auf die 1870er- und später nachfolgende Jahre, in denen sich weltweit die Namen
von Herausgebern ebenso mehrte wie die Zahl der Ausführungen und Formate diverser Alben. Darauf kann hier
schon aus Platzgründen nicht näher eingegangen werden, weshalb noch einmal auf die wirkliche Pionierzeit der
1860er-Jahre zurückzukommen ist.
In Deutschland gab es weitere teils kurzlebige Versuche
heute meist völlig unbekannter Albenverleger, die solche
Produkte auf anderen Wegen außerhalb der Philatelie vermarkteten. Zum Beispiel ein „Briefmarken-Album“ von W.
Eims in Halberstedt 1864, das allerdings wie auch das zuvor bereits in einer Fußnote erwähnte Produkt von Calvary
& Co. in Berlin nicht direkt von den Herstellern herausgegeben und vertrieben wurde, sondern über die damalige Weltfirma François Vité in Berlin, die stark mit eigenen
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und fremden Produkten im Papier-, Schreib- und Lederwarenhandel vertreten war. Es war sehr preiswert für 10
Sgr. zu erhalten. Diese Vité-Alben enthielten ebenfalls nur
Markenumrandungen, eine kleine Beschreibung der Marken sowie Wappen und Abbildungen der Herrscher. In den
60er-Jahren waren noch keine Markenabbildungen enthalten, erst ab Beginn der 70er-Jahre wurden diese aufgenommen.
Max Wilferodts Name ist 1865 verknüpft mit der Herausgabe eines einseitig bedruckten sehr preiswerten Albums,
das im kleinen Mittelquart-Format erschien, In den Auflagen von 1865/70 waren nur Markenfelder mit Ländernamen auf den einseitig bedruckten Blättern enthalten,
danach wurden auch Text und Marken als Seitenschmuck
eingeführt. Die letzten Auflagen erschienen wohl Anfang
der 80er-Jahre.23
Spielte Deutschland in den frühen Jahren philatelistischer Literatur nicht die erste, bestenfalls stets nur eine
der „ersten Geigen“, war dies auf dem Gebiet der AlbenLiteratur eher anders. Hier waren rührige Leipziger Verleger von Beginn an mit dabei und diese Übersicht wäre
sicherlich nicht vollständig, ohne noch einmal auf Gustav
Bauschke aus Leipzig zurückzukommen.
Ende der 1860er-Jahre hatte nämlich Gustav Bauschke
sein Briefmarkenalbum an seinen Mitarbeiter Julius Kümmel verkauft und war nach Dresden übergesiedelt. Dort
sah er die Sammlung von Alfred Moschkau. Diese war
auf leeren Blättern aufgebaut, um die Moschkau Markenumrandungen gezogen hatte, wobei Jahreszahlen und
Farbangaben zusätzlich vermerkt wurden. Die Sammlung
war derart komplett, dass Bauschke erneut seine Albumidee auf Grundlage dieser Sammlung realisierte, dessen erste Auflage im August 1870 bei seinem Freund und
Verleger Eduard Wartig in Leipzig erschien. Wie bereits zu
Beginn dieses Kapitel ausgeführt, allerdings nicht unter
eigenem Namen, sondern mit einer Art Pseudonym, einem Anagramm, nämlich SCHAUBEK, was nichts anderes
als eine Umstellung der Namensbuchstaben bedeutete,
Bauschke aber vor einer juristischen Auseinandersetzung
mit seinem früheren Mitarbeiter bewahrte.
Das Album war nur einseitig – rechts – bedruckt, noch ohne Abbildungen, dafür aber mit Umrandungen für KuvertAusschnitte. Es erschien schon im September 1871 mit
einer zweiten Auflage24, wobei jedes Album 28 ½ Druck23 Norbert Breunig – in DBZ 6/1961, S. 453 – kannte allerdings nur
drei Auflagen: 1865, 1868 und 1870 und er bezeichnete die letztgenannte auch als die zuletzt erschienene.
24 Nach Norbert Breunig, siehe: DBZ, Nr. 6/1961, S. 453, erschien
diese angeblich erst 1873, aber in diesem Jahr besprach – so Carlrichard Brühl, Geschichte der Philatelie, Band 2, S. 717 – Alfred
Moschkau bereits die dritte erschienene Auflage, die in sieben ver-
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bogen stark war. Moschkau fühlte sich durch dieses Album so geehrt, dass er diesem höchstes Lob aussprach
und enthusiastisch formulierte, dass es „an Zweckmäßigkeit und Originalität alle bisherigen übertrifft“ und „mit
ihm ... ein großer Schritt zum Besseren gethan worden
sei.“25 Das Lob mochte stimmen, trug aber der Tatsache,
dass auch dieses neue Album die Felder für die Ganzsachenwertstempel viel zu klein vorgab, keine Rechnung.
Bis 1876 erlebte dieses Album drei Auflagen zu je 10 000
Stück, dann erwarb es im Herbst des gleichen Jahres Louis Senf zum Preis von 10 500 RM, da Bauschke Anfang
August 1876 geisteskrank geworden war.26 Senf baute
das Album weiter aus, die Bearbeitung übernahm Alfred
Moschkau, hatte aber kaum ein Jahr später Ärger mit dem
Verleger E. W. Grossmann aus Dresden, der Bauschke zwischenzeitlich beschäftigt hatte und nun versuchte, eigene
Rechte an dessen vormaligem Album geltend zu machen.
Die Folge war, dass ei großer Teil der Produktion der 4.
Auflage von 1877 nicht mehr verkauft werden durfte. Der
nachfolgende Prozess streckte sich bis Anfang 1879 hin,
so dass Louis Senf sich genötigt sah, 1878 erst einmal
statt des Schaubek-Albums die 1875 von ihm von Julius
Kümmel erworbene Albenproduktion („Internationales
Briefmarken-Album“, 20. Auflage) weiterzuführen, bis die
Gebrüder Senf 1883 mit einer neuen nunmehr illustrierten Ausgabe des Schaubek-Album aufwarten konnten.
Denn bis dahin erschien das Schaubek-Album nur in
deutscher Sprache und ohne Abbildungen. Es trat seinen
Siegeszug an, als Mitte der 80er-Jahre Holzschnitt-Abbildungen integriert und dann auch eine englische und französische Ausgabe angeboten wurden. 1894 verkaufte Richard Senf, seit 1890 alleiniger Inhaber der Firma Gebr.
Senf, die Rechte des Schaubek-Album an C. F. Lücke, der
es fortan bis zum Jahr 1930 verlegte, als es in den Besitz
der Leipziger Familie Junck überging.27 Es ist das eines
der wenigen, vielleicht gar das einzige der frühen Alben,
schiedenen Ausgaben angeboten wurde, wobei Brühl allerdings die
Erstausgabe in das Jahr 1871 datiert. Diese ist allerdings, wie man
Bauschkes eigener Zeitschrift entnehmen kann, bereits seit Sommer/Herbst 1870 vermarktet worden.
25 Alfred Moschkau: Wasserzeichen, S. 11; hier zitiert nach Carlrichard
Brühl, Geschichte der Philatelie, Band 2, Hildesheim 1986, S. 717
26 Zutreffend ist, dass Bauschke 1878 (nicht 1876, wie Carlrichard
Brühl, in seiner Geschichte der Philatelie, Band 2, Hildesheim 1986,
auf S. 723 schrieb) in der Irrenheilanstalt in Colditz verstorben ist.
Aber Brühl wies darauf hin, dass diesem Ende ein Unterschlagungsversuch und bei dessen Aufdeckung und nachfolgender Verhaftung
ein Tobsuchtsanfall Bauschkes vorangegangen sei, der erst die Einweisung in die Anstalt erforderlich gemacht habe. Belege für diese
Hypothese konnten bis heute nicht gefunden werden.
27 Die Angabe des Jahres 1893 bei C. Brühl in seiner „Geschichte
der Philatelie“, Band 2, S. 724, ist unzutreffend, denn der Vertrag,
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das über viele Jahrzehnte, letztlich bis zur Gegenwart,
kontinuierlich fortgeführt wurde.
Kehren wir noch einmal nach Spanien zurück, wo 1879
das erste Album des Briefmarkenhändlers Placido Ramón
de Torres in Barcelona unter dem Titel „Álbum ilustrado
para sellos de Correo y Telégrafos“ erschien. Es enthielt
252 Seiten im Hochformat sowie 3.982 Illustrationen von
Marken aus aller Welt. Das Album bot den Vorteil, sowohl
Platz für jede dieser Marken, aber auch Katalognotierungen für deren ungebrauchte und gestempelte Erhaltung
einzuschließen. Es wurde in hoher Auflage in vier verschiedenen Ausführungen vertrieben.
1895 brachte Francisco Cayuela, ein Briefmarkenhändler
aus Madrid, die Erstausgabe seines „Album para sellos de
Correos y Telégrafos de España y sus posesiones“ heraus.
Erstmals überhaupt berücksichtigte dieses Album nur die
Marken von Spanien und dessen Kolonien, denn die „Alle-Welt-Alben“ wurden immer voluminöser. Es hatte ein
Hochformat, war ansprechend gestaltet, war allerdings
ohne Abbildungen. 1897 und 1899 gab Cayuela zwei weitere ergänzte und überarbeitete Auflagen heraus, die in
diversen Leder- und Leinen-Einbänden erhältlich waren.
1898 veröffentlichte Miguel Gálvez Jimenez, Nachfolger
von Leopoldo Lopez, die Erstauflage seines „Album para
Sellos de Correos y Telégrafos de España y sus Colonias“.
Es enthielt 90 Seiten in großem Format und war mit einigen Illustrationen ausgestattet, schloss aber auch eine
große Breite von Varietäten ein, so dass man es als erstes
spanisches Spezial-Album ansehen kann. Es gab dieses
in Leder- und Leinen-Ausführung.
Soweit es Portugal angeht, brauchte es bis zum Jahr
1894, bis das erste Album in Lissabon von Faustino A.
Martins herauskam. Die erste Auflage seines „Album illustré pour Timbres-Poste du Portugal et Colonies, contenant 775 cases por les timbres“ hatte 69 Seiten und
zusätzliche weiße Vakatseiten, war aber – der Titel legt
dies bereits nahe – in französischer Sprache abgefasst.
Wahrscheinlich wurde es als separate Broschüre gegen
Ende 1895 veröffentlicht.
dessen Original dem Autor vorliegt, weist das Datum vom 12. März
1894 aus.
Bezieht man den ersten Zehnjahreszeitraum weltweiter
Philatelie ein, sind – soweit bisher bekannt – aus anderen
Ländern als Frankreich, England, Belgien, Deutschland,
USA und den Niederlanden keine Hersteller bekannt, die
sich mit einer Eigenproduktion solcher Albenprodukte
auszeichneten.28 Zwar gab es für Spanien und vielleicht
auch andere Länder Alben in eigener Sprachausführung,
aber diese entstanden nicht im eigenen Sprachumfeld. In
der Mehrzahl gelten all diese Alben heute als Seltenheiten, die Mehrzahl – zumal in guter präsentabler Erhaltung
(also ohne Ausschnitte und ähnliche Zerstörungen) – als
Raritäten.
Dies mag verwundern, sind doch aus dieser Zeit reichlich Briefmarken in allen gewünschten Erhaltungsstufen
auf dem Markt. Seine Erklärung findet dieser Raritätsfaktor mit zweierlei Gründen: Die ersten Alben waren keine
Permanentalben, d.h. mit jeder (jährlichen) Neuausgabe hatte der Besitzer seine Marken „umzukleben“, was
in der Regel auf die teilweise oder gar vollständige Zerstörung des Vorgängeralbums hinauslief, da die Marken
selbst ja meist vollflächig mit Gummi Arabicum, fast wie
mit Zement befestigt waren. Der zweite hier anzuführende Grund ist die Tatsache, dass nur bis zum Ende des
19. Jahrhunderts Alben direkt als Literatur gewertet und
angesehen wurden. Suppantschitsch führte sie in seiner
großartigen Bibliografie noch auf, Crawford 1911 bereits
nicht mehr. Nicht nur die Zahl der damals existierenden
Alben war bereits unüberschaubar, auch die Ausführungen ähnelten einander immer mehr und verloren dabei
zunehmend mehr den zuvor bei vielen vorhandenen lexikalischen oder katalogbezogenen Charakter. Damit wurden sie bei Verzicht auf literarische Individualität endgültig zu einem Massenprodukt bis hin zu den Vordruckalben
heutiger Tage.
28 Dr. Andrey Strygin erwähnt in einem Beitrag „The birth and development of Russian philately“ (in: OPUS XII 2012 der AEP, S. 7) ein
bereits 1866 in St. Petersburg angebotenes Album einheimischer
Produktion. Nähere Angaben zu diesem Album fehlen allerdings.
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3
Philatelie in der Krise – Neuanfänge
(ca. 1871–1885)
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Dieses Thema mag in einem solchen Buch überraschen,
zumal es bislang selten eingehendere Behandlung gefunden hat. Aber Philatelie als Hobby, besonders aber
die kommerzielle Produktion von Fachzeitschriften und
Büchern, steht in direktem Zusammenhang mit politischgesellschaftlichen, aber auch daraus resultierenden wirtschaftlichen Zusammenhängen, z.B. der Prosperität oder
des Niedergangs. Verständlicherweise zeigen solche Entwicklungen auch Folgen für die Philatelie, sei es für Neigungen, Vereine zu gründen, Bücher zu schreiben oder
Zeitschriften zu abonnieren. In unsicheren Zeiten, in denen die Wirtschaft darniederliegt oder anderen politisch
vorgegebenen Zielen zu folgen hat, wird die Philatelie
als Ganzes betroffen, die Nachfrage geht zurück, damit
kommt die Produktion von Literatur eher zum Stillstand.
Klassische Beispiele hierfür sind gerade aus Kriegszeiten und den darin involvierten Ländern, besonders aus
Deutschland und dem 20. Jahrhundert bekannt. 1915,
im Ersten Weltkrieg, mussten die Gebrüder Senf ihre damals weltweit verbreiteten „Senf-Kataloge“ einstellen, da
Papier zu einer kriegswichtigen Ressource geworden war
und das Personal der namhaften Firma Wehrdienst zu
leisten hatte. Das bekannte Briefmarkenhaus hielt sich
nur mühsam mit einem arg reduzierten Mitarbeiterstab
52 |
über Wasser und schaffte es gerade noch, die eigene Zeitschrift, das „Illustrierte Briefmarken-Journal“ herauszugeben.
Viel schlimmer traf es alle deutschen Katalog-, Alben- und
Zeitschriftenverlage im Zweiten Weltkrieg, denn im März
1943 hieß es auf staatliche Verordnung hin, jedwede literarische Produktion einzustellen. Papier war eminent
wichtiges Kriegsmaterial geworden, das für Flugblätter,
Plakate und dergleichen dringend benötigt wurde, zumal
die Quellen aus dem Ausland zunehmend versiegten.
Es ist heute eine interessante Frage, inwieweit solche und
vergleichbare Vorgänge auch die Philatelie des 19. Jahrhunderts tangiert haben, welche wellenartigen Verläufe
also die frühe Produktion philatelistischer Literatur in den
Jahren von 1860 bis zur Jahrhundertwende genommen
hat, – vorausgesetzt, solche „Wellen“, besser „Kurven“
lassen sich nachweisen.
Solchen eher noch vorläufigen Betrachtungen, die künftig
sicherlich durch weitere Analysen zu untermauern wären,
widmet sich das erste Teilkapitel, gefolgt von Beschreibungen in den nachfolgenden Teilkapiteln, die nach den
Jahren zurückgehender Produktion in den 1870er-Jahren
den gegenteiligen Trend des Zuwachses und der Expansion ab den 1880er-Jahren verdeutlichen.
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3.1
Kriege in Europa und ihre Folgen
für die Philatelie und Literatur
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Die Zeit von circa 1860 bis 1875 ist mit Blick auf die frühe philatelistische Literatur als eine Art „Pionierphase“ zu
bezeichnen. Es waren die Jahre, in denen in Nordamerika und zahlreichen Ländern West- und Osteuropas erste
Publikationen entstanden, die Strukturen und „Formate“
schufen, dank derer sich die Interessen von Sammlern
und Lesern fokussierten und damit immer wieder neue
Auflagen und Ausgaben von Katalogen oder neu ins Leben gerufenen Fachblättern formten.
Die vorhergehenden Kapitel haben bereits deutlich gezeigt, dass gerade in Großbritannien, Frankreich, Belgien,
Deutschland und Österreich sehr früh das Literaturschaffen aufblühte, aber eine differenziertere Betrachtung wird
zeigen, dass dies teilweise auch nur „Eintagsfliegen“ waren, die spätere Entwicklung kaum mit der Erstentwicklung Stand halten konnte.
Hier einen direkt-stringenten Zusammenhang mit dem
politischen Geschehen in Westeuropa seit 1865 zu sehen, mag vielleicht nicht unbedingt auf der Hand liegen,
aber einige damalige Ereignisse seien hierzu einmal in Erinnerung gerufen:
• In den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) hatte der amerikanische Bürgerkriege von 1861–1865 das
Land gespalten, zahllose Opfer gefordert und Menschen
in Nord- und Südstaaten getrennt. Wie ein Blick in die Buchund Zeitschriftenliteratur beweist, startete die eigentliche
Philatelie-Produktion – Ausnahmen bestätigen eher die
Regel – erst nach Beilegung der kriegerischen Auseinandersetzung und langsamer Befriedung des Landes.
• In Europa war die Lage nach den Napoleonischen
Kriegen zu Beginn des 19. Jahrhunderts weit verworrener.
Zwar hatte der Wiener Kongress die althergebrachte Ordnung scheinbar wiederhergestellt, ein Deutscher Bund als
loser Staatenbund war gegründet worden, zu dem auch
Teile Preußens und Österreichs zählten, aber gerade zwischen diesen beiden Mächten knisterte es unaufhörlich,
da jeder seine Vormachtstellung behalten, ausbauen und
untermauern wollte. Der deutsch-dänische Krieg (1848–
1851) gab bereits einen ersten „Vorgeschmack“, aber die
latent vorhandenen Spannungen führten, ausgehend von
Besitzansprüchen Preußens und Österreichs in den gemeinsam verwalteten Gebieten Schleswig und Holsteins
letztlich zur offenen Auseinandersetzung. Waren diese, allerdings nur vorläufig mit der Gasteiner Konvention 1865
noch beigelegt worden – Österreich beschränkte sich dabei auf die Verwaltung von Holstein –, brach Preußen dieses Abkommen mit der Besetzung Holsteins. Es folgte die
Mobilmachung in Österreich, der Austritt Preußens aus
dem Deutschen Bund und dessen Kriegserklärung am
19. Juni 1866 an Österreich.
Bewertet man diesen Nachfolgekrieg, sieht man leicht,
dass zahlreiche damalige Gebiete (Staaten) in Mitleidenschaft gezogen waren. Österreich scharte die deutschen
Mittelstaaten Bayern, Hannover, Sachsen, Württemberg
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und Bayern nebst diversen deutschen Kleinstaaten um
sich, Preußen hatte die thüringischen Kleinstaaten, einige
norddeutsche Länder sowie Italien auf seiner Seite.
Preußen blieb nach vergleichsweise kurzem Kriegsverlauf
in der Entscheidungsschlacht am 3. Juli 1866 bei Königgrätz Sieger, rückte bis nach Wien vor, während Österreich
sich in Italien als siegreich erwies. Dank Vermittlung des
französischen Kaisers Napoleon III. wurde letztlich am 23.
August der Frieden mit Preußen und am 3. Oktober der mit
Italien geschlossen. Für das unterlegene Österreich hatte dies Folgen. Holstein war an Preußen abzutreten, der
Deutsche Bund wurde aufgelöst und die preußische Besetzung in Norddeutschland (Hannover, Hessen, Schleswig, Frankfurt etc.) war bei Zahlung einer hohen Kriegsentschädigung anzuerkennen. Venetien fiel an Italien.
• Der dritte, weitaus folgenträchtigere Krieg war der
Deutsch-Französische Krieg vom 19. Juli 1870 bis zum
10. Mai 1871. Folgenträchtiger allein schon deshalb, weil
weit größere Bevölkerungsgruppen in den Krieg involviert
waren. Auf französischer Seite waren es bei Kriegsbeginn
bereits 400 000 Soldaten, auf deutscher 100 000 weniger, aber insgesamt wurden 1,4 Millionen Soldaten allein
von Deutschland rekrutiert. Die Verluste waren enorm.
Der Blutzoll hoch. Frankreich verlor fast 140 000 Soldaten im Felde, Deutschland knapp 45 000. Es gab eine halbe Million Gefangene und über 230 000 Verwundete.
Frankreich hatte den Kriegsverlust teuer zu bezahlen:
mit Abtritt der damals überwiegend deutsch- oder zweisprachig geprägten Gebiete Elsass und Lothringen. Außerdem mit einer Reparationssumme in Höhe von fünf
Milliarden Franc – zu jener Zeit eine unschätzbar hohe
Summe, die die gesamte französische Wirtschaft stark
beeinträchtigte, während dieses ab den Jahren 1872–
1874 die deutsche Wirtschaft beflügelte und hohe Ausbaupotentiale für Rüstung (Marine) und Infrastruktur
brachte. Die Urbanisierung der meisten Städte Deutschlands nahm damit einen ungebremsten Verlauf.
• Zweifellos in direktem Zusammenhang – dies ist
an Einzelfällen auch philateliegeschichtlich belegbar –
standen Auswanderungswellen im 19. Jahrhundert. Der
direkte Zusammenhang war in der Regel die konjunkturelle Entwicklung. So hatte infolge einer anhaltenden Wirtschaftskrise bereits 1845 bis 1865 im südwestdeutschen
Raum die größte Massenemigration im 19. Jahrhundert,
meist in Richtung Vereinigte Staaten, stattgefunden, die
erst durch den amerikanischen Bürgerkrieg zum Erliegen
kam. Der deutsch-französische Krieg war Anlass für viele
junge Menschen, den Kriegsgräueln in den Ländern West-
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europas zuvorzukommen und mit ihrer Emigration, besser
gesagt, mit ihrer Flucht, dem zuvorzukommen.
Philatelistische Aspekte
Von Wilhelm Faber, dem Gründer des ersten deutschen
Vereins – dieser wurde im Mai 1869 in Heidelberg aus der
Taufe gehoben – ist bekannt, dass er 1870 Deutschland
verließ, um zu Verwandten in die USA zurückzukehren.
Seine Emigration, er blieb fortan in den USA, steht durchaus in direktem Zusammenhang mit dem Krieg, ebenso
das Ende dieses ersten Vereins, der ab Mai 1870 langsam erlosch.
Aufschlussreicher sind aber andere Zahlen, nämlich die
der veröffentlichten Fachzeitschriften während des hier
zu behandelnden Zeitraumes. Dazu einige Belege:
Belgien: Von 1865 bis 1875 erblickte in Belgien nur eine
neue Zeitschrift – „Le Timbre Fiscal“ – , von J. B. Moens
in Brüssel herausgegeben, das Leben, dies allerdings erst
ab Januar 1874. Sie bestand bis Ende 1896, aber in den
Friedejahren nach 1875/80 kamen immerhin sechs neue
Blätter zur Welt.
Deutschland: Rein nominell gesehen, sind für die Zeit
von 1865–1875 insgesamt 13 neue Fachjournale zu verzeichnen. Das klingt auf den ersten Blick nicht unbedingt
nach Rückgang. Aber dieser erste Blick täuscht, was man
leicht nachvollziehen kann, wenn man sich diese Neugründungen näher betrachtet.
Weil noch in diesen 10-Jahres-Zeitraum hineinragend, sei
zuerst „Der Deutsche Briefmarken-Sammler“ der Gebr.
Spiro genannt. Es erschienen zwischen November 1864
bis zum 20. Februar 1865 nur drei wenig umfangreiche
Ausgaben. Die Zeitschrift war bisher nur in einem Exemplar der Britisch Library (ex Crawford) belegt; ein weiteres
konnte der Autor in der Privatbibliothek von Raffaele Diena vor einem Jahr identifizieren. Die Auflage dieses von
den berühmt-berüchtigten Vertreibern von privat erstellten Nachdrucken („Fälschungen“) in Hamburg herausgegebenen Blattes kann also kaum nennenswert groß gewesen sein. Vielen galt es wohl eher als Werbeblatt statt als
Fachzeitschrift.
Längeres Leben hatte demgegenüber die Zeitschrift „Der
Briefmarken-Sammler“, die Gustav Bauschke im Januar
1866 gegründet hatte und die ab der Nr. 24 (Mitte 1868)
von seinem Mitarbeiter Julius Kümmel weitergeführt wurde. Aufschlussreich ist, dass bereits 1870 statt der monatlichen Ausgaben eine Doppelausgabe erschien. Der 6.
Jahrgang schloss am 25. März 1871, wobei auch die letzte
Nummer vom Februar/März bereits eine Doppelausgabe
war. Zufall? Wer näher hinschaut, sieht, dass es bereits
seit der Nr. 44/45 (August 1870) bergab ging. Neun Sei-
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ten lang konnte man „Einiges im Abriss aus den Kriegswissenschaften“ lesen, über Philatelie aber nur noch eine
Seite. Nicht anders sah es mit der Nr. 46 aus und in Nr. 47
„erfreuten“ den Leser „Reisebriefe aus Strassburg“. Auch
die weiteren Ausgaben enthielten kaum oder nichts nennenswert Philatelistisches mehr, bis das ehemals niveauvolle Blatt mit der erwähnten Doppelnummer einging.
Wilhelm Faber aus Heidelberg wurde bereits erwähnt. Mit
seinem Namen verbunden bleibt die erste philatelistische
Vereins-Zeitschrift Deutschlands, „Der Bazar für Briefmarken-Sammler“. Dieser erschien mit nur elf Nummern vom
1. Juli 1869 bis 15. Mai 1870 und wurde dann ein direktes Opfer des Krieges.
Vergleichsweise aufschlussreich ist „Der BriefmarkenAnzeiger“ von Arthur Wildt in Kassel, der am 15. Januar
1870 herauskam. Nur mit einer Nummer, obwohl das Inseraten-Blatt kostenlos war. Es fanden sich keine Interessenten!
Weitaus besser aufgestellt war da die „Deutsche Briefmarken-Zeitung“, ein weiteres Fachmagazin von Gustav Bauschke, das er von Oktober 1870 bis Juni 1873
mit insgesamt 33 Nummern (die Ausgaben Nr. 29 und
30 sind allerdings nie erschienen) zusammen mit Alwin
Zschiesche vertrieb. Dies war die einzig nennenswerte
Fachzeitschrift, die zur Zeit des Deutsch-Französischen
Krieges erschien und sie ging trotzdem ein, gerade als
sich die deutsche Wirtschaft wieder zu erholen begann.
Es mögen persönliche Gründe (Bauschkes unheilbare
Erkrankung) dafür verantwortlich gewesen sein, ähnlich
wie bei „A. Moschkau’s Magazin für den Sammler von Essais, Privatpost-, Wechsel-, Stempel-, Telegraphen- und
Eisenbahnmarken“ (ab Nr. 4: „A. Moschkau‘s Magazin
für Deutschlands Markensammler“), das nur vom 15. Juli
1871 bis Juni 1872 existierte und wegen eines verloren
gegangenen und teuer zu bezahlenden Prozessverlustes
eingestellt wurde. Bauschke machte übrigens noch einmal, 1874, einen letzten Versuch mit den „Philatelistischen Blättern“, die er von Juli bis Dezember mit sechs
Nummern (die letzte war bereits eine Doppelnummer)
herausgab, dies in Reudnitz und unter dem Deckmantel
eines „Vereins von Philatelisten“. Er konnte es nicht lassen, aber seine Krankheit war zu dieser Zeit bereits zu
fortgeschritten.
Moschkau sind auch „Vertrauliche Mittheilungen“ seines
von ihm gegründeten zweiten Deutschen PhilatelistenVereins“ in Dresden zu verdanken, die mit insgesamt vier
Ausgaben von Oktober 1871 bis Juni 1875 (!) erschienen.
Auch sein Versuch mit einer neuen Fachzeitschrift „Der
Philatelist“ blieb bei zwei Nummern vom 1. September
und 10. Oktober 1872 im Ansatz stecken.
Ähnlich erging es dem „Regelmäßigen Wochen- und
Marktbericht der Hamburger, Lübecker und Bremer Briefmarken-Börse“, von dem nur eine Ausgabe im September
1872 verlegt wurde. Dagegen war der „Allgemeine Briefmarken-Anzeiger“ tatsächlich längerfristig zu beziehen,
nämlich seit Oktober 1871 bis Dezember 1880, aber dieses Blatt von F. W. Rademacher in Hamburg war eine Ausnahme und eher ein Inseratenblatt.
Erst ab Januar 1874 erschien eine Publikation von Bestand: Das „Illustrirte Briefmarken-Journal“ der Gebr. Senf
(Nr. 1–6 unter dem Deckmantel von Werninck & Co., ab
Mitte 1874 bis 1880 im Verlag von Louis Senf, dann von
den Gebr. Senf bis 1943). Dies war – neben der „Deutschen Briefmarken-Zeitung“ von Bauschke die einzig wirklich erwähnenswerte periodische Publikation, die Nennung verdient hat. Sie erschien aber erst – und das galt
es zu zeigen – ab Januar 1874, als alle anderen Blätter
längst ihr Erscheinen eingestellt hatten. Dass auch diese Zeitschrift in den ersten Jahren kein einfaches Leben
hatte, beweist dessen Auflage, die wohl zwischen 300 bis
500 Exemplaren lag. Erst ab 1885 wuchs die Auflage beständig auf zuerst vier-, dann fünfstellige Zahlen an.
Frankreich: Frankreich war das Land, das auch wirtschaftlich am stärksten unter dem 1870/71er-Krieg und
dessen Folgen zu leiden hatte. Dies spiegelt sich auch in
den Zahlen neuer Periodika. Von 1864 bis 1875 wurden
nur drei neue Journale gegründet, – danach und bis 1890
waren es bereits wieder sechs.
Zu nennen wäre hier zuerst der „Timbrophile“, die von Pierre Mahé in Paris von November 1864 bis Januar 1871
herausgegebene Fachzeitschrift. Sie überlegte die Belagerung von Paris nicht.
Besser erging es da Arthur Maurys „Collectioneur des Timbres-Poste“, der bereits seit dem 15. Juli 1864 erschien
und bis Ende 1906 bestand. Aber auch Maury legte eine (freiwillige?) Pause ein, denn 1869 erschien die Zeitschrift nicht, nachdem bereits 1868 nur eine Ausgabe
(Nr. 38) herausgekommen war. Und die erste Ausgabe
von 1870 war eine Doppelnummer (39–40), weitere erschienen nicht. Weder 1870, noch 1871 oder 1872. Erst
im Dezember 1873 gab es die Nr. 41! Zugegeben: Auch in
den Jahren danach, also bis 1885, glänzte das Blatt eher
durch Nichterscheinen, und war auch bereits vor 1870
nur mit jeweils einigen Nummern vertreten, aber der Zusammenhang mit der politisch-wirtschaftlichen Entwicklung ist doch nicht zu übersehen.
Erst ab 1874 kam es zu einem weiteren Periodikum, das
langen Bestand hatte: „Ami des Timbres“ hieß das von
Ch. Roussin in Paris herausgegebene Blatt, das bis 1902
monatlich erschien. Und erst ein Jahr später erschien das
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„Bulletin de la Société Française de Timbrologie“ im Oktober 1875, eine Veröffentlichung eines namhaften Vereins
in Paris, die immerhin bis zum Juli 1896 in 14 Ausgaben
pro Jahr publiziert wurde. Aber auch diese entstanden
erst um 1874/1875, als die größten Wunden, die der
Krieg geschlagen hatte, so langsam verheilten.
Österreich: Vergleichbar Frankreich lässt sich auch in Österreich der Rückschluss der Zahlen erschienener Periodika zum allgemein gesellschaftlich-politischen Geschehen
ziehen. Zwar gab es im Juni 1866 mit dem „BriefmarkenAnzeiger“, einem „Organ zur Belebung und Erleichterung
des Verkehrs zwischen Timbrophilen“ von Carl von Cardona in Triest einen Erstversuch, die Zeitschrift kam aber
über diese erste Nummer nicht hinaus. Es ist überliefert,
dass der Herausgeber damals gerade einmal 13 oder 14
Jahre alt war und dessen Vater ihm weitere publizistische
Tätigkeit umgehend untersagte.
War dieser Erstling ein reines Anzeigenblatt, galt dies
nicht für den „Deutschen Briefmarken-Sammler“, der
in Aussig – also im heutigen Tschechien – ab (Januar?)
1869 von Gustav Bauschke (dieser kehrte spätestens
1870 nach Dresden zurück) herausgegeben wurde. Das
Blatt erschien in derart geringer Auflage (und ist bis heute
dem Autor nicht begegnet), dass selbst Victor Suppantschitsch Jahrzehnte später Alfred Moschkau anfragte, ob
es denn über offenbar drei ihm vorliegende Nummern,
vermutlich die Nummern 1–3, überhaupt weitere gegeben habe, denn Moschkau hatte Anfang der 1870er-Jahre
behauptet, sechs seien herausgekommen. Belegen konnte dieser es nicht und bis heute sind mehr als die drei Einzelnummern nicht bekannt und nur in ganz wenigen Bibliotheken der Welt überhaupt dokumentiert. Aber beide
Zeitschriften waren – im engeren Sinne und aus heutiger
Sicht – keine österreichischen Publikationen, letztere von
einem Deutschen gefertigt, der nur eine Interimsphase in
Aussig (heute: Ústi nad Labem) hatte.
Das erste im Kernbereich Österreichs produzierte Periodikum waren die „Philatelistischen Berichte“ des Briefmarkenhändlers S. F. Friedmann, der bereits 1871/72
mit Alfred Moschkau an dessen Magazin beteiligt war und
dieses jeweils vierseitige kleinformatige Blatt erschien
von Juli 1872 bis Dezember 1877. Es war keine Fachzeitschrift im engeren Sinne, sondern nur jeweils eine Zusammenstellung von kurzen (Neuheiten-)Nachrichten und Anzeigen.
Nimmt man den „Corriere di Francobolli“ (März 1875 bis
April 1879) aus, dann war es erst Sigmund Friedls „Wiener Illustrirte Briefmarken-Zeitung“ – sie erschien ab Januar 1876 –, die als erste Fachzeitschrift in Österreich
mit redaktionell eigenständiger Gestaltung zu werten ist.
56 |
Dieses monatliche Magazin erschien bis Ende 1879, wurde dann aber bis in die 90er-Jahre unter dem neuen Titel
„Weltpost“ fortgeführt.
Das heißt: Während des Kriegsjahrzehnts von 1865 bis
1875 gab es so gut wie keine nennenswerte Fachzeitschrift in Österreich! Erst danach gab es bis 1890 sechszehn neue Blätter, darunter die im Juli 1880 erstmals herausgegebene „Wiener Briefmarken-Zeitung“ von Heinrich
Koch, ein durchaus gut gemachtes Blatt. Einen eindeutigeren Hinweis auf Kriegsgeschehen und dessen Folgen
kann man wohl kaum erhalten.
Nicht vergessen sei die Schweiz, denn dort waren ja bereits 1864 ein erster Katalog von Wilhelm Georg in Basel, auch erste Preislisten der Fa. Chapalay Fils & Co. in
Genf herausgegeben worden, denen 1865 sogar noch ein
87-Seiten-Katalog der letztgenannten Firma folgte. Danach, von 1865 bis 1875, gab es aber so gut wie keine
philatelistische Literatur mehr. Bis im Oktober 1875 Eduard Riesen in Schwanden (Kanton Glarus) die erste Briefmarken-Zeitung in der Schweiz, die „Schweizerische Briefmarkenzeitung“, herausgab, der ab 1879 weitere folgten.
Diese Interimsphase von nahezu zehn Jahren war wohl
kaum ein Zufall, zumal es auch in der Schweiz zwischen
1865 bis 1875 zahlreiche neue Sammler und Händler
gab. Man darf sie wohl in den Zusammenhang der Kontinentaleuropa stark beeinflussenden Kriegsfolgen sehen.
Dass es Ländern, wie z.B. Großbritannien, die nicht an
den Folgen solcher Ereignisse zu leiden hatten, anders
erging, mögen einige Zahlen abschließend beleuchten.
Großbritannien war ja das Land, in dem die ersten philatelistischen Publikationen bereits erschienen waren. Von
1862 bis 1864 kamen dort 26 neue Periodika auf den
Markt, von 1865 bis 1870 weitere 20. Die Zahlen sanken auch in den Folgejahren kaum ab, denn von 1871 bis
1875 sind 21 zu zählen, von 1876 bis 1880 sogar 34 (davon alleine 24 im Jahr 1880) und bis 1890 traten 94 weitere ihren mehr oder weniger großen und nennenswerten
Erfolg an. Dies war nahezu eine gleichbleibend bis deutlich ansteigende Kurve, völlig unbeeinflusst vom Geschehen auf dem Festland, dem Kontinent.
Demgegenüber belegt das Beispiel der Vereinigten
Staaten von Amerika (USA) durchaus Wellenentwicklung, die sicherlich auch mit den Folgen des Sezessionskrieges bis 1864 in Zusammenhang zu bringen sind. Die
erste Fachzeitschrift überhaupt („Stamp Collector’s Record“) erschien ab Dezember 1864. Drei weitere 1865,
zwei 1866, fünf 1867, drei 1868, zwei 1869, drei 1870
usw. Mitte der 1870er-Jahre brach der Boom der „Eintagsfliegen“, wie es an anderer Stelle bereits einmal hieß,
so richtig los. 1875 waren es nämlich bereits 13, ein Jahr
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später 17 und dann mehrten sich die Zahlen von Jahr zu
Jahr. Zufall? Der Autor glaubt nicht an Zufälle, wohl aber
an Zusammenhänge, die es auch damals in den Vereinigten Staaten gab. Das Land hatte auch erst die Folgen des
amerikanischen Bürgerkrieges zu verkraften. Die einzig
nennenswerte Ausnahme war das „American Journal of
Philately“, das ab 1. März 1868 von der New York Philatelic Society – teils wohl auch nach den ersten Jahren
zusammen oder unterstützt von John Walter Scott (alias
Alfred Turner) erschien und immerhin bis 1906 am Leben
blieb.
Zu der Zeit hatten bereits andere Herausgeber – namhafte Vereine, aber auch ebenso bedeutende Verleger und
Herausgeber das Heft des Handelns in die Hand genommen, worüber es an anderer Stelle zu berichten gilt.
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3.2
Erste Vereine – erste Vereinsliteratur
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Selbst im vereinsfreundlichen Deutschland, dessen Einwohnern man häufig nachsagt, Vereinsmeier zu sein, waren Vereine nicht zuerst da. Es dauerte fast zehn Jahre,
bis sich die ersten herausbildeten. Da hatten Händler wie
Sammler, aber auch die Katalog-, Fachzeitschriften sowie
Albenhersteller längst feste Strukturen für die Sammlervorlieben geschaffen, aber in den Augen nicht weniger
auf so manche Anforderung nicht genügend reagiert: Zum
Beispiel auf die Wünsche nach direkter Kommunikation,
Gedankenaustausch und Fachsimpelei besonders aber
auf das stetig gewachsene Bedürfnis nach dem Schutz
vor „Fälschungen“, wie Faksimiles und Nachdrucke aller
Art, selbst Neudrucke damals genannt wurden.
In der Philateliegeschichte waren die Deutschen nicht
die ersten, auch nicht, was die ersten rein auf Briefmarken bezogenen Vereine anging. Es steht zwar zu vermuten, dass den ersten heute noch bekannten und in der
Literatur datierten deutschen Vereinsgründungen lose
Versammlungen gleich interessierter Sammler an verschiedensten Orten, besonders da, wo sich zuvor Börsen
formiert hatten, vorausgingen.1
Hinweise verdichten den Eindruck, dass es auch in Dresden und an anderen Orten sich so abgespielt haben mag,
dass in den 1860er-Jahre unreglementierte Zusammenkünfte von interessierten Sammlern sich gerade dort bildeten, wo einzelne Händler, die nebenbei auch mit Marken
1 Belegt sind solche Hinweise z.B. für Hamburg aus den 1860er-Jahren, man kennt auch Beispiele aus späterer Zeit, z.B. aus Braunschweig (vgl.: Theodor Haas: Einführung in die Briefmarkenkunde,
Leipzig 1905, S. 570) oder London.
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schon handelten, Anlaufstation für eben diese Sammler
waren. Folgende Vereinsgründungen der 1860er-Jahre
sind bekannt:
1865, 01.01.
„Institut de France“ – Paris: „Société Philateliqué“,
gegr. von G. Herpin; Bestehen nur 1865
1867, 21.03.
New York: The Philatelic Society
1869, 10.04.
London: Philatelic Society London (ab November 1906: “Royal …”)2
Zu dem erst genannten Verein gab es sogar in der deutschen Fachpresse 1865 ein Hinweis, in dem es hieß:
„Eine Vereinigung der vorzüglichsten Markensammler in
Paris hat behufs Bildung eines Verein am letzten Decemberdonnerstage in der Wohnung des Herrn Becourt, Rue
2 Angaben nach Charles Phillips, Stamp Collecting, New York 1936,
S. 315 ff. Zuweilen findet man auch abweichende Angaben, so z.B.
über einen frühen Verein in Paris/Frankreich, der von Dr. Amable
Legrand gegründet worden sein soll. Dabei scheint es sich aber wohl
um die „La Societé Française de Timbrologie“ zu handeln, die allerdings „erst“ am 19. Februar 1874 gegründet wurde, deren erster
Präsident Baron Arthur von Rothschild und deren Sekretär Dr. A. Legrand war. Offenbar hat es aber in Paris auch davor noch einen weiteren oder den von 1865 fortgeführten Verein gegeben, an dem Dr.
Legrand ebenfalls federführend beteiligt war. Das Gründungsdatum
des New Yorker Vereins wird durch das „American Journal of Philately“, Nr. 1/März 1868, S. 2 bestätigt, wobei dieser Verein ebenfalls
nur bis 1870/71 existent war. Eine letzte Spur findet sich im „American Journal“, Juli 1871.
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Babylone 48 stattgefunden. Man beschäftigt sich in diesem Vereine mit der Feststellung streitiger Punkte und ist
gerne bereit, Auskunft jeder Art, welche den Briefmarkenverkehr betreffen, zu geben.“3
War zwar in England schon 1864 im „Stamp Collector’s
Magazine“ die Forderung nach Vereinsgründungen gestellt worden, wurde diese zuerst in Frankreich vom „Institut de France“ im Januar 1865 mit Gründung der „Société Philateliquée“ in Paris durch den Numismatiker L.
de Saulcy, den bekannten Philatelisten G. Herpin sowie E.
Regnard verwirklicht. Die am 10. April 1869 gegründete
„(spätere: Royal) Philatelic Society, London“ ist übrigens
der einzige dieser Pioniervereine, der heute noch besteht
und uneingeschränkt weltweite Anerkennung genießt.
Dabei hat auch der Londoner Verein seine vereinsähnliche Vorgeschichte, die markant an die frühen deutschen
Börsen der 1860er-Jahre erinnert. Denn dank Dr. C. W.
Viner, der diese frühen Jahre selbst in London miterlebte
und gestaltete, ist bekannt, dass sich schon Anfang der
1860er-Jahre Sammler bei einer Markenbörse in Change
Alley trafen. Diese wurde einmal von der Polizei gesprengt
und die Beteiligten, darunter auch Viner, landeten bei der
Polizei, wo sie sich wegen störender Menschenansammlung zu verantworten hatten. Ergebnis war, dass sich Dr.
Viner und seine Freunde zu einer „Art Verein“, zuerst
in der Great George Street, dann in Philbrick’s Büro im
„Temple“ zusammenfanden. Erst aus dieser vereinsähnlichen Organisation entstand dann 1869 die Philatelic
Society London. Dieser gehörte Mitgründer Dr. Viner von
1869 bis 1891 im Vorstand an.
Erst im August 1869 gründete der cand. jur. Wilhelm Faber in Heidelberg den Süddeutschen Philatelisten-Verein.
Da dieser Verein nur bis Mai resp. September 1870 bestand, hatte am 1. Mai 1871 Alfred Moschkau ebenfalls
sein Glück versucht und einen „Deutschen PhilatelistenVerein“ in Dresden ausgerufen. Das provisorische Comité
bestand aus drei Herren und Moschkau verwies darauf,
dass auch schon in England, Frankreich und den USA vergleichbare Vereine bestünden. Er rief alle Sammler auf,
diesem guten Beispiel zu folgen.4 Der Verein war eigentlich nur für gut zwei Jahre halbwegs aktiv, versank dann
im „Dornröschenschlaf“ und erst der Nachfolge-Verein,
der Internationale Philatelisten-Club Dresden“, der am
1. Januar 1877 gegründet wurde, hatte Dauerhaftigkeit
und Bestand bis heute.
Folgt man Theodor Haas, wurde sogar schon ein halbes Jahr vor dem ersten Dresdner Verein, am 1. Januar
1871, in Berlin ein „Berliner Briefmarkenverein“ gegründet, allerdings scheint die bei Haas genannten Abfolge
der Datumsangabe einen Satzfehler (1871 statt 1872) zu
enthalten, denn es folgt bei ihm als nächster Verein der
„Hamburger Philatelistenclub“, gegründet am 1. Oktober
1872. Wie ungesichert hier das Eis der Datumsbildung
ist, mag auch dieses Beispiel zeigen, denn das drei Jahrzehnte später verfasste „Bundesbuch“ des „Bundes Deutscher und Österreichischer Philatelisten-Vereine“ (1901)
nannte für eben diesen Verein das Gründungsdatum vom
12.11.1871.5
3 In: Der Deutsche Briefmarken-Sammler, Hrsg.: Gebr. Spiro, 1. Jg.
1865, Nr. 3, S. 21
5 Vgl. Bundesbuch des Bundes Deutscher und Österreichischer Philatelisten-Vereine, Ausgabe 1901, hrsg. Von der Bundesleitung, Mannheim 1901
4 Deutsche Briefmarken-Zeitschrift Nr. 8/1871, S. 59. Vgl. auch
a.a.O., S. 72–73.
Erste frühe Vereins-Literatur
Der Begriff der „Vereins-Literatur“ ist sicherlich schillernd,
meint aber die von einzelnen Vereinen unter oder mit ihrem Namen herausgegebene philatelistische Literatur, also Kataloge, Journale, Alben oder sonstige vergleichbare
Produkte. Auch hier dürfte dazu die Zeit bis ca. 1875 von
besonderem Interesse sein, zumal die Publikationen überschaubar bleiben. Sie mehrten sich erst ab den 1880erJahren allerdings drastisch, wobei auffällig ist, dass – bis
auf einige wenige Vereinsjournale – kaum andere Literaturprodukte zu nennen sind, denn diese waren jeweils in
privatwirtschaftlicher Hand von Verlagen.
Von der 1865 gegründeten „Société Philateliqué“ ist keine eigenständige Publikation bekannt. Diesem Verein
ging der zehn Jahre zuvor gegründete und häufig zitierte
“Omnibus Club” 1856 voraus, in dem vielleicht auch eine
– allerdings bis heute unbekannte – Zahl von Briefmarkensammlern war, aber eine Zeitschrift hatte auch dieser
Verein nicht. Eine solche hatte erst die New York Philatelic
Society, die ab dem 1. März 1868 das „American Journal
of Philately“ erscheinen ließ, das von Beginn an eng mit
dem Namen von John Walter Scott verbunden war. Bereits
in der ersten Nummer schrieb Scott, „that it will the study
of my life to make the AMERICAN JOURNAL OF PHILATELY
second to none of our European contemporaries, in regard to information.“6
Der Gehalt des Blattes bis 1878 – dann ging die Zeitschrift erst einmal ein – war im Vergleich zu späteren Zeiten fachlich nicht allzu hochstehend (es enthielt allerdings
viel zu Neuheiten, zur amerikanischen Post- und Postwertzeichengeschichte und zu generellen für Sammler damals
wichtigen Fragen), auch wenn zahlreiche, meist kleine
6 American Journal of Philately, No. 1/March 1868, S. 1
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Fachbeiträge der Klubzeitschrift durchaus zu entnehmen
sind und gar Abbildungen, z.B. im vierten Jahrgang 1871,
bereits farbig wiedergegeben wurden. Bemerkenswert bis
heute ist ein in den ersten Jahrgängen erschienener Katalogisierungsversuch aller 1868 bekannten Postwertzeichen, die allerdings nicht nach Ländern, sondern streng
einer chronologischen Ordnung folgend gelistet wurden.
Ein System, das sich nicht durchsetzte.
Das Blatt wurde dann ab 1878 von der J. W. Scott & Cie
(New York, Nassau Street) erst einmal für zehn Jahre als
reines Inseratenblatt fortgeführt, bevor die „zweite Serie“
1888 erschien, die dann durchaus den Titel eines tatsächlichen Fachblattes verdient hatte.
Die Philatelic Society in London hatte in ihren ersten Jahren kein eigenes Publikationsorgan. Mitglieder bezogen
andere Zeitschriften. „The London Philatelist“ erschien
erst seit Januar 1892. Zuvor stand dieser älteste heute
noch existierende Sammlerverein dem „Philatelic Record“
nahe, den es seit 1879 gab (bis 1895, danach ab 1896
bis 1899 unter neuem Herausgeber und Namen „The Philatelic Record and Stamp News“ und dann wieder unter
altem Namen von 1900 bis 1914).
Ähnlich kurzfristig wie das erwähnte amerikanische Blatt
des New Yorker Clubs war die Vereinszeitschrift des ersten Heidelberger Vereins (1869/70), aber auch anderer
deutscher Nachfolgevereine in Dresden (Verein deutscher
Philatelisten 1871–1875; Vertrauliche Mittheilungen, nur
vier Ausgaben). Regelmäßiger erschien dafür „Die UNION“ als „Deutsche Briefmarken-Zeitung“, von Alwin Nieske, dem Gründer des Internationalen Philatelisten-Vereins
Dresden ab Januar 1877 herausgegeben, die dann 1881
von der bereits erwähnten Publikation „Der Philatelist“
abgelöst wurde, die letztlich bis zur Zeit der Inflation im
Deutschland der 1920er-Jahre existierte.
Zu dieser Zeit, ab Oktober 1875, gab es schon das „Bulletin de la Société Française de Timbrologie“ des ein Jahr zuvor gegründeten Pariser Vereins, das immerhin bis 1896
herausgegeben wurde. Der Verein zählte bereits fünf Jahre nach Gründung 24 „membres titulaires“ (Gründungsmitglieder), fünf „membres libres“ (darunter Jean Baptiste Moens und Oscar Berger-Levrault) sowie 67 „membres
correspondants“ und zwei „Societés correspondantes“,
nämlich die „Philatelic Society, London“ (seit 1875), und
die „National Philatelical Society“ in New York (seit 1877).
Knapp 100 Mitglieder – wahrlich eine erstaunliche Zahl,
und bis heute klingen die Namen der Mehrzahl der damaligen Mitgliedern Kennern und Philateliegeschichtlern
vertraut. Angesichts dessen wundert es auch nicht, dass
die Vereinszeitschrift sicherlich auch – soweit es die Forschung in der damaligen weltweiten Philatelie betrifft –
60 |
als beste überhaupt gelten darf und erst in den 1890erJahren Fachblätter in anderen Ländern an dieses Niveau
anzuknüpfen vermochten.
Mit Blick auf die philatelistische Literatur und philatelistische Bibliografien sei diese Wertschätzung an einem
Beispiel untermauert. Philipp de Bosredon, der selbst mit
Oscar Berger-Levrault, John K. Tiffany, P. J. Anderson und
anderen Literaturkennern bestens bekannt war, stellte in
den Folgen 4, 5 und 8 des „Bulletin de la Société Française de Timbrologie“ eine „Bibliographie timbrologique de la
France“ vor, der die philatelistische Forschung bis heute
wertvolle Hinweise, gerade zu den frühen Ausgaben und
Auflagen der Listen von Berger-Levrault verdankt.7
Tiffany selbst – da wäre dann der hier gesetzte Zeitrahmen bis 1880 allerdings überschritten – wurde später,
1886, Präsident des ersten US-amerikanischen Verbandes. In den 1880-Jahren soll es in den Vereinigten Staaten bereits um geschätzte 25 000 Sammler gegeben haben. 1886 begann eine Diskussion über die Möglichkeit
einer nationalen Vereinigung bestehender Vereine (die
allerdings in der Mehrzahl noch kein nennenswertes eigenes publizistisches Organ hatten). Im April 1886 formte
sich ein „Committee“ einer Nationalen Organisation, der
die Herren S. B. Bradt, T. F. Cuno, G. Henderson, C. H. Mekeel und W. G. Whilden Jr. angehörten, die damals einen
Aufruf zur Verbandsgründung herausgaben. Rund 400
Sammler zeigten an solch einer Gründung Interesse. 219
sandten nicht nur ihre Zustimmung ein, sondern zahlten
auch 25 Cent, um per „proxy“ (Stimmübertragung) mit abzustimmen. Am 13. September 1886 war es dann soweit:
In New York wurde die „American Philatelic Association“
gegründet und am Folgetag John K. Tiffany, ein prominenter Anwalt aus St. Louis, zum ersten Präsidenten gewählt,
ein Amt, das er bis 1896 wahrnahm.8
Soweit es Fachzeitschriften und Monografien angeht, so
vermochten es namhafte Philatelisten, die Grenzen zwischen professionellen Verlagen und Vereinsherausgebern
derart schwinden zu lassen, dass ab den 1880er-Jahren
diese zuweilen kaum noch sichtbar wurden. Führende
Vereine und Verbände wurden zu Herausgebern wertvoller philatelistischer Literatur, deren Gehalt in nichts den
Werken „freier“ Verlage und Unternehmer nachstand. Die
Tücken der Pionierzeit hatten sie überwunden, wie einige
andere Kapitel in diesem Buch belegen können.
7 Siehe S. 101 und 131, aber auch S. 221 ff. (1876/1877). Der Beitrag fußt auf einer Präsentation, die De Bosredon am 3. Mai 1877
im Pariser Club vortrug.
8 Die kurze Zusammenfassung folgt einer Darstellung auf http://scripophily.net/amphaswevi18.html (Stand: 7.1.2013)
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3.3
Die Ausbreitung des Handels:
Bedeutende Kataloge und Auktionen
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Zwischen 1869 bis 1875 ging die Zahl nennenswerter
neuer Kataloge, die erstmals das Licht der Welt erblickten und tatsächlich mehr als eine Fortführung des bereits
Bestehenden waren, zurück. Ausnahmen bestätigen nur
die Regel. Ungebrochen war aber nun die nur noch – international gesehen – als „Flut“ zu bezeichnende Zahl mehr
oder weniger regelmäßig erscheinender Händler-Preislisten, die sich zu etablieren verstanden. Bis heute sind sie
weder umfassend erforscht, noch in solch einem Werk
wie diesem zu listen. So kann der Fokus nur auf den Werken liegen, die als namhafte, weit verbreitete Kataloge die
Zeit bis zum Jahrhundertwechsel prägten.
Mit dem Wiedererwachen des wirtschaftlichen und damit auch des philatelistischen Lebens in Europa kamen
neue, umfangreichere Werke, selbst Spezialkataloge dazu. Es entwickelten sich zunehmend mehr Handbücher
und Buchreihen, die aber an anderer Stelle (Kap. 4.1) eingehender zu würdigen sind. Selbst manche Monografien
(siehe Kap. 3.4) sind nicht überschneidungsfrei zuzuordnen, waren sie doch zuweilen eine Mischung von Katalog
und Forschungsstudie.
Ungeachtet dessen wird nachfolgend eine Auswahl bedeutender Kataloge, die zu dieser Zeit vorwiegend noch
universelle Kataloge, also Weltkataloge waren, benannt.
Es wird dabei zu zeigen sein, dass sich aus diesen Katalogreihen und weitere Werke wie z.B. Länderkataloge
entwickelten, die bis heute nichts von ihrem Klang und
berühmten Namen verloren haben.
Wenn in einem zweiten Teil dieses Kapitel auch auf die
ersten Auktionen in der Philatelie näher eingegangen
wird, so hat dies zwei Gründe: Zum einen arbeiten auch
Auktionen, selbst die Mehrzahl der als ersten bekannten,
mit Katalogen, nämlich mit mehr oder weniger umfangreichen Preislisten, in denen die einzelnen Lose, die verkauft werden sollten, angeboten wurden. Zum anderen ist
diese Form des Handels, wie zu zeigen sein wird, ebenfalls in der Zeit der frühen Entwicklung weltweiter Philatelie anzusiedeln, in den 1860er-/70er-Jahren. Sie waren
die Vorläufer heutiger teils gar globaler Auktions-Netzwerke, deren frühere Angebots- oder Preislisten sich längst
zu nicht selten umfangreichen Spezialwerken, gerade bei
„name sales“, also zu Hand- und Nachschlagebüchern
entwickelt haben, von denen einzelne später in Kap. 4.5
nähere Beachtung finden.
Eine Auswahl von Katalogen des 19. Jahrhunderts
Abweichend von der chronologischen Gliederung der ersten Preislisten und frühen Kataloge der Pionierjahre (vgl.
Kap. 2.1) werden spätere – in der Regel ab 1871 nachzuweisende – Kataloge dieser Art nach Ländern in alphabetischer Folge der englischen Sprache aufgeführt. Dies
bietet gleichzeitig die Möglichkeit eines kontinentalen
Vergleichs, eines leichteren Einblickes in Quantität und
Qualität der in den jeweiligen Ländern bereits bestehenden oder neu entstehenden Philatelie-Entwicklung. Einige
zusammenfassende Aspekte werden die Behandlung abrunden.
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Austria (Österreich)
In Österreich ist die spätere Entwicklung der Literatur,
zumal neuer Kataloge, besonders mit dem Namen von
Sigmund Friedl (1851–1914) in Wien bzw. Unterdöbling
bei Wien verbunden. Er gab 1877 den ersten Teil seines
„Illustrirten Katalog sämmtlicher bis 1876 erschienenen Briefmarken“ (Selbstverlag, Wien 1877, 176 Seiten)
heraus. Teil 2 folgte mit 62 Seiten („Illustrirter Katalog
sämmtlicher bis Anfang 1878 erschienenen Briefumschläge, Streifbänder etc.“) ein Jahr später. Im gleichen
Jahr gab es Teil 3 („Illustrirter Katalog sämmtlicher bis Anfang 1878 erschienenen Postkarten, Anweisungen, Mandate, Nachnahmen, Postfrachtbriefe etc.“ nebst Nachtrag
zu Teil 2 mit 53 Seiten und den Schluss machte Teil 4 („Illustrirter Nachtrags-Katalog, enthält alle bis 1879 neu erschienenen Postwertzeichen und vorgekommenen Richtigstellungen zur Completirung der permanenten 3 Theile
illustrirter Kataloge“ 1879 mit 50 Seiten. Dazu gab es
noch zwei weitere Nachträge 1880 und 1881 mit 24 bzw.
15 Seiten, jeweils einseitig bedruckt.
Wenige Jahre später, 1883/84, versuchte sich Friedl an
einem „Handbuch und Preiskatalog aller Post- und Telegraphen-Werthzeichen der Erde. Mit Berücksichtigung
der hauptsächlichsten Nuancen, Fehldrücke, Local-, Privat- und Speculationsmarken“, ein Werk, das allerdings
unvollendet blieb und nur von Ägypten bis Italien mit seiner 181-Seiten-Bearbeitung reichte. Leichter tat er sich
1892 mit dem „Illustrierter Postwertzeichen-Katalog.
Enthaltend alle bis 1891 erschienenen Postmarken, postalisch gebrauchten Stempelmarken, Briefumschläge,
Postkarten, Kartenbriefe, Postanweisungen, Streifbänder,
Packetbegleitadressen und Rückscheine einschließlich
Fehldrucke, Typen und Neudrucke unter Berücksichtigung
aller Verschiedenheiten, bezüglich Zähnungen, Wasserzeichen, Flaggenstempel, Formate, Gummierungen etc.“,
der in Wien mit einem Umfang von 544 Seiten herauskam, denn dies war nicht sein eigenes Werk, sondern ein
unveränderter mit den Gebr. Senf in Leipzig vereinbarter
Nachdruck von deren erster Katalogausgabe 1892.
Belgien (Belgium)
Es verwundert kaum, dass Belgien dank der schöpfungsreichen Vielfalt von Jean-Baptiste Moens auch weiterhin eine, wenn nicht gar die führende Rolle in der europäischen Philatelie spielte, aber auch namhafte andere
Händler dort ihren Sitz hatten bzw. ihre Tätigkeit aufnahmen. Während Moens zu dieser Zeit mit Zeitschriften und
frühen Monografien sich einen Namen machte, traten andere ebenfalls, wie z.B. Gelli & Tani, mit einer kaum überschaubaren Zahl von Preislisten an den Tag. Dennoch:
62 |
Moens war und blieb landesweit der führende Katalogherausgeber, dessen Werke weit über die Grenzen gefragt
waren.
Moens‘ „Catalogue prix-courant de timbres-poste“ erschien weiterhin bei leichten Veränderungen des Titels
nahezu jährlich oder zweijährlich bis in die 1890er-Jahre. 1874 erschien erstmals ein „Prix-courant des albums,
journeaux et livres concernant les timbres-poste“ (11 Seiten), von der es 1881 auch eine Neuauflage (15 Seiten)
gab, ebenso 1886 mit neuem Titel („Catalogue de publications timbrophiliques ...“), der nun aber nur noch sieben Seiten umfasste.
France (Frankreich)
Preislisten von Arthur Maury, Maurice Belin, Victor Robert,
Théodore Lemaire und Charles Roussin sind bis zum Ende
des 19. Jahrhunderts reichlich belegt. Zwischen 1882 und
1890 erschien aus der Feder des französischen Händlers
J. Barbarin ein „Catalogue prix-courant de timbres-poste
rares“ mit drei verschiedenen Ausgaben, also der erste
Raritäten-Katalog der Geschichte, der mehr als hundert
Jahre später bei bekannten Katalogherausgebern von
heute in neuer Gestalt Nachahmung finden sollte.
Bis fast zum Ende des 19. Jahrhunderts war die herausragende Stellung der Kataloge von Arthur Maury nahezu
unangefochten. Seit seiner „Liste des timbres-poste...“
1863 (ab 1868: „Catalogue descriptif de tous les timbres-poste ...“) kamen – ähnlich wie von Moens – nahezu
jährlich aktualisierte Kataloge heraus, bis 1900 allein in
40. Auflage. 1880 publizierte er bereits eine achtseitige
Liste „Timbres-poste rares en vente chez A. M.“, sah also
genügend Material, das als Raritäten schon zu dieser Zeit
anzubieten war. Ab 1885 gab er zusätzlich Jahres-Kataloge heraus, die im Gegensatz zu den Generalkatalogen
(diese waren teils schon zweigeteilt und hatten 1884 bereits über 200 Seiten) handlicher, eben weit geringeren
Umfangs hatten. Maurys Katalog „Catalogue escriptif de
tous les timbres-poste, timbres-telégraphe, cartes-poste,
etc., parus 1883/84“ bewährte sich sehr gut und so erschienen auch diese Kataloge seitdem jährlich, mit nur
28 (1885) bis maximal 44 Seiten (1902 und 1903).
Ab Ende des 19. Jahrhunderts erwuchs Maury allerdings
nennenswerte Konkurrenz. Louis Yvert und Théodule Tellier – sie waren auch die Herausgeber der bekannten
Zeitschrift „L’Echo de la Timbrologie“ gaben 1897 ihren
ersten „Catalogue prix-courant de timbres postes“ heraus
und eroberten sich damit recht bald eine marktdominierende Stellung, die die weltweit bekannten Yvert-Kataloge
bis heute verteidigen.
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Germany (Deutschland)
Die Zeit von 1871 bis 1891 war nahezu ausschließlich
von den weit verbreiteten Handbüchern von Dr. Alfred
Moschkau dominiert. Den Auftakt machte allerdings ein
anderes Werk von Gustav Bauschke, dessen „Katalog
aller seit dem Jahre 1840 bis auf die neueste Zeit ausgegebenen Brief- und Couvert-Marken. Nach der Alfred
Moschkau‘schen Sammlung bearbeitet und hrsg. von G.
S., Leipzig, Exped. der Deutschen Briefmarken-Zeitung“
1871 in Leipzig erschien, aber nicht unter Bauschkes Namen, sondern unter dessen Pseudonym Gustav Schaubek, das nichts anderes als eine Umstellung der Buchstaben seines Familiennamens, ein Anagramm war. Mit 96
Seiten Umfang war der kleinformatige Katalog schon ganz
passabel. Er baute auf der damaligen Moschkau-Sammlung auf, die ab April 1870 als größte ihrer Art in Deutschland galt. Moschkau selbst, zu dieser Zeit bei Bauschke
beschäftigt, hatte sicherlich auch an dem Katalog mitgewirkt. Der Katalog erlebte 1874, nunmehr mit 134 Seiten
Umfang, mit dem Titel „Katalog aller bekannten bis auf
die neueste Zeit ausgegebenen Briefmarken (Post-Freimarken – Couverts – Streifbänder – Karten)“ eine zweite
Auflage, zu der 1875 ein 18 seitiger Nachtrag erschien.
Infolge von Bauschkes schwerer Erkrankung und seinem
nahenden Tod wurde das Werk nicht weitergeführt.
Dafür trat Alfred Moschkau selbst mit einem neuen Katalogwerk an, das in Deutschland zum langjährigen Begleiter für Sammler werden sollte. Sein „Katalog über alle seit 1818 bis April 1874 ausgegebenen Briefmarken,
Briefcouverts, Postkarten, Streifbänder und Lokalmarken
aller Länder. Mit beigedruckten Verkaufspreisen, Leipzig,
H. Werninck & Co. 1874“ ist in der ersten Jahreshälfte
1874 erschienen, denn bis dahin nutzten die Brüder Louis und Richard Senf den Namen der englischen Briefmarkenfirma H.(einrich) Werninck in London als ihr Aushängeschild, da sie noch nicht volljährig waren. Der Katalog war
mit 74 Seiten und vier Bildtafeln noch bescheiden, was
sich aber schnell ändern sollte.1
1876 erschien nämlich das „Handbuch für Postmarkensammler. Ein Catalog aller von 1653–1876 emittierten
Postmarken, Couverts, Karten, Streifbänder etc. etc., mit
mehreren Hundert erläuternden Notizen, mehreren Tafeln Illustrationen, dem Portrait und einer von Dr. Nüssle
1 Zu den hier aufgeführten Katalogwerken von Schaubek, Moschkau
und den gebr. Senf vgl. Kapitel 1 des Buches von Wolfgang Maaßen: Von ersten Alben und Katalogen zu Verlagen von Weltrang“
(Schwalmtal 2010), auch dessen Bibliografie im Anhang zu Kapitel
1 (S. 223–278). Zu Moschkaus Werken und Wirken erschien vom
gleichen Autor das Buch „Alfred Moschkau. Philatelist, Heimatkundler und Museumsgründer. Ein Mann, der zur Legende wurde“
(Schwalmtal 2012, 411 Seiten).
bearbeiteten Biographie des Verfassers. Mit beigedruckten Verkaufspreisen der Briefmarkenhandlung von Louis Senf, Leipzig“, das nun als 2. Auflage mit einem Umfang von 223 Seiten gezählt werden sollte. Dazu gab es
ebenfalls noch 1876 einen 18-Seiten „Nachtrag aller seit
Dezember 1875 bis 1. Juli 1876 emittirten Briefmarken,
Couverts, Postkarten, Anweisungen, Streifbänder“.
1877 erschienen die 3. vermehrte und verbesserte Auflage mit 268 Seiten, 1880 – dies war die letzte, die Moschkau selbst bearbeitete – die 4. vermehrte und verbesserte Auflage mit 315 Seiten und ein zusätzlicher 99
Seiten-Abbildungsteil, außerdem ein Nachtrag 1881 (38
+ 6 Seiten Abb.), der bei Ernst Petritz in Dresden publiziert
wurde. Ähnlich zweigeteilt war die 5. von Waldemar Herrmann bearbeitete Auflage: „Illustrierter Katalog aller seit
1653 bis Ende 1883 erschienenen Postmarken“ mit ihren 512 Text- und 168 Abbildungsseiten, die 1884 wiederum bei den Gebr. Senf in Leipzig herauskam. Zwei Nachträge von 1885 und 1886 ergänzten das Werk. In sechs
einzelnen Teilen erschien die 6. Auflage von 1888/1890,
nunmehr mit insgesamt 509 Seiten (und einem Nachtrag
von 1890, 55 Seiten) von Richard Senf selbst bearbeitet.
Krönender Höhepunkt des „Handbuches für Postwertzeichen-Sammler“ war zweifelsohne die 7. und letzte Auflage
in zwei separaten Bänden. Band 1: „Illustrierter Katalog
aller bis zur neuesten Zeit erschienenen Postkarten [=
Druckfehler, muss „Postmarken“ heißen], Briefumschläge u. Streifbänder, [Sondertitel:] Handbuch sämtlicher
Postmarken, Briefumschläge und Streifbänder. Bearbeitet von Richard Senf. Mit vielen erläuternden Anmerkungen und zahlreichen Abb. Die beigesetzten Verkaufspreise sind die der Briefmarkenhandlung Gebrüder Senf in
Leipzig, Leipzig, Gebr. Senf (1891), XVI, 632 S.” und ein
Band 2: „Illustrierter Katalog aller bis zur neuesten Zeit
erschienenen Postkarten, Kartenbriefe, Postanweisungen und Paket-Begleitadressen. [Sondertitel:] Handbuch
sämtlicher Postkarten, Kartenbriefe, Postanweisungen
und Paket-Begleitadressen. Bearbeitet von Theodor Haas.
Mit vielen erläuternden Anmerkungen usw., Leipzig, Gebr.
Senf (1891), VI, 330 S.” Dazu gab es 1896 noch einen
„Nachtrag. Alle bis Anfang 1896 herausgegebenen Postmarken, Briefumschläge und Streifbänder enthaltend“
mit 154 Seiten.
Aber die Zeit des Moschkau-Handbuches war vorbei, es
war längst zu umfangreich geworden, die Ansprüche der
Sammler hatten sich auch anders entwickelt. Dies sehend und aufmerksam registrierend entwickelte Richard
Senf 1891 bereits einen völlig neuen Katalog, der 1892
erstmals von ihm unter dem Titel „Illustrierter Postwertzeichen-Katalog 1892. Enthaltend sämtliche bis gegen Ende
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1891 erschienenen Postmarken, postalisch gebrauchte
Stempelmarken, Briefumschläge, Postkarten, Kartenbriefe, Postanweisungen, Streifbänder, Paket-Begleitkarten
und Rückscheine, einschließlich Fehldrucke, Typen und
Neudrucke, unter Berücksichtigung aller Verschiedenheiten bezüglich Wasserzeichen, Zähnungen, Klappenstempel, Formate, Gummierungen usw. Marken und Ganzsachen“ in Leipzig (Gebr. Senf) herausgegeben wurde.
Mit 592 Seiten war dieses neue Werk auch nicht gerade gering an Umfang, wenngleich fast nur die Hälfte des
Moschkau-Handbuches, das zudem in größerem Format
produziert worden war. Diese Kataloge wurden als „SenfKataloge“ weltbekannt und erschienen fortan, teils in bis
zu zwei Bänden (ab 1897 aufgeteilt in einen Band für
Marken, einen für Ganzsachen). Insgesamt – natürlich
mit zusätzlichen veränderten Ausgaben und Spezialwerken – hielt die Leipziger Firma dies – ausgenommen während der Papierknappheit im Ersten Weltkrieg – bis zum
staatlich aufoktroyierten Schluss im Jahre 1943 durch.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war infolge der restriktiven
Vorgaben der Sowjetischen Militäradministration in Berlin
kein Neuanfang mit eigener, übrigens seit 1874 herausgegebener Zeitschrift und den seit 1892 eingeführten Katalogen mehr möglich.
Natürlich waren die Moschkau-Handbücher und Senf-Kataloge bei weitem nicht die einzigen Kataloge im Deutschland des 19. Jahrhunderts, aber sie waren – vergleichbar
den Maury-Katalogen in Frankreich oder den MoensKatalogen in Belgien – die führenden. Andere, z.B. von
Anselm Larisch, von Arthur Ernst Glasewald, von Ernst
Heitmann oder von Paul Kohl – um nur einige Namen zu
nennen –, hatten zu Recht ihre Liebhaber, blieben aber in
den 1890er-Jahren eher „Nischen-Produkte“. In Deutschland sollte dies im 20. Jahrhundert erst Hugo Michel mit
seinen Europa-Katalogen ändern.
Great Britain (Großbritannien)
E. L. Pemberton’s „Stamp Collector’s Handbook“ und der
von Overy Taylor in sechster Auflage bearbeitete Grey-Katalog („Illustrated catalogue of postage stamps fort he use
of collectors“), erschienen 1874, machten sich in England
die Vorherrschaft bei Sammlern streitig. Letztlich gewannen auf Dauer beide nicht, zumal Pemberton 1878 viel zu
früh mit gerade einmal 34 Jahren verstarb.
Edward Stanley Gibbons hatte in der eigentlichen Pionierphase bis 1870 mit seinen Preislisten keine hervorgehobene Rolle gespielt, auch wenn diese seit 1865 teils sogar mehrfach im Jahr mit einem Umfang bis zu 40 Seiten
erschienen. 1879 mit seinem „S. G. and Co.‘s descriptive
catalogue and price-list of British, Colonial and Foreign
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postage stamps ...“ sollte sich diese Situation nachhaltig
ändern, denn nun erlebte dieses Werk von Jahr zu Jahr
Erweiterung und Fortführung, mit Nachträgen abwechselnd zu Neuauflagen. 1895 teilte man das Katalogwerk
erstmals in zwei Bände, den einen für Marken, den anderen für Ganzsachen. 1897 gab es drei Teile (11 Auflage, I: Great Britain, II: Foreign Countries, III: Postal Entires)
und 1899/1900 gar vier (12. Auflage, erweitert um einen
Teil: Local postage stamps of the world). Die für das 20.
Jahrhundert für Katalogherausgeber so typischen Probleme und deren schwierige Bewältigung zeichneten sich bereits ab. Weltumfassende Generalkataloge wurden immer
dickleibiger. Die vier S. G.-Katalogbände hatten die 1 000
Seiten auch beinah erreicht, eine Zahl, die heute keinen
Katalogherausgeber mehr schrecken oder gar zu vier Einzelbänden veranlassen würden.
Anderen Katalogherausgebern folgend, beschritt auch
Stanley Gibbons (Edward Stanley Gibbons hatte sein
Briefmarkenhaus mit Verlag 1890 an Charles James Phillips <1863–1940> verkauft, der die Londoner Firma bis
1922 führte) den Weg einer Handbuchreihe, die unter
dem Titel „The Stanley Gibbons Philatelic handbooks“ ab
1893 erschienen. Insgesamt neun, die es aber an anderer Stelle zu würdigen gilt.
Neben Stanley Gibbons gab es noch andere Standard-Kataloge für Generalsammler. So z.B. die von Alfred Smith
& Co. aus Bath („Standard catalogue oft he postage
stamps of all nations“, 1880, 1881) oder Oppens populäre Alben-Kataloge, die Charles Viner mit 30 Auflagen bis
1891 betreute. Bright & Son gaben von 1896 bis 1908
sieben Ausgaben eines „ABC descriptive price catalogue
of the world’s postage stamps, enevelopes, postcards,
etc.“ heraus und die Philatelic Society, London glänzte bereits 1879 mit einem ersten Länderkatalog („Catalogue
of postage stamps, stamped envelopes, and postcards“,
48 Seiten), dessen Urheberschaft Dr. Thebussem (siehe
Spanien) zugeschrieben wird.
Ein von Inhalt, Umfang wie Bearbeitung kaum zu übertreffender Höhepunkt war aber das Werk von Edward Benjamin Evans (1846–1922), „The Philatelical catalogue of
postal stamps, envelopes, wrappers and cards“, das in
35 Folgen zwischen 1888 bis 1891 im „Philatelic Journal
of America“ von Charles Mekeel zuerst publiziert wurde,
dann aber auch 1891 in Buchform erschien. Manfred Amrhein bezeichnete es in seinem Buch nicht zu Unrecht als
„magnum opus“.
Netherland (Niederlande)
Bereits während der Pionierphase bis 1870 waren die
Niederlande mit zwei Katalogherausgebern, W. F. Dan-
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nenfelser und P. H. Witkamp, aber auch mit C. van Rinsum als Verleger eines ersten in Holland publizierten philatelistischen Magazins aufgefallen. 1873 veröffentlichte
A. Blokzeijl in Rotterdam ein „Prix-Catalogue des Timbresposte, Cartes-Correspondance &c.“ mit 44 Seiten, zu dem
es 1875 noch einen Sechs-Seiten-Nachtrag gab.
Zwar erschienen in den Niederlanden in den 1870/80erJahren kaum weitere bedeutende Katalogwerke, dafür
aber zwei Kataloge, die auf ihre spezielle Art und Weise
nahezu einmalig sind. A. Huart aus Amsterdam veröffentlichte 1888 einen „Beredeneerde geïllustreerde catalogus aller postzegels, couverten en briefkaarten officiëel
uitgegeven door de Peruaansche Republiek, van af 1 december 1857 tot en met 31 december 1887“ (48 Seiten),
der als eine sehr frühe Buchstudie über ein südamerikanisches Land, nämlich Peru, einzustufen ist. Und M. J.
Mijers „Beschrijving van alle Nederlandsch Oost-Indische
frankeerzegels, portzegels, briefomslagen en briefkaarten van 1864 tot heden: volgens officiële bescheiden,
die zich bevinden in het archief der Posterijen te Batavia“
verdient ebenfalls eine Nennung, weil dieses Werk wohl
eines der ersten ist, das im Fernen Osten, nämlich in Batavia (Java/Indonesien) publiziert wurde.2
1894/95 erschien ein „Standaardwerk over de Postwaarden von Nederland en zijne Kolonien“ in vier Bänden und
mit 220 Seiten Umfang, zusätzlich mit 45 Bildtafeln ausgestattet.
Spain (Spanien) / Portugal / Südamerika
Unbestritten war Dr. Thebussem (alias Manuel Pardo de
Figueroa y de la Serna, wie sein richtiger Name lautete)
der geistreichste und führende Philatelist in der spanischen Philatelie des 19. Jahrhunderts. Sein literarisches
Werk ist gut erforscht, besticht aber vorwiegend mit Essays verschiedenster Art, weniger mit Katalogen, die bisher genannten vergleichbar wären. (Eine Ausnahme mag
der erste Katalog der Philatelic Society, London sein, der
1878 mit 48 Seiten Umfang erschien und den er zusammen mit Victoriano G. de Ysasi verfasste.)
Seine erste philatelistische Arbeit veröffentlichte Thebussem am 10. März 1870 in Madrid. Der Titel enthielt eine
verborgene Botschaft und ein Spiel mit Worten, die wenn
man sie schnell mit einem andalusischen Akzent aufsagte, phonetisch nach einem Buchtitel „Kpankla“ klangen.
Für das sehr gelehrte und geistreiche Werk mit 24 Seiten Umfang wählte Thebussem die Form eines Briefes
an einen Freund, um ihm über in letzter Zeit angetretene
Sammler von Marken, Stempeln, postalischen Vermerken
2 Die Hinweise zur Literatur in den Niederlanden verdankt der Verfasser Jan Vellekoop.
und ausländischen Publikationen (!) zu berichten. Er ließ
von dieser Broschüre 150 Exemplare drucken, die er all
an Freunde verschenkte. Ein Jahr später gab Thebussem
eine zweite Auflage seiner „Kpankla la primera de Klenterron“ heraus, der Titel lautete „Cartas Philatelicas“. Zwischen 1870 und 1910 veröffentlichte er 30 Werke und
Broschüren über Philatelie und Post, von denen die Mehrzahl nur in sehr kleiner Auflage erschienen. Bis heute ist
weltweit keine Bibliothek bekannt, die diese alle komplett
besitzt und selbst in der vollständigsten Sammlung dieser
Schriften fehlen auch heute noch drei davon.
Eine anderes 32-Seiten-Werk mit dem Titel „Literatura philatélica en España. A puntes para le redaccion de un catálogo“ war ebenfalls verdienstvoll. Es erschien in Sevilla
und es war nach der Bibliografie von J. K. Tiffany aus dem
Jahr 1874 die zweite separat veröffentlichte Bibliografie
überhaupt. Dr. Thebussem hatte diese Studie auf Wunsch
der „Société Française de Timbrologie“ geschrieben, der
er als gut bekanntes assoziiertes Mitglied angehörte.
Für an Katalogen interessierte Sammler war der „Catálogo descriptivo de los sellos de correos de España y sus
Colonias, organizado segun la Reseña histórico descriptiva de los mismos publicada de real orden bajo la direccion de D. Antonio Fernandes Duro ...“, von Leopoldo Lopez
in Madrid, schon weit nützlicher. Es ist nur ein Exemplar
dieses 64-Seiten-Kataloges mit beiden Ergänzungslieferungen bekannt. Dies befindet sich heute in der British
Library. Der Erstauflage von 1888 folgten bis 1894 vier
weitere, die dann aber bereits mehrere hundert Seiten
Umfang hatten. Im gleichen Jahr verkaufte Leopoldo Lopez sein Geschäft an M. Gálvez, der dann Spaniens bekanntester Briefmarkenhändler werden sollte.
Die Erstauflage des Lopez-Kataloges verwies bereits in ihrem Titel auf ein Werk von Antonio Fernández Duro, das
1881 eine Art Grundlage dazu geschaffen hatte und unter
dem Titel „Reseña Histórico descriptiva de los sellos de
correo de España“ sich großer Beliebtheit erfreute. A. F.
Duro war ein leitender Beamter der Postverwaltung in Madrid und so konnte er eine Fülle von amtlichen Dokumenten zusammenstellen, die die Basis späterer bedeutender
Werke der spanischen Philatelie waren, die von Autoren
wie J.-B. Moens, R. Friederich und H. Griebert geschaffen
wurden.
Um die Jahrhundertwende wurde das unbestritten gefragteste Werk allerdings von Miguel Gálvez Jiménez in Madrid herausgegeben, der 1898 einen „Catálogo descriptivo de los sellos de correos y telégraphos emitidos desde
1840 a enero de 1898“, also einen Weltkatalog herausbrachte, der gleichzeitig die sechste Auflage eines bereits
zuvor erschienen Kataloges „España y sus colonias“ war.
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Mit weiteren Ergänzungen und Neuauflagen wurde das
Werk bis 1908 zur sechsten Auflage geführt.
Ein Katalog über die Briefmarken Portugals war bereits
1888 – allerdings nicht in Portugal, sondern in MährischOstrau – aus der Feder von J. Gutmensch mit dem Titel
„Permanenter Briefmarken-Katalog. Portugal und seine
Colonien“ (36 Seiten) herausgekommen. Antonio Faustino Martins publizierte 1895 in Lissabon einen „Catalogo
e preço-corrente de todos os sellos de correio, enveloppes, bilhetes postaes e cintas para jornaeo, emittidos at
de 1895” von knapp 50 Seiten, war aber bereits mit seinen Preislisten ab 1878 regelmäßig in Erscheinung getreten. 1900 wurde davon bereits die 45. gezählt, die in
manchen Jahren nur aus einzelnen Blättern bestanden,
in anderen (z.B. 1886: 24 Seiten, 1900: 32 Seiten) auch
deutlich umfangreicher ausfallen konnten.
Was Dr. Thebussem für Spanien war, war Dr. José Marcó
del Pont 1851–1917) zweifelsohne für Argentinien, nämlich ein Ausnahmephilatelist. Bereits Edward D. Bacon bezeichnete ihn als den „acknowledged doyen of Philately
in South America”3 und Carlrichard Brühl nannte ihn den
„Begründer einer wissenschaftlichen Philatelie“ in Südamerika.4 Zwar veröffentlichte del Pont nie ein Buch, wohl
aber katalogartige Monografien, besser gesagt, Spezialstudien, in Form von Zeitschriftenartikeln, die teils sehr
umfangreich waren oder in zahlreichen Fortsetzungen in
Buenos Aires erschienen. Besonders erwähnenswert ist
seine Studie zu den „Sellos Postales de la República Argentina (emission de 11 de enero de 1862)“ (1895), sein
„Catálogo general ilustrado de las estampillas fiscals emitidas en la República Argentina“ (1898), aber auch seine
Ausarbeitung über die „Sellos postales de la Confederación Argentina“ (1902).
Luis Sobrino veröffentlichte 1895 in Buenos Aires einen
„Guia filatélica sud-Americana, anuario dedicado á los
collecionistas de sellos de la América latina“ mit über
200 Seiten, bereits in vierter Auflage, denn die ersten drei
waren bereits von José Bosch als „Guia filatélica centro
y sud Americana“ zwischen 1891 bis 1893 herausgegeben worden. Von Carlos Carles erschien 1897, ebenfalls
in Buenos Aires, das knapp 250 Seiten starke Werk „Valores Postales Argentinos“, das ein Jahr später bereits eine
Neuauflage erlebte.
Brasilien spielte zum Ende des 19. Jahrhunderts – zumindest soweit es Kataloge betrifft – noch keine bedeutende
Rolle. Zwei Autoren seien aber genannt. Zum einen war
dies C. Ottoni Vieira mit seinem „Catalogue Historique des
Timbres-Postes et Entier du Brésil“, der allerdings in Paris
3 Siehe: London Philatelist, 26. Jg. (1917), Nr. 309, S. 224
4 Brühl, a.a.O., Band II, S. 947
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1893 mit 80 Seiten Umfang erschien. Ihm folgte kurze
Zeit später, 1894, der aus Luxemburg stammende und
Ende der 1880er-Jahre nach Rio de Janeiro ausgewanderte Händler Alphonse Bruck (sein ursprünglicher Name
lautete wohl „Brück“) mit seinem „Catalogo ilustrado de
todos os sellos, bilhetes-postaes, sobre-cartas, cintas e
cartas-bilhetes do Brazil desde 1843 até 1894“. Das kleine 32 Seiten-Werk erschien 1897 mit verdoppeltem Umfang; es soll auch in deutscher Sprache existieren.
Es würde hier zu weit führen, für jedes südamerikanische
Land die ersten Spuren zu sichern, aber das Beispiel von
Peru zeigt, wie schwierig es war, erste Schritte im Neuland philatelistischer Literatur zu machen. Solche ersten
Schritte sind für das Jahr 1887 verbürgt: Die „Societé Philatélique Sud-Américaine“ in Lima publizierte erstmals
einen „Catalogue général et détaillié des timbres-poste,
enveloppes et cartes postales officiellement émis dans
la République du Pérou“, der noch im gleichen Jahr von
J. Gutmensch in Frankfurt am Main mit Zustimmung des
Vereins ins Deutsche übertragen und auf zwölf einseitig
bedruckten Seiten (zum Einkleben in damalige Alben) veröffentlicht wurde. Ebenfalls 1887 übertrug E. B. Evans
den Katalog ins Englische und dieser wurde dann als „A
Catalogue of the postage stamps of Peru ...“ in St. Louis,
Mo. (USA) angeboten. E. J. Huart übersetzte den Katalog
ins Niederländische, der dann mit dem Titel „Beredeneerde Geillustreerde Catalogus aller Postzegels, Couverten
en Briefkaarten, officieel uitgegeben door de Peruaansche Republiek van af 1 December 1857 tot en met 31
December 1887“ 1888 in Amsterdam erschien.
Diese frühe internationale Verflechtung – man könnte sie
auch als eine gut funktionierende Zusammenarbeit der
Philatelisten damaliger Zeit ansehen –, zeigt aber auch
das „Dilemma“, denn von den elf im Crawford-Katalog
gelisteten einzelnen Titeln war eben nur einer aus dem
Ursprungsland. Alles andere waren Übertragungen und
Übersetzungen bzw. im Einzelfall eigene Arbeiten ausländischer Autoren wie z.B. der „Catalogue de l’Union Postale
Universelle“ von H. J. Dauth, dessen 11. Heft eine „Aufstellung sämmtlicher Postwerthzeichen Peru’s“ (1890)
enthielt.
United States of America (Vereinigte Staaten)
In den Vereinigten Staaten gab die Firma L. W. Durbin &
Co. in Philadelphia zwischen 1870 bis 1875 Preislisten
heraus, die zunehmend mehr Katalogstatus gewannen.
Der „Descriptive Price Catalogue of the Postage Stamps
of all Nations“, erstmals 1874 erschienen, wurde zum Begriff und erschien bis 1887 mit 16 Auflagen. Die Nachfolgefirma Bogert und Durbin & Co. setzte die Reihe so-
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gar bis zur 19. Auflage 1893 fort. In den 1880er-Jahren
wurde aus dem damals bis zu 180 Seiten umfangreichen
Werk der Ganzsachenteil auch unter dem Titel „L. W. D.‘s
price catalogue of postal cards“ separiert und einzeln –
ebenfalls in mehreren Auflagen – angeboten.
Unangefochtener Marktführer waren allerdings die ScottKataloge. Aus John Walter Scotts ersten monatlichen
Preislisten 1868 waren zehn Jahre später bereits ein
46-Seiten-Werk mit dem Titel „The Postage Stamp Catalogue ...“ entstanden, der in 35. Auflage erschien. 1885
war man mit der 46. Auflage bei bis zu 70 Seiten angelangt. In diesem Jahr verkaufte John Walter Scott sein
„Imperium“ an die Calman-Brüder, die nunmehr unter
dem Firmennamen „Scott Stamp and Coin Company Limited“ das Werk ab der 47. Auflage 1886 fortführten. 1900
war man bei der 59. Auflage angekommen, die nunmehr
rund 600 Seiten zählte. Parallel gab es ab 1887 zusätzliche jährliche Preislisten, die zehn Jahre später ebenfalls
bereits bis zu 80 Seiten zählten, außerdem 1898 einen
„Standard Catalogue of Postal Cards and Letter Cards“
mit mehr als 170 Seiten.
Scotts Katalogimperium wäre beinah als ein Monopol
zu bezeichnen gewesen, hätte es da seit 1887 in St.
Louis, Mo. nicht einen Herausforderer namens Charles
H.(aviland) Mekeel (1864–1921) gegeben. Dessen „Standard Postage Stamp Catalogue“ (die Ausgabe von 1887
wurde als 49. geführt) entsprach der Scott-Katalogausgabe und war bis auf den geänderten Umschlag identisch.
Aber innerhalb weniger Jahre überraschte Mekeel die
Konkurrenz mit zahlreichen verschiedenen Katalogtiteln
und Nachschlagewerken (z.B. Adressbücher, Atlanten),
mit denen speziell die US-amerikanischen und mexikanischen Marken eine besonders eingehende Würdigung
fanden.
Während Mekeels Kataloge heute nur noch von historischem Interesse sind, ist die Geschichte der Scott-Kataloge längst nicht beendet und geht auch künftig weiter. Mit
gleichen Problemen des Umfangs der Katalogisierung, die
alle Herausgeber von Spezial- und Weltkatalogen heute
haben.
Auch diese sind nicht neu. Folgten große Katalogherausgeber seit Beginn an den Interessen und sich ständig
neu entwickelten Trends des Marktes, von Händlern wie
Sammlern, so gaben sie neben den Standardkatalogen
auch häufig Spezialwerke heraus, die diesen Entwicklungen Rechnung trugen. Sie teilten Kataloge oder koppelten (z.B. die Ganzsachen) aus, sie schufen aber auch
Kataloge für neue, damals beliebte Gebiete, z.B. für Fiskalmarken. Diese hatte bereits 1874 J. W. Scott mit „A
descriptive Price catalogue of the revenue stamps of all
nations“, im gleichen Jahr auch Philipp De Bosredon mit
seiner „Monographie des timbres fiscaux mobiles de la
France et des colonies françaises“, deren 100 Seiten von
Pierre Mahé in Paris verlegt wurden. Das letztgenannte
Werk wurde damit zum Modell einer Art Spezialkatalog
bestimmter Wertzeichen eines Landes, das Nachahmung
fand. So zum Beispiel von Walter Lee Brown in New York,
der 1878 sogar einen „Descriptive catalogue of the revenue stamps of Italy ...“ in 240 Exemplaren herausgab
(zehn Exemplare erschienen sogar in einer Deluxe-Ausgabe auf rosafarbenem Papier).
Andere Kontinente
Für Australien, Afrika und Asien galt das bereits zu Südamerika Gesagte: Die Zahl erster früher Literaturtitel
war klein und überschaubar, meist von Ausländern verfasst, die nicht dort lebten. Mijers „Beschrijving van alle
Nederlandsch Oost-Indische frankeerzegels ...“ (1889),
die in niederländischer Sprache in Batavia erschien, wurde bereits unter „Niederlande“ mit aufgeführt. Von Friedrich Schüller gab es 1893 eine von Sigmund Friedl und
E. Heim in Wien herausgegebene Studie, „Die persische
Post und die Postwerthzeichen von Persien und Buchara“
mit immerhin 90 Seiten Umfang und 1896 erschien in japanischer Sprache eine „Geschichte der Postwertzeichen
des japanischen Königreiches“, die von der dortigen Postverwaltung in einer besonderen Edition mit 300 Stück
Auflage offeriert wurde. Das wahrlich Besondere waren
nicht die 100 Seiten Text, sondern die im Buch enthaltenen 107 Spezimen von Originalmarken, Postkarten und
Umschlägen, die dieses Buch zu einer der seltensten Werke des 19. Jahrhunderts überhaupt machten.
Der knappe Überblick zeigt: Überall, in zahlreichen Ländern und Kontinenten, wuchs und blühte die Philatelie,
die vor 100 Jahren längst ihr Anfangsstadium überwunden hatte. Aber nirgends gab es derart viele „Blüten“ wie
in den Ländern Europas.
Nahezu 150 Jahre Auktionen in der Philatelie
Auktionen als Verkaufsform des Handels blicken auf eine jahrhundertlange, richtiger gesagt auf eine jahrtausende alte Entwicklung zurück. Zu Zeiten des Babylonischen Weltreiches wurden beispielsweise Mädchen bei
einer jährlichen Auktion an den meistbietenden künftigen
Ehemann versteigert, die Römer prägten das Wort „auctio“ (Zuwachs), was zeigt, dass auch sie Auktionen schon
kannten.
In Europa begann das „Auktions-Zeitalter“ vor 300 Jahren mit dem Dorotheum in Wien, das 1707 durch Kaiser
Joseph I. ursprünglich als „Versatz- und Fragamt“ gegrün-
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det wurde und 80 Jahre später in einem Dorotheerkloster
seinen Platz und damit auch den heutigen Namen fand.
Gerade auf dem Kunstmarkt hat das Dorotheum sich seitdem einen Namen gemacht; Briefmarken-Auktionen führte es allerdings erst im 20. Jahrhundert durch. Da waren
andere Firmen schon längst auf diesem Gebiet etabliert.
Die erste Auktion in Europa, bei der es auch um Briefmarken ging, fand vor mehr als 150 Jahren in Paris statt. Genauer gesagt, am 29. Dezember 1865 im Hôtel Drouot
in Paris. Damals wurde dort das Lager des Briefmarkenhändlers J. W. Elb zum Preis von 800 Französische Franc
verkauft, – für die damalige Zeit zweifelsohne eine doch
beachtliche Summe.
Der am 4. November 1865 in Paris verstorbene Händler
J.-W. Elb war ursprünglich ein aus Dresden stammender
Journalist und Übersetzer, der seit etwa 1849 in Paris lebte und sich mit dem Briefmarkenhandel ein Zubrot verdiente. Elb (er war der Onkel von Ferdinand Elb, der 1864
mit einem frühen Briefmarken-Katalog bekannt wurde)
hatte – so sein „Kollege“ Arthur Maury – zwei Jahre gehandelt und sein Nachlass wurde komplett versteigert:
dazu gehörten eben auch Briefmarken, allerdings auch
sein Hausrat und so manches mehr.
Eine ähnliche „Gemischtwaren-Auktion“, bei der unter
anderem auch Briefmarken zum Ausruf kamen, hatte es
allerdings auch schon am 19./20. März 1862 bei einer
New Yorker-Münzauktion der Fa. Bangs, Merwin & Co. gegeben. Der Auktionskatalog enthielt – bei über 30 Seiten
Umfang – gerade einmal ein Sammellos von Marken.5
1868 wurde, wiederum in Paris, ein Album bei einer allgemeinen Auktion versteigert.
In Deutschland gab es zu dieser Zeit in Leipzig schon Auktionen des Buchhandels und der Antiquariate, die erste nur indirekt „philatelistische“ Auktion allerdings erst
1868. In der Zeitschrift „Union“ vom 21. Februar 1970,
konnte man hierzu lesen:
„Die erste Briefmarken-Auktion der Welt dürfte jene im
Herbst 1868 in Dresden abgehaltene amtliche Versteigerung gewesen sein, auf der das Sächsische Finanzministerium mehrere Zentner alte sächsische Briefumschläge
zum Verkauf bot. Das Höchstgebot gab ein Dresdner Spediteur, der 8 Taler für den Zentner zahlte. ... In Berlin dürfte die erste Auktion jene am 11. Oktober 1877 im dortigen Kunstauktionshaus veranstaltete Versteigerung einer
größeren Briefmarkensammlung gewesen sein.“6
5 In der Bibliothek von Herbert Trenchard befindet sich ein „Catalogue
of Coins, Medals, and Continental Money“ aus dem Jahr 1862, der
wohl dieser Auktion zuzuordnen ist.
6 Den Hinweis auf diese Auktion und die Zeitschrift „Union“ verdankt
der Verfasser Renate Springer. Es gelang ihm allerdings bis heute
68 |
Dieses erste rein philatelistische Geschehen fand in
Deutschland – zuerst in den Vereinen in Dresden und im
Internationalen Postwertzeichen-Händler-Verein (IPHV) in
Berlin – erst Jahre später, nämlich in den 1890er-Jahren,
Nachahmung. In Berlin fanden vom 27. November 1891
bis zum 27. Mai 1892 insgesamt zwölf Auktionen statt
(nachdem dort schon 1877 ein Ballonbrief versteigert
worden sein soll, die aber – so eine zeitgenössische Notiz – „im allgemeinen schwach beschickt und schwach
besucht (waren). Bessere Sachen blieben regelmässig
ohne Käufer, nur mittlere Ware ging ab und billig fort“.7
Besser lief es wohl mit den vereinsinternen Auktionen des
Dresdner Internationalen Philatelisten-Vereins, die ab Juni 1891 in Folge stattfanden.
Als nachweislich allererste wirkliche Briefmarkenauktion, bei der es ausschließlich um Briefmarken ging, gilt
bis heute eine Versteigerung, die – so die generelle Geschichtsschreibung in der Philatelie – am 28. Mai 1870
William Leavitt für die Firma Leavitt, Strebeight & Co. in
New York durchgeführt haben soll. 269 Lose kamen zum
Ausruf, die innerhalb von drei Stunden von sechs bis neun
Uhr nachmittags verkauft wurden. Unter den Besuchern
dieser ersten Auktion war J. W. Scott, S. Allen Taylor und
so manche andere später bekannte Philatelist. Sie sorgten für einen Umsatz von insgesamt rund 500 Dollar. Von
dieser Auktion ist bekannt, dass der schon genannte J. W.
Scott damals eine 5c-Hawai-Missionarsmarke für elf USDollar kaufte.
Ein „First Postage Stamp Sale“ der Fa. Mason & Co. in
New York gilt als zweite Briefmarken-Auktion, die ebenfalls noch im selben Jahr, 1870, stattfand. Knapp zwei
Jahre später, im März 1872, gab es schon eine fünfte Auktion, dieses Mal aber in London. Bei dieser Versteigerung
wurden Einlieferungen von John Walter Scott versteigert
und zwar vom heute namhaften Auktionshaus Sothebys
(damals: Sotheby, Wilkinson & Hodge in Wellington St.,
London). Offenbar waren die Resultate dieser Auktionen
nicht wirklich überwältigend (umgesetzt wurden 258
Pfund Sterling), denn es sollte in den Folgejahren kaum
eine Wiederholung stattfinden.
In den USA ist als erste Auktion außerhalb von New York
eine Versteigerung der Fa. Steigerwalt notiert, deren „First
Stamp Sale“ 1881 anzusetzen ist. Erst 1888 nahm die
Firma von Thomas Bull (Ventom Bull & Cooper) die Tradition mit einer Auktion in Old Jewry in London wieder auf.
Diese Auktion wurde ein Erfolg, der offenbar beflügelte.
Walter Bull führte diese Auktionen dann alleine bis zum 2.
nicht, die Aussagen mittels anderer Primärquellen zu verifizieren.
7 Deutsche Briefmarken-Zeitung 1892, S. 165
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Juni 1894 durch, danach wurde seine Firma von Harmer,
Rooke & Co. Ltd. übernommen.
Die hier zuvor genannten ersten Auktionen wurden in erster Linie von Händlern besucht, allerdings waren auch
schon namhafte Sammler dabei. Erst ab 1900 gelang es
dem damals noch jungen Philipp Kosack und Moritz de
Vries, deutsche Auktionen von Rang öffentlich durchzuführen und damit zum Vorbild von Generationen zu werden.
Der Durchbruch der Philatelie-Auktionen ist allerdings einem anderen zu verdanken: dem 1881 geborenen Heinrich Köhler, der nach Pariser Lehrjahren und einer Reihe
dort mit seinem Partner Gérard Gilbert ab 1908 durchgeführten Auktionen, sich in Berlin selbständig machte und
ab April 1913 regelmäßige Auktionen in Deutschlands
Hauptstadt durchführte. Seinem Beispiel folgten seitdem
zahllose andere Firmen.
Legendär bis heute sind die ab 1921 in Paris durchgeführten Ferrari-Auktionen, bei denen über Jahre hinweg
die unschätzbare Riesensammlung des Briefmarkenkönigs Philipp von Ferrari versteigert – manche sagen auch:
verschleudert – wurde. Die Auktionen fanden übrigens im
schon erwähnten Hôtel Drout statt. Versteigerer dort war
kein anderer als der junge Auktionator, mit dem Heinrich
Köhler seine ersten Pariser Schritte auf dem Auktionsparkett gemacht hatte: Monsieur Gérard Gilbert.
Berühmte Sammler und zuweilen noch bekanntere Versteigerungen prägen seitdem die Szene, gleich ob es sich
um die Versteigerungen der Sammlungen von Maurice
Burrus, Arthur Hind, Alfred Henry Caspary oder – last but
not least – um die einmalige Altdeutschland-Sammlung
von John R. Boker ging. Sie waren nicht die ersten und
werden nicht die letzten sein.8
8 Mehr dazu findet sich in Kapitel 4.5
| 69
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3.4
Die Bedeutung und Entstehung
früher Monografien, Handbücher
und Spezialkataloge
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Als Monografien bezeichnet man in der Literatur umfassende, in sich vollständige Abhandlungen, die einzelne
Gegenstände bzw. Themen – zuweilen sogar in sehr spezialisierter Fokussierung – bearbeiten, während Handbücher zumeist breiter angelegt und gefasst sind. Im
engeren ursprünglichen Sprachsinne sind Monografien
Einzelschriften, was nicht die Zahl deren Urheber – dies
können auch durchaus mehrere sein –, sondern das gewählte Thema betrifft, dem sie sich ausschließlich widmen.
Mit der Schwierigkeit einer exakten Bestimmung geht
auch die Übertragung dieser Begrifflichkeiten auf die
Philatelie einher. Denn auch hier sind die Grenzen zwischen Monografien, Handbücher oder Spezialkatalogen
fließend. So waren nicht wenige als Handbücher der frühen Zeit verbreitete Spezialwerke durchaus Monografien,
manche sogar – im späteren Verständnis – zugleich Spezialkataloge. Um solchen Problemen der Definition und
genaueren Einstufung wenigstens annähernd aus dem
Wege zu gehen, werden in Kapitel 3.4 exemplarisch, aber
erneut nach Ländern angeordnet, bedeutende frühe Monografien, Handbücher und Spezialkataloge vorgestellt,
in Kap. 4.1 dann solche Werke, die – und sei es ebenfalls in monografischer Form – innerhalb von Buchreihen
namhafter Philatelisten, Vereine und andere Institutionen
herausgegeben wurden. Zu letzteren zählen dann nicht
nur einzelne Monografien, die aber als Reihentitel oder
innerhalb einer Reihe erschienen, sondern auch die Versuche weltweiter hochspezialisierter Katalogwerke, die
70 |
ebenfalls in zahlreichen einzelnen Folgen als Lieferungsbände herauskamen.
Monografien und spezialisierte Studien namhafter Philatelisten spiegeln – seit den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts mehr denn je – den hohen Entwicklungsstand, den
die Philatelie generell gewonnen hatte. Nunmehr war nicht
allein der Existenznachweis, die Quantität der Marken und
deren rein bildliche Vergleichbarkeit gefragt, nun richtete
sich die Betrachtung auch auf briefmarkenkundliche Themen der verschiedenen Aspekte der Produktion, der Ausführungsunterschiede, der Verwendungsarten und ihrer
Bestimmung, um nur einige Beispiele zu nennen. Fragen
der Papierbeschaffenheit, der Farben, Zähnungen, Wasserzeichen, selbst der Portostufen und gedachten Destinationen kamen auf und wurden immer eingehender
erforscht. Aber nicht nur die Briefmarke selbst stand im
Blickwinkel der Betrachtung, auch deren „Umfeld“, also
die Stempel und/oder der Brief. Und je mehr sich einzelne
Sammler solchen Teilaspekten widmeten, je stärker verengten sie den Blick auf neue Sammelmöglichkeiten und
-felder, woraus dann wieder marktgerechte Kataloge und
damit neue Nachfrage erwuchsen, die wiederum die Antriebsfeder für weiteren Fortschritt waren.
Fachlich fundierte Monografien, seien es Länder- oder Gebietsbearbeitungen – wurden damit zum Fundament der
Entwicklung der Philatelie im letzten Quartal des 19. Jahrhunderts, das im Folgejahrhundert immer mehr ausgebaut wurde, soweit, dass es heute kaum noch überschaubar ist. Die nachfolgenden Beispiele könnten beliebig
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vermehrt werden, sie bieten nur einen kleinen Ausschnitt
aus der viel größeren damaligen Wirklichkeit.
„Vorläufer“
Die Postgeschichte ist älter als die Philatelie. Sie reicht bis
ins frühe 16. Jahrhundert und selbst noch davor zurück.
Wenn man so will, bis zur Geschichte der Römer und der
Völker Mesopotamiens, Ägyptens und des frühen asiatischen oder amerikanischen Raums. Bekanntlich war erst
die von Rowland Hill in England durchgesetzte Postreform
die in eine neue Struktur gegossene Vereinheitlichung innovativer Gedanken, deren einzelne „Bausteine“ bereits
vor ihm von anderen entwickelt worden waren. Auf solche
Vorläufer ist im Rahmen dieser Ausführungen nicht einzugehen, wohl aber auf einige Titel, die den Gedanken der
Postrefom Hills mit dem neuen, damals höchst modernen
und ungewöhnlichen Produkt der Briefmarken als vorauszubezahlendes Porto für Briefe in direkte Verbindung
brachten.
Zwei solcher Titel führen nach Österreich, genauer gesagt
nach Wien, wo 1851 das Buch von Dr. Johann Herz „Die
Post-Reform im deutsch-österreichischen Post-Vereine“
erschien. In diesem Buch schilderte der damalige spätere kaiserliche Ministerialrat Herz seine 1849 bei einer
Rundreise in die westlichen Länder, zumal in Belgien,
Frankreich und England gewonnenen Einsichten zu Vorund Nachteilen der Postreformen jener Zeit und legte damit die Entscheidungsgrundlagen für die Einführung von
Briefmarken in Österreich. Herz gab Hinweise zur Herstellung und Verwendung der Marken, aber auch zur Portoberechnung und zu Papier, Farben, Gummierung und mögliche Druckverfahren. Er wurde dann mit der Realisierung
der Einführung von Briefmarken in Österreich beauftragt
und begleitete diese bis zur Druckfreigabe.
Das in kleiner Auflage gedruckte Buch war nie im Buchhandel. Es wurde nur an befreundete Postverwaltungen
und andere Institutionen verschenkt. Dementsprechend
selten wurde es später jemals angeboten, zuletzt – und
erstmalig nach langen Jahren – bei der IPHLA-Literaturauktion des Hauses Heinrich Köhler 2012 in Mainz. Bildlich gesprochen, gilt es als eine der „Geburtsurkunden“
der Philatelie und ist in der Form eine wertvolle postgeschichtliche Dokumentation.
Vergleichbar selten und ebenso wenig bekannt ist der Titel „Das Postwesen von seinem Ursprunge bis an die Gegenwart. Zum Theile nach officiellen Quellen geschichtlich und statistisch bearbeitet von Adolf Fr. Storch, K. K.
Postoffizial und Redakteur, Wien, Selbstverlag 1866, 175
Seiten, mit 286 Abbildungen (zumeist von Briefmarken)“.
Dieses Werk ist von der Anlage her eher ein Handbuch,
denn – der Verfasser wurde mit einem katalogähnlichen
Produkt bereits schon einmal in Kapitel 2.1 unter dem
gleichen Jahr aufgeführt – es präsentiert Daten und Fakten aller Postverwaltungen, die bis 1866 bereits Briefmarken herausgegeben hatten. Letztere werden jeweils
abgebildet, so dass es eben auch deren Urheber, die Postverwaltungen, mit allen dem damaligen Postbeamten bekannten Details näher beschreibt.
Auch in Frankreich erschienen einige postgeschichtlich
orientierte Arbeiten, die ebenfalls mit der Entstehung und
Entwicklung der Philatelie in Zusammenhang zu bringen
sind. So veröffentlichte Hippolyte Boyer 1862 eine kleine 8-Seiten-„Histoire du timbre-postes et en particulier du
timbre-postes français“. Boyer, Postdirektor in Marennes,
ließ dem Erstling 1863 weitere „Notizen“, dieses Mal auf
28 Seiten, folgen: „Notice historique sur le timbre-poste
…“, die ebenfalls in Rennes erschienen.
Weitaus umfangreicher und im wahrsten Sinne des Wortes auch bedeutsamer, weil grundlegender recherchiert
und zusammengetragen, waren Monografien von Arthur
de Rothschild. 1872 legte er „La poste á un penny“ (48
Seiten, Brüssel), aber auch „Notice sur l’Origine du prix
uniforme de la Taxe des Lettres et sur la Creation des
timbres-poste en Angleterre“ (83 Seiten, 600 Exemplare)
vor. Nur ein Jahr später erschien „Histoire de la poste aux
lettres, depuis ses origines les plus anciennes jusqu `à
nos jours“, ein 335 Seiten umfassendes postgeschichtliches Werk in einer Auflage von 600 Exemplaren (auf
verschiedenen Papieren gedruckt), das noch im gleichen
Jahr 1873 in zweiter Auflage (nun mit 394 Seiten) in Paris herauskam. 1876 wurde es von Jean-Baptiste Moens
bei leicht verändertem Titel („Histoire de la poste aux lettres et de timbre-poste, depuis leurs origines jusqu `à nos
jours“) in dritter Auflage verlegt, allerdings nunmehr sogar
mit zwei Bänden: Band I mit mehr als 360 Seiten, Band
II mit rund 330 Seiten. Parallel kam das Werk auch in Paris bei Calmann Levy heraus. Dazu erschienen von dem
letztgenannten Verlag 1879 als vierte Auflage „Illustrée
de nombreuses vignettes par Bertrall“ (423 Seiten) und
1880 davon eine weitere mit 440 Seiten, die 1984 nachgedruckt wurde und nun auch eine Geschichte der Philatelie und der Sammler enthielt.
Waren solche frühen Werke seltene Beispiele der Verbindung von Postgeschichte und Philatelie, sind die nunmehr
zu nennenden im direkteren und damit genuinen Sinne
der internationalen Philatelie zuzuordnen.
Austria (Österreich)
Hans Kropf publizierte um die Wende des 19./20. Jahrhunderts gleich drei Werke, die die Philatelie der damali-
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gen Donaumonarchie in bis dahin unbekannt eingehender
Weise würdigten. 1899 erschien „Die Abstempelungen
der Marken von Oesterreich-Ungarn und Lombardei-Venetien“ (162 Seiten, 71 Bildtafeln) in Prag, 1902 folgte
ein mit 455 Seiten noch umfangreicheres Werk „Die Postwertzeichen der Oesterreichisch-ungarischen Monarchie
unter Benützung amtlicher Quellen“. Als Jubiläumswerk
zur 50 jährigen Einführung der Briefmarken in Österreich
wurde das Buch vom Deutschen Verein für Briefmarkenkunde in Prag herausgegeben. 1908 krönte er seine Autorenkarriere mit dem fast 500 Seiten starken Titel „Die
Postwertzeichen des Kaisertumes Österreich und der
österreichisch-ungarischen Monarchie. Als Jubiläumswerk zur Feier des sechzigjähr. Regierungs-Jubiläums Sr.
Maj. Des Kaisers Franz Joseph i. mit Benützung amtlicher
Quellen bearbeitet“ (447 Seiten, 35 Bildtafeln). Bis heute
haben diese damaligen Standardwerke nichts von ihrem
historischen Wert verloren.
Switzerland (Schweiz)
Eine erste in sich abgeschlossene Monografie über
Schweizer Briefmarken gab Adolf Schulze (1841–1892)
in Bern heraus. Der Titel des von Robert Deyhle im November 1879 verlegten Werkes – es hatte nur vier Seiten
Text – lautete „Die Schweizer Cantonal-Marken (als Beilage zur Photographie)“ und bereits die damalige Presse
äußerte sich höchst anerkennend über die sehr gelungene Qualität der Abbildungen, die man in dieser qualitativ
guten Ausführung bis dahin nicht kannte. Schulze war ab
September 1884 Prüfungskommissar des Schweizer Philatelisten-Vereins Zürich und galt bereits zu Lebzeiten als
einer der größten Kenner der Schweizer Philatelie.1
Zehn Jahre später, 1889, erschienen zwei Werke, die die
damalige Schweizer Philatelie über die Grenzen des Landes hinaus zum Gespräch machte. Ed. Von Leman (ein
Aliasname von Hans Kirchhofer) publizierte einen „Spezialkatalog der Postwertzeichen der Schweiz“ in deutscher
und französischer Sprache, dessen 32 Seiten 1894 noch
einmal in einer aktualisierten Ausgabe der französischen
Version erschienen. Wenig später, im Oktober 1889, erschien dann eine Broschüre des Lausanner Baron Axel
de Reuterskjöld („Les Timbres Cantonaux de la Suisse (et
leurs Falsifications“), dessen 47 Seiten künftig als Grundlage für weitere, teils weit umfangreichere Arbeiten dienen sollten. Die Publikation kam 1890 auch in deutscher
Fassung („Die Kantonalmarken der Schweiz und deren
1 Zur Bearbeitung der philatelistischen Literatur der Schweiz wurde
neben den Werken von Crawford und Amrhein auch die Studie von
A. Abele, Die phiatelistische Literatur der Schweiz 1864–1945, Bern
1946, ausgewertet.
72 |
Fälschungen“) mit 39 Seiten heraus, im Mai 1998 als aktualisierte französische Fassung in zweiter Auflage.
Dem damaligen Zeitgeist folgend publizierte Otto Pfenninger 1891 ein erstes Werk über „Kantonale und Schweizerische Postentwerthungsstempel aus den Jahren 1850
bis 54“ (8 Seiten sowie Bildtafeln), nachdem dieser bereits ein Jahr zuvor ein „Handbuch der Schweizer PostWerth-Zeichen mit Beigabe von Postamtlichen Erlassen“
(135 Seiten, sechs Bildtafeln) veröffentlicht hatte.
Das Non-Plus-Ultra der Schweizer Philatelie war allerdings
das 1899 von Paul Mirabeaud (1848–1908), dem damaligen Direktor der Bank von Frankreich und Verwaltungsrat der Suez-Kanal-Gesellschaft, gemeinsam mit Baron
Axel de Reuterskjöld herausgegebene Prachtwerk über
Schweizer Briefmarken der Jahre 1843–1862. Die Gesamtauflage von 500 Exemplaren teilt sich auf eine französische („Les timbres-poste suisses 1843–1862“, 200
Exemplare) und eine englische („The postage stamps of
Switzerland 1862–1862“) sowie eine deutschsprachige
(„Die Schweizerischen Postmarken 1843–1862“) mit jeweils 150 Exemplaren auf. Mehr als acht Jahre hatte Paul
Mirabeaud daran gearbeitet, monatelang wurde der auf
handgeschöpftem Papier herzustellende Druck vorbereitet und geprüft, denn neben den 270 Seiten der französischen (278 der deutschen, 266 der englischen) Ausgabe im großen Quartformat waren auch 14 Tafeln mit
Reproduktionen der Schweizer Briefmarken herzustellen,
deren Wiedergabe alles bis dahin an Qualität Bekannte
in den Schatten stellen sollte. Das gelang, so gut, dass
es noch heute Fälschungen gibt, die aus diesen Reproduktionen gewonnen wurden und sich nur vom Papier her
unterscheiden! Allein die Druckkosten betrugen für dieses Werk 60 000 Schweizer Goldfranken, – nicht nur für
die damalige Zeit eine unvorstellbare Summe. Erst Ende
1899 war das Werk vollendet und letztlich zum Jahresund Jahrhundertwechsel 1900 erhältlich.
Dieses Werk gilt bis heute als das wohl schönste, kostbarste und aufwändigste Buch innerhalb der Philatelie
des 19. Jahrhunderts. Auch wenn es in neuerer Zeit einen
Nachdruck erfuhr (Quarterman Reprint, 1974, allerdings
nur schwarzweiß ausgeführt), kann dies dank der hervorragenden Ausstattung und der fachlich-inhaltlich bis heute hin nahezu einmaligen Bearbeitung (das Werk enthielt
auch mehr als 700 Abbildungen von Stempeln, zudem
eine zur damaligen Zeit vollständige Bibliografie) nichts
an dem berechtigten Status des Buches ändern. Heutige
Auktionspreise von bis zu mehreren tausend Euro je nach
Ausführung tragen der Seltenheit, aber auch der Besonderheit dieses Werkes Rechnung.
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Germany (Deutschland)
Den Reigen der deutschsprachigen Länder soll Deutschland komplettieren. Zwar kam es mit keinem der dort bis
1900 erschienenen Werke an die Qualität des Titels von
Mirabeaud/Reuterskijöld heran, aber seit den 1880erJahren hatten sich die Schwerpunkte forschender Philatelie auch in Deutschland weiter entwickelt, was sich in
einer Fülle neuer Publikationen niederschlug.
Ein typisches Beispiel war das von dem Apotheker Ferdinand Thaddeus Meyer (1846–1882) aus Franzensbad
verfasste „Handbuch für Postmarkensammler für den
permanenten Gebrauch bestimmt. Vollständiges Verzeichnis und Beschreibung aller amtlich ausgegebenen
Postmarken sowie sämmtlicher Privatmarken“, das 1881
in Nürnberg im Verlag des Briefmarkenhändlers Georg
Zechmeyer mit 656 Seiten Umfang erschien. War bereits
der Umfang dieses neuen Handbuches enorm, so galt der
detailliert und exakt beschriebene Inhalt damals ohne
Vergleich. Der Apotheker Meyer, er war von der Ausbildung
auch Chemiker, hatte sich erstmals in vorzüglicher Weise
mit den Markenfarben und den Zusammensetzungen von
Briefmarken näher beschäftigt und konnte zu Originalen,
aber auch zu deren Fälschungen und Verfälschungen
substantiell Neues vorlegen.
Zu diesem Handbuch erschienen allein sieben Nachträge,
deren erste beiden von 1881 und 1882 mit jeweils knapp
80 Seiten Meyer noch selbst verfasst hatte. Die späteren
bis 1887 erschienenen wurden von Dr. Paul Kloss verantwortet, der mit dem siebten Nachtrag auch ein Gesamtregister lieferte. Insgesamt kamen so über 1 200 Seiten
bester philatelistischer Fachbearbeitung weltweiter Philatelie zusammen, so dass dieses Handbuch in den 1880erJahren durchaus zu Recht als führend angesehen wurde.
Wirklich komplette Ausgaben mit allen Nachträgen sind
heute nicht mehr häufig zu finden.
Kleine Spezialstudien im Sinne monografisch angelegter
Kataloge hatte bereits Dr. Alfred Moschkau Jahre zuvor
verfasst. Aus seiner Feder erschien bereits 1871 bei Dietze in Dresden „Die Wasserzeichen auf den seit 1818 bis
dato emittirten Briefmarken u. Couverts nebst Abriss einer
Geschichte der Briefmarken und des Briefmarkensammelwesens (‚Philatelie‘). Mit 70 in den Text gedruckten
Holzschnitten“. Die kleine 43-Seiten-Studie war allerdings
kaum mehr als das, was Dr. Amable Legrand in seinem
„Essai sur les filigranes et les papiers ...“ bereits 1867
in Paris publiziert hatte. Dennoch erlebte das Werk mehrere Nachauflagen: zuerst 1872 (nun mit 49 Seiten, 84
Abbildungen), dann 1878 mit einer dritten gänzlich umgearbeitete Auflage unter dem Titel: „Geschichte der Briefmarken und der Philatelie (Briefmarkenkunde). Nebst
einer Beschreibung aller bekannten Wasserzeichen auf
Briefmarken, Couverts, etc.“, in Leipzig von Louis Senf mit
88 Seiten und zwölf Bildtafeln publiziert, und eine letzte,
vierte Auflage gab es 1880 unter dem veränderten Titel
„Die Wasserzeichen auf Briefmarken, Couverts, Postkarten etc. Nebst einer Geschichte der Briefmarken und des
Briefmarkensammelwesens (Philatelie)“, nunmehr mit 98
Seiten und zwölf Bildtafeln.
Weitaus selbstständiger erarbeitet war Moschkaus
„Handbuch für Essais-Sammler. Verzeichnis aller bis dato
bekannten officiellen postalischen Essais“, das in Leipzig
bei Louis Senf 1875 mit 51 Seiten und einer Abbildungstafel erschien, allerdings keine Neuauflagen erfuhr. Gleiches galt für Moschkaus „Geschichte der Philatelie. Gesammelte Beiträge zur Geschichte der Briefmarken und
der Briefmarkenkunde. Mit Porträts und Illustrationen“
(Leipzig, Louis Senf 1879, 80 Seiten), denn diese waren
nur „Aufguss“ längst bereits Veröffentlichtem und Moschkau wandte sich ab den 1880er-Jahren vermehrt auch anderen Interessen zu.
Dafür traten andere Philatelisten mit ihren Studien an.
Zum Beispiel der Dresdener Dr. Paul Kloss. 1880 erschien seine 32 Seiten-Studie „Vereinigte Staaten von
Nord-Amerika. Couvert- und Streifband-Aufstellung“ (bei
Louis Senf in Leipzig), im gleichen Jahr eine aus Beiträgen in der Zeitschrift „UNION“ zusammengefasste Arbeit
„Verzeichniss und Beschreibung aller Post-Karten mit
aufgedruckten Werthstempel“ mit weit über 200 Seiten
(1882 in 2. Auflage), 1882 die „Geschichte der Post-Wertzeichen des Königreichs Sachsen. Mit 68 Illustrationen.
Nach amtlichen Quellen bearbeitet“, verlegt von Ernst Petritz in Dresden (90 Seiten). Gerade diese letztgenannte
Arbeit brachte Kloss viel Anerkennung ein, beschäftigte er
sich doch als einer der ersten allein mit der Erforschung
von Marken eines „Landes“, was Otto Rommel 1894 nur
noch damit steigern konnte, indem er die „Geschichte der
Sächsischen Zeitungsmarke 3 Pfennige rot“ auf 48 Seiten beschrieb, also zum ersten Mal überhaupt eine einer
einzelnen Marke gewidmete Arbeit bei Ernst Heitmann in
Leipzig veröffentlichte.
Niveauvoll an fachlichem Gehalt war auch Ludwig Bergers
Ausarbeitung „Die Postwerthzeichen des Herzogthums
Braunschweig nebst einem kurzen Abriss der Braunschweigischen Postgeschichte. Unter Benutzung amtlicher Quellen bearbeitet“ von 1893, in Braunschweig mit
140 Seiten Umfang veröffentlicht. Es mehrten sich zu
dieser Zeit die Ländermonografien und Spezialwerke, zu
denen auch Arthur Ernst Glasewald bereits einiges (z.B.
zu Griechenland und zum Thema deutscher Privatpostmarken) seit Ende der 1880er-Jahre herausgebracht
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hatte. Wie Ludwig Berger war auch Glasewald Prüfer und
Experte, aber auch ein unermüdlicher Publizist. In den
1890er-Jahren fiel er mit zwei Studien zum damals rasch
aufkeimenden Interesse an Stempeln auf: „Die Abstempelungen der Marken des Thurn und Taxis‘ schen Postgebietes. Nach mehreren Vorträgen (unter Zugrundelegung
der eignen Sammlung) bearbeitet von A. E. G.“ wurde von
ihm in Gössnitz 1893 (60 Seiten, zehn Bildtafeln, zwei
Karten), und die Arbeit „Die Abstempelungen der Marken
von Baden. Unter Mitwirkung mehrerer Specialisten ...“
1898 ebendort (96 Seiten, zwei Bildtafeln) veröffentlicht.
Diesem geradezu blühenden Trend, Stempel zu sammeln,
hatte wohl Adolf Reinheimer mit seinem ersten „Katalog
der deutschen Entwertungsarten von 1849–1875“ (zwei
Hefte, Frankfurt a. M., J. H. Schloss [1891–92]) ausgelöst, dem 1894 der weit mehr verbreitete „Illustrirte Preiskatalog der deutschen postalischen Entwertungsarten“
mit nunmehr 690 Abbildungen auf 52 Seiten gefolgt war,
die der Internationale Philatelisten-Verein Dresden herausgegeben hatte.
Wenn die deutsche Philatelie in jener Zeit eine wahre Blüte erfuhr, schlug sich diese aber nicht nur in solchen beispielhaft ausgewählten Titeln nieder, sondern auch in einer großen Breite von Handbüchern in Fortsetzungen, die
ab 1887 begonnen wurden. Über diese wird in Kapitel 4.1
näher zu handeln sein.
Belgium (Belgien)
In Belgien war der literarische Fortschritt erneut mit dem
Namen von Jean-Baptiste Moens eng verknüpft. Der von
Hanciau und ihm bearbeitete „Catalogue prix-courant de
timbre-poste, télégraphes, enveloppes, bandes, cartes,
mandats, timbre fisceaux, mobiles, etc.“ erschien 1892
in siebter Auflage, allerdings in drei einzelnen Bänden und
einem zusätzlichen reinen Abbildungstafel-Band. Die insgesamt 1 295 Seiten zählten mehr als 10 000 Abbildungen, die allein auf 677 Bildtafeln untergebracht waren.
Man darf durchaus zu Recht sagen, dass dies der letzte
große Spezialkatalog des 19. Jahrhunderts war, mit dem
sich Moens selbst sein Denkmal zum Abschluss seiner
Karriere setzte. Allerdings hatten er und Hanciau daran
bereits nicht nur in der Pionierzeit, sondern besonders
auch in den Jahren von 1877 bis 1887 fleißig gearbeitet, denn bereits damals gaben sie eine „Bibliothèque des
Timbrophiles“ heraus, die mit ihren 24 (!)Handbüchern
unübertrefflich war. (Siehe Kapitel 4.1)
France (Frankreich)
In Frankreich gab es ein Pendant zu Moens‘ „Bibliothek
der Markenliebhaber“, nahezu zeitgleich zwischen 1878
74 |
bis 1889 entstanden (siehe Kap. 4.1). Aber vergleichbar
anderen Ländern erschienen dort auch Einzelstudien, die
sich ebenfalls mehr der Philatelie des eigenen Landes
widmeten. Beispielhaft zu nennen ist eine Arbeit von Louis Leroy, die 1891 mit dem Titel „Histoire du timbre-poste
française” in Paris (und in Brüssel bei Moens) erschien,
die mit ihren 204 Seiten auch eine Synopse aller französischen Ausgaben von 1849 bis 1891 bot.
Georges Brunel folgte 1896 mit seiner Arbeit „Le timbre-poste français étude historique et anecdotique de la
poste et du timbre en France et dans les Colonies françaises”, ebenfalls in Paris mit über 300 Seiten publiziert.
Eine weitgehend unveränderte Neuauflage gab es, allerdings mit einem Supplement von zehn Seiten, 1901.
F. Marconnet setzte nahezu zum Ende des Jahrhunderts
mit seinem zweibändigen in Nancy 1897 herausgebenen Werk „Les Vignettes postales de la France et de ses
colonies. Catalogue historique et raisonné de toutes les
émissions métropolitaines et coloniales depuis le 1er
Janvier 1849 jusqu‘au 1 Juillet 1897” einen glanzvollen
Höhepunkt. Beide Bäne boten rund 500 Textseiten mit
66 Bildtafeln, auf denen 536 Abbildungen zu sehen waren. Zwar bereits im neuen Jahrhundert, aber auch ein Höhepunkt seiner Lebenslaufbahn, war Arthur Maurys „Histoire des timbres-poste Francais. Enveloppes, bandes,
cartes, timbres-télégraphe et téléphone, essais, marques
postales et obliterations”. Auch dieses ansehnliche Werk
erschien in zwei Bänden mit insgesamt 648 Seiten, wobei
der erste Band 1907 herausgegeben wurde, der zweite
1908 folgte.
Italy (Italien)
Man kann sich kurz fassen, wenn man die bedeutende Literatur dieses Landes schlechthin mit einem Namen identifiziert: mit Dr. Emilio Diena, dessen Schriften bis zum
Ende des 19. Jahrhunderts geradezu die Philatelie des
eigenen Landes nach innen wie außen repräsentierten.
1894 trat er mit der Studie “I francobolli del ducato di Modena e delle provincie Modenesi e le marche del ducato
stesso pei giornali esteri. Con tre tav. in eliotipia e quattro
in zincotipia” in Modena an (226 Seiten, sieben Bildtafeln, Auflage 350 Exemplare, außerdem Deluxe-Ausgabe
in 50 Exemplaren „on carta di lusso“). Vier Jahre später
folgte „Les Timbres-poste des Romagnes. Par E. D., suivi
d‘une etude sur leurs reinpressions par J. B. Moens. Illustre de gravures sur bois”, die in Brüssel von J. B. Moens
1898 (96 Seiten, 140 Exemplare; außerdem Deluxe-Ausgabe auf „papier de Hollande“ in zehn Exemplaren). 1904
war Stanley Gibbons Limited der Herausgeber des Buches
„A History of the postage stamps of Sicily, with twenty pla-
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tes of autotype illustrations. By E. D. Translated by E. B.
Evans”, das mit 143 Seiten und 20 Bildtafeln aufwarten
konnte. Es erschien als “Stanley Gibbons Philatelie Handbooks. No. 8” und auch von diesem Werk gab es eine Deluxe-Ausgabe in rotem Leder gebunden.
Ein Jahr später erschien “The Stamps of the Duchy of
Modena and the Modenese Provinces, with the foreign
newspaper tax stamps of the Duchy. By Dr. E. D. with seven plates of illustrations”, nunmehr von der Philatelic
Record Company, Limited in Manchester als Philatelic Record Handbook No. 2 mit über 150 Seiten verlegt (dies
war eine Zusammenfassung einer Artikelserie Dienas, die
zuvor im “Philatelic Record” von Januar 1904 bis November 1905 publiziert worden war).
Emilio Diena, der zu Lebzeiten wohl führende und mit bekannteste Prüfer, Experte, Juror und Fachautor Italiens,
veröffentlichte zahllose Beiträge in Fachzeitschriften und
trat – dies sei hier gerne auch schon erwähnt – 1932 mit
seinem Spätwerk „Francobolli del Regno di Napoli et i due
Provisori de mezzo tornese del 1860“ noch einmal an die
Öffentlichkeit.
Spain (Spanien)
Wie bereits in Kapitel 3.3 betont, war es Dr. Thebussem,
dem zahlreiche kleinere Veröffentlichungen zu verdanken sind. Ein gewichtiges Buch erschien vor der Jahrhundertwende allerdings in deutscher Sprache und wurde
1890 in Mährisch Ostrau im Verlag des „Philatelistischen
Börsencourier“ (Kittl) erstmals mit 66 Seiten, dann aber
1894 wesentlich erweitert in zweiter Auflage in Berlin von
Dr. Hans Brendicke in zwei Teilen mit 160 Seiten und 13
Bildtafeln (Teil I) und 176 Seiten mit sieben Bildtafeln (Teil
II) publiziert. Dies war das Werk von Rudolf Friederich
„Die Postwerthzeichen Spaniens und seiner Colonien, auf
Grund hauptsächlich spanischer Quellen bearbeitet“, das
nun für lange Zeit als maßgeblich und richtungsweisend
galt. Von der Zweitauflage existiert auch eine Ausgabe auf
speziellem „Schreibpapier“ gedruckt und beide Teilen in
Leinwand oder Halbleder-Bänden gebunden.
Großbritannien
England war immer noch eine Wiege der philatelistischen
Literatur und namhafte Autoren ließen es sich auch nicht
nehmen, über diesem Status nur den leisesten Zweifel
zu hegen. Zu einer Art Maßstab aller Dinge in den frühen 1880er-Jahren entwickelte sich das von Frederick
Philbrick und William Westoby vorgelegte 384-SeitenBuch „The Postage and Telegraph Stamps of Great Britain“, das im Juli 1881 erschien. Manfred Amrhein be-
zeichnete es in seinem Werk als „the best work on any
country that had yet appeared“.2
Philbricks und Westobys Werk bildete gleichzeitig den Auftakt zu einer Handbuchreihe der Philatelic Society, London, die in Kapitel 4.1 vorgestellt wird, aber bereits an dieser Stelle attestiert werden darf, dass deren Monografien
zu den führenden wertvollen Studien ihrer Zeit wurden.
Neben diesem darf eine weitere, weil ganz besondere
Arbeit von Edward Benjamin Evans aus dem Jahr 1891
nicht vergessen werden: „A Description of the Mulready
envelope and of various imitations and caricatures of its
design; with an account of other illustrated envelopes of
1840 and following years.” Sie ist allein deshalb erwähnenswert, weil sie sich – vielleicht nicht erstmals, aber in
ganz besonderer Art und Weise – einem sehr speziellen
Thema allein widmete, eben den Karikaturumschlägen
der Mulready Covers. Zuvor war die Studie bereits im ersten und zweiten Jahrgang von Stanley Gibbons “Monthly
Journal” erschienen, nun gab es sie im gleichen Verlag als
240 Seiten-Buch, außerdem in einer Deluxe-Ausgabe auf
satiniertem Papier, die heute kaum noch anzutreffen ist.
Erwähnt sei zu diesem Thema auch noch die kleine Studie von Thomas Martin Wears, die bereits einige Jahre zuvor, 1886, unter dem Titel “The History of the Mulready
Envelope” herausgekommen war. Allerdings waren darin
nur eine Reihe von Karikaturumschlägen beschrieben,
die dem Autor zu jener Zeit bekannt waren.
United States of America (USA)
John K. Tiffany soll auch hier den Reigen der besonderen Monografien eröffnen, denn er war der erste, der
ein Handbuch über die Marken der USA schrieb, das bei
Moens 1883 veröffentlicht wurde (siehe Kapitel 4.1).
Moens selbst hatte – der rege Handel und Gedankenaustausch mit der frühen sehr lebendigen Philatelie in den
USA legte dies nahe – auch literarisch bereits sehr früh,
nämlich 1868, den Vereinigten Staaten eine Studie gewidmet: „Timbres d’offices Americaines avec leurs prix de
vente. Précéde d’une introduction sur leur origine par feu
M. James Lesley, Vice-Consul des Ètats-Unis“. Die kleine
31-Seiten-Arbeit (mit acht Bildtafeln; Deluxe-Ausgabe mit
neun Bildtafeln!) war ein Anfang.
Tiffanys Buch von 1883 bei Moens wurde 1887 von
Charles H. Mekeel unter dem Titel „History of the Postage Stamps of the United States of America“ verbreitet (2.,
leicht veränderte Auflage 1893) und 1892 folgte Tiffany
– zusammen mit R. R. Bogert und Joseph Rechert – mit
einem weiteren Buch, „The Stamped Envelopes, wrappers
2 Amrhein, a.a.O., Band I, Seite 43
| 75
____________________________________________________________________________________
and sheets oft he United States“ (126 Seiten). Ganzsachen war eines der zahlreichen Spezialgebiete Tiffanys
gewesen und es sollen auch unveröffentlichte, nur vervielfältigte Manuskripte Tiffanys geben, in denen er solche Studien für verschiedenste damals (1876) bekannte
Gebiete einmal zu einem späteren Katalog zusammenzustellen beabsichtigte.
Charles H. Mekeel publizierte – zuerst im „Philatelic Journal of America“ – eine Spezialstudie „The History of the
postage stamps of the St. Louis Postmaster 1845–1847“,
die 1895 in Buchform erschien. Diese Arbeit ist insofern
besonders erwähnenswert, weil sie als erste einer einzelnen Ausgabe der USA gewidmet war.
Fiskalmarken wurden seit jeher in den USA besonders gesammelt. Diesem Trend trugen George Lunt Toppan, Hiram E. Deats und Alexander Holland mit ihrer Monografie zum Thema „An historical reference list of the revenue
stamps of the United States including the Private Die Proprietary stamps“ Rechnung (428 Seiten, herausgegeben
von der Boston Philatelic Society).
Noch weit umfassender wurde der „Catalogue for advanced collectors of postage stamps, stamped envelopes and
wrappers“, den Henry Collin und Henry Calman 1901 vorlegten. Collin war ein bekannter Händler, der sich bereits
ab 1885 mit fünf Auflagen eines „Price catalogue of postage stamps, envelopes and newspaper wrapper ...“ einen
guten Namen erworben hatte. Dessen fünfte Auflage war
bereits in zwei Teilen mit mehr als 1 900 Abbildungen zuvor erschienen. 1889 bis 1900 hatten Collin und Calman
– Calman hatte 1885 die Firma von John Walter Scott
erworben, damit auch dessen Zeitschrift, das „American
Journal of Philately“ – in eben dieser Zeitschrift eine weltweit reichende Bearbeitung der Ausgaben aller Länder,
von Afghanistan bis Zululand reichend – veröffentlicht,
die nun ein Jahr später in Buchform erschien. Daraus wa-
76 |
ren drei Bände mit insgesamt mehr als 1 350 illustrierten
Seiten entstanden. 1901 gab es sogar noch einen zusätzlichen Band mit 246 Bildtafeln. Damit wurde aus diesem
Handbuch ein heute fast schon legendäres Standardwerk
jener Zeit, das man nicht mehr häufig antrifft.
Ausblicke
Die vorhergehende Aufzählung ist bereits im Ansatz lückenhaft, denn es wurden nur wenige Länder – und bei
diesen auch meist nur die in den Ländern selbst entstandenen Schriften – berücksichtigt. Natürlich gab es bis
zum Ende des 19. Jahrhunderts weit mehr Länder, in denen bereits kleinere – und in Einzelfällen auch größere
– Monografien entstanden. Und es gab weit mehr Länder
als Sammelgebiete, zu denen Dritte, nicht innerhalb dieser Länder wohnende Philatelisten bemerkenswerte Studien schrieben.
Einige hier nur verkürzt aufgeführte Titel und deren Autoren seien dennoch abschließend in chronologischer Abfolge genannt: „Timbres d’offices Américaines“ (1868,
von James Lesley), „Timbres de Moldavie et de Roumanie“ (1869, Dr. A. Legrand), „Les timbres-poste rureaux
de Russie“ (1875, Samuel Koprowski), „Les Éscritures et
la lègende de timbres du Japon“ (1878, Samuel Koprowski), „Katalog der Postwertzeichen des Ottomanischen Kaiserthums“ (1878, Ferdinand Meyer), „Afghanistan, seine
Post und seine Postwerthzeichen“ (1879, Ferdinand Meyer) – die Studie wurde 1881 von der Société Française
de Timbrologie ins Franzsösische übersetzt – sowie Hugo Lübkerts „Handbuch aller bis 1881 bekanntgewordenen Postwerthzeichen der Rural-Posten von Russland“,
das 1882 mit insgesamt 130 Seiten bei Sigmund Friedl
in Wien erschien. Dasselbe Thema behandelte 1896 William Herrick mit seinem 128-Seiten-Werk „Catalogue of
the Russian Rural Stamps“. All diese Veröffentlichungen
und viele andere mehr waren im Sinne dieses Buches
„Meilensteine“.
____________________________________________________________________________________
3.5
Wachstum weltweiter Philatelie und
philatelistischer Literatur
____________________________________________________________________________________
Die Zeit von 1875 bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte weltweit einen ungeahnten, von keinem der frühen
Pioniersammler wohl für möglich erachteten Aufschwung
der Philatelie. Zahlreiche neue Sammelgebiete wie Länder, in denen nun eifrig von stets neu begeisterten Philatelisten Neuerscheinungen aus aller Herren Länder gesammelt wurden, kamen dazu. Die in der Überschrift zu
Kapitel 3 auch beschriebenen „Neuanfänge“ waren zahlreich, betrafen auch neue Trends eines zunehmend mehr
spezialisierten und forschenden Sammelns, was sich
auch in einem ebenso stetig mehrenden Angebot an philatelistischer Literatur niederschlug. Mit der Spezialisierung wuchs die Nationalisierung, die Beschränkung auf
wenige Gebiete (z.B. die Amerikas oder nur die „Staaten“
oder eben nur „Europa“ und später vielleicht gar nur dessen einzelne Länder usw.).
Will man das erst einmal schier unaufhörliche Wachstum,
vergleichbar der exzessiven Expansion eines weltweiten
Frühkapitalismus oder des Goldgräber- oder Kautschukrausches, der Mitte des 19. Jahrhunderts Menschen aus
aller Welt nach Kalifornien oder an den Amazonas lockte, qualifizieren und belegen, eignet sich wohl nichts so
gut dazu, wie gerade der nähere Blick auf Fachzeitschriften. Denn – anders als bei Monografien, die ja auch von
Philatelisten in Ländern verfasst sein konnten, in denen
es kaum eine spürbare philatelistische Bewegung gab –
setzten Fachzeitschriften eine eigene landesweite Leserschaft voraus, waren also spür- und sichtbarer Beweis,
dass es im jeweiligen Land auch nennenswert zahlrei-
che Sammler, Philatelisten, aber auch deren Vereinigungen gab. So mögen einige statistische Daten und deren
Auswertung den Einblick in eine Zeit bis Ende des 19.
Jahrhunderts erhellen, die heute häufig zu recht als eine
„Hochzeit“ der Philatelie und damit der philatelistischen
Literatur empfunden wird. Zumindest in quantitativer
Hinsicht, was vielleicht auch bereits eine Zahl von nahezu 500 bis 1900 in Deutschland entstandenen Vereinen
nahe legen kann (von denen allerdings 1900 auch nur
noch knapp ein Drittel existierte). Der zweite, dann eher
qualitativ bewertende Zugriff, vermag aber auch deutlich
werden zu lassen, dass vieles in zahlreichen Ländern nur
von kurzer Dauer war.
Die nachfolgend abgedruckte Grundtabelle, die als
Grundlage den Auswertungen diente, beschreibt die zum
19. Jahrhundert für philatelistische Zeitschriften-Literatur bekannten Länder.1 Sie benennt für diese das jeweilige erste Erscheinungsjahr eines ersten Titels, dessen
Erscheinungsort und dessen Bestehenszeit. Außerdem
führt sie die Zahl der Publikationen auf, die insgesamt in
diesem Land bis Dezember 1900 und die, die davon noch
zu diesem willkürlich gesetzten Zeitpunkt existierten (deren Zahl wurde zusätzlich in Prozente umgerechnet). Die
Länder wurden dabei heutigen Kontinenten zugeordnet,
um auch eine solche Übersicht zu ermöglichen.
1 Die Grunddaten für diese Tabellen wurden von den in vorhandenen
Bibliografien aufgeführten Titeln abgeleitet, wobei hierzu besonders
der Crawford-Katalog eine wertvolle Grundlage bildete.
| 77
____________________________________________________________________________________
Generell seien einige weitere Vorbemerkungen gestattet,
die hier nicht èn detail zu belegen sind. Über 90 Prozent
aller philatelistischen Fachblätter waren, teils sogar im
Wortsinne, „Eintagsfliegen“, existierten also nur sehr kurze Zeit, meist nur einen oder mehrere Monate. Dies ist ein
Phänomen, das besonders in Amerika (USA) zu betrachten ist.2 Es mag an der mangelnd großen Interessenten
und mitfinanzierenden Inserentenzahl gelegen haben,
vielleicht aber auch an dem „american dream“, es einmal
zu versuchen, sich einen Namen zu machen.
2 Amrhein (a.a.O., Bd. I, S. 71) verweist auf Ralph A. Kimbles Studie
(„American Philatelic Periodical Literature. A Brief Survey, März 1936),
die aussagt, dass zwischen 1871–1889 nicht weniger als 284 verschiedener Periodika erschienen sind. Im 11. American Congress
Book (1945) wusste Turner eine weitere erhellende Zahl zu nennen:
1896 seien allein 85 verschiedene Journale neu entstanden.
Auf jeden Fall bleibt die kurzlebige Zahl mancher Organe
in verschiedenen Ländern verblüffend.
Dies gilt es auch zu berücksichtigen, wenn man die Zahl
der Publikationen sieht, die im Dezember 1900 noch existierten, denn vielfach waren diese erst kurz vor 1900 oder
in diesem Jahr ins Leben gerufen worden und verschwanden wenige Monate später 1901/02 wieder. Einige andere Länder traten auch erst in den frühen Jahren des 20.
Jahrhunderts mit ersten Fachzeitschriften in Erscheinung,
was ebenfalls der Tabelle zu entnehmen ist. Nur knapp
zehn Prozent aller Zeitschriften, so des Verfassers Schätzung, wurden fünf bis zehn Jahre alt und von diesen dürfte es wiederum eine verschwindend kleine Minderheit
gewesen sein, die vielleicht auf 15 Jahre und mehr zurückblicken und das Jahr 1900 erreichen konnten.
Die Zahlen in der Übersicht
Land
Argentinien
Austria / Österreich
Azoren
Belgien
Erst- Titel
jahr
1874 Revista Philatélica, Buenos Aires, 8–9.
1874
1866 Briefmarkenanzeiger, Triest, 1866*
1905
1863
Bis
Existent
1900 12.1900
17
1
(5,88%)
56
2
(3,57%)
0
0
44
9
(20,45%)
1
0
Kontinent
Amerika (Süd)
Amerika (Süd)
Europa (West)
Bolivien
1893
Açores, Angra, 3.–5.1905
Timbre-Poste, Brüssel, 2.1863–
12.1900
Filatelia Boliviana, La Paz, 7.–8.1893
Brasilien
1892
Brazil Philatelicó, S. Paulo, 1.–3.1892
23
Br.-Guiana
1906
0
Bulgarien
1893
3
0
Canada / Kanada
Canary Is./
Kanar. Inseln
Chile
1864
British Guiana Philatelic Journal,
Georgetown, from 12.1906
Glas (Echo Timbrophile), Philippopie,
10.1893–3.1894
Stamp Collector’s Record, Montreal,
2.– 3.1864
Filatelia Universal, Laguna de Tenerife, 1.–11.1903
Guia del Collectionista de Sellos de
Correos, Valparaiso, 1.1878–12.1884
Star of Panama, Panama, 5. (?) 1865
1
(4,34%)
0
73
7
(9,58%)
0
Amerika (Nord)
1
(16,6%)
0
Amerika (Süd)
1903
1878
Colombia / Ko- 1865
lumbien
78 |
0
6
14
Europa (West)
Europa (West)
Amerika (Süd)
(Europa) /
Kolonie
Europa (Ost)
Europa (West)
Amerika (Süd)
____________________________________________________________________________________
Land
Erst- Titel
jahr
Costa Rica
1894 Costa Rica Postal, San José, 10.1894–
6.1895
Cuba / Kuba
1899 Curioso Americano, Habana, 7.1899–
5.1901
Curacāo
1891 Correio del Caribe, Curacāo, 2.1891–
4.1892
Denmark /
1867 Nordisk Frimaerketidende, KopenhaDänemark
gen, 8.1867–6.1868
Dominican
1885 Filatelico, Santo Domingo, 1.1865–
Rep. / Domini2.1886
kanische R.
Ecuador / Eku- 1886 Ecuador Filatelico, Guayaquil, 1.1886–
ador
2.1887
Egypt / Ägyp- 1891 Timbrologie Egyptienne, Kairo,
ten
10.1891–5.1892
France / Frank- 1864 Collectionneur de Timbres-Poste,
reich
Paris (ab 1864–)
Germany /
1863 Magazin für Briefmarkensammler,
Deutschland
Leipzig, 5.1863–4.1867
Great Britain / 1862 Monthly Intelligencer, Birmingham,
Groß9.1862–7.1862*
britannien
Greece / Grie- 1891 Hermès, Athen, 3.1891–1.1892
chenland
Hawai
1889 Oceanic, Honolulu, 2.–5.1889
Bis
Existent
1900 12.1900
4
1
(25,0%)
2
1
(50%)
2
0
Kontinent
12
1
(8,3%)
Europa (Nord)
3
0
Amerika (Süd)
7
0
Afrika (Nord)
86
16
(18,6%)
25
(12,07%)
23
(8,24%)
Europa (West)
3
0
Europa (Süd)
1
0
Holland / Niederlande
Hong Kong
1870
22
4
(18,18%)
0
Amerika (Nord/
USA)
Europa (West)
India / Indien
1896
Italy / Italien
1874
Luxemburg
1890
Malta
1898
Mexico / Mexiko
Morocco /
Marokko
Natal
1889
1895
1897
1904
Continental Philatelic Magazine,
Amsterdam, 2.1869–1.1870
Hong Kong Philatelic Journalist, Hong
Kong, Januar – Dezember 1895
Indian Philatelist, Dadar/Bombay,
5.1894–4.1896
Posta Mondiale, Livorno, 7.1873–7.
1874
Philatelie Univers, Esch s. A., 5.1890–
2.1891
Malta Philatelic Chronicle and Advertiser, Valetta, 1.1898
Boletin de la Sociedad Filatelica Nacional, Guanajuato, 3.1889–11.1891
Maroc Timbrologique, Tanger, 2.–
4.1897
Stamp Recorder and Collector’s Exchange, Charlestown, 8.1904–4.1905
207
279
1
8
Amerika (Mittel)
Amerika (Mittel)
Amerika (Mittel)
Amerika (Mittel)
Europa (West)
Europa (West)
Asien
Asien
1
2
(25%)
6
(12,24%)
2
(66,6%)
0
7
0
Amerika (Mittel)
2
0
Afrika (Nord)
0
0
Afrika (Süd)
49
3
Europa (Süd)
Europa (West)
Europa (Süd)
| 79
____________________________________________________________________________________
Land
New South
Wales /Neu
Süd-Wales
New Zealand /
Neuseeland
Norway / Norwegen
Peru
Porto Rico
Erst- Titel
jahr
1879 New South Wales Stamp Collector’s
Magazine, Sydney, 11.1879–4.1881
Bis
Existent
1900 12.1900
6
1
(16,6%)
Kontinent
1880
New Zealand Stamp Collector’s Quarterly, Auckland, 10.1880
Nordisk Frimaerkeblad, Arndal,
7.1886–5.1889
Mercurio, Lima, 10.1886–3.1887
Filatelia Antillana, Mayaquez, 3.–
10.1893
Philatelista, Lissabon, 4.1887–4.1896
3
0
Australien
6
0
Europa (Nord)
2
4
0
0
Amerika (Süd)
Amerika (Mittel)
15
Europa (Süd)
Australian Stamp News, Guanalda,
7.1893–10.1898
Timbrophilo, Bukarest, 1.–3.1881
1
1
(6,6%)
0
16
0
Europa (Ost)
Finska Filatelisten, Helsingfors,
12.1894–1.1896
San Marino Philatelist, San Marino
Australian Stamp Collector’s Journal,
Adelaide, 11.1879–2.1880
Indicador de Los Sellos, Madrid,
7.1870
Tidning för Frimärksamlere, Stockholm, 12.1886–12.1893
Schweizerische Briefmarken-Zeitung,
Schwanden, 10–11.1875
Federal Australian Philatelist, Hobart,
1.1890–10.1891
South African Philatelist, Johannesburg, 11.1895–4.1896
Philatéliste Africain, Tripolis, 9.1893–
4.1894
Tunis-Philatélique, Tunis, 10.1895–
2.1896
Timbre Levantin, Constantinopel,
5.1886–8.1888
Stamp Collector’s Record, Albany,
N.Y., 12.1864–10.1876
Annunciador Filatélico de Venezuela,
Caracas, 1.1892–1.1893
Barry’s Philatelic Monthly, Melbourne,
11.1887–4.1888
4
1
(25,0%)
0
0
Europa (Ost)
Europa (Süd)
1
8
(21,62%)
2
(25,0%)
2
(6,6%)
0
1
0
Afrika (Süd)
2
0
Afrika (Nord)
2
0
Afrika (Nord)
3
0
829
5
28
(3,37%)
0
Asien (Europa,
Ost)
Amerika (Nord)
2
0
1886
1886
1893
Portugal
1887
Queensland
1893
Roumania /
Rumänien
Russia / Russland
San Marino
South Australia
/ Südaustralien
Spain / Spanien
1881
Sweden /
Schweden
Switzerland /
Schweiz
Tasmania /
Tasmanien
Transvaal
1886
Tripolis
1893
Tunis
1895
1894
1892
1879
1870
1875
1890
1895
Turkey / Türkei 1886
USA
1864
Venezuela
1892
Victoria
1887
80 |
2
1
37
8
30
Australien
Australien
Europa (Süd)
Australien
Europa (Nord)
Europa (West)
Australien
Amerika (Süd)
Australien
____________________________________________________________________________________
Einzelauswertungen
Die Zahlen im Überblick:
• Die Allerersten, die „Top Ten“
Begrenzt man den Kreis der Ersten bis zum Jahr 1870
einschließlich, dann sind es elf Länder, in denen bis dahin
jeweils deren erstes Philatelie-Journal erschien. Genau
genommen – aus heutiger Sicht – allerdings nur zehn,
denn Triest (siehe Österreich) gehört heute zu Italien und
nicht mehr zu Österreich. Nimmt man den Triester „Briefmarkenanzeiger“ heraus, dann würde Österreich ein paar
Jahre hinunter rutschen, denn erst 1872 erschien mit den
„Philatelistischen Berichten“ von S. F. Friedmann aus Rudolfsheim in Wien ein Blatt, das außerhalb solcher Zugehörigkeitsdiskussionen steht.
Der erste Platz geht an Großbritannien, wobei auch hier
die Frage der Vorrangigkeit des zuerst aufgeführten Blattes („Monthly Intelligencer“, Birmingham, September
1862) nicht unumstritten ist. Manchen gilt der „Monthly
Advertiser“ als erstrangig (dieser erschien im Dezember
1862) oder das „Stamp Collector’s Monthy Advertiser“
(Januar 1863 bis Juni 1864), vielen aber eher das bekannte „Stamp Collector’s Magazine“ aus Bath, das vom
Februar 1863 bis Dezember 1874 erschien und durchgehend eine Fachzeitschrift, nicht nur ein Anzeigenblatt mit
kleinem Anteil für Briefmarken, war.3 So oder so: Die „Krone“ geht dennoch an Großbritannien, allerdings sehr dicht
gefolgt von Belgiens „Timbre Poste“ und drei Monate später vom deutschen „Magazin für Briefmarkensammler“.
Unter diesen ersten zehn – bzw. erweitern wir den Kreis
bis zum Ende der „Pionierphase“ – ist Europa immerhin
mit zehn Ländern vertreten, die Amerikas mit vier Ländern, wobei der „Star of Panama“ von Kolumbien nicht
ganz gesichert zu sein scheint. Neben Argentinien sind
auf jeden Fall die Organe in Kanada und USA unzweifelhaft und mit dem Ausgabejahr 1864 ebenfalls sehr früh.
Großbritannien Belgien Deutschland Kanada Frankreich USA Kolumbien Dänemark Niederlande Spanien Österreich Italien Argentinien Schweiz 3 Zur Frage des ersten Briefmarken gewidmeten Magazins erschien
kurz vor Manuskriptschluss ein lesenswerter Beitrag von Brian Birch
(„Which was the First Magazine Devoted to Stamp Collecting?“, in:
London Philatelist, Dezember 2012, S. 382–393), der zwar diese
Frage auch nicht endgültig klärt, wohl aber Indizien präsentiert,
nach denen auch das „Stamp Collector’s Magazine“ einen hauchdünnen Vorsprung gehabt haben könnte, sofern man die tatsächliche Zustellung beim Leser (und nicht allein den gedruckten Impressums-Hinweis) in Betracht zieht.
Land
Zeitschriften bis
Dezember 1900
1862
1863
1863
1864
1864
1864
1865
1867
1870
1870
1872
1873
1874
1875
Insgesamt waren es also nur 14 Länder, in denen bis
1875 überhaupt solche Zeitschriften erschienen. 14 von
61 insgesamt, die bis 1900 Zeitschriften herausgaben,
Zahlen, an denen man bereits die Enwicklung der Philatelie im 19. Jahrhundert ablesen kann.
• Quantitative Zahlen
Verblüffend sind Zahlen zur Frage, in welchen Ländern
denn im 19. Jahrhundert überhaupt die meisten Briefmarkenzeitschriften erschienen sind, wobei hier nicht zwischen sog. Inseratenblättern und reinen Fachjournalen zu
differenzieren ist. Die folgende Statistik ist eindeutig:
Abgesehen von diesen TOP TEN spielen auch noch Brasilien (23), Niederlande (22), Argentinien (17), Rumänien
(16), Portugal (15), Kolumbien (14) und Dänemark (12)
eine Rolle, – dann werden die Zahlen nur noch einstellig.
Rein quantitativ führte also mit riesigem Abstand die USA,
allerdings war dies gleichzeitig auch das Land, in der die
überwiegende Mehrzahl aller Fachblätter nur ein sehr kurzes, meist nur wenige Monate dauerndes Leben hatten.
Großbritannien war das Land, in dem in den 1860er-Jahren die meisten Fachzeitschriften überhaupt erschienen,
später ließ die Produktivität deutlich nach.
Aufschlussreich ist deshalb auch die Frage, wie viele der
im 19. Jahrhundert erschienenen Blätter es denn überhaupt bis zum Jahr 1900 schafften? Eine solche Frage
ist statistisch nicht sauber zu beantworten, weil der Be-
Existent davon
Dezember 1900
Prozentualer
Anteil
USA829
28
3,37%
Großbritannien
23
8,24%
279
| 81
____________________________________________________________________________________
Land
Zeitschriften bis
Dezember 1900
Existent davon
Dezember 1900
Prozentualer
Anteil
Deutschland
207
25
12,07%
Frankreich
86
16
18,60%
Kanada
73
7
9,58%
Österreich
56
2
3,57%
Italien 49
6
12,24%
Belgien 44
9
20,45%
Spanien
37
8
21,62%
Schweiz
30
2
6,66%
zugspunkt nicht für jedes Blatt bzw. Land vergleichbar zu
setzen ist. Nimmt man allerdings einfach den Dezember
1900 als Endgröße und nur das zuvor liegende Erscheinen eines Blattes als Relation, also unabhängig davon,
wann dessen Ersterscheinungstermin war (z.B. 1869,
1885 oder eben sogar Januar 1900) dann zeigt sich folgendes Bild:
Von insgesamt 61 Ländern, in denen im 19. Jahrhundert
Fachjournale existierten, waren von diesen Ländern Ende 1900 nur noch 27 mit zumindest einem Blatt vertreten. Die anderen konnte kein einziges zu dieser Zeit mehr
verzeichnen. Den Schwund bei den zuvor genannten TOP
TEN-Ländern verdeutlicht ebenfalls die Statistik, wobei es
eine Änderung auf den Plätzen erst ab Rang 5 gab, denn
nun hieß die Reihenfolge USA, Großbritannien und knapp
dahinter Deutschland, dann Frankreich, danach aber Belgien, Spanien und Kanada sowie die Schlusslichter Italien, Schweiz und Österreich. Dennoch: Der große „Verlierer“ war eigentlich die USA, denn kaum mehr als drei
Prozent der ursprünglichen Zeitschriften existierten Ende
1900 überhaupt noch.
Solche prozentualen Werte sind allerdings auch irreführend, denn schaut man sich die Gesamtstatistik mit ihren
prozentualen Werten an, dann führen dort nicht die TOP
TEN, sondern die Länder mit ursprünglich sehr kleiner
Zahl erschienener Blätter, also die, in denen gerade einmal drei oder vier erschienen, aber zumindest eines davon noch Ende 1900 existierte. Hier liegt dann Luxemburg
(2 von 3, also 66,6%) an der Spitze, direkt danach sogar
Kuba (mit 1 von 2 Blättern, also 50%), gefolgt von Cos-
82 |
ta Rica, Indien, Russland und Schweden mit jeweils 25
Prozent, Spanien (21,62 %) und Belgien (20,45%). Dennoch geht man sicherlich nicht fehl in der Aussage, wenn
man behauptet, die publizistische Philatelie spielte sich
in erster Linie in Großbritannien, Deutschland und Frankreich ab, zumal Belgiens bekanntestes Blatt „Le TimbrePostes“ von J. B. Moens 1900 ihr Erscheinen einstellte.
Differenziert man nach Alter der Blätter heute, sind nur
sehr wenige überhaupt in die Jahre gekommen. Aus den
USA kann man den „American Philatelist“ nennen, aus
der Schweiz die „Schweizer Briefmarken-Zeitung“, aus
Frankreich „L’Echo de Timbrologie“ und aus Luxemburg
„Le Moniteur de Timbrologie“, – nicht zu vergessen aus
Großbritannien der „London Philatelist“. Nahezu alle
anderen Blätter sind heute nur noch Geschichte, selbst
aus Deutschland hat keines überlebt. 1945 war das „Illustrierte Briefmarken-Journal“ zwar die älteste Fachzeitschrift der Welt (1874 gegründet), aber sie konnte infolge
des Publikationsverbot der Sowjetischen Militäradministration nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr aufleben,
nachdem sie bereits im März 1943 zwangsweise eingestellt worden war.
• Geografische Aspekte
Diese kleine Betrachtung sollen einige geografische Betrachtungen abschließen, wozu die erste Tabelle die im
19. Jahrhundert erschienenen Zeitschriften Kontinenten
aus heutiger Sicht zuordnete. Dabei ergibt sich dann folgendes Bild:
____________________________________________________________________________________
Zumindest kontinental gesehen, führte Europa im 19.
Jahrhundert eindeutig, besonders Westeuropa. Zwar war
in den Amerikas die USA bei Zahl der Blätter führend gewesen sein, aber von der Zahl beteiligter Länder insgesamt war es Südamerika, wo die meisten ausgebenden
Länder vertreten waren, es allerdings auch bereits zu die-
Ausgabe-Länder ser Zeit weit mehr Länder als politische Einheiten im Vergleich zu Nordamerika gab.
Mit Abstand führte Europa, dank Westeuropa, Ende 1900
bei der Zahl noch existenter Fachblätter. In Europa gab es
insgesamt noch 102, in den Amerikas nur noch 40. Die
alte Welt war der neuen um einiges voraus.
Zeitschriften insgesamt
Ende 1900
Afrika insgesamt 6
– Afrika-Nord 4
13 0
– Afrika-Süd 2
1
0
Amerika 17
– Mittelamerika 6
19 2
– Nordamerika 3
903 35
– Südamerika 8
71 3
Asien 3
12 2
Australien 6
14 1
Europa 22
– Nord 3
26 3
– Ost 3
23 1
– Süd 6
107 15
– West 10 727 83
Fragt man nach den Gründen, wird man sicherlich viele finden. Sie liegen sicherlich weniger in der Zahl der
Sammler in den jeweiligen Ländern (diese war in den USA
vielleicht um 1900 bereits höher als in Deutschland. Genauere Zahlen liegen aber erst für die 1930er-Jahre dem
Autor vor. Danach gab es damals in Deutschland knapp
zwei Millionen Sammler, jeder siebte Erwachsene sammelte. In England war es nur jeder 13. und in den Vereinigten Staaten nur jeder 15. Da aber die Bevölkerungszahlen sehr unterschiedlich waren, bedeutete dies, dass
es in den USA (1947) rund 20 Millionen Sammler – davon nur zehn Prozent in Vereinen organisiert – gegeben
haben soll. Sicherlich lagen die Zahlen fünfzig Jahre zuvor deutlich niedriger, aber die USA, zumal New York war
schon um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert neben London das merkantile Zentrum der Weltphilatelie.
An Sammlerzahlen allein kann es also nicht gelegen haben, dass Westeuropa derart führend in der literarischen
Philatelie wurde.
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Im 19. Jahrhundert wurde in Europa der viel preiswertere Buchdruck, aber auch das billige Papier mit Holzschliff
(Lignin) erfunden und verbreitete sich rasch. Diesen im
Vergleich zu klassischem Tiefdruck und handgeschöpften Papier weit billigeren Produktionsverfahren ging eine staatlich geförderte preiswerte Versandmöglichkeit
als Drucksachen und Büchersendungen einher, was es
Verlegern ermöglichte, selbst bei kleiner Bezieher-/Abonnentenzahl Zeitschriften über Jahre hinweg am Leben zu
erhalten. Dies waren Vorteile, die nicht von der Hand zu
weisen waren.
84 |
Dennoch belegt der Überblick insgesamt, dass Philatelie ein weltweites Phänomen war, zwar seine Ursprünge
in wenigen Ländern Westeuropas hatte, aber seit Beginn
sehr dicht von nordamerikanischen Staaten gefolgt wurde. Von diesen ausgehend verbreitete sie sich rasch weltweit. Ausnahmen waren nur die eigentlich Staaten HinterAsiens, die heute im Weltkonzert der Philatelie eine der
ersten Geigen spielen, wie z.B. Japan, China, Singapur,
Thailand – um nur einige Beispiele zu nennen. Indien war
bereits dabei und ist es bis heute in zunehmend stärker
entfalteter Position geblieben.
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4
Briefmarken als Massenprodukt,
Spezialisierung als Reaktion
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Waren um 1860 bereits fast 1 000 Briefmarken weltweit
erschienen, sollte sich deren Zahl bis zum Jahrhundertende vervielfachen. Dies stellte nicht nur Katalog- oder
Albenverleger vor ständig neue Probleme der Erfassung
und Katalogisierung. Es veränderte auch das Verhalten
der Sammler, die nicht mehr bereit und in der Lage waren, von Jahr zu Jahr mehr Geld in umfangreichere literarische Produkte zu investieren. So erwuchs aus einem
zuerst eher generalisierten ein zunehmend stärker spezialisierter Ansatz der Begrenzung und Beschränkung, wobei dann aber eben diese nunmehr – nicht nur im bildlichen Sinne unter die Lupe genommenen – Spezialgebiete
umso stärkere Differenzierung und Erforschung erfuhren.
Bereits um 1900 waren weltweit Auswirkungen solcher
Spezialisierung (z.B. bei Abstempelungen) zu betrachten,
in einzelnen Ländern auch die Fokussierung auf neue Gebiete (in Deutschland auf Privatpostmarken, weltweit auf
Kolonien und neue territoriale Besitztümer). Andererseits
schwand das Interesse, Briefmarken aller Länder weltweit zu sammeln, zumal viele Marken nicht leicht erhältlich und so manche frühe Ausgabe nicht mehr bezahlbar
waren. Auf die Flut der Ganzsachen reagierten Sammler
ebenso mit Verzicht (nachdem sich glücklicherweise das
Sammeln vollständiger Belege statt der ursprünglichen
Ausschnitte durchgesetzt hatte). Manche lehnten auch
die seit den 1890er-Jahren entstehenden Sondermarken
oder die Flut der Über- und Aufdruckmarken ab. Selbst
die Emissionen lateinamerikanischer Länder, die mit dem
Namen des New Yorker Nicolas Seebeck als betreuende
Agentur verbunden waren, standen in der Kritik.
Diese schaffte sich zuerst in den Fachzeitschriften der
Sammlerwelt ihren Raum, beeinflusste aber auch das Autorenverhalten. Während seit den 1880er-Jahren zunehmend mehr Länderbearbeitungen und spezialisierte Themenstudien erschienen – ein knapper Überblick wurde
bereits in Kapitel 3.4 geboten –, mehrten sich einerseits
die Versuche, allen Unkenrufen zum Trotz, die Ausgaben
aller Welt in neuen Spezial-Handbuch-Reihen zusammenzufassen. Andererseits versuchten Verlage, das geringer
werdende Interesse an Spezialliteratur durch Massenauflagen von immer neuen Zeitschriften, Alben und Katalogen zu kompensieren.
So entstanden neue Produkte, „Nischenprodukte“ für eine überschaubar kleine Zahl von Spezialisten. Diese wurden teils in geringer Auflage gefertigt. Aber es gab auch
Werke mit großen Auflagen für den Massen-Consumermarkt, die in vier- und fünfstelligen Zahlen die Druckerei verließen. Parallel entwickelte sich seit einer ersten
öffentlichen Ausstellung in Wien 1881 eine bedeutende
Reihe internationaler und nationaler Ausstellungen, die
dem Bedürfnis von Sammlern entsprachen, sich zu zeigen und (auch mit ihrem Exponat) gesehen zu werden.
Damit stiegen aber gleichzeitig auch die Ansprüche an eine elaborierte, höchst niveauvolle Philatelie, die von Jahr
zu Jahr höher geschraubt wurden. Darauf reagierte wiederum der Markt mit der neuen Verkaufsform der Auktionen,
die gerade für diese Klientel die passenden Raritäten anzubieten wussten. Eben dieser Markt explodierte im 20.
Jahrhundert und zählt heute eine Reihe einmaliger Versteigerungen ebenso einmaliger Kollektionen weltweit be-
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kannter und bedeutender Philatelisten zu seiner Entwicklung. Und diese wurden wiederum in bis heute wertvollen,
lesenswerten informativen Auktionskatalog-Kompendien
festgehalten.
Da nicht nur solche Auktionen die finanziellen Möglichkeiten so mancher Sammler überforderten, auch die Produktion von Büchern in kleiner meist dreistelliger Auflage
die Mittel des schreibwilligen Autors überstieg, schlug die
Stunde einzelner namhafter Verleger und bekannter Vereine. Denn diese verstanden die Verlegerrisiken leichter
zu tragen und verfügten außerdem über ein weit besseres Vertriebsnetz. Das machte Buchreihen und Kompendien möglich, die man bis dahin nicht gekannt hatte. Sie
zählen vielfach bis heute zu dem Besten, was die Philatelie jemals zu bieten hatte. Literaturliebhaber wissen dies
eh, denn viele der in diesem Kapitel zu nennenden Titel
sind heute noch seltener als sie zuweilen bei Herausgabe
schon waren.
Vergleichbar den Philatelisten wissen auch Bibliophile
nicht nur den Grad eigener Herausforderung, sondern die
Seltenheitsrelationen der Literatur wertzuschätzen. Es
versteht sich, dass gerade Buchhändler und Verleger der
frühen Zeit um diese Vorlieben ihrer ureigensten Klientel
bereits gute Kenntnis hatten. Als ein Beispiel für viele darf
sicherlich Jean-Baptiste Moens gelten, dessen De-Luxe-
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Ausgaben zahlreicher von ihm verlegter Werke nicht nur
ein optischer Augenschmaus bis heute sind (feinst in Leder gebunden und mit Goldprägung versehen, nicht selten
auf besonderem, zur Normalversion abweichenden, teils
gar farbigen Papier!), sondern auch Raritäten, die man
nur noch selten angeboten findet. Von manchen existiert
nur noch eine Handvoll, andere hat man seit Jahrzehnten
kaum einmal bei einer Auktion gesehen.
Bibliophile wissen deshalb auch den wahren Wert solcher
Ausgaben, vielleicht gar noch mit namhaften Ex-Libris, mit
Signatur und persönlicher Widmung des jeweiligen Autors
oder Adressaten versehen, hoch zu bewerten. Es handelt
sich in der Mehrzahl der Fälle um rare Einzelstücke von
besonderer philateliegeschichtlicher Bedeutung. Denn
anders als bei einer Briefmarke steht hinter jedem literarischen Werk ein Autor, ein Verleger und/oder ein Herausgeber, deren Namen allein schon einen berührenden
Klang hat, der dem Leser literarische Welten neu erschließen kann. Man braucht den Vergleich nicht scheuen, Parallelbeispiele aus der allgemeinen Literatur zu wählen:
Eine Goethe-Ausgabe des „Urfaust“, von Goethe selbst
signiert und einem damaligen Liebhaber seiner Schreibkunst gewidmet, ist heute unbezahlbar. Eben einmalig. So
verhält es sich auch mit philatelistischer Literatur, quod
erat demonstrandum!
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4.1
Philatelistische Profilbildung mit
Handbuch-Reihen und besonderen
Editionen
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Der in Kapitel 3.4 begonnene Überblick zu bedeutenden
Monografien, Handbüchern und Spezialkatalogen wäre
sicherlich nicht vollständig, würde man nicht diejenigen
Buchreihen würdigen, die – sei es von der Anlage oder
deren Verwirklichung her – gedacht waren, dem Sammler
einen weltweiten fundierten Einblick in die Philatelie zu
bieten.
Einen ersten Versuch dieser besonderen Art hatte bereits
Edward Loines Pemberton in England im Januar 1874 mit
„The Philatelical Catalogue: beeing a complete catalogue
of postage stamps and postal envelopes and cards with
voluminous notes on reprints, forgeries, and every subject of interest“ gestartet. Dieser blieb aber – auch wegen
Pembertons Erkrankung – im Anfangsstadium, nämlich
beim ersten Teil (Alsace <Elsass> bis Bolivien) mit 52 Seiten und 1 100 Abbildungen, stecken. Von diesem unvollendeten Werk gibt es eine seltene, in nur 100 Exemplaren
gedruckte „Extra Edition“ (der Begriff war tatsächlich auf
dem Umschlag zu lesen).
Wenige Jahre später folgte Jean-Baptiste Moens dem Gedankenansatz, realisierte ihn aber völlig anders, indem er
eine „Bibliothèque des Timbrophiles“ als Buchreihe schuf,
in der von 1877 bis 1887 insgesamt 24 Handbücher mit
verschiedensten Länder-/Gebietsbearbeitungen (18 Titel
mit teils zwei und in einem Fall drei Bänden) erschienen.
Alle Bände dieser Buchreihe erschienen in werthaltiger
Ausführung. Zu der Normalausführung (deren Auflage
je Band maximal 150 Exemplare betrug, in einem Fall,
nämlich bei dem ersten Titel, sogar nur 108 Stück) gab
es bei einzelnen Titeln zusätzlich eine De-Luxe-Ausgabe
in abweichender, noch aufwändigerer Ausführung: heute
häufig in Leder gebunden, mit goldfarbiger Titelprägung
auf dem Umschlag und auf wertvollem Papier gedruckt.
In unserer Zeit gehören solche Liebhaberausgaben zu
den gefragtesten Objekten in der Philatelie (von der Nr.
14 wurden angeblich nur drei solcher De-Luxe-Ausgaben
hergestellt) und wohl kaum eine private Bibliothek kann
alle Ausführungen ihr eigen nennen. Eine kurze chronologische Übersicht des Erscheinens dieser Titel sei deshalb
gestattet:
1. Timbres de Naples et de Sicile, 1877, 56 Seiten
2. Les timbres du Pérou depuis leur origine jusqu’à
nos jours, 1878, 104 Seiten
3. Timbres des états de Parme, Modène et Romagne,
1878, 88 Seiten
4. Timbres des états de Toscane et Saint-Marin,
1878, 112 Seiten
5. Les Timbres de Maurice, depuis leur origine jusqu’à
nos jours, 1878, 147 Seiten
6. Les timbres de Saxe depuis leur origine jusqu’à nos
jours, 1879, 104 Seiten
7. Timbres du Grand-Duché de Luxembourg depuis
leur origine jusqu’à nos jours, 1879, 123 Seiten
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8. Les timbres de Mecklembourg-Schwérin et Strélitz,
1879, 84 Seiten
9. Timbres de l’office Tour et Taxis depuis leur origine
jusqu’à leur suppression (1847–1867), 1880, 107 Seiten
10. Timbres d’Égypte et de le Compagnie du Canel de
Suez, 1880, 116 Seiten
11. Les timbres de Belgique depuis leur origine jusqu’à
nos jours, zwei Bände, 1880, 126 und 178 Seiten
12. Les timbres du Wurtemberg (1847–1880), zwei
Bände 1881, 123 und 179 Seiten
13. Les postes privées des États-Unis d’Amérique.
Von Ch. H. Coster, zwei Bände, 1882–85, 179 und
102 Seiten
14. Timbres de la république Argentine et de ses
diverses provinces, zwei Bände, 1882, 170 und
148 Seiten
15. Les timbres de Natal. Von L. H. J. Walker et J. B.
Moens, 1883, 60 Seiten
16. Les timbres des États-Unis d’Amérique depuis
leur origine jusqu’à nos jours. Von John K. Tiffany,
drei Bände, 1883, 114, 96 und 84 Seiten
17. Timbres des duchés de Schleswig, Holstein et
Lauenbourg et de la ville de Bergedorf, 1884,
94 Seiten
18. Les Timbres de Prusse, 1887, 142 Seiten
Sofern nicht anders (siehe 13, 15 und 16) aufgeführt, war
Moens jeweils der angegebene Autor. Die Titel Nr. 1 bis 5
sowie 7 gehen jeweils auf zuvor erschienene Beiträge in
Moens’ Zeitschrift «Le Timbres-Poste» zurück, die dann in
revidierter Form für die Buchreihe verwendet wurden.
Diese Handbuchreihe bot dem Leser mit ihrem 24 Bänden insgesamt immerhin 2 700 Seiten an Lesestoff, bear­
beitet von zwei der besten Experten der damaligen Zeit,
Moens und Hanciau, außerdem mehr als 900 Illustrationen, die den Texten beigefügt wurden. Zwar wurden bei
weitem nicht alle damals beliebten und bekannten Sammelgebiete bearbeitet, wohl aber eine nennenswerte Zahl.
Zwei bedeutende Vereine der damaligen Zeit folgten diesem Ansatz, indem sie selbst als Herausgeber für Fachbuchreihen fungierten und einzelne Monografien selbst ver­
legten. Zeitlich der erste war die 1874 gegründete So­cieté
Française de Timbrologie in Paris, die zwischen 1878 bis
1889 mindestens sechs lesenswerte Titel in ihrer „Bibliothèque Timbrologique“ vereinigte. Dazu gehörten:
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– Band 1: Dr. Amable Legrand: Les Écritures et la légende des timbres du Japon. Par le Dr. L. (Dr. Magnus) ...
Extrait du Bulletin de la Société française de Timbrologie. [Paris (Société Française de Timbrologie). Bibliothèque Timbrologique, 1.] Bruxelles, J. B. Moens,
1878, 43 Seiten und eine Bildtafel. – Von dem kleinformatigen Werk gab es auch eine De-Luxe-Ausgabe
im größeren Format auf gestrichenem Papier.
– Band 2: Philippe de Bosredon: Bibliographie timbrologique de la France et de la Belgique. Par Ph. de B. …
[Paris (Société Française de Timbrologie) Bibliothèque
Timbrologique, 2.] Bruxelles, J. B. Moens, 1878, XII +
74 Seiten
– Band 3: Ferdinand Meyer: La Poste et les timbresposte de l‘Afghanistan. Par F. M.... [Paris (Société
Française de Timbrologie) Bibliothèque Timbrologique, 3.] Neuilly, 1881, 32 Seiten.
– Band 4: Charles Diena: Les timbres municipaux
d’Italie connus depuis leur introduction jusqu’à, la fin
de 1881. Par M. C. D. … [Paris. (Société Française de
Timbrologie.) Bibliothèque Timbrologique, 4.] Neuilly,
1883, 160 Seiten
– Band 5: Dr. W. Wonner: Les timbres de la république
orientale de l’Uruguay …par le Dr. W. [Paris. (Société
Française de Timbrologie.) Bibliothèque Timbrologique, 5.] 1887, 94 Seiten
–
Band 6: George Campbell/A. Schoeller: Catalogue
des cartes postales émises pour l’usage du public, par
les diverses administrations de postes depuis leur création jusqu’au 1er Janvier, 1889. Par G. C. et A. Schoeller. Première partie, Europe. [Paris (Société Française de
Timbrologie) Bibliothèque Timbrologique, (6).], Paris, Société Française de Timbrologie, 1889, 268 Seiten. – Auf
dem Buchtitel wird eine Auflage von 300 Exemplaren angegeben, allerdings betrug diese nach Crawford nur 250
Stück. Offenbar wurde eine gesonderte De-Luxe-Auflage
auf abweichendem «vergé»-Papier mit 50 Exemplaren eingerechnet.
Der Übersicht kann man entnehmen, dass offenbar zuerst eine Kooperation mit Jean-Baptiste Moens in Brüssel
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stattfand, die aber ab 1881 nicht mehr weitergeführt wurde. Mit den Büchern wurden in der Regel zuvor in der Zeitschrift des Vereins („Bulletin de la Société Française de
Timbrologie“) publizierte Beiträge zusammengefasst und
in meist leicht ergänzter und überarbeiteter Form den interessierten Lesern angeboten.
Der zweite hier zu nennende Verein war die Philatelic Society London, die heutige Royal Philatelic Society London.
Auch sie begann in den 1880er-Jahren mit einer Serie von
Handbüchern, die bis heute von hoher Bedeutung sind
und nicht selten zu den frühen „Juwelen“ literarischen
Schaffens zählen.1
Dem Auftakt ging ein Werk von Frederick A. Philbrick und
William Amos Scarborough Westoby (1815–1899) voraus:
The Postage and telegraph stamps of Great Britain. In
dem Werk hieß es ausdrücklich, „zusammengestellt und
veröffentlicht für die Philatelic Society, London”. Es erschien 1881 mit einem Umfang von XX + 384 Seiten, als
Erscheinungsort wurde aber neben London auch Brüssel
(Moens) genannt.
The Postage stamps, envelopes and post cards of Australia and the British Colonies of Oceania, 1887, 147 Seiten
und 28 Bildtafeln, Auflage 500 Exemplare. – Zu diesem
Werk erschienen 1888 zwei Nachträge mit neuen Illustrationen (zusammen mit vier Bildtafeln).
The Postage stamps, envelopes, wrappers and post cards
of the North American Colonies of Great Britain, 1889, 67
Seiten und sechs Bildtafeln, Auflage 250 Exemplare
The Postage stamps, envelopes, wrappers, post cards
and telegraph stamps of the British Colonies in the West
Indies, together with British Honduras and the Colonies in
South America, 1891, 180 Seiten und 32 Bildtafeln, Auflage 300 Exemplare
The Postage stamps, envelopes, wrappers, post cards
and telegraph stamps of British India and Ceylon, 1892,
rund 160 Seiten und 24 Bildtafeln, Auflage 500 Exemplare (das Buch erschien im Februar 1893).
The Postage stamps, envelopes, wrappers, post cards and
tele­graph stamps of the British Colonies, Po­ssessions and
Protectorates in Africa. Teil I enthält British Bechuanaland,
British Ost Afric­a, British Süd Africa (einschließlich British
Zentral Africa), und Kap der Guten Hoffnung, 1895, 68 Seiten und acht Bildtafeln, Auflage 600 Exemplare,.Teil II enthält Gambia, Gold Coast, Griqualand Ost, Griqualand West,
1 Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, hatte die Philatelic Society
London bereits 1871, in zweiter Auflage 1873, eine kleine Studie
von Manuel Pardo de Figueroa (Dr. Thebussem) zum Thema „Obliteration Marks, Mata-Sellos, on Spanish Stamps“ herausgegeben.
1879 folgte ein „Catalogue of postage stamps, stamped envelopes,
and postcards” mit 48 Seiten.
Lagos, Madagascar, Matabele­land, Mauritius and Natal,
1900, Fortführung des Werkes bis Seite 247, außerdem 14
weitere Bildtafeln, Auflage ebenfalls 600 Exemplare. Part
III enthält New Republic, Northern Nigeria, Oil Rivers and
Niger Coast Protectorate, Orange River Colony with Orange
Free State, St. Helena, Seychelles, Sierra Leone, Southern
Nigeria, Stellaland, Swazieland, The Transvaal with South
African Republic, Uganda, Zanzibar and Zululand, 1906,
Fortführung des Werkes mit den Seiten 249–710 und 30
Bildtafeln, Auflage 750 Exemplare.
Mit zwei weiteren mit Autorennamen geführten Publikationen, die ebenfalls der Philatelic Society London als Herausgeber zuzuordnen sind, mag der Überblick bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sein Ende finden (wenngleich die
RPSL auch seitdem – und dies bis heute – verlegerisch
mit zahllosen bedeutenden Werken an die Öffentlichkeit
getreten ist):
Arthur Francis Basset Hull: The Stamps of Tasmania. A
history of the postage stamps, envelopes, post cards, adhesive and impressed revenue, and excise stamps of Tasmania, Hobart – London, 144 Seiten und neun Bildtafeln,
Auflage 300 Exemplare.
Hastings Alwin Wright: A History of the adhesive stamps of
the British Isles. … Zusamengestellt nach offiziellen Quellen von H. E. W. und A. B. Creeke, Jun., London 1899, ca.
290 Seiten und 38 Bildtafeln, Auflage 600 Exemplare
Auch ohne diese beiden letzten Werke und Philbricks/
Westobys Buch nehmen sich die sieben publizierte Monografien beeindruckend aus: Mehr als 2000 Großformatseiten und 121 Bildtafeln zeugten von der Klasse damaliger Autoren und dem führenden Anspruch des damaligen
Londoner Vereins.
Hatten Autoren oder Vereine anderer Länder Vergleichbares zu bieten? Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, aber in Deutschland gab es seit den 1880er-Jahren
tatsächlich Ansätze, mit landessprachlichen Werken viele als nur lückenhaft bearbeitet empfundenen Sammelgebiete eingehender zu studieren und dabei gewonnene
Erkenntnisse erneut zu publizieren. Einige Beispiele seien
hier abschließend gewürdigt.
1887 erschien die erste (von später insgesamt 37 Lieferungen) eines von Otto Teltz begonnenen „Großen
Handbuchs der Philatelie“, einem „Verzeichnis und Beschreibung aller staatlichen und privaten Post- und Telegraphen-Wertzeichen sowie der bekanntgewordenen Essais. Mit vielen erläuternden Notizen und Bekanntgabe
aller Neudrucke“. Teltz, zu dieser Zeit selbst in Deutschland weitgehend unbekannt und noch ein junger Student,
hatte den kühnen Plan, ein auf wissenschaftlicher Basis
erstelltes Handbuch zu allen Postwertzeichen – nicht nur
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den Briefmarken, sondern auch den Ganzsachen – zu veröffentlichen. Er scheiterte zwar schon bald, aber nach ihm
nahm sich Carl Lindenberg – bereits damals der wohl bedeutendste Philatelist Deutschlands – des Vorhabens an,
nach ihm dann andere wie Freiherr von Vittinghoff-Schell,
I. H. Anheisser, Dr. F. Kalckhoff und Ernst Heitmann. Heitmann war auch der Verleger des Handbuches, gleichzeitig
auch Verfasser so mancher Lieferungen. Trotz all seiner
Bemühungen gelang es ihm aber nur, das Handbuch bis
zum Buchstaben „N“ vorwärtszubringen, dann musste
er resigniert und tief enttäuscht feststellen, dass er die
von ihm erhoffte Unterstützung von Autoren und Vereinen
nicht mehr fand.
Die von 1887 und 1897 erschienenen 37 Lieferungen
wurden in drei Bände zusammengefasst:
– Band 1: Ägypten–Franz.-Guiana (Lieferung 1–13),
Januar 1888–April 1889, VI, 704 S.
– Heft 2: Mecklenburg-Schwerin und MecklenburgStrelitz, 1892, 71 S. mit Abb.
– Heft 3: Lübeck, 1892, 32 S. mit Abb.
– Heft 4: Thurn und Taxis, 1892, VII, 72 S. mit Abb.
– Heft 5/6: Norddeutscher Postbezirk, 1893, 120 S.
mit Abb.
Bd. II (Heft 7 bis 12) komplett in einem Band gebunden
– Heft 7: Oldenburg, 1893, 39 S. mit Abb.
– Heft 8: Baden, 1894, 68 S. mit Abb.
– Heft 9: Hamburg und Bremen, 1894, 82 S. mit Abb.
– Heft 10: Sachsen, 1894, 107 S. mit Abb.
– Heft 11/12: Hannover, 1895, 176 S. mit Abb.
Bd. III (Heft 13 bis 15) komplett in einem Band g­ ebunden
– Band 2: Gabun–Mozambique (Lieferung 14–34),
Juni 1889–Juli 1896, IV, 1063 S.
– Heft 13: Bayern, 1895, 77 S. mit Abb.
– Band 3: Nabha–Neuseeland (Lieferung 35–37),
August 1896–1897, 132 S.
– Heft 16/17: Preußen sowie Heft 18 Deutschland
sind nicht mehr erschienen. Lindenberg hatte einmal
mehr vorzeitig „das Handtuch geworfen“.
Der dritte Band – es war im Vergleich nur ein kleiner Teilband – ist der seltenste, denn zu dieser Zeit hatte das
Handbuch kaum noch Bezieher, so dass man diese letzten Lieferungen heute kaum noch antrifft. Von dem großen Vorhaben, neben den „staatlichen Postwertzeichen“
auch noch andere und selbst noch die Ganzsachen zu erfassen, blieb nichts mehr übrig.
Carl Lindenberg, er war ein ausgewiesener GanzsachenSpezialist, verfolgte, nachdem er sich um 1890 aus der
Handbucharbeit zurückgezogen hatte, eigene Pläne einer
Publikationsreihe, die er aber nun nur auf in Deutschland
erschienene Ganzsachen bezog. Er hatte offenbar schnell
verstanden, dass es unmöglich war, in der von ihm gewünschten hochspezialisierten Form ein solches Vorhaben weltweit für alle Länder zu realisieren. So erschienen
von 1892 bis 1895 im Verlag von Dr. H. Brendicke in Berlin insgesamt 15 Studien (18 waren geplant gewesen) als
einzelne Lieferungen unter dem Titel „Die Briefumschläge
der deutschen Staaten, unter Benutzung amtlicher Quellen bearbeitet von C. L.“. Diese wurden später auch zu
drei Buchbänden zusammengestellt, wie die nachfolgende Übersicht ausweist:
Band I (Heft 1 bis 6) komplett in einem Band gebunden
– Heft 1: Braunschweig, 1892, 47 S. mit Abb.
90 |
– Heft 14/15: Württemberg, 1895, 269 S. mit Abb.
Nicht viel anders erging es dem letzten Beispiel solcher
hier vorzustellender Handbuchreihen, dem bekannten
Krötzsch-Handbuch. Hugo Krötzsch (1858–1937) war ein
bekannter Verleger und Briefmarkenhändler in Leipzig,
der als Prüfer und Experte (nicht nur für sein Prüfgebiet
Bergedorf) weithin anerkannt war. Er trat nicht nur als eifriger Publizist, auch als Herausgeber der „Deutschen Briefmarken-Zeitung“ ab 1896 und einiger Alben in Erscheinung, sondern er war auch ein leidenschaftlicher Sammler
philatelistischer Literatur. Seine reichhaltige Fach­bücherei
fand – dank einer Stiftung von Carl Gustav Vogel – ab
1928 Platz in der Deutschen Bücherei Leipzig (heute
Deutsche Nationalbibliothek), die diese auch heute noch
aufbewahrt und in der sehr viele Schätze der besonders
frühen Phase deutscher Literatur enthalten sind. Krötzsch
verfasste hierzu passend den Katalog der Abteilung Philatelie in der Deutschen Bücherei zu Leipzig, der in Pößneck
1929 veröffentlicht wurde.
Zwischen 1893 bis 1897 gab er ein „Permanentes Handbuch der Postfreimarkenkunde mit Lichtdrucktafeln (und
vierteljährlichen Nachträgen), gleichzeitig Beibuch zum
Permanent-Sammelwerk in losen Blättern. Ausführliche
Abhandlungen über Postfreimarken mit besonderer Berücksichtigung der Herstellungsweise, Echtheitsmerk-
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male, Neudrucke, Fälschungen, Entwertungen und deren Fälschungen“ heraus. Geplant waren zwei Teile, Teil
I „Deutsche Staaten“, Teil II „Ausland“, außerdem sollten
Nachträge das Handbuch aktuell fortführen und ergänzen. Der nachfolgende Überblick beweist, dass dies nur
– zumal, was das Ausland betrifft –, ansatzweise gelungen ist.
[Band 1–3, 4 (1. Aufl.) und 5–9 sind als kurze Abschnitte
zu einem Sammelband vereinigt, dagegen bilden Band 4
(2. Auflage) und 10–15 selbständige in sich abgeschlossene Einzelbände. Das Gesamtwerk erschien überdies
erstmals 1893 in losen Bogen unter dem Titel: „Permanentes Beibuch mit Lichtdrucktafeln (und vierteljährlichen Nachträgen) zum philatelistischen Permanent-Sammelwerk“]
Erster Teil: „Deutsche Staaten“, Leipzig, Hugo
Krötzsch 1893 bis 1897
Permanentes Handbuch der Postfreimarkenkunde. Vierteljahrs-Nachträge. Mit 19 Lichtdrucktafeln, ebda. 1894–
1896, 204 S.
– Band 1: Otto Rommel: Deutsche Reichspost, 1893,
14 S. und 2 Tafeln
– Band 2: Otto Rommel: Baden, 1893, 12 S. und
1 ­Tafel
Jg. 1: Neujahr, Ostern, Johannis, Michaelis 1894, Nr. 1–4
Jg. 2: Neujahr, Ostern, Johannis, Michaelis 1895, Nr. 5–8
– Band 3: Otto Rommel: Bayern, 1893, 16 S. und
2 Tafeln
Jg. 3: Neujahr, Pfingsten, Johannis, Weihnachten 1896,
Nr. 9–12
– Band 4: Otto Rommel: Bergedorf, 1. Auflage 1893,
10 S. und 1 Tafel. 2. Auflage 1896, 169 S. und
9 Tafeln
Teil II: Ausland
– Band 5: Otto Rommel und H. Krötzsch: Braunschweig,
1893, 14 S. und 4 Tafeln
– Band 6: Otto Rommel und H. Krötzsch: Bremen,
1893, 14 S. und 6 Tafeln
– Band 7: Otto Rommel und H. Krötzsch: Hamburg,
1893, 20 S. und 10 Tafeln
– Band 8: Hugo Krötzsch: Hannover, 1893, 22 S. und
9 Tafeln
– Band 9: Hugo Krötzsch: Lübeck, 1893, 24 S. und
7 Tafeln
– Band 10: Hugo Krötzsch: Mecklenburg-Schwerin,
1. Auflage 1893, 8 S. und 7 Tafeln. Dito, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, 2. Auflage
1895, 52 S. und 17 Tafeln
– Band 11: Hugo Krötzsch: Norddeutscher P
­ ostbezirk
(nebst Feldpost 1870/71), 1894, 139 S. und 21
­Tafeln nebst Karte der deutschen Poststraßen in
Frankreich 1870/71. 2. ergänzte Auflage 1895
– Band 12: Paul Ohrt: Oldenburg, 1894, 120 S. und
18 Tafeln
– Band 13: Paul Ohrt: Preußen, 1896, 232 S. und
14 Tafeln
– Band 14: Sachsen [ist nicht erschienen.]
– Band 15: A. Rosenkranz: Schleswig-Holstein 1897,
138 S. und 14 Tafeln
Permanentes Handbuch der Postfreimarkenkunde mit
Lichtdrucktafeln usw. Zweiter Teil: „Ausland“, Leipzig, Hugo Krötzsch (& Co.) 1895–1908
– Band 1: Eugen von Bochmann: Die Postmarken des
russischen Kaiserreiches, 1895, 178 S. und 21 Taf.
– Band 2: H. Djurling & R. Krasemann: Die Postmarken
von Schweden 1855–1905. Nach amtl. Quellen herausgegeben von Sveriges Filatelist-Förening, 1908,
116 S. mit Abb.
Ähnlich wie Ernst Heitmann gab Hugo Krötzsch 1908
resigniert sein Vorhaben auf. Auch er hatte keine bereitwilligen Helfer gefunden, die ihn dauerhaft unterstützen
wollten und konnten. Diese sollte zwar knapp 20 Jahre
später ein anderer, nämlich Dr. Herbert Munk aus Berlin,
finden, aber auch dessen Handbuch (siehe Kapitel 5.2)
sollte ein Torso bleiben. Es war bereits einzelnen Philatelisten und Verlegern vor 100 Jahren nicht mehr möglich,
die vollständige Welt der Philatelie zu bearbeiten und dazu umfangreiche Publikationen zu liefern. Die erwünschte
Spezialisierung hatte ihren Preis und führte letztlich dazu,
dass statt solcher Handbuchserien im 20. Jahrhundert
nur noch – Ausnahmen bestätigten die Regel – einzelne
Monografien erschienen.
Wenn man – nimmt man das Kohl-Handbuch Munks mit
seiner 11. Auflage aus – überhaupt noch einen Vergleich
aus heutiger Sicht ziehen, dann ist hier nur die von zwei
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Auktionshäusern (Heinrich Köhler, Wiesbaden / Corinphila, Zürich) 2006 begonnene Buchreihe der „Edition
d’Or“ zu erwähnen, die allerdings einem anderen, nicht
vergleichbaren Konzept folgt. Denn in den Bänden dieser
Reihe werden jeweils einzelne Kollektionen namhafter
Sammlung präsentiert, quasi im Original gescannt und
reproduziert. In solchen Dokumentationsbüchern spiegelt
sich dabei natürlich auch die vom jeweiligen Urheber der
Sammlung betriebene Forschung, bei manchen sogar in
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sehr ausführlicher Weise, dennoch können die Bücher
keinem Vergleich mit den großen Handbüchern vor 100
Jahren standhalten, die darüber hinaus weit mehr an
Informationen aus verschiedenster Sicht boten. Das ist
auch nicht deren Ziel und Absicht, zeigt aber, wie die zunehmend schwieriger gewordenen Möglichkeiten philatelistischer Forschung und literarischer Darstellung letztlich
auch bis hin zur Begrenzung, sogar zum Fortfall möglicher
Darstellung führen können.
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4.2
Anspruchsvolle Fachzeitschriften
mit Niveau
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Zwar mögen in den ersten 50 Jahren der Entstehung
philatelistischer Literatur des 19. Jahrhunderts nahezu
2 000 sog. Fachzeitschriften erschienen sein, aber der
nähere Blick belehrt den Betrachter, dass nur wenige von
Bestand und noch weniger Nennenswertes an Inhalt zu
bieten und damit bleibenden Wert hatte. Spitzt man die
Erwartungshaltung, gerade an Qualität der Information,
noch mehr zu, sind wohl nur ein oder zwei Dutzend Fachblätter zu nennen, die – aus heutiger Sicht – tatsächlich
als anspruchsvoll zu bezeichnen sind.
Nun mag solch eine Bewertung ebenso subjektiv sein wie
eine Nennung einzelner Belegbeispiele, aber sie drängt
sich bei der Kategorisierung bereits auf. Sog. Inseratenblätter, also reine Anzeigenzeitschriften, fallen dann per
se durch das Raster, ebenso alle „Eintagsfliegen“, von
denen schon mehrfach die Rede war. Reine NeuheitenJournale oder Magazine, die überwiegend – wenn nicht
ausschließlich – nur Kurznotizen enthielten, sind dann
ebenfalls außen vor, womit wohl mehr als 90 oder 95 Prozent aller Zeitschriften bereits aus dem Rennen sind.
Umgekehrt sind durchaus Kriterien zu nennen, die Grundlage für eine Auswahl nach bleibender Qualität sind, z.B.
nennenswerter Umfang und Dauerhaftigkeit eines Blattes, die Hervorhebung durch fundierte Fachbehandlung
verschiedenster Themen, Aktualität, Zeitbezug und philateliehistorische Bewertungen, Darstellung neuer Erkenntnisse und Forschungsergebnisse, Überblicke, auch
bewertende zu Neuerscheinungen, zusätzlich selbständig
verfasste Rezensionen und vieles andere mehr.
Geht man von solchen Kriterien aus, wundert es wenig,
dass es durchaus Jahre und Jahrzehnte brauchte, damit auch einer nennenswerten niveauvollen Entwicklung
der Philatelie, bis Fachblätter erschienen, die diesen Ansprüchen genügen konnten. Ebenso wenig überraschend
dürfte auch die Tatsache sein, dass nahezu all die nachfolgend genannten Blätter aus Ländern herrührten, die
bereits selbst auf eine länger gewachsene Tradition der
philatelistischen Literatur zurückschauen konnten. Wobei
der Überblick auch die verschiedene strukturelle Entwicklung in diversen Ländern verdeutlicht, denn waren es in
einigen Ländern bereits zu dieser Zeit namhafte Verlage,
waren es in anderen bekannte Vereine oder Verbände, die
Herausgeber solcher Zeitschriften waren. Für die Beurteilung von Qualität sind solche Aspekte allerdings nur von
peripherer Bedeutung.
Fairerweise muss man zugestehen, dass es durchaus einzelne Ausnahmen von – für die jeweilige Zeit gesehen –
anspruchsvollen Periodika gab, die bereits verdeutlichen
konnten, was machbar und möglich war. Ein Beispiel dieser Art war „The Philatelical Journal“, dessen erster Jahrgang 1872 von Edward L. Pemberton als monatliches
Magazin herausgegeben wurde. Zu dieser Zeit gab es in
Großbritannien noch „The Stamp Collector’s Magazine“,
das bis 1874 erschien, aber Pemberton und seinen Freunden war dies zu wenig. Er wollte, wie James R. Grant in
seinem Geleitwort zur ersten Nummer sagte, die besten
philatelistischen Autoren haben und Pemberton selbst
gehörte zweifelsohne dazu. Bereits mit seiner Eröffnungs-
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arbeit („A complete History of Forged Stamps and How
to Detect Them“) legte er Maßstäbe vor. Beeindruckend
noch heute sind die farbig abgebildeten Markenneuheiten, aber auch der Überblick, der in jeder Ausgabe zu der
„Cream of the magazines“, also zu dem Inhalt anderer
erschienener Journale präsentiert wurde. Weltweit interessante Themen wurden, meist allerdings recht kurz, abgehandelt, aber das durchaus niveauvolle Blatt ging mit
Pembertons Erkrankung letztlich nach wenigen Jahren,
1875, wieder ein, erfüllte also eine Bedingung, die Dauerhaftigkeit, nicht. So erging es leider vielen.
Erst in den 1880er-Jahren stabilisierte sich die Situation,
gerade auch der Vereinsentwicklung, andererseits wuchsen die Ansprüche der Sammler nach Spezialisierung und
Kontinuität, Wegweisung, Ordnung und Übersicht. Die
Beispiele der nachfolgend in alphabetischer Abfolge der
Länder aufgeführten Fachblätter mögen zwar subjektiv
ausgewählt sein, repräsentieren aber durchaus die „Créme de la Créme“ der philatelistischen Magazine des 19.
Jahrhunderts, wobei einzelne, teils unter anderen Namen
oder Verlagsinhabern, über Jahrzehnte und teils bis heute, Bestand haben.
Belgien
Einmal mehr ist hier zweifelsohne „Le Timbres Poste“ von
Jean-Baptiste Moens aus Brüssel zu nennen. 38 Jahrgänge erschienen zwischen 1863 und 1900 und von 1874
bis 1896 gab Moens sogar noch zusätzlich „Le Timbre fiscal“ heraus. Zwar waren diese Journale eines Händlers,
aber dank der kenntnisreichen Redaktion, an der wohl
Louis Hanciau den größten Anteil hatte, für diese Zeit quasi die Referenzblätter für all diejenigen, die besonders an
Neuheiten und neuen Erkenntnissen interessiert waren.
Bis heute hin enthalten die Zeitschriften wertvolle Hinweise und Übersichten, denen man – dies sei nur beispielhaft genannt – auch Neuentdeckungen, wie z.B. der Post
Office-Mauritius-Marken, entnehmen konnte.
Frankreich
Auf vergleichbarem Level wie „Le Timbres Poste“ erschien
in Frankreich zwischen 1864 bis 1910 der „Collectioneur
de Timbres-Poste“, herausgegeben von Arthur Maury.
Ebenfalls ein Händlerblatt, inhaltlich durchaus der belgischen Zeitschrift vergleichbar. Mit dem Tode Arthur Maurys 1907, der diese erste Fachzeitschrift in Frankreich verlegte, starb auch sein Blatt.
Kurzlebiger, dafür aber weitaus hochstehender war das
„Bulletin de la Société Française de Timbrologie“, das
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ebenfalls in Paris erschien. Der Verein, der dieses Bulletin
verlegte, war erst 1874 in Paris gegründet worden, sein
Magazin erschien von 1875 bis 1896 und bot dank der
namhaften Mitglieder wohl das beste, was zu jener Zeit
im francophilen Raum zu lesen war.1 Dank Dr. Amable
Legrand („Dr. Magnus“), der den Verein gegründet hatte
und dem u.a. wenig später solch bekannte Philatelisten
wie P. J. Anderson, Oscar Berger-Levrault, Phillip de Bosredonj, G. Campbell, Sir Daniel Cooper, C. H. Coster, E. B.
Evans, Carlo Diena, Philipp von Ferrari, Louis Hanciau, W.
E. Image, H. A. de Joannis, Arthur Maury, Paul Mirabaud,
Frederick Adolphus Philbrick, José Marcó del Pont, Baron
von Reuterskijöld, Thomas Tapling, John Tiffany, William
Westoby und Victoriano von Ysasi angehörten. Nicht zu
vergessen, Baron Arthur von Rothschild, der der – auch
finanziell unterstützende – Motor dieses Vereins war. Die
beeindruckende Arbeit dieser und vieler anderer Mitglieder des Vereins kann man heute noch im Handbuch zum
„Congrès International des Timbrophiles“ nachlesen, der
1878 in Paris in mehreren Sitzungen durchgeführt und
zwei Jahre später, 1880, in einem ansehnlichen Buch dokumentiert wurde. Dies war der weltweit erste Internationale Kongress und dieser machte auch die Arbeitsmethodik deutlich, der nicht nur der Kongress, sondern auch die
Vereinssitzungen jeweils folgten: Namhafte Experten und
Kenner legten schriftlich dokumentiert ihre Erkenntnisse
zu Fachthemen aller Art vor, die dann diskutiert wurden.
So sind enthalten die Bulletins des Vereins – im Gegensatz zu den Händlerblättern jener Tage – keine Werbung,
sondern nur teils umfangreichere Studien und Monografien zu Fachthemen von besonderer Relevanz. Vielfach
entstanden dann daraus wiederum einzelne Monografien
in Buchform, die bereits an anderer Stelle mit der „Bibliothèque Timbrologique“ gewürdigt wurde, deren Bände
zwischen 1878 bis 1889 bei J.-B. Moens erschienen.
Deutschland
Vergleichbares hatte Deutschland in den 1870er-Jahren
an Gehalt noch nicht zu bieten. Nur eine ab Januar 1874
von den Gebr. Senf (zuerst unter dem Namen „Werninck
& Co, dann von Mitte 1874 bis 1881 von Louis Senf, dann
von den Gebr. Senf) herausgegebene Zeitschrift, das
„Illustri(e)rte Journal für Briefmarken-Sammler“, hatte
überhaupt dauerhaften Bestand. Zumindest, nachdem
es die schwierigen Anfangsjahre, die die Herausgeber bis
1884 noch in ärgste wirtschaftliche Probleme stürzten,
überwunden hatte und nachfolgend von Jahr zu Jahr höhere, zeitweise bis zu fünfstellige Auflagen erreichte.
1 Vgl. zu Verein und dessen Zeitschrift auch die Ausführungen in Kap.
3.2 in diesem Buch.
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Das „Illustrierte Briefmarken-Journal“ war allerdings auch
eine von einem Briefmarkenhandelshaus herausgegebene Zeitschrift, was man dem Blatt auch – infolge der
zahlreichen (Eigen-)anzeigen – ansah. War Moschkaus
frühe Tätigkeit als Schriftleiter noch halbwegs gehaltvoll,
besserte sich die fachliche Bearbeitung erst mit dem Eintritt von Theodor Haas 1890, als dieser für nahezu 20
Jahre die Schriftleitung übernahm. Wegen seiner enorm
hohen Verbreitung und des streckenweise doch recht ansprechenden fachlichen Gehalts einzelner Beiträge, war
das Blatt sehr beliebt und existierte bis zum März 1943,
als alle Fach-Periodika aufgrund politischer Vorgaben in
Deutschland ihr Erscheinen einstellen mussten. Nach
dem Zweiten Weltkrieg erschien es nicht mehr, da die
Sowjetische Administration hierfür nicht die erforderliche
Konzession erteilte und letztlich ein anderes Blatt, der
neu entstehende „sammler-express“, Bevorzugung fand.
Kurzlebiger – wenngleich der Titel der Zeitschrift bis heute hin existiert, allerdings mit dem ursprünglichen Verlag
in keiner Weise in Beziehung steht –, dafür aber deutlich elaborierter und wohl auch elitärer war ein anderes
Blatt: die 1890 von Dr. Hans Brendicke ins Leben gerufene „Deutsche Zeitung für Briefmarkenkunde“. Auch ihr
gehörten von Beginn an namhafte Philatelisten, zumal
des Berliner Philatelisten-Klubs, als führende Autoren an,
so Carl Lindenberg, Dr. Franz Kalckhoff, Heinrich Fraenkel, Paul Ohrt, Ludwig Berger, E. von Bochmann (Riga),
Dr. Emilio Diena (Modena), G. Harrison (London), H. Hartmann (Berlin), Hugo Krötzsch (Leipzig), Paul Lietzow (Berlin), Lieutnant Napier (London), um nur einige zu nennen.
Lindenberg und seinen Freunden Kalckhoff und Fraenkel
waren die damaligen Fachblätter viel zu seicht, viel zu
gehaltlos, und so unterstützten sie diese Zeitschrift mit
Beiträgen, die ihrer Vorstellung von forschender Philatelie
entsprachen. Bis heute hin das beste Blatt, was die deutsche Philatelie jener Jahre zu bieten hatte.
1896 übernahm der bekannte Leipziger Verleger und
Handbuchherausgeber Hugo Krötzsch die Zeitschrift, wodurch sie eigentlich nur noch besser wurde. Auch wenn
im Laufe der vielen Jahren manche Mitarbeiter wechselten, andere dazu kamen, dem fachlichen Gehalt der
Zeitschrift tat dies keinen Abbruch. Die letzte Nummer
erschien am 30. Juni 1923, also im 24. Jahrgang, und
diese enthielt noch einen Beitrag des zu dieser Zeit bereits hochbetagten Carl Lindenbergs zur „Geschichte der
Marken des Deutschen Reiches“. Die DBZ, wie man sie
früher wie heute liebevoll abkürzte, war stets sein „Kind“
gewesen, auch wenn er zeitweise aus unterschiedlichsten
Gründen bei der Mitarbeit einmal pausiert hatte.
Der Inflation der 1920er-Jahre fiel zu dieser Zeit eine weitere bekannte Zeitschrift zum Opfer, die bereits seit 1880
– bezieht man das Vorgängerorgan („Union“) mit ein, sogar seit 1877 – in Deutschland verbreitet war, allerdings
als Vereinsorgan des „Internationalen Philatelisten-Vereins Dresden“. Die Zeitschrift hieß „Der Philatelist“ und
sie kann durchaus in einem Atemzug mit den anspruchsvollen Fachblättern anderer Länder genannt werden,
wenngleich darin der vereins-relevante Anteil nennenswert war. Dank der Redaktion des Gründers Ernst Petritz,
dem wenige Jahre später Hugo Schwaneberger, später
auch Dr. Paul Kloss und Alfred Moschkau folgten, brachte
es das Blatt bis 1922 durchaus – auch dank der hohen
Verbreitung an mehr als 3 000 Vereinsmitglieder in Sektionen in aller Welt – zu Rang und Namen, wenngleich es
einer DBZ von Brendicke/Krötzsch fachlich nur teilweise
vergleichbar war.
Wenn Österreich in dieser Übersicht nicht separat aufgeführt wird, hat dies einen guten Grund: Im 19. Jahrhundert gab es dort kein Fachblatt, das vergleichbar den hier
aufzuführenden zu nennen wäre. Die einzige Ausnahme
war der „Austria-Philatelist“, der von 1894 von Peter Riedl
in Prag herausgegeben und von Alfred Näbe redaktionell
geführt wurde. Victor Suppantschitsch zählte zu den herausragenden Mitarbeitern, dessen Arbeiten viele noch
heute zu schätzen wissen, ebenso wie die philateliehistorischen Porträts (mit Fotos!), die in dem Blatt erschienen, das aber letztlich und leider viel zu früh, nämlich im
November 1899, eingestellt wurde. Es war nur ein kurzes,
aber gutes Gastspiel!
Großbritannien
Letzteres kann man von dem „Philatelic Record“ nicht behaupten, dessen erste Ausgaben 1879 erschienen und
der bis Dezember 1914 herauskam, also 36 Jahrgänge
erreichte. Bis heute sind Literaturforscher, wie z.B. Dr.
Manfred Amrhein, davon überzeugt, dass dies das beste Journal des 19. Jahrhunderts war („the nineteenth
century’s greatest journal“).2 Das lag einerseits sicherlich
an den namhaften Schriftleitern, zu denen im Laufe der
Jahre Maitland Burnett, W. A. S. Westoby, Major Evans,
M. P. Castle, E. J. Nankivell und Dorning-Beckton zählten,
aber auch an zahlreichen anderen Mitgliedern der (Royal)
Philatelic Society London, die sich in dieser Zeitschrift mit
eigenen Beiträgen verewigten. Eine Zeitlang wirkte das
Blatt wie das „offizielle“ Organ eben dieses Vereins, so
dominant waren dessen Mitglieder vertreten. Der Inhalt
zahlreicher Forschungsstudien sucht bis heute seinesglei2 Manfred Amrhein, Philatelic Literature, Band 1, S. 70
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chen und Philateliegeschichtler wissen die biografischen
Porträts (teils sogar mit eingeklebten Originalfotos der
Zeit!) bis heute hin zu schätzen.3
Zeitlich deutlich später, 1891, ging das „Philatelic Journal
of Great Britain“ an den Start, dessen erster Schriftleiter
William Brown aus Salisbury war. Das Blatt machte über
die Jahrzehnte bemerkenswerte Entwicklungen durch
und last but not least – war Robson Lowes Name für lange Zeit später damit verbunden. Namhafte Konkurrenz
erhielt das Journal allerdings durch ein anderes ein Jahr
später, denn ab Januar 1892 erschien der „London Philatelist“ der (späteren Royal) Philatelic Society London. M. P.
Castle war der erste Schriftleiter dieser Vereinszeitschrift,
die bereits in kürzester Zeit sich einen Namen als eines
der führenden Fachmagazine in der ganzen Welt erwerben sollte. Daran hat sich – auch wenn über die Jahre die
Schriftleiter wechselten – bis heute nichts geändert. Das
Magazin stand von Beginn an für exklusive Forschung auf
höchstem Niveau und gerade zu Britischen Kolonien und
Britischem Weltreich erschienen in heute mehr als 120
Jahren eine kaum noch zu übersehende Fülle an Fachbeiträgen namhafter Autoren. Bis in die jüngste Zeit wurde
das Fachblatt des renommierten Vereins zahlreiche Male
auf internationalen Ausstellungen mit höchsten Lorbeeren bedacht.
Großbritannien kennt allerdings aus dem 19. Jahrhundert
auch eine Zeitschrift eines weltweit renommierten Handelshauses, die bis heute hin Bestand hat: „Stanley Gibbons Monthly Journal“ (später bis heute: Gibbons Stamp
Monthly), wie es bei Gründung ab 1890 hieß. Bis 1914
wurde es von Eduard B. Evans als Herausgeber verantwortet und gehörte seitdem – und dies gilt bis heute – zu
einer der führenden Magazine, das – um einen Vergleich
zu wagen – dem „Illustrierten Briefmarken-Journal“ der
Gebr. Senf in Deutschland mindestens gleichzusetzen ist.
Der Charakter als „Hauszeitschrift“ überwog allerdings
weniger, weil auch Anzeigen anderer Inserenten stets zugelassen waren. GSM, so die heutige Abkürzung der Zeitschrift, war in England die zweite (nach dem „London Philatelist“ der „Royal Philatelic Society“), die auf CDs den
kompletten Datenbestand gescannter Seiten bis 2010 zur
LONDON 2010 verfügbar machte. In Deutschland gibt es
3 Bis heute lesens- und beachtenswert ist der Abschiedsgruß von L.
W. Fulcher und F. J. Peplow, die das Magazin sechs Jahre lang redaktionell geleitet hatten (siehe: Philatelic Record, Dec. 1914, S.
190). Sie machten dabei die Problematik der Finanzierung einer
Zeitschrift deutlich, die auf Anzeigen angewiesen war und deren
Einnahmen angesichts der Kriegsereignisse nicht mehr kostendeckend waren. Ein weiterer Beleg, wie allgemeine gesellschaftliche
Entwicklungen auch die Herausgeberr von Fachzeitschriften nachhaltig beeinflussten.
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bisher nur eine Zeitschrift (die „philatelie“), die dieses unternommen hat, wobei diese Zeitschrift mit ihren Vorläufern erst seit Ende 1948 erscheint.
Niederlande
Besonders erwähnenswert ist die „Nederlandsch Tijdschrift voor Postzegelkunde“, die von 1884 bis 1914 erschien, deren Schriftleiter A. E. J. Huart und J. B. Robert
es verstanden, eine gute Mischung zwischen Neuheitenberichten und aktuellen Reportagen, aber auch mit einzelnen Fachbeiträgen (z.B. von Dr. Emilio Diena) zusammenzustellen. Ihre führende Rolle übernahm später das
„Nederlandsch Maandblad voor Filatelie“, das noch heute
als Monatszeitschrift existiert.
Schweiz
Vergleichbar den Niederlanden ist die Schweiz, territorial
gesehen, ein kleines Land, aber ebenso nachhaltig seit
den 1880er-Jahren literarisch, zumal mit Periodika, in Erscheinung getreten. Die mit Abstand führende Zeitschrift
wurde die „Schweizer-Briefmarken-Zeitung“, die im Januar 2013 ihr 125-jähriges Bestehen feiern konnte, also –
genau gesehen – die zweitälteste noch existierende Fachzeitschrift der Welt ist. Allen Wirren und Unbilden, selbst
zwei Weltkriegen zum Trotz, kam sie seit November 1888
ohne Unterbrechung heraus. Die erste Nummer war dabei
nur eine Probenummer, der Jahrgang wurde noch nicht
mitgezählt. Hans Kirchhofer, der Herausgeber, zählte damals erst ab 1889, beginnend mit der Januar-Ausgabe,
ein Fehler, der dann mit der Augustausgabe von 1892 behoben wurde. Denn diese wurde nun dem fünften (und
nicht mehr dem vierten) Jahrgang zugeordnet.
Bereits unter der Ägide Kirchhofers war das Blatt offizielles Organ mehrerer Schweizer Vereine. Er selbst betreute
die Redaktion bis 1891, bevor dann eine Redaktionskommission bzw. einzelne Vereine die Arbeit übernahmen. Ab
Nr. 1 des 7. Jahrgangs firmierte die Zeitschrift neu, nun
endgültig unter „Schweizer Briefmarken-Zeitung“. In all
den Jahren war sie stets mehrsprachig gestaltet und beinhaltet bis heute ausgezeichnete Fachbeiträge namhafter Autoren, von denen manche der früheren Zeit heute
legendär sind.
Vereinigte Staaten von Amerika
Der letzte Blick mag den USA gelten, die ja im 19. Jahrhundert – dies wurde schon beschrieben – die mit Abstand größte Zahl von Periodika erlebte, von denen die
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Mehrzahl den Titel nicht verdient hatten. So sind eigentlich auch nur drei aus der damaligen Zeit nennenswert,
die besonderen Gehalt aufzuweisen hatten. Die älteste ist
wohl das „American Journal of Philately“, das mit einer ersten Serie von 1868 bis 1878 erschien und von John Walter Scott verlegt wurde. Eine zweite, inhaltlich weit gehaltvollere Serie erschien von 1888 bis 1906 im Verlag von
„Scott Stamp & Coin. Co.“, der zu dieser Zeit nicht mehr
Scott, sondern den Calman-Brüdern gehörte, die seine
Firma 1885 übernommen hatten. Diese Zeitschrift zählte
u.a. den namhaften Philatelisten und Kenner John N. Luff
zu ihren Herausgebern und Schriftleitern, der 1896 auch
zu den Mitbegründern des Collector’s Club in New York
gehörte und als Präsident die American Philatelic Society
von 1907 bis 1909 leitete. Monatlich 40 bis 60 Seiten
(ohne Anzeigen!) waren den Interessen der Briefmarkensammler gewidmet, es wurden Kataloge in Fortsetzungen
abgedruckt und rund um die Philatelie informiert.
Von 1885 bis 1895 erschien „Mekeel’s Philatelic Journal
of America“, zwar nur für zehn Jahre, herausgegeben von
Charles Haviland Mekeel (1861–1921), einem bekannten amerikanischen Briefmarkenhändler und Verleger in
St. Louis. Von Dezember 1901 bis Januar 1905 kam das
Blatt unter neuem Namen („Mekeel’s stamp collector“)
heraus, hatte aber bei weitem nicht mehr die inhaltliche
Bedeutung des Vorgängerblattes. Was die Dauerhaftigkeit anging, so übertraf „Mekeel’s Weekly Stamp News“
beide, denn dieses Organ erschien ab Januar 1891 bis
in die 1940er-Jahre, wurde allerdings von Mekeels Bru-
der Isaac herausgegeben. Später wurde es als „Mekeel’s
Stamps Magazine“ bekannt.
Weitaus gehaltvoller – und langlebiger – erwies sich allein
ein Blatt: der „American Philatelist“ der „American Philatelic Society“, der seit Januar 1887 bis heute erscheint.
Mit knappem Vorsprung zur „Schweizer Briefmarken-Zeitung“ gilt die Zeitschrift heute als die am längsten existierende philatelistische Fachzeitschrift der Welt. Als Besonderheit ist hervorzuheben, dass die meist fünf bis zehn
Fachbeiträge in jeder der monatlichen Ausgaben von Verbandsmitgliedern geschrieben werden, wobei der Gehalt
– entsprechend den sehr unterschiedlichen Leservoraussetzungen und -interessen – durchaus unterschiedlich ist.
Würde man den Focus ausschließlich auf Forschung und
intensive Fachstudien begrenzen, würde – zumindest im
20. Jahrhundert – der „Collector’s Club Philatelist“ an erster Stelle zu nennen sein, der ähnlich dem „London Philatelist“ eine sehr niveauvolle Vereins-Zeitschrift ist, allerdings erst seit 1922 erscheint.
Diese kleine Auswahl hervorhebenswerter Fachzeitschriften beweist, dass es durchaus in der Welt der Philatelie,
herrührend aus dem 19. Jahrhundert, einige Fachzeitschriften geschafft haben, sich nicht nur in die Gegenwart zu retten, sondern dabei auch Profil und Qualität zu
bewahren. Sie sind sicherlich nicht die einzigen, die eine
solche Würdigung verdient haben. Zumal im 20. Jahrhundert, mit weiter zunehmender Spezialisierung neue Fachblätter entstanden, die teils über längere Zeitphasen prägend wurden.
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4.3
Alben und Kataloge als Massenprodukte
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In Kapitel 2.1 und 2.4 wurde bereits die frühe Geschichte der Kataloge und Briefmarkenalben umfangreicher
behandelt. Dabei konnte verdeutlicht werden, dass es in
zahlreichen Ländern der Welt durchaus interessante Ansätze zu Inhalten und Methoden des Sammelns gab, aber
gerade bei Alben nicht nur die Meinungen, sondern auch
die Bedürfnisse der Sammler sehr stark voneinander abwichen. Letztlich setzten sich nur wenige Herausgeber
und Verleger von Alben auf Dauer nennenswert durch, so
dass ihre Namen heute noch weltweit bekannt sind. Gleiches gilt für namhafte Katalogwerke, die aber mit Blick
auf das 20. Jahrhundert erst anschließend zu behandeln
sind.
Die Rolle der Frauen in der frühen Philatelie
Der Zwischentitel mag verwundern und der Leser sich
fragen, in welchem Zusammenhang dieser zum Kapitel
steht. Eben dies wird aufzuzeigen sein, denn gerade Frauen haben auch bedeutend zu späteren „Trends“ beigetragen. Dies gilt es – auch mit weiterem Blick auf das Hobby
– zu belegen.
Natürlich sind die zahlreichen Versuche der Männer bekannt, sich in späteren Jahrzehnten der Philatelie, beginnend seit 1860, als „erste Sammler“ zu bezeichnen, dabei
das Verdienst für sich in Anspruch zu nehmen, sie wären
so etwas wie die Erfinder und Wegbereiter der Philatelie
gewesen. Würde man sie heute noch fragen können, beansprüchten sie sicherlich auch das Vorrecht, Alben und
deren weitere Entwicklung, selbst das Briefmarkensam-
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meln generell geprägt zu haben. Ganz so pauschal stimmt
dies sicherlich nicht.
Zwar gehörte es eben schon „in England, Frankreich, Belgien und teilweise auch in Deutschland und anderwärts
in den höhern Schichten der Gesellschaft zum guten Ton,
im Empfangszimmer neben den neuesten literarischen
Erscheinungen und Musikalien, auch auf dem runden Tische eine möglichst vollständige Sammlung von Briefmarken in geschmackvollem reich verziertem Einbande auflegen zu können“1, aber an diesem frühen Szenario waren
auch Frauen beteiligt.
Natürlich sind nicht nur Sammler wie Dr. John Edward
Gray, William Kratter oder auch August Mancin mit ihren
Erstlingsansprüchen auf ein „ius prima philateliae“ bekannt geworden, sondern auch Frauen. So wurde eine
Engländerin, eine Miss Harrison aus Yorkshire, 1910 literaturbekannt, als sie im Alter von 80 Jahren „Meekel‘s
Magazine“ mitteilte, sie habe 1840 – damals war sie gerade einmal zehn Jahre alt – seltene VR-Penny Blacks (VR
= Victoria Regina) von einer der Hofdamen der Queen Victoria, Königin von England, und später auch Essays und
Proofs von Sir Rowland Hill, Rowland Hill erhalten. 1910
war sie immer noch als Sammlerin aktiv. Allerdings ist ihre
Sammlung nicht mehr erhalten, ihre Spuren verweht.
Auf der Isle of Wight soll eine Lady, eine „governess“ (Erzieherin), beheimatet gewesen sein, die angeblich bereits
1841 mit dem Sammeln von Briefmarken begann. Da es
zu dieser Zeit erst vier verschiedene gab, habe sie sich für
1 Magazin für Briefmarkensammler, 1. Jg., 1863, Nr. 3, S. 17–18
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Quantität entschieden, also möglichst viele zusammenzutragen. Da sie dies mit Hilfe ihrer Freunde und Bekannten
jedermann wissen ließ, erregte sie damit die Aufmerksamkeit der postalischen Behörde, die gar eine Untersuchung
startete. Und erst deren Ergebnis, dass sie nämlich keine
betrügerischen Absichten im Sinn gehabt hatte, soll sie
vor dem Gefängnis bewahrt haben.2
Auch Anne Whitear, die Urgroßmutter von James Grimwood-Taylor (Cavendish Auctions), die von 1812 bis 1888
lebte und in den 50er-Jahren, wenn nicht noch zuvor,
begann, eine Sammlung von nur verschiedenen Marken
aufzubauen, gehört in diese Reihe. 1865 zählte diese
Sammlung 184 Marken und im Februar 1886, kurz vor ihrem Tode, 396 Marken. Selbst ihre Nichte, Fanny Whitear
(1843–1929), sammelte, und ihre Sammlung soll später
immer noch in dem ersten in England erschienenen englischen Moens-Album von 1864 untergebracht gewesen
sein.3
All diese Namen sind zwar in der Literatur zu finden, aber
deren Sammlungen sind vergangen. Sie sind wie Schall
und Rauch verweht. – Mit einer Ausnahme, welche eine
ganz besondere Geschichte präsentiert, die in das Jahr
1854 zurückführt. Sie erinnert an ein damals junges
Mädchen, deren kurze Lebensgeschichte im Kreise der
Familie ebenso bewahrt wurde wie ihre erste Sammlung,
die allerdings über vier Generationen (!) ausgebaut und
damit auch verändert wurde. Es ist die Geschichte einer
wenig bekannten Schweizerin mit Namen Anna Elisabeth
Tobler. Sie war die erste heute noch literarisch nachweisbare Sammlerin, die systematisch Briefmarken zusammentrug, tauschte und fachsimpelte. Zu einer Zeit, in der
es noch keine Vereine, Kataloge oder Fachliteratur gab.
Und sie war die erste, von der noch ein Album erhalten geblieben ist, das zwar nicht mehr ihr Originalalbum war, in
dem aber noch von ihr zu Lebzeiten zusammengetragene
Markenexemplare enthalten sind.
Anna Elisabeth Tobler, genannt Elise, wurde im Jahr 1839
als Tochter eines bekannten Textilfabrikanten, Joh. Conrad Tobler-Züst in Heiden/Schweiz geboren.4 Sie muss
schon vor 1854 Marken gesammelt haben, denn ein Brief
2 Vgl. E. A. Smythies: The Lure of Postage Stamp, in: The Stamp Lover,
January–February 1955, S. 131
3 wiedergegeben nach www.nystamp.org
4 Die Informationen zu Elise Tobler basieren auf einem 1946 in der
„Basler Taube“ und in „La Philateliste Belge“, 1946, Nr. 1 erschienenen Beitrag von Jakob Eugster und auf Informationen von dessen Sohn Otto, außerdem auf einem kurzen handschriftlichen nicht
weiter gekennzeichneten Manuskript. Bestätigt wurden die biografischen Angaben zu Elise Tobler und ihren Nachfahren durch mehrere
Inhalte von Internetseiten: zu Howard und Arthur Eugster-Züst vgl.
www.bautz.de/bbkl/e/eugster_zuest.shtml; www.museumfuerle-
vom 18. August 1854 – dieser wurde mit einer 15 RayonMarke frankiert – an Elise Tobler ist erhalten geblieben,
liegt dem Autor aber nicht vor. Aber schon in diesem Brief
soll Elises Sammelbestreben deutlich geworden sein.5
In einem weiteren Brief, geschrieben von Bertha Bischoff
am 19. März 1856 in Teufen, hieß es: „Meine liebe Elise! Die Marken, die wir erhalten, sind leider immer so
verschmiert, und wenn Du es wünschst, so will ich Dir
gerne ein paar neue schicken. Ich habe eben alle genommen, aus der Schweiz, England und Kalkutta, auch die
von Frankreich. Ich dachte, wenn Ihr solche schon habt,
so könnt Ihr diese immer noch wegwerfen, ich will sie wenigstens schicken.“
Ein Brief vom 12. April 1857 wurde von ihrer Tante Catherine Züst, die sich damals zu einem Sprachaufenthalt in
der französisch-sprachigen Schweiz befand, an Elise Tobler geschickt. Die Tante schrieb u.a.: „Immer näher rückt
die Zeit, wo Du liebe Elise heim zu uns kehren wirst. Mein
Herz hüpft vor Freude, Dich bald wieder zu haben, obwohl
ich mir denken kann, dass Du Leipzig, wie eine Heimat
gefunden, nicht gerne verlässt. […] Marken habe ich wieder gesammelt, aber eben nicht lauter Schweizermarken.
Eine darunter, mit Washingtons Bildnis, ist aus Amerika,
und da es mir als Rarität vorkam, so legte ich sie auch
bei.“ Elise Tobler sammelte also schon nach Ländern und
hatte wohl auch schon ein Gespür für Seltenheit! Sie wurde dabei, wie man aus diesem Brief ersieht, von ihren Verwandten und wohl auch von Freundinnen unterstützt.
Sie sammelte also weiter, natürlich weltweit. 1854 schon
zu einer Zeit, zu der die Kantonal- und Übergangsmarken sowie die Bundesmarken (1850/52 Rayons) noch
im Kurs waren, denn diese verloren erst am 1. Oktober
1854 ihre Gültigkeit. In einem erhalten gebliebenen roten
Julier-Album späterer Jahre, dessen Inhalt vermutlich, so
eine in der Dokumentation enthaltene Angabe, z.T. bis in
die 1870er-Jahren zurückreicht, fanden sich denn auch
nahezu alle klassischen Schweizer Marken, darunter eine passable „Basler Taube“ und eine „Doppel-Genf“. Zeittypisch ist natürlich die Erhaltung der frühen Stücke, die
nicht immer heutigen Ansprüchen entsprechen.
Dass Elise Tobler selbst zu Lebzeiten kein eigenes Album hatte, liegt auf der Hand, denn solche gab es in den
1850er-Jahren noch nicht. Es sei denn, man ließ sich ein
solches als individuelle Einzelanfertigung herstellen, was
wohl für reiche Prinzen in Frage kam, für junge Bürgermädchen wohl eher nicht.
bensgeschichte.ch; zu Jakob Eugster: www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/
D44450.php; zu Anna Eugster: wie zuvor, aber „D44301“.
5 Dieser Brief liegt dem Autor nicht vor, soll sich aber nach Angaben
der Familie noch im Besitz der Familie befinden.
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Damit dürfte als historisch verbürgt gelten, dass diese
junge Schweizerin die erste Briefmarkensammlerin der
Welt ist, die diese Bezeichnung zu Recht verdient und deren frühe philatelistischen Anfänge noch heute dokumentierbar sind. Das allein ist schon sehr bemerkenswert. Viel
mehr noch das, was sich daraus entwickelte. Denn über
Elise Tobler und ihre Familie ist tatsächlich noch mehr bekannt. Auch über den Verbleib ihrer Sammlung.
1860 heiratete nämlich Elise Tobler Jakob Eugster, der in
den USA die Firma Syz vertrat, die auch Erzeugnisse der
ostschweizerischen Textilindustrie vertrieb. Ihm folgte sie
schon 1859 nach New York und gebar ihm dort zwei Kinder: den erstgeborenen Sohn Howard am 14. November
1861 und am 5. April 1863 den zweiten Sohn mit Namen
Arthur. Kurz nach der Geburt, am 14. April 1863, starb
die Mutter am sogenannten Kindbettfieber. Ihr Grabmal,
gestaltet in Form eines Marmor-Obelisken, letztmalig
2005 renoviert, kann noch heute auf dem unendlich großen Greenwood-Friedhof in Brooklyn, New York, besichtigt
werden. Die Inschrift lautet: „Elise wife of James Eugster
fell asleep in the Lord, April 14, 1863, St. John 11, 25 and
26.“
Nach dem viel zu frühen Tod seiner damals gerade einmal 24jährigen Frau kehrte Jakob Eugster mit seinen Kindern nach Speicher in die Ostschweiz zurück. Wie sollte
er sie denn aufziehen, – ohne Frau? Die Frage stellte sich
nicht mehr lange, da er selbst 1866 der Tuberkulose erlag. Die Brüder Howard und Arthur Eugster, die Kinder von
Elise Tobler und Jakob Eugster, wuchsen als Vollwaisen im
Hause ihres Onkels Arnold Eugster auf. Nach dessen Tod
betreute sie der protestantische Pfarrer Gottfried Lutz.
Gymnasialbesuch auf der angesehenen Lerberschule,
dem heutigen freien Gymnasium in Bern, schloss sich an.
Danach studierten beide Brüder Theologie. 1887 wurden
sie, erst 26- und 24-jährig, gemeinsam in Speicher, Appenzell, zum Pfarrer ordiniert.
Howard Eugster nahm 1887 eine Pfarreranstellung in
Hundwil an, in einem von Armut geprägten Appenzeller
Bauern- und Heimarbeiterdorf. Dort kam er sozialistischen
Gedanken immer näher und gründete am 24. Mai 1900 in
Waldstatt den „Appenzellischen Weber-Verband“, die erste Gewerkschaft von Heimarbeitern in Europa. 1908 wurde Howard Eugster in den Nationalrat, das schweizerische
Parlament, gewählt und bis 1930 wirkte er maßgeblich
an der eidgenössischen Sozialgesetzgebung mit. Zudem
gehörte er als erster Sozialdemokrat von 1913 bis 1931
der Appenzellischen Regierung an. In der Geschichte des
christlichen Sozialwesens machte sich Howard Eugster,
der am 18. April 1932 in Linthal verstarb, einen hervorragenden Namen.
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Eben dieser Howard Eugster führte die Sammlung der
Mutter fort, von der allerdings heute nur noch zwei Bände erhalten sind. Er ergänzte die Sammlung nicht nur um
die neuen späteren Briefmarken der Schweiz, sondern
auch um die anderer Länder. Erhalten geblieben sind zwei
handschriftliche Aufstellungen aus den Jahren 1896 und
1900: 1896 beinhaltete die Sammlung 1 637 Marken
aus weit über 50 Sammelgebieten, die natürlich nicht alle
komplett waren. Vier Jahre später waren es schon 1 722
Marken, was zeigt, die Sammlung wurde gepflegt. Erste
Verkäufe und Ausgliederungen muss es wohl schon in den
1940er-Jahren, also nach dem Tod von Howard Eugster
1932, gegeben haben.
Howard Eugsters Frau Anna Theodora, geb. Züst (29.
August 1860–19. Dezember 1938), ist wohl das rote Album zu verdanken und sie beschaffte wohl auch weitere
Markenneuheiten über ihren Vater Konrad Züst (1820–
1889), der damals Fabrikant und Oberrichter in Heiden
war, so dass das heutige „Tobler-Album“ die Sammlergeschichte einer Vier-Generationen-Familie repräsentiert.
Auf seine Art ist es eben einmalig.
Denn eines bestätigt die Sammlung allemal: Die frühe
Philatelieszene war (auch) weiblich, nicht nur männlich.
Zumindest nicht nur. Dies ahnte wohl schon Victor Suppantschitsch, als er zu seiner Zeit Notizen im „Boston
Advertiser“ aus dem Jahr 1860 und in der Ausgabe des
„Little’s Living age“ vom 27. Oktober 1860 zur Kenntnis
nahm, in denen man lesen konnte, dass hauptsächlich
Damen sammelten. Das erklärt auch, warum die ersten
ausführlicheren Berichte über Briefmarken (zwar geschrieben von Männern wie Natalis Rondot oder Paul Lietzow) in Modeblättern wie der „Bazar“, in der „Illustrierten
Leipziger Zeitung“ (Nr. 1014 von 1862) oder in Cassel’s
„Illustrated Family Paper (26. Juli 1862) und dann auch
im „Magasin pittoresque“ ab 1862 erschienen.
Die „Gretchenfragen“ – und noch eine Frau!
Selbst Kenner sind nicht selten geneigt, die bedeutsamen
Stadien der Albentwicklung, gerade mit Blick auf die internationale Sammlerszene, in den Jahren zu Ende des 19.
Jahrhunderts zu orten, wohl wissend, dass sich damals
das Sammlerverhalten weltweit nachhaltig verändert.
Dies ist richtig – und trifft dennoch nicht den Kern, denn
die wesentlichen Fragen, aber auch deren Lösungen, wurden bereits in den 1860er-Jahren, spätestens bis Anfang
der siebziger angedacht, wenn auch nicht immer so in die
Tat umgesetzt.
Ein Beitrag aus dem Jahre 1871 – der Verfasser wurde
nicht genannt – verdient noch heute Beachtung. Im „Ame-
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rican Journal of Philately“ ließ er sich 1871 zu Albenfragen
aus.6 Auch er erzählte davon, wie er seine ersten Marken
in einem einfachen „copy book“ aufbewahrte, dann nach
Erwerb eines neuen Kataloges von Mount Brown alles umklebte und dies wiederholte Male, last but not last in ein
neues Scott-Album. Aber auch dieses war keine Lösung,
als er begann, die Marken nach Tönungen, Zähnungen
und Wasserzeichen zu unterscheiden, denn dafür waren
keine Felder vorgesehen. So erwarb er 500 Blanko-Blätter
bei einer Druckerei und eine gleichgroße Zahl einer Art
Karteikarten („violet tinted card), auf denen er die Marken
befestigte, dann die Karten auf den Blättern des Albums,
was den Vorteil hatte, dass er mit jedem neuen Album –
oder einer Erweiterung in mehrere Bände – nur die stabilen Karten wieder ablösen musste; die Marken selbst
unversehrt blieben, da diese nicht umzukleben waren.
Selbst die Marken hatte er nach einem genialen Prinzip (später sollte die Philatelie dies Falze nennen) angebracht: Er stellte schmale kleine Papierstreifen her („one
inch long by one-eight broad“), die nur auf einer Seite
gummiert waren. Die Marken wurden dann mit einer Hälfte des Papierstreifens per Gummierung verbunden, die
andere dann umgeknickte Hälfte hielt die Marken auf der
Karteikarte fest. So konnte er zu jeder Zeit auch leicht
Marken anheben, um rückseitig vorhandene Wasserzeichen zu zeigen. Einfach genial!
Auch was die Abfolge der Markenunterbringung – das war
damals ein Thema – anging, hatte er Beachtliches zu sagen, denn dieser ungenannte Sammler sortierte seine
Markenblätter in der chronologischen Folge alphabetisch
aufeinander folgender Länder. Das war nicht selbstverständlich, wie noch zu zeigen ist. Das heißt, für ein Land
präsentierte er zuerst die erste Ausgabe, diese aber mit
den feinsten und dunkelsten Farben die er finden konnte, gefolgt dann von einer gleichen Serie, die die Marken
z.B. von den am stärksten hm abgenutzt erscheinenden
Platten zeigte. Der Typ des Spezialsammlers war geboren!
Jederzeit konnte er in sein selbst gemachtes Album Blätter einfügen oder in beliebiger Zahl entnehmen und anderen zeigen, denn der Einband bestand nur aus je einem
harten Karton unter- und oberhalb der Blätter, die dann
durch ein großes Stück Leinen zusammengehalten wurden. Die Leinen-Präsentationsbox war geboren! Allerdings
war der Sammler seiner Zeit damit weit weit voraus!
Ein „Lady collector“ – dies war ein Pseudonym für die in
England lebende Miss Adelaide Lucy Fenton, die zu jener
Zeit auch Mitglied der Royal Philatelic Society war und seit
Beginn der 1860er-Jahre vielfach durch teils eigenwillige
Beiträge in philatelistischen Zeitschriften, allerdings meist
anonym gezeichnet, an die Öffentlichkeit trat – hatte sich
bereits drei Jahre zuvor in den USA zu Wort gemeldet.7
Auch sie sah ein Blanko-Album als anzustrebende Lösung
an. Hundert Seiten sollte dies mindestens haben und genügend „guards“ (Schutzabdeckungen). Sie empfahl allerdings, die Markenausgaben nicht nach Ländern, sondern
durchgehend chronologisch anzuordnen und die Seiten
zu nummerieren, außerdem die Marken selbst auf dem
jeweiligen Blatt mit kleinen schmalen Streifen von Klebstoff, vorsichtig unten und oben auf der Markenrückseite
mit einem Pinsel aufgetragen, zu befestigen, so dass diese auch leicht wieder zu lösen seien.
Weitsichtig gedacht und hätte die damalige Sammlergeneration solche Ratschläge befolgt, wären Millionenwerte
vor der Zerstörung bewahrt geblieben. Miss Fenton – und
mit ihr solch führende Sammler wie Dr. Amable Legrand
und andere – hatten es besser gewusst, aber die Trends
der Zeit gingen zu anderen Produkten.
6 „On the Selection of an Album“, in: The American Journal of Philately, October 20th, 1871, S. 120–121
7 „Philately“, by a Lady Collector, in: The American Journal of Philately,
April 1, 1868, S. 13–14
Die Grundfragen der Sammler
Spätestens zur Wende des 19. zum 20. Jahrhundert wurde deutlich, wie unterschiedlich sich das Sammlerverhalten entwickelt hatte. Die Zahl der Sammler weltweit tendierte vielleicht schon gegen die erste Million. Führende
Alben hatten bis dahin bereits zehn- oder gar hunderttausende ihrer Produkte in verschiedensten Sprachen
verkauft. Führend waren Alben von Scott und Mekeel (in
den USA), von Stanley Gibbons (in Großbritannien), von
Yvert (in Frankreich) und von Schaubek, Zschiesche und
Schwaneberger in Deutschland.
Um der Sammlernachfrage zu entsprechen, wurden nicht
nur jährlich neue Auflagen in unterschiedlichster Ausstattung angeboten, also vom einfach-preiswerten Schüleroder Beginner-Album bis zu hochwertig luxuriös gefertigten Buchbinder-Alben der De-Luxe-Klasse, sondern alle
Albenverleger hatten auch die Qualität der Alben verfeinert. Bis auf wenige Ausnahmen gab es keine beidseitig
bedruckten Blätter mehr, denn solche waren bei Sammlern nicht gefragt. Dafür waren nahezu alle Alben mit
Markenabbildungen illustriert, zumindest die „StandardAlben“, die sich an den normalen Markensammler richteten. Solche Sammler wollten nicht spezialisieren, sie
interessierten sich nicht für Farb-, Zähnungs- oder Papierunterschiede, sie wollten von jeder Ausgabe ein Exemplar,
das reichte vollends.
Diese Gruppe der Sammler war der Massenmarkt für
die Verleger, ihre Hauptzielgruppe, und für diese hatte
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sie nur ein Problem zu bewältigen: das des Umfangs. Bis
zum Jahrhundertwechsel sammelten die älteren Sammler nämlich noch die Ausgaben aller Länder weltweit, was
aber immer schwieriger, nämlich teurer wurde. Nicht wenige begannen sich auf weniger Länder, auf Kontinente,
gar einzelne Länder zu konzentrieren. Andere verzichteten auf Ganzsachen, die man zuerst mit Ausschnitten der
Wertstempel, später komplett gesammelt hatte. Es wurde
alles zu viel, es nahm alles viel zu viel Platz ein, es wurde
letztlich auch zu teuer.
Das Jahr 1890 markierte erstmals einen deutlichen Einschnitt. „50 Jahre Briefmarken“ war ein Datum, zu dem
einzelne Verleger ihre Alben aufteilten, so z.B. Schaubek.
Zwar gab es immer noch den voluminösen „Alle-WeltBand“ (in einem Teil), nun aber auch eine zweigeteilte
Ausgabe (bis 1890, nach 1890). Wenig später gab es
Ausgaben ohne Ganzsachen, die man dann höchstens
auf Wunsch in einem gesondert zu bezahlenden Band unterbringen konnte. Als die Ganzsachen um die Jahrhundertwende zunehmend mehr an Nachfrage und Beliebtheit verloren, verschwanden auch solche Zusatzbände
aus dem Standardangebot.
In den USA hatte das eigene Land seit Beginn an reichlich
zu bieten. Locals, Provisionals, Carrier-Ausgaben, Bundes- und Staatsausgaben und dergleichen mehr. Also gab
es recht früh solche „Länderalben“. Der Gedanke setzte
sich auch in anderen Staaten durch, zumal jeder Verleger
argwöhnisch das Treiben und die Angebote anderer beobachtete, ggf. nachahmte oder kopierte. Hatte man zu
Beginn versucht, den Absatz und die Nutzung der Alben
durch Mehrsprachigkeit zu vergrößern, erschienen zunehmend mehr Alben in jeweiliger Landessprache, die aber
ihren Ursprung in einem anderen Land hatten. Ein gutes
Beispiel dafür waren die Schaubek-Alben, die es zu weltweiter Verbreitung brachten, also auch in den Ländern,
in denen sie gar nicht produziert wurden, dort aber über
Agenten verbreitet wurden.
Blätter für Spezialsammler
Für den Spezialsammler erschienen ab Mitte der 1880erJahre erste Spezialalben. Zum Beispiel zu einzelnen Ländern (z.B. von A. E. Glasewald zu Griechenland) oder zu
besonderen Markenausgaben (Glasewald: Privatpostmarken). Letztlich waren dies noch Vordruckalben. Andere
Verleger, ein Beispiel ist Paul Kohl aus Chemnitz, machte
es interessierten Sammlern in den 1890er-Jahren leicht,
indem er erste (heute übrigens seltene!) Kataloge für
Deutschland und Europa erstellte (1893–1897), in denen
nicht nur die Marken katalogisiert wurden, sondern im
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Layout so auf einzelnen Seiten dargestellt wurden, dass
der Sammler wusste, wie er diese auf selbst zu gestaltenden Seiten anzubringen hatte. Nur aufkleben musste er
sie noch selbst.
Für solche Zwecke entwickelten diverse Herausgeber unterschiedliche Blattvorlagen, von denen sich letztlich –
spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts – eine Art
„vordruckloses“ Blatt besonders durchsetzte: das Albenblatt mit zartfarbener Linienquadrierung, also mit kreuzförmig angeordneten schmalen grauen oder andersfarbenen Linien, auf denen der Sammler die Marken einfach
so an- und aufbringen konnten, dass ein ansprechendes
Gesamtbild entstand. Solche Sammler hatten kein Problem mit dem Umfang ihrer Sammlung. Sie kauften sich
einen Katalog der Wahl und brachten die Marken nach
eigenem Geschmack – in der Regel nach Ländern alphabetisch und dann chronologisch geordnet – aufs Papier.
Ein ganz spezielles Beispiel eines solchen Albums ist
glücklicherweise mit seinen Vorstufen erhalten geblieben.
Es handelt sich um das „Philatelistische Permanent-Sammelwerk“, das von Hugo Krötzsch Anfang der 1890erJahre entwickelt und sogar erstmals bei der „Internationalen Ausstellung für Postwertzeichen“ in Zürich 1893
ausgestellt und dort mit einem ersten Preis, der höchsten
für diese Literaturgattung vergebenen Auszeichnung, bedacht wurde. Im Katalog der Zürcher Ausstellung wurde
es unter Nr. 63 (II. Abteilung, Alben) gelistet und wie folgt
beschrieben: „Hugo Krötzsch, Leipzig ... Sammelwerk in
Prachtausgabe ... Permanentes Sammelwerk in losen
Blättern zur Anlegung von Sammlungen nach eigenem
Wunsche, das Umkleben der Marken unnötig gemacht.
Beibuch mit Lichtdruck-Tafeln.“
Einmalig ist dieses Album schon allein deshalb, weil das
Album selbst kaum in nennenswerter Serie verkauft wurde, heute nur noch anhand der museal in einem Archivbestand enthaltenen Blätter des Verfassers erschlossen
werden kann. Es wurde nach Künstlervorlagen – gewonnen aus Aquarellzeichnungen – mit länderbezogenen Motiven in bis zu zehn Farben bedruckt, es gab Blätter für
alle möglichen Länder und Kontinente und der Sammler
brauchte in dieses zauberhaft künstlerisch wirkende „Ambiente“ nur noch seine Marken anzubringen. Welch ein
Ensemble! – Aber der Hinweis auf die doch nennenswerten Kosten solcher „Künstler-Seiten“ zeigt auch, dass solche selbst auszugestaltende Alben bei sparsamen Sammlern kaum eine Chance hatten. Diese wollen jeden Cent
in die Briefmarken selbst legen, – nicht ins Zubehör. Den
meisten reichten deshalb einfach karierte Vordruckblätter, sie brauchten keine landesbezogenen farbig gedruck-
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ten Albenseiten (Farbdruck war zu dieser Zeit noch extrem
teuer).8
Permanent – Lösungen?
Der verbreiteteste Sammlertyp war der traditionelle
Sammler, der die Ausgaben seines Gebietes chronologisch aufeinander folgend sammelte. Bereits 1871 hatte
H. Stafford Smith ein „Permanent Postage Stamp Album“
in Brighton angeboten, das sog. Ergänzungsblätter beinhaltete. Bereits damals stellte ein Rezensent die kluge (!)
Frage, wie denn ein Album, z.B. für hundert Jahre, „permanent“ sein könne, – in diesem Album könne man doch
bestenfalls die Marken der nächsten zehn Jahre unterbringen.9
Er hatte nicht unrecht, denn das Problem war nicht die
Frage oder die benötigte Zahl der Ergänzungsblätter
(1871 ahnte noch keiner etwas von der späteren Markenflut und -fülle), sondern das Problem der Unterbringung
der Albenblätter an sich. Hatte sich beim Format doch
seit den 1870er-Jahren zunehmend das Hochformat –
bei besser ausgestatteten Alben im Folioformat – durchgesetzt, gab es bis zur Jahrhundertwende vorwiegend nur
fest gebundene, teils mit Fadenleinenheftung versehene
Bucheinbände. Das sah prächtig aus und ließ sich gut
und repräsentativ vorzeigen, hatte aber auch den Nachteil, dass im Album nur die Seiten enthalten waren, die
der Verleger von Beginn an eingefügt hatte. Selbst wenn
es sog. Supplementseiten gab, war deren Zahl letztlich
begrenzt und diese konnten später nach Erscheinen nicht
mehr vermehrt werden. Die Aufteilung in verschiedene Albenbände löste das Problem nicht.
Wohl aber die Erfindung der Schraubbinder-Alben, die
man wohl Schaubek (die von 1874 bis 1894 von Louis
resp. den Gebr. Senf betreuten Alben gingen am 12. März
1894 an den Leipziger Verleger C. F. Lücke) zuschreiben
darf. Bereits 1895 erschienen erste Alben mit Supplementsmöglichkeit, ab 1906 gab es generelle PermanentAlben, die dank des Schraub-, nun auch des sog. Klemmbinders ein leichtes Einfügen und Herausnehmen von
Seiten ermöglichten.10 Erst Jahrzehnte später entstanden
sog. Ringbinder, die heute wohl die Mehrzahl aller Albenblattprodukte in der Welt beinhalten und in diversen Aus-
8 Die Blätter mit Gestaltung kosteten 20 bzw. 23 Pf., zusätzlicher
Goldschnitt der Seiten schlug mit weiteren 5 Pf. je Blatt zu Buche.
Für die damalige Zeit sehr viel Geld.
9 Review in: The American Journal of Philately, Feb. 20, 1869, S. 26
10 Vgl. hierzu: Leipzig. Birthplace of the Schaubek-Album, in: The Philatelic Journalist, No. 136, März 2012, S. 25–29
führungen der Kipphebelmechanik, der Ringbindung und
des Einbandes (Plastik-PVC, Leder) existieren.
Ein letztes Wort gilt der Befestigung von Marken in all
diesen Albenausführungen. Allen guten Vorschlägen einzelner Sammler der Pionierzeit der Philatelie zum Trotz,
setzte sich das simple, aber zerstörende vollflächige Befestigen von Marken mittels Gummi Arabicum weltweit
durch. Mit den bekannten Folgen. Zwar gab es einzelne
Sammler, die die Marken mit anhängendem Bogenrand
sammelten und mit diesem die Marken befestigten, andere, die in zu Beginn geschilderter Form selbst eine Art
Falz entwickelten, aber die überwiegende Mehrzahl der
Sammler im 19. Jahrhundert nahm dies nicht wahr.
Erst die Erfindung einer Art serienreifen, nämlich billig in
Massenproduktion herzustellenden „Klebepapieres“, das
unter verschiedensten Bezeichnungen international ab
Mitte der 1880er-Jahre bekannt und verbreitet wurde, änderte daran etwas. Langsam, aber sicher, setzte sich der
Falz als meist verwendetes Befestigungsmittel durch, bis
erst in den 1930er-Jahren andere Aufbewahrungsarten
(z.B. unter Pergamin, Klarsichttaschen aus Kunststoff) erprobt und dann Jahre später in Serie verbreitet wurden.
Der Falz blieb bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts aber
das gewöhnliche Befestigungsmittel und nicht selten erlebten Sammler bei einzelnen Falzprodukten (in Deutschland war das der von Hesselte entwickelte sog. Schonfalz)
ihr „blaues Wunder“. Was letztlich dem Falz den Garaus
machte, denn seit Jahrzehnten ist er nicht mehr verbreitet
und eine von der Fa. Hawid wohl zuerst entwickelte Polystyrol-Kunststofftasche hat seitdem die philatelistische
Welt erobert.
Die Entwicklungsschritte der Alben – gleich ob von Schaubek, Schwaneberger, Stanley Gibbons, Scott oder Yvert,
um nur diese hier zu nennen – mögen im großen und
ganzen ähnlich verlaufen sein. Bis heute präsentieren alle großen wie kleinen Albenverleger in allen Ländern der
Welt eine vergleichbare Auswahl, wobei der Massenconsumer-Markt durch die Vordruckalben in diverser Ausstattung gebildet wird. Literatur-Produkte im engeren Sinne
sind diese nicht mehr, auch wenn bereits die Anordnung
und Abfolge der Markenanordnung durch Urheberrechte
geschützt sein mögen. Mit den Alben des 19. Jahrhunderts, die häufig eine Art „wandelnde Lexika“, Katalogersatz oder gar ein geografisches Nachschlag- oder kartografisches Werk waren, haben all diese kaum noch etwas
gemeinsam. Wenn der Sammler heute solches haben will,
muss er schon selbst Hand anlegen und kreativ eigene
Blätter dieser Art schaffen, – was ihm mit den Möglichkeiten des PC und des Internets heute auch viel leichter als
früher fällt.
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Der Siegeszug der Kataloge im
20. Jahrhundert
Der „Katalog ist des Sammlers liebstes Kind“ oder z.B.
„der MICHEL ist die Bibel des Sammlers“ – all dies sind
Floskeln, die man in dieser Form in Deutschland, in übertragener Form (die Katalognamen sind dann nur auszuwechseln) auch in anderen Ländern häufig hören kann.
Tatsache ist, dass jährlich neu erscheinende Kataloge
zum ständigen Begleiter vieler Sammler wurden.
Dies hatte gute Gründe: Zum einen erschienen – bereits
im 19. Jahrhundert – Jahr für Jahr mehr neue Briemarkenausgaben, zum anderen wurden auch immer wieder
damals neue, bis dahin unbekannte, bereits früher herausgegebene Postwertzeichen entdeckt, so dass die Geschichte der Markenausgaben nicht weniger Länder ständig neu zu beschreiben und damit zu katalogisieren war.
Der Grad der zunehmenden Spezialisierung der Sammler,
die Berücksichtigung diverser Verschiedenheiten und Abweichungen bei Marken, deren Zähnung, Papiere, Farben
und Wasserzeichen, der sog. Abarten, Plattenfehler und
Druckabweichungen, führte naturgemäß zur ständigen
Erweiterung von Katalogen, was dann auch Katalogherausgeber vor enorme Herausforderungen und Probleme
stellte.
Zur Wende des 19./20. Jahrhunderts waren die Namen
der weltweit tätigen großen Katalogherausgeber längst
weithin bekannt. Es waren meist die gleichen Namen, die
auch für ihre Alben bekannt waren, also Scott, Stanley
Gibbons, Yvert und in Deutschland die Gebrüder Senf mit
dem seit 1892 regelmäßig erscheinenden Senf-Katalog.
Es ist hier nicht der richtige Ort – und der begrenzte Platz
verbietet es zudem – die Geschichte all dieser Kataloge
näher zu schreiben. Dies wurde teilweise von Dritten bereits an anderer Stelle unternommen.11
Beispielhaft ausgewählte Aspekte der Geschichte der
Stanley Gibbons- und der MICHEL-Kataloge mögen allerdings die Problementwicklung aller Kataloge im 20. Jahrhundert kurz verdeutlichen.
Bekanntlich hatte Stanley Gibbons 1865 erstmals eine
20-Seiten-Verkaufsliste herausgebracht, die die Postwertzeichen von Antigua bis Württemberg enthielt. Aus diesen Verkaufslisten entstand dann später ein Katalog, der
1879 erstmals auch Illustrationen der Marken und Ganzsachen beinhaltete. Letztere wurden 1896 in einen separaten Katalogteil verbannt und 1900 wurde der Ganzsachenband ganz aufgegeben.
11 Vgl. Wolfgang Maaßen: Von frühen Alben und Katalogen zu Verlagen
von Weltrang, Schwalmtal 2010
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Ähnlich erging es den Gebr. Senf, die seit 1892 „Gebrüder Senf’s Illustrirten Postwertzeichen-Katalog“ auf den
Markt brachten. Bereits zu Beginn in einer Jahresauflage
von 16 000 Exemplaren, was zweifelsohne sehr beachtlich war. Die 1896er-Auflage – immer noch in einem Band
von knapp 1 000 Seiten – hatte bereits 25 000 Stück Auflage, war aber – im gleichen Jahr wie bei Stanley Gibbons
– zweigeteilt (Teil I: Marken, Teil 2: Ganzsachen). 1899 erschienen diese auch getrennt und dies sollte erst einmal
bis 1911 so bleiben, denn 1912 erschien nur noch der
Markenteil des Kataloges, 1913 ebenfalls und 1914 gab
es letztmalig beide Teile auch getrennt und aktualisiert.
Damals mit einer Auflage von insgesamt 42 000 Exemplaren! Der letzte Ganzsachen-Katalog erschien 1921 quasi als eine Art Nachtrag für die Jahre 1913–1920, denn
während des Ersten Weltkrieges hatten die Gebr. Senf infolge von Papiermangel ihre Katalogproduktion einstellen
müssen.
Stanley Gibbons hatte solche zeitbedingte Probleme
nicht, hatte aber seit Beginn des 20. Jahrhunderts, spätestens seit 1905, den Weltkatalog dennoch in zwei Bände aufgeteilt. Band 1 war nun dem „British Empire“ gewidmet, Band 2 den anderen ausländischen Staaten, wobei
es aber immer noch diese Ausgabe auch in einem Band
gebunden gab. Der Flut von Neuausgaben wusste Stanley Gibbons durch einen „Simplified Catalogue“ ab 1934
zu begegnen, einem bis heute in ähnlicher Art bekannten
Werk, in dem alle Ausgaben der Welt nur kurz und ohne
jede Varietät gelistet und nur noch beispielhaft abgebildet
sind. Seit 1971 heißt dieses Werk „Stamps of the World“,
das bis 1982 in einem Band, danach in zwei Bänden, seit
1990 in drei, seit 2002 in vier und mehr erscheint.
Solche Umfangsprobleme hatten eigentlich schon vor
mehr als 100 Jahren alle Katalogverleger in der Welt.
1910 hatten die Senf-Kataloge (nimmt man den Markenund Ganzsachenteil zusammen) bereits über 1 600 Seiten erreicht. Über 10 000 Katalognummern mit über 23
000 Preisen und mehr als 1 500 Abbildungen wurden gedruckt. Die Kataloge waren beliebt, zu dieser Zeit wurden
jährlich rund 30 000 Exemplare abgesetzt (1914 sollte
die Höchstauflage mit 42 000 Stück erreicht werden) und
insgesamt hatte das erfolgreiche Leipziger Unternehmen
bis 1910 bereits mehr als 410 000 Exemplare verkauft.
Wahrlich Traumzahlen!
In diese Situation hinein erschien ein kleiner unscheinbarer, auch mit knapp 100 Seiten nicht gerade umfangreicher neuer Katalog eines Hugo Michel aus Apolda. International war Hugo Michel damals eher ein „Nobody“,
bestenfalls einigen ausländischen Händlern als Briefmarkenhändler bekannt, nicht aber als Verleger. Aber aus die-
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sem kleinen Katalog – dies war ein EUROPA-, also nicht
ein Weltkatalog – sollte sich eines Tages eine Art deutsches Katalogimperium entwickeln.
Die ersten Ausgaben blieben weiterhin bescheiden, wuchsen zwar in den ersten zehn Jahren auf mehr als 250 Seiten an, als Michel sie noch selbst verlegte, sie waren aber
– im Vergleich zu den Senf- und ausländischen Katalogen
von Stanley Gibbons oder Yvert – sehr preiswert. Entsprechend beliebt waren sie bei den Sammler, gerade bei den
zahlreichen Neueinsteigern, die längst nicht mehr alle
Welt, sondern wenige Länder, meist europäische, sammelten.
Dass die Anfänge dieses Kataloges wahrlich sehr überschaubar klein und bescheiden waren, lässt sich heute
noch nachvollziehen, denn die Erstausgabe von 1910 –
die originale broschierte Ausgabe hatte einen lilafarbenen
Kartoneinband – ist in Deutschland derzeit nur noch in
einer Handvoll Exemplaren nachgewiesen, die etwas teurere Hardcover-Ausgabe mit braunrotem Leineneinband
ist heute dort nur in einem Exemplar noch bekannt. Fragt
man sich nach den Gründen für solch eine kaum zu vermutende Seltenheit, liegt dies wohl allein in der Tatsache
begründet, dass Hugo Michel seinen ersten Katalog nicht
direkt verkaufte, sondern mit einer Art Pro-forma-Rechnung seinen guten Kunden einfach so zuschickte, diese
aber das neue Werk als eine Art Preisliste ansahen, die
nicht von bleibendem Wert sein könne, so dass wohl die
überwiegende Mehrzahl nicht aufbewahrt, sondern entsorgt wurde.
Noch seltener muss die Ausgabe des EUROPA-Katalogs
von 1911 sein, die Hugo Michel zu seinem zehnjährigen
Jubiläum als Katalogherausgeber 1919 mitzählte, die
aber bis heute keiner je gesehen hat. Angeblich soll sie
einen grauen Einband haben (nicht zu verwechseln mit
einem vom späteren Schwaneberger Verlag 1981 produzierten Neudruck des 1910er-Katalogs!). Wenn es denn
diesen Katalog von 1911 (gemeint ist nicht die Preisliste
aus dem gleichen Jahr!) überhaupt jemals gegeben hat,
dann hat Hugo Michel diese nur in einer Mini-Auflage erscheinen lassen, denn der finanzielle Verlust der Erstausgabe 1910, die er quasi überall verschenkt hatte, dürfte
ihn vor weiteren kostenspieligen Experimenten dieser Art
erst einmal bewahrt haben.
Hugo Michel hatte aber das Glück, dass er – im Gegensatz zu den Gebr. Senf – im Ersten Weltkrieg noch an Papier kam, seine Kataloge also weiter erscheinen konnten.
Der Erfolg seines Europa-Kataloges wuchs ihm über den
Kopf, so dass er 1919 das Werk an den Verlag des Schwaneberger Albums und dessen Geschäftsführer Eugen Berlin abgab, der das Werk Michels weiterführte. Aus dem
Namen wurde dann eine Marke: MICHEL-Kataloge, die
heute weltweit verbreitet sind.
Katalog-Herausgeber verstanden es von jeher, auf die
Anforderungen der Zeit, auf wechselnde Strömungen
des Sammlerverhaltens, aber auch auf neue Sammelgebiete und Trends zu reagieren. In Deutschland waren
dies während und nach dem Ersten Weltkrieg die sog.
„Kriegsmarken-Kataloge“ (1920, Michel), in den 1930erJahren erschienen erste Luftpost-Kataloge (Senf 1931),
1935 bei Schwaneberger ein erster MICHEL DeutschlandSpezial-Katalog und 1938 sogar ein erster Block-Katalog
der Gebr. Senf. Längst war aus dem ursprünglichen kleinen Michel-Europa-Katalog ein stattliches umfangreiches
Werk geworden, seit 1921 gab es auch – was Hugo Michel selbst ursprünglich nie gewollt hatte – Michel-Übersee-Kataloge. Heute tendiert die Zahl der Michel-EuropaKataloge gegen zehn, die der Übersee-Kataloge sind auf
15 und mehr herangewachsen, ein Ende ist nicht in Sicht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Stanley Gibbons – dies
war wohl der Papierknappheit zuerst geschuldet – mit einzelnen Länderkatalogen begonnen, ein Experiment, das
dann gegen Ende der 1960er-Jahre Fortsetzung fand. Seit
1963 erschienen erste und einzelne Bände des „Great
Britain Specialized Catalogue“, die für Spezialsammler
das Referenzwerk schlechthin wurden. Es wundert dann
kaum, dass im gleichen Jahr oder wenig später die erste
Ausgabe eines wiederauflebenden MICHEL Spezial-Kataloges Deutschland erschien (Ausgabe: 1964/65). Die Verleger schauten sich die guten Ideen voneinander ab und
probierten stets aus, was bei Sammlern gut ankam. Dieses Werk sollte in Deutschland zu einem der erfolgreichsten Kataloge überhaupt werden, von denen in besten Zeiten sechsstellige Zahlen verkauft wurde.
Die Zahlen sind nahezu austauschbar, auch die Namen
der großen Verleger, denn deren Katalog-Entwicklungsschritte gingen beinah im Gleichschritt voran. Neu war vielleicht noch 1984 die von Stanley Gibbons geborene Idee
der thematischen Kataloge („Collect Birds on stamps“),
aber auch die folgte bereits bewährten Mustern.
Belassen wir es bei diesem kleinen Überblick, der verdeutlicht, dass sich Katalogherausgeber stets besonderen Problemen zu stellen hatten. Katalogliteratur ist
– auch was Ausgaben um die Wende vom 19./20. Jahrhundert betrifft – heute in guter oder gar sehr guter Erhaltung nicht mehr häufig anzutreffen. Dafür wurden sie
ja in der Regel zu häufig und intensiv vom Sammler genutzt und meist mit Erscheinen der nächsten Neuausgabe wieder entsorgt. Zudem nimmt sie enorm viel Platz im
Buchregal ein, weshalb meist nur große Bibliotheken über
nennenswerte komplettere Bestände verfügen. Bestimm-
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te Ausgaben sind sehr selten. Dazu zählen nicht nur die
erwähnten ersten Ausgaben von Hugo Michel, auch die
von Paul Kohl und dessen ersten Katalogversuchen in
den 1890er-Jahren bis 1910. Vergleichbares gilt für die
106 |
frühen Standardkataloge in den USA, Frankreich, Großbritannien und anderen Ländern. Ihre Seltenheit – bei guter
Erhaltung – wird häufig unterschätzt.
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4.4
„Eintagsfliegen“ und Inseratenblätter
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Das Wort von den sog. Eintagsfliegen wurde in diesem
Buch bereits mehrfach verwendet. Gemeint sind Zeitschriften, also Periodika, die nur für eine kurze oder gar
sehr kurze Zeit existierten, über eine oder wenige Nummern erst gar nicht herauskamen. Mit dem Begriff „Inseratenblätter“ bezeichnet die Philatelie die Zeitschriften,
die keinen (nennenswerten) redaktionell verfassten Inhalt
hatten, sondern eigentlich nur aus einer Ansammlung von
werblichen Anzeigen, also Inseraten, bestanden. Manche
gehen sogar so weit, die Frage zu stellen, ob man solche
Inseratenblätter überhaupt als Zeitschriften im strengeren Sinne bezeichnen kann, denn das genuine und gattungsprägende Merkmal, der redaktionelle Inhalt, Kurzberichte und/oder Fachbeiträge, all diese würden doch bei
solchen Produkten fehlen. Letztlich seien solche Blätter
nur eine Art Sammlung von Preisofferten, also Preislisten
ohne jederlei substantiellen Wert.
Der Verfasser möchte sich an solchen Definitionsfragen
nicht beteiligen, denn man grenzt damit etwas aus, was
philateliegeschichtlich gesehen durchaus von bleibendem Wert ist, z.B. die Geschichte des Handels, der Berufsphilatelie, die Geschichte des Marktes und seiner
Entwicklung, die Geschichte namhafter Personen und ihrer lebensverändernden Merkmale und so vieles andere
mehr, was sich nicht nur in wechselnden Adressen Einzelner, sondern eben auch in deren Offerten findet. Mit gleichem Recht könnte man dann in Frage stellen, ob erste
(Preis-)listen, selbst die eines Oscar Berger-Levrault, überhaupt Literatur seien, von anderen ganz zu schweigen.
„Eintagsfliegen“ – dies ist ja nicht inhaltlich, sondern
chronologisch zu verstehen – können beide sein: Fachwie Inseratenblätter. Dass sie nur selten erhalten blieben,
mag u.a. an der fehlenden Periodizität liegen, damit an
fehlendem Bekanntheitsgrad und einer Kontinuität, die
diesen erst eine gewisse Verbreitung und Anerkennung
verschafft hätte. Dementsprechend selten sind sie heute überhaupt noch anzutreffen, weil sie in aller Regel
von Empfängern solcher Erstausgaben wenig beachtet
und entsorgt wurden. Mehr oder weniger komplette Dokumentationen – z.B. solcher Zeitschriften eines Landes
aus dem 19. Jahrhundert – gibt es so gut wie nicht. Die
Wertschätzung der Literaten galt dem Dauerhaften, dem
nachprüfbar Niveauvollen und Beispiele dafür wurden bereits in Kap. 4.2 in reichlicher Zahl erbracht. In Kap. 3.5
konnte dabei auch auf- und nachgewiesen werden, wie
sich im 19. Jahrhundert die Zahl der Zeitschriften weltweit entwickelte, wie viele der Periodika überhaupt auf ein
nennenswertes Alter und entsprechende Entwicklung zurückblicken konnten. Es waren – damals wie heute – nur
wenige.
Dies wird umso augenfälliger, je kürzer man die Zeiträume
betrachtet und als ein Beispiel – pars pro toto – mag dazu
noch einmal die Zeitspanne der ersten zehn Jahre philatelistischer Zeitschriften-Entwicklung, dieses Mal nur mit
Blick auf England und Amerika, hier dargestellt werden.1
1 Der Autor folgt hier einer Ausarbeitung, die im „American Journal of
Philately“ am 20. Oktober 1871 erschien.
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Die nachfolgende Übersicht belegt die erschienenen Titel,
das Erstausgabedatum und die Zahl bis 1871 erschienener Ausgaben.
England
– Bath Stamp and Coin Gazette and Advertiser: ab 1.
Juni 1865, 2 Nummern
– Boys‘ Telegramm: 15. September 1866, 1 Nummer
– Boys‘ Agency Circular: ab 1. März 1866, 2 Nummern
– British and Foreign Stamp & Coin Advertiser:
ab 1. Mai 1864, 8 Nummern
– Collector‘s Circulars: ab 6. Dezember 1865,
12 Nummern
– Stamp Collector‘s Examiner: ab 1. Mai 1865,
3 Nummern
– Stamp Collector‘s Journal: 1. Juli 1863, 1 Nummer
– Stamp Collector‘s Magazine: ab 1. Februar 1863, 104 Nummern
– Stamp Collector‘s Miscellany: ab 1. Juni 1864,
11 Nummern
– Stamp Collector‘s Monthly Advertiser (später:
Stamp Collector‘s Review): ab 15. Dezember 1862,
19 Nummern
– Stamp Collector‘s Pocket Companion: 1. April 1865,
1 Nummer
– Collector‘s Herald: ab 1. Januar 1865, 10 Nummern
– Stamp Courier & Curiosity Advertiser: ab 15. Oktober
1866, 2 Nummern
– Curiosity Collector‘s Magazine: ab Oktober 1865,
2 Nummern
– Stamp Dealers Advertiser: ab 1. Juli 1866,
2 Nummern
– International Postage Stamp Review: ab 1. August
1863, 9 Nummern
– Universal Stamp Gazette: 15. September 1864,
1 Nummer
– International Stamp Recorder: 1. Mai 1868,
1 Nummer
– W. D. Atlee’s Stamp Circular: ab 10. September 1865,
4 Nummern
– Liverpool Stamp Advertiser (später: Liverpool & Newport Stamp Advertiser): ab 1. Mai 1863, 14 Nummern
– Weymouth Stamp and Crest Advertiser: ab 1. November 1863, 7 Nummern
– Liverpool Stamp Collector‘s Journal: ab 1. April 1865,
3 Nummern
– London & N. Y. Stamp Collector‘s Review: ab 15.
Januar 1864, 2 Nummern
– National Postage Stamp Express: ab 15. Januar
1864, 7 Nummern
– New Curiosity Times: 15. Dezember 1865, 1 Nummer
– Newcastle and Gateshead Stamp Advertiser and
Review: ab 1. Januar 1864, 7 Nummern
– North of England Stamp Review: ab Juli 1864,
5 Nummern
– Northumberland and Durham Stamp Advertiser: ab
15. Februar 1864, 11 Nummern
– Once a month: ab 1. September 1863, 14 Nummern
– Philatelist: ab 1. Dezember 1866, 58 Nummern
Betrachtet man diese Auflistung näher, stellt man leicht
fest, dass nur sechs von den insgesamt hier aufgeführten
32 Blättern mehr als zwölf Ausgaben ihres Erscheinens
zählen, darunter natürlich die Spitzenblätter der damaligen Zeit, das „Stamp Collector’s Magazine“ (104 Ausgaben) und der „Philatelist“ (58 Ausgaben).
Umgekehrt zählen 18 Blätter nur bis zu fünf Ausgaben,
sind also noch nicht einmal ein halbes Jahr erschienen.
Das heißt, deutlich mehr als die Hälfte aller damals erschienenen Blätter waren das, was man heute als „Eintagsfliegen“ bezeichnet. Fasst man diesen Begriff noch
enger, zählt man also nur die, die tatsächlich nur mit einer einzelnen Ausgabe an den Start und danach bereits
untergingen, dann sind es immerhin auch noch sieben
Zeitschriften, die als Periodikum gedacht waren, dieses
Stadium aber niemals mehr erlebten, also gut 20 Prozent.
Eine vergleichsweise hohe Zahl, wie auch der Blick nach
Amerika (USA/Kanada) belegt.
– Stamp and Curiosity Circular: 15. April 1867,
1 Nummer
Amerika
– Stamp Collector‘s Budget: ab 1. Januar 1868,
2 Nummern
– The American Journal of Philately: ab März 1868,
47 Nummern
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– The Weekly Journal of Philately: ab 3. September
1870, 12 Nummern
– The Stamp Journal: ab 1. August 1867, 3 Nummern
bei nur einer Ausgabe überhaupt. Das heißt: ein Viertel
aller neu erscheinender Zeitschriften waren im wahrsten
Sinne des Wortes „Eintagsfliegen“ und rund dreiviertel aller Newcomer kaum mehr.
Natürlich sind hier nicht alle Blätter der damaligen Zeit
berücksichtigt. So fehlen z.B. solche Organe, in denen
nicht Briefmarken allein, sondern auch Münzen etc. abgehandelt wurden, also allgemeine Sammlerzeitschriften.
Bei Einbezug wäre das Ergebnis aber auch nicht wesentlich anders ausgefallen.
Nun mögen solche „Eintagsfliegen“ oder Journale, die
in nur wenigen Ausgaben für sehr kurze Zeit erschienen,
zwar literarisch keine bedeutende Stellung in der Philatelie einnehmen, – das hätten sie auch wohl kaum verdient
–, aber sie zählen zur Geschichte der Philatelie, die stets
auch als ein Bemühen Einzelner zu interpretieren ist, mit
Publikationen auf dem „Markt“ in Erscheinung zu treten
und diesen mitzugestalten. Dass dies nicht immer gelang,
war zu beweisen und selbst bis heute erreicht nur eine
recht geringe Zahl von Zeitschriften eine Lebensdauer
von fünf oder gar zehn und mehr Jahren.
Dennoch – oder gerade deshalb – sind solche Blätter
selten und haben durchaus die Beachtung von Literatursammlern und Bibliophilen verdient.
– The Stamp Buyer: ab 1. Januar 1868, 2 Nummern
Spezifika und Wert von Inseratenblättern
– The American Stamp Collector‘s Guide: ab 15. April
1870
Es klang bereits an, dass reine Anzeigen-Zeitschriften bei
Literatursammlern keine hohe Wertschätzung genießen.
Dies ist verständlich, da solche Literaturprodukte – wenn
man sie als solche ansieht – auch keinen großen genuinen Informationsgehalt für die Forschung in der Philatelie
einbringen. Dies ist aber nur auf den ersten Blick richtig,
auch nur bei Anwendung eines verengten Forschungsbegriffes. Denn Forschung in der Philatelie bezieht sich ja
nicht nur auf die Erforschung der Briefmarke selbst, sondern – philateliegeschichtlich gesehen – auch auf die Erforschung der innerhalb der Philatelie tätigen Personen
und Persönlichkeiten, letztlich auch auf die Entwicklung
von Angeboten und Marktpreisen.
Nur sehr wenige Zeitschriften innerhalb der weltweiten
Philatelie konnten überhaupt auf Anzeigen von Berufsphilatelisten verzichten, waren also – dank z.B. ausreichend
eigener Mittel und/oder hoher Abonnentenzahlen – in
der Lage, sich unabhängig von Inserenten zu finanzieren.
Selbst die heute führenden Forschungsblätter in der Philatelie – als Beispiele seien gerne die Zeitschriften des
Collectors Club in New York und der Royal Philatelic Society London genannt – können und konnten dies nie, wenngleich vor Jahrzehnten der Anteil der Inserate weit weniger
umfangreich war als dies heute der Fall ist.
– The Stamp Collector‘s Record: ab 15. Dezember
1864, 39 Nummern
– The Stamp Collector‘s Review: 1. Oktober 1866,
1 Nummer
– The Postage Stamp Collector‘s Monitor: 1. Juni 1867,
1 Nummer
– The American Stamp Mercury: ab 25. Oktober 1867,
39 Nummern
– The New England Journal of Philately: an 1. Januar
1869, 3 Nummern
– The Timbrologist: ab 1. September 1869, 3 Nummern
– The Stamp Collector‘s Magazine: 1. Januar 1871,
1 Nummer
– The Stamp Collector‘s Gazette: 1. Juni 1865,
24 Nummern
– The Stamp Argus: ab 15. Juli 1865, 5 Nummern
– The Postman’s Knock: ab 1. Mai 1866, 21 Nummern
– The Stamp Journal: ab 1. August 1867, 3 Nummern
– The Stamp Buyer: ab 1. Januar 1868, 2 Nummern
– The American Stamp Collector‘s Guide: ab 15. April
1870, 5 Nummern
– The Stamp Collector‘s Guide: ab Dezember 1870,
9 Nummern
– The American Philatelist: ab 1. Juli 1871 (1 Nummer)*
– The Stamp Circular: ab 25. November 1865,
2 Nummern
– The Postage Stamp Reporter: August 1867,
1 Nummer
– The Stamp Collector‘s Record: ab 15. Februar 1864,
2 Nummern
Auch hier zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Nur 20 Prozent damals neu erscheinender Zeitschriften erreichten
mehr als 12 Ausgaben, etwas über 60 Prozent immerhin
bis fünf Nummern und bei immerhin 25 Prozent blieb es
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Auch die ersten philatelistischen Fachzeitschriften, sei es
in Belgien, England, Deutschland, Frankreich, USA oder
anderswo, enthielten stets mehr oder weniger viele Anzeigen. Sei es in Form kleiner Textanzeigen oder – schon
recht bald – auch umfangreicherer Formatanzeigen, die
nicht selten eine halbe oder gar ganze Seite ausfüllten.
Die Mitfinanzierung eines Blattes durch Anzeigen war also erhofft und erwünscht, einen Konflikt zwischen einer
unabhängigen Redaktion und den Inserenten sah man –
damals wie heute – nicht als grundsätzlich gegeben an.
Solche Blätter waren und wurden deshalb auch nie zu
Inseratenblättern, denn die Inserate machten nur einen
kleineren Teil der Zeitschriften aus. Nicht wenige Herausgeber, dies ist gerade bei von Vereinen oder Verbänden
herausgegebenen früheren Zeitschriften gut zu beobachten, ordneten die Anzeigen auch nicht in den Redaktionsteil ein (dies ist eine Unsitte der heutigen merkantilen
Zeit!), sondern platzierten diese vor oder – meist – nach
dem eigentlich die Zeitschrift bestimmenden redaktionellen Fachgehalt an. Das ermöglichte es den Lesern, später – wenn sie vorhatten, die Zeitschrift jahrgangsweise
binden zu lassen – diese Inseratenteile zu separieren,
entweder komplett (dann aber am Schluss des Jahrganges) mitbinden zu lassen oder zu entsorgen und erst gar
nicht mit zu berücksichtigen. Man findet Zeitschriften, in
denen die Inseratenteile nicht durchnummeriert oder mit
anderslautender Nummerierung (z.B. mit römischen Ziffern) gezählt wurden. So oder so: Inseraten-, also Anzeigenteile waren nie des Sammlers liebstes Kind, was dazu
führte, dass man die große Mehrzahl aller gebundenen
Zeitschriften aus den letzten 150 Jahren heute nur noch
ohne diese findet.
Dies ist grundsätzlich ein nicht mehr wieder gut zu machendes Dilemma, dem man nicht mehr entkommen
kann. Damit fehlen auch wertvolle Informationen über
den Handel, dessen Preise und deren Entwicklung. So
manche Namen der frühen Philatelie sind uns heute nur
noch aus solchen Inseraten her bekannt – wenn diese
denn erhalten geblieben sind. Da die Abneigung, gerade
der fortgeschrittenen Philatelisten, sich gegenüber Handel und dessen Inseraten wenige Jahrzehnte nach Entstehung der Philatelie zunehmend mehr – beinah schon
neurotisch – entwickelte, gleichzeitig aber auch die Zeitschriften, die länger durchhielten, mehr und mehr Platz in
Buchregalen und stetig kleiner werdenden Wohnräumen
beanspruchte, entstand das so zuvor beschriebene Defizit.
Clevere Zeitschriftenverleger spürten dies recht früh. So
kam man auf den Gedanken der reinen Inseratenblätter.
Ungestört von jeder Redaktion, rein kommerzielle Blätter,
110 |
die nicht in Vereinen oder Verbänden erschienen, sondern bei freien Verlegern. Welches die erste InseratenZeitschrift dieser hier gemeinten Art ist, ist heute nur noch
schwer zu belegen, zumal auch von diesen nicht wenige
„Eintagsfliegen“ blieben. Dem Autor fehlt angesichts der
vielfach kaum bekannten und bei zahlreichen Bibliotheken auch nicht bewahrten Blätter der nötige Überblick,
um hierzu verbindliche Aussagen machen zu können.
Möglicherweise ist „Once a month; or, The Stamp
Collector’s Advertiser“ das erste Blatt dieser Art gewesen,
denn auf den vier Seiten, die mit der Nummer 1 am 1.
September 1863 erschienen (und gratis abgegeben wurden), finden sich nur kleine Textanzeigen. Immerhin kamen 14 Nummern heraus, bevor das Blatt einschlief.
In Triest plante wohl 1866 der Jüngling Carl von Cardona
mit seinem „Briefmarken-Anzeiger“ ein ähnliches Unternehmen, denn in der ersten (und gleichzeitig letzten) Ausgabe dieses „Organs zur Belebung und Erleichterung des
Verkehrs zwischen Timbrophilen“ schrieb er in seinem
Vorwort, dass sich „unser Blatt ausschliesslich dem Annoncen-Wesen widmen“ werde, wozu es aber bekanntlich
nicht mehr kam. Dass Cardona ein besonderes „Früchtchen“ war, zeigte bereits der Bezugs-Hinweis auf der damaligen Titelseite, auf der man lesen durfte: „Wer diese
Nummer nicht zurücksendet, wird als Abonnent betrachtet“ und in Englisch: „He that will not send back this No.
shall be considered as an subscriber“. Wahrlich eine Art
der Abonnentenwerbung, die auch heute noch für Verärgerung sorgen würde, an die man sich aber im Zeitalter
der Spam-Mails zu gewöhnen hatte.
Die zuvor erschienenen Ausgaben des „Börsenblatts für
den Briefmarkenhandel“ (hrsg. von Wilhelm Reichel 1864
bzw. dessen Nachfolger), die „Allgemeine deutsche Briefmarken-Zeitung“, mögen zwar im Titel den Gedanken an
ein Inseratenblatt nahelegen, waren dies aber ebenso
wenig wie der 1871 langjährig erscheinende „Allgemeine
Briefmarken-Anzeiger“ in Hamburg, denn all diese hatten
auch einen eigenständigen redaktionellen Gehalt, z.B.
zu „Postalischem, Neuigkeiten und Vermischtem“. Gleiches galt auch für die „Philateliestischen <sic!> Monatsberichte“, einem „Fachblatt für die Interessen deutscher
Briefmarkenhändler“, hrsg. von H. A. Thiele in Hannover,
von denen allerdings nur eine Ausgabe im April 1876 erschien. Anders verhielt es sich mit dem „Philatelistischen
Verkehr“, einem reinen Inseratenblatt, dessen insgesamt
elf Nummer von November 1879 bis Anfang 1880 herauskamen. Es nannte sich bereits im Untertitel „Ein Verzeichnis verkäuflicher und zum Ankauf gesuchter Briefmarken,
Postkarten etc.“, war aber neben einer umfangreichen
eigenen Preisliste durchaus ein Blatt, das auch (wenige)
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Fremdanzeigen aufnahm. Eine reine Inseraten-Beilage
war der „Allgemeine Anzeiger“ von C. G. Thieme in Leipzig,
bestehend nur aus einem Folio-Blatt, das auch Journalen
wie den „Blättern für Münzfreunde“ und dem „Numismatischen Verkehr“ 1875 beigelegt wurde. Ebenfalls eine reines Anzeigenblatt, wobei man letzteres wörtlich nehmen
konnte. 1877 folgte der „Mercur. Internationaler Briefmarken-Anzeiger“, hrsg. von A. Moersig als reines Inseratenblatt in Kreuz a. d. Ostbahn, dessen erste Nummer am 15.
Mai 1877 erschien und der es auf vier Jahrgänge brachte, dann einschlief, bevor es dann unter gleichem Namen
und gleicher Ausrichtung als „Internationales InsertionsOrgan für Briefmarken-Händler“ 1896 noch einmal für
ein Jahr und insgesamt vier Nummern auflebte. Übrigens
dann herausgegeben von Christian Sauerland aus Hemer,
der zu dieser Zeit schon weit über die Grenzen mit einem
eigenen Blatt bekannt geworden war. Dies war der „Generalanzeiger für Philatelie“, der mit seiner ersten Nummer am 10. April 1883 – also doch eine Reihe von Jahren
nach den bereits bisher genannten Inseratenblättern – erschien. Dafür war er umso langlebiger, denn – abgesehen
von der kriegsbedingten Unterbrechung ab März 1943
– gab es auch nach dem Zweiten Weltkrieg noch Versuche, dieses international verbreitete und bekannte Blatt
erneut zum Leben zu erwecken. Das gelang unter den
neuen Machthabern im Osten Deutschlands nur noch für
wenige Jahre, 1951 erschien die letzte, nunmehr endgültig letzte Ausgabe der Zeitschrift, die einmal mit Abstand
die weltgrößte Anzeigen-Zeitschrift gewesen war.
Der „General-Anzeiger für Philatelie“ war beileibe nicht,
das wurde bereits aufgewiesen, das erste Inseratenblatt
der Welt oder auch in Deutschland. An dieser Geschichtsverfälschung ändert auch die Tatsache nichts, dass der
Briefmarkensammler-Verein in Hemer anlässlich einer
Briefmarkenausstellung vom 17. bis 19. September 2010
Sauerland und sein Blatt als „erstes Inseratenblatt der
Welt“ oder gar – wie bei Wikipedia nachzulesen2– gar als
erste „Briefmarken-Zeitung“ der Welt abfeierte. All dies ist
falsch, ebenso wie die Aussage, Sauerland sei von Beginn
an der Herausgeber des Blattes gewesen (das wurde er
erst Jahre nach dessen Erscheinen).
Die Fakten lauten anders: Das Insertionsorgan wurde ab
April 1883 von der Druckerei G. Kirchhoff & Co. in Iserlohn auf den Markt gebracht. Erst ab der dritten Nummer (Juni 1883) war Christian Sauerland als Redakteur
dabei (auch wenn die Zeitung nur Anzeigen beinhaltete).
Erst mit dem fünften Jahrgang, 1887, wechselte Sitz und
2Siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitungen_und_Zeitschriften_
in_Hemer (Stand: 10.1.2013)
Verlag an Christian Sauerland in Hemer, wobei auch dort
die Firma G. Kirchhoff, nunmehr ebenfalls in Hemer, den
Druck besorgte. 1908 wechselte der Sitz der Zeitschrift,
bei der später auch Sauerlands Sohn mitarbeitete, nach
Ludwigslust, wo sie fortan zu Hause war. Die Auflagen sollten sich auf angeblich bis zu 30 000 Exemplaren einpendeln, das Blatt statt monatlich dann 14täglich erscheinen
und zu Lebzeiten kannte Christan Sauerland nur einen
großen Konkurrenten. Dies war Carl Gustav Vogel aus
Pössneck, der ihm seit 1892 mit der ab Januar in Pössneck erscheinenden Inseraten-Zeitschrift „Internationales Briefmarken-Offertenblatt“ arge Konkurrenz machte.
Vogel war kein „Leichtgewicht“, sondern ein cleverer Verleger. Er erfand das Prinzip des sog. „Wechselversandes“,
d.h. den kostenlosen Vertrieb einer Zeitschrift an wechselnde Bezieher. Die Adressen kaufte er im großen Stil,
beschickte dann abwechselnd jeweils bestimmte Gruppen und erreichte so eine enorm hohe Streubreite, die bei
einer Abonnenten-Zeitschrift nie nur im Geringsten zu erzielen war. Bereits 1897 übertrug C. G. Vogel dieses Prinzip auf andere von ihm herausgegebene Fachblätter, zuerst auf den „Maschinenmarkt“, der noch heute existiert,
den „Agrar-Markt“ (1919), den „Export-Markt“ (1921),
das „Lastauto“ (1924), „Motor und Sport“ (1924, später:
Auto, Motor und Sport) und andere mehr. Der Philatelie
und seinem ersten Blatt blieb er aber lebenslang besonders verbunden. Als Vogel (geb. am 26. September 1860)
am 8. März 1945 starb, hatte er ein Zeitungs-Imperium
geschaffen, wie es kaum ein zweites in Deutschland gab.
Christian Sauerland starb ein Jahr zuvor, 1944, nahezu
gleich alt wie Vogel, denn er soll erst 24 Jahre alt gewesen
sein, als er 1883 mit dem „Generalanzeiger“ durchstartete.
Die hier genannten wenigen Beispiele sind dem Bereich
der deutschen Philatelie entnommen. Inseratenblätter
gab es auch in anderen Ländern der Welt. Die sei nur an
einem Beispiel belegt. J.-B. Moens gab neben seinem „Le
Timbre Poste“ auch ein Inseratenblatt heraus, „Le Courrier du Timbrophile“, das später an einen seiner Söhne,
Louis Moens, und danach an dessen Schwester Jeanne Moens ging. Das Blatt erschien erstmals im Februar
1887, wobei die ersten beiden Ausgaben unter verschiedenem Titel herauskamen. Drei Viertel der Anzeigen waren allerdings Eigenanzeigen des Hauses Moens. Das Organ „Gazette-Annonce“ von Louis Moens beinhaltete nur
Anzeigen und in dessen dritter Nummer erklärte er, dass
es als eine Art Verbindung zwischen Händlern und Sammlern gedacht sei. Das machte die Absicht klar, aber dennoch bestand das Blatt nur fünf Jahre.
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Die künftige Forschung mag noch zu weiteren Erkenntnissen führen, wird aber letztlich stets zu dem Ergebnis kommen, dass die Trends vergleichbar sind, dass – vielleicht
ähnlich den deutschen Blättern, bei denen Anzeigen aus
dem Ausland bis zu 40 Prozent Anteil am Inhalt hatten, –
Philatelie weltweit vernetzt war. Auch das ist zweifelsohne
nicht nur literarisch, sondern auch philateliegeschichtlich
heute von großem Interesse.
Heute sind solche Inseratenblätter innerhalb der Philatelie kaum noch bekannt. Dies dürfte primär – und histo-
112 |
risch gesehen – finanzielle Gründe haben, denn ständig
steigende Porto für Periodika erschwerten einen kostenlosen Zeitungsbezug. Umgekehrt waren Philatelisten
zunehmend weniger daran interessiert, für InseratenZeitschriften auch noch Geld auszugeben. Andere Marketingformen, zumal Auktionen, lösten vielfach singuläre
Angebote einzelner Händler ab, das Internet mit seinem
Weltportal an zahllosen Offerten und Angeboten läutete
Inseratenblättern die letzte Stunde ein.
____________________________________________________________________________________
4.5
Ausstellungs- und Auktionskataloge
als neue Formen philatelistischer
Literatur
____________________________________________________________________________________
Eigentlich hätte jede dieser beiden hier nur kurz zu betrachtenden neuen Literaturgattungen in der Philatelie
ein eigenes Kapitel verdient, zu solch einer unüberschaubaren Vielfalt sind diese nach 120 und mehr Jahren herangewachsen. Aber dies muss – gerade mit Blick auf die
weltweite Entwicklung – noch künftigen Ausarbeitungen
und Studien vorbehalten bleiben. Wenden wir uns deshalb erst einmal den sog. Ausstellungs-Katalogen zu.
Der Begriff sagt viel über das Produkt als solches aus, legt
aber auch die Annahme nahe, dass es sich jeweils nur
um ein einzelnes Buchprodukt gehandelt hätte. Dies mag
für die ersten frühen Ausstellungen des 19. Jahrhunderts
gelten, änderte sich aber rapide im 20. Jahrhundert, zumal zu einer Zeit, als sich die Internationalen Ausstellungen, die Weltausstellungen der Philatelie unter Patronat
der FIP, ab den 1920/30er-Jahren zunehmend mehr als
die Welt der Philatelie dominierend zu entfalten begannen. Man mag solche Kataloge (und später die dazugehörenden „Bulletins“) als sog. Organisationsmittel bezeichnen, hat dann meist den für die jeweilige Veranstaltung
notwendigen Ablaufplan, Reglemente und Ausstellerverzeichnisse im Blick. Aber bereits frühe Ausstellungskataloge beinhalteten nicht selten mehr, z.B. nähere Beschreibungen der Exponate, später auch umfangreiche Studien
zu besonderen Pretiosen, zu Sammelgebieten und zum
jeweiligen Anlass der Ausstellung, die nicht selten in Verbindung zu einem bestimmten Markenjubiläum standen,
das im jeweiligen Land feierlich gewürdigt wurde. Damit
wurde aus reinen „Organisationsmitteln“ häufig Fach-
Handbücher von besonderem literarischem Wert, deren
Inhalte bis heute häufig viel zu wenig erschlossen sind.
Philateliegeschichtlich sind solche Ausstellungs-Kataloge
überaus wertvoll, beinhalten sie jedoch nicht nur die Namen und Exponat-Titel legendärer Philatelisten und ihrer
Sammlungen. Sie zeigen vielmehr häufig auch Fotos der
Juroren und der Organisationsteams, denen meist die
namhaftesten Philatelisten eines Landes angehörten. Ohne diese Literatur und deren Gehalte wäre Philateliegeschichte heute nur noch sehr unvollkommen zu beschreiben.
Von den ersten Ausstellungen der Vereine, beginnend
1881 mit dem Wiener Philatelisten-Club, sind kleinformatige Übersichten der Exponate mit kurzer Beschreibung überliefert. Von den ersten Präsentationen einzelner Sammler in den zehn Jahren zuvor, gibt es bestenfalls
Beschreibungen in der damaligen Fachpresse, aber keine
Produkte, die man als Ausstellungskatalog bezeichnen
könnte. Ausstellungen mussten erst ein richtiges „Format“ gewinnen, d.h. auch die Teilnahme von Sammlern
außerhalb eines eigenen Vereins ermöglichen, so dass
dann ein Katalog Nutzen für diese, aber auch für die Besucher solcher Veranstaltungen stiften konnte.
Ein frühes Beispiel dieser Art – dabei handelte es sich
allerdings nicht um eine Wettbewerbs-Austellung – war
der kleinformatige Katalog zur seit dem 19. August 1883
eröffneten Dauer-Ausstellung Sigmund Friedls in WienUnter Döbling. Diese fand in einem Raum der Villa Friedl
dort statt und präsentierte dort für mehr als zehn Jahre
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Pretiosen von Briefmarken, Essays, Druckproben, aber
auch ganze Bögen und andere Seltenheiten, die neben
Friedl weitere Leihgeber, darunter auch Philipp von Ferrari, zur Verfügung gestellt hatten. Der kleine „Katalog“ war
eigentlich nur ein 12-Seiten-Verzeichnis, in dem die Exponate einzeln gelistet waren. Er kostete 10 Kreuzer, deren
Erlös den Armen in Wien zugutekommen sollten.
Der erste dem Verfasser für eine Briefmarken-Ausstellung
in Deutschland bekannte Katalog wurde von Theodor
Haas 1884 in München „zu der vom Bayerischen Philatelisten-Verein München in der ersten October-Hälfte 1884
veranstalteten Postwerthzeichen-Ausstellung“ (so der Titel)
zusammengestellt und von Carl Gerber in München mit elf
Seiten gedruckt. Es war ein reines Ausstellerverzeichnis, in
dem deren Exponate kurz beschrieben wurden.
Kaum nennenswert umfangreicher war der Katalog der
„Internationalen Tentoonausstelling van Postzegels, Briefkaarten, Couverten, Kruisbanden“ 1889 in Amsterdam,
wo diese Internationale Ausstellung vom 21. bis 23. April stattfand. Hier zählte der Katalog 29 Seiten und war
auch nur eine Exponatliste. Gleiches galt für die vom 29.
September bis 8. Oktober 1889 in München ausgerichtete Internationale Postwertzeichen-Ausstellung, zu der
es einen 23-Seiten-Katalog, aber auch ein gesondertes
Palmarès mit einem Blatt in gedruckter Form gab. Da hatte John Walter Scott bei der ersten Ausstellung, die für die
USA bekannt ist, – dies war allerdings nur eine eintägige
Veranstaltung! – am 11. März 1889 doch bereits mehr
vorgelegt. Sein „Catalogue of the complete collection of
the postage stamp of all nations, exhibited at the Eden
Musée“ zählte 44 Seiten und wurde von den Vereinen in
Brooklyn, New York und Staten Island herausgegeben.
Noch gewichtiger war der „official catalogue“, der im Mai
1890 zur „London Philatelic Exhibition“ erschien, denn er
umfasste erstmals 79 Seiten. Während der „Führer durch
die Internationale Ausstellung officieller Postwertzeichen, veranstaltet zur 50-jähr. Jubelfeier der Briefmarke
am 4. bis 11. Mai 1890“ nahezu gleichzeitig in Magdeburg angeboten wurde, aber nur 12 bzw. 18 Seiten hatte,
bot der Londoner Katalog erst einmal deutlich Mehr an
Information zu Exponaten, aber auch zu den Örtlichkeiten der Veranstaltung. Zeitnah zum Jubiläum „50 Jahre
Briefmarken“ (die erste waren ja am 6. Mai 1840 in England erschienen), organisierte auch der Österreichische
Philatelisten-Club in Wien seine „1. Internationale Postwerthzeichen-Ausstellung“ vom 20. April bis 4. Mai 1890,
zu der ebenfalls ein Katalog, hier mit 36 Seiten, vorgelegt wurde. Diese erste Internationale Ausstellung in Wien
hatte – literarisch gesehen – allerdings eine weitere Besonderheit zu melden: Es war die erste dem Verfasser be-
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kannte Ausstellung, zu der ein Sammler eine Schrift über
sein eigenes Exponat vorlegte, das in diesem Fall unter
dem Titel „Verzeichnis der von Gustav Koch in Kairo (Ägypten) ausgestellten Objecte: Internationale Postwerthzeichen-Ausstellung Wien 1890“ vom Österreichischen
Philatelisten-Club (der späteren Vindobona Wien) mit 22
Seiten verlegt wurde.
Dass zu solchen Internationalen Philatelie-Ausstellungen,
die viele Besucher anzuziehen wussten, natürlich mehr
als ein Katalog erschien, mag am Beispiel einer solchen
Ausstellung von 1892 in Paris verdeutlicht werden. Neben
einem offiziellen Katalog gab es dort einen „Appendice“,
also einen kleinen Nachtrag, in dem weitere Aussteller
und ihre Exponate aufgeführt wurden, natürlich eine „Liste des Récompenses“ (bestehend aus einem Folioblatt),
also ein Palmarès der zuerkannten Auszeichnungen und
gesondert auch ein Programm sowie das Reglement. Dies
war ja im Vorfeld für die beteiligten Aussteller sehr wichtig gewesen. Es mag es ja bereits vorher gegeben haben,
aber bei dieser Ausstellung entdeckte der Verfasser den
Hinweis auf eine (erstmalige?) Verleihung einer „Grande
Medaille d’Honneur de l’Exposition“, die übrigens an M.
de Docteur Legrand ging, außerdem gab es einen ersten
und zweiten Grand Prix, verbunden jeweils mit einer Goldmedaille. Man ist kaum überrascht, zu lesen, wem diese
beiden außerordentlichen Ehrungen zuerkannt wurden:
Jean-Baptiste Moens aus Brüssel und Stanley Gibbons
aus London!
Die mit solchen frühen Ausstellungen gewonnenen literarischen Erfahrungen änderten sich erst einmal nur wenig,
wie auch die kleine nachfolgende Übersicht zeigt. Die Ausstellungskataloge blieben überschaubar. Sie enthielten in
aller Regel Angaben zur Jury, zu Ausstellern und Exponaten (mit unterschiedlich langer Beschreibung der gezeigten Objekte) und zuweilen etwas zum Veranstaltungsort
und/oder der Ausstellungshalle. Wirkliche Fachartikel gab
es kaum, der Umfang der Kataloge, nun immer häufiger
auch broschiert statt geheftet, war begrenzt.
1893, 1.5.–30.10.: Catalogue of the American Philatelic
Association‘s Loan Exhibit of Postage Stamps to the United States Post Office Department at the World‘s Columbian Exhibition: Chicago, 1893, 68 Seiten – diese Dauerausstellung fand zur „World’s Columbian Exhibition“ in
Chicago statt. Der Katalog wurde von der American Philatelic Society und dem Post Office Department der United
States herausgegeben.
1894: Exposition Internationale Postale Philatélique: Expositions Réunies, Milan 1894. Dieser Katalog zur Ausstellung in Mailand mit nur geringem Umfang von 15 Seiten war nicht in italienischer, sondern in französischer
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Sprache abgefasst! Es gab gesondert noch ein Formular,
ein „Bulletin pour demande d’admission“, ebenfalls in
Französisch.
1894: Die Philatelie nutzte bereits damals Möglichkeiten, Briefmarken nicht nur mit eigenen Ausstellungen
der Öffentlichkeit nahezubringen, sondern auch bei Gewerbe- und anderen Ausstellungen (siehe 1893 Chicago) zu präsentieren. Ein weiteres frühes Beispiel war die
„Internationale Ausstellung für Volksernährung, Armeeverpflegung, Rettungswesen und Verkehrsmittel in Verbindung mit einer speziellen Sport-Ausstellung“ 1894 in
Wien, in deren Sport-Teil sich auch die Philatelie zeigen
durfte. Ein Katalog mit 22 Seiten erinnert heute noch daran. Ähnliches wiederholte sich dann 1897 in Leipzig mit
einer Briefmarken-Ausstellung vom 20. September bis 1.
Oktober 1897 in der großen Gartenbauhalle der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung
zu Leipzig, die von der Section Leipzig des Internationalen Philatelisten-Vereins Dresden ausgerichtet wurde und
sehr große Beachtung fand. Auch in der damaligen (Fach-)
Presse.
1896: Weit philatelistischer waren da die „Internationale
Postzegeltentoonstelling“ im Juli 1896 in Den Haag, zu der
dem Verfasser ein 8-Seiten-Programm bekannt ist. Vom 4.
bis 13. Juli des gleichen Jahres fand in Genf die zweite
Internationale Briefmarken-Ausstellung der Schweiz statt,
zu der es neben einem Katalog auch eine Werbeschrift
(vier Seiten) und natürlich auch Anmeldebögen (1 Seite)
gab. Herausgeber und Träger waren die „Union Timbrophile Suisse“ und der „Deutsche Philatelisten-Verband“ mit
seiner Sektion Genf.
1897 war wenig zu melden, wohl aber 1899, denn da
fanden gleich mehrere bedeutende Ausstellungen statt.
Vom 18. bis 31. März 1899 wurde in den Kunstgalerien
in Brooklyn, New York die „First Exhibition of Postage and
Revenue Stamps under the direction of the Section on
Philately“ ausgerichtet und mit einem 40 Seiten-Katalog
nebst zwei Beilagen dokumentiert, im gleichen Jahr in
Manchester eine „International Philatelic Exhibition“ der
„Manchester Philatelic Society“, für die bereits seit November 1898 mit einem 11-Seiten-Prospekt geworben
wurde. Der offizielle Katalog dieser vom 29. Juni bis 5. Juli 1899 durchgeführten Ausstellung in der City Art Gallery
hatte immerhin einen deutlich größeren Umfang, bereits
fast 100 Seiten. Da konnte die „1. Internationale Postwertzeichen-Ausstellung“ in Regensburg vom 6. bis 11.
Mai 1899 im Reichssaal bzw. blauen Saal des Rathauses der Stadt vom Briefmarkensammler-Verein Ratisbona
durchgeführt, kaum mithalten, denn deren Katalog hatte
nur 36 Seiten. Dafür zeigte die Ausstellung aber auch ei-
ne Sonderschau der „Postwerzeichen des früheren fürstl.
Thurn u. Taxisschen Postgebietes“. Der Gedanke einer
Sonderschau bei internationalen Ausstellungen war spätestens hier geboren!
1900: Beschließen wir diese kleine Betrachtung mit einigen Beispielen aus dem letzten Jahr des 19. Jahrhunderts. Die Société Française de Timbrologie in Paris gab
zu der von ihr veranstalteten „L’exposition philatelique internationale“ vom 28. August bis 9. September einen „Catalogue officiell“ heraus, der nun völlig neue Maßstäbe,
auch an Gehalt und Umfang, setzte, denn die 142 Seiten
waren weit mehr als ein Exponat-Verzeichnis. Zusätzlich
gab es ein gesondert gedrucktes Reglement, aber auch
einen „congrès philatelique“, auf den einzelne Werbeblätter aufmerksam machten. Der noble Verein knüpfte damit
wieder an seine frühen Wurzeln unter Dr. Amable Legrand
an.
Man könnte diese Übersicht nahezu endlos fortführen,
würde dabei aber auch nur entdecken, dass spätestens
seit 1900 alle Veranstalter großer internationaler Ausstellungen dem Vorbild des Pariser und anderer Vereine
folgen, nämlich aus Ausstellungskatalogen weit mehr
als reine Exponat-Listen zu machen. Mit Fachbeiträgen,
teils gar mit Forschungsstudien, mit nicht selten erstmals
veröffentlichten Detailergebnissen oder nie bis dahin gezeigten Besonderheiten und Raritäten. Aus den vom Umfang her bescheidenen kleinen Bändchen früher Ausstellungskataloge erwuchsen zuweilen sogar mehrbändige
Hardcover-Werke in nobelster Ausführung, die gerade aus
den letzten Jahrzehnten weltweit bekannt sind. Statt nun
einzelne hier exemplarisch aus diesen Jahren hervorzuheben, seien nur zwei genannt, weil diese – auch dafür gab
es Vorgänger seit 1935 und der 1. Internationalen Philatelistischen Literatur-Ausstellung in Brüssel mit FIP- und
FIPP-Patronat – eben die Entwicklung von der Liste zum
Fachbuch deutlich belegen: Zuerst einmal das „Buch zur
IPHLA“ 2012 in Mainz, mit 320 Seiten (davon 200 Seiten
für Studien und Fachartikel). Der Schriftleiter Wolfgang
Maaßen, der auch an dem nachfolgend vorzustellenden
Mauritius-Ausstellungskatalog mit zwei Fachbeiträgen
mitgewirkt hatte, fand Autoren, die bereit waren, die Geschichte und die Leistungen der deutschen philatelistischen Literatur, der Arbeitsgemeinschaften und Bibliotheken in großer Vielfalt zu beschreiben. Die Mischung von
Information über Wissenszugänge sowie der Überblick
über philateliegeschichtlich relevante Verläufe kam gut
an.
Wenn man es ausschließlich unter Forschungsgesichtspunkten betrachtet, dann dürfte der ein Jahr zuvor von
Andreas Hahn, dem Kurator des Archivs für Philatelie
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der Museumsstiftung Post und Telekommunikation, als
Schriftleiter verantwortete Ausstellungs-Katalog „Die
blaue Mauritius. Das Treffen der Königinnen in Berlin“
(Berlin 2011) das bisherige Maß der Dinge sein. Mit
knapp 250 Seiten und zahlreichen bislang noch nie gezeigten Abbildungen, aber auch noch nie zuvor veröffentlichten Studien präsentierte der Hardcover-Katalog ohne
jeden Zweifel besonders Werthaltiges.1
Last but not least ist dieses Buch selbst, also der Katalog
zur MONACOPHIL 2013, ein Beweis dessen, was die erforschende Philatelie für bedeutende Ausstellungen möglich
macht und dem Besucher an die Hand zu geben weiß.
Auktionskataloge als neue Form philatelistischer Literatur
Was bisher über Ausstellungskataloge unter literarischem
Gesichtspunkt gesagt wurde, lässt sich auch an der Entwicklung von Auktionskatalogen nachvollziehen, wobei
man hier ebenfalls betonen darf, dass solche frühen Kataloge – vergleichbar den zuvor zu Ausstellungen des 19.
Jahrhunderts erwähnten – generell ebenso selten wie
kaum heute noch zu finden sind. Für Auktionskataloge
jener Zeit gilt dies umso mehr, denn sie wurden von den
Philatelisten des 19. Jahrhunderts nicht als werthaltige Literatur eingeschätzt. Es waren Preislisten, Wegwerflisten,
von denen es ja immer wieder neue andere gab. Warum
sollte man sie aufheben?
Erst Auktionsangebote von Sammlungen namhafter Besitzer, deren Exponate vielleicht gar ein- oder mehrfach
mit höchsten Auszeichnungen auf internationalen Ausstellungen geehrt worden waren, erst die Entwicklung von
Bildtafeln (zuerst in Schwarzweiß, später gar in Farbe),
erst die drucktechnische Möglichkeit und Finanzierbarkeit, aus solchen Preislisten gar nahezu Fach-Handbücher
zu schaffen, trugen dazu bei, dass einzelne Auktionskataloge bleibenden Wert für die philatelistische Forschung
erhielten. Nämlich als Materialnachweis existierender
Seltenheiten, als Provenienz-Nachweis der bekannten Ursprünge und deren Besitzer, als Nachweis der ursprünglichen Erhaltung. Einzelne besonders kenntnisreiche Auktionatoren, die selbst nicht nur Verkäufer, sondern auch
Forscher und Studiosi der Postgeschichte waren – Robson Lowe mag hier gerne als ein Beispiel für so manch
andere genannt werden – verstanden es zudem, sei es im
1 Der Katalog der Museumsstiftung war preiswert für 28,90 Euro in
Berlin erhältlich. Es existiert aber eine De-Luxe-Edition des Auktionshauses Schwanke in Hamburg, bei der der Katalog in dunkelblauem
Leder eingebunden ist und der für mehr als 100 Euro angeboten
wurde.
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Auktionskatalog selbst oder in dazu erscheinenden Fachbeiträgen, besondere Objekte ihrer Angebote fachlich in
bis dahin nicht gekannter Weise zu erläutern. All dies gilt
es aber erst noch zu belegen.
Auktionen im 19. Jahrhundert
Bereits an anderer Stelle (vgl. Kapitel 3.3) wurden die ersten frühen Auktionen in der Philatelie angesprochen, dabei auch betont, dass es vom Gesamtangebot her gesehen philatelistische Auktionen erst seit der von W. Leavitt
erstmals am 28. Mai 1870 in New York durchgeführten
Versteigerung gab. Es folgte eine zweite ebendort, dieses
Mal von der Fa. Mason & Co., 1870. 1872 gab es bereits
eine fünfte, dieses Mal aber von Sotheby’s in London, bei
der auch Material aus der ursprünglichen Sammlung von
John Walter Scott versteigert wurde. Zu all diesen Auktionen gab es „Auktionskataloge“, also noch recht einfache
Listen der offerierten Lose, nur mit kurzer Beschreibung
und auch ohne Schätz- oder gar Limitpreise. Angesichts
der frühen Zeit braucht man hier kaum zu betonen, dass
Originale solcher Auktions-Listen heute kaum noch erhalten geblieben, diese also kleine Raritäten sind.
Auf eine dieser frühen Auktionen gilt es hier aber eingehender zurück zu kommen, weil der Katalog dieser Auktion vom 11. August 1873 in London beispielhaft die
Probleme der Mehrzahl der Auktionskataloge jener Zeit
aufzeigt. Versteigert wurde die Sammlung eines der ersten deutschen Sammler, M. Clausius, bestehend aus
1 804 Marken, 540 Ganzsachen-Ausschnitten und 265
komplett erhaltenen Briefen, durch das bereits erwähne
Londoner Auktionshaus der Herren Sotheby, Wilkinson
und Hodge. Bereits der Titel des Auktionskataloges bot
nähere Information: „Catalogue of a valuable collection of
Foreign Postage Stamps and stamped envelopes, formed
by M. Clausius, deceased, up to 1865, mostly unused and
all neatly mounted within red lines, having the arms oft
he Potentates finely enblazoned in gold and colors at the
commencement, which will be sold by auction ...“
Der gesamte Markenbestand wurde in 96 Lots aufgeteilt,
von denen ein unbenannter Autor wenig später meinte2,
dass deren Beschreibung dem Leser des Kataloges absolut keine Vorstellung davon gegeben hätte, worum es
sich eigentlich handele. Keine Daten, keine Angaben zu
den Emissionen, ob gestempelt oder ungestempelt, – all
dies konnte man sich nur vorstellen oder bei einer Besichtigung (die war allerdings erst zwei Tage vor der Versteigerung möglich!) in Augenschein nehmen. Das las sich in
der Realität so:
2 Siehe hierzu: „Another Auction Sales“, in: The American Journal of
Philately, September 15, 1873, S. 154–155
____________________________________________________________________________________
–
Lot 1, Austria: 56
–
Lot 2, Lombardei: 21
–
Lot 18: Russland, Polen ... 20
–
Lot 24, Schweiz, 49
–
Lot 95, Vereinigte Staaten von Amerika, 15 Brief
umschläge und 361 Ganzsachenausschnitte (En
velope stamps) etc. etc.
Der Berichterstatter bedauerte es damals, dass dieser
Katalog nicht mit der gleichen Sorgfalt und dem hohen
Informationsgehalt zusammengestellt worden sei wie der
bei den Scott-Sammlungsversteigerungen in USA und
London und empfahl, künftig mehr Aufmerksamkeit der
Erstellung eines Kataloges zu widmen. Denn gerade beim
Verkauf einer umfangreichen Sammlung sei es erforderlich, die Sammellose detailliert so zu beschreiben, dass
auch ein Leser des Kataloges, der die Auktion nicht besuchen könne, sich eine Vorstellung von dem Angebot machen könne.
Was solchen Kritikern damals fehlte, war neben einer ausführlicheren Beschreibung sicherlich auch die Visualisierung des angebotenen Materials. Bis dahin sollten aber
noch viele Jahre vergehen und Briefmarken auch erst einmal eine derart nennenswerte Preisentwicklung erfahren,
dass deren Versteigerungserlöse überhaupt die damals
teuren Kosten für Bildklischees wieder einspielen konnten. Immerhin hatte bereits John Walter Scott wohl nach
der ersten Auktion angenommen: „An intimate knowledge
of the market confirms us in the belief that our prophecy
made five years ago, (‚that we would live to see stamps
sell at auction for one thousand dollars each‘), will be realized before many years.“3
Er mochte damit Recht behalten, zumal, als sich in der
Folgezeit mehr und mehr Firmen diesem Gewerbe von
Auktionen zuwandten. Aber noch war es erst einmal nicht
so weit, wenngleich eine Auktion vom 11. Dezember 1876
in New York, bei der die Sammlung eines New Yorker Philatelisten durch Geo. A. Leavitt & Co. versteigert wurde,
immerhin bereits einen Gesamtumsatz zwischen sieben
bis achthundert Dollar brachte. Was noch weit mehr an
dieser Auktion interessant ist, ist die bemerkenswerte Tatsache, dass mehr als hundert Sammler aus New York und
angrenzenden Städten an dieser Auktion teilnahmen, der
Saal überfüllt war und viele während der gesamten Auktion sogar stehen mussten, was den damaligen Berichterstatter – vermutlich wieder John Walter Scott – zur Bemerkung hinriss: „We had the pleasure of witnessing one
3 Vgl. „The Auction Sales of Stamps“, in: The American Journal of Philately, November 20, 1876, S. 175
of the largest and most enthusiastic gatherings of stamp
collectors that has ever taken place.“4
Diesen Erstversuchen folgten zahlreiche weitere, zumal
auch in England ab 1888, wo sich die Firmen von Thomas
Bull, die Fa. Buhl und andere einen Namen machten, wenige Jahre bevor dann in Deutschland ebenfalls das Auktionsfieber ab 1900 ausbrach. Aber deren Kataloge waren
allesamt ohne jede Abbildung und nach wie vor nur mit
kurzen Losbeschreibungen. Vielleicht war es die Firma
Scott Stamp Company & Co., die – als sie im Januar 1900
die Kollektion von F. C. Hunter bei ihrer bereits als Nummer 149 zählenden Auktion in New York versteigerte –
den ersten Auktionskatalog mit Abbildungstafeln lieferte.5
Das war neu und revolutionär und fand fortan zahlreiche
Nachahmer. Mittlerweile hatten Auktionslose im Katalog
bereits Startpreise und der Teilnehmer fand im Katalog
sogar Platz zum handschriftlichen Eintrag der erzielten Ergebnisse. Dennoch, auch bei dieser Scott-Auktion wurden
nahezu alle Lose nur mit einer Zeile, meist mit wenigen
Worten oder Zahlen, „beschrieben“, sofern man überhaupt von einer Beschreibung reden konnte.
Solche Beispiele wurden schnell nachgeahmt. So kannten auch die neun 1906/1907 erschienenen Auktionskataloge von H. Gabriel und Jules Bernichon in Paris („Timbres Poste Rares Ancien“) bereits Fototafeln, ebenso die
zwischen 1908 bis 1912 erschienenen Auktionskataloge
von G. Gilbert/Heinrich Köhler, die u.a. die damals legendären Sammlungen von G. Koch (1908) und von Paul Mirabaud (1909) versteigerten. H. Gabriel und M. Lemaire
konnten auf diesem Niveau mit neun Auktionen 1912 bis
1914 mithalten, denn auch diese Kataloge entsprachen
dem mittlerweile üblichen Standard, eben mit Fototafeln
ausgestattet zu sein, von weiteren Versteigerungen dieser
und anderer Anbieter nachfolgend ganz zu schweigen.
Damit ist aber die Schwelle zum 20. Jahrhundert bereits
deutlich überschritten, Anlass genug, die spätere Entwicklung zu schildern.
„Name sales“ im 20. Jahrhundert
Man kann vielleicht den bereits erwähnten ersten Auktionskatalog von Gilbert/Köhler 1908 als ersten „name sales“ zugehörig betrachten, wurde dort doch die bekannte
Altdeutschlandsammlung des deutschen Ausstellers G.
Koch versteigert, die Heinrich Köhler in Jugendjahren die
Ehre hatte, zu sortieren, also auch bestens kannte.
4 Siehe „The Late Sale“, in: The American Journal of Philately, December 20, 1876, S. 187–188
5 Vgl. 338. Schwanke-Literaturauktion vom 22. November 2012,
Hamburg, Los 1929
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Im 20. Jahrhundert entstanden – und vergingen – hunderte, vielleicht gar tausende Auktionsfirmen weltweit. Andere schlossen sich zusammen, gingen ineinander über,
fanden neue Besitzer und Betreiber. Diese Firmen sowie
deren Auktionskataloge hier zu würdigen, ist völlig unmöglich, ist die Zahl der Kataloge doch Legion und bestenfalls noch nach Umfang der Angebote unterscheidbar. In
der großen Mehrzahl waren und blieben sie – literarisch
gesehen – unbedeutende Preislisten. Für forschende
Sammler, die Archive bekannter Stücke seltener Marken
angelegt haben, war diese dennoch von Nachweiswert,
wenngleich überwiegend nur noch große Bibliotheken in
der Lage waren, die meterweise je Firma mit deren Katalogprodukten zu füllenden Regale (insgesamt müsste
man dafür sicherlich bereits viele hundert Regalmeter
einsetzen) vorzuhalten.
Es gibt eigentlich nur wenige Katalogwerke, die aus dieser Masse der „Einfallslosigkeiten“ (man nehme diesen
harten Begriff nicht wörtlich) herausragen. Das sind einerseits einzelne Kataloge mit besonders hohem Fachgehalt
(einige der wenigen bekannten Beispiele werden nachfolgend dazu genannt), Kataloge mit brillanter einzigartiger
Text- und Bildreproduktion (ein zu nennendes Beispiele
mag für viele andere stehen) und – last but not least – die
sog. name sales, also die Auktionskataloge oder Katalogreihen, in denen die Kollektionen zu ihrer Zeit weltbekannter und berühmter Sammler ihre Auflösung fanden.
Auch hierzu mögen einige Beispiele pars pro toto gelten.
Den Beginn machte, aufgrund des angebotenen Materials
in bis heute unübertreffbarer Form, die 14 Kataloge der
von 1921 bis 1929 in Paris / Zürich versteigerten Universalsammlung von Philipp la Renotiere von Ferrary (Ferrari). Dessen legendäre Ansammlungen von Raritäten aller
Länder – solches wurde und ist niemals mehr seitdem
zusammenzutragen gewesen – wurden nach dessen Tod
1917, also nach dem Ersten Weltkrieg, von Frankreich als
sog. Feindvermögen beschlagnahmt und im staatlichen
Auftrag ab 1921 von Gérard Gilbert in Paris versteigert.
Weit unter ihrem tatsächlichen Wert, woran nicht nur die
Zeit der Inflation in Deutschland schuld war (neben Maurice Burrus und Arthur Hind gab es genügend finanzkräftige ausländische Geldpotentaten bei diesen Auktionen),
sondern in erster Linie das lieblose Arrangement der Massen-Lots, in denen eigentlich jedes einzelne Stück eine
Rarität war, die aber in der unüberschaubaren Menge der
Angebote einfach untergingen.
Bereits kurz danach gab es von Sammlerseite Versuche,
diese Inhalte der Lose nach Ländern und Gebieten, nach
Seltenheiten und dergleichen mehr zu ordnen und zu registrieren. Ebenso gab es damals bereits Sammler, die al-
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le Kataloge zu erwerben wussten, was bei den meisten
Katalogen von G. Gilbert in Paris auch nicht so schwierig war. Da aber der Griechenland-Teil der Ferrari-Sammlung zu Kriegszeiten nicht in Frankreich, sondern in der
Schweiz aufbewahrt wurde, wo der plötzliche Tod Ferrari
heimgesucht hatte, konnte dieser erst 1929 bei der 12.
Auktion von Luder/Edelmann vom 15. bis 26. April 1929
zum Ausruf kommen. Mit mehr als 2 500 Losen (!) war
allein dieser Teil der unendlich großen Ferrari-Bestände
sicherlich eine der besten – in dem Katalog reichlich bebilderten – Griechenland-Sammlungen, die jemals zusammengetragen wurden. Der Katalog ist weitaus seltener als die Auktionskataloge von G. Gilbert, was sich bis
heute auch in Auktionspreisen widerspiegelt.6 AuktionsLiteratur muss also nicht immer billig sein, was auch der
„Run“, also die Serie der Ferrari-Kataloge von G. Gilbert
belegt.7
Der bereits zuvor erwähnte Arthur Hind – ein weiterer
Briefmarken-Magnat des frühen 20. Jahrhunderts aus
den Vereinigten Staaten – hatte ebenfalls zu Lebzeiten
(er starb am 1. März 1933 während eines Urlaubs in Miami/USA) – eine der wertvollsten Kollektionen zusammengetragen, in der besonders die Ausgaben des British
Commonwealth, der USA und der Mauritius Post OfficeMarken (zwei ungebrauchte Marken und der legendäre
Bordeaux-Brief) besonders hervorstachen. Mit einem Zehnerblock des Sachsen-Fehldrucks 3F und dem berühmten Kehrdruckpaar der 27 Parale Rumänien und vielen
anderen, meist ungebrauchten Weltraritäten, hatte der
Bestand allerdings noch viel mehr zu bieten. Im November 1933 wurde Hinds USA-Sammlung von Walter S. Scott
im Waldorf Astoria-Hotel in New York versteigert, 1934 bis
1935 folgten elf Auktionen von H. R. Harmer in London.
Bei Sammlern gelten komplette in einem oder zwei Bänden (British Colonials und Europe & Foreign) eingebundene Auktionskataloge als rar und drei- bis vierstellige Preise sind keine Ausnahme.8
6 Der letzte dem Autor bekannte Auktionspreis für einen solchen Griechenland-Katalog betrug inklusive des Aufgeldes rund 750 Euro. H.
Köhler-Auktion, Wiesbaden, 3.11.2012, Los 9653.
7 Letzter Auktionspreis für einen gebundenen Komplett-Band der
14 Auktionen 1921/25: ca. 2 700 Euro bei H. Köhler, Wiesbaden,
3.11.2012, Los 9622. Ein vergleichbares Los (Nr. 1931) bei Schwanke (hier ebenfalls mit 14. Katalogen aber für die Jahre 1921/29 angeboten, erreichte bei 1 000 Euro Ausruf einen Zuschlag von 1 900
Euro, kostete den Käufer also mindestens 2 500 Euro. Einzelne Auktionskataloge der Ferrari-Sessionen erzielen heute häufig zwischen
120 bis 150 Euro, obwohl es seit 1987 einen Reprint der Komplettausgaben gibt, der häufig 80 bis 100 Euro kostet.
8 Bei der in Fußnote 6 erwähnten Köhler-Auktion erzielten vier Einzelkataloge zusammen knapp 300 Euro, ein Gesamtangebot der
Harmers-Kataloge bei Schwanke (Los 1933) wenig später brachte
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Die Nummer 3 in diesem berühmten Trio war Maurice
Burrus, der etwas zeitversetzt bis in die Mitte des 20.
Jahrhunderts eine, wenn nicht die weltgrößte Sammlung
von Briefmarken besaß. Es bedurfte allein 32 Kataloge,
mehrerer Auktionskonsortien (Willy Balasse, Urs Peter
Kaufmann, Hans Grobe, Harmers, Robson Lowe, Robineau) und der Zeit von 1962 bis 1867 all das akkumulierte Raritätenmaterial zu verkaufen, wobei die Versteigerung der Schweiz- und Altdeutschlandsammlung bei Urs
Peter Kaufmann, der Rumäniensammlung bei Balasse
und des Commonwalth-Bestandes, inklusive beider Mauritius-Marken und dem legendären Bombay-Brief bei Robson Lowe sicherlich kaum zu übertreffende Highlights waren. Eine komplette Reihe aller Kataloge ist – wenngleich
einzelne durchaus häufiger zu finden sind – nicht leicht
zusammenzutragen. Entsprechend selten und teuer sind
die Angebote.9
Einige weitere und letzte Beispiele seien noch gestattet.
Dies sind die 16 Auktionen, in denen von 1956 bis 1958
von H. R. Harmer, New York, die der Burrus-Sammlung
durchaus vergleichbare Kollektion des Amerikaners Alfred H. Caspary aufgelöst wurde. Der Verfasser mag vielleicht irren, aber er hat in vielen Jahren den Eindruck
gewonnen, dass gerade diese Kataloge als Komplettangebot weitaus weniger häufig anzutreffen sind als die von
Ferrari oder Hind.10 Gleiches gilt für die elf Kataloge der
weltberühmten Sammlungen von Josiah K. Lilly, die von
Robert A. Siegel 1967–1968 verkauft wurde und in der
gerade die USA oder Japan mit wertvollsten Originalbogen
vertreten waren, Sachsen z. B. mit einem ungebrauchten
Viererblock der Nr. 1 oder Württemberg mit einem Bogen
der 70 Kreuzer. Als vollständige Serie sind diese heute
ebenfalls nur selten zu finden11, ebenso wie die Serie der
zehn Auktionskataloge der Dale-Lichtenstein-Sammlun-
bei einem Ausruf von 800 Euro nur 650 Euro Zuschlag, wobei der
USA-Katalog mit Los Nr. 1932 gesondert für 150 Euro angeboten
und für 120 Euro verkauft wurde, was zusammen auch einem Preis
von 800 Euro netto, ca. 1 000 Euro gesamt entspricht.
9 Bei der erwähnten Schwanke-Auktion wurden alle 32 Kataloge in
drei einheitlichen Bänden zusammengefasst mit Los 1936 für 600
Euro angeboten und für 960 Euro Zuschlag (inkl. Aufgeld also knapp
1 300 Euro) verkauft. Bei Köhler erzielte im November 2012 ein Run
von 27 Katalogen immerhin fast 1 400 Euro inkl. Aufgeld, 15 Kataloge gingen als Lot allerdings auch für „nur“ ca. 400 Euro weg.
10 Bei Schwanke kpl. mit Los Nr. 1937 im November 2012 für 500
Euro angeboten für 870 Euro zugeschlagen, was rund 1 100 Euro
brutto entsprechen dürfte.
11 Bei Schwanke kpl. mit Los-Nr. 1938 im November 2012 für 300 Euro angeboten, allerdings nur für 270 Euro zugeschlagen (Endpreis
mehr als 330 Euro).
gen, die bei H. R. Harmer in New York wenig später, nämlich von 1968–1970, zum Angebot kamen.12
Sind dies Beispiele für die Auktionskataloge mit Kollektionen legendärer Sammler, also die wohl bekanntesten der
beliebten name sales-Kataloge, dann darf an zwei ausgewählten Beispielen der inhaltliche Fortschritt der literarischen Gattung Auktionskataloge belegt werden.
Das erste Beispiel war die Reihe der sog. Boker-Kataloge, in denen das deutsche Auktionshaus Heinrich Köhler,
Wiesbaden, zwischen 1985 bis 2000 mit insgesamt 18
Auktionen und entsprechend dazu erscheinenden Katalogen die einmalige Altdeutschland des deutsch-amerikanischen Industriellen John R. Boker vermarktete. Bokers
Sammlungen gelten bis heute als die weltweit bedeutendste Kollektion der altdeutschen Staaten. Die Kataloge dieser 18 Boker-Auktionen stellen nicht nur wichtige
Referenzkataloge dar, sondern sind zugleich aufgrund der
ausführlichen und gehaltvollen Losbeschreibungen – wofür Volker Parthen 1990 mit dem SIEGER-Preis für philatelistische Literatur ausgezeichnet wurde – ein bedeutendes Nachschlagewerk der Altdeutschland-Philatelie. Denn
Parthen verstand es, diese Einzelkataloge so anzulegen
(und deren Seiten durchzunummerieren), dass daraus
nach Erscheinen aller Kataloge ein komplettes Handbuch
für jedes altdeutsche Gebiet entstand. Da nahezu alle Lose einzeln farbig abgebildet und auf bestem Kunstdruckpapier gedruckt worden waren, jeweils auch umfangreich
beschrieben und mit Provenienzen aufgeführt wurden, ist
dieses „Boker-Handbuch“ in fünf später gebundenen Büchern bis heute – und sicherlich auch in Zukunft – eine
einmalige Informationsquelle für forschende Sammler.
Die Kataloge gab es in großer Auflage kostenlos. Die später gebundenen fünf Sammelbände nicht. Je nach Ausführung (eine Auflage von 450 Exemplaren erschien sogar signiert in Leder-Ausführung) musste dafür schon ein
beträchtlicher Preis gezahlt werden.13
Ein zweites unübertroffenes Beispiel der inhaltlich – und
auch optisch – außerordentlich aufwändigen Gestaltung ist bis heute der 1993 von dem damaligen in der
Schweiz tätigen Auktionator David Feldman zum Verkauf
der Mauritius-Sammlung des Japaners Hirohito Kanai
(1925–2012) herausgegebene Katalog in zwei Bänden.
Während der erste in blauem Samt-Hardcover eingebun12 Bei einem Ausruf von 440 Euro erzielte eine solche Serie bei der
Köhler-Auktion am 3.11.2012 immerhin 660 Euro, war dem Käufer
also inklusive Aufgeld knapp 800 Euro wert.
13 Die Serie aller Kataloge lose wird häufig zu Preisen von 50–80 Euro angeboten, die gebundenen vier Bände je nach Ausführung für
mehrere hundert Euro. Die niedrigen Preise erklären sich nur durch
die Großauflagen dieser Kataloge, die auf Wunsch des Sammlungsbesitzers weltweite Verbreitung finden sollten.
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dene Katalog die Raritäten Kanais in exzellenten Reproduktionen mit ausführlicher Beschreibung zeigte, war der
zweite Band ausschließlich einer Forschungsarbeit der
Plattierung dieser Ausgaben vorbehalten. Ein wahrlich in
dieser Form einmaliges Werk, das im Schuber mit beiden
Bänden ausliefert wurde.14
Natürlich gibt es zahlreiche weitere Kataloge, die ebenfalls Glanzpunkte in der Geschichte der Auktionsphilatelie darstellen. Erwähnt sei gerne der Siegel-Weill-Katalog
„The Honolulu Advertiser Collection“, dessen drei Bände
ein einmaliges Referenzwerk über die frühen Ausgaben
von Hawaii bieten, aber auch die seit Ende der 1990erJahre von AFINSA in Madrid/Spanien produzierten Kataloge zu wertvollen Kollektionen Frankreichs, Spaniens oder
Portugals – um nur einige Beispiele zu nennen – gehören
14 Auktionspreise für dieses Werk liegen nicht selten bei 50 bis 80 Euro.
120 |
nicht nur drucktechnisch zum Besten, was die moderne
Zeit zu bieten hat. Heute offerieren nicht wenige Häuser
weltweit noch mehr Verwertungswert, nämlich fachlich
fundierte Losbeschreibungen von einer Seite und mehr,
jedes Los digitalisiert und abgebildet im Internet, mehr
und mehr gebundene Hardcover-Kataloge in bester Ausgestaltung und dergleichen.
Die Inflation der Kataloge – von dem deutschen Auktionshaus Christoph Gärtner gehen alle paar Monate bis zu
sieben Teilkataloge mit bis zu 24 000 Losen (!) je Gesamt­
auk­tion in alle Welt hinaus – ist kaum noch überschaubar,
noch weniger bewahrbar. Vielleicht ist künftig die InternetCloud die Rettung vor dieser erdrückenden Informationsflut, von der keiner heute beurteilen kann, was einmal selten und gefragt sein wird.
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5
Versuche weltweiter literarischer
Erfassung der Philatelie
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Der Titel legt bereits eine gewisse Zweideutigkeit nahe.
Denn zum einem zielt er – im bibliografischen Sinne –
auf die philatelistische Literatur ab, die entweder enzyklopädisch oder nach Themengebieten Überblicke über
die generell oder zu Einzelthemen erschienene Literatur
gelistet und übersichtlich zusammengestellt hat. Zum anderen meint der Titel aber auch eben diese fachliche Erfassung komplexer Philateliefelder selbst, die heute meist
als Schwerpunkt- oder Sondergebiete den Sammlern geläufig sind.
Werden mit dem ersten Aspekt primär Bibliografien angesprochen (Kapitel 5.1), sind mit dem zweiten weltumfassende Handbücher, aber auch spezielle Kompendien und
Übersichten im Sinne verfasster Monografien gemeint.
Durch die Philatelie zieht sich als durchgängiger Faden
die Frage nach den Fälschungen und Verfälschungen (Kapitel 5.3), und dies eben nicht erst seit 100 Jahren, wie jedem Literatursammler bestens bekannt, denn Schrifttum
zu solchen Aspekten ist nahezu gleich alt wie die ersten
Kataloge und Fachblätter. Eben, wie es der Verfasser ein-
mal beschrieb: Am Anfang war die Briefmarke, dann kam
die Fälschung!1
Ist der sog. Fälschungsliteratur ein gewisser apologetischer Charakter zu eigen und bei bestimmten Autoren der
missionarische Eifer unübersehbar, so glänzen andere
durch die an Spezialisierung der Aspekte und deren systematischer Darstellung kaum zu übertreffende Tiefe der
Bearbeitung, die – methodisch gesehen – fast schon wissenschaftlichen Charakter aufweist. Aus der Masse der
zahllosen Handbücher dieser Art, ragt eines bis heute heraus: Das Kohl-Handbuch (Kapitel 5.2). Nicht nur, weil es
der vorerst letzte Versuch eines weltumfassenden Handbuches für Spezialisten war, sondern auch, weil dessen
Schriftleiter noch zu Zeiten, als weder Fax, E-Mail oder Internet erfunden war, ein international angelegtes Kommunikations-Netzwerk pflegte. Per Brief und per Postkarte.
Dr. Herbert Munk, aber auch dem Berliner PhilatelistenKlub von 1888, dem Collectors Club in New York sowie
der Royal Philatelic Society in London hier ein Denkmal zu
setzen, drängt sich auf.
1 Vgl. Wolfgang Maaßen: Am Anfang war die Marke. Dann die Fälschung ... Bemerkenswerte Phasen des Prüfwesens in der deutschen Philatelie, in: ders., Philatelie. Einblicke – Ausblicke – Durchblicke, Schwalmtal 2012, S. 320–332
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5.1
Bibliografien philatelistischer
Literatur
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Zieht man einen bildlichen Vergleich, so werden Philatelisten zuweilen als die „Spurensicherer der Geschichte“ bezeichnet. Aber schon seit Jahren stellt sich die Frage, wer
dann deren Spuren, also die der Philatelisten, sichert?
Die Antwort liegt auf der Hand: Eben die Philateliehistoriker und die Literatursammler, also die kleine Gruppe der
Philatelisten, die jede Spur, auch jede literarische Spur
wahrnehmen, registrieren und dokumentieren, und so
aus dem Puzzle der zur jeweiligen Zeit sehr komplexen
Philatelie erst ein Gesamtbild komponieren.1
Es ist kein Zufall, dass Literatursammler häufig auch
kenntnisreiche Philateliegeschichtler sind, was natürlich
auch umgekehrt Geltung hat. Innerhalb der Literatursammler nehmen die Bibliografen eine besonders exponierte Stellung ein, denn sie sammeln im wahrsten Sinne
des Wortes die Spuren, die die Literatur in der Philatelie
hinterlassen hat und ordnen diese nach selbstgewählten
Gesichtspunkten. Dies übrigens seit Beginn der Philatelie an. So wundert es nicht, eine erste, natürlich damals
noch kleine und überschaubare Bibliografie in dem im Dezember 1862 erschienenen „Hand Catalogue of postage
stamps for the use of collectors“ aus der Feder von Dr.
Gray zu finden, mit der er den eigenen Kenntnisstand von
20 Katalogen, Alben, Preislisten und Periodika festhielt.
Dies war durchaus der erste bescheidene Versuch einer
für damalige Verhältnisse „weltweiten“ Übersicht. Justin
Lallier machte es ihm kaum zwei Jahre später nach, denn
dessen „Postage Stamp Album“ enthielt in der dritten Auflage (1864 in englischer Sprache erschienen) einen Anhang bibliografischer Art. Ähnlich die dänische Zeitschrift
„Nordisk Frimaerketidende“, die von Oktober 1867 bis
Mai 1868 mehrere Artikel über bereits erschienene philatelistische Publikationen veröffentlichte.
Waren dies bescheidene Erstversuche, denen weitere mit
eher national ausgerichteten Erfassungsversuchen zur
Seite standen2, so konnte man dies wahrlich nicht von
John Kerr Tiffanys Arbeit „The Philatelical Library. A Catalogue of Stamp Publications“ aus dem Jahr 1874 sagen
(das Vorwort schrieb Tiffany am 1. Juli 1874). Auf 110 Seiten listete Tiffany bereits 569 Kataloge, Handbücher und
philatelistische Zeitschriften sowie in einem zweiten Teil
272 Preislisten, Rundschreiben und Werbeblätter.
Tiffany verwies in seinem Vorwort bereits auf Vorläuferversuche, die in „The Stamp Collector‘s Monthly Gazette“, 1867, „The Philatelist“, 1867, 1869 und 1872, „The
American Coin and Stamp Review“, 1871, „The American
Journal of Philately“, 1871, der „Deutschen Briefmarken
Zeitung“, 1871 und in „Moschkau‘s Magazin“ 1872 erschienen waren, allerdings bei weitem keine vollständigen bibliografischen Daten enthielten. Er beklagte auch
ausstehende Antworten auf zahlreiche Briefe, die er an
Autoren und Berufsphilatelisten mit Nachfragen gerich-
1 Eine sehr umfassende Bearbeitung zu dem Thema findet sich bei
Manfred Amrhein, Philatelic Literature, Band I, San José 1992, Kapitel 4, S. 129–179.
2 Die national ausgerichteten Bibliografien werden in diesem Kapitel
nicht erwähnt, primär nur Vorhaben weltweiter Erfassung der philatelistischen Literatur. Zu ersteren vergleiche Amrhein, a.a.O.
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tet habe, auf die er aber nie – zumal nicht aus Deutschland – eine Antwort erhalten habe. Ebenso rügte er das
Defizit zahlreicher selbst größerer Händler, die über das
Erscheinen eigener Preislisten in früheren Jahren keinerlei Aufzeichnungen geführt oder gar Belegexemplare bewahrt hätten. Wenn schon, dies sei angemerkt, heute Bibliografen und Philateliegeschichtlicher solche Umstände
beklagen, dann verwundert umso mehr, dass Tiffany – er
war Rechtsanwalt und stammte aus einer sehr begüterten
Familie – diese bereits 1874 antraf. Zu dieser Zeit war er
nach eigenen Worten schon seit 15 Jahre der Philatelie
„verfallen“.
In seinem Werk berücksichtigte Tiffany die ihm bekannten Publikationen aus Amerika, Dänemark, Niederlande,
England, Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien.
Jeweils mit vollständigen Titeln, Namen des oder der Autoren, des Druckers und Verlegers (sofern bekannt), bei
Zeitschriften mit Monatsangabe und Ausgaben-Nummer,
der Zahl der Seiten und dem jeweiligen Ort und Datum
der Publikation. Nicht selten fügte er persönliche Anmerkungen dazu.
Die Verteilung auf die Ursprungsländer liest sich heute
noch interessant. Schwerpunkt in Teil I (Kataloge, Handbücher und philatelistische Zeitschriften) waren natürlich
Publikationen der USA mit 211 Nennungen, Dänemark
nur mit einer, die Niederlande mit fünf, England aber mit
179, Frankreich mit 63, Deutschland mit 101, Italien mit
vier und Spanien mit zwei Angaben von Publikationen.
Vergleichbar die Schwerpunkte in Teil II (Preislisten, Rundschreiben und Werbeblätter). Auch hier führte die USA mit
327 Titeln, für Dänemark gab es nur drei, für die Niederlande fünf, aber für England 204, für Frankreich demgegenüber nur neun, für Deutschland immerhin 62, während Italien mit fünf, Spanien mit einer und Russland mit
zwei derartiger Titelnennungen eher abgeschlagen platziert war.
Tiffanys Werk ist auch eine kurze Übersicht zu entnehmen,
welchen Themen z.B. Artikel der damaligen Zeit zuzuordnen waren. Interessant ist dies auch deshalb, weil solche
Themen ja auch die Interessen der frühen Sammler spiegelten. Generellen Aspekten des Briefmarkensammelns
wurden von ihm 35 Beiträge zugeordnet, der Geschichte
der Briefmarken 34, der Geschichte der Postreform aber
69 und der Geschichte der Post sogar 94. Selbst unter
„Postage Stamp Games“ ordnete Tiffany sechs Titel ein
und unter „Postage Stamp Music“ sieben. Nicht zu vergessen die „Postage Stamps Photographs“, denen er acht
Positionen zuordnete.
Verständlicherweise lagen Tiffanys Schwerpunkte bei den
USA und deren philatelistischem Geschehen. Aber man
kann – wenn man die damaligen Möglichkeiten der postalischen Beförderung und der Beschaffung quer über den
Ozean mit berücksichtigt – nur Anerkennung empfinden
ob der großen Leistung, die er bei der methodisch sauberen Erfassung, der Strukturierung und der inhaltlichen
Arbeit geleistet hat.
Solches Lob für frühe Arbeiten steht sicherlich auch anderen zu. Zum Beispiel dem Spanier Mariano Pardo de
Figueroa, bekannter unter seinem Pseudonym „Dr. Thebussem“, der 1876 seine „Literatura philatelica en España“ schrieb.3 Ein Jahr später war Guiseppe Leoni aus Italien mit einer „Bibliografia timbrologica dell’ Italia“ dabei4
und wiederum ein Jahr später, 1878 der Belgier Philipp de
Bosredon mit seinem Werk „Bibliographie timbrologique
de la France et de la Belgique“.5 Nicht zu vergessen Phi­
lipp De Bosredon, der 1876/77 eine „Bibliographie timbrologique de la France“ in Fortsetzungen im „Bulletin de
la Société Française de Timbrologie“ publizierte, der noch
heute wertvolle Hinweise, besonders auch zu den frühen
Schriften von Oscar Berger-Levrault und deren verschiedenen Auflagen zu entnehmen sind.6 Doch dies waren
keine weltweit die philatelistische Literatur umfassenden
Bibliografien, „nur“ auf das eigene Land, Sprachraum und
Sammelgebiet bezogene Werke.
Dies konnte im Ansatz auch vorerst für das großartige
Werk des Österreichers Victor Suppantschitsch aus Wien
gelten. Es wurde in 16 Lieferungen von 1892–94 im Verlag von Anselm Larisch, München, unter dem Titel „Bibliographie, zugleich Nachschlagebuch der gesammten deutschen philatelistischen Literatur seit ihrem Entstehen bis
Ende 1891, nebst einem Abriss der Geschichte der Philatelie mit besonderer Berücksichtigung Deutschlands und
einer kurzen Geschichte der deutschen philatelistischen
Literatur“ veröffentlicht. Der ungewöhnlichen Länge des
Titels ist der Gesamtumfang des Werkes von 745 Seiten
wahrlich angemessen. Auf diesem Werk setzten später
Max Tons „Handbuch der deutschen philatelistischen Literatur“ (Dresden 1916), aber auch spätere neuere Arbei-
3 Thebussems genannte Bibliografie wurde erst 1883 in Madrid gedruckt. Das mit Vorspann u.a. ergänzte 48-Seiten-Werk beinhaltet
aber nur die philatelistische Literatur von 1867 bis 1876.
4 Der Beitrag erschien aber bereits in der Oktober/November-Ausgabe des „Guida illustrada de Timbrofilo“, 2. Jg., 1876
5 Die 1878 in Paris und bei Moens in Brüssel erschienene Bibliografie
von Bosredon war ein Nachdruck (86 S.) einer Artikelserie im „Bulletin de la Sociéte française de Timbrologie“ (Nr. 4–10, Juli 1876–Januar 1878).
6 Vgl. Bulletin, Folge 4, 5 und 8 (1876/1877), S. 101, 131, 221–227
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ten auf. Nahezu jeder Philatelie- und Literaturgeschichtler
mit deutscher Sprachfähigkeit nutzt es bis heute.7
Suppantschitsch arbeitete in deutscher Sprache allerdings nicht nur über das deutschsprachige philatelistische Schrifttum Deutschlands, Österreichs und der
Schweiz. 1901 veröffentlichte er in Wien eine Broschüre
mit dem Titel „Die Entstehung und Entwicklung der Philatelistischen Literatur in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts“ und in verschiedenen Zeitschriften erschienen
einzelne Länderbibliografien, die allesamt zeigen, das
Suppantschitschs Fokus durchaus weltweit ausgerichtet
war.
Unübertroffen aber, ein „magnum opus“, wie es bereits
Manfred Amrhein vor Jahren formuliert hat, ist allerdings
ein Werk, das bis heute für Literatursammler nichts von
seinem Nutzen verloren hat: „A Bibliography of the Writings, General, Special and Periodical, forming the Literature of Philately“, zusammengestellt von Edward Dennis
Bacon und 1911 in zwei verschieden angelegten Auflagen
erschienen. Zum einen als Band VII der Earl of Crawford’s
Bibliotheca Lindesiana, einer in Aberdeen von der University Press gedruckten bibliografischen Reihe, mit der der
Bestand der damaligen über 100 000 Bände zählenden
Familienbibliothek Lord Crawfords erfasst wurde. 200
Exemplare dieser Bibliografie schenkte Crawford (1847–
1913) den öffentlichen Bibliotheken und seinen Freunden. Daneben gab es eine zweite Ausgabe dieser monumentalen 924 Kolumnen (jeweils zwei auf einer Seite
gedruckt) umfassenden Bibliografie, die ebenfalls 1911,
allerdings in London gedruckt, in einer Auflage von 300
Stück hergestellt wurde. 100 davon waren ein Geschenk
an die Mitglieder der damaligen Philatelic Literature Society, 200 waren für den Verkauf vorgesehen.
Seit dieser Zeit ist dieses umgangssprachlich nur als
„Craw­ford-Katalog“ bezeichnete Werk quasi die „Bibel“
aller Freunde, Bibliografen und Forscher der philatelistischen Literatur, war doch Crawfords Bibliothek 1911 die
größte und umfassendste, die jemals von einem einzelnen Philatelisten zusammengetragen wurde. Der Lord
war zwar erst spät, nämlich 1898, der Philatelie nahegetreten, dann aber gleich mit einer Art von exzessiver Besessenheit, die keine Vergleiche kannte. Nicht nur beim
Zusammentragen einiger der seltensten je existierenden
Sammlungen überhaupt, auch bei der erfolgreichen Erwerbssuche nach Literatur. Ihm zur Hilfe kam der Zufall,
denn er hatte, unterstützt von Charles J. Philipps, dem da7 Beispiele sind Carlrichard Brühl mit seiner „Geschichte der Philatelie“ 1985/86, in neuerer Zeit aber auch Wolfgang Maaßen: Lexikon
der deutschsprachigen philatelistischen und postgeschichtlichen Literatur, Schwalmtal 2012.
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maligen Inhaber des weltweit agierenden englischen Briefmarkenhauses Stanley Gibbons, das Glück – allerdings
auch die dafür nötigen Mittel –, innerhalb vergleichsweise
kurzer Zeit, einige der damals bedeutendsten philatelistischen Bibliotheken erwerben zu können. So z.B. 1901
die legendäre John K. Tiffany-Bibliothek, 1908 die ebenso
bekannte des Berliner Amtsrichters Heinrich Fraenkel, der
selbst zuvor die große Bibliothek von Sigmund Friedl aus
Wien erworben hatte, in die wiederum die Bibliothek des
deutschen Pionierphilatelisten Dr. Alfred Moschkau Aufnahme gefunden hatte, und so manch andere mehr.
Lord Crawford hinterließ seine philatelistische Bibliothek
nach seinem Tod am 13. Januar 1913 dem Britischen
Museum (heute British Library). 1991 veranlasste deren
Kurator, David R. Beech, einen Neudruck des Originalwerkes, in den aber die von Bacon 1926 und 1938 vorgenommenen Ergänzungen ebenso mit eingearbeitet wurden wie erforderliche Korrekturen sowie Hinweise zu den
Standnummern der Objekte in der heutigen Bibliothek.
Auch dieser Neudruck erschien in einer Gesamtauflage
von 500 Exemplaren und gilt seit Jahren als vergriffen.
Wenn einmal solch breite Spuren einer einzigartig umfassenden Sammlung literarisch ausgetreten sind, fällt es
nachfolgenden Generationen schwer, Vergleichbares zu
schaffen. Hinzu kommt, dass das Material der CrawfordBibliothek zwar für die Forschung zur Verfügung stand,
aber nicht von einzelnen Bibliophilen jeweils neu zu erwerben und weiterzugeben war. Sie mussten sich mit dem
„Rest“ begnügen und darauf aufbauen. Notwendig war
dies eh, denn auch nach 1911 erschienen ja in ständig
steigender Zahl philatelistische Werke, deren Erfassung
oder gar Erwerb die Möglichkeiten Einzelner bei weitem
überschritten.
So konzentrierten forschende Philatelisten und Bibliografen sich fortan vornehmlich auf Länder- und Gebietsbibliografien. Aber es gab auch Versuche einzelner Literaturhändler und -auktionatoren, die von ihnen selbst
über viele Jahre angebotenen oder ihnen bekannt gewordenen Titel zu listen. Beispielhaft sei hier der „Index to
Harry Hayes Philatelic Literature Auctions“ von Raymond
Price, in fünf Teilen zwischen 1993 und 1998 publiziert,
genannt. Die in 200 bis 250 Exemplaren erschienenen
Teile umfassten immerhin 64 800 Lots, die der legendäre
Literaturauktionator zwischen 1960 bis 1986 bei 88 Auktionen angeboten hatte.
Vergleichbare Angebots- und Preislisten bekannter Literaturhändler sind ebenfalls erwähnenswert, z.B. „HJMR Priced Guide to Philatelic Literature“, 1968 in erster, 1971
in zweiter Auflage mit zuletzt 510 Seiten erschienen. Oder
verschiedene Ausgaben von Phil Bansners „Philatelic Lite-
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rature Price List“ bzw. die Literatur-Auktionskataloge von
Sylvester Colby, Roger Koerber, Robbins-Auctions, allesamt in den USA, Huys-Berlingin in Liechtenstein, Corneille Soetemann in Belgien, Hans-Joachim Schwanke, Ulrich
Felzmann und in jüngerer Zeit Heinrich Köhler-Auktionen
in Deutschland.
Dennoch waren solche Bemühungen stets Stückwerk, für
sich genommen nur kleine Teile eines riesigen Puzzles.
Dies gilt auch für die Mehrzahl der bekannten Bibliografien namhafter philatelistischer Bibliotheken. Die deutsche
Philatelistische Bibliothek in München veröffentlichte bereits Ende der 1930er-Jahre erste Übersichten eigener
Bestände, die durchaus nennenswert waren und heute –
mit denen der American Philatelic Library der American
Philatelic Society – zu den größten weltweit bekannten
zählen. Legendäre Bibliotheken mit wertvollen Altbeständen gibt es bei der Royal Philatelic Society in London, die
von der Crawford-Bibliothek bei Ankauf der Fraenkel-Bibliothek nicht benötigte Dubletten 1909 erhielt, aber auch
beim Collectors Club in New York, dem dessen damalig
bekanntes Mitglied Theodore Steinway die von ihm erworbene Bibliothek Victor Suppantschitschs schenkte (diese
Bibliothek zählte bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts
als größte auf dem Kontinent). 1974 erschien ein „Catalog of the Collectors Club Library, New York City“, in dem
26 500 Titel der Bibliothek bibliografisch – vergleichbar
dem Crawford-Katalog – verarbeitet sind, dabei auch die
im 20. Jahrhundert erschienenen Titel stärkere Berücksichtigung fanden.
Nicht zu vergessen sind hier die „National Postal Museum
Library Collections“ des Smithsonian Institute in Washington, die neben einigen anderen Bibliotheken die von Fred
J. Melville (1947 von der Congress Library erworben) und
später nennenswerte Teile der George T. Turner-Bibliothek
übernahm, damit heute gerade zur Periode sog. „philatelistischer Incunabula“ von 1861–1879 einen der umfassendsten und wertvollsten Bestände jener Jahre beisteuern kann.
Natürlich gab es von Zeit zu Zeit auch einzelne Titel, die
namhaften Philatelisten, zumal Literatursammlern, ihrem Werk, ihrem Schaffen und ihren Bibliotheken besonders gewidmet waren. Hier Einzelbeispiele zu erwähnen,
rundet das Bild der unvollkommenen Versuche, die seit
mehr als 100 Jahren gewachsene Unübersichtlichkeit der
philatelistischen Literatur in den Griff zu bekommen, ab.
Leclercq & Waroquiers publizierten 1981 einen 58-Seiten-Katalog über die Bücher und Zeitschriften von JeanBaptiste Moens unter dem Titel „Jean-Baptiste Moens
1833–1908. Pere De La Philatelie“, Erik Hamberg aus
Schweden stellte 1996 den „Storsamlaren Hans Lager-
löf 1880–1952“ vor und Wolfgang Maaßen widmete zwischen 2010 bis 2012 einzelne seiner Sonderbände der
„Chronik der deutschen Philatelie“ namhaften frühen Literaturschaffenden, u.a. den Gebrüdern Senf, Paul Kohl,
Hugo Schwaneberger, Hugo Michel und Alfred Moschkau.
Diese waren aber primär philateliegeschichtliche Studien,
wenngleich nicht selten dazu auch bibliografische Übersichten der jeweils von den genannten Urhebern publizierten Literatur mit enthalten waren (besonders zu Alfred
Moschkau).
War damit das Kapitel weltumfassender Bibliografien geschlossen? Bei weitem nicht. Einige bis in die jüngste Zeit
reichende Beispiele mögen dies verdeutlichen.
1951 begann der damalige Leiter der Philatelistischen Bibliothek München, Christoph Otto Müller (1894–1967),
einen „Philatelic Digest“ als Periodikum zu etablieren, das
bis in die jüngste Gegenwart (bis 2001 gedruckt, seitdem
digital auf CD ROM und seit kurzem auch im Internet) weitergeführt wird. Nahezu jährlich wurden seitdem weltweit
erschienene und nachzuweisende Titel – in deutscher
Sprache – erfasst und bibliografisch registriert. In den
letzten drei Jahrzehnten kamen dabei jährlich umfangreiche Bände, nicht selten auch zwei großvolumige Teilbände je Jahr, zusammen. Letztlich erwies sich aber auch die
Fülle verbessert recherchierbarer Titel irgendwann angesichts der geringen Interessentenzahlen als nicht mehr
druckbar, so dass man auf digitale Veröffentlichungen zur
Fortführung dieser „Literatur-Nachrichten“ des Bundes
Deutscher Philatelisten umstieg.
Ein zweites Beispiel ist völlig anderer Art, nämlich der Versuch, Philatelie- und Literaturgeschichte mit jeweils passenden Auswahlbibliografien zu verbinden. Dies ist dem
1938 geborenen aus München stammenden Mediziner
Manfred Amrhein, der 1948 nach Costa Rica auswanderte, mit seinem bislang vierbändigen Werk „Philatelic
Literature. A History and Select Bibliography from 1861“
bestens gelungen. Band 1 behandelt die Anfänge im 19.
Jahrhundert (1992, 179 Seiten), Band 2 (228, Seiten,
1997) das 20. Jahrhundert, auch mit Schwerpunkten
zu Fälschungen, zu Zentral- und Südamerika sowie Spanisch-Westindien, Band 3 (2001) den Mittleren Osten, Afrika und den Nahen Osten und Band 4 (401 Seiten, 2006)
Europa, allerdings ohne Griechenland und Türkei, BalkanStaaten und Skandinavien sowie das Vereinigte Britische
Königreich. Dafür ist noch ein Band 5 in Planung, der
angeblich schon erschienen sein soll, bislang aber noch
nicht bekannt wurde.8
8 Leonhard H. Hartmann zeigt auf seiner Internetseite www.pbbooks.
com diesen Titel bereits als erschienen an, was weder der Verfasser dieser Zeilen noch die ihm bekannten Literaturkenner bis Ende
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Amrhein verstand es in einzigartiger Weise, den Stand der
150jährigen Erforschung der Entwicklung der philatelistischen Literatur, deren Schöpfer und Urheber, nachzuzeichnen und dabei eine Fülle von Daten und Bildmaterial zu integrieren, die erst recht den Überblick über die
großen Entwicklungslinien in allen Teilen der philatelistischen Welt ermöglicht. Ähnlich wie Crawford hat sein
mehrbändiges Werk erneut mit dem von ihm gewählten
umfassenden Ansatz breite Spuren hinterlassen, dem
bestenfalls nur noch Detailstudien einzelner Aspekte Neues hinzuzufügen wissen.
Zuguterletzt sei allerdings ein Neuansatz bibliografischer
Erfassung nicht vergessen, dem es vielleicht gelingen
kann, die Lücken und Ungenauigkeiten aller früher erschienenen philatelistischen Bibliographien zu schließen,
also ein nahezu komplettes Kompendium philatelistischer
Literatur werden wird, das alle früheren nationalen und
internationalen Werke dieser Art bei weitem übertreffen
kann: Die“Global Philatelic Library“, die ihre Ursprungsinitiative dem Smithsonian-National Postal Museum und
den Smithsonian Libraries in Washington/USA, der American Philatelic Research Library der APS in Bellefonte/USA
und der federführenden Kraft der Royal Philatelic Society,
London, präsentiert von Alan Holyoake, verdankt.
Das Ziel dieser seit geraumer Zeit etablierten Webseite
(http://globalphilateliclibrary.org/) ist die digitale Erfassung in den namhaftesten philatelistischen Bibliotheken
der Welt vorhandenen Bestände, in denen dann nach
Integration ins System forschende Philatelisten weltweit
suchen und recherchieren können. Namhafte Werke, Bücher und Zeitschriften, sollen digitalisiert erhältlich sein.
Mit im Verbund sind bereits die Rocky Mountain Philatelic Library, Denver, USA; Slusser Memorial Library, Postal
History Foundation Library, Tucson, USA; The Collectors
Club, New York und Chicago, USA; Harry Sutherland Philatelic Library, Vincent Graves Greene Philatelic Research
Foundation, Toronto, Canada; Western Philatelic Library,
Sunnyvale, USA, aber auch die Philatelistische Bibliothek
Hamburg, die Oslo Filatelistklubb Bibliothek in Norwegen,
die Philatelic Association of NSW in Australien, der Royal
Philatelic Club von Sydney und weitere, die man auf der
Webseite einsehen kann.
Wenn es den Enthusiasten dies- und jenseits des Ozean
gelingt, immer mehr Bibliotheken zu gewinnen, die technisch erforderlichen Standards zu implementieren, dürfte
dies die weltweit größte philatelistische Rechercheseite
für Literatursammler werden, die es künftig einfach, jederzeit und überall, ermöglicht, in einer monumentalen
2012 verifizieren konnten. Es gelang bis dahin auch nicht, Kontakt
zu Dr. Amrhein herzustellen, um weitere Aufklärung zu erhalten.
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Bibliografie unvergleichlichen Ausmaßes zu arbeiten,
aber auch wertvolle Aufschlüsse darüber zu erhalten, wo
welches literarisches Produkt auch als Original vorhanden
ist.
Diesem quasi universalen Ansatz einer großen Gemeinschaft gesellt seit nahezu drei Jahrzehnten auch das bibliografische Werk eines einzelnen Philatelisten zur Seite,
der themenorientierte weltweite Bibliografien ebenfalls
digital veröffentlicht: Brian Birch. Der 1949 in Liverpool
geborene Engländer gilt heute als der wohl weltweit bedeutendste Autor zahlreicher Bibliografien, die auf der Internetseite http://hps.gr/fipliterature/ einzusehen sind.
Er gab um 1980 das Briefmarkensammeln auf und widmete sich seitdem ausschließlich der Erfassung und bibliografischen Erschließung philatelistischer Literatur.
Nach 1973 veröffentlichte Birch bereits erste Artikel über
„Perfins“ (Lochungen), ab 1980 erste Indizes/Bibliografien. 1991 erschien erstmals seine „Bibliography of Periodicals Devoted to Philatelic Literature“, 1993 ein Index zu
den Congress-Büchern, zahlreiche weitere in der „Philatelic Literature Review“ der American Philatelic Society und
in anderen namhaften Zeitschriften. In den letzten Jahren
publizierte Birch seine Buchwerke nur noch digital (siehe:
http://hps.gr/fipliterature/). Dort sind folgende Werke
einzusehen: The Philatelic Bibliophiles Companion (857
Seiten); Bibliography of Philatelic Periodicals (694 Seiten);
Biographies of Philatelists and Dealers (2 104 Seiten); Bibliography of Current-Awareness and Retrospective Indexes (211 Seiten); Philatelic and Postal Bookplates (650
Seiten); Index to the Philatelic Translations, produced by
Brian J. Birch (218 Seiten) und Bibliography of General
Literature in the Philatelic Library of Brian J. Birch (288
Seiten).
Diese Aufzählung ist lückenhaft, weil – digitale Technik
macht dies möglich – diese Bibliografien ständige Erweiterung finden, aber auch neue in Arbeit sind und dazukommen. Birchs Verdienst ist es, weltweit ihm sprachlich
zugängliche Literatur zu erschließen und unter den von
ihm gewählten thematischen Aspekten nachzuweisen, so
dass seine Übersichten für die schreibende Zukunft der
Autoren und Journalisten wertvolle Hinweise zur Recherche bieten. Ähnlich, wie dies die großen Werke von Suppantschitsch und Crawford zu ihrer Zeit geleistet haben,
mit denen sein Schaffen durchaus vergleichbar ist.
Hinter solch einem Engagement stehen jeweils Menschen, namhafte Experten und Kenner, die mit ihrer –
häufig ehrenamtlichen Tätigkeit der philatelistischen Literatur – bildlich gesprochen – erst den Atem des Lebens
einhauchen. Nicht selten organisieren sich diese in Vereinen Gleichgesinnter und deshalb seien zuguterletzt zwei
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Vereine derartig „Beseelter“ erwähnt, die vor 100 Jahren,
einer aber auch bis heute, dafür Sorge tragen, dass philatelistische Literatur und deren Faszination lebendig erhalten bleibt.
Ein früher Verein dieser Art, ein Verein für Bibliophile,
war die „Philatelic Literature Society“ in England, die im
Herbst 1907 von Fred Melville und Freunden gegründet
wurde und zu Beginn 29 Mitglieder hatte (1914 waren es
immerhin 65 und zusätzlich 18 internationale Vereine, die
sich angeschlossen hatten). Wer die Mitgliederliste aus
diesem ersten Kriegsjahr in Europa liest, kennt viele Namen, sind sie heute doch legendär. Dazu gehörten z.B. P.
J. Anderson, E. D. Bacon (der erste Präsident des Vereins),
Carl Beck, H. E. Deats, Dr. Emilio Diena, H. Djurling, Major
E. B. Evans, L. W. Fulcher, W. Lauwrence Green, F. Herrmann, Hugo Krötzsch, J. N. Luff, Dr. José Marcó del Pont,
Fred Melville, G. F. Napier, Charles Nissen, F. J. Peplow, C.
J. Phillips, Baron A. de Reuterskiold, W R. Rickens, B. T. K.
Smith, Nils Strandell, Victor Suppantschitsch, H. E. Weston, Baron Percy de Worms und R. B. Yardley.
Von Januar 1908 bis Ende 1918 erschienen 43 Ausgaben der Vereinszeitschrift mit dem Titel „The Journal of
Philatelic Literature Society“, einem Blatt, das bis heute
wohl kaum jemals in der Dichte und im Niveau der gebotenen Informationen über die bis dahin herausgegebene
philatelistische Literatur übertroffen wurde. Die Auflage
des vierteljährlich erscheinenden Blattes betrug nur 100
Exemplare. 50 weitere gab es für Rezensionszwecke und
Belegexemplare, wobei heute vollständige Bestände der
kompletten Jahrgänge kaum noch einmal zu erhalten
sind. Der Gesamtumfang des innerhalb der elf Jahre erschienenen Perodikum betrug „nur“ rund 800 Seiten inklusive der Bildtafeln, aber der Gehalt an Forschung und
Dokumentation war – auch dank der hervorragenden
Schriftleitung von F. J. Peplow – ohne Vergleich.9
Vereinsversuche ähnlicher Art in anderen Ländern, z.B.
Deutschland, waren nur von kurzer Dauer. Erwähnt seien der „Verein Philatelistischer Literatur-Sammler“, den
1921 Carl Beck und Alexander Bungerz ins Leben gerufen hatten und für den diese bis zu ihrem Tod 1929 bzw.
1931 verantwortliche Herausgeber des Vereinsblattes,
„Der Philatelistische Bücherwurm“, waren. Im Juli 1932
folgte „Der philatelistische Literatursammler“ einer von
S. Schmittdiel in Hamburg präsidierten „Gesellschaft
der philatelistischen Literaturfreunde“ (ab 1934/35 eigenständiges Organ „Die Philatelistische Literatur“), die
aber kaum weitere Jahre überlebte. Der Weltkrieg machte
9 1948 erschien ein vollständiger Index dieser Zeitschrift, zusammengestellt von Ronald King-Farlow (RPSL), in einer Auflage von 75 Exemplaren. Noch seltener als das ursprüngliche Blatt selbst.
erneut vieles Erreichte zunichte und erst die bereits erwähnten „Literatur-Nachrichten“ des Bundes Deutscher
Philatelisten konnten 1951/53 an diese literarisch wertvolle Vergangenheit wieder anknüpfen.
Vergleichbar erwähnenswert ist deshalb auch die „Philatelic Literature Review“, die immerhin bereits seit 1942
als offizielles Organ der „American Philatelic Research Library“ herausgegeben wird. Die erste Serie der Publikationen erschien mit einer Nr. 1 vom September 1942 bis zur
Nummer 24 Sommer/Herbst 1949, häufig in unregelmäßigen Abständen. Die zweite bis heute andauernde Serie
wurde im Frühjahr 1950 begonnen und läuft immer noch,
meist in vierteljährlichem Abstand einzelner Ausgaben.
Über Jahrzehnte zählte das Fachblatt Charles J. Peterson,
den langjährigen Präsidenten der FIP-Literaturkommission und weltbekannten Literaturjuror, zu seinen Mitarbeitern (von 1971 bis 1985 war Peterson Schriftleiter des
Blattes, davor und danach einer der ständigen Mitarbeiter). Nach dessen Tod stiftete die American Philatelic Society 2010 den nach ihm benannten „Charles J Peterson
Philatelic Literature Life Achievement Award“.
Die genannten Beispiele zeigen eines: Die Gruppe der Literaturenthusiasten war früher wie heute sehr überschaubar, dafür hat sie aber Großes geschaffen, das, was die
Philatelie am Leben hält. Dazu zählen auch – um die kurze
Übersicht zu vervollständigen – große internationale Ausstellungen, wobei die Mehrzahl solcher ab 1890 durchgeführten Veranstaltungen zumindest eine Literaturklasse
hatten. 1890 in Wien wurde sogar erstmals eine GoldMedaille an ein Literaturexponat von J.-B. Moens verliehen. Die Silber-Medaille gewann Carl Lindenberg für sein
„Handbuch der Philatelie“. Damals war Literatur noch die
Klasse I bei solchen Ausstellungen. 1894 gab es bei einer
„Exposition International du Livre“ in Paris sogar eine eigenständige Klasse philatelistischen Literatur mit einem
eigenen Katalog, ähnlich wie bei der BUGRA 1914, einer
Internationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik in Leipzig. Wurde dort z.B. die Bibliothek von Hugo
Krötsch komplett ausgestellt und waren insgesamt über
5 000 (!) Exponate zu sehen, spielte die Philatelistische
Literatur bei „normalen“ Philatelistischen Weltausstellungen zunehmend mehr eine kleinere Rolle, war nicht selten
gar das fünfte Rad am Wagen.
Dies mag nach den Wirren des Ersten Weltkrieges, der
Gründung der FIP 1926, den vormaligen Präsidenten der
F.I.P.P. (Federation Internationale des Presse e Philatélique), Guilio Tedechi, einen Italiener aus sehr begüterter
Familie, veranlasst haben, 1935 die erste Weltausstellung Philatelistischer Literatur mit FIP-Patronat in Brüssel
auszurichten. Dieser folgte 1938 die „International Expo-
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sition of the Philatelic Press and Philatelic Literature“ in
Prag, die allerdings keine Wettbewerb-, sondern eine Einladungsausstellung war. Es dauerte viele Jahre, bis dann
weitere spezielle internationale philatelistische LiteraturAusstellungen stattfanden: 1977 die REGIOPHIL XII in Lugano/Schweiz, 1982 die MILANO 82, der vermeintlichen
„Prima Esposizione Mondiale FIP Letteratura Filatelica“
und 1989 die „Internationale Philatelistische LiteraturAusstellung“ IPHLA 89 in Frankfurt. Drei Jahre später fand
in New York die „First International Philatelic Literature
Exhibition“ in Nordamerika statt, heute zählen jährliche
nationale Ausstellungen mit Literaturwettbewerben zum
Grundangebot in den USA. Aus einer weiteren nationalen
Literatur-Ausstellung mit internationaler Beteiligung, der
LIPSIA 2007 in Leipzig, entstand dann fünf Jahre später
128 |
eine weitere IPHLA 2012 in Mainz, dieses Mal unter FEPA-Patronat, da die FIP keine digitalen Medien laut Reglement zulässt. Sind bei den in englischsprachigen Ländern
stattfindenden Wettbewerben meist nur Werke heimischer Sprache zugelassen, waren die zuvor genannten
Ausstellungen in Deutschland für Exponate aller europäischen Sprachen offen.
So wechseln der Stellenwert der philatelistischen Literatur, ihr Bekanntheitsgrad und ihre Wertschätzung. Das
150jährigen Jubiläum im Gedenken an die Pionierwerke
frühen literarischen Schaffens bot 2012 in Mainz und ein
Jahr später der MONACOPHIL gute Gelegenheit, die Bedeutung dieses wertvolles Genres für die Zukunft der Philatelie ins rechte Licht zu rücken.
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5.2
Das „Kohl-Handbuch“
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Nicht nur bei deutschen Philatelisten, auch in den USA,
in England und in Skandinavien ist das legendäre „KohlHandbuch“ bis heute unvergessen, war es doch nicht nur
der Versuch, erstmals Experten aus aller Welt – nicht nur
aus den genannten Ländern, sondern auch aus Südamerika und anderen Kontinenten – bei der Facharbeit an
einem Katalog zu einen, damit aber auch eine vollständige Enzyklopädie philatelistischen Wissens zu schaffen.
Letzteres scheiterte, wie alle Versuche zuvor oder danach,
aber in seiner Tiefe der niveauvollen Bearbeitung blieb
das sog. Kohl-Handbuch bis heute unerreicht und wird
wohl auch niemals mehr übertroffen werden.1
Paul Kohl (geboren am 17. Juli 1852 in Lauenstein) eröffnete am 19. Februar 1892 sein Briefmarkengeschäft
in Chemnitz, nachdem er bereits Jahre zuvor mit zahlreichen Reisen nach USA, Frankreich, England und Spanien
sein philatelistisches Wissen vertieft und internationale
Kontakte geknüpft hatte. Mit Hilfe seiner Familie, besonders seines kongenialen Bruders Horst, gab er bereits im
Dezember 1892 die erste Ausgabe von „Kohls Freimarken-Katalog Deutschland (1893)“ heraus, zeitgleich ein
Permanent-Album, wobei er beide Produkte bereits zwei
Jahre später auf europäische Länder ausdehnte. Diese
Kataloge fielen durch eine innovative Idee auf, denn die
Markenkatalogisierung wurde gleichzeitig mit einem Lay1 Eine ausführliche Studie zu Leben und Werk von Paul Kohl, dessen
Katalogen und dem späteren Kohl-Handbuch findet sich in Kap. 2
des Werkes von Wolfgang Maaßen: Von frühen Alben und Katalogen
zu Verlagen von Weltrang, Schwalmtal 2010
outvorschlag für ein auch vom Sammler selbst zu gestaltendes Albenblatt vorgenommen. Damit verbreitete sich
– nicht nur in Deutschland – die Idee des BlankoblattAlbums zur individuellen Selbstgestaltung. 1897 erschien
bereits die zweite Auflage von Kohls Europa-Katalog, vier
Jahre später die ersten Lieferungen für einen Weltkatalog
(„Kohl’s Grosser Briefmarken-Katalog 1900“).
Dieses Katalogwerk, später in zwei Bänden, erschien nun
beinah jährlich in immer größerem Umfang und war bereits das, was man heute als einen Welt-Spezialkatalog
bezeichnen kann. Bereits die 3. Auflage von 1902/03
hatte über 800 Seiten, die vierte von 1903/04 schon
über 1 000 Seiten. Kohl führte eine neue Systematik
von Haupt- und Unternummern ein, nutzte aber auch verschiedene Satzschriftgrößen, um dem Leser Unterscheidungen des Wichtigen von dem eher Speziellen leichter
zu ermöglichen. Es folgten zahlreiche Neuauflagen, auch
Auskoppelungen als Normal- oder Reformkataloge für die
breitere Gruppe der Sammler, aber „Kohl’s Handbuch“
blieb selbst in der letzten von ihm selbst betreuten, zehnten Auflage 1914 international unübertroffen: Deutlich
über 2 000 (!) Seiten boten Forschung und Kenntnis pur!
Es war die letzte Ausgabe, die Paul Kohl – mittlerweile
war er im Ruhestandsalter – selbst betreut hatte. Weltkrieg und der Tod seines Bruders Horst, der ihm immer
ein enger Mitarbeiter gewesen war, ließen Kohl resignieren. 1918 suchte er einen Verleger, der die Verlags- und
Vertriebsrechte übernehmen wollte. Kohls Sohn Kurt sah
sich dazu nicht imstande, also wurden andere angefragt,
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z.B. Carl Lindenberg. Aber auch der fühlte sich zu alt und
sah sich – zumal nach den Erfahrungen, die er mit dem
frühen „Großen Handbuch der Philatelie“ von Otto Teltz
1888/91 gesammelt hatte – nicht dazu in der Lage, bei
all seinen vielfältigen Aufgaben, auch noch solch ein unüberschaubares Vorhaben zu schultern.2
Nach einigem Hin und Her, in das auch der Berliner Philatelisten-Klub mit eingebunden war, gingen die Rechte im
Februar 1921 an das „Marken- und Ganzsachenhaus“ in
Berlin, dessen Inhaber der rührige und damals weithin bekannte Berliner Auktionator und Briefmarkenhändler Rudolf Siegel war.3 Siegel wollte die kaufmännische Seite,
Dr. Herbert Munk, ein bekannter Forscher von hoher wissenschaftlicher Bildung, die redaktionelle Verantwortung
und Leitung übernehmen.
Zu Munks eigenen Qualifikationen brauchte man Philatelisten der damaligen Zeit nicht viel zu erzählen. Herbert
Munk wurde am 26. Juni 1875 in Berlin geboren. Ob er
schon als Kind oder Jugendlicher Briefmarken sammelte, ist nicht bekannt, liegt aber wohl nahe. Zur Philatelie
kam er allerdings erst vergleichsweise spät. Er war der
Sohn eines stadtbekannten Architekten und stammte aus
einer angesehenen und begüterten Berliner Kaufmannsfamilie. Dies ermöglichte ihm den Besuch des Gymnasiums und ein nachfolgendes Studium der Philosophie und
Psychologie an den Universitäten zu Berlin, München und
Göttingen. In Göttingen promovierte er zum Dr. phil. und
arbeitete um die Jahrhundertwende über experimentelle
Psychologie und bestimmte Erscheinungen beim menschlichen Auge.4 Akademische Erfolge für seine Ergebnisse
wurden ihm damals nicht zuteil, da seine wegweisenden
Forschungen erst Jahre später Anerkennung fanden. So
verzichtete er erst einmal auf eine Dozenten-Laufbahn
und begab sich in den Folgejahren meist auf Reisen. Er
war zudem literarisch in wissenschaftlicher wie novellistischer Richtung tätig.
Mit ernsthafter Vereinsphilatelie kam er erst 1913 in engere Berührung, als er am 21. Juli dem Berliner Philatelisten-Klub beitrat. Dies blieb nicht ohne Folgen, dafür war
er – man erkannte dies bald – ein zu fähiges Ausnahmetalent. Als der damalige Vorsitzende, Johannes Elster, am
2. Juli 1922 starb, wurde Munk zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt, in ein Amt, das er bis 1930 wahrnahm.
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte er sich fast ausschließ-
lich auf seine Forschungen in der Philatelie verlegt. Die
persönliche finanzielle Situation erlaubte ihm eine gewisse Unabhängigkeit, die es ihm auch erleichterte, Rudolf
Siegels Angebot zur Hauptschriftleitung für eine neue 11.
Auflage des Kohl-Handbuches anzunehmen.5
Dies gelang Munk recht erfolgversprechend, da er zu dieser Zeit bereits international gut vernetzt war. Im März
1923 erschien bereits die 1. Lieferung (Afghanistan bis
Azoren) und bereits hier waren neben Dr. Herbert Munk
und weiteren deutschen Philatelisten andere namhafte
Philatelisten (z.B. Generalkonsul C. George aus Lissabon,
der „Angola“ und „Azoren“ bearbeitete) mit am Werk.
Die 40. Lieferung erschien nach 13 Jahren, 1936, reichte
allerdings erst bis „Italien“. Die damalige Mitarbeiterliste,
die einzelne Ländergebiete abdeckten, liest sich heute
wie ein „Wer ist wer in der Philatelie?“ Dabei waren u.a. I.
W. de Beer aus Hilversum/Niederlande, Adolf Passer aus
Prag, José Koke aus S. Paulo, Henry C. Hitt aus Vancouver, Alfred F. Lichtenstein aus New York, Senator J. A. Calder aus Kanada, L. G. Birth aus Pittsburg, Hugo Griebert,
J. Kerssemakers aus Eindhoven, Ch. Holm und A. Peterson aus Kopenhagen, A. G. Argyropoulos aus Athen, Dr.
H. Lindberg aus Helsingfors, L. Meinertzhagen und J. B.
Seymour aus London und W. Lind aus Surbiton, England.
Ungezählt ist die Liste der namhaften Korrespondenzpartner, deren Namen man heute noch an den hunderten
erhalten gebliebenen Briefen an Dr. Munk ablesen kann.
Man hat fast den Eindruck, er war mit jedem weiter fortgeschrittenen Philatelisten seiner Zeit in Kontakt.
Die Lieferungen wurden nachfolgend in fünf Einzelbände
gebunden, die insgesamt mehr als 5 000 (!) Seiten für
die rund 140 einzelnen Sammelgebiete umfassten. 85
davon hatte Munk selbst allein bearbeitet, bei weiteren
16 war er Koautor gewesen, d.h. mehr als zwei Drittel der
Bearbeitungen gingen originär auf ihn zurück. Eine heute
kaum noch vorstellbare Leistung.
Dabei blieb das Kohl-Handbuch in seiner nunmehr als
11. Auflage gezählten Auflage nicht von Rückschlägen
verschont. Munks Verhältnis zu dem Sponsor und ersten
Herausgeber Rudolf Siegel zeigte sich schon bei Erscheinen der ersten Lieferung 1923 als nicht ganz frei von Disharmonien. Bereits die 4. Lieferung ließ überlang auf sich
warten, so dass man aufmerksam wurde und vermutete,
es könne besondere Schwierigkeiten geben. Diese entpuppten sich als Konkurs des Herausgeberverlages, der
2 Die Sammler-Woche, Nr. 9/1921, S. 88 ff.
3 Carl Lindenberg: Kohl redivivus, in: DBZ, Nr. 3/März 1921, S. 29–30
4 1900 erschien seine Dissertation zum Thema „Die Erscheinungen
bei kurzer Reizung des Sehorgans“ im Verlag von Johann Ambrosius
Barth in Leipzig.
130 |
5 Von Ludwig Tröndle liegt dem Autor eine Mitteilung aus dem Jahre
1999 vor, nach der Herbert Munk auch zeitweise „Angestellter des
Briefmarkenhändlers Kohl“ gewesen sein soll. Dafür hat der Autor
aber in der Literatur bislang keine Bestätigung gefunden.
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völlig unerwartet kam.6 Friedrich Leitenberger, ein für gewöhnlich gut informierter Philatelist und Autor jener Zeit,
aber auch andere, hatten es wohl schon im Herbst 1924
kommen sehen und geschwiegen, bis es dann in der Rubrik „Briefmarkensammler“ der „Berliner Allgemeinen Zeitung“ am 29. Januar 1925 nachzulesen war.7 „Ist’s nicht
wie ‚in Schönheit sterben‘?“ fragte Leitenberger angesichts der Verleihung der Lindenberg-Medaille an Herbert
Munk Anfang 1925 bei nahezu gleichzeitigem Konkurs
des Kohl-Handbuch-Verlages. Wohl aber wissend, dass
schon einige Persönlichkeiten von Rang bereit standen,
dem Handbuch neues Leben einzuhauchen, nachdem
Herbert Munk selbst an der Beantragung des Konkurses
mit beteiligt war.8 Den damaligen Verband deutscher Philatelistenverbände im In- und Ausland und dessen 20 000
Mitglieder forderte er auf, je Mitglied für eine Mark im
Quartal eine neue Lieferung zu erwerben, seien doch die
5. und 6. Lieferung schon nahezu auslieferungsfertig.9
Munk griff im Februar 1925 selbst zur Feder und beruhigte die Gemüter: Das Handbuch werde nach Lösung vom
bisherigen Verleger Rudolf Siegel durch eine „Gruppe von
Gönnern des Werks genau in der bisherigen Weise fortgeführt werden“, hieß es.10 Die 5. Lieferung, seit Oktober
1924 fertig, werde noch im Laufe des Monats erscheinen.
Und der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Schlechtriem stand nicht hintan, nun alle Kreise zur breiten Unterstützung des Kohl-Handbuchs durch Kauf der einzelnen
Lieferungen aufzufordern.11
6 Dr. Herbert Munk und seine engsten Freunde müssen wohl schon
1923 etwas geahnt haben, denn als man ihn mit dem LindenbergFerrari-Preis beim 30. Deutschen Philatelistentag auszeichnen wollte, hatten sie schon im Vorfeld bewirkt, eine Auszeichnung solle erst
nach Fertigstellung des Handbuches erfolgen. Vgl.: Sammler-Woche, Nr. 6/6. Februar 1925, Titelseite. Munk erhielt die LindenbergMedaille allerdings 1925 verliehen, nachdem der Verlag in Konkurs
gegangen war.
7 Friedrich Leitenberger: Berliner Brief. Das Kohl-Handbuch und Dr.
Munk, in: Sammler-Woche, Nr. 7/1925, S. 100
8 In der Zeitschrift „Der Philatelist“, Nr. 2/1925, wurde ein Schreiben
von Dr. Munk wiedergegeben, in dem es hieß: „Die wirtschaftliche
Lage des bisherigen Verlegers des Kohl-Handbuchs und sein Verhalten nicht nur der Druckerei und anderen Gläubigern, sondern
auch mir und schließlich dem Werk selbst gegenüber hat, im Einverständnis mit mir, zur Beantragung des Konkurses geführt, der über
den Verlag vom Amtsgericht Berlin-Mitte am 7. Januar 1925 eröffnet
worden ist.“
9 Leitenberger, a.a.O,, S. 101
10 Ein erfreuliches Dementi, in: Sammler-Woche, Nr. 8/Februar 1925,
S. 115. Der 5. Lieferung lag auch ein gesonderter Informationszettel
bei, dem diese Aussagen ebenfalls zu entnehmen waren.
11 Dr. Wilhelm Schlechtriem: Helft dem Kohl-Handbuch! In: SammlerWoche, Nr. 8/1925, S. 116
In Berlin liefen damals die Fäden zusammen und es fanden sich die zuvor erwähnten „Gönner“ zu einem „Verein der Freunde des Kohl-Handbuches“ zusammen, zu
dessen Vorsitzenden eigentlich Carl Lindenberg gewählt
werden sollte. Dieser aber lehnte mit Blick auf seine zeitlichen Verpflichtungen erneut ab. Am 28. April 1925 wurde die finanzielle Basis des künftig neuen Unternehmens
festgelegt: Es sollte eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 50 000 Mark gegründet werden, mit 50 durch jeweils eine 1 000-Mark-Aktie zeichnenden Anteilseignern.
Die Zeichnung der Aktien sollte vorerst zur Hälfte des jeweiligen Betrages erfolgen, der Rest nach Erscheinen der
10. Lieferung. Von Beginn an mit dabei waren12: der Berliner Philatelisten-Klub, Hans Harnisch, Berlin; Dr. phil.
h.c. Ernst Hüther, Saalfeld; Heinrich Köhler, Berlin; Alfred
F. Lichtenstein (Collectors Club), New York; Adolf Passer,
Prag; Ernst Stock, Berlin; Konsul Weinberger, Brünn; Dr.
Ing. A. Werner, Nürnberg und andere mehr. Auch einzelne Vereine deuteten ihr Unterstützungsinteresse an.13 Die
Form der Aktiengesellschaft ließ sich zwar wenig später
so nicht realisieren, dafür kam es dann zur Gründung eines Vereins unter dem zuvor erwähnten Namen, der von
Dr. Franz Kalckhoff präsidiert wurde. Ihm zur Seite standen Hans Harnisch als Schriftführer und Heinrich Köhler
als Schatzmeister.
Die Satzung hatte der Jurist und damalige Oberlandesgerichtspräsident Carl Lindenberg entworfen, Herbert
Munk als Spiritus Rector wurde Ehrenmitglied. Um breiteren Kreisen die Mitgliedschaft in dieser erlauchten Runde zu erleichtern, wurden auch Zahlungen von 100 Mark
als möglich angeboten, durch die man in die Reihe der
„Geber“ aufrückte und nach zehnmaliger Zahlung Mitglied werden konnte. Ende 1925 zählte die Mitgliederliste
auch schon den Collectors Club aus New York, Karl Hennig, Weimar und M. Kurt Maier aus Berlin dazu. „Subskribieren“ war das Thema jener Tage und selbst Alfred Lichtenstein ließ es sich als Präsident des Collectors Club in
New York nicht nehmen, für die Organisation der „Friends
of the Kohl Handbook“ in dessen Zeitschrift zu werben.14
Es ist an dieser Stelle schon aus Umfanggründen nicht
möglich, jedes Detail der weiteren Entwicklung des Fördervereins und des Kohl-Handbuches zu schildern. Zur
damaligen Zeit, auch in den Folgejahren, war das Thema
„Hilfe für das Kohl-Handbuch“ ein Dauerbrenner, der in
nahezu jeder Fachzeitschrift in der einen oder anderen
12 Neues vom Kohl-Handbuch, in: Sammler-Woche, Nr. 19/1925, S.
293
13 Eine Liste der Mitglieder dieses „Fördervereines“ ist dem Anhang zu
Kapitel 2 zu entnehmen.
14 Vgl. Collectors Club Philatelist, Vol. IV/Juli 1925, Nr. 3, Seite 104
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Form zu finden war. 1927 zählte der Verein erst 30 Mitglieder, 50 hätten es bereits damals sein sollen, die Zahl
wurde aber erst 1933 erreicht. Auffällig war die deutsche
Zurückhaltung in den Anfangsjahren, denn von den erwähnten 30 Mitgliedern waren 12 Nord- und zwei Südamerikaner, zwei aus der Tschechoslowakei, so dass nur
14 Deutsche verblieben. Darunter vier deutsche Briefmarkenhändler und zwei, die das Werk druckten, so dass nur
vier deutsche Sammler und gerade einmal vier Vereine
übrig blieben. Ein nach außen hin beschämendes Ergebnis, das in der Fachpresse als „Schande“ deklariert wurde.15
1928 stiftete zwar der Aachener Briefmarken-Sammlerverein 100 Mark, die neuen Mitglieder aber waren wiederum Ausländer: Stanley Philipps (Fa. Stanley Gibbons,
London) und Frank Godden, beide aus London. Dies hier
hervorzuheben, zeigt auch eine Neuorientierung in der internationalen Philatelie an. Hatten sich gerade Engländer
und Deutsche durch das unselige Geschehen des Ersten
Weltkrieges auseinandergelebt, total entfremdet, waren aus Freunden Feinde geworden, gerade auch in der
Philatelie, so erfolgte nun ein langsames internationales
Aufeinanderzugehen. Dies war auch Dr. Munks Verdienst,
dem später dafür in herausragender Weise Dank zugute
kam.16
Dass man zu dieser Zeit in England das Kohl-Handbuch
sehr genau zur Kenntnis nahm, lässt sich an vielen Beispielen belegen. So wurde die Lieferung des Gebietes
„Frankreich“, verfasst von Louis Meinertzhagen in englischer Sprache, von Munk ins Deutsche übersetzt, von
beiden überarbeitet und dann wieder ins Englische zurückübersetzt und vom Collectors Club Philatelist publiziert, als Paradebeispiel gewählt, um die Verbreitung solcher und weiterer Bearbeitungen in Monografieform auch
in englischer Sprache zu fördern.17 Lichtenstein und sein
New Yorker Club hatten dabei die Nase vorn, erwarben
sie doch gleich zu Ausgabebeginn die Übersetzungsrechte
am Kohl-Handbuch für den Club und dessen Zeitschrift.
Einzelne Folgen des Handbuches erschienen in den Jahren 1928 bis 1953 (!) auch im „Collector’s Club Philatelist“ des New Yorker Vereins.
1927 war Munk mit einer Porträt-Postkarte zum Deutschen Philatelistentag geehrt worden, 1928 erhielt er
die Österreichische Verbandsmedaille für philatelistische
Forschung, 1929 die Verdienstmedaille des Kjöbenhavns
Philatelistclub und 1931 stand für ihn eine Ehrung an, die
15 Germania-Berichte, Nr. 3/1927, S. 46
16 Eine Liste der Vereinsmitglieder findet sich im Anhang zu Kapitel 2.
17 The Philatelic Journal of Great Britain, Nr. 455/38. Jg., November
1928, S. 213
132 |
geradezu eine Kehrtwende der deutsch-englischen Beziehungen auf philatelistischem Gebiet darstellte: Als erster
Deutscher durfte er die „Roll of Distinguished Philatelists“
zeichnen, nachdem er schon zuvor, 1928, erlebt hatte,
wie die „Royal Philatelic Society, London“ dem Verein der
Freunde des Kohl-Briefmarken-Handbuches e.V. als Mitglied beitrat. W. Dorning Becton wird das Verdienst zugeschrieben, nach dem Ersten Weltkrieg die deutsche und
englische Philatelie wieder zusammengeführt, geradezu
„versöhnt“ zu haben. Insofern wurde die Auszeichnung
Munks in der deutschen Fachpresse „als Beweis für die
immer stärker werdende geistige Wiederannäherung der
beiden Völker“ bewertet.18 Nicht zu vergessen in diesem
Zusammenhang ist die Ehrung Munks durch den „Ersten
Vaterländischen Philatelisten-Verein“ in Budapest, der ihn
ebenfalls 1931 mit einer „Großen silbernen Medaille“ für
die Herausgabe des Handbuches ehrte.19
Besonderes Verdienst an diesen hohen Ehrungen dürfte
der IPOSTA 1930 in Berlin zugekommen sein, der Herbert
Munk als Vorsitzender der Jury angehörte und für die er
selbst dank seiner ausgezeichneten internationalen Kontakte im Vorfeld viel hatte tun können. Er motivierte die
namhaftesten Philatelisten jener Zeit, als Juror für die
IPOSTA zu arbeiten, er definierte die Ausstellungsklassen neu (Unterscheidungen zwischen Forschungs-, Spezial- und katalogmäßigen Sammlungen), er arbeitete eng
mit Heinrich Köhler, Prof. Dr. Erich Stenger, Dr. Paul Pirl
und Hans von Rudolphi zusammen. Kaum verwunderlich,
dass allein seine Freunde Alfred Lichtenstein und Frank
Godden mit 60 Exponaten zur Ausstellung angereist kamen.20 Ohne Frage: Nach dem Tod Carl Lindenbergs am
13. Juli 1928 war Dr. Herbert Munk unbestritten Deutschlands international angesehenstes „Aushängeschild“.
Zumal „sein“ Handbuch international ein ums andere
Mal „Gold-Medaillen“ einheimste: 1926 in New York und
Buenos Aires, 1927 in Straßburg mit einem Spezial-Ehrenpreis und 1933 bei der WIPA, wo es erneut zur GoldKlasse gehörte.21 1936 wurde Munk erneut in England
18 Das Postwertzeichen, 1931, S. 159
19 BBZ, Heft 5/1931, S. 72
20 Mehr zur IPOSTA 1930 ist im Buch von Wolfgang Maaßen: Begeisterung bis zum Exzess. Das Phänomen Erich Stenger, Schwalmtal
2006, S. 100–108, nachzulesen.
21 Die IPOSTA 1930 war für das Kohl-Handbuch sehr förderlich, indem
aus ihren Erlösen dem Verein der Freunde des Kohl-Handbuchs 3
000 Mark überwiesen wurden. Nicht als Barspende, sondern repräsentiert durch drei neue Mitgliedsorganisationen, den Pfeiler-Berlin,
den Gau Brandenburg des Germania-Rings und den Internationalen
Postwertzeichen-Händler-Verein zu Berlin, die damit je 1 000 Mark
Mitgliedsbeitrag zeichneten. Das Geld kam aus den Überschüssen
der IPOSTA. Vgl.: BBZ, Heft 2/1931, S. 24
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für seine literarische Arbeit ausgezeichnet: von der Royal
Philatelic Society in London. Dieses Mal mit der CrawfordMedaille.22 Zu dieser Zeit aber hatten sich in Deutschland
schon die politischen „Vorzeichen“ arg gewandelt und
sollten zu einem radikal-drastischen Ende der Handbucharbeit führen.
Im Vorwort zu dem im März 1936 von Munk fertiggestellten V. Band des Kohl-Handbuches war von ihm zu lesen:
„Leider zwingt mich mein Gesundheitszustand zum ersten
Male nach 14 Jahren dazu, die Arbeit am Handbuch eine
Zeit lang zu unterbrechen.“ Es war aber nicht eine ernstund dauerhafte Erkrankung, die Munk dazu nötigte, sein
Lebenswerk aufzugeben, sondern das in Folge seiner jüdischer Abstammung erzwungene Ausscheiden aus dem
Berliner Philatelisten-Klub und seine ihn rettende Übersiedlung in die damals als sicher geltende Schweiz.
Herbert Munk stellte mit der 40. Lieferung und des Erscheinens des V. Bands des Kohl-Briefmarken-Handbuchs seine Arbeit also zwangsweise ein. Anders kann man es wohl
kaum formulieren, denn sein freier Entschluss war dies wohl
nicht. Zurück in Deutschland blieben Kräfte, die schon Pläne einer völlig anderen Verbandsphilatelie hegten, pflegten
und durchzusetzen suchten. Herbert Munk entsagte zwar
der deutschen Philatelie, nicht aber der Philatelie gene22 Schon im Vorwort zum IV. Band des Handbuches im Dezember
1933 konnte Munk von einer in Arbeit befindlichen Übersetzung des
umfangreichen Großbritannien-Teils des Handbuches durch die Royal Philatelic Society in London berichten. Der Collectors Club in New
York, der ursprünglich die kompletten Übersetzungsrechte erworben
hatte, trat diese für diesen Teil großzügig an den Londoner Verein
ab.
rell. Er veröffentlichte noch zahlreiche Forschungsbeiträge,
nun aber über Schweizer Rayon-Marken in der „Schweizer
Briefmarken Zeitung“. Er erlebte aber auch noch eine Ehrung durch den Berliner Philatelisten-Klub 1949 und wurde
im gleichen Jahr zum Honorary-Life-Fellow der Royal Philatelic Society, London sowie zum Ehrenmitglied des Collectors Club in New York ernannt. Die Ehrungen erfolgten
noch gerade rechtzeitig, denn 1950 erkrankte der damals
75jährige schwer. Er starb am 19. April 1953. Mit ihm ging
ein Paul Kohl kongenialer Geist, dessen Lebenstragödie es
war, nicht nur sein Lebenswerk unvollendet zu sehen (es
reichte eben nur bis „Italien“), sondern auch gerade von
den „Sammlerfreunden“ ausgegrenzt zu werden, mit denen er immer eng zusammen gewirkt hatte. Gerade „sein“
Berliner Verein war und wurde damals zur treibenden Kraft,
die sich zerstörerisch gegen ihn und andere Mitglieder jüdischer Herkunft im Verein wandte. Es ehrt den Menschen
Herbert Munk in ganz besonderem Maße, dass er trotz all
dieses unseligen Geschehens 1949 mit Annahme der Ehrenmitgliedschaft einen Schritt zur Versöhnung ging. 2004
wurde er in die „Hall of Fame“ der American Philatelic Society aufgenommen.
Hans von Rudolphi veröffentlichte nachfolgend noch
weitere bereits schon vorliegende Lieferungen Munks,
außerdem eigene Bearbeitungen. Nach dem Zweiten
Weltkrieg gab es erneute Versuche, mittels eines Verein
Neues Handbuch das Werk fortzuführen, aber mangels
vergleichbar kompetenter Experten war all dies nur Stückwerk. Die Ära Munk blieb einzigartig in der Geschichte der
internationalen Philatelie.
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5.3
Publikationen über Fälschungen
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Literatur, also in erster Linie Fachzeitschriften und Bücher, ist objektiv betrachtet ein Medium der Information,
um Leser über für sie relevante und interessante Fakten
und Vorgänge zu unterrichten. Literatur verfolgt aus Sicht
des jeweiligen Autors oder Herausgebers allerdings auch
bestimmte Zwecke. Man kann sie – wie heute auch digitale Medien – zur Bekämpfung von Missständen einsetzen,
womit sie dann Mittel zum Zweck wird, sich gegen etwas
oder jemanden richtet, das oder den man bekämpfen will.
Verbände betrieben schon vor rund einhundert Jahren
Fachstellen zur Fälschungsbekämpfung und noch heute
heißt eine entsprechende Stelle bei der FIP, dem Weltverband der nationalen Sammlerverbände, „commission for
the fight against forgeries“. Es geht also eindeutig auch
um Bekämpfung. Letztlich bleibt dies eine dauerhafte
Auseinandersetzung mit der Sache und mit Personen,
die man durchaus auch als „Kampf“ bezeichnen kann.
Es wird zu zeigen sein, dass es durchaus seit Beginn der
Philatelie solche literarischen Versuche gab. Sie boten in
begrenztem Umfang durchaus Hilfestellung bei der Erkennung und Bestimmung von Fälschungen.
Der Begriff des „Erkennens“ schließt aber auch eine andere Dimension ein. Denn nicht alle Maßnahmen galten
dem „Kampf“, viele auch der Hilfe zur Selbsthilfe. Insofern
fühlten sich manche Autoren eher dem Ansatz verpflichtet, hierzu einen Beitrag zu leisten, denn nur wenn der
Sammler durch Studium von Marken und deren Merkmalen in die Lage versetzt wurden, diese selbst begutachten
134 |
zu können, nutzten derartige Veröffentlichungen, gleich
ob in Zeitschriften oder Büchern.
Dennoch – und auch darauf ist einzugehen – schaut
man einmal mit Abstand die allgemeine Fälschungs- und
Sammlerschutz-Literatur durch, fällt auf, dass deren Zahl
seit 150 Jahren sehr begrenzt ist. Zwar existieren ungezählte Artikel und Spezial-Studien zu einzelnen Fälschungen bzw. Gebieten, bei denen solche jeweils mit behandelt
werden, aber Kompendien und weit reichende Überblicke
wurden nur selten und nur von wenigen geboten.
Dies ist nicht allein der Schwierigkeit und Komplexität
des weltweiten Stoffes geschuldet, sondern in erster Linie
der über lange Zeit erforderlichen Dauerhaftigkeit, letztlich aber besonders auch den Fragen der Finanzierung
solcher Vorhaben. Daneben gibt es grundsätzliche Sachfragen zur Sinnhaftigkeit von Veröffentlichungen über Fälschungen überhaupt, denn man informiert damit ja auch
die, die es eigentlich nicht angeht, die Fälscher selbst.
Diese macht vielleicht damit gar noch so klug, erkannte
Fehler künftig zu vermeiden. Auch solche Fragen stellten
sich von Beginn der Philatelie an.
Erste Literatur zur Fälschungsbekämpfung
Es ist schon mehr als bemerkenswert, dass zwei der ersten Philatelie-Publikationen überhaupt Fälschungen gewidmet wurden. 1862 schrieb der namhafte Brüsseler
Händler Jean-Baptiste Moens, unterstützt von Louis Hanciau, „De la falsification des timbres-poste“. Im gleichen
Jahr wurde diese erste philatelistische Monografie sogar
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ins Englische übersetzt. Die von E. Doble vorgenommene
Übertragung trug den Titel: „On the falsification of postage stamps“ und erschien in Falmouth. Beides sind heute
Literaturraritäten, die nur selten auf dem philatelistischen
Markt angeboten werden.
Das Buch von Moens, eher ein bescheidenes kleinformatiges Büchlein mit 31 bedruckten Seiten, bot aus heutiger Sicht nur wenig an Information. Zwar betonte Moens
im Vorwort, dass die große Zahl von Fälschungen es notwendig erscheinen lasse, diese systematisch zu erfassen,
aber deren Beschreibung mangelte es durchgehend an
Details. Dafür führte er eine größere Zahl ihm bekannter
Essays auf, um offenbar diese von echten Briefmarken zu
unterscheiden. Auffällig ist allerdings, dass Moens keine
einzige damals schon existente Fälschung zum Schaden
der Post erwähnte, sondern nur solche zum Schaden der
Sammler. Entweder waren ihm erstere noch nicht bekannt oder er sah diese nicht als für Sammler gefährdend
an. Als gefährliche Fälschungen definierte Moens primär
Farbverfälschungen, also Marken, deren Originalfarbe
chemisch oder anderswie leicht in andere Farben, damit
in angebliche Raritäten, zu verwandeln waren. Davon gab
es tatsächlich nicht wenige.
Der zweite – oder je nach Zählung – dritte Titel erschien
kaum ein Jahr später. Die Verfasser waren Thornton Lewes und Edward Loines Pemberton. Der Titel lautete: „Forged Stamps. How to detect them”, gedruckt 1863. Die Autoren gaben in dem Werk auch – ähnlich wie bei Moens
noch völlig ohne jede Illustration – Hinweise, an welchen
Merkmalen man die Fälschungen der aufgeführten Marken erkennen konnte.
Pemberton gilt nicht erst seit heute als einer der führenden Pionierhändler jener frühen Zeit. Obwohl er zweifelsohne ein ausgezeichneter Kenner war, unterlief ihm
dennoch ein Fehler, den es anzumerken lohnt, zeigte er
doch die Probleme jener Zeit exemplarisch auf: Er hielt in
diesem Buch noch die „Doppelgenf“ für eine Fälschung!
Zwar korrigierte er dies im „Stamp Collector’s Magazine“
wenig später1, aber der Vorfall zeigt, wie schwer sich namhafte Katalog-Autoren mit den ersten genaueren Bestimmungen wirklich echter und deren Unterscheidung von
unechten Marken taten. Es waren offenbar noch eine Reihe anderer Mängel in dem Werk vorhanden, die Edward
L. Pemberton zur Korrektur und Ergänzung bewogen. Ursprünglich hatte Pemberton wohl eine Neuauflage der
Schrift angedacht, ließ diesen Gedanken aber fallen und
veröffentlichte diese statt dessen in verschiedenen Fort-
1 Stamp Collector’s Magazine, 2. Jg., 1864, Nr. 15, S. 62–63
setzungen in der Zeitschrift „The Philatelist“ von 1866 bis
1868.2
1865 erschienen gleich zwei weitere Publikationen zur
Fälschungsbekämpfung, beide wiederum in England.
Thomas Dalston veröffentlichte “How to detect forged
stamps”, Gateshead, und John M. Stourton: “Postage
stamps forgeries or the collector’s vade mecum”, London
– Birmingham.3
Thomas Dalston ging allerdings mit den Vorgängerwerken
hart ins Gericht. In seinem vierseitigen Vorwort verwies
er bereits auf die Notwendigkeit, die Fehler seiner Vorgänger zu korrigieren. Gerade die englische Übersetzung
des Büchleins von Moens hätte dies nötig, da bei den Beschreibungstexten mehrfach echte mit falschen Marken
verwechselt worden seien. Manchmal sei auch gar nicht
eine echte, sondern gleich zwei falsche Marken beschrieben worden. Pembertons Schrift stufte er wohlwollender
ein: die enthaltenen Mängel seien eher unbedeutendere
Irrtümer. Allerdings ziele dessen Beschreibung von Phantasiemarken an der Wirklichkeit vorbei, da diese nun
wahrlich nicht bedeutsam seien. Weitaus größere Gefahr
ginge von Faksimiles aus, die wie die von den Gebr. Spiro
in Hamburg gefertigten Nachahmungen weitaus gefährlicher seien, da teils gar mit Zähnung und Wasserzeichenpapier ausgeführt. Dalstons 38-Seiten-Schrift versuchte
– ausgehend von dieser eigenen Positionierung – dem
Sammler dann bessere Hinweise zu geben. Allerdings
blieb es auch hier bei Kurzbeschreibungen der echten
Marke, die den Erkennungsmerkmalen der Fälschung nur
mit Text, also ohne Abbildungen, gegenübergestellt wurden.
Der Trend, sich von Pembertons Ansatz abzugrenzen,
wurde bei dem zweiten Werk, das 1865 erschien, nämlich dem von J. M. Stourton, verlegt bei Trübner & Co. in
London, noch deutlicher. Schon im Titel hob dieser Autor
hervor, dass sein „Vade Mecum“ für Sammler nunmehr
700 Fälschungen mit dazugehörenden Beschreibungen
enthalte; Essays und chemisch verfälschte Marken seien ausgeschlossen. Stourton widmete seine Schrift Sir
Rowland Hill. Im Vorwort bekannte er, seit 1862 zu sam2 Vgl. „Supplement to Lewes and Pemberton’s ‚Forged Stamps: How to
detect them’“, Nachdruck von „The Philatelist“, 1866, 1867 und 1868,
insgesamt 30 Seiten, hrsg. Von Lowell Ragatz, Washington 1953
3 Alle bisher genannten frühen Fälschungsschriften, die bis 1868
erschienen, wurden von Lowell Ragatz in einem Sammelband: The
Early Philatelic Forgeries”, Washington 1953, zusammengefasst.
Dabei befindet sich auch eine englische Übersetzung von Moens/
Double; 2. Auflage von Pemberton. Es existiert ein weiterer Nachdruck der Durst Publication, New York 1979 unter dem Titel „Early
Forged Stamps Detector“, der aber nur die Publikationen von Pemberton-Lewes und Dalston enthält.
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meln und er betonte, auf Grundlage seiner Sammlung von
1 250 echten Marken sowohl zahlreichen Fälschungen
sähe er sich durchaus in der Lage, dieses Werk kompetent und sachkundig abzufassen. Gerade um genaue Angaben zu Markenfarben habe er sich besonders bemüht
und er danke – nicht nur dafür – Edward Pemberton für
seine Unterstützung. Allerdings: Auch seine Schrift blieb
ohne Abbildungen, Dalston beließ es bei reinen Kurzbeschreibungen.
Während sich im Deutschland der 1860er- und weitgehend auch der 70er-Jahre die Autoren meist auf allgemeine Hinweise in Katalogen und konkretere in den Fachzeitschriften beschränkten, bauten in England führende
Philatelisten auf den genannten Erstlingswerken auf und
führten diese fort. Von 1871–1881 veröffentlichten Edward L. Pemberton, W. Dudley Atlee und Robert B. Earée
67 Artikel unter dem Titel “Spud Papers” in verschiedenen Zeitschriften, die sich vorwiegend mit den Fälschungen der Spiro-Brüder auseinandersetzten.4
Daraus ging später das beste Fälschungswerk jener Jahre
hervor: „Album Weeds or How to detect forged stamps“.
Es erschien 1882 in erster Auflage mit einem Buchumfang von 560 Seiten, 1892 in zweiter Auflage (nunmehr
schon mit 726 Seiten) und 1906/07 sogar in einer dritten Auflage, die dann allerdings die letzte blieb. Dafür
bestand diese aus zwei Teilen mit 587 und 709 Seiten
Umfang. Dieses Werk war zweifellos instruktiv, allerdings
– aus heutiger Sicht – mit zu wenigen Illustrationen versehen.5
Earée war Geistlicher und in diesem Amt auch von 1880
bis 1890 in Berlin tätig. Dort kam er dann wohl auch mit
einem Mann zusammen, der kurz zuvor – erstmals überhaupt in Deutschland – ein Handbuch zur Fälschungsbekämpfung geschrieben hatte: Paul Lietzow. Sein Werk
„Das Schwarze Buch der Philatelie oder Neudruck und
Fälschung von Postmarken und Briefumschlägen“ aus
dem Jahr 1879 setzte fortan Maßstäbe, wenngleich auch
hier noch Abbildungen durchgehend fehlten. Carlrichard
Brühl wertete es in seiner „Geschichte der Philatelie“
1885 als eine „Kampfschrift gegen Fouré“, was so generalisiert nicht zutreffend ist, da es sich ja in erster Linie
mit den damals als Problem empfundenen Neudrucken
auseinandersetzte, die selbst von Postverwaltungen herausgegeben wurden. Zwar wurden in einem Beitrag zu
4 Die “The Spud Papers” existieren ebenfalls als Nachdruck von Lowell Ragatz aus dem Jahr 1950. Dieser enthält auf 168 Seiten alle
67 Artikel, die von 1871 bis 1881 in “The Philatelist” erschienen.)
5 Zwischen 1950 bis 1970 gaben Lowell Ragatz & Jim Beal einen
Nachdruck dieser dritten Auflage in acht Bänden heraus, der zuweilen noch erhältlich ist.
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Schluss des Buches auch Fouré und dessen Fälschungen mehr oder weniger deutlich angesprochen, aber die
Mehrzahl der aufgeführten „Falsifikate“ stammten nicht
von diesem, sondern waren amtlich oder privat veranlasste Neudrucke, die von Original-Druckwerkzeugen (Platten,
Prägestempel) von Postverwaltungen oder von privater
Seite veranlasst waren.
Damit ist eigentlich auch schon die Zahl nennenswerter
allgemeiner Werke, die sich generell mit Fälschungen und
deren Erkennung im 19. Jahrhunderten beschäftigten, genannt. Weder einzeln erwähnt noch sonderliche Berücksichtigung fanden dabei die frühen Fachzeitschriften, die
von Beginn es als ihre ureigenste Aufgabe ansahen, mit
Beiträgen aller Art vor Fälschungen (Nach- und Neudrucken, Faksimiles) und Verfälschungen zu informieren. Die
Zahl derartiger Kurzstudien ist Legion und hier nicht zu
berücksichtigen.
Rolle und Zwiespalt der Fachzeitschriften
Sollte man Fälschungen und deren Beschreibungen überhaupt veröffentlichen? Dieser Frage widmete sich bereits
vor mehr als hundert Jahren Otto Rommel aus Leipzig.6
Rommel verwies auf das „Handbuch der Philatelie” von
Richard Krause, das 1888 bei Ernst Heitmann in Leipzig
erschienen war und als eines der frühen „wissenschaftlichen“ Handbücher in Deutschland galt, ähnlich dem wenig später von Otto Teltz begonnenen, dann von Carl Lindenberg u.a. weitergeführten „Handbuch der Philatelie“.
Von diesen in der Regel die Briefmarkenausgaben länderweise und chronologisch bearbeitenden Handbüchern
meinte er, dass sie zu wenig Aufklärungsarbeit leisten
und forderte die „Koryphäen der philatelistischen Wissenschaft“ auf, aus ihrer Untätigkeit zu erwachen.
Zwar gäben diese als Grund der gebotenen Zurückhaltung in Sachen Fälschungsveröffentlichungen häufig an,
„diese Weisheit tauge nicht für die Oeffentlichkeit, da die
Fälscher in erster Linie aus ihr Vortheil zum allgemeinen
Nachtheil schöpfen würden“7, aber die Stichhaltigkeit einer solchen Argumentation sei nicht gegeben. Echte Marken seien ja im Besitz der Fälscher und diesen bekannt.
An Fälschungen als Vorlage zu weiteren Fälschungen seien diese wahrlich nicht interessiert. Rommel vermutete
andere Gründe, „einerseits eine gewisse Wichtigthuerei und das Bestreben, sich von der grossen Masse der
unwissenden Philatelisten anstaunen zu lassen, andererseits sogar das liebe Geschäftsinteresse, da die Un6 Otto Rommel: „Fälschungshandbücher und Reformbedürftigkeit unserer Sammlervereine und Fachpresse“ in der Illustrirten Briefmarken Zeitung, Nr. 17, 4. Jg., 1. September 1891, S. 345 ff.
7 Derselbe, a.a.O., S. 346
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wissenden ihre ‚Fünfer’ in ungezählten Massen für Prüfungsgebühren zu bezahlen haben.“8
Den wahren Schutz gegen Fälschungen sah Rommel nur
im Erwerb von Kenntnissen und Kompetenz. Ein „Vertrauliches Korrespondenzblatt“, ein in Deutschland zur damaligen Zeit weithin verbreitete Verbandsblatt für Vereine,
könne dies wirklich nicht leisten, denn bei dem Einzelnen
müsse für größere Aufklärung gesorgt werden. Auch die
Vereine seien – was die Aufklärung angehe – reformbedürftig, Vorträge zum Thema seien „Oasen in der Wüste“9
und aus diesen erfahre man gerade das Wichtigste nicht:
die Kenntnis der Echtheitsmerkmale. Selbst in Vereinen
teilten die Wissenden nicht ihr wirkliches Wissen.
Rommel forderte damit die Gruppe der Wissenden heraus, eine Antwort konnte nicht ausbleiben. Schon in der
nächsten Nummer der Fachzeitschrift10 folgte eine Erwiderung, die allerdings namentlich nicht gekennzeichnet
war, aber vermutlich von den Redakteuren der Zeitschrift,
Alfred Moschkau und/oder Hugo Schwaneberger stammte. Diese brachten den Einwand, dass die Wirklichkeit zeige, dass Sammler nun wirklich nicht engagiert lernen und
lesen wollten, selbst an der Bereitschaft, sich einmal die
Marken intensiver anzuschauen, hapere es vielfach.11 Ein
„Handbuch der Fälschungen“ sei schon insofern Illusion,
weil es ja noch nicht einmal dessen Voraussetzung, ein
„Handbuch der Originale“ gebe. Würde man beides zusammenziehen, wäre auch der Umfang doppelt so groß!
Mit Blick auf die oben bereits vorgestellten FälschungsHandbücher von Moens, Pemberton und Earée meinten
die Autoren: „Die Versuche, Falsificaten-Cataloge anzulegen, haben wenig Erfolg gehabt und reizen nicht zur
Nacheiferung“. Und eher polemisch: „Wer nicht einmal
in der Lage ist, den Fälschungsschund zu erkennen vermag, der thut besser, auf das Markensammeln ganz zu
verzichten.“12 Den Vorwurf, dass die „Wissenden“ ihr Wissen aus Geschäftsgründen für sich behalten, ließen die
Autoren bestenfalls für Händler gelten, nicht für die Presse, die ja ständig bemüht sei, Wissen weiterzugeben.
W. Müller griff diese Debatte 1896 in einem mehrteiligen
Beitrag im „Austria-Philatelist“.13 Er verwies darauf, dass
Warnungen in der Presse schon nach wenigen Wochen
8 Derselbe, a.a.O., S. 346
9 Derselbe, a.a.O., S. 347
10 Illustrirte Briefmarken Zeitung Nr. 18
11 Vgl.: Illustrirte Briefmarken Zeitung, Nr. 18, 4. Jg., 1891, S. 367
12 Vgl. Illustrirte Briefmarken Zeitung Nr. 18, 4. Jg., 1891, S. 368
13 W. Müller: Soll man Markenfälschungen nur einfach melden, ohne Angabe ihrer Abweichungen vom Original, oder solche mit allen
Merkmalen eingehend beschreiben?, in: Austria-Philatelist, 3. Jg.,
Nr. 10/15. Mai 1896, S. 205 ff.
vergessen seien, man diese nicht ständig wieder auffrischen könnte, Handbücher aber ebenfalls schnell angesichts der neuen Fälschungen veralten.14 Alles, was da
bisher unternommen wurde, sei mehr oder weniger nutzlos. Das gelte auch für diesbezügliche Versuche spezieller
Vereine wie der Londoner „Philatelic Protection Association“ oder der „Society for the Suppression of speculative
Stamps“. Aber auch Farbtafeln – Scott Stamp Co. hatte
eine erste Farbenkarte mit 142 verschiedenen Farben herausgegeben – nützten nicht viel, da diese doch von den
Originalfarben der Marken häufig abwichen. Selbst die
Beschreibung von Stempelfälschungen unterstütze nur
das Fälschungsunwesen, denn durch die Beschreibung
„wird es den Fälschern möglich gemacht, Stempel dann
leichter richtig nachzuahmen.“15
Sich gegen etwas auszusprechen, war zweifelsohne leichter als selbst etwas Neues zu schaffen. Es blieb Paul Ohrt,
dem späteren Gründer des Germania-Rings und dem Leiter der Prüfstelle jenes Verbandes, vorbehalten, 1912 das
Thema erneut in der Presse aufzugreifen. „Was heute in
der Philatelie alles gefälscht wird, geht auf keine Kuhhaut“, meinte Paul Ohrt zu Beginn seines Artikels16 und
zitierte Carl Lindenberg, der in einem Editorial der „Deutschen Briefmarken-Zeitschrift“ schon 1905 geschrieben
hatte: „Die Erkenntnis, dass das philatelistische Sammelgebiet zu groß geworden ist, dass der Aufwand an Mitteln
und Kenntnissen, der zur Beherrschung der gesamten
Philatelie gehört, die Kräfte des einzelnen übersteigt,
muss jedem kommen, der mit offenen Augen in unserer
Liebhaberei steht.“17
Ohrt belegte diese Behauptung mit Hinweisen auf die
immer zahlreicher werdenden falschen Abstempelungen
außer Kurs gesetzter Restbestände /Landpostmarken
Baden, aller Markenwerte von Bergedorf, MecklenburgStrelitz u.a., der falschen Aufdrucke auf ansonsten echten Marken (Süd-Bulgarien, Luxemburg-Dienstmarken,
deutsche Kolonialmarken von Marokko, Futschau, Tientsin u.a.), auf chemische Fälschungen (gelber Merkur
aus ursprünglich blauem), falsche Umrandungen, falsche
Durchstiche und Zähnungen, falsche Gummierung, Fälschungen aus verschiedenen echten Markenteilen usw.
Meldungen in Zeitschriften hätten angesichts dieser
Schwemme immer nur einen sehr kurzzeitigen Wert, sie
seien häufig nach Jahren vergessen. Deshalb gäbe es
nur ein Mittel: ein philatelistisches Nachschlagebuch,
ein „Handbuch aller bekannt gewordenen Fälschungen“.
14 W. Müller, a.a.O., S. 206
15 W. Müller, a.a.O., S. 207 und 208
16 Vgl. Die Post, 1912, S. 41–44
17 Vgl.: DBZ, 1905, S. 1
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Dies habe ja bereits 1882 in erster und 1892 in zweiter
Auflage der englische Geistliche Robert Earée im Stanley
Gibbons Verlag publiziert („Album Weeds or how to detect
forged stamps“), aber es sei sehr unzweckmäßig und wenig übersichtlich gewesen, vor allem hätten dem Werk die
Abbildungen der Fälschungs-Kennzeichen gefehlt.
So blieb es bei mehr oder weniger Versuchen Einzelner,
den Fälschungen und den Fälschern beizukommen. Letztlich war dies, weder rechtlich noch fachlich, kaum mit Literatur – gleich ob in der Presse oder in Form von Handbüchern – möglich, wie man heute weiß. Nur mit Experten,
die jeder für sich ihr Wissen nutzen und somit dem Sammler Halt und der Philatelie Stabilität gaben. Dennoch sollte
auch im 20. Jahrhundert die Kompendien-Literatur über
Fälschungen noch eine bedeutende Rolle spielen.
Spätere Fälschungs-Literatur
Namen bekannter Fälscher oder Fälschungsvertreiber
wie z. B. Georges Fouré in Deutschland, François Fournier
in der Schweiz oder gar Jean Sperati in Frankreich lösten
vor 100 Jahren eine Flut von Publikationen aus, die hier
nur exemplarisch auch für die Nachfolgejahre zu benennen ist.
Der Belgier Fernand Serrane (gestorben 1933) versuchte, mit seinem französisch-sprachigen Werk „Vademecum
du spécialiste-expert en timbres-poste“, herausgegeben
in zwei Bänden (Europa, Übersee), Nice 1926 – Bergerac
1929, Fälschern und ihren Produkten beizukommen.18
Die Stärke des Werkes lag in der umfassenden Beschreibung der Fälschungen, weniger in den Abbildungen, die
es nur zu einigen Fälschungen, zumeist in gezeichneter
Form, gab.
„Kinderkrankheiten“ hatten auch andere Nachfolgewerke. Zum Beispiel das bis heute hin vielfach genannte
„Große Handbuch der Fälschungen“ von Otto E. Stiedl
und Fritz Billig, das in Wien von 1933 bis 1938 in 44 Lieferungen erschien. Dieses umfangreiche Werk bot nur sehr
kurz erläuternden knappen, eher stichwortartigen Text,
zwar jeweils mit vergrößerten Foto des Originals sowie der
Fälschung, aber ohne Angaben zur Entstehungszeit und
Ursprungsort resp. der „Werkstatt“ der Fälschung.
Es gab weitere Versuche einzelner Philatelisten, auch einzelner Verbände, umfangreiche Handbücher verschiedener Art zu produzieren. So z.B. von dem Deutschen Arthur
18 Ein anonymer Nachdruck existiert aus den 70er-Jahren des 20.
Jahrhunderts. Dieser soll wohl bessere Abbildungen als das Original
aufweisen. Eine Übersetzung ins Englische erschien von November
1992 bis Dezember 1995 in ‚The American Philatelist’. Die American Philatelic Society gab diese Serie dann in Buchform unter dem
Titel „The Serrane Guide. Stamps Forgeries of the World to 1926“ in
einem Band von 416 Seiten 1998 heraus.
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Schröder, der zwischen 1935–1949 sein Werk „Schach
den Fälschungen“ publizierte.19
Gerade die ersten Folgen dieser Reihe waren durchaus
von ausgezeichneter Qualität. Die erste Lieferung umfasste 48 Seiten auf Kunstdruckpapier, auf denen die
zahlreichen Abbildungen, auch die von Schroeder herausgearbeiteten Vergrößerungsmerkmale der Fälschungen – jeweils im Vergleich zu echten – bestens herauskamen. Zwei weitere Lieferungen in vergleichbarem Umfang
erschienen ebenfalls 1935, eine vierte 1935/36. 1937
gab es dann eine zweite, verbesserte Auflage, in der auch
zahlreiche neu bekannt gewordene Fälschungen von A bis
Z, richtiger gesagt von Albanien bis Westthrazien, Bearbeitung fanden.
Was Dr. Schroeders Werk zweifelsohne aus der Masse anderer, aber auch von den vorgenannten hervorhob, war,
dass er es verstand, die Fälschungen nicht nur sehr ausführlich und detailliert zu beschreiben (diese müssen ihm
vielfach wirklich vorgelegen haben und von ihm selbst untersucht worden sein), sondern dass er auch Original wie
Fälschungen abbildete und zusätzlich auch die relevanten
Unterscheidungsmerkmale in vergrößerter Form bei den
echten wie falschen Marken kunstvoll herausarbeitete.
Dies war ein hoher Aufwand, den in dieser Form kaum ein
anderes Werk vor ihm und nach ihm geleistet hat. Zumal
nicht weltweit, wobei der Autor selbst keinen enzyklopädischen Anspruch verfolgte.20
In den 1950er-Jahren erschien von Lowell Ragatz eine
kurze Bibliografie der Literatur zu Fälschungen.21 Prof. Lowell Ragatz, von Beruf Historiker, machte sich auch durch
die von ihm veranlassten Nachdrucke früher Fälschungsliteratur einen Namen, ebenso mit der von ihm unter Pseudonym (Georg oder Janet von den Berg) über 25 Jahre
geführten Artikelserie „Philatelic Notes“ in der Zeitschrift
„Stamps“, die jeweils Fälschungen und deren Merkmale
zum Thema hatte.22 Zwei Jahre bevor Ragatz starb, 1978,
19 Die erste Lieferung erschien 1935, weitere 1937, eine fünfte Lieferung datiert aus dem Jahr 1938, eine erste Nachkriegslieferung von
1949. Grundsätzliche Gedanken und Anregungen zur Fälschungsbekämpfung von Arthur Schroeder erschienen 1947.
20 Dr. Manfred Amrhein, der in seiner bisher vierbändigen Enzyklopädie zur philatelistischen Literatur auch die wesentlichen Werke zu
Fälschungen listete, beschreibt die Periodika von Dr. Arthur Schroeder nicht näher, führt sie aber in seiner bibliografischen Übersicht
auf. Vgl.: Philatelic Literature, Band 2, The Literature on Forgeries, S.
77–89, hier S. 89. Ältere Werke des 19. Jahrhunderts zum gleichen
Thema finden sich in Band 1, S. 49–50 und S. 103–105
21 Vgl.: Lowell Ragatz: An introduction to the literature of philatelic Forgeries, Washington D.C., ohne Jahr, 15 Seiten
22 Siehe hierzu: Manfred Amrhein, The Philatelic Literature, Band 2, S.
77/78
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hatte Varro E. Tyler seine Biografie „Philatelic Forgers“ in
London bei Robson Lowe publiziert. Die Erstauflage präsentierte 84 Biografien angeblicher oder tatsächlicher
Fälscher (zuweilen auch nur Fälschungsvertreiber), eine
1991 veranlasste Zweitauflage bereits 150, wobei in diesen Büchern weniger die Fälschungen als deren Urheber
im Blickpunkt standen.
Aber auch Verbände, zumal Prüferverbände, nahmen
sich der Fälschungen literarisch an, wie zwei ausgewählte Beispiele aus neuerer Zeit zeigen mögen. Seit 1983
veröffentlicht die „Philatelic Foundation“ in den USA „Philatelic Expertizing – OPINIONS. An Inside View“ in gewissen Abständen Bücher, in denen Studien zu Fälschungen
teurer Marken vorgestellt werden. Dem ersten Band aus
dem Jahr 1983 mit 141 Seiten Umfang, folgte 1984 ein
zweiter mit 229 Seiten, 1986 einer mit 198 Seiten, 1987
mit 244 Seiten, 1988 mit 252 Seiten, dann wurde es erst
einmal ruhig. 1992 gab es einen weiteren Band in dieser
Reihe mit 226 Seiten Umfang, 2006 einen mit 212 Seiten
und 2010 den bislang letzten mit 243 Seiten (Band 8). Zu
den ersten fünf Bänden existiert ein sehr hilfreicher 1990
erschienener Index, in dem alle Fundstellen der Fälschungen mit Infos nachgewiesen sind (163 Seiten).23
Zu dieser Klasse der Fälschungsliteratur zählt auch die
jüngere Reihe der jährlich erscheinenden Bücher „Fakes
– Forgeries – Experts“, die von der AIEP (Association Internationale des Experts Philatelique) und bis 2012 von
der FIP (Federation Internationale de Philatélie) herausgegeben wurden. Es handelt sich um großformatige Bücher, in der Regel bis zu 200 Seiten, im hochqualitativen
Farbdruck aufwändig produziert. 1998 erschien der erste
Band, mittlerweile sind es fünfzehn Bände (2012), in denen namhafte Experten, meist Prüfer und Mitglieder der
AIEP, neue Fälschungen in zahlreichen Detailvergrößerungen präsentieren, auch die Tricks der Verfälscher beschreiben. Die alte Debatte, ob es sinnvoll sei, Fälschungen und deren Merkmale zu veröffentlichen, hat hier also
eine eindeutige Antwort gefunden.
Ein „Weltkatalog der Fälschungen“? Dies wird wohl ein
Traum bleiben, auch wenn es ein Buch mit solch einem Titel gibt. Der von G. Kock herausgegebene „World Forgery
Catalog. A Reference List of Stamp Forgery Descriptions“
erschien in einer Erstauflage 1998. Auf 90 Seiten wurden
3 000 Marken oder Serien aufgeführt, meist klassische
Marken, dazu aber nicht deren Fälschungen vorgestellt,
23 Einen wertvollen Überblick über die aktuelle Literatur zum Thema
Fälschungen und Fälschungen bietet, auch nach Ländern und Sammelgebieten differenziert, die Internetseite von Leonard H. Hartmann: http://www.pbbooks.com/fake.htm
sondern rund 7 500 Quellenverweise auf diesbezügliche
Literatur gegeben. Es handelte sich also – genau genommen – um eine Bibliografie.
Wenn schon kein Weltkatalog, dann wären doch länderbezogene Fälschungs-Handbücher denkbar. Diese gab es
und wird es auch künftig sicherlich geben. Zum Beispiel
für Deutschland. Bekannt ist das „GPS Reference Manual
of Forgeries“, das seit 1975 von dem 1998 verstorbenen
Dr. Werner Bohne mit 14 Bänden und 42 Nachträgen zusammengestellt und von der US-amerikanischen Germany Philatelic Society (GPS) vertrieben wurde. Allein in den
ersten einundeinhalb Jahren nach Beginn dieses Projektes konnte Dr. Bohne mehr als 350 einseitig bedruckte
Blätter vorlegen. Insgesamt zählt das Handbuch nahezu
6 000 Blatt, – ein Umfang, der von keinem anderen Werk
dieser Art bisher je erreicht wurde. Da selbst beim Herausgeber keine kompletten Handbücher mehr vorhanden
sind, wurde 2001 von der GPS beschlossen, dieses Handbuch zu digitalisieren. Seit einiger Zeit ist dieses Vorhaben abgeschlossen und es liegt in Form von elf CD-ROM
vor, die von Altdeutschland bis zur jüngsten Vergangenheit alle Fälschungen auflisten, dokumentieren und abbilden, die Dr. Bohne bekannt waren. Auch dieses Handbuch
beschränkt sich – ähnlich wie das von Stiedl/Billig auf die
fotografische Vergleichsreproduktion und zugehörende
kurze Beschreibung der Erkennungsmerkmale.
In Kanada erschien eine Reihe „Forged Postage Stamps“
von H. Bynof-Smith, in der Albenblätter mit Anmerkungen reproduziert wurden: zu den Amerikas (206 Seiten,
1991), zum Britischen Empire (206 Seiten, 1990), zu Afrika und Asien (145 Seiten, 1992), zu Europa – Albanien
bis Griechenland (230 Seiten, 1994) und Ungarn bis Ukraine (213 Seiten, 1993), von denen selbst Anbieter sagen: Nützlich, aber keine detaillierten Studien.
Systematische Studien
Ist damit die Zeit der Versuche großer Fälschungs-Handbücher – allein ein Handbuch über Neudrucke deutscher
Marken, von Paul Ohrt zwischen 1906–1928 in drei Teilen
mit insgesamt über 670 Seiten veröffentlicht, brauchte
30 Jahre – endgültig vorbei? Es hat den Anschein, zumal
das Internet insgesamt hier eine Fülle an dauerhafter und
weit umfassenderer Information bieten kann, wenngleich
man diese jeweils einzeln suchen und zusammentragen
muss. Die angesichts von mehr als 600 000 Briefmarken
weltweit kaum noch überschaubare Zahl möglicher Fälschungen, aber auch der Phantasiemarken („Bogus“ und
„Cinderellas“), sind literarisch, zumindest in gedruckter
Form, kaum noch in den Griff zu bekommen. Bestenfalls
je Land und Gebiet mit Einzelarbeiten.
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Umso mehr Bedeutung kommt und kam auch schon früher deshalb grundsätzlichen methodischen Studien zu,
die die Arbeitsweise, die Techniken der Fälscher und deren Verfälschungen exemplarisch herausstellten. Ein frühes Buch dieser Spezies war „Forgeries and Fakes“ von
Alexander J. Sefi, eine Monografie, die 1929 zum Philatelic Congress von Großbritannien publiziert wurde.24 1989
publizierte auch der bekannte Experte Jean-François Brun
ein Werk („Faux et Truqués“), in dem er nicht einzelne Fälschungen, sondern die Methoden zur Entdeckung von Fälschungen näher beschrieb. Das 136 Seiten umfassende
Buch (mit 300 Abbildungen, davon 39 in Farbe) erschien
in mehreren Auflagen als Nachdruck und wurde sogar unter dem Titel „Out-Foxing the Fakers“ 1993 ins Englische
übersetzt.
Biografische Publikationen
Dieser kleine Überblick über die bedeutenderen Werke,
weil in der Regel weltweiten Erfassungsversuche früherer
Zeiten, wäre sicherlich nicht vollständig, ohne zumindest
beispielhaft einige besondere Arbeiten zu erwähnen, die
eher biografisch-dokumentarisch das Wirken einzelner
namhafter Fälscher aufzuzeigen suchten.
In summarischer Kurzform publizierte bereits 1976 Varro
E. Tyler über „Philatelic Forgers, Their Lives and Works“.
Der damaligen 60 Seiten-Erstauflage folgte eine nur gering ergänzte, allerdings dank neuer Gestaltung mit 165
Seiten deutlich umfangreichere Zweitauflage 1991. Dem
Werk sind durchaus wertvollen Daten und Fakten zu entnehmen, auch werden exemplarisch bei manchen Fälschern „Arbeitsbeispiele“ gezeigt. Allerdings fehlt es an
fachlich hinreichender Anwendung eines differenzierten
„Fälschungs“-Begriffes, was dazu führt, dass man nicht wenige Philatelisten oder Firmen dort vorgestellt sieht, denen
man nie und nimmer die Herstellung und/oder den wissentlichen Vertrieb von Fälschungen unterstellen würde.
Fachlich versiert und fundiert begegnet einem die 1997
veröffentlichte 104-Seiten-Studie „The Oneglia Engraved
Forgeries ...“ von Robson Lowe und Carl Walske, in der Oneglias Arbeit mittels 788 registrierten klassischen im Tiefdruck gravierten Briefmarken aus 30 Ländern vorgestellt
wird. Auf ähnlichem Niveau ist die Arbeit von Robson Lowe
„The Oswald Schröder Forgeries“ aus dem Jahr 1981 anzusiedeln, die zwar nur 20 Seiten umfasste, aber Erschöpfendes auch mit zahlreichen Abbildungen zu diesem bekannten deutschen Fälscher ans Tageslicht brachte.
Heute bereits legendär ist Robson Lowes Buch „The Work
of Jean de Sperati“, das 1955 von der British Philatelic As24 Auch von dieser Arbeit gibt es einen Ragatz-Nachdruck (28 Seiten),
der um 1960 erschien.
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sociation im grünen Ledereinband für die Teile 1 und 2 erschien. In der Regel werden davon die ersten beiden Bände (Teil 1: Text, Teil 2: Plates) angeboten, es gibt aber auch
noch einen Teil 3 (Tests) und sogar einen Teil 4 mit zwölf
Original-Sperati-Replikaten. Die Bände 1 und 2 erschie­nen
ein Jahr später noch als sog. „Bibliotheksausgabe“ im roten
Ledereinband, zu der es auch noch den Teil 3 gab.
In der Ausführung der Erstauflage von 1955 erschien 2001
ein von Robson Lowe und Carl Walske verfasster Nachtragsband, der allerdings für sich ein völlig neues (Ergän­
zungs-)Buch darstellt: 218 Seiten und vier Farbtafeln in­for­
mieren über die nach 1955 bekannt gewordenen, damals
noch nicht entdeckten Produkte des Fälschers. Zur Person Speratis, gerade auch aus familiärer Sicht, bietet ein
jüngeres Werk von 2003, geschrieben von Lucette Blanc-­
Girardet, „Jean de Sperati – L‘homme qui copiait les timbres“, aufschlussreiche Details und nicht bekannte Fotos.
Drei vergleichbare Werke mögen diesen Überblick abschließen: „The Yucatan Affair. The Work of Raoul Ch. de
Thuin, Philatelic Counterfeiter“, ein umfangreiches Buch,
das von Redakteuren der American Philatelic Society
1974 veröffentlicht, die Arbeiten dieses belgischen, nach
Mexiko ausgewanderten Fälschers seit der Mitte des 20.
Jahrhunderts dokumentiert. De Thuin fälschte vorwiegend Aufdrucke auf Marken zahlreicher Länder, speziell
Süd- und Mittelamerikas, die sich so in Seltenheiten verwandelten (die ursprünglich aufdrucklosen Originale waren wenig wert). 1980 gab es von dem Werk eine 523
Seiten umfassende Neuauflage.
In neuerer Zeit überraschte neben einem deutschsprachigen Buch von Reinhard Metz „Georges Fouré. Die Geschichte eines genialen Philatelisten und Fälschers“ (352
Seiten, Hardcover, alle Abbildungen der gefälschten altdeutschen Ganzsachen in Farbe, Schwalmtal 2009) ein
„Workbook. Notes on Reprints ad Forgeries of Columbian
Stamps“ von Dieter Bortfeldt, das in drei Teilen erschien:
Teil 1 (The Classic Period 1859–1868, 211 Seiten, 2004),
Teil 2 (The Sovereign States of Columbia. Antiquia, Bolivar, Boyaca, Cundinamarca, Tolima, Panama (252 Seiten,
2007) und Teil 3 (The Colombian Airmails (240 Seiten,
2007), jeweils in englischer Sprache verfasst und in Kolumbien gedruckt.
Eines zeigen die hier genannten, aber auch die tausenden ungenannten Arbeiten allemal: Die Geschichte der
Fälschungen und ihrer Urheber ist eine unendliche Geschichte und wird die Philatelie durch alle Zukunft begleiten, Autoren aber auch immer wieder zu deren Erkennung
und Bekämpfung herausfordern.
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De Thuin vor und nach dem APS-Aufkauf
Leonard H. Hartmann
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Der Fälscher Raoul Ch. de Thuin war gleich in mehrfacher
Hinsicht talentiert: als Künstler, als Zeichner mit Kenntnissen über Farbe und Papier, wobei ihm durchaus seine
Möglichkeiten und Grenzen bewusst waren. Am besten
war er als Betrüger und Gesetzesflüchtling. Raoul de Thuin zielte speziell auf Menschen mit geringem Wissen um
das in Frage kommende Material ab, zumal auf Gebiete,
über die man wenig wusste.
Anders als Sperati, Fournier, Ongelia, Wada etc., die Briefmarken in exzellenten Details reproduzierten, beschränkte sich de Thuin überwiegend auf Aufdrucke und Stempel.
Seine eigenen Versuche, Stichtief- oder Buchdruckmarken zu fälschen, waren nicht sonderlich erfolgreich und er
konnte diese auch nie vermarkten. Falsche Stempel und
Aufdrucke sind aber schwerer zu entdecken, zumal wenn
sie auf echten Marken geringeren Wertes erscheinen. Angesichts der Nachdrucke und Fälschungen Dritter war seine Investition zu seiner Zeit und Blick auf seine Begabung
sehr gering.
De Thuin war offensichtlich Belgier von Herkunft. Er nahm
sein Fälschungsgeschäft 1916 auf, als er 26 Jahre alt
war. 1931 wurde er als Verkäufer von Fälschungen anstatt echter Marken in Brüssel verurteilt, da er solche unter dem Namen seiner Verlobten, Frl. Gualandi, und anderen Namen vertrieben hatte. Er wurde verurteilt zu sechs
Monaten Gefängnis und zu einer Geldstrafe von 3 500
frs. mit der Möglichkeit weiterer drei Monate Haft. Es ist
bekannt, dass de Thuin 1931 in Mexiko ankam, dort abgeschoben wurde und letztlich in Honduras eintraf, wo er
1936 ausgewiesen wurde. In den 1940er-Jahren hielt er
sich in Mexiko auf und zu allerletzt zog er nach Ekuador
im März 1971, in das Herkunftsland seiner Frau.
Seit den 1920er-Jahren war er ein guter Partner und
Freund eines anderen bekannten Fälschers: Angelo Panelli. Diese Freundschaft zwischen beiden bestand bis
Panellis Tod im Jahre 1967. De Thuin steuerte seine Stempel zu gefälschten Marken bei, von denen er behauptete, dass diese von Panelli stammten. Allerdings sagte er
auch, dass Panelli die Fälschungen nur vertrieb, nie, dass
dieser sie selbst hergestellt habe.
Die gefälschten Stempel, die er vor 1966 auf originalen,
nachgedruckten oder anderweitig veränderten Marken
aufbrachte, waren häufig von derart guter Qualität, dass
diese leicht einen Sammler täuschen konnten. In vielen
Fällen wurden selbst sogar ein Spezialist oder ein Experten irre geführt. Seine verfälschten Briefe sind in der Regel
recht plump fabriziert und dürften kaum einen getäuscht
haben. Allerdings sind die Mehrzahl, die der Autor selbst
gesehen hat, während seiner späten Jahre entstanden,
um diese an Sammler von Fälschungen zu verkaufen und
deshalb war er vermutlich nicht mehr imstande oder an
der Beachtung von Details interessiert. Er besaß zwar ein
fundiertes Wissen über die Grundlagen von Briefmarken,
Farben und Papier, aber keine sonderliche Kenntnis der
Postgeschichte, von Raten und Routen, der zutreffenden
Verwendung etc.
De Thuin fälschte Briefmarken von sehr einfacher Gestaltung, z.B. früher Ausgaben von Afghanistan, Bundi, Jammu-Kashmir, Poonch und andere, für die es seiner Angabe nach eine gute Nachfrage in Europa gab.
Aber seine Haupttätigkeit richtete sich in erster Linie auf
die Aufdrucke, meistens südamerikanischer Marken, bei
denen die Marken selbst nur von geringem Wert waren,
diese aber mit einem seltenen Aufdruck und Stempel ein
vielfaches des Wertes der Normalmarke erreichen konnte. Aufdrucke waren schwieriger zu beurteilen, da vorhandene Abbildungen selten waren und es zahllose Abweichungen gab. In einigen Fällen behauptete de Thuin, dass
seine Aufdrucke echte Originale seien, was sein, aber
auch nicht sein konnte.
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Später verlegte er sein Bemühen auf die seltenen Bezirksaufdrucke und Stempel von Mexiko, da diese häufig
recht einfach ausgeführt waren, aber viel Geld einbrachten.
Seine Arbeiten konnten auch recht gut sein. 1962 lieferte
er eine große Sammlung früher Ausgaben Mexikos – angeblich von einem Professor Hormer Lizama stammend
– bei H. R. Harmers Ltd. in London ein und erhielt dafür
einen Vorschuss von 5 000 Brit. Pfund. Ein Auktionskatalog in üblicher gut gedruckter, aber auch einer auf leichtem Papier, wurde für den Verkauf vom 28./29. Mai vorbereitet. Allerdings wurde die Auktion abgesagt, nachdem
man entdeckt hatte, dass die Mehrzahl des Materials Fälschungen waren; nur einige wenige Kataloge waren abgegeben worden.
Es hat den Anschein, dass eine Reihe seltener früher einmal in führenden Katalogen erfasster Aufdrucke, die heute nicht mehr gelistet sind, auf de Thuin zurückgehen. In
den späten 1950er-Jahren wurden viele sich der wirklichen Gefahr für die Philatelie erst so recht bewusst, wussten aber nicht, von wem sie ausging. Diejenige, die dies
entdeckten, wussten entweder nicht mehr oder waren zu
ängstlich, mit ihrem Wissen herauszurücken, dennoch
machten Gerüchte die Runde.
Über die Jahre hatte de Thuin zahlreiche Namen und
Adres­sen genutzt, um einer Entdeckung und Entlarvung
zuvorzukomen: Belgian Export Company, Mérida Philatelic Agency, French and Free French Philatelic Agency, R.
G. Knapen etc. Knapen war offensichtlich Teil seines vollständigen Namens, denn dieser erscheint auch in seinem
Nachruf.
Ein amerikanischer Strafbefehl wurde gegen seine Tätigkeit 1947 erlassen, blieb aber offenbar ohne sonderliche
Auswirkung, denn sein Geschäft blühte weiter. Die amerikanische Post- und Strafverfolgungsbehörden waren zwar
aktiv, aber da er in Yucatan war und das Geschäft ohne
Nennung einer Person abgewickelt wurde, war es schwierig, ihn zu verfolgen und diese Institutionen erachteten es
auch nicht als ernsthaftes Problem. Während dieser Zeit
verdiente de Thuin an seinen Fälschungen sehr gut: eines
seiner Auswahlblätter hatte einen Gesamtauszeichnungswert von 1 300 $ und ein Käufer, der alles aus dem verfälschten Angebot haben wollte, musste immerhin 6 000
$ ausgeben.
Einen erneuten Versuch, ihm auf die Spur zu kommen
und ihn aus dem Geschäft zu drängen, unternahm die
American Philatelic Society als Hauptverfolger. Anfang der
1960er-Jahre nahmen eine Reihe von Fälschungssammlern Kontakt mit de Thuin auf, um seine Produkte für ihre Sammlungen zu erwerben, dabei aber auch Hinweise
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zu entdecken, was wirklich ablief. Diese Aktionen wurden
von James H. Beal und James T. DeVoss in gewisser Weise
koordiniert und anfangs bemerkte de Thuin nichts, was
da ablief.
Am 17. August 1965 gab die US-Post eine „Fälschungs“Anweisung heraus, die ernst zu nehmen war. Briefpost,
die als Absender den „Maya-Shop“, bei der De Thuins Name nicht erwähnt, aber in die Staaten gerichtet war, sollten an das Amt für unzustellbare Briefe gehen und dort
vernichtet werden.
Mitte Dezember 1966 kaufte die American Philatelic Society de Thuins Bestände in seiner Niederlassung in Meredia, Yucatan, Mexiko für eine nicht bekannte Summe.
Sie nahmen 1636 Metallklischees, Originalzeichnungen,
Kopien, Vorratsbücher, Notizbücher, Kataloge und anderes mit nach Hause. De Thuin erklärte sich einverstanden,
sich seines Gewerbes künftig zu enthalten und keine Fälschungen mehr anzubieten und zu verkaufen. Dies schien
hinreichend, da ja die „Fälschungs-Anweisung“ der Post
noch in Kraft war. Er war alt und hatte zudem nach vermutlich drei Augenoperationen Sehprobleme, seine Hände zitterten bereits zu dieser Zeit. Damals war er 76 Jahre
alt.
Die APS hat nie den Betrag bekannt gegeben, den sie an
de Thuin gezahlt hat, aber dieser behauptete angesichts
anderslautender Darstellung in der Presse, er habe nur
4 600 $ erhalten. 1966 war dies in Yukatan wahrlich kein
kleiner Betrag und es war ihm offensichtlich klar, dass
sein Spiel vorbei war. Über diesen APS-Aufkauf gibt es einige Unstimmigkeiten bezüglich der Vereinbarung mit de
Thuin. Die Version besagt, dass dieser bestätigt habe, „für
alle Zeit auf seine philatelistischen Aktivitäten, gewerblich
oder privat, auch durch Dritte oder Agenten zu verzichten“, die andere, dass er nur bestätigt habe, dass er „keine gefälschten Marken mehr als Originale verkaufe“. Heute wissen wir aufgrund seiner späteren Aktivitäten, dass
die zweite Interpretation stimmt.
Nach dem APS-Aufkauf gab es keine Notwendigkeit mehr,
die Identität der Korrespondenzpartner und unser Interesse an den Fälschungen zu verbergen. Carl Walske, Carl
Kane, Jim Beam, ich selbst, aber auch andere hielten den
Kontakt mit de Thuin bei, um unsere Sammlungen zu ergänzen und herauszufinden, ob er sich an den Vertrag mit
der APS halten würde. Mein eigenes Interesse lag darin,
mehr über die Herstellung der Fälschungen in Erfahrung
zu bringen.
Die Metallklischees waren ahnungslos von einer lokalen
Firma, angeblich für ein zu veröffentlichendes Buch, gefertigt worden. Jeweils als eine Platte mit verschiedenen
Abbildungen, die er dann einzeln ausschnitt, auf Holz
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montierte, häufig auch mit einem Handgriff versah, um
so mit einem Handstempel die gefälschten Aufdrucke anzubringen. Für mexikanische Stempel fügte er der Stempelfarbe häufig Kohlenstaub zu, um der Farbe ein mehr
realistischeres Aussehen zu geben.
Von einigen solcher Aufdrucke, z.B. denen des „SalvadorRades“, behauptete er, einige der echten Typen zu besitzen. Das mag wahr sein oder nicht. Die Aufdrucke selbst
sind angesichts des von ihm benutzten simplen Druckgerätes meist von ausgezeichneter Qualität. Der Apparat, um diese Aufdrucke anzubringen, bestand aus zwei
Holzteilen, verbunden mit der Platte auf der einen Seite,
die dann für die Anbringung des Aufdrucks zusammengedrückt wurden.
Die APS veröffentlichte später, 1974, ein hervorragendes
Werk über de Thuin: „The Yucatan Affair. The Work of Raoul Ch. de Thuin, Philatelic Conterfeiter“. In der ersten Auflage des Buches wurden die Metallklischees direkt von
den Originalen genommen und wiedergegeben. Bedauerlicherweise war die Höhe der ursprünglichen Objekte unterschiedlich, so dass man das Metall von den Holz, auf
dem es montiert war, ablöste und dies zum Verlust der
Spuren der Nagellöcher, der Eckkanten, die oft für eine
Identifizierung bedeutsam waren, führte. Dieses Buch
kann nur dringlich empfohlen werden, weil es in zahlreichen Fällen das Aussehen der Metallklischees und der
Papierabzüge zeigt, die davon gefertigt wurden. Beim
Materialvergleich sollte man allerdings bedenken, dass
de Thuin seine Arbeiten ausgiebig retuschierte, so dass
Stempel und Aufdrucke nicht immer mit den Abbildungen
im Buch genau übereinstimmen.
Es ist kaum überraschend, dass de Thuin nach dem APSAufkauf fortfuhr, Fälschungen herzustellen und diese an
Fälschungssammler zu verkaufen. Ob er diese als Originale verkaufte, bleibt offen, aber es gibt kein Anzeichen,
dass er den Gehalt des Vertrages damit verletzte. Glücklicherweise nahm seine Gesundheit rapide ab, so dass er
kaum noch imstande war, die frühere Qualität seiner Arbeiten beizubehalten.
Infolge des Verlustes der überwiegenden Anzahl seiner
Klischees verlegte er sich auf eine andere Herstellungstechnik, die vielleicht bislang noch nicht so genau beschrieben wurde: auf Papier-Klischees. Auf transparentem Papier pauste er mit der Hand einen Stempel vom
Original oder von einer Kopie durch. Dann trug er die
Druckfarbe rückseitig auf, so dass ein spiegelverkehrtes
Bild des Papierklischees entstand und brachte dies auf
den Brief auf. Der Stempel wirkte nun vom Erscheinungsbild normal, aber schwach und bedurfte einer umfassenden Retusche von Hand. Dies setzte wiederum großes
Geschick voraus und sein zunehmenden Alter begrenzte
seine Kunstfertigkeit mehr und mehr. Vielleicht hat er diese Technik bereit vor dem APS-Aufkauf verwandt, wenn
z.B. nur ein oder zwei Exemplare benötigt wurden.
In seinen späten Jahren suchte er einige seiner Ölgemälde zu verkaufen. Er beschäftigte sich auch als Autor und
stellte eine Novelle teilweise zusammen, die vermutlich
seine eigene Biografie war. Sie hatte den Titel „Die Hölle
in den Tropen“ und las sich wie der Hollywood-Film „Unser
Mann in Havanna“ aus dem Jahr 1958 mit Alec Guiness.
Ich besitze einen Teil des Manuskripts. Andere Teile oder
Kopien wurden vermutlich für eine geplante Veröffentlichung nach Frankreich geschickt. Was den weiteren Fortschritt dieser Publikation angeht, sind Fragen offen, da
die Korrespondenz mit seinen Fälschungssammler-Freunden meist nur auf Bitten um Geld bestand.
Heute mögen vielleicht viele seiner Fälschungen nicht
mehr besonders gefährlich erscheinen, aber er stellte
unterschiedliche Qualitätsprodukte her und manche der
Stempel und Aufdrucke können durchaus eine Gefahr
darstellen. Soweit bekannt, gilt dies nicht für die von ihm
gefertigten Briefe und andere postgeschichtliche Produkte. Seine Versuche, Ganzfälschungen von Marken herzustellen, waren nie von Erfolg gekrönt. Es macht aber auch
nicht den Anschein, dass er diese je vermarktet hat.
Raoul Charles de Thuin Knapen starb in Guayaquil, Ekuador, am 23. April 1975 im Alter von 85 Jahren und wurde
in Rio de Janeiro begraben.
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Die philatelistische Literatur des
20. Jahrhunderts
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Im Hinblick auf die Entstehung und Veröffentlichung philatelistischer Literatur kann man das 20. Jahrhundert und
das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts als ausgesprochen fruchtbar bezeichnen.
Über die Jahre wurde die philatelistische Literatur immer
spezialisierter, da sie den Trends der jeweiligen Zeit folgte.
Jedes Sammelgebiet wurde mit einer Reihe spezialisierter Monografien behandelt, die keine Vergleichbarkeiten
mehr mit den listenförmigen Studien des 19. Jahrhunderts hatten, die eine spezielle Ausgabe oder einem vergleichbaren Thema gewidmet waren.
Vielmehr – und dies wäre weit zutreffender zu sagen –
erschienen nunmehr zahlreiche Spezialstudien, in denen das Wissen von Experten über die Hauptausgaben
jedes Landes der Welt einbezogen wurde. Damit berührten diese nunmehr auch Gebiete wie die der traditionellen Philatelie, der Postgeschichte, der Fiskalphilatelie, der
Ganzsachen, der Aero- und Astrophilatelie sowie der Maximaphilie.
Über zahlreiche Jahrzehnte wurde man auch Zeuge der
stetigen Entwicklung der thematischen Philatelie, die
ebenfalls hervorragende Fachautoren hervorbrachte. Und
in jüngster Zeit erfreut es zu sehen, dass auch Werke erscheinen, die bedeutenden Sammlungen gewidmet sind,
die bei internationalen Ausstellung hoch ausgezeichnet
wurden. Diese sind hervorragend geeignetes Vergleichsmaterial für Sammler.
Es trifft ebenso zu, dass die Entwicklung neuer Technologien in Gestalt von Computer-Programmen oder Infor-
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mations-Plattformen wie z.B. Google und Wikipedia den
Arbeitsprozess revolutioniert haben. Sie erlauben uns die
Informationssuche zu bisher veröffentlichten Werken, zu
deren politischem und historischem Hintergrund, aber
auch zu biografischen Informationen über die Menschen,
die direkt oder indirekt zu den jeweiligen Produkten beigetragen haben. Dies ist umso nützlicher, sobald man in die
Postgeschichte eindringt, Raten, Routen, Absender und
Adressaten zu identifizieren sucht.
Es ist bemerkenswert festzustellen, dass die Verfasser
zahlreicher Forschungswerke, die ich als „klassische
Standardwerke“ bezeichnen möchte, häufig nicht aus
den Ländern stammen oder in diesen leben, über die sie
schreiben. Dies allein zeigt, wie international unser Hobby
geworden ist.
Ohne Zweifel ist es angesichts der unendlichen großen
Zahl erschienener philatelistischer Literatur seit dem 20.
Jahrhunderts notwendig, wenn man darüber schreibt,
Schwerpunkte zu setzen und auszuwählen. Solche Entscheidungen spiegeln natürlich immer die eigenen Vorlieben und die Interessen des Autors, der ausgewählt wurde,
einen solches Vorhaben anzugehen.
Bekanntlich haben bereits einige sehr bedeutende Spezialisten sehr detaillierte Studien zur philatelistischen Literatur in den letzten Jahren veröffentlicht, z.B. Manfred
Amrhein, Wolfgang Maassen und Carlrichard Brühl. Man
könnte dieses Kapitel also leicht als ein Plagiat ihrer Arbeiten interpretieren.
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Aber philatelistische Literatur fesselt mich bereits seit
30 Jahren. Über die letzten zehn oder mehr Jahre haben
sich allerdings meine Interessen zunehmend mehr auf
das Studium bestimmter einzelner klassischer Ausgaben
gerichtet und diese Vorhaben haben nahezu alle mir zur
Verfügung stehende Zeit in Anspruch genommen. Ich bin
allerdings immer noch an neu erscheinenden Werken interessiert, die ich auch weiterhin regelmäßig erwerbe.
Die Entscheidung, eine philatelistische Bibliothek zusammenzutragen, wird häufig durch einen anderen Sammler,
der Gleiches tut, beeinflusst, was auch in meinem Fall
zutrifft. Meine eigene Bibliothek hat ihren Schwerpunkt
primär bei der Literatur des 20. Jahrhunderts, aus dem
Grunde, weil ich besonders angetan bin von Illustrationen
– bevorzugt in Farbe –, von Vergrößerungen, von attraktiven Einbänden und Exemplaren in perfekter Erhaltung.
Viel zu häufig sind leider solche makellosen Objekte nur
von eher modernen Werken erhältlich.
Zu Beginn war der Auktionskatalog zur außergewöhnlichen Bibliothek von George T. Turner, die vom 1. bis 2. Mai
1981 von dem mittlerweile verstorbenen Roger Koerber
aus Southfield, Michigan, verkauft wurde, meine HauptReferenzquelle. Sie ermöglichte es mir, eine Liste der
Bücher zu erstellen, die ich erwerben wollte, ähnlich wie
John R. Boker diese Bibliothek nutzte, um seine einmalige
Sammlung über die Ausgaben der altdeutschen Staaten
zusammen zu tragen.
Diese Bücher dürfen als Standardwerke für die jeweiligen Gebiete angesehen werden. Nur eine limitierte Zahl
solcher Ausgaben wurden jeweils vom Autor persönlich
signiert. Sofern möglich, sollten es Luxus-Ausgaben sein,
falls dies aber nicht zutrifft, zumindest außergewöhnliche
Publikationen, die kaum einmal zu finden waren.
Abgesehen einiger weniger Ausnahmen, geschuldet der
Fülle des verfügbaren Materials, konzentriert sich dieses
Kapitel auf Standardwerke aus der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts.
Gehen wir damit in medias res und schauen wir zuerst
nach Asien, welches uns einen perfekten Übergang vom
19. zum 20. Jahrhundert bietet. Ich möchte nicht versäumen, ein Werk zu erwähnen, das man zu Recht als nichtphilatelistische Literatur einstufen könnte, das aber dennoch eine außergewöhnliche Studie ist. Es ist der Traum
vieler Sammler, aber nur wenige hatten die Möglichkeit,
zu diesem überhaupt die gewünschte Beziehung einmal
herzustellen.
Dieses Werk wurde von der Regierung Japans 1896 (gedruckt am 4. März) unter dem Titel „Dai Nippon Teikoku
Yubin Kitte Enkakushi (Die Geschichte der Postwertzeichen des Kaiserreiches Japan) veröffentlicht. Die in Sei-
de eingebundene Edition beinhaltet Exemplare der ersten Postwertzeichen- und Telegrafenmarken, ebenso die
Ganzsachen, die zwischen 1871 und 1896 erschienen
sind. Außerdem sind 100 Originale und sieben von der
Regierung veranlasste Neudrucke enthalten, die produziert wurden, weil die Originale nicht mehr vorrätig waren.
Das Werk erschien in einer auf 300 Exemplare limitierten
Auflage, wurde aber nicht verkauft, wohl aber an offizielle
Stellen weltweit überreicht. Erst später kamen einige wenige Exemplare gelegentlich auf den Markt.
Die „Raubkopie“ dieses Buches ist noch weit seltener. Sie
wurde Ende 1896 von einem japanischen „Faksimile“Händler, K. Wada aus Tokio, produziert. Diese Version unterscheidet sich leicht vom Original, das im März 1896
herauskam und nur wenige Exemplare entgingen der Konfiszierung durch die Polizei. Diese sind extrem selten.
Die japanische Philatelie kann für sich in Anspruch nehmen, generell einige der besten und außergewöhnlichsten Publikationen der philatelistischen Literatur herausgebracht zu haben. 1910 erschien Frank J. Peplows Buch
„Plates of the Stamps of Japan 1871–6. One Hundred
and Nine Sheets Reproduced in Collotype“ (Die Platten
der Postwertzeichen von Japan 1871–76. Einhundertneun Bogenreproduktionen im Lichtdruck) in einer Auflage von 25 Exemplaren, die nur bei Subskription zu beziehen waren.
Das Buch enthielt allerdings nur 107 Fototafeln (also weniger als 109) von Bogen der Marken, die zwischen 1871
und 1876 erschienen waren, zusammen mit 14 unbeschnittenen Seiten, die alle von dem Käufer des Werkes
zu binden waren. Es ist nur wenig bekannt – ich habe darüber kaum einmal einen Hinweis in der philatelistischen
Literatur gefunden –, dass bei Versand der ungebundenen Ausgaben im Dezember 1910 an die Subskribenten
F. J. Peplow einen gedruckten Hinweis mit der Bitte um Erhaltsbestätigung des Paketes beifügte. Er bat außerdem
darum, ihm Kopien irgendwelcher in dem Werk fehlender
Platten zuzuschicken, von denen ein Leser Kenntnis hatte. Per Schablone fügte er einen „Hinweis zur Buchbindung“ bei.
Während der letzten 30 Jahre habe ich nur drei Auktionen
ausfindig machen können, die dieses Werk angeboten haben. Die Sammlung der Platten wurde neben anderen Objekten nach Veröffentlichung von Peplows Buch 1910 an
A. M. Tracey-Woodward verkauft.
Der Vater A. M. Tracey Woodwards (1876–1938) war
Amerikaner, seine Mutter Französin. Er wurde auf der
Insel Reunion geboren, studierte und verlebte einen Teil
seines Lebens aber in Japan, was vielleicht sein Interesse an der klassischen japanischen Philatelie erklärt.
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Seine Forschungsergebnisse veröffentlichte er 1928 in
einem maßgebenden Werk, das viele als eines der besten überhaupt jemals veröffentlichten Publikationen und
als wesentliches Referenzwerk zum Thema „The Postage Stamps of Japan and Dependencies“ einstufen. Das
Handbuch schließt auch Kapitel zu Korea und Taiwan ein.
A. M. Tracey Woodward wurde für diese Veröffentlichung
mit der Crawford- und der Lichtenstein-Medaille ausgezeichnet. 100 Exemplare dieser wunderschönen zweibändigen Edition wurden tatsächlich auf handgeschöpftem
Velinpapier mit 243 Schwarzweiß-Abbildungstafeln gedruckt. Das Werk gilt in jeder Bibliothek als eines der bedeutendsten überhaupt. Beide Bände wurden ursprünglich in einem Holzschuber präsentiert, welcher heute
leider nur noch selten vorhanden ist. 30 Exemplare der
zweibändigen verbesserten Auflage wurden auf normalem Papier gedruckt und diese sind sogar noch seltener.
A. M. Tracey Woodwards Sammlung wurde 1939 bei H. R.
Harmers in London verkauft. Es gab wegen der Vorgaben
amerikanischer Beschränkungen zwei verschiedene Ausgaben des Auktionskataloges, da diese die Wiedergabe
von Farbfotos untersagten.
Es wäre wahrlich nachlässig, die philatelistische Literatur
Japans zu diskutieren, ohne Bezug auf die außerordentliche sechsbändige Studie von Dr. Soichi Ichida (1910–
1986) zu nehmen, die dieser von 1959 bis 1981 veröffentlicht hat. Diese sechs Bände hatten den Titel:
• The Dragon Stamps of Japan 1871–1872 (1959)
<Die Drachenmarken von Japan>
• Ryu Kitte (The Dragon Stamps of Japan 1871–1872)
(2. Auflage 1971)
• The Cherry Blossom Issues of Japan 1872–1876
(1965) <Die Kirschblüten-Ausgaben von Japan>.
Es ist eine auf 15 Exemplare limitierte AutorenAusgabe dieser Publikation bekannt.
• Sakura Kitte 1872–1876 (The Cherry Blossom
Issues of Japan 1872–1876, 2. Auflage 1981)
• Sumiroku (The Six Sen Violet Brown Native Paper
1874, 1968) <Das ursprüngliche Papier der Sechs
Sen violettbraun>
• Aoichi (One Sen Blue Native Paper 1872–1873,
1969) <Ein Sen blau auf ursprünglichem Papier
1872–1873, erschienen 1969>
Diese Studien beschränkten sich hauptsächlich auf die
Druckplatten und stellten das Expertenwissen des Autors
über die klassischen japanischen Ausgaben unter Beweis.
Dr. Soichi Ichida wurde für sein Werk und seine Samm-
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lung mehrfach ausgezeichnet, mit der Crawford-Medaille
1966, mit der Zeichnung der Roll of Distinguished Philatelists 1872, der Lindenberg-Medaille 1981 und der FIPMedaille sowie dem Luff-Preis 1984.
Mit Ausnahme von Japan erschienen auf dem asiatischen
Kontinent in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nur eine sehr begrenzte Zahl von bedeutsamen Literaturstudien.
Drei namhafte Autoren haben spezialisierte Monografien
zur ersten Markenausgabe Indiens, die aus der Postreform von 1854 hervorging, publiziert. Mit dieser Reform
wurde die Verwendung dieser Marken in ganz Indien gestattet, auch für Auslandspost. Die Serie bestand aus vier
Wertstufen, die das Porträt von Königin Victoria zeigten,
und zwar zu ½ Anna, ein Anna, 2 Annas und vier Annas.
Die Marken wurden in Kalkutta gedruckt. Alle Wertstufen,
ausgenommen der 2-Anna-Wert, wurden im Steindruck
hergestellt, letzterer in Typografie. Die 4-Anna-Marke
war die zweite Briefmarke der Welt, die nach der „Basler Taube“ im Zweifarbendruck produziert wurde. Eine
Platte wurde für den Rahmen und eine weitere für das
Mittelstück genutzt, so dass versehentlich auch seitenverkehrte Mittelstücke vorkommen. Die hierzu bedeutsamen
Werke sind:
• The Half-Anna Lithographed Stamps of India 1854–
1855, von E. A. Smythies und D. R. Martin, verlegt
1928 von der Philatelic Society in Indien.
• The One Anna & Two Annas Postage Stamps of India 1854–55, von L. E. Dawson, verlegt 1948 von H.
Garatt-Adams & Co. und Stanley Gibbons Ltd. für die
Philatelic Society in Indien.
• The Four Annas Lithographed Stamps of India 1854–
55 von D. R. Martin und E. A. Smythies, verlegt 1930
von Stanley Gibbons Ltd. für die Philatelic Society in
Indien.
Diese drei Werke basierten in erster Linie auf Plattenstudien, die Details zu den verschiedenen Druckauflagen mit
unterschiedlichen Platten boten, auch zu unterschiedlichen Plattenpositionen und Abweichungen der Positionen
des Mittelstück-Designs zum Rahmen bei diesen 4-Annas-Marken.
Jedes dieser drei Bücher enthielt eine Einschubtasche
auf dem rückseitigen Einband mit einer Zahl von Fototafeln, von denen leider heute so manche bei diesen Werken fehlen.
Die zwei Bücher, die der „Ein und Zwei-Annas“ bzw. der
„Vier Annas“ gewidmet waren, wurden 1950 und 1932
mit der Crawford-Medaille ausgezeichnet.
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Wenn wir uns nun weiter westlich begeben, führt uns die
Reise zum Iran (bis Januar 1935 als Persien bekannt).
Hier möchte ich ein Buch erwähnen, das ausgesprochen
schwer zu finden ist. Diese eher unbekannte Publikation
trägt den Titel „The Lion Stamps of Persia (Iran), 1865–
1879“ und wurde von Dr. Mohammed Dadkhah (1910–
1980) verfasst. Es war das erste bedeutende Standardwerk über die klassischen „Löwen“-Ausgaben. Nur 90
Exemplare wurden davon 1960 hergestellt. Die Studie
wurde in drei Sprachen (Französisch, Englisch und Farsi)
verfasst und deckt zahlreiche Aspekte der Ausgabe ab.
Mit dem Ergebnis, das der Autor 1961 mit der CrawfordMedaille ausgezeichnet wurde.
Immer, wenn wir das Nachbarland, Afghanistan, erwähnen, denken wir direkt an eine Publikation, die 1908 von
Sir David P. Masson und B. Gordon Jones unter dem Titel
„The Postage Stamps of Iran“ 1908 veröffentlicht wurde.
Das Buch, herausgegeben von der Philatelic Society von
Indien (Band IX), basierte in erster Linie auf der Sammlung
von Sir David Masson (1857–1915) und B. Gordon Jones,
ein Händler und Herausgeber der Monatszeitschrift „Philatelic World“ in Kalkutta war der Co-Autor.
Es ist auch eine überschaubare Zahl von Referenzwerken aus dem Mittleren Osten in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts bekannt geworden. Zwei „Kult-Werke“, die
vergleichweise schwierig zu finden sind, verdienen hier
besondere Erwähnung.
Soweit es die Türkei und ein zu erwähnendes Buch betrifft, ist es zweifellos der Titel „The Stamps of Turkey“
von Adolf Passer (1865–1938). Es wurde 1938 von der
Royal Philatelic Society London herausgegeben und das
240-Seiten-Werk erschien in einer Auflage von 300 Exemplaren mit 78 Fototafeln. Leider sind letztere häufig fehlend, weil irgendjemand diese herausgenommen hat.
Passer wurde in Prag in der damaligen Tschechoslowakei geboren, lebte in Böhmen und Wien. Er war ein leidenschaftlicher Sammler und spezialisierte sich auf die
Ausgaben von Österreich. Eine besondere Nähe hatte er
zu Bosnien-Herzegovina, über dessen Ausgaben er 1930
ein Standardwerk mit dem Titel „Die Postwertzeichen von
Bosnien und der Herzegovina“ veröffentlichte. Es ist unbestritten, dass er zu seiner Zeit die führende Autorität
für die Philatelie der Türkei war und zahlreiche Beiträge
hierzu veröffentlichte.
Vor Entstehung des Königreich Saudi-Arabiens 1932 bestand die arabische Halbinsel aus bedeutenden Städten
und Regionen wie z.B. Jeddah, Hejaz und Nejd. Im Juni
1916 wurde in Folge der Unabhängigkeitserklärung von
der türkischen Vorherrschaft durch Emir Hussein Ibn Ali
und dessen Ernennung als König von Hejaz umgehend
entschieden, dass die türkischen Briefmarken durch solche des neuen Königtums ersetzt werden sollten. Im November 1918 erschien ein luxuriös ausgestattetes Werk,
das heute nur noch schwierig zu finden ist, herausgegeben von der Geographical Survey (Geografischen Aufsichtsgesellschaft) von Ägypten unter dem Titel „A Short
Note on the Design and Issue of Postage Stamp prepared by the survey of Egypt for His Highness Husein Emir
& Sherif of Mecca & King of Hejaz“. Die Einführungsseite
wie weitere zwölf Farb-Bildtafeln zeigen die ersten Entwürfe, die für die Marken erstellt wurden, Essays, aber auch
die endgültigen Markenausgaben mit ihren dekorativen
Arabesken-Motiven. 200 Exemplare der Studie wurden
für offizielle Behörden, Museen und verschiedene Büchereien hergestellt, 100 weitere kamen in den öffentlichen
Verkauf. Das Buch ist ein für jede Bibliothek sehr bedeutendes Werk.
Ein anderes Buch, geschrieben von Wilfrid R. Haworth
und H. Lionel Sargent, ist vielleicht noch weniger bekannt:
„The Postage Stamps of the Hejaz“. Es wurde 1922 für
die Junior Philatelic Society von H. F. Johnson herausgegeben und beinhaltete eine erneute Veröffentlichung von
Artikeln, die im Jahrgang 14 des „Stamp Lover“ bereits
erschienen waren. Eine ungewöhnliche Publikation, sie
wurde in zehn Exemplaren auf einem besonderen Papier
produziert, versehen mit einem Einband mit königlichen
Wappen von Hejaz.
Leider scheint der afrikanische Kontinent, obwohl reich an
Geschichte kolonialer Philatelie, auf den ersten Blick nur
sehr wenig an bedeutenden Studien hervorgebracht zu
haben. Der Titel „The Postage stamps, envelopes, wrappers, post cards, and telegraph stamps of the British Colonies, Possessions and Protectorates in Africa“, erschien
in drei Bänden für die Philatelic Society, London, und ist
dabei ohne Zweifel das bedeutendste Standardwerk und
eine unerschöpfliche Informationsquelle zur klassischen
Philatelie des British Empires in Afrika. Das Werk beinhaltet 710 Seiten und 52 Fototafeln. Die drei Bände wurden 1895, 1900 und 1906 veröffentlicht und für Literaturliebhaber ist es nicht leicht, alle drei Bände noch mit
den ursprünglich enthaltenen Bildtafeln zu finden, zumal
letztere häufig entfernt wurden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine dieser Abbildungstafeln in Farbe gedruckt
worden war, was für die Zeit sehr ungewöhnlich war. Diese
Tafel illustrierte die siebte Ausgabe von Mauritius, welche
auf Seite 164 des Buches näher beschrieben wurde und
schloss auch Faksimiles einer Platte von 12 Sherwin 2d
blau vom Oktober 1859 (Abbildung 76) sowie der nicht
herausgegebenen 1d zinnober (Abbildung 77) ein.
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Südafrika ist eventuell noch das afrikanische Land mit
der größten Zahl philatelistischer Literaturtitel. Das mag
an der besonderen Faszination liegen, die Sammler stets
für die Ausgaben des Kaps der Guten Hoffnung, für Transvaal und Bechuanaland gehabt haben. Ich zähle hierzu
die Standardwerke in der Reihenfolge ihres Erscheinens
auf:
1930 gab die Stanley Gibbons Ltd. eine Arbeit von Gilbert
H. Allis unter dem Titel „The Cape of Good Hope, its Postal
History & Postage Stamps“ heraus. Verständlicherweise
enthielt diese 118-Seiten-Studie ein umfangreiches Kapitel zu den zahlreichen Dreiecksmarken vom September
1853, deren Gültigkeit nicht vor dem 1. Oktober 1900
außer Kraft gesetzt worden war. Die Bedeutung dieses
Werkes mag man daran ersehen, dass es 1931 mit der
Crawford-Medaille ausgezeichnet wurde.
1940 publizierte die Royal Philatelic Society London das
Buch von J. H. Curle und A. E. Basden „Transvaal Postage
Stamps“. Transvaal ist heute Teil der nordöstlichen Region Südafrikas. Die 154-Seiten-Monografie erstreckte sich
– mit Einschluss von 12 Farb-Fototafeln, die in einer Tasche auf dem rückseitigen Bucheinband zu finden sind
– auf die Ausgaben von 1869–1903, die im Detail und
in Vergleichen echter Marken und Stempel zu deren Fälschungen eingehend behandelt wurden. Die Autoren erhielten hierfür 1940 die Crawford-Medaille.
1943 veröffentlichte A. A. Jurgens „The Handstruck Letter
Stamps of the Cape of Good Hope from 1792 to 1853 and
the Postmarks from 1853 to 1910“. Diese 140-SeitenStudie, die von 132 Subskribenten bezogen wurde, bietet
einen ausgezeichneten Überblick zur Postgeschichte der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts des Kaps der Guten
Hoffnung, außerdem eine beeindruckende Beschreibung
der Stempel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
bis 1910. Der Autor wurde für sein Werk 1944 mit der
Crawford-Medaille geehrt.
1950 kam im Verlag der H. R. Harmer Ltd. der Titel von D.
Alan Stevenson „The Triangular Stamps of Cape of Good
Hope“ heraus, in dem auf 142 Seiten ausschließlich die
legendären Dreiecksmarken des Kaps behandelt wurden.
Dieses Werk – hierfür erhielt Stevenson 1951 die Crawford-Medaille – findet sich häufig mit einem Einband, der
deutlich die Spuren der Zeit offenbart. Weniger bekannt
ist, dass Stevenson zwei Nachträge herausgab: einen ersten von zwei Seiten im Mai 1951, während der zweite nur
aus einer Seite bestand, die im Januar 1962 erschien.
Botswana liegt nördlich der Mitte von Südafrika und war
früher als Bechuanaland bekannt. 1945 gab A. A. Jurgens
sein zweites Buch heraus, welches die britischen Protektorate behandelte: „The Bechuanaland, a Brief History of
148 |
the Countries and their Postal Services to 1895“. Es erzählt die Geschichte dieser Region sowie seiner Philatelie,
der Marken und Stempel und 192 Sammler und Institutionen schrieben sich als Subskribenten für dieses Werk ein.
Länder in Süd- und Mittelamerika gehörten zu den ersten,
die Briefmarken herausgaben. Einige von deren Erstausgaben zählen heute zu den größten und nachgefragtesten
Raritäten in der Philatelie. Beispielsweise seien die wenigen „Xiphopagus“-Einheiten der „Ochsenaugen“-Ausgabe
Brasiliens angeführt, die Plattenübertragungs-Irrtümer,
die man in den 5 und 20 Centavo-Bogen der ersten Ausgabe Kolumbiens identifizieren kann, aber auch der 50
Centavo-Wert, der sich in der 20c-Platte der 1863er-Ausgabe befindet. Venezuela hat ebenfalls einige außergewöhnliche Seltenheiten für Sammler zu bieten, wie z.B.
den Kehrdruck der 2-Real rot der ersten Wappen-Ausgabe
oder den horizontalen Kehrdruck der überdruckten „Quadrat-Marken“ mit der dritten Type des „Contrasena“-Aufdruckes. Man könnte auch die „Schiffchen“-Ausgabe von
Buenos Aires, die „Escuditos“ der Republik Argentinien
oder die „Montevideo“-Sonnenausgabe von Uruguay erwähnen, denn bei all diesen wurden auch extrem seltene
Kehrdrucke mit produziert.
Die reichhaltige philatelistische Literatur für die Ausgaben
Süd- und Mittelamerikas schlägt sich in einigen „Kult-Werken“ nieder: 1843 gab Brasilien, als drittes Land (Gebiet)
der Erde, nach Großbritannien und dem Kanton Zürich, eigene Briefmarken heraus. Der in England lebende George
S. F. Napier (1863–1942) war ein passionierter Forscher
der diversen für den Druck der „Ochsenaugen“ verwendeten Platten sowie der auf diesen aufzufindenden Stempel.
Die Ergebnisse seiner Forschungen veröffentlichte er ab
1909 und sie erschienen 1923 in einem Buch, das einem stets ins Auge fällt, wenn man an Brasilien-Philatelie
denkt: „The Stamps of the First issue of Brazil“. Das Werk
wurde von Séfi, Pemberton & Company Ltd. in einer Auflage von 200 Exemplaren herausgegeben. Es enthält 40
Fototafeln, die auf dem rückseitigen Bucheinband in einer
Tasche aufzufinden sind. Es war der erste systematische
Versuch, Abbildungen der Platten jeder Wertstufe dieser
legendären Markenausgabe – jeweils mit ihrer Zusammensetzung und unterschiedlichen Erhaltung – zusammenzutragen. Der Autor wurde für diese Arbeit 1924 mit
der Crawford-Medaille ausgezeichnet.
Blicken wir nach Uruguay, dann sehen wir dort die erste Ausgabe der „Diligencias“, die 1856 erschien. Hier
muss man sofort an ein 1931 von Emanuel Joseph Lee
veröffentlichtes Werk, „The Postage Stamps of Uruguay“,
denken. Zu jener Zeit besaß Lee die vollständigste Markensammlung Uruguays, die jemals zusammen getragen
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worden war. Diese schlägt sich in dem 388-Seiten-Werk,
das in einer Auflage von 200 Exemplaren mit zahlreichen
Bildtafeln gedruckt wurde, nieder. Es behandelt alle Ausgaben bis 1930 und bietet zu all diesen einzelnen Ausgaben die notwendigen Informationen, um Marken zu
plattieren, aber auch zu Besonderheiten, Stempel und
anderem mehr. Gerade die Kapitel über die Ausgaben
der „Diligencias“ von 1856 und „Montevideo“ 1858 sind
besonders eindrucksvoll. Diese Arbeit, vergleichbar dem
zuvor erwähnten Buch von Napier, ist eines der Schlüsselwerke für jede philatelistische Bibliothek. Das Kapitel,
das die Crawford-Medaille verlieh, erkannte die Bedeutung dieser Veröffentlichung 1933 mit der diesem Buch
zugedachten Auszeichnung an.
Argentinien, das seit dem 19. Jahrhundert sehr bedeutende philatelistische Aktivitäten und Literatur hervorgebracht hat, kann nicht erwähnt werden, ohne das Werk
„The Postage Stamps of Buenos Aires“ von Frank J. Peplow zu erwähnen, für das dieser 1927 mit der CrawfordMedaille ausgezeichnet wurde. Peplows Werk über die
Ausgaben Japans von 1871–1876 wurde bereits oben erwähnt. Buenos Aires war die bedeutendste der 14 argentinischen Provinzen und gab ebenso wie andere Regio­
nen eigene Briefmarken heraus, vergleichbar der Provinz
Corrientes. Die Philatelie von Buenos Aires gruppiert sich
um zwei Markenausgaben: die der „Barquetos“-Ausgaben
mit ihren zwei Markenserien und der „Head of Liberty“Ausgabe von 1859. Dieses opulente Werk, gedruckt auf
72 Seiten Velin-(Pergament-)Papier und mit acht Bildtafeln ausgestattet, von denen eine acht Farbreproduktionen verschiedener Marken auf Tafel VII präsentiert, beschreibt das zur Entstehungszeit des Buches vorhandene
Wissen jener Tage. Die Studie gründete zuallererst auf der
Sammlung von Alfred Lichtenstein und wurde zu jener Zeit
als die bedeutendste ihrer Art angesehen. Sie war auch
Lichtenstein selbst gewidmet.
Die Philatelie Mexikos hat eine nennenswerte Zahl englisch sprechender Sammler begeistert. Daraus gingen
eine Reihe von verschiedenen Publikationen hervor, die
selbst wiederum die Basis für weitere eher jüngere Studien bildeten. Ein sehr spezialisiertes Werk, welches man
nur sehr selten bei Auktionen antrifft, heißt „Campeche,
some notes on the most remarkable Postage Stamp ever
issued“ und wurde von Walter Clarke Bellows in New York
verfasst. Das Buch erschien 1909 in einer Auflage von
100 Exemplaren. Es beschreibt in großer Genauigkeit, wie
und warum die Ausgaben von Campeche das Licht erblickten. Das Buch umfasst 103 Seiten und wurde auf einem
handgeschöpften blau marmorierten Papier gedruckt,
auf das der Text und die Fotografien aufgebracht wurden.
Nach meiner Meinung kann man es als eines der besten
Werke überhaupt ansehen, vergleichbar denen von Reuterskjöld/Mirabaud oder von Sir Wilson. Eine Sonderedition wurde für den Generaldirektor der Post von Mexikos
angefertigt und diesem vom Autor zugesandt.
1918 publizierte der Collectors Club in New York die erste
einer langen Reihe von spezialisierten Studien über die
letzte Hildalgo-Ausgabe von 1874–1883. Diese wurden
von dem Club-Mitglied J. Brace Chittenden unter dem Titel „Mexico Issue of 1874–1883“ verfasst. Leider wies die
Broschüre auf ihren 61 Seiten nur wenige Illustrationen
auf, aber sie beschrieb mit großer Genauigkeit all das,
was über diese faszinierende Ausgabe damals bekannt
war. Das Werk erschien in einer Auflage von 250 Exemplaren, von denen die ersten 100 nummeriert sind. Es wurde
von J. Brace Chittenden gestiftet.
Drei Engländer gehören während der ersten Hälfte des
20. Jahrhunderts zu den bedeutenden Spezialisten
auf dem Gebiet der Mexiko-Philatelie: William T. Wilson
(1847–1932), Charles J. Philips (1863–1940) und Samuel Chapman (1859–1943). Diese drei Freunde und
Kollegen widmeten viele Jahre ihrer Forschung den klassischen Ausgaben Mexikos. Das führte dann zur Veröffentlichung einer Anzahl weiterer „Kult-Werke“.
Unter der Schirmherrschaft des New Yorker Collectors
Club erschien 1926 das vierte Werk der Serie unter
dem Titel „The Postage Stamps of Mexico from the commencement in 1856 to the end of the provisional period
in 1868“, geschrieben von S. Chapman. Von dieser Publikation existiert auch eine extrem seltene 115-Seiten-deLuxe-Ausgabe der Standardausführung von 150 Seiten.
Aus meiner Sicht ist das einzige Problem dieser Veröffentlichung, dass sie uns zwar mit einem sehr detaillierten
Katalog für diese Zeitperiode versorgt, aber keine einzige
Abbildung enthält.
1927 gab W. T. Wilson eine Studie über die Briefmarken
Mexikos heraus, die die Zeit von 1856–1872 näher in
den Blick nahm und den Höhepunkt seiner Forschungen
bildete, die teilweise auf den Arbeiten von S. Chapman beruhte. 100 Exemplare seines Buches erschienen mit dem
Titel „The Postmarks of Mexiko, Period 1856 to 1872“
und das Werk bietet Einblicke zu den Briefmarkenausgaben jener Jahre.
Man kann nicht über Mexiko sprechen, ohne noch das
1935 in Frankreich veröffentlichte exzellente Werk von
Paul de Smeth (1859–1940) und Marquis Guy de Fayolle (1875–1944) „Les premières émissions du Mexique
(1856 à 1874), histoire, classement et faux“ (Die ersten
Ausgaben von Mexiko 1856–1874. Geschichte, Klassifizierung und Fälschung) zu erwähnen. Diesem folgte 1936
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„Le catalogue détaillé des timbres du Mexique“ (Spezialkatalog der Marken Mexikos) von Guy de Fayolle.
Nordamerika, die Heimat solch herausragender Philatelisten wie Arthur Hind, Alfred Caspary, Alfred Lichtenstein
und dessen Tochter Louise Boyd Dale, Josiah Lilly, John
Boker und vieler anderer, brachte ebenfalls eine Reihe
höchst bedeutender Werke hervor. Allerdings – und dies
ist erstaunlich – von keiner der zuvor erwähnten Persönlichkeiten. Ebenso zutreffend ist das Problem, auf der
Stelle eine größere Zahl an Standardwerken zu benennen.
1902 gab „The Scott Stamp and Coin Co., Ltd.“ John N.
Luffs hervorragendes Werk „The Postage Stamps oft he
United States“ heraus. Das 417-Seiten-Buch beinhaltet
23 exzellente Fototafeln und deckt alle Aspekte der amerikanischen Philatelie des 19. Jahrhunderts ab. Also auch
solche wie die der Postmaster-Ausgaben, der Raritäten
(von denen jeweils nur wenige Stücke bekannt sind), der
Staatsausgaben, „Carriers“ usw.
1937 wurde der Bereich der „Postmaster Provisionals“
mit Berücksichtigung der Informationen von 1902 erneut von Hugh M. Clark auf Grundlage der Notizen und
Korrekturen von J. Luff bearbeitet, die dieser zwischen
1902–1937 gesammelt hatte. Diese 75-Seiten-Studie
mit 15 Fototafeln erschien unter dem Titel „The Postage
Stamps of the United States 19th Century issues – Part
One, Postmaster’s Provisionals“, verfasst von John N. Luff
und überarbeitet von Hugh M. Clark. Es ist ein direkter
Abkömmling des Buches von 1902.
1929 unternahm August Dietz den Versuch, das Thema
des amerikanischen Bürgerkrieges (1861–1865) zu bearbeiten, der eine höchst turbulente Periode in der Geschichte der USA darstellte. Er veröffentlichte hierzu ein
vorzügliches Buch mit dem Titel „The Postal Service of the
Confederate States of America“. Diese Publikation gilt bis
heute als ein Grundlagenwerk über dieses Thema. Es besteht aus 439 Seiten einschließlich historischer Verweise,
Dokumente, Stempel, Vergleiche echter und falscher Marken, Plattenstudien usw. Jeder, der dieses Buch liest, wird
inspiriert, eine Sammlung aufzubauen, die sich näher mit
den Facetten jener Zeit beschäftigt.
Unter den Autoren, die sich mit den klassischen staatlichen Ausgaben sehr detailliert beschäftigten, sind besonders Stanley B. Ashbrook, Carroll Case und Lester G.
Brookman hervorzuheben. Ich mache den Anfang mit
Stanley B. Ashbrook, der neben anderen Werken 1938
ein zweibändiges über die 1-Cent-Marke von 1851–1857
verfasste („The United States One Cent Stamp of 1851–
1857“), das man wahrlich als „wissenschaftlich“ bezeichnen kann. Das Buch beschreibt in meisterlicher Weise,
wie die Marken entstanden, welch verschiedene Platten
150 |
benutzt wurden, es bietet illustrierte Beschreibungen zu
nahezu jeder Plattenposition der Marken, zusammen mit
Hinweisen zu deren Nuancen, Gummierung, Zähnung und
wie diese dann für die In- und Auslandspost Verwendung
fanden. Ohne Zweifel bietet diese Arbeit bis heute das
Standardformat für künftige Studien über diese Marken
und Ausgaben. Für ein weiteres Buch mit dem Titel „The
United States Ten Cent Stamp of 1851–57“ wurde B. Ashbrook 1937 mit der Crawford-Medaille geehrt.
Beginnend 1909 publizierte Carroll Chase (1878–1960)
die Ergebnisse seiner Studien über die 3-Cent-Marken
von 1851–1857. 1942 erschienen die Ergebnisse seiner
Forschung in dem definitiven Werk „The 3c Stamp of the
United States 1851–1857 issue – revised“. Die Normalausführung des Buches (brauner Einband) ist schwerer
zu finden als die De-Luxe-Version (schwarzer Einband).
Ähnlich wie es B. Ashbrook für die 1-Cent-Ausgabe unternahm, bearbeitete auch Chase alle Aspekte zur Ausgabe,
die in direktem Zusammenhang mit dem Entwurf, der
Platten und der Verwendung der Marken in Zusammenhang standen. Der profilierte Autor wurde dafür 1930 mit
der Crawford-Medaille ausgezeichnet.
Um die Beschreibung der die USA betreffenden Literatur
hiermit abzuschließen, erwähne ich noch ein zweibändiges Standardwerk, das 1947 von Brookman unter dem
Titel „The Nineteenth Century Postage Stamps oft he
United States“ veröffentlicht wurde. Dieser sehr spezialisierte Katalog bearbeitete die Ausgaben des 19. Jahrhunderts und bot hierzu neben exzellenten Abbildungen
ausgezeichnete Zusammenfassungen, die von Spezialisten einer jedweden Ausgabe jener Zeit vervollständigt
wurden. Wer dieser zwei Bände liest, erwirbt schnell ein
sehr spezialisiertes Wissen und alle wichtigen Informationen zur amerikanischen Philatelie des 19. Jahrhunderts.
Eine erweiterte dreibändige Ausgabe erschien in den Jahren 1966–67.
Das Königreich Hawaii, das von den USA am 15. Juni
1898 annektiert wurde, aber erst am 21. August 1959
offiziell zum 50. Staat der USA ernannt wurde, ist Gegenstand eines weiteren „Kult-Buches“, das Henry J. Crocker
1909 unter dem Titel „Hawaiian Numerals“ veröffentlichte. Das 108-Seiten-Werk mit 22 Fototafeln in einer Einschubtasche auf der vorderen Rückseite des Einbandes
beschreibt die verschiedenen Ausgaben bis zu jener Zeit,
einschließlich der extrem seltenen „Missionars-Ausgaben“, den King-Kamehameha II.-Porträt-Ausgaben, den
faszinierenden „Hawaiian Numerals“ (Ziffernausgaben
Hawaiis) und ihrer diversen Platten etc. Den Titeleinband
ziert eine erstklassige 2-cent-Marke dieser „Hawaiian
Numerals“-Ausgabe.
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Aus der Gruppe der bedeutenden Spezialisten, die sich
mit der Philatelie Kanadas und deren benachbarten Territorien (Nova Scotia, British Columbia, Vancouver, New
Brunswick, Newfoundland) in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts auseinandersetzten, gilt es Winthrop S.
Boggs und Fred Jarrett hervorzuheben. Diese beiden Autoren verfassten zahlreiche Werke, die sich mit den zuvor
genannten Gebieten beschäftigten.
Dennoch kommt einem das 1911 von der „New England
Stamp Co.“ in Boston publizierte Buch von Clifton A. Howes „Canada, its Postage Stamps and Postal Stationary“
als erstes in den Sinn, wenn man an diese Markengebiete
denkt. Das 287-Seiten-Buch wurde auf handgeschöpftem
Papier einschließlich 15 Fototafeln gedruckt. 14 dieser
Tafeln wurden zusammengebunden und befinden sich in
einer Einschubtasche des Titeleinbandes. Das Buch hat
einen prächtigen roten Einband und zeigt auf dem Titel
eine vorzügliche Kopie der „Five Cent“ der „Beavers“-Ausgabe. Es beschreibt in systematischer Vorgehensweise
die verschiedenen Ausgaben Kanadas während der Jahre
1851–1908. Meiner Ansicht nach ist dieses Buch über
Kanada das Beste seiner Art.
Ohne Zweifel erschienen allerdings auf dem europäischen Kontinent die Mehrzahl der bedeutenden philatelistischen Literaturwerke. Dies kann man zum Teil durch
die sehr große Zahl einzelner Länder, Königtümer und
Herzogtümer erklären, die alle eine oder mehrere Markenausgaben herausgebracht hatten, bevor sie zu größeren Einheiten zusammenwuchsen. Es wäre unverzeihlich,
wenn wir versäumen würden, unsere Tour durch Europa
nicht in Großbritannien zu beginnen, das unwidersprochen die Wiege so vieler Marken war, die weltweit die
Sammler rund um den Erdball erfreuten.
Um den Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert zu beschreiben, in dem die Philatelie sich wie ein Flächenbrand
ausbreitete, möchte ich ein Werk mit dem Titel „A History
of the Adhesive Stamps of the British Isles available for
postal and telegraph purposes“ nennen, welches 1899
von der „Philatelic Society, London“ herausgegeben wurde. Diese Arbeit, welche eine Zusammenstellung offizieller Quellen zur Dokumentierung jeder einzelnen Ausgabe enthält, wurde von Hastings E. Wright und Anthony B.
Creeke verfasst.
H. E. Wright starb 1897, als die Arbeit an dem Buch bereits fünf Jahre andauerte, so dass A. B. Creeke sich genötigt sah, das Werk alleine fertig zu stellen, so dass es
1899 veröffentlicht werden konnte. Es bestand ursprünglich aus 263 Seiten und 38 Fototafeln, kann aber nicht
als komplett angesehen werden ohne die 19-Seiten-Ergänzung mit der Bildtafel von zehn Illustrationen, welche
1903 unter dem Titel „A Supplement to British Isles“ erschien.
1920 publizierte die Chas. Nissen & Co. Ltd. eine zweibändige Publikation von Edward Denny Bacon, der zu jener Zeit Präsident der Royal Philatelic Society in London
war. Es hieß: „The Line-engraved Postage Stamps of Great
Britain printed by Perkins, Bacon & Co.“ und bot eine sehr
detaillierte Zusammenstellung von Dokumenten, vorwiegend aus dem Archiv von Perkins, Bacon & Co., nebst der
Beschreibung, wie die englischen Briefmarken von 1840
bis 1880 produziert worden waren. 1929 wurde dieses
Standardwerk, welches mit 15 separaten Bildtafeln ausgestattet war, durch ein „Supplement to the Line-engraved Postage Stamps of Great Britain printed by Perkins,
Bacon & Co.“ (49 Seiten) ergänzt, das neben weiterführender Information auch einige Korrekturen enthielt. Der
Autor wurde für das ursprüngliche Buch 1921 mit der Crawford-Medaille geehrt.
Meiner Ansicht nach ist aber ohne jeden Zweifel das repräsentativste Werk über Großbritannien Charles Nissens
1922 veröffentlichtes Buch „The plating of the Penny
Black Postage Stamp of Great Britain 1840“. In diesem
122 Seiten umfassenden Buch mit 40 Abbildungstafeln
wird die Position jeder Marke der elf für die erste Ausgabe der Penny Black verwendeten Druckplatten beschrieben. So kommen insgesamt zwölf Platten zu je 240 Marken zusammen, sofern man die zwei Zustände der Platte
1 mit berücksichtigt. Es muss wohl einen enormen Aufwand dargestellt haben, die dafür benötigte Zahl von insgesamt 2 640 Marken zusammenzutragen, auch wenn
dieses Vorhaben dadurch erleichtert wird, dass man die
Position jeder Marke dank der Buchstabenkombination in
den unteren Ecken der Marken leichter bestimmen kann.
Dennoch musste jede einzelne Platte, von der eine Marke
herrührte, aufgrund der Gravurdetails näher identifiziert
werden.
Charles Nissen wurde ebenfalls mit der Crawford-Medaille
1922 in Anerkennung dieses außergewöhnlichen Werkes
geehrt, indirekt damit aber auch für seine herausragende
Forschungsarbeit. Das außergewöhnliche Markenmaterial war Bestandteil der Chartwell-Kollektion und wurde im
Dezember 2012 zum Preis von 364 000 brit. Pfund verkauft.
Dr. H. Osborne galt als führender Experte auf dem Gebiet
der Erstausgabe mit dem Porträt Queen Victorias und er
hinterließ die Ergebnisse seiner Studie mit drei Veröffentlichungen. Seine erste Arbeit lautete „Great Britain, Twopence Plate nine, a Study of the Plate and its Repairs“.
Diese wurde 1939 publiziert und brachte ihm ebenfalls
die Crawford-Medaille im gleichen Jahr ein. Das Werk be-
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inhaltet ausgezeichnete Fotografien und beschreibt die
Platte 9 der 2d blau in großer Ausführlichkeit.
Zwei andere bedeutende Werke kamen 1946 und 1949
heraus: „British Line Engraved Stamps, Twopence Blue
– Studies of Plates 1 to 15“ und „British Line Engraved
Stamps, Repaired Impressions“. Beide Bücher bestätigten einmal mehr den Eindruck, dass Philatelie durchaus
als „Wissenschaft“ anzusehen ist, gerade wegen des Detailwissens, das bei Studien des Stichtiefdrucks und begleitender Beschreibungen benötigt wird.
Man kann wohl kaum das Gebiet Großbritannien verlassen, ohne Bezug auf „The Royal Philatelic Collection“ zu
nehmen, ein Werk, das von Sir John Wilson zusammengestellt und von Viscount Kemsley, dem damaligen Kurator
der Königlichen Sammlung, 1952 veröffentlicht wurde.
Dieses 568-Seiten-Werk ist zweifellos der angemessene Tribut für zwei „Sammlerkönige“, denn seit dem Ende des 19. Jahrhunderts trugen George V. und George VI.
die vollständigste Kollektion der British CommonwealthAusgaben zusammen. Das ganz in Leder gebundene
Werk ist unübertrefflich, obwohl der Schuber häufig nur in
beschädigter Form noch aufzufinden ist. Dieser war vermutlich zu zerbrechlich für solch ein schwergewichtiges
Werk. Das Buch beinhaltet die Geschichte der königlichen
Sammlung und bietet dazu ein Inhaltsverzeichnis. Persönlich bedaure ich es ein wenig, dass relativ wenige Abbildungen enthalten sind, wohl wissend, dass es sicherlich
mehrerer Bände bedurft hätte, allein nur die besonders
bedeutenden Stücke dieser Kollektion zu illustrieren. Der
Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass im Vorfeld
eine Broschüre mit einem Vorbestellformular und der Abbildung einiger Seiten herauskam, um für diese Edition zu
werben. Sir John Wilson wurde die große Ehre zuteil, für
dieses Prachtwerk mit der Crawford-Medaille 1953 ausgezeichnet zu werden.
Auf der anderen Seite des Kanals befinden wir uns in Belgien, das – dank des Einflusses von Jean-Baptiste Moens
(1833–1908) – eine der Wiegen war, dem unser Hobby
den Aufstieg verdankt.
Dennoch will ich mich nur auf einen Autor beschränken,
dessen großer Einsatz eine nennenswerte Zahl von Publikationen und Artikelbeiträgen über eine lange Zeit von
mehr als 50 Jahren hervorbrachte, die unter dem Namen
seines Arbeitgebers und Schwagers erschienen: Louis
Hanciau (1835–1924).
Louis Hanciau – er war zu seiner Zeit vielleicht einer der
kenntnisreichsten Philatelisten weltweit, also zu einer
Zeit, in der man noch eine „Alle-Welt-Sammlung“ besitzen
konnte. Er verfasste ein Buch, das erst 1929 posthum herauskam: „La Poste Belge et ses Diverses Marques Pos-
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tales 1814–1914“. Dies war eine der wenigen Publikationen, die unter seinem eigenen Namen je erschienen sind.
Die mit 478 Seiten sehr umfangreiche Studie enthält 15
Abbildungstafeln, die die unterschiedlichen Typen der Abstempelungen dokumentieren und ist damit ein meisterliches Werk, das 100 Jahre belgischer Stempel bearbeitet.
Eine zweite Ausgabe wurde 1981 von dem Händler Hector
Raassens aufgelegt, was den Wert von Hanciaus Buch als
Referenzwerk bestätigte.
Es wäre vielleicht nicht gerecht, die Rolle des Händlers
Willy Balasse zu verschweigen, die dieser für mehrere
Jahrzehnte spielte. Er war verantwortlich für die Herausgabe von Spezialkatalogen zu Belgien und Belgisch-Kongo. Drei Auflagen erschienen 1935, 1940 und 1949. Die
namhaftesten Experten ihrer Zeit trugen zu diesen Katalogen bei, so André de Cock, dem wir die Gründung des
belgischen Postmuseums verdanken, und andere, wie
z.B. R. Berlingin, E. Corbisier de Méaultsart, F. Dandoy, R.
Delapierre, E. de Witte, L. Herlant, R. Poncelet, M. Scheerlinck und J. Du Four, der seinen Beitrag zum Gebiet von
Belgisch-Kongo einbrachte.
Das „Sechseck“, wie Frankreich zuweilen genannt wird,
war stets eines der führenden Ländern bei der Produktion
philatelistischer Literatur gewesen, wie wir bereits in den
vorhergehenden Kapiteln gesehen haben.
Wir beschränken uns auf die berühmtesten Werke und
beginnen mit einem zweibändigen Opus von Arthur Maury, das 1907 herauskam: „Histoire de timbres-poste Français“. Auf 648 Seiten wird die Geschichte einer jeden
Ausgabe bis ins Detail beschrieben. Das Buch behandelt
aber auch die Postgeschichte Frankreichs und die solcher
Ereignisse wie der Belagerung von Paris und deren postalischen Folgen (Ballon Post, Kugelpost, Brieftaubenpost).
1929 gaben Baron Renault und E. Devoitine mit der Unterstützung der Herren Doé und Strowski bei deutlicher
Bezugnahme zur Arthur Maurys Werk ihren „Catalogue
des Estampilles et Oblitérations Postales de France et des
Colonies Françaises“ heraus, der von Yvert et Cie. verlegt
wurde. Bis heute gilt das 634-Seiten-Werk als grundlegende Informationsquelle über die französischen Stempel. Es existieren 50 Exemplare einer De-luxe-Version auf
Holland-Papier.
Baron de Vinck de Winnezeele, von Geburt aus Belgier,
widmete viele Jahre seines Lebens einem monumentalen Literaturwerk über Frankreich und dessen Kolonien,
das unter dem Titel „Catalogue des Timbres-Poste de la
France et des Colonies Françaises“ bei Yvert & Tellier in
Amiens erschien. Über nahezu 20 Jahre wurde mehrere
Auflagen dieses Kataloges veröffentlicht, dessen Umfang
von einem Band bis auf drei Bände anwuchs, als die end-
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gültige Ausgabe zwischen 1936 und 1940 erschien. Zum
Glück hat de Vincks Original-Manuskript, das die Kolonien
bearbeitete, überlebt.
Für nahezu 150 Jahre wurde die italienische Philatelie
von zwei Dynastien, Berufsphilatelisten und Verlegern,
dominiert: den Familien Diena und Bolaffi. 1904 verlegte
Stanley Gibbons eine Studie von Emilio Diena, die der 8.
Band der Stanley Gibbons-Handbuchserie war. E. B. Evans
hatte Dienas Werk „A History of the Postage Stamps of
Sicily“ übersetzt und dieses enthielt 143 Seiten mit 20
Abbildungstafeln. Von diesem Buch existiert auch eine in
Halbleder eingebundene Edition.
Wie bereits Manfred Amrhein in dem 4. Band seiner Buchserie erwähnt, wurde Dienas Arbeit über die 36 verschiedenen Platten der ersten Ausgabe Siziliens durch Rudolf
Friedl aus Wien erheblich erweitert. Dessen Werk basierte
auf dem von Diena und wurde nachfolgend durch Fotoplatten ergänzt, die in einem Schuber geliefert wurden.
Sie wurden von Rudolf Friedl herausgegeben und hießen
„Die Sizilien-Platten“. Sie gelten heute als extrem selten.
Über die Sardinischen Staaten veröffentlichte Alberto Bolaffi 1935 „I Bolli e gli Annullamenti Postali degli Stati Sardi usati nel periodo dal 1851 al 1863“. 1948 wurde das
Werk ins Englische übersetzt.
Zu den außergewöhnlichen Büchern, die der spanischen
Philatelie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewidmet wurden, zählen:
1919: „The Stamps of Spain 1850 to 1854“, London,
verfasst von Hugo Griebert und ausgestattet mit 14 Fototafeln. Es war das erste spezialisierte Werk, das zu den
Ausgaben Spaniens Beschreibungen der Besonderheiten,
Übertragungs-Irrtümer und Stempel berücksichtigte. Das
Buch wurde mit drei unterschiedlichen Einbänden geliefert. Nur zehn Exemplare wurde von einer De-Luxe-Version
gedruckt. Es war das erste Buch, das 1920 mit der Crawford-Medaille ausgezeichnet wurde. Es war außerdem das
erste, in dem die vollständigen lithografischen Platten der
ersten fünf Werte der ersten Ausgabe von 1850 publiziert
wurden.
1940: „6 Cuartos 1850“, von Antonio de Guezala, Bilbao.
Dieses ungewöhnliche Werk über die erste spanische
Briefmarke wurde in vier verschiedenen Sprachen veröffentlicht. Der Autor, von Beruf Maler, war als Sammler
französischer Marken bekannt, nicht aber als Sammler
der 6 Cuartos-Marke. Sein Freund Ramón Ruiz de Arcaute stellte ihm die Mehrzahl seiner Marken zur Verfügung
und bis heute sind seine Aussagen, mit denen er die von
Griebert berichtigte, immer noch gültig. Die außergewöhnlichen Zeichnungen fertigte A. Guezala selbst an. Die Stu-
die war zwar bereits 1936 fast vollendet, erschien aber
erst in Folge des Spanischen Bürgerkrieges 1940. Entsprechend damaligen Anzeigen gab es sieben verschiedene Einbände und nur 20 Exemplare einer besonders
wertvollen und weitere 30 einer Luxus-Ausgabe.
1950: „Guia del coleccionista de sellos de correos de España“ von A. Tort Reus. In diesem enzyklopädische Werk
bearbeitete Tort alle Ausgaben des 19. Jahrhunderts und
es entstand mit Hilfe weiterer Philatelisten. Er selbst war
kein Sammler, aber ein seriöser Erforscher, der drei Bücher mit 1179 Seiten, die gerade einmal 15 Jahre abdeckten, veröffentlichte. Das Werk beinhaltete die Beschreibung der Stempel und der Marken-Varianten aller
klassischen Ausgaben Spaniens. Diese Publikation führte
erstmalig zu einer nennenswert großen internationalen
Beachtung. Er war der einzige spanische Autor, der die
Crawford-Medaille zugesprochen erhielt. Drei Exemplare
des Werkes existieren in einer nummerierten Ausgabe auf
dickem gestrichenen Papier. 1976 wurde ein Reprint hergestellt.
Blicken wir nach Portugal sollten wir R. B. Yardleys
(1858–1943) 1907 als Band 4 der „Philatelic Record
Handbooks“-Reihe veröffentlichtes Buch mit dem Titel
„The Dies of the Postage Stamps of Portugal of the Reigns
of Dona Maria II. and Dom Pedro V.“ erwähnen. Die überschaubare Seitenzahl (38) enthielt 29 Bildtafeln.
Abgesehen von der Tatsache, dass die Mehrzahl der Arbeiten über die niederländische Philatelie erst in der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand, ist die 1932 von
dem Niederländischen Philatelistenverband veröffentlichte Studie „De Poststempels van Nederland 1676–1915“
von O. M. Vellinga eine Erwähnung wert. Während bereits
der auf 300 Exemplare limitierte Druck der Normalausgabe überrascht, gilt dies noch mehr für die nur sieben
Exemplare, die in einer De-Luxe-Edition auf prächtigem
Holland-Papier hergestellt wurden.
Ein anderes erwähnenswertes Werk aus der Feder des Bibliophilen J. C. Auf der Heide erschien bereits zwei Jahrzehnte früher, 1912. Das „Handboek over alle Postzegels
van Nederland en Kolonies“ war der erste Versuch, die
Marken der Niederlande und seiner Kolonien in wissenschaftlicher Art zu bearbeiten.
Schweden kann ebenfalls auf eine beachtliche Entwicklung zurückschauen, wie man der Publikation, die über
dieses Land anlässlich der Gemeinschaftsausstellung der
MonacoPhil 2013 erscheint, entnehmen kann.
J. Schmidt-Anderson, RDP, von Dänemark veröffentlichte das hervorragende Buch mit dem Titel „The Postage
Stamps of Denmark 1851–1951“, welches von der Dä-
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nischen Post 1951 zur Hundertjahrfeier der ersten dänischen Briefmarken verlegt wurde. Das 293-Seiten-Buch
enthielt eine Tafel, zwischen den Seiten 16 und 17 angeordnet, mit Neudrucken der Tönungen, die man bei der
Thiele III der R.B.S.-Platte von 1854 beobachten kann.
Wegen dieser Neudruck-Tafel fand das Werk besonderes
Interesse und bleibenden Wert. 1952 wurde J. SchmidtAnderson mit der Crawford-Medaille geehrt.
Finnland, dessen Kehrdrucke der ersten Ausgabe und deren ungewöhnliche Zähnungen der nachfolgenden Ausgaben die Sammler erfreut hat, war Gegenstand eines 1947
in Frankreich erschienenen Referenzwerkes. Der belgische Autor P. Grosfils-Berger schrieb dazu eine sehr detaillierte Studie mit dem Titel „Finlande, les Timbres des
Premières Emissions de 1856 à 1889/95“. 240 Exemplare des Werkes erschienen, weitere zehn privat gedruckte,
die vom Autor signiert sind.
Seit jeher nimmt die Schweiz wegen der Faszination ihrer
ersten Kantonalausgaben einen besonderen Platz in der
philatelistischen Literatur ein. Dabei ist zu betonen, dass
einige dieser Ausgaben extrem selten sind. Begleitende
Werke wurden bereits im 19. Jahrhundert veröffentlicht
und ein Händler hatte sogar die Idee, einen Spezialkatalog für Sammler herauszugeben. Es ist naheliegend, dass
wir von dem Katalog der Firma Zumstein & Cie. sprechen.
Ernst Zumstein starb vorzeitig 1918 und ließ zu dieser
Zeit eine nicht zu Ende gebrachte Neuauflage zurück.
Dies war die dritte und letzte Ausgabe, die teilweise von A.
Hertsch überarbeitet wurde, bevor sie sechs Jahre später,
1924, auf den Markt kam. Ähnlich wie bei dem legendären Werk von Mirabaud und Reuterskiöld 1899, beinhaltete auch diese Ausgabe einige hervorragende Farbtafeln
der ersten Ausgaben. Infolge der großen Nachfrage französisch sprechender Sammler wurde die deutsche Fassung von Maurice Picard 1925 ins französische übersetzt,
sie enthielt aber nur die grundlegenden Informationen der
Originalfassung, keine Abbildungen.
Dem Sammeln Schweizer Poststempel war ein Referenzbuch gewidmet, das unter dem Titel „Les Marques Postales de la Suisse 1650–1850“ 1945 erschien und von
Marc Henrioud und Jean J. Winckler verfasst worden war.
120 Exemplare dieses 336-Seiten-Buches wurden gedruckt und 1961 wurde es durch eine 127-Seiten-Ergänzung von Jean J. Winckler weitergeführt.
Österreich, genauer gesagt das Kaiserreich Österreich-Ungarn, war Gegenstand einer 1908 von Hans Kropf (1857–
1911) veröffentlichten Studie („Die Postwertzeichen des
Kaisertumes Österreich und der österreich-ungarischen
Monarchie“). Es war ein umfangreiches Werk mit 447 Seiten, das zusammen mit 35 Abbildungstafeln im Schuber
154 |
auf der Bucheinband-Rückseite anlässlich des Goldenen
Jubiläums von Kaiser Franz-Joseph erschien. Damals galt
dieses Werk als eines der besten philatelistischen Bücher
überhaupt. Es behandelte das österreichische Kaiserreich
in seiner Erscheinungsform vor dem Ersten Weltkrieg.
Edwin Müller hinterließ ebenfalls seine Spuren mit einer
großen Anzahl verschiedener hochstehender Publikationen. Um nur zwei davon zu nennen, sollten wir sein „Grosses Handbuch der Abstempelungen von Altösterreich und
Lombardei-Venetien“ aus dem Jahr 1925 erwähnen (350
Seiten, eine Abbildungstafel), welches durch ein 22-Seiten-Supplement 1934 ergänzt wurde, aber auch sein
1927 erschienenes Buch „Die Postmarken von Österreich“ (427 Seiten).
Abschließend scheint es angebracht, die 1933 von P. F. De
Frank aus Paris vorgestellte Arbeit „Something New about
Something Old, the First issue of Austria and LombardyVenetia, 1850–1858“ zu nennen. Das Buch beschreibt in
großer Genauigkeit die verschiedenen Wertstufen der ersten Ausgabe. Diese Marken können durch ihren Nennwert
identifiziert werden, welcher in Kreuzer (Österreich) und
Centes (Lombardei-Venetien) aufgeführt ist. 25 Exemplare einer Luxusedition existieren in englischer Sprache.
Die polnische Philatelie hatte mit Wladimir von Polanski,
der zwei grundlegende Studien verfasste, einer ihrer größten Protagonisten. Bereits 1920 erschien „Timbres-poste
de Pologne aux XVIII et XIX Siècles“ in einer Auflage von
135 Exemplaren in französischer Sprache. Dieses nur selten anzutreffende Werk wurde in die polnische Sprache
übersetzt und 1922 in noch begrenzterer Stückzahl von
nur 65 Exemplaren gedruckt.
1933 kam eine ebenso „wissenschaftlich“ verfasste Neuausgabe heraus, die zusätzliche Informationen aus der
Sammlung von Agathon Fabergé beinhaltete. 300 Exemplare dieses Buches wurden in Wien mit Hilfe von Wladimir
von Rachmanow (1886–1968) hergestellt. Der Umfang
von 182 Seiten wurde durch 53 Abbildungstafeln ergänzt,
die sich in einer Schachtel mit Aufdruck des polnischen
Wappens befinden.
Die russische Philatelie konzentrierte sich ursprünglich
auf die Semstwo- oder Lokalpostmarken. Nach ersten Versuchen von Koprowski und Herrick, diese Lokalposten zu
beschreiben (siehe Kap. 3.4), begannen Carl Schmidt und
Agathon Fabergé mit einzelnen Lieferungen eines Handbuches, das die 50 Distrikte abdecken sollte. Ihre Arbeit
wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen und zu
dieser Zeit waren ersten 16 Teillieferungen erschienen.
1916 wurden diese zu einem zweibändigen Werk zusammengefasst und kamen in Buchform unter dem Titel „Die
Postwertzeichen der Russischen Landschaftsämter“ her-
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aus. Band 1, der den Distrikt Akhtyirka-Donetz behandelte, enthielt 410 Seiten und 52 Abbildungstafeln, Band 2
über den Distrikt Dukhovshchina-Kusnetsk brachte es auf
368 Seiten mit 50 Bildtafeln. Zwischen 1932 und 1934
publizierte Carl Schmidt eine zweibändige Studie über die
Semstwo-Ausgaben in Berlin, für die er mit der CrawfordMedaille ausgezeichnet wurden. Band 1 enthielt 300
Seiten, Band 2 über 198 Seiten. Ein weiteres 198-SeitenBuch erschien unter dem Titel „Sammlung russischer
Landschaftsmarken im Reichspostmuseum Berlin“, nachdem Carl Schmidt seine Semstwo-Sammlung dem Berliner Reichspostmuseum gestiftet hatte.
1925 überarbeitete Fedor G. Chuchin (1883–1942) ein
anderes Referenzwerk über die Lokalausgaben Russlands und gab dies unter dem Titel „Catalogue of the Russian Rural Postage Stamp“ heraus. Ursprünglich war das
Werk in russischer Sprache im gleichen Jahr erschienen.
Soweit es Griechenland betrifft, ist N.-S. Nicolaidès zu
nennen, Briefmarkenhändler seit dem 19. Jahrhundert,
der durch zahlreiche Preislisten mit Schwerpunkt Briefmarken aus Griechenland bekannt geworden war. 1923
veröffentlichte er eine weit gründlichere 117-Seiten-Studie in Paris, die unter dem Titel „Histoire de la création du
timbre grec et description complète de toutes les émissions“ herauskam.
Zwei Jahrzehnte später gab Tryphon Constantinidès in
Athen unter Schirmherrschaft der Société Philatélique
Hellénique das zweisprachig verfasste Werk „Etude sur
les Timbres-Poste de la Grèce“ in griechischer und französischer Sprache heraus. Diese Arbeit war von völlig anderem Kaliber. 1933 deckte der erste Band mit 514 Seiten
und neun Korrektur-Seiten die „Große Hermeskopf“-Ausgabe ab, während der 1937 erschienene Band 2 auf 120
Seiten den seit 1886 produzierten Marken gewidmet war.
Wir werden unsere „Weltreise“ mit einigen Schlüsselwerken zu den australischen Gebieten abschließen. Im 19.
Jahrhundert gab jeder australische Staat, einschließlich
Queensland, Tasmania, Victoria und New South Wales,
eigene Marken heraus. 1923 veröffentlichte der bedeutende Sammler Charles Lathrop Pack das definitive Werk
jener Zeit über die Porträtausgaben von Queen Victoria.
Herausgeber war der Collectors Club in New York und es
erschien unter dem Titel „The Half-Length Portraits and
the Twopence Queen Enthroned.“ Das 273-Seiten-Buch,
ausgestattet mit 29 Abbildungtstafeln, beschreibt diese
wenig ansprechende Ausgabe, die teils nur sehr schwierig
wissenschaftlich zu behandeln ist. Über einige Zeit besaß
Lathrop Pack den berühmten „Pack Strip“, einen vertikalen Dreierstreifen der „Ochsenaugen“ Brasiliens, genannt
„Xiphopagus“. Das Buch brachte dem Autor bereits im selben Jahr die Anerkennung der Crawford-Medaille ein.
Von 1911 bis 1913 arbeitete A. F. Basset Hull an einer
sehr detaillierten zweibändigen Studie über die Marken
von New South Wales. Es erschien mit insgesamt 574 Seiten und 41 Fototafeln und lautete: „The Postage Stamps,
Envelopes, Wrappers, Post Cards and Telegraph Stamps
of New South Wales.“ Verlegt wurde es von Stanley Gibbons Ltd. für die Royal Philatelic Society, London. Es sollte
zu einem literarischen Meilenstein für dieses Gebiet werden. Im Dezember 1914 und Juni 1915 brachte das Publikations-Komitee der Royal Philatelic Society je ein transparentes Deckblatt heraus, auf dem Markenabbildungen
für bestimmte Positionen der Platten H und I enthalten
waren, womit auch bestimmte vorhergehende Fehler korrigiert wurden. Es versteht sich von selbst, dass gerade
diese Beilagen in ursprünglicher Erhaltung wirkliche Seltenheiten sind.
1930 erschien unter Federführung der Royal Philatelic
Society, London, ein bedeutendes Werk über Queensland
mit dem Titel „The Postage Stamps, Envelopes, Wrappers,
Post Cards and Telegraph Forms of Queensland“. A. F.
Basset beschreibt auf 181 Seiten und 33 Fototafeln alle
Ausgaben, die bis 1912 das Licht der Welt erblickt hatten.
Man sollte beachten, dass auf den Seiten XIII–XIX eine
von E. D. Bacon verfasste Bibliografie von Queensland abgedruckt ist. Es war die gleiche, die im „Journal of the Philatelic Literature Society“ im Dezember 1909 abgedruckt
war, ergänzt um weitere seitdem erschienene Werke.
Neuseeland verdankt sein ausgeprägt hohes literarisches
Profil einem Meisterwerk, das bereits 1938 begonnen
wurde und immer noch durch die „Philatelic Society of
New Zealand“ herausgegeben wird: „The Postage Stamps
of New Zealand“. Diese Enzyklopädie – weithin unter dem
Namen „Collins“ bekannt, weil sie von H. T. M. Fathers
und R. J. G. Collins, RDP, herausgegeben wurde – bearbeitet alle philatelistischen Aspekte dieses Landes. Seit
1938 erschienen neun Bände, der letzte davon 2006.
Mit anderen Worten ausgedrückt: Das Werk wird von einund derselben Organisation seit nunmehr fast 70 Jahren
verlegt! Natürlich haben während dieser Zeit zahlreiche
Schriftleiter und Herausgeber-Beiräte gewechselt, dennoch hat es das Engagement der Royal Philatelic Society
von Neuseeland verstanden, eine Richtung der beständigen Fortführung und Ausrichtung zu gewährleisten. Auch
wenn vermutlich die Auflage der frühen Bände dieser Reihe recht hoch war, ist das komplette Werk heute immer
noch sehr nachgefragt und nicht leicht zu finden. Die Royal Philatelic Society von Neuseeland wurde 1956 für die
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Veröffentlichung von Band III mit der Crawford-Medaille
ausgezeichnet.
Es wäre fast schon unfreundlich, die Welttour abzuschließen, ohne einen Blick auf zwei prestigeträchtige Werke
zu werfen, die zu zwei fernen Inseln herauskamen, über
deren Philatelie nicht viel bekannt ist. Samoa, welches
in der Mitte des Pazifischen Ozeans liegt und heute nur
180 000 bis 190 000 Einwohner zählt, wurde 1916 durch
R. B. Yardleys Werk „The Samoa Express Postage Stamps“
gewürdigt, das einmal mehr unter der Schirmherrschaft
der Royal Philatelic Society London erschien. Die 64-Seiten-Studie mit zehn Fototafeln beschreibt in großer Genauigkeit diese „Express“-Ausgaben, welche erstmals
1877 gedruckt worden waren.
Abschließend und um dieses Kapitel mit einem exotischen Bezug zu beenden, sei die von J. W. Purves, einem
ausgewiesenen Autor, 1939 verfasste Studie „The Postage Stamps of Fiji, 1878–1902“ erwähnt, die als perfektes
Beispiel einer Arbeit über die klassische Philatelie einer
weiteren fernen Insel gelten kann. Die 89-Seiten-Broschüre, ausgestattet mit acht Bildtafeln, beinhaltet eine Reihe
von Fachbeiträgen, die zuvor im „London Philatelist“ erschienen waren.
Quellen
1. Philatelic Literature, von Manfred Amrhein (Band 1–4)
2. Auktionskataloge
3. Private Sammlung des Verfassers
156 |
Eine Anmerkung des Übersetzers
(Wolfgang Maassen)
Diese Anmerkung findet sich nicht in der englisch-französischen Originalfassung dieses Kapitels von Yves Vertommen,
weil sie eigentlich nur für deutsche Leser von Interesse ist.
Diese werden vielleicht erwähnenswerte deutsche Literatur
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vermissen. Wer über
spezialisierte Kenntnis der Literatur jener Zeit verfügt, weiß,
dass es bis in die 1950er-/60er-Jahre in Deutschland kaum
den in diesem Kapitel vorgestellten Werken vergleichbare
Standardwerke gegeben hat. Wohl das „Kohl-Handbuch“ und
seine Nachfolger, aber diesem Handbuch wurde in diesem
Buch bereits ein eigenes Kapitel gewidmet. Zwar erschienen
– z.B. bei INFLA-Berlin zahlreiche Kleinstudien diverser Art
–, auch andere vergleichbar hochstehende Ausarbeitungen,
aber in die Spitze der weltweit angesehenen Handbücher
und Standardwerke meldete sich Deutschland erst ab den
1970er-Jahren zurück. Die Publikationen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fanden in diesem Kapitel generell
– so sah es die Konzeption vor – keine Berücksichtigung. In
den letzten Jahrzehnten erschienen durchaus eine Reihe von
bedeutenden und bis heute wertvollen Fachpublikationen in
deutscher Sprache; es sei nur an zahlreiche Werke zur Altdeutschland-Philatelie (Baden, Sachsen, Württemberg) erinnert. Carlrichard Brühls zweibändige „Geschichte der Philatelie“ wurde – als Ausnahme von der Regel – ebenfalls bereits
an anderer Stelle gewürdigt. Letztlich bestätigte das Fehlen
nennenswerter hochrangiger deutscher philatelistischer Literatur auch die vom Autor dieses Buches in Kapitel 3.1 vertretene These, dass Kriege, zumal Weltkriege, erhebliche
Auswirkungen auf die Kontinuität und den Reichtum philatelistischer Literatur eines Landes haben, das wie Deutschland
selbst in diesen verheerenden Kriege verstrickt war und lange an deren Auswirkungen zu leiden hatte.
____________________________________________________________________________________
Anhang
1
Ausgewählte Kurzbiografien einiger
namhafter Autoren und Herausgeber
in der Philatelie
____________________________________________________________________________________
Wie bereits zu Beginn des Buches erwähnt, ist es nicht
unser Ziel, eine lange Liste aller philatelistischen Autoren der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts herauszugeben. Wir sind Brian Birch zu Dank verpflichtet, dass er die
schwierige Aufgabe der Vorbereitung der meisten Kurzbiografien übernommen hat, welche dann angepasst, bearbeitet und/oder erweitert wurden. Wir können Leser nur
dazu ermutigen, die FIP-Internetseite zu besuchen, wo
das Werk von Brian Birch im Ganzen zu betrachten ist.
Dort sind auch zahlreiche Quellen aufgeführt, die für Jeden, der tiefergehende Recherchen betreibt, sehr hilfreich
sein können.
Die vorliegende „Auswahl“ ist eher subjektiver Natur und
wir möchten uns bereits im Vorhinein für etwaige Aussparungen und Ungenauigkeiten entschuldigen. Nichts desto
trotz stehen wir hinter der Wahl, die wir treffen mussten
und für die wir jeweils eine kurze Erklärung geben werden.
Die folgenden Biografien geben einen Überblick über die
prominentesten Autoren und Verleger, die im 19. Jahrhundert die philatelistische Literatur geprägt haben.
Eine erstaunliche Anzahl von Autoren kam seinerzeit
aus Ländern, die bereits industrialisiert waren. Nur sehr
wenige bedeutende literarische Werke wurden in dieser
Zeit von Autoren aus anderen Ländern veröffentlicht.
Dies spiegelt sich in der Tatsache, dass nur wenige der
in dieser Studie geführten Autoren aus eben solchen Ländern stammten. Wir sind der Ansicht, dass es ebenfalls
wichtig ist, Philatelisten in unsere Betrachtungen miteinzubeziehen, die bereits sehr früh mit dem Sammeln
philatelistischer Literatur anfingen und zeitgenössische
philatelistische Zeitschriften bezogen. Wir haben – so gut
wie möglich – versucht, exakte Informationen darüber
zu gewinnen, was mit ihren Bibliotheken passiert ist. Es
war uns darüber hinaus ebenfalls ein Anliegen, gewissen
Händlern Tribut zu zollen, die sich auf den Vertrieb philatelistischer Literatur spezialisiert hatten, gingen doch eine Vielzahl von Raritäten und außerordentlichen Werken
durch deren Hände.
Schließlich werden wir auch einige wichtige Persönlichkeiten der internationalen Philatelie nennen, die namensgebend für verschiedene Auktionskataloge waren, welche
heute die einzige zugängliche Quelle über beeindruckende Sammlungen darstellen, die heute weit zerstreut sind.
Dieses Kapitel ist das Werk verschiedener Autoren, welche diese zuvor unveröffentlichten Informationen auf
Basis von Auswertungen zeitgenössischer Zeitschriften,
Ausstellungskataloge sowie philateliegeschichtlicher Publikationen zusammengestellt haben.
Wir möchten Chris King danken, der eine Großzahl der
Abbildungen zur Verfügung gestellt hat, Alberto Bolaffi,
der eine Vielzahl an Informationen über verschiedenste
Philatelisten in seinem großartigen Buch „Forum“ veröffentlicht hat, Carlrichard Brühl, der in den 1980er Jahren
überaus viele Fotografien für seine „Geschichte der Philatelie“ zusammengetragen hat und Wolfgang Maassen,
der uns freundlicherweise erlaubt hat, seine zahlreichen
philateliegeschichtlichen Publikationen und Archive nach
Bildmaterial zu durchsuchen – viele davon sind bislang
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____________________________________________________________________________________
niemals veröffentlicht worden. Für einige der hier geführten Autoren konnten keine Bilder gefunden werden, z.B.
der berühmten Miss Fenton, von der (soweit bekannt)
kein Portrait mehr existiert. Andere Autoren hingegen sind
zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen Zeitschriften im Bild festgehalten worden. Keiner dieser Autoren
sollte in der Geschichte der Philatelie verloren gehen.
Menschen, die ihre Spuren hinterlassen haben!
Die Geschichte der Philatelie hat eine Reihe von bedeutenden Sammlern gesehen, die auch heute unvergessen
sind als Forscher und Autoren, als literarische Experten
und Sammler von Literatur. Es ist leider nicht möglich, allen die Aufmerksamkeit zu geben, die sie verdienen. Deshalb mussten wir uns in dieser kleinen „Hall of Fame“ auf
eine kleine Auswahl prominenter internationaler Persönlichkeiten der frühen Philateliegeschichte beschränken.
ANDERSON, Peter John 1852–1926
Anderson war einer der Pioniere der Philatelie und sammelte philatelistische Literatur ab Beginn der 1860er Jahre. Er spendete einen großen Teil seiner Bibliothek der
Universität von Aberdeen während seiner dortigen Anstellung als Bibliothekar. Der Universitätsbestand beinhaltet
heute viel frühe und selten Literatur sowie die privaten
Schriften und Werke Andersons.
BACON, Sir Edward Denny 1860–1938
Bereits im Alter von 19 Jahren wurde Bacon Mitglied der
Philatelic Society of London, zwei Jahre später Mitglied
des Vorstandes. Er war Präsident der Royal Philatelic Society London von 1917 bis 1923. Im Jahr 1892 wurde er
Kurator der Tapling-Sammlung im Britischen Museum.
Infolge dessen wurde er vom Earl of Crawford angestellt,
um dessen philatelistische Bibliothek zu pflegen. Im Jahr
1914 war er einer von drei Mitgliedern der Royal Philatelic Society London, die eine Lindenberg-Medaille erhalten
hatten und diese aus Protest gegen den Ersten Weltkrieg
an den Berliner Philatelisten Klub zurückgaben. Nach
dem Tode Tilleards war er von 1913 bis 1938 Kurator der
Philatelistischen Sammlung des Königs. Bacon war einer
der ersten Unterzeichner der Roll of Distinguished Philatelists 1920.
BARTELS, Julius [John] Murray 1872–1944
Der Gründer der J. M. Bartels Company und war in philatelistischen Kreisen als Murray bekannt. Er war Händler
in der Zeit von 1893 bis 1944 und betrieb eine lange Zeit
ein Ladengeschäft an der Nassau Street. Den meisten
158 |
bekannt wurde er als Auktionator. Im Laufe seiner Karriere führte er 337 Versteigerungen durch. Er galt als der
überragende Experte auf dem Gebiet der Ganzsachenumschläge der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Zeitschriften in seiner Bibliothek, welche zwei große Umzugskartons mit rund 900 Titeln aus der Zeit von 1900–1920
füllten, wurden ca. 1920 dem Collectors Club gestiftet.
BECKTON, Walter Dorning 1866–1931
Er begann 1879 mit dem Sammeln und wurde ein bekanntes Mitglied der Manchester Philatelic Society sowie
der Royal Philatelic Society London. Erstgenannte Vereinigung lenkte er für über 34 Jahre als Präsident. Beckton begann im Jahr 1880 mit dem Briefmarkensammeln
und beschränkte seine Sammlung mit dem Ende des Jahres 1890. Im Jahr 1935 stifteten sein Bruder und seine
Schwester zusammen mit der Manchester Philatelic Society seine Literatursammlung, die aus über 700 Titeln
bestand, der Zentralbibliothek von Manchester, wo diese
auch heute noch zugänglich ist.
BELLAMY, Frank Arthur 1864–1936
Neben seiner Tätigkeit als Astronom an der Universität
von Oxford wird ihm nachgesagt, ein ruheloser Buchliebhaber gewesen zu sein. Bellamy annoncierte für philatelistische Literatur in Alfred Smith & Sons Monthly Circular
(31. Dezember 1907, Nr. 396, S. 86). Sein Gummistempel wurde auf vielen seiner unterschiedlichen Büchern
und Zeitschriften angebracht, die er im Laufe seines Lebens als Literatursammler erworben hatte. Er besaß eine spezielle Ausführung des Werkes The Catalogue of
the Earl of Crawford’s Library, zwei Bände mit zwischen
den Seiten eingeschossenem Papier, auf welchen er umfangreiche Ergänzungen zum Buchmanuskript hinterließ,
die er aufgrund seiner eigenen Bibliothek machen konnte (Stamp Lover, Nr. 263, November 1940, 33. Jahrgang,
Heft 6, S.119). Dieses Werk ist heute im „American National Postal Museum Library“ im Smithsonian Institute zu
finden. In einem Beitrag aus dem Jahr 1919 wurde behauptet, dass Vallancey, der Eigentümer des bekannten
wöchentlichen Briefmarken-Magazins „Stamp Collecting“,
50 000 Titel aus der Sammlung Bellamys erworben hat.
Seine Bibliothek, die über 200 000 Titel enthalten haben
soll, wurde nach seinem Tod von „Harris Publications“ erworben. Es hatte ihn 3 000 Pfund gekostet, die Bibliothek
zusammenzutragen.
BERGER-LEVRAULT, François Georges Oscar 1826–1903
Er veröffentlichte den ersten Briefmarken-Katalog von seinem Haus aus in Straßburg, Frankreich 1861. Gedruckt
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im Lithographie-Verfahren war dieser ursprünglich nur zur
Verteilung unter seinen Freunden vorgesehen. Zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Deutsch-Französischen Krieges (1870–1871) betrug die Anzahl an Marken in seiner
Sammlung 10 400. Er stiftete seine philatelistische Bibliothek im Jahr 1881 der Société Française de Timbrologie,
eine Aufstellung des Inhalts ist jedoch nicht verfügbar.
BILLIG, F. Fritz 1902–1986
Vormals ein gutsituierter Händler in Wien in der Zeit vor
dem Zweiten Weltkrieg floh Billig nach der Annexion Österreichs an das Deutsche Reich durch die Nazis in die USA.
Nachdem der Krieg unvermeidbar erschien, anglisierte er
seinen Namen zu Fred F. Billings und führte sein Geschäft
unter „Billings Stamp Company“, um anti-deutsche Stimmungen zu vermeiden.
BISHOP, Percy Cooke 1869–1960
Er bearbeitete und publizierte im Alter von vierzehn Jahren sein eigenes Briefmarken-Journal, die Philatelic Exchange List. Die Zeitschrift erschien jedoch nur für vier
Ausgaben. Einer Zeit freiberuflicher Mitarbeit bei verschiedenen philatelistischen Fachzeitschriften folgte die
Übernahme des Stamp Collectors´Monthly sowie ein wenig erfolgreicher Versuch, eine Presseagentur zu etablieren. Im Jahr 1894 gründete er zusammen mit Harry Hilckes den Stamp Collectors´Fortnightly und führte diesen
mit seinem Stamp Collectors´Monthly zusammen. Einige
Jahre später musste Hilckes sein Geschäft auflösen und
das Erscheinen des Fortnightly geriet ins Stocken. Dank
der Unterstützung durch die Brüder J. H. & Stanley Telfer,
konnte Bishop die Zeitschrift einige Monate wiederbeleben und blieb bis zum Jahr 1912 deren Herausgeber.
BLOCH, Herbert J. 1907–1987
Geboren in Baden, floh Herbert Bloch 1936 in die USA,
um der Verfolgung durch die Nazis zu entgehen. Im Jahr
1943 wurde er Teilhaber von H. R. Harmer Inc und arbeitete u.a. an den Verkäufen der Sammlungen von Alfred
Caspary und Präsident Roosevelt. 1948 wurde er Teil des
Friedl Expert Committee und zehn Jahre später wurde er
Teilhaber in der Mercury Stamp-Company. Seine Bibliothek wurde 1985 von Roger Koerber verkauft.
BOKER JR., John Robert 1913–2003
Als seine philatelistischen Interessen den Höhepunkt
erreichten, begann er, die größte jemals existierende
Sammlung Altdeutschlands aufzubauen. Nach vielen Jahren des Sammlungsaufbaus und dem Erreichen seines
Zieles wurde die Boker-Sammlung schließlich in Deutsch-
land von 1985 bis 2000 verkauft und erreichte einen Gesamtzuschlag von 39 Millionen USD. Boker war Präsident
des Collectors Club von 1963–1964 und Unterzeichner
der Roll of Distinguished Philatelists. Seine Bibliothek
wurde von der Firma Nutmeg Stamp Sales im Oktober
2005 verkauft.
BOOTY, Frederick William 1841–1924
Er stellte 1862 den ersten im Vereinigten Königreich publizierten Briefmarkenkatalog, Aids to Stamp Collectors,
zusammen. Für die ersten beiden Auflagen des Kataloges
benutzte er das Pseudonym „A Stamp Collector“. Außerdem stellte er das Werk The Stamp Collector’s Guide her,
die weltweit erste illustrierte Publikation über Briefmarken, wobei er sämtliche Illustrationen selbst zeichnete.
DE BOSREDON DU PONT, Philippe, 1827–1906
Eine bedeutende Persönlichkeit des Zweiten Kaiserreiches war Philippe de Bosredon du Pont, er war aber
auch ein herausragender Sammler von Brief- und Fiskalmarken. De Bosredon war Kommandeur der Ehrenlegion (1869) und Träger verschiedener ausländischer Auszeichnungen. Sein wichtigster Beitrag zur Philatelie war
– gemeinsam mit Pierre Mahé – die Publikation der „Monographie des timbres fiscaux mobiles“, welche sich zu
einem der Hauptwerke der französischen Fiskalphilatelie
entwickelte. In diesem avantgardistischen Werk, das eine
Art Katalog ohne Preisangaben war, verknüpfte Bosredon
sukzessive die Darstellung der Fiskalmarken mit den offiziellen Ankündigungen jeder Ausgabe. Darüber hinaus
gilt er als einer der ersten Autoren, der eine Bibliographie
philatelistischer Literatur erstellte, welche als Beitragsreihe in der Pariser Zeitschrift Revue de la Société Timbrologique erschien.
BREITFUSS, Friedrich Andreas 1851–1911
Breitfuss war ein wohlhabender Geschäftsmann, dessen Familie als Goldschmiede und Juweliere für den russischen Zaren tätig war. 1864 bestellte sein Vater für
seinen Sohn eine komplette Sammlung aller bis dahin
weltweit existierenden Briefmarken. Gegen Ende seines
Lebens wurde ihm nachgesagt, die drittgrößte Sammlung
der Welt nach Ferrary und Tapling besessen zu haben.
Der Großteil dieser Sammlung wurde 1907 an die Firma
Stanley Gibbons verkauft.
BROWN, William 1864–1927
Der Gründer der William Brown Company war gegen Ende
der Viktorianischen Ära einer der wichtigsten Händler im
Vereinigten Königreich. Er war Gründer des Philatelic Jour-
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nal of Great Britain im Jahr 1891, welche für lange Zeit die
am längsten ohne Unterbrechungen erscheinende philatelistische Fachzeitschrift weltweit war.
BROWN, Mount 1837–1919
Mount Brown sammelte Briefmarken ab den 1850er Jahren. Er veröffentlichte im Mai 1862 den ersten englischen
Briefmarken Katalog, der auf der Sammlung von Reverend Francis John Stainforth basierte. Fünf verschiedene
Auflagen wurden innerhalb von zwei Jahren herausgegeben. Mount Brown war Mitglied der (Royal) Philatelic Society London und des Ehrenkomitees der Internationalen
Ausstellung in London 1912.
BURRUS, Maurice 1882–1959
Burrus war ein Tabak-Magnat aus dem Elsass, dessen
weltweite Sammlung, zu den besten in der Welt gehörte.
Im Alter von sieben Jahren begann er 1899 Briefmarken
zu sammeln, nachdem sein Onkel ihm ein paar alte Umschläge, die mit Briefmarken frankiert waren, gegeben
hatte. Bekannt wurde er während der Ferrari-Auktionen,
bei denen er viele der herausragenden Raritäten erstand.
Seine Sammlung Lombardei-Venezien wurde als „Mystery Collection“ (wörtlich: Geheimnisvolle Sammlung) bei
Shanahan im Mai 1959 verkauft. Auktionskataloge von
den Verkäufen seiner zahlreichen Sammlungen aus den
1960er-Jahren sind sehr gesucht.
CALMAN, Gustav Bernhard 1860–1898
Der Bruder von Henry Lincoln Calman zahlte John Walter
Scott aus und gründete die Scott Stamp & Coin Company.
CASPARY, Alfred Henry 1877–1955
Er war der Besitzer der Aktienhandelsgesellschaft A. H.
Caspary & Company, was ihm finanziellen Wohlstand und
die Möglichkeiten einbrachte, seiner Passion zu frönen. Er
war einer der größten und gleichzeitig zurückhaltend lebenden Sammler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Er galt als pedantisch bei der Suche nach Probedrucken
in feinster Qualität, jegliche qualitativ minderwertigen Exemplare ablehnend – mögen diese auch noch so selten
gewesen sein. Er war verschlossen und nutzte das Pseudonym „Pazificus“, selbst als eine Auswahl seltener Briefmarken aus seiner Sammlung 1954 in einem gefeierten
Artikel des „Life Magazine“ abgebildet wurde. Nach seinem Tod wurden seine Sammlungen – seinem Testament
folgend – verkauft und die Erlöse verschiedenen wohltätigen Organisationen gespendet.
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CASTLE, Marcellus Purnell 1849–1917
Er übernahm nach dem Tod seines Vaters die „Albion Brewery of Brighton“, was es ihm ermöglichte, seiner Passion ungehindert nachzugehen. Als früher Sammler wurde
er Opfer eines Diebstahls, als seine erste Briefmarkensammlung 1866 in Deutschland gestohlen wurde. Er
kehrte 1867 nach England zurück und stieg in das Brauereigeschäft ein. 1892 setzte er sich zur Ruhe, um sich
voll und ganz seinem Hobby, der Philatelie, zu widmen.
1879 schloss er sich der „Philatelic Society London“ (später „Royal Philatelic Society London“) an und wurde bis zu
seinem Tod fast vierzig Jahre später eine der treibenden
Kräfte. Castle war ein Gründungsmitglied des Expertenkomitees der RPSL und bearbeitete bzw. veröffentlichte
die ersten 25 Ausgaben des „London Philatelist“. Seine
Bibliothek wurde der „Royal“ vermacht. Obwohl es sehr
wahrscheinlich ist, dass viele seiner Bücher bei der RSPL
erhalten sind, können diese nur durch zufällige Widmungen des jeweiligen Autors an Castle erkannt werden.
CHAMPION, Théodore 1873–1954
Geboren im schweizerischen Genf als jüngerer Bruder
von Adrien Champion machte Theodore als Angestellter
in dessen Firma „Maison Champion & Cie“ seine ersten
Schritte. Als der Erfolg des Geschäftes anfing einzubrechen, gab er seinem Bruder sein Erspartes von 20 000
Schweizer Franken und verließ die Firma, um nach Paris
zu ziehen und dort für Alfred Forbin zu arbeiten. Nach einigen Jahren übernahm T. Champion das Geschäft auf der
Rue Drouot 13 und benannte es in Theodore Champion
SA um. 1902 begann er als Bearbeiter der Yvert-Kataloge
und 1937 unterzeichnete er die „Roll of Distinguished Philatelists“. Seine Bibliothek wurde von Huys-Berlingin verkauft.
CHAMPION, Adrien 1867–
Der Bruder von Theodore Champion war Partner in der
Firma Kirchhoffer & Champion, einem Briefmarkenhandel in Genf/Schweiz. Nach einiger Zeit wurde die Partnerschaft aufgelöst, jedoch fand man sich erneut zusammen
als „Maison Champion & Cie“. Obwohl das Geschäft zu
Beginn florierte, führte ein Großeinkauf von Briefmarken, die sich als minderwertig herausstellten, 1899 zum
Scheitern. Um sich von dieser Entwicklung zu erholen, verkaufte er gefälschte Briefmarken, wofür er 1902 zu einer
Haftstrafe verurteilt wurde.
CHASE, Dr. Carroll 1878–1960
Während des Ersten Weltkrieges schloss sich Chase der
Französischen Armee an, in der er als Chirurg arbeitete.
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Obwohl er nach dem Krieg wieder in die USA ging, kehrte
er 1929 nach Frankreich zurück, wo er in Paris bis kurz
vor dem Eintritt der Amerikaner in den Krieg lebte. Seine
Bibliothek wurde von Fritz Billig erworben und mittels dessen Literatur-Preislisten und Auktionen im Zeitraum von
1963 bis 1965 verkauft.
CRAWFORD, Earl of 1847–1913
Sein voller Name lautete James Ludovic Lindsay, 26. Earl
of Crawford, 9. Earl of Balcarres, 3. Baron Wigan. Er trat in
die Fußstapfen seines Vaters als großer Bibliophiler und
Forscher. In Folge seiner Hochzeit wurde Haigh Hall in der
Nähe von Wigan, das Heim der Familie seiner Ehefrau,
seine Hauptresidenz. Seine Bibliothek war in Haigh Hall,
mit Ausnahme der philatelistischen Abteilung, die stets in
seiner Londoner Residenz aufbewahrt wurde. Der Earl trat
der „Philatelic Society London“ 1900 bei und wurde zwei
Jahre später zum Vize-Präsidenten gewählt. 1906 machte er den Vorschlag, dass die Society die Erlaubnis König
Edward VII. erfragen sollte, den Titel „Royal“ zu ihrem Namen hinzufügen zu dürfen. Der Earl schrieb an den Prince
of Wales (den späteren König Edward V.), welcher seinerzeit Präsident der Society war, und legte ihm die Diskussion dar. Unverzüglich erhielt er seine Zustimmung. Der Earl
war von 1910 bis zu seinem Tod 1913 Präsident der Royal
Philatelic Society London. Um eine Basis für seine Interessen am Briefmarkensammeln, das er sehr wissenschaftlich betrieb, zu schaffen, machte er es sich zur Aufgabe,
eine bedeutende philatelistische Bibliothek aufzubauen.
Crawford starb am 31. Januar 1913 und vermachte in einem Nachtrag seines Testaments die philatelistische Bibliothek dem Britischen Museum.
DALE, Louise Boyd 1913–1967
Sie war die Tochter von Alfred F. Lichtenstein, Ehefrau von
John Denny Dale und in der Literatur zuweilen als Mrs.
John Denny Dale zu finden. Ihr Vater vermachte ihr viele
seiner Sammlungen sowie seine Bibliothek. Letztere wurde im August 2001 von Longley Auctions versteigert. Sie
war die erste Frau, die als internationale Jurorin eingeladen wurde und die zweite, die die Roll of Distinguished
Philatelists unterzeichnete.
DEATS, Hiram Edmund 1870–1963
Er war ein Gentleman vom Lande, geboren in New Jersey/
USA 1870, Erbe eines weitreichenden landwirtschaftlichen Familienbetriebs und Direktor der lokalen Bank. Im
August 1894 wurde er Bibliothekar der „American Phil-
atelic Association“. Die Bibliothek befand sich in einem
benachbarten Raum zu seinem Büro. Er begann mit dem
Sammeln von Literatur 1886. 1892 erwarb er die Wolsiefer Bibliothek und das komplette Lager der Western Philatelic Publishing Company, in dessen Geschäftsführung
Wolsiefer als Direktor tätig war. Dieser Kauf beinhaltete
rund 50 000 Ausgaben philatelistischer Zeitschriften und
machte seinen Bestand zum größten in der Welt, wobei
sich auch zahlreiche Dubletten darunter befanden. Im
Jahr 1900 übernahm er die Privatbibliothek von J.-B.
Moens, als dieser sich zur Ruhe setzte.
DIENA, Emilio 1860–1941
Der Bruder von Charles Diena war promovierter Jurist und
weithin als Dr. Emilio Diena bekannt. Geboren am 26. Juni 1860 in Modena als Sohn von Davide Diena, einem
wohlhabenden Geschäftsmann, und dessen Ehefrau Luisa Ambron. Gemeinsam mit seinem Bruder Carlo begann
Emilio mit dem Sammeln von Briefmarken und postgeschichtlichen Studien schon während seiner Schulzeit am
Gymnasium in Modena. Nach dem Studium trat er in den
italienischen Staatsdienst im Ministerium für Kommunikation (Post und Telegraphie) ein und widmete sich den
Rest seines Lebens der Betreuung der Bibliotheken der
Postbehörde sowie deren Museum in Rom. Er war ein bekannter Autor zahlreicher philatelistischer Monographien,
die ihn in der philatelistischen Welt berühmt machten, darunter Werke wie: „The Postage Stamps of the Duchy and
the Provisional Government of Modena“ (Modena 1894),
„The Postage Stamps of the Romagna“ (Brussels 1898),
„A History of the Postage Stamps of Sicily“ (London 1904),
„Notes on the Postage Stamps of the Provisional Government of Parma“ (Rome 1913), „Historical and Descriptive
Catalogue of the Postage Stamps of Italy“ (Rome 1923),
und sein Hauptwerk „The Postage Stamps of the Kingdom
of Naples“ (Rome 1932), für das er mit der Crawford Medaille der Royal Philatelic Society London ausgezeichnet
wurde.
Diena war Juror bei zahlreichen Ausstellungen, außerdem Gründer der Italienischen Philatelistischen Gesellschaft und des Verbandes Italienischer Philatelisten
Gesellschaften in Rome sowie Mitbegründer der philatelistischen Fachzeitschrift Il Corriere Filatelico. Darüber hinaus interessierte er sich für die Prüfung von Briefmarken
und engagierte sich im Kampf gegen Fälscher. Er war unzweifelhaft für die Popularisierung der Forschung zu den
Ausgaben des klassischen Italiens verantwortlich. Diena
starb am 9. Oktober 1941 in Rom. Seine Bibliothek genoss Weltruhm. Er war der Vater von Mario und Alberto
Diena.
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EARÉE, Rev. Robert Briscoe 1846–1928
Earée begann 1861 als Junge im Alter von 15 Jahren mit
dem Sammeln von Briefmarken. Von 1875 bis 1901 war
er Redakteur der philatelistischen Abteilung des Bazaar,
die ihm die Briefkorrespondenz überließ, damit er sein
Buch „Album weeds“ schreiben konnte. Aufgrund seines
Interesses an Fälschungen übernahm er von Atlee die Autorentätigkeit für die Spud Papers in der Zeitschrift „The
Philatelist“. Er wurde zur Zeichnung der Roll of Distinguished Philatelists im Rahmen des 8. Kongresses von Großbritannien nach Harrogate 1921 eingeladen, womit er einer der ersten 25 Unterzeichner war.
ken und Kolonialmarken einstieg. So ergriff er z.B. die Initiative während des Burenkrieges und entsandte einen
Mitarbeiter, B. W. H. Poole, nach Südafrika, um alle von
den Truppen verwendeten Marken aufzukaufen. Er baute
zu Lebzeiten eine bedeutende Bibliothek auf und inserierte in seinen „Ewen’s Weekly Stamp News“, um fehlende
Nummern verschiedener Zeitschriften zu finden.
EVANS, Maj. Edward Benjamin 1846–1922
Er begann bereits zu seiner Schulzeit im Alter von 15 Jahren mit dem Briefmarkensammeln. Sein erster Artikel
über das Briefmarkensammeln wurde im November 1864
unter dem Pseudonym „Cheth“ veröffentlicht. Während
seiner Stationierung in Plymouth Mitte der 1870er machte er Bekanntschaft mit E. S. Gibbons und E. L. Pemberton. 1876 wurde er zu einer Einheit versetzt, welche nach
Mauritius berufen wurde, was ihm die Erforschung der
Philatelie dieser Insel erlaubte. Im Jahre 1884 stellte er
einen umfassenden Katalog, ein „Philatelic Handbook“,
fertig, welches als Vorbild vieler späterer Kataloge diente.
Er schrieb zahlreiche Bücher, tausende Fachbeiträge und
stellte eine große Zahl bedeutender Kataloge zusammen.
Er war von 1890 bis 1914 Chefredakteur des Stanley Gibbons Monthly Journal und verantwortete die letzten fünf
Jahrgänge der Zeitschrift Gibbons Stamp Weekly. Seine
Bibliothek wurde an Victor Marsh verkauft.
FENTON, Adelaide Lucy 1824–1897
Sie gilt als die erste bekannte Philatelistin und veröffentlichte Beiträge in verschiedensten britischen Magazinen
der 1860er und 70er Jahre. Sie benutzte die Initialien A.
F. für die Korrespondenz im The Stamp Collector’s Magazine sowie Fentonia für Beiträge im Stamp Collector’s Magazine in den 1860er Jahren. Ihre Sammlung des Stamp
Collector’s Magazine und des Philatelist – von den Herausgebern in Anerkennung ihrer Verdienste öffentlich präsentiert – wurden im Mai 1909 von Ventom, Bull & Cooper
verkauft. Viele unveröffentlichte Informationen mit Bezug
auf die Frühzeit der Philatelie wurden in den Notizen gefunden, die Miss Fenton in ihre persönlichen Ausgaben
dieser frühen, qualitativ hochwertigen philatelistischen
Fachzeitschriften geschrieben hatte. Neben dem Stamp
Collector’s Magazine (1863–74) sowie dem Philatelist
(1866–76) auch im Philatelical Journal (1872– 75). Ihr
kompletter Satz dieser drei Zeitschriften wird in der Bibliothek der Royal Philatelic Society London aufbewahrt. Miss
Fenton starb am 6. Februar 1897 in Bristol. Ihr Nachlass
wurde im Rahmen einer Auktion von C.H. Tucker & Co. am
3./4. März 1897 in Bristol verkauft – darunter zahlreiche
Lots mit bedeutender philatelistischer Literatur.
EWEN, Herbert L’Estrange 1876–1912
Im Alter von zehn Jahren hatte er mit dem Briefmarkensammeln angefangen und bereits an seinem 13. Geburtstag
gründete er gemeinsam mit seinem Bruder eine Briefmarkenfirma namens Ewen Bros. Im Alter von 16 Jahren wurde die Firma aufgelöst und er gründete die „H.L.´Estragne
Ewen Company“. Zu Beginn handelte er mit Briefmarken
aus aller Welt. 1893 begann er jedoch mit der Spezialisierung auf britische Briefmarken und verwarf schließlich
den Handel mit ausländischen und Kolonialmarken vollends. Seine Pionierarbeit mit einem Einzelkatalog für die
Marken Großbritanniens von 1893 und 1894 – letzterer
war der erste Katalog überhaupt, der Plattennummern listete und bewertete – steigerten nachhaltig die Nachfrage
und sein Geschäft blühte. Er veröffentlichte das English
Specialist’s Journal sowie die Ewen’s Weekly Stamp News
1899. Im Jahr 1900 war sein Geschäft so gut gewachsen,
dass er erneut in den Handel mit ausländischen Briefmar-
FERRARY, Philipp Arnold La Rénotière von 1848–1917
Oft benutzte er einfach nur seinen Nachnahmen „Ferrary“, um seine Briefe und Beiträge zu unterschreiben. Hineingeboren in eine äußerst wohlhabende Familie erbte er
eine riesiges Vermögen. Er begann mit dem Sammeln von
Briefmarken und Münzen in den 1860er Jahren und blieb
ein passionierter Sammler bis zu seinem Tod. Ihm wird
nachgesagt, die weltweit größte je existierende Sammlung zusammengetragen zu haben. Ferrary verbrachte
die meiste Zeit seiner Jugend in England und baute eine
starke Bindung zu diesem Land auf. Aufgrund seiner vielen Reisen in Kindheit und Jugend sprach er fließend Englisch, Deutsch, Italienisch, Französisch, Spanisch sowie
Serbisch und verfügte über Kenntnisse und Fähigkeiten
in zahlreichen weiteren Sprachen. Er erwarb einige der
anerkanntesten Sammlungen komplett, wie z.B. von Baron Rothschild und dem Richter Philbrick. Die Teile jener
Sammlung, die ihn nicht interessierten, wurden oftmals
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verschenkt, z.B. die Sammlung der Proofs und Essays von
Großbritannien aus der Philbrick Sammlung, welche an
Sigmund Friedls Museum in Wien ging. Er sicherte sich
die Dienste des Pariser Händlers Pierre Mahé als Verwalter und Kurator seiner Sammlung. Obwohl er auf dem Papier ein Österreicher war, lebte er die meiste Zeit in Paris. Von dort ging er später in die Schweiz, kurz bevor der
Erste Weltkrieg ausbrach. Er vermachte seine Sammlung
dem Reichspostmuseum in Berlin, jedoch wurde diese
von der französischen Regierung nach dem ersten Weltkrieg beschlagnahmt und zwecks Reparationszahlungen
in einer Serie von Verkäufen zwischen 1921 und 1925 für
insgesamt 425 965 Britische Pfund veräußert. Einzig seine Griechenland-Sammlung, die er seinerzeit mitgenommen hatte, wurde in der Schweiz verkauft. Der Auktionskatalog ist bis heute eine gefragte Rarität.
FONTAINE, Abel 1849–1926
Abel Fontaine war ein belgischer Einwanderer, der im ausgehenden 19. Jahrhundert nach Argentinien emigrierte.
Er gilt als erster argentinischer philatelistischer Journalist.
Fontaine inserierte weitreichend (z.B. in L’Annonce Timbrologique, März 1890, Jahrgang 1, Ausgabe 1, S. 4) und
trug sämtliche argentinische philatelistische Publikationen seiner Zeit zusammen. Nach seinem Tod in Buenos
Aires am 8. Oktober 1926 bewahrte sein Schüler und
Freund Pablo Ernesto Busch Teile seiner Sammlung vor
der Zerstörung, insbesondere jene, die sich auf die argentinische philatelistische Presse bezogen.
FORBIN, Alfred 1872–1956
Forbin gilt als französischer Händlerpionier von Gebühren-/Fiskalmarken und Autor/Herausgeber des letzten
weltweiten Kataloges. Er begann als Briefmarkenhändler
im Jahr 1890. Sein Trauzeuge war Théodore Champion,
der zu dieser Zeit in Genf lebte. 1899 verklagte Forbin
Lemaire wegen Verleumdung, hatte dieser doch in seiner
Zeitschrift Le Philatéliste Français behauptet, dass Briefmarkenfälschungen in der Rue de Châteaudun, wo Forbin
der führende Händler war, produziert wurden. Forbin gewann den Fall. 1900 eröffnete er ein Ladengeschäft in
der Rue Drouot in Paris und stellte Champion als Angestellten ein, der das Geschäft zwei Jahre später erwarb.
Forbin konzentrierte sich weiter auf Fiskalmarken und
arbeitete an seinem ersten Katalog, der 1905 von Yvert
& Tellier herausgegeben wurde. Im selben Jahr erwarb er
die großartige Fiskalmarken-Sammlung von Dr. Legrand
und machte sich daran weltweit Fiskalmarken zu importieren. Die dritte und letzte Auflage seines Kataloges wurde 1915 veröffentlicht.
FOURÉ, Georges 1844–1902
Fouré war Franzose, hatte sich in Berlin niedergelassen
und arbeitete dort als Französischlehrer. Bereits als Jugendlicher war er mit dem Briefmarkensammeln in Berührung gekommen. Er entwickelte sich bald zu einem
kenntnisreichen Philatelisten und wurde Händler. Im Jahre 1878 inserierte er in der Berliner Illustrierte Briefmarken-Zeitung, die später zur Deutschen Briefmarken Zeitung wurde. Zu ungefähr demselben Zeitpunkt gründete
er eine philatelistische Vereinigung und fing an, seltene
Abarten an die Mitglieder zu verkaufen. Nach einiger Zeit
realisierten die Mitglieder, dass die Stücke gefälscht waren und der Verein löste sich auf. Das Auftauchen Fourés
in Paul Lietzows „Das Schwarze Buch der Philatelie“ sorgte für großes Aufsehen und spaltete die philatelistischen
Kreise Berlins in Pro- und Contra-Fraktionen. Fourés Spezialgebiet waren Ganzsachen und Farbverfälschungen,
von denen er viele an Ferrary verkaufte. Es dauerte bis
1893, als Carl Lindenbergs Buch über die deutschen
Ganzsachen bewies, dass Fourés seltene Abarten Fälschungen waren. Fouré verließ daraufhin Berlin und zog
nach Paris, wo er schließlich mittellos verstarb.
FOURNIER, François 1846–1917
In den 1890er Jahren trat er der Firma von Louis Henri
Mercier in Genf bei, die Faksimiles und Fälschungen herstellte. Nach Merciers Tod erwarb Fournier die Lagerbestände und fing an, seine Produkte soweit zu verbessern,
bis diese selbst erfahrene Händler täuschen konnten. Als
die philatelistische Presse seine Anzeigen ablehnte, gab
er ab 1910 sein eigenes Magazin Le Fac-Simile sowie zahlreiche Preislisten heraus. Der Ausbruch des Krieges 1914
behinderte seinen Versandhandel, dessen Sendungen
alle per Post ausgeführt wurden, merklich. Als Fournier
starb, übernahm Charles Hirschenberger seine Firma, jedoch stellte sich heraus, dass er als Geschäftsmann nicht
mit Fournier mithalten konnte. Nach dessen Tod wurde
das Geschäft von der „L’Union Philatélique de Genève“
übernommen, die Alben für die Fournier-Fälschungen herausbrachte, welche jeweils kenntlich mit den Vermerken
Faux oder Facsimile gekennzeichnet waren, um sicherzustellen, dass diese keine weitere Bedrohung für die Philatelie waren. Im Jahr 1929 wurde das gesamte ungenutzte
Material verbrannt.
FRANK GODDEN Ltd.
Gegründet im Vereinigten Königreich etwa 1916 von
Lewis Sidney Frank Godden, handelte die Firma hauptsächlich mit Briefmarken. Allerdings brachten Goddens
Fähigkeiten im Bereich der Präsentation, die ihm Höchst-
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bewertungen für seine Sammlungen und Ausstellungsstücke einbrachten, ihn dazu, eine Reihe außergewöhnlicher,
qualitativ hochwertiger Alben herzustellen. Die FG AlbenReihe war seit Erstherausgabe kurz nach dem Ersten
Weltkrieg anerkannt als eine der besten Albenserien, die
jemals produziert wurde. Nach seinem Tod wurde die Firma von seinen Söhnen Frank Ambrose und Stanley Godden weitergeführt.
FRÄNKEL, Heinrich 1853–1907
Fraenkel oder Fränkel war Bibliothekar des Berliner Philatelisten-Klubs, aber auch selbst ein bibliophiler Sammler,
der seine Bibliothek 1884 begonnen hatte zusammenzutragen mit dem Ziel, alles, was jemals mit Bezug auf Philatelie veröffentlicht worden war, zu sammeln. Er erwarb
die Bibliothek von Sigmund Friedl, deren Titel bis zu den
frühen Tage der Philatelie zurückreichte und sehr viele
seltene Raritäten enthielt, die Fränkels Bibliothek zu einer
der besten in der Welt machte. Der Schwerpunkt der Bibliothek lag bei der kontinentalen Literatur, besonders bei
deutschsprachigen Werken, aber sie enthielt auch eine
Reihe seltener britischer und amerikanischen Veröffentlichungen. Nach Fränkels Tod am 20. September 1907 im
Alter von 54 Jahren erwarb der Earl of Crawford seinen
Bestand, in erster Linie wegen der Seltenheiten des kontinentalen Bestandes und wegen der jüngeren Titel, die
in der Tiffany-Bibliothek fehlten. Nachdem der Earl die relativ wenigen Stücke, die er behalten wollte, ausgesucht
hatte, gingen die restlichen dank der Vermittlung von Edward D. Bacon an die Royal Philatelic Society und bildeten
deren Grundbestand ihrer Bibliothek.
FRIEDL, Sigismund (Sigmund) 1851–1914
Bruder von Rudolf Friedl und Vater von Otto Friedl. Im Alter von 15 Jahren begann er bereits mit dem Handel von
Briefmarken und mit 21 Jahren eröffnete er sein „Markenhaus Sigmund Friedl“, eines der größten Briefmarkengeschäfte in Wien. Bereits 1874 wurde er von Edward L.
Pemberton beschuldigt, Fälschungen zu verkaufen. 1876
gab er die Wiener Illustrierte Briefmarken-Zeitung heraus,
die ab 1880 ihren Namen wechselte und seitdem Weltpost hieß. Friedl war die treibende Kraft hinter der Wiener Briefmarkenausstellung 1881. Sein Museum enthielt
auch eine umfangreiche Bibliothek seltener philatelistischer Literatur der frühen Jahre. Diese wurde vermutlich
von Richter Heinrich Fränkel erworben. Friedl handelte mit
den seltensten Briefmarken, einschließlich des schwedischen 3 Skilling Banco-Farbfehldruckes, welchen er an
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Ferrary verkaufte. Sein nach ihm benanntes BriefmarkenMuseum gründete er 1883 in Unter-Döbling bei Wien in
seiner Villa. Es enthielt große bedeutende Raritäten und
ihm wurden zahllose Schenkungen von Postverwaltungen
und von privater Seite zuteil. So stiftete Ferrary z.B. eine
Sammlung von Essays und Probedrucken, die er mit der
von ihm erworbenen Sammlung des Richters Frederick
A. Philbrick gekauft hatte. Das Museum wurde 1896 geschlossen. Ungeachtet der jahrelang dem Museum zugegangenen Schenkungen verkaufte Friedl diese in der Zeit
nach der Schließung des Museums. Nach einer Reihe von
Skandalen wegen des Verkaufs gefälschter Marken stellte
er 1904 seine Händlertätigkeit ein und übergab sein Geschäft an seinen Sohn Otto und seinen Bruder Rudolph.
GIBBONS, Edward Stanley 1840-1913
1840 in Plymouth als Sohn eines Drogeristen geboren,
arbeitete er gleich nach Schulabgang in der väterlichen
Drogerie. Bereits 1856 besserte er seine Einkünfte durch
den Verkauf von Briefmarken auf, die er in dem Schaufenster des Geschäftes ausstellte. In den frühen 1860erJahren erwarb er einen riesigen Bestand dreieckiger Marken vom Kap der Guten Hoffnung. Dies ermöglichte ihm
einen ernsthaften Briefmarkenhandel, den er mit seiner
Firma E. S. Gibbons begann und dann später als E. Stanley Gibbons weiterführte. Nach dem Tod des Vaters verkaufte er die Drogerie und ging 1874 nach London. Dort
führte er den Briefmarkenhandel als Versandhandel unter Stanley Gibbons & Company von seinem Privathaus
fort, da er nur selten Besuche von Klienten empfing. Im
Juli 1890 verkaufte er sein Geschäft an Charles J. Phillips
für 25 000 brit. Pfund, zahlbar in sechs Teilraten. Nach
Eintritt in den Ruhestand reiste er weltweit und schrieb
häufig über seine Abenteuer im Stanley Gibbons Monthly
Journal. Er starb am 17. Februar 1913 und wurde in Twickenham begraben.
GLASEWALD, Arthur Ernst Friedrich 1861–1926
Er war Sammler seit 1868 und wurde 1883 nach einer
Tätigkeit als Buchhändler/Buchbinder Briefmarkenhändler. Glasewald gründete eine große Zahl von Vereinen.
Seine bekanntesten Werke waren: Die Postwertzeichen
von Griechenland (1896), Die Post im Kriege (1913) und
posthum Thurn und Taxis in Geschichte und (1927). Sein
Buch über die Privatpostanstalten, Handbuch der deutschen Privat-Postwertzeichen, bei dem er mit Otto Sattler
und Friedrich Wagner zusammenarbeitete, blieb unbeendet. Glasewald wurde mit der Lindenberg-Medaille 1920
geehrt.
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GRAY, Dr. John Edward 1800–1875
Gray bearbeitete einen der ersten Briefmarkenkataloge,
„A Hand Catalogue of Postage Stamps“, der ab 1862 in
verschiedenen Auflagen erschien. Am 1. Mai 1840, als
die erste Penny Black-Marke verkauft wurde, erwarb er
solche mit der Absicht, diese aufzuheben. Dies machte
ihn zu einem der ersten bekannten Briefmarkensammler
der Welt.
GRIEBERT, Hugo 1868–1924
Er war Inhaber der Firma Hugo Griebert und wurde durch
seine Studien über die vier ersten Ausgaben Spaniens
weithin bekannt. In Folge seiner schwindenden Gesundheit verkaufte er seinen Handel 1921 an Stanley Gibbons
Ltd. Seine Bibliothek wurde von Harris Publications übernommen.
HAAS, Theodor 1848–1911
Er war Schriftleiter des Illustrierten Briefmarken-Journals.
Nach seinem Tod wurde seine Bibliothek von Richter Victor Suppantschitsch erworben. Theodor Haas organisierte die erste Münchner Postwertzeichen-Ausstellung 1884
und war Chefredakteur von Erdball-Mercur ab 1885. Diese Aufgabe behielt er bis 1890 bei, bis er dann zu den
Gebr. Senf wechselte und zuerst als Redakteur und von
1896–1910 als Chefredakteur für das Illustrierte Briefmarken-Journal arbeitete. 1905 veröffentlichte er sein
Meisterwerk unter dem Titel Lehrbuch der Briefmarkenkunde, das ihm internationale Bekanntheit verschaffte
und zu seiner Auszeichnung mit der Lindenberg-Medaille
1906 führte. Seine bedeutende Bibliothek wurde von Victor Suppantschitsch erworben.
HANCIAU, Louis 1835–1924
Louis Hanciau war der Schwager und die rechte Hand des
Brüsseler Händlers J.-B. Moens. Im Hintergrund war er auch
die Hauptstütze des Magazins „Le Timbre Poste“, welches
er während seiner Erscheinungszeit von 38 Jahren herausgab. Seinem zukünftigen Schwager begegnete er erstmalig in den 1850er-Jahren. Er reiste regelmäßig nach
Paris, um für Moens die seltensten Marken zu kaufen, damit die dort lebenden Händler nicht merkten, dass diese
für ihren Konkurrenten J.-B. Moens erworben wurden. Er
war auch der Autor einer großen Zahl von Monografien,
die unter dem Namen seines Schwagers erschienen. Er
veröffentlichte seine Memoiren in einer Artikelserie, die
im Stanley Gibbons Monthly Journal zwischen 1906 und
1908 herauskam. Sein bedeutendstes Werk erschien
aber erst nach seinem Tod 1929. Diese Forschungsarbeit
zu den Stempel Belgiens blieb eines der wichtigsten Werke auf diesem Gebiet.
HARRIS, Albert Henry 1885–1945
Er gründete den Modern Collectors Club 1909 und veröffentlichte The Philatelic Circular als dessen offizielles
Organ 1911. 1921 übernahm er Alfred Smith’s Monthly Circular, das fortan mehrfach den Namen wechselte.
Letztendlich wurde es dem Philatelic Magazine einverleibt. Harris gründete auch Harris Publications. In den
1920er-Jahren kaufte er den Stamp Collectors‘ Annual
und den Philatelic Trader und stellte zudem den Standard
Index to Philatelic Literature zusammen.
HERPIN, Georges
Dieser frühe französische Sammler erfand das Wort Philatélie, wovon sich der englische Begriff philately (deutsch:
Philatelie) ableitet. Herpin gehörte zu den allerersten philatelistischen Experten. Ursprünglich sammelte er Münzen, bevor er sich ab 1854 dem Briefmarkensammeln
verschrieb. Zehn Jahre später glaubte er seine Sammlung
derart komplett, dass er beschloss, diese zu verkaufen.
Sie wurde von Frederick A. Philbrick 1866 erworben.
HIGLETT, George Allen 1860–1940
Higlett war ein bemerkenswerter Satiriker. Er produzierte zahlreiche Blätter und Broschüren, mit denen er den
Spaß am Design neuer Marken entfachte, aber auch zu
zahlreichen anderen Aspekten der Philatelie, die seine
Vorstellungskraft anregten. Eine nennenswerte Zahl dieser Publikationen zeichnete er mit Pseudonymen oder seinen Initialen statt mit Namen, mehr, um den Humor stärker wirken zu lassen, als um seinen Namen zu verbergen.
KALCKHOFF, Dr. Franz Andreas Anton 1860–1955
Mit dem Sammeln von Briefmarken begann Kalckhoff
1868. 1891 wurde er Herausgeber der Illustrierten Briefmarken-Zeitung. Er verwendete häufig Pseudonyme wie
ff, Andreas, Franz Andreas und Franziskus. Franziskus
nutzte er, als er im Stanley Gibbons Monthly Journal den
Berlin Letter (Berliner Briefe) veröffentlichte. Nachdem
die Bibliothek des Berliner Philatelisten-Klub von 1888
während des Zweiten Weltkrieges zerstört worden war,
stiftete er seine eigene Bibliothek dem Verein. Sie wurde
als Geheimrat Kalckhoff-Gedächtnis-Bibliothek bekannt.
KIMBLE, Col. Ralph Archibald 1893–1973
Während seiner Zeit als Herausgeber der Zeitschrift The
American Philatelist vermerkte Kimble 1941, dass die
American Philatelic Society weder eine eigene Bibliothek
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noch ein dauerhaften Sitz sowie Personal habe. So richtete er sich selbst über viele Jahre eine eigene Bibliothek
ein, die viele tausend Titel enthielt, weitgehend komplett
zu britischer und amerikanischer Literatur. Kimble verkaufte seine Bibliothek später an George T. Turner.
von Österreich-Ungarn (1899), Die Postwertzeichen der
Österreich- Ungarischen Monarchie (1902), Die Postwertzeichen des Kaisertums Österreich und der ÖsterreichUngarischen Monarchie (1908). 1909 wurde er mit der
Lindenberg-Medaille ausgezeichnet.
KLINE, John William
Er nutzte als Pseudonym A. C. Kline, als er seinen ersten
amerikanischen Briefmarkenkatalog 1862 und in weiteren Auflagen bis 1868 inserierte und veröffentlichte. Die
Wahl dieses Pseudonyms mag in der Tatsache begründet sein, dass die erste Katalogausgabe eine weitgehende Kopie der Erstauflage von Mount Browns Katalog aus
dem gleichen Jahr war.
KRÖTZSCH, Hugo 1858–1937
Um die Wende des 19./20. Jahrhunderts war Krötzsch
einer der bedeutendsten Verleger und Autoren. Ab 1893
verlegte er eigene Alben und von 1896 bis 1919 die Deutsche Briefmarken-Zeitung. Von 1893–1897 publizierte er
zahlreiche Bände seines Handbuchs der Postfreimarkenkunde (m. Lichtbildern). Seine unschätzbar wertvolle Bibliothek ging 1928 dank einer Stiftung von Carl Gustav Vogel an die Deutsche Bücherei Leipzig (heute bekannt als
Deutsche Nationalbibliothek). Krötzsch stellte dazu selbst
einen Katalog dieser philatelistischen Bibliothek für die
Deutsche Bücherei Leipzig zusammen, der 1929 in Pössneck erschien. Im gleichen Jahr wurde er mit der Lindenberg- und der Glasewald-Medaille geehrt.
KLOSS, Dr. Paul 1848–1918
Nachdem Kloss sein Jurastudium beendet und die Karriere einer Richtertätigkeit in Aussicht hatte, entschied er
sich für die Militärlaufbahn. 1877 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Internationalen Philatelisten-Vereins von Dresden. Er wurde später dessen Vorsitzender
und gab dessen Vereinszeitschrift Der Philatelist heraus.
KOHL, Paul 1852–1925
Von 1900 bis 1901 veröffentlichte Kohl seinen Freimarken-Katalog, der zum Vorläufer eines wahrlich weltbekannten Handbuchwerke, des Kohl-Handbuches, wurde,
welches ab 1923 erschien. Dieses Werk wurde von Dr.
Herbert Munk bearbeitet und war ein weltweiter Erfolg.
KÖHLER, Heinrich 1881–1945
Bereits Köhlers Vater war ein Sammler, der 1896 den
Deutschen Philatelistentag in Köln organisierte. Seine
Ausbildung zum Briefmarkenhändler erhielt er bei August
W. Drahn. 1901 verlegte er seinen Handel nach Paris.
Dort gründete er zusammen mit Gérard Gilbert die Firma
Gilbert & Köhler. 1912, als sich dunkle Wolken am politischen Himmel abzeichneten, entschied er, nach Berlin
zurückzukehren. Im darauf folgenden Jahr gründete er
das Auktionshaus Heinrich Köhler. 1932 war er der zweite
Deutsche, dem die Ehre, die Roll of Distinguished Philatelists zu zeichnen, zuteil wurde.
KROPF, Hans Erdmann Anton 1856–1911
Erst 1881 begann Kropf mit dem Sammeln von Briefmarken und er trug eine der größten Sammlungen österreichisch-ungarischer Marken zusammen. Er beteiligte sich
am von Carl Lindenberg herausgegebenen Großen Handbuch der Philatelie und veröffentlichte selbst bedeutende Monografien, u.a.: Die Abstempelungen der Marken
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LALLIER, Justin H. 1823–1873
Lallier gab das erste gedruckte Briefmarkenalbum heraus, das in Paris im Juni 1862 erschien. Eine englische
Ausgabe des Albums erschien im gleichen Jahr unter dem
Titel Postage Stamp Album Illustrated with Maps., Paris,
1862, ebenso eine spanische Version ein Jahr später mit
dem Titel Album de Sellos de Correo.
LAPLANTE, Edard de 1820–1881
Er war ein hoher Polizeibeamter und um 1861 einer der
ersten Briefmarkenhändler in Paris. Er gab einen der ersten französischen Briefmarkenkataloge heraus. Im Gefolge von Potiquet publizierte er diesen Katalog unter dem
schlichten Titel Timbres-poste.
LEGRAND, Dr. Jacques Amable 1820–1912
Geboren im August 1820 begann Legrand mit dem Sammeln von Briefmarken 1862. Eine erste Forschungsarbeit
veröffentlichte er 1865. 1866 folgte ein Werk über die
Zähnungen, was zur Einführung der Zähnungsschlüssel
führte. Legrand nutzte für seine zahlreichen Beiträge in
der europäischen philatelistischen Fachpresse ab Mitte
der 1860er-Jahre das Pseudonym Dr. Magnus, was ein
Wortspiel seines Familiennamens war. 1897 verkaufte er
seine Briefmarkensammlung für 250 000 Gold-Francs an
den Pariser Händler Th. Lemaire und zog sich ausschließlich auf das Sammeln philatelistischer Literatur zurück.
Noch in seinen 70er-Jahren suchte er per Anzeigen neue
Stücke für seine Bibliothek. Er stellte diese außergewöhn-
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liche Bibliothek 1900 bei der Ausstellung in Paris aus und
erreichte damit eine Goldmedaille. Nach seinem Tod ging
die Bibliothek an Gilbert & Köhler, die diese an Charles
J. Philipps 1912 verkauften. Er starb in seinem Heim in
Neuilly, nahe Paris, am 6. Juni 1912 im Alter von 92 Jahren.
LICHTENSTEIN, Alfred F. 1876–1947
Er war der Vater von Louise Boyd Lichtenstein, der er zahlreiche seiner Briefmarkensammlungen und seine philatelistische Bibliothek gab. Im Alter von 10 Jahren hatte
er mit dem Briefmarkensammeln begonnen. Er war Präsident des Collectors Club in New York von 1918 bis 1919
und 1927 zeichnete er die Roll of Distinguished Philatelists. 1945 wurde Lichtenstein Gründer und erster Vorsitzender der Philatelic Foundation (Philatelie-Stiftung) und
organisierte deren Experten-Komitee.
LINCOLN, William Simpson 1844–1922
Er behauptete, mit dem Briefmarkensammeln bereits
1854 begonnen zu haben. Zwei Jahre später wurde er
Briefmarkenhändler und gründete die William Lincoln
Company. Sein erstes Briefmarkengeschäft eröffnete er
in London 1859.
LINDENBERG, Carl 1850–1928
Von Beruf Jurist, machte Lindenberg Karriere bis zum
Oberlandesgerichtspräsidenten. Sein Ansehen war derart
hoch, dass er zum Berater beim deutschen Reichspostmuseum in Berlin berufen wurde. Er war Autor zahlreicher
bedeutender Werke, besonders über Ganzsachen. Sein
Name wurde für eine Medaille ausgewählt, die jährlich an
einen philatelistischen Autor verliehen wurde.
LUFF, John Nicholas 1860–1938
Luff war der Scott Stamp & Coin Company über viele Jahre
verbunden. Seine Referenzsammlung und Redaktionsbibliothek verblieb bei der Scott Company und wurde von
der Firma 1946 der Philatelic Foundation gestiftet. Seine
private Bibliothek kam 1970 bei Sylvester Colby in zwei
Auktionen zum Verkauf.
MAHÉ, Pierre Marie 1833–1913
Mahé nutzte zur Abfassung seiner Artikel die Pseudonyme
Argus und Pharès. Er war einer der frühen französischen
Briefmarkenhändler, der hohes Ansehen genoss. Sein Geschäft betrieb er in der Rue de Varenne in Paris, unterstützt von seiner Frau und seinem Sohn. Über viele Jahre
war er der philatelistische Sekretär von Ferrary, für den er
einige der größten philatelistischen Raritäten beschaffte.
Er verlegte eine Reihe von Zeitschriften, unter ihnen Le
Timbrophile, La Gazette des Timbres und Le Questionneur
Timbrophilique.
MARCOU, Jules 1824–1898
Sein Pseudonym lautete “Amateur des Montagnes Rocheuses” (Sammler von den Rocky Mountains). Marcou
war ein französischer Geologe, der weithin als Urheber
der ersten veröffentlichten Landkarte der gesamten Vereinigten Staaten sowie einer Weltkarte bekannt wurde. Er
war auch Redakteur des Stamp Collector Magazine.
MAURY, Arthur 1844–1907
Maury zählte zu den ersten Briefmarkienhändlern in Paris
und gab 1864 die erste französische Philateliezeitschrift
heraus. Le Collectionneur de Timbres-Poste. Als junger
Mann verkaufte er an Passanten bereits Briefmarken aus
den Schaufensterauslagen seines Vaters, da dieser ebenfalls Briefmarkenhändler in Boulogne-sur-Mer war. Er ließ
sich selbst dann in Paris in der Rue de Richelieu nieder,
wo er dann auch das erste philatelistische Journal publizierte. Er wechselte noch mehrfach den Standort, bis er
sein Geschäft am Boulevard Montmartre eröffnete. Nach
dieser Zeit publizierte er zahlreiche Referenzwerke zu
französischen Stempeln.
MEKEEL, Charles Haviland 1861–1921
Ursprünglich aus New York, zog seine Familie später nach
Chikago. 1885 heiratete er eine junge Dame aus St. Louis
und ließ sich dann auf ihrem Wunsch dort nieder. Er begann bereits während seiner Schulzeit mit dem Handel
von Briefmarken und gab wenig später die Zeitschriften
Stamp Collectors’ Bureau (1881–82) und das Philatelic
Journal of America (1885–95) heraus. Nachdem er 1885
nach St. Louis umgezogen war, kaufte er dort die Carson
Stamp Company. 1877 hatte er bereits die C. H. Mekeel
& Company gegründet. Sein jüngerer Bruder Isaac kümmerte sich um die publizistische Seite der Firma, die dann
noch mit den Mekeel’s Weekly Stamp News erweitert wurde.
MELVILLE, Frederick John 1882–1940
Bereits im Alter von acht Jahren schrieb Melville einen
Brief an den Herausgeber des Stamp Collector’s Monthly. 1897, als er fünfzehn Jahre alt war, veröffentlichte er
sein erstes Buch: Stamp Collecting. Später hieß es, er sei
beschämt über dieses amateurhafte Erstwerk gewesen,
weshalb er über viele Jahre versucht habe, alle Exemplare
aufzukaufen und all die, derer er habhaft werden konnte,
zu vernichten, was das Büchlein letztlich zu einer Rarität
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werden ließ. Drei Jahre später, 1900, veröffentlichte er
den Young Stamp Collector, von dem nur sechs Ausgaben
erschienen, bis es in das Magazin The Stamp Collector’s
Fortnightly überging. Dieses Magazin betreute er selbst
als Schriftleiter von 1921 bis 1940. Als junger Mann hatte er sich um eine Mitgliedschaft in der Philatelic Society London (der späteren Royal Philatelic Society, London)
beworben, wurde aber abgelehnt, weil er damals noch
keine 21 Jahre alt war. Als Reaktion gründete er daraufhin die Junior Philatelic Society, wurde lebenslang deren
Präsident und Herausgeber der Vereins-Zeitschrift The
Stamp Lover, die er von der ersten Ausgabe 1908 – mit
einer kleinen Unterbrechung 1915 – bis zu seinem Tod
herausgab. Er regte die Gründung eines Philatelistischen
Literatur-Vereins an, welcher dann auch 1907 tatsächlich
zustande kam. Als unermüdlicher Autor gab er die Zeitschrift The Postage Stamp von 1909 bis 1929 heraus,
The Stamp Year 1012, The Stamp Collectors Annual & Year Book of Philately von 1925 bis 1928 und The British
Philatelist von 1932 bis 1939. Er war einer der ersten Philatelisten, die eingeladen wurden, die Roll of Distinguished
Philatelists zu unterzeichnen, als diese 1921 ins Leben
gerufen wurde. Er trug eine immens große philatelistische
Bibliothek zusammen, bestehend nicht nur aus Büchern
und Zeitschriften, sondern auch aus Ausschnitten, die in
zahlreichen Bänden aufbewahrt wurden. Als er am 12. Januar 1940 starb, wurde seine Bibliothek von Philatelisten
aus Washington erworben, die diese in 16 großen Kisten
an die Kongressbibliothek in Washington gaben. Um die
Wende zum Millennium ging diese Bibliothek an das National Postal Museum des Smithsonian Institutes.
im Februar 1862 heraus. Kurz darauf folgte sein erstes
Handbuch zum Thema Fälschungen und 1863 gab er Le
Timbre-Poste heraus, die erste Fachzeitschift auf dem
Kontinent, die außerhalb von England erschien. Er nutzte
in dieser Zeitschrift am 1. April 1867 als Pseudonym J. S.
Neom (seinen Namen rückwärts gelesen), was als AprilScherz gemeint war, denn er beschrieb die Herausgabe
einer Phantasieausgabe von Moresnet. Damit wollte er
seine Konkurrenten in Frankreich narren, die regelmäßig
bei ihm die Neuheitenmeldungen übernahmen, ohne ihn
deswegen anzufragen. Als er sich 1900 zur Ruhe setzte,
erwarb F. J. Laurie seine Bibliothek für Hiram E. Deats.
1908 wurde sein Bestand an Verlagspublikationen von
Victor Marsh übernommen.
MIRABAUD, Paul 1848–1908
Er war einer der bedeutendsten französischen Sammler. Er stammte aus einer Bankiersfamilie und sammelte
Briefmarken für seinen Sohn, als dieser erkrankt für mehrere Jahre das Bett hüten musste. Nach dem Tod seines
Sohn begann er sich selbst für Briefmarken zu interessieren und führte die Sammlung fort. Er erwarb die Kollektion von Natalis Rondot, dem Vater der philatelistischen
Literatur. Er verfasste zusammen mit Axel de Reuterskiold
eines der besten jemals veröffentlichten Bücher, das den
Schweizer Kantonalausgaben gewidmet war.
PEMBERTON, Percival Loines 1875–1949
Im Alter von 17 Jahren begann er 1897 als Briefmarkenhändler und trat der Manchester Philatelic Society bei.
1897 kaufte er einen Teil der Sammlung von Adelaide
Lucy Fenton. Ab 1900 war er Herausgeber der Zeitschrift
Philatelic Journal of Great Britain.
MOENS, Jean-Baptiste Phillipe Constant 1833–1908
Er war einer der ersten Briefmarkensammler weltweit und
begann seine Sammeltätigkeit 1852. Mit dem Verkauf
seiner Dubletten während seiner Buchhändlertätigkeit
wurde er wohl auch einer der ersten Briefmarkenhändler überhaupt. Seinen ersten Briefmarkenkatalog gab er
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MOSCHKAU, Dr. Otto Carl Alfred 1848–1912
Für Artikel in A. Moschkau’s Magazin nutzte er das Pseudonym A. v. d. Lubota. Als seine Bibliothek 1912 in Augenschein genommen wurde, stellte man fest, dass die
Mehrzahl der bedeutenden Werke nicht mehr vorhanden
waren. Es wird angenommen, dass diese 1881 an Sigmund Friedl in Wien verkauft worden waren.
MUNK, Dr. Herbert 1875–1953
Munk war der Schriftleiter der 11. Auflage von Kohls Briefmarken-Handbuch, welches zwischen 1923 und 1936 erschien. Außerdem war er Vorsitzender des Experten-Komitees des Bundes Deutscher Philatelisten-Vereine. Die
Lindenberg-Medaille erhielt er 1925 und die Roll of Distinguished Philatelists zeichnete er 1931. Infolge der Ausweitung des Antisemitismus verließ er 1936 Deutschland.
PEPLOW, Frank Jukes 1872–1935
Er inserierte bereits wegen philatelistischer Literatur in Alfred Smith & Sons Monthly Circular. Peplow war Herausgeber des Philatelic Record. Während der Erscheinungszeit
war er außerdem Sekretär der Philatelic Literature Society. Seine Bibliothek wurde durch Glendining im März 1917
verkauft. Er starb am 10. Oktober 1935.
PHILBRICK, Judge Frederick Adolphus 1836–1910
Philbrick gehörte zu den Gründern der Philatelic Society,
London (später Royal Philatelic Society London) und war
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Präsident von 1878 bis 1892. Er schrieb unter seinem
Pseudonym „An Amateur“. Vom 29.–31. Mai 1905 wurde
seine Bibliothek von Sotheby, Wilkinson & Hodge in London verkauft, wobei der philatelistische Teil in den Losen
933 bis 960 enthalten war. Einige der erzielten Ergebnisse wurden von B. T. K. Smith im Alfred Smith & Son’s
Monthly Circular im Juni desselben Jahres wiedergegeben. Philbrick starb am 25. Dezember 1910.
PHILLIPS, Charles James 1863–1940
Er begann seine Laufbahn als Freizeithändler 1885 in Birmingham, ging dann 1890 nach London, wo er die Firma
Stanley Gibbons Ltd. von seinem Gründer Edward Stanley Gibbons übernahm. Er erwarb die Bibliothek von Dr.
J. A. Legrand und die Dubletten wurden von Glendining
in drei Auktionen zwischen Januar 1913 und Juni 1915
versteigert. Auch einen Teil der eigenen Bibliothek ließ er
1920 durch die Fa. Glending versteigern. 1922 verkaufte
er seine Anteile an Stanley Gibbons Ltd. und emigrierte
in die USA, wo er als Berater und Raritätenhändler weiter
tätig war.
PIET-LATAUDRIE, M. –1904
1894 veröffentlichte er ein weithin bekanntes Werk über
Briefmarken-Neudrucke, das ein großer kommerzieller Erfolg war.
MARCO DEL PONT, José 1851–1917
Marco del Pont war einer der führenden Philatelie-Persönlichkeiten in Südamerika und publizierte eine Reihe von
Schriften. Er war Spezialist auf dem Gebiete der Fiskalphilatelie und besaß eine große Bibliothek. Für einige Zeit
lebte er in London und wurde 1914 mit der LindenbergMedaille geehrt.
POTIQUET, Alfred 1820–1883
Potiquet war Beamter bei einer Straßen- und Brückenbaubehörde. Er war der Verfasser des ersten Briefmarkenkataloges in der Geschichte der Philatelie, dessen Titel lautete: Catalogue des Timbres-Poste. créés dans les divers
États du Globe. Die Erstausgabe wurde 1861 von dem Pariser Buchhändler Eugène Lacroix verlegt.
REUTERSKIÖLD, Baron Axel de 1860–1937
Als Sammler Schweizer Kantonalmarken war Reuterskiöld zusammen mit Paul Mirabaud Autor des bedeutenden
Werkes über diese Ausgaben, das 1899 veröffentlicht
wurde. Er zeichnete die Roll of Distinguished Philatelists
im Jahr 1921.
RICH, Joseph Salomon 1860–1932
Für viele Jahre war Rich Chef der Scott Stamp and Coin
Company. Es hat den Anschein, dass er während dieser
Zeit jedes Buch, jede Preisliste und jedes Album aufbewahrte, deren er habhaft werden konnte. Seine Bibliothek, bestehend aus 1 400 gebundenen Bänden, wurde
in 50 Kisten 1926 dem Collectors Club hinterlassen.
RICKETTS, William Reynolds 1869–1956
Sein Interesse an philatelistischer Literatur geht bis zum
September 1887 zurück. Ernsthaft begann er 1892 Literatur zu sammeln. Er erwarb die Bibliotheken von Eustace
B. Power 1916, von John W. Scott und Durbin, Leavy und
Haines. Dem Collectors Club in New York hinterließ er den
Teil seiner Bibliothek mit den ausländischen Publikationen und stellte in Aussicht, auch die US-Schriften zu stiften, sobald er diese bibliografisch erfasst hätte. Infolge
einiger Meinungsverschiedenheiten mit bestimmten Mitgliedern des Clubs verkaufte er aber die restlichen Teile
der Bibliothek, die allein viereinhalb Tonnen Gewicht hatten, durch das Auktionshaus Paul Bluss im August 1945
und Oktober 1946.
RONDOT, Natalis 1821–1900
Geboren 1822 in Saint-Quentin als Spross einer bürgerlichen Familie, wählte er Studienwege, die ihn in die Wollwarenindustrie führen sollten. Später arbeitete er in der
Industrie- und Handelskammer von Paris und wurde verantwortlicher Leiter für den Export in Gesamteuropa. Ab
1862 veröffentlichte er über fünf Jahre eine Serie von Artikeln über die Philatelie im Magasin Pittoresque, einem
sehr populären Magazin zu jener Zeit. Die Qualität seiner
Beiräge blieb für lange Zeit unübertroffen.
ROTHSCHILD, Baron Arthur de 1852–1903
Die Bücher seiner Bibliothek waren alle mit braun gemustertem Papiervorsatz in braunen Halblederbänden gebunden. Er besaß die Monographien der Moens-Werke komplett, alle jeweils mit Nummer 1.
SCHAUBEK, Gustav
Dies war ein Pseudonym, das Gustav Bauschke nutzte. Er
war einer der ersten Händler in Deutschland und veränderte seinen Namen von Bauschke zu Schaubek, was ihm
wirtschaftlich günstiger erschien. Er gab auch eines der
ersten deutschen Briefmarkenalben heraus.
SCOTT, John Walter 1845–1919
Scott begann mit dem Sammeln von Briefmarken, als er
14 Jahre alt war. Nachdem er 1863 in die USA emigriert
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war, wurde er dort einer der ersten Briefmarkenhändler
Amerikas. 1866 gründete er die J. W. Scott & Company,
welche 1882 in Scott & Company umbenannt wurde. Um
1886 hatte er genügend Vermögen erworben, um sich zur
Ruhe zu setzen, so dass er die Firma verkaufte. Allerdings
verlor er den größten Teil seiner Ersparnisse, so dass er
1888 erneut mit dem Briefmarkenhandel als J. W. Scott
Company anfing. 1870 hatte er bereits Briefmarkenauktionen in den USA eingeführt, zwei Jahre später auch in
Großbritannien. Scott ist bekannt als „Vater der amerikanischen Philatelie“. Er verkaufte seine Bibliothek an William R. Ricketts.
SENF, Louis Wilhelm August 1852–1940
SENF, Emil Louis Richard 1856–1941
Die Firma Senf wurde 1873 von den Brüdern Richard und
Louis Senf gegründet. Ab 1881 firmierte sie unter dem
Namen Gebrüder Senf. Mit Eintritt in den Ruhestand übernahm sie Heinrich Neubauer, der Schwiegersohn Richard
Senfs. Beide Senf-Brüder sowie Heinrich Neubauer starben während des Zweiten Weltkrieges und Gerhard Neubauer, Sohn von Heinrich Neubauer, führte die Firma im
Namen der Mutter weiter fort. Die Senf-Kataloge und das
Illustrierte Briefmarken-Journal wurden ebenfalls Opfer
des Krieges und eingestellt.
SEYBOLD, John F. 1858–1909
Seybold – geboren am 22. Juli 1858 in Syracuse, New
York – hatte deutsche Eltern. Sein Stolz war zweifellos
seine philatelistische Bibliothek, die besonders stark mit
Zeitschriften beider Sprachen, der englischen und der
deutschen, besetzt war und von der er meinte, sie sei
die drittgrößte in den USA. Nach seinem Selbstmord, von
dem es heißt, er habe mit seiner homosexuellen Neigung
in Zusammenhang gestanden, ging seine Bibliothek an
die Boston Philatelic Society.
SMITH, Alfred William 1837–1880
Vater von Bertram Tapscott Knight Smith. Er war von
1862 bis 1866 Partner der Firma Stafford Smith & Smith.
Danach trennte er sich von dieser Firma und gründete Alfred Smith & Company. Seine Bibliothek geht bis zum Jahr
1862 zurück und wurde nach seinem Tod weitergeführt,
vermutlich als Bibliothek von Alfred Smith & Son. 1912
bot die Firma die Bibliothek in einem gedruckten Katalog
mit sechs Teilen zum Verkauf an.
SMITH, Bertram Tapscott Knight –1938
Sohn von Alfred William Smith und Neffe von H. Stafford
Smith. Er übernahm das Geschäft seines Vaters kurz nach
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dessen Tod 1880. Er war Gründungsmitglied der Philatelic Literature Society und gab deren Journal heraus. Er
verkaufte seine Bibliothek über die Glendining & Company am 18. April 1918.
SMITH, Henry Stafford 1843–1903
Bruder von Alfred William Smith. Beruflich begann er seine Laufbahn bei Simms, einem Buchhändler. Seine erste Briefmarken-Preisliste erschien 1861. 1862 verließ er
seinen Arbeitgeber und begann mit einem vollberuflichen
Briefmarkenhandel. Dieser erwies sich als so erfolgreich,
dass 1863 sein Bruder Alfred mit ins Geschäft eintrat und
sie gemeinsam Stafford Smith & Smith gründeten. 1866
löste sich diese Partnerschaft auf. Henry zog nach Brighton und handelt als Stafford Smith & Company weiter.
Dort verlegte er die Zeitschrift The Philatelist mit Charles
W. Viner als Schriftleiter.
STRANDELL, Nils Vilhelm 1876–1963
Im Alter von zehn Jahren begann Strandell mit dem Sammeln von Briefmarken. Er führte dies bis kurz vor seinem
Tode fort und wurde der namhafteste Philatelist Schwedens. Er besaß ebenfalls eine sehr große Bibliothek mit
über 15 000 Bänden, die er 1944 an das Schwedische
Postmuseum verkaufte.
SUPPANTSCHITSCH, Richter Victor 1838–1919
Er zählt zu den bedeutendsten philatelistischen Bibliophilen überhaupt. Seine Bibliothek deutschsprachiger Schriften bis 1900 war eine der vollständigsten, die jemals zusammengetragen wurde und die einzige, die vollständig
bibliografisch erfasst war. Er kaufte die Bibliothek von
Theodor Haas nach dessen Tod 1911. Seine eigene Bibliothek wurde von Theodore E. Steinway erworben und von
diesem dem Collectors Club New York gestiftet.
TAYLOR, Samuel Allan 1838–1913
Taylor war bekannt als Herausgeber des Stamp Collectors’ Record, der ersten philatelistischen Fachzeitschrift
in Nord-Amerika, aber auch als Urheber von Phantasiemarken. Für letztere wurde er als Just-as-good Taylor (gerade so gut wie Taylor) bekannt.
TAYLOR, George Avery 1845–1904
Er zählt zu den frühen Briefmarkensammler und nutzte
im Stamp Collectors’ Magazine der 1860er-Jahre häufig
das Pseudonym „A Philatelist“. Die Zeitschrift gab er vom
5. bis zum 12. Jahrgang heraus. Von 1875 bis 1878 war
er Schriftleiter des Alfred Smith & Son’s Monthly Circular.
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TELLIER, Théodule 1856–1922
Er begann seine Tätigkeit im familiären Druckereibetrieb
von Henry Yvert und wurde nach dessen Tod 1889 Teilhaber in der Firma. Er gab zsuammen mit Louis Yvert, dem
Sohn von Henry Yvert, die erste Ausgabe des Briefmarken-Kataloges heraus, welcher bis heute ein weltweit anerkanntes Standardwerk der Philatelie ist.
THEBUSSEM, Dr. 1828–1918
Sein richtiger Name war Mariano Pardo de Figueroa y de
la Serna und er war zweifellos einer der geistreichsten
und gebildetsten spanischen Philatelisten des 19. Jahrhunderts. Zwischen 1870 und 1910 veröffentlichte Thebussem 30 Bücher und Broschüren über Philatelie und
die Post. Die Mehrzahl der Titel erschien nur in sehr kleiner Auflage.
TIFFANY, John Kerr 1842–1897
Als vermutlich erster Sammler philatelistischer Literatur
trug er im 19. Jahrhundert Bestände zusammen, die den
Kern einer nahezu kompletten Bibliothek philatelistischer
Publikationen und „Eintagsfliegen“ bildeten. Vor seinem
Tod hatte Tiffany den Wunsch geäußert, seine Bibliothek
sollte an eine Institution der Vereinigten Staaten gehen,
die diese geschlossen erhalten würde. Allerdings gelang
es seinem Bruder Dexter, nachdem Tiffanys Frau diesen
wegen der Erfüllung des Wunsches ihres Mannes um Unterstützung gebeten hatte, nicht, eine solche Institution
ausfindig zu machen. Die Bibliothek bestand aus 909
gebundenen und 136 ungebundenen Bänden, zu denen
ein Index in Karteiform vorhanden war, und zwar zu jedem Buch und zu jedem Artikel. Dexter gab an, dass Angebote unter 10 000 Euro (damals rund 2 000 britische
Pfund) nicht akzeptiert würden. 1901 stimmte Lord Craw­
ford dem Preis zu, engagierte Charles Phillips als seinen
Agenten, der die Bibliothek für ihn erwarb. Nach Lord
Crawfords Tod ging die noch immens weiter ausgebaute
Bibliothek an das Britische Museum, später dann an die
British Library, welche bis heute diese Bestände geschlossen erhält.
TRIFET, Ferdinand Marie 1848–1899
Mit dem Briefmarkensammeln begann er bereits 1861,
verkaufte dann aber um 1865 seine Sammlung und wurde Briefmarkenhändler. Wenngleich er ein Jahr später
Partner von Samuel Allan Taylor wurde und in verschiedene von dessen Machenschaften verwickelt war, schwenkte er im Juni 1867 wieder um und sprach sich gegen die
Herstellung und Verbreitung der Phantasiemarken und
Fälschungen von Taylor und anderen aus.
VALETTE, François
In einigen seiner Veröffentlichungen verwendete er als
Pseudonyme „F.V.“ und „Fois V***“ für einen Katalog,
den er 1862 herausgab. Valette war gebildet und führte
in Paris ein Geschäft, in dem man von allem etwas kaufen konnte, Briefmarken eingeschlossen. Sein Katalog ist
bekannt für eine ungewöhnliche Klassifizierung der Briefmarken, die man in dieser Form bei keinem anderen findet.
VALLANCEY, Francis Hugh 1879–1950
Vallancey war einer der bedeutendsten philatelistischen
Literaturhändler zwischen 1915 und 1950. Sein Firmengebäude und sein gesamter Lagerbestand wurden am 11.
Januar 1941 durch Feindeshand zerstört. Seine private
Bibliothek verkaufte er 1951. Die Restbestände stiftete er
der Royal Commonwealth Society.
VINER, Dr. Charles William 1812–1906
1855 begann Viner mit dem Briefmarkensammeln für
einen Freund, was aber auch sein eigenes Interesse an
Briefmarken mehr und mehr weckte, so dass er ab 1860
auch selbst sammelte. Er half Mount Brown mit dessen
eigenem Katalog 1862 und war ab 1863 Chefredakteur der ersten vier Jahrgänge der Zeitschrift The Stamp
Collector’s Magazine, des ersten ernst zu nehmenden
Briefmarkenmagazins der Welt. Später war er Schriftleiter
des Journals The Philatelist.
WEARS, Thomas Martin 1861–
Er sagte von sich, Tiffany beim Sammeln und Erfassen britischer Kataloge unterstützt zu haben. Er war der erste
Autor, der eine Studie über die Mulready-Umschläge und
deren Karikaturen herausgab. Und er war der erste, der
1891 einen Index über die bedeutendsten englischsprachigen Periodika der Zeit von 1862–1889 veröffentlichte.
WESTOBY, William Amos Scarborough 1815–1899
Bereits in den frühen 1860er-Jahren zog ihn das Sammeln von Briefmarken an, worin ihn Richter Philbrick, den
er 1863 kennenlernte, bestärkte. Beide gehörten sie zu
den ersten Mitgliedern der Philatelic Society in London.
Westoby war ein überaus produktiver Autor und er gab
von 1878 bis 1899 Alfred Smith & Co’s. Monthly Circular
und von 1885 bis 1895 den Philatelic Record heraus.
Obgleich er Engländer war, lebte Westoby in Paris und
schrieb dort seine Artikel unter dem Pseudonym ‘A Parisian Collector’.
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WESTON, Herbert Edgar 1874–1958
Weston kam im Dezember 1874 in Chichester zur Welt.
Während der ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts benutzte er für seinen philatelistischen Literaturhandel das Pseudonym Victor Marsh. Er behauptete, weltweit den größten Verkaufsbestand an philatelistischer
Literatur zu besitzen. Er erwarb, nachdem der belgische
Briefmarkenhändler Jean-Baptiste Moens 1907 in Ruhestand ging, dessen Literaturvorräte, die allein über zwei
Tonnen wogen und mit einem Listenpreis von 570 brit.
Pfund ausgezeichnet waren.
YVERT, Louis 1866–1950
Nach Beendigung seines Jurystudiums und nach dem Tod
seines Vaters, Henry Yvert, kehrte er nach Amiens 1889
zurück, um im Druckereibetrieb der Familie zu arbeiten.
Er wurde Partner von Théodule Tellier, einem früheren
Werksleiter der Firma und gab auf Wunsch von Lesern
das Journal L’écho de la Somme, einen frühen Briefmarkenkatalog, heraus. Dieses Unternehmen wurde ein verlegerischer Erfolg, der bei allen Sammlern bestens ankam.
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ZSCHIESCHE, Alwin 1843–1929
Zschiesche war einer der frühen Briefmarkenhändler
in Deutschland. Er trat in die Fußstapfen seines Onkels
Carl Zschiesches und dessen Partner Edmund Köder,
die die erste Briefmarken-Fachzeitschrift in Deutschland,
das Magazin für Briefmarken-Sammler ab Mai 1863 herausgaben, außerdem 1862 ihren ersten Katalog. Alwin
Zschiesche erster eigener Katalog erschien in Leipzig
1868, zudem zahlreiche weitere Auflagen, deren letzte
später in Naumburg hergestellt wurden.
ZUMSTEIN, Ernst 1880–1918
Während eines Arbeitsaufenthaltes in England lernte
er mehr über Briefmarken kennen, an denen er bereits
seit seiner Kindheit interessiert war. 1905 ging er nach
Bern zurück, ließ sich als Briefmarkenhändler nieder und
gründete das Haus Zumstein. Zwei Jahre später gab er
als Hauszeitschrift die Philatelistische Borsennachrichten
heraus, die wiederum zwei Jahre später ihren Namen zu
Schweizerische Philatelistische Nachrichten wechselten,
letztlich dann 1915 in Berner Briefmarken-Zeitung für die
deutsche Ausgabe und in Journal Philatélique de Berne
für eine franzöösische Ausgabe umbenannt wurden. Zumstein starb während der Grippeepidemie 1918.
____________________________________________________________________________________
Anhang
2
Pseudonyme
von Brian Birch
____________________________________________________________________________________
Einführung
Als Buchliebhaber, der die unermessliche Bandbreite philatelistischer Literatur erforscht, war ich häufig entmutigt,
wenn ich in nicht wenigen Fällen auf Autoren stieß, die
ihre Identität hinter Künstlernamen oder Pseudonymen
verbargen. Das war nicht selten in den ersten Jahren der
Philatelie der Fall, als das Briefmarkensammeln noch als
eine Domäne von Schuljungen angesehen wurde. Damit
meine ich auch die Namen oder Namenskürzel, die zur
Kennzeichnung verfasster Beiträge in Fachzeitschriften,
aber auch gelegentlich sogar für Bücher und Kataloge
verwendet wurden, wobei diese „Verkleidung“ die wahre
Identität der Verfasser verbarg. Über die Jahre wurden
allerdings Verwender solcher Pseudonyme bekannt, sei
es mit deren Zustimmung oder durch Erwähnung in der
Fachpresse.
Folglich begann ich eine Bibliografie der Pseudonyme und
deren Urheber zusammenzustellen, sobald ich auf solche
stieß. Dabei habe ich auch die Verwendung von Pseudonymen berücksichtigt, die für andere Zwecke als die
Schriftstellerei genutzt wurden, also falls z.B. ein Sammler ausstellte oder seine Sammlungen verkaufte.
Namenskürzel wurden häufig von Herausgebern und anderen gut bekannten Philatelisten verwendet, um damit
die ständige Wiederholung ihres vollen Namen zu vermeiden, wobei diese davon ausgingen, dass ihre Namensinitialen ja für die Leser leicht erkennbar waren.
Dennoch entstehen bei solchen Namenskürzeln, Jahre
nachdem solche Periodika publiziert wurden, für Litera-
turforscher Probleme, besonders dann, wenn diese Kürzel nicht einfach einem Mitglied einer Redaktion, sondern eher einem Unbekannten zuzuordnen sind. Deshalb
tendierte ich dazu, sehr selektiv bei der Auswahl der Namenskürzel vorzugehen und bevorzugt nur wirklich bedeutsame Beispiele aufzunehmen, sofern ich diese als
halbwegs naheliegend empfand.
Gelegentlich können wir dank der Forschung einiger Literaturexperten bessere Einsichten in die wahre Identität eines Pseudonym–Verwenders gewinnen. Solche Erkenntnisse verdanken wir Victor Marsh, der vielleicht der
bedeutendste philatelistische Literaturhändler der Welt in
den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts war und selbst
unter dem Pseudonym H. Edgar Weston handelte. Nach
mehr als drei Jahrzehnten gelang es ihm, den Verleger
des ersten spanischen Kataloges von 1864 zu identifizieren, der zuvor nur unter seinen Initialen J. M. V. de C. bekannt war, aber mit vollem Namen José Maria Vergés de
Cardona hieß.
Frühere Listen von Pseudonymen
2002 veröffentlichte Gini Horn, die Bibliothekarin der
American Philatelic Research Library, eine Liste mit 43
philatelistischen Pseudonymen in der Zeitschrift der Bibliothek „Philatelic Literature Review“. Ich sandte ihr damals daraufhin meine Liste mit 167 solcher Beispiele, die
ein Jahr später in der Zeitschrift publiziert wurde. Zwangsläufig brachte diese Liste erneut weitere solcher Mel-
| 173
____________________________________________________________________________________
dungen von Korrespondenten bei wie z.B. von Wolfgang
Maassen, der eine bestimmte Zahl von Pseudonymen
deutscher Philatelisten beisteuern konnte. Dennoch kam
die Mehrzahl der Ergänzungen einfach durch das eigene
Lesen alter Literatur.
Sechs Jahre später, 2008, enthielt meine fortgeführte
Liste bereits 340 Pseudonyme und erschien als Fortsetzungsserie im „Stamp Lover“. Mittlerweile ist sie auf 586
angewachsen. Weitere Details zu jeder Nennung einzelner Pseudonyme ist in meiner „Bibliography of Philatelists
and Dealers“ auf der Internetseite www._pliterature.org
der FIP–Literatur–Kommission erhältlich.
Liste der Pseudonyme
Nachfolgend veröffentliche ich diese Liste philatelistischer
Pseudonyme und Aliasnamen, denen ich bisher begegnet
bin und welche Philatelisten bei ihren Forschungen in der
philatelistischen Literatur und Auktionskatalogen antreffen. Gelegentlich habe ich einfach aus generellem Interesse auch Pseudonyme berücksichtigt, die einem kaum
in der Literatur begegnen.
In der Regel beziehen diese sich auf berühmte Persönlichkeiten, die ebenfalls Briefmarkensammler waren, wie z.B.
Yul Brunner und Bela Lugosi.
Pseudonyme kommen in vielfältiger Form vor: von einfachen Namenskürzeln (z.B. A. C. y T.) bis hin zu richtigen
Namen (z.B. A. Bernard), über beschreibende Ausdrücke
(wie z.B. A. Gentleman of France = ein Herr aus Frankreich) oder sprichwörtliche Redensarten (z.B. Damus Petimusque Vicissim = Wir geben und nehmen wechselseitig)
und zahllosen anderen Erscheinungsformen.
Abweichend von traditionellen Namen ist es naheliegend,
dass solche Mischungen von Pseudonymen nur schwer in
eine alphabetische Abfolge zu bringen sind. Demzufolge
habe ich mich an eine strikte Buchstabe für Buchstabe-,
Wort für Wort-Abfolge gehalten, um die Suche nach Pseudonymen zu erleichtern. Zeichensetzungen innerhalb der
Pseudonyme wurden dabei vernachlässigt, um eine Alphabetisierung zu ermöglichen.
In zahlreichen Fällen begegneten mir falsch wiedergegebene Pseudonyme oder – häufiger – unvollständige, bei
denen ein Teil des vollständigen Namens fehlte (z.B. A, An,
De, The etc. oder Titel wie Capt. Lieut., Dr. Mr. oder Miss).
Dies sollte man berücksichtigen, wenn man ein Pseudonym sucht. Sofern bekannt, habe ich Informationen, Geburts- und Sterbedaten, in Klammern hinter dem Namen
eingefügt, dies auch als Anhaltspunkt, in welcher Zeit dieses Pseudonym verwendet wurde.
A
A. Bernard A. Burmeister A. C. y T. A. C. Kline A. C. Roe A. Cameron & Co. A. Churchill A Collector A. Erdmann A. F. A. F. Ewfacts A. Franz A Gentleman from Massachusetts A Gentleman of France A. Gerdt A. L. Bert A. M. Andrews Jr. A Member A. Niven 174 |
Burkhard Bernhard Assmus (1855/56)
A. B. Quigley
Dr Antonio Comas Torregrosa (1868–1918)
John William Kline
Albert C. Roessler (1883–1952)
G. Campbell
Arthur Churchill Emerson (1845/46–)
W. H. Wright
Arthur Ernst Friedrich Glasewald (1861–1926)
Adelaide Lucy Fenton (1825–1897)
Ralph Perkins Ashcroft (1874–)
Franz Andreas Anton Kalckhoff (1860–1955)
J. C. Fuller
Thomas George Wayman (1882–)
Andreas Gerhauser (1856–1937)
Albert Newman (1880/81–1970)
J. T. McFarland
William Amos Scarborough Westoby (1815–1899)
Edgar Lewy (1926–1991)
____________________________________________________________________________________
A. P. A. Palette A Parisian Collector A Philatelist A Post Card Collector A Post Card Collector A. Specialist A Stamp Collector A Stamp Collector A. v. D. Lubota A. West A Western Gentleman A Whittier Longfellow ABC Adolf Aaronsohn Adrian Opkins Aguilas Ajax Jakes Akropolis Al Staines Albert Roth Albis Albis Aldo Laghi Alexander Michael Hodson Alexander Stocks Alford Alfred Turner Alfred von der Lubota Alpha Alpha Alpha Alphonse Amateur des Montagnes Rocheuses Amazon An Absentee Delegate An Amateur An Old Collector André Melanjoie Angela Angus McTavish Anon Y. Mouse Antonia Area Argos Alexander Perris
William A. Warner (–1892)
William Amos Scarborough Westoby (1815–1899)
George Avery Taylor (1845–1904)
H. A. de Joannis
G. Campbell
L. N. Christea
Frederick William Booty (1841–1924)
Edward Loines Pemberton (1844–1878)
Otto Carl Alfred Moschkau (1848–1912)
Harold Treherne (1886/87–)
A. Murl Kimmel (1899–1976)
George Allen Higlett (1860–1940)
A. B. Cook
Adolph L’Arronge (1838–1908)
Ian THornicroft Hamilton (1908–1990)
R. Paliafito
Ian Thornicroft Hamilton (1908–1990)
Nikolaus Wasdekis
James Alexander Mackay (1936–2007)
Richard P. H. Wolle
Jules Marcou (1824–1898)
Otto Carl Alfred Moschkau (1848–1912)
Giulio Bolaffi (1902–1987)
Aleksander Stocki (1897–1960)
Aleksander Stocki (1897–1960)
Gersdorf
John Walter Scott (1845–1919)
Otto Carl Alfred Moschkau (1848–1912)
Alan Berkun
C. Gloyn
D. R. Walker
Alphonse de Rothschild
Jules Marcou (1824–1898)
Pracchia ?
George Allen Higlett (1860–1940)
Frederick Adolphus Philbrick (1836–1910)
H. Oxenden Weare (ca.1855–)
André Savoie (1937?–1976)
A. Galaray
Frank Fitzroy Lamb (1881–1936)
John McClure Hotchner (1943–)
Adriano Landini
Ralph Perkins Ashcroft (1874–)
Abel Fontaine (1849–1926)
| 175
____________________________________________________________________________________
Argus Arisztid Olt Arleigh Gaines Arnaldo Arthur King Pierre Marie Mahé (1833–1913)
Bela Lugosi (1882–1956)
Ronald L. Ginns
Luis Blas Alvarez
Kenneth Robert Lake (1931–2005)
B
B. A. Reras B. E. Crole B. O. Bachter Balbo Barclays Barem Bark N. Tine Bavaria Beaver Creek Bela Lugosi Ben Bertram Aussem Bookworm Bookworm Boris Pritt Bruce Conde Bruce Garden Buccaneer Buck Luvva Antonio Barreras
Bruno Emil König (1833–1902)
Leon Norman Williams (1914–1999)
Gerhard F. W. Schmidt (1901–1959)
Barclays Bank
Benjamin Alec Remington (1914–1997)
F. Putney Jr.
Johannes Sigmar Elster (1863–1900)
Ronald Cecil Alcock (1905–1991)
Bela Ferenc Dezso Blasko (1882–1956)
Benjamin Webster Warhurst (1845–1911)
Wolfgang Maassen (1949–)
Carl Beck (1879–1929)
Harry Hayes (1925–2011)
Abraham Boris Prilutzki (1904–1996)
Bruce-Alfonso de Bourbon-Conde
James Alexander Mackay (1936–2007)
Philip Gosse
Harry Hayes (1925–2011)
C
C… C. B. C. B. C. D. Desai C. H. Clarke C. T. Canadensis Canadiensis Cantus (1882–1951)
Capt. Blaguefort Carl Praeger Carolina Cecil Norman Celestina Chappaqua 176 |
Courtois ?
Carl Beck (1879–1929)
A. Scott & Company
Choonilal Devkaran Nanjee (1888/89–1948)
C. E. Moore
Mrs. Charlotte Tebay (–1902)
John Reginald Hooper (1859–1944)
John Reginald Hooper (1859–1944)
Max Karl Wilhelm Theodor Johann Constantin Ton
Jacques Amable Legrand (1820–1912)
Charles J. Peterson
Caesar Cone
Norman Cecil Baldwin
Adelaide Lucy Fenton (1825–1897)
Charles G. Thatcher
____________________________________________________________________________________
Charity Boxall Charles Barnett Charles Maximilian McMiram Charlotteville Chas. F. Williams Cheth Chinese Ma Choonilal Devkaran Desai Christopher Beresford Christopher West Cihangir Classic Clifford Collector Como Compiler Conca D’Oro Connoisseur Consort Cornelius Wrinkle Correos Court Crawford Custos Cyril Deighton Christine Matthews (1933/34–1994)
A. B. Quigley
Charles Maximilian Nemec
John Michael (1939/40–2010)
George Graf
Edward Benjamin Evans (1846–1922)
David Allan Gee
Choonilal Devkaran Nanjee
Beresford Peter Torrington Horsley (1921–2001)
Elliott Perry (1884–1972)
Richard Schaefer
Alphonse de Rothschild
Edward C. Dodd
Raymond Raife
Guido Craveri
Anthony Buck Creeke Jr. (1860–1932)
G. Russo
Alfred A. Weinberger (1872–1946)
Claude Cartier (1925–1975)
Edward James Nankivell (1848–1909)
James M. Chute (1846–)
Giulio Bolaffi (1902–1987)
F. N. Massoth Jr. (1871–1909)
Peter Fischer (1937–)
Leonard Cyril Deighton (1929–)
D
D. D. H. H. D. J. M. V. de C. D. Richter Daisy Dallas Damus Petimusque Vicissim Danzig De Rives de Seine Defas Delandre Dixey Dixey Dixon Donau Dos–y–Medio Dr. G.B. Dr. K. Hayes Leon Dubus (1894–1981)
David Howarth Hill (1850–1926)
Don José Maria Vergés de Cardona
Carl Lindenberg (1850–1928)
Henri Grand (1927–)
William Graue
Frederick Adolphus Philbrick (1836–1910)
Robert Danzig
Captain E. de Belleville
Ulf Sahlberg
Gaston Aimé Camille Fontanille (1883–1927)
Herbert Crane Beardsley
Hiram Edmund Deats (1870–1963)
Herbert Humphreys
Provera ?
George Kirke Jeffryes (1867/68–)
Toni Abele (–1992)
David Allan Gee
| 177
____________________________________________________________________________________
Dr. Magnus Dr. Nörgler Dr. Phil A. T. Lista Dr. Phil A. Telius Dr. Thebussem Dragon Draim Duplex Durham d’Yves le Pontik Jacques Amable Legrand (1820–1912)
Hans Brendicke (1850–1925)
Jerman Greve
José Luis Guerra Aguiar
Mariano Pardo de Figueroa (1828–1918)
Norman Townsend
Victor Eugène Miard (1893–1971)
Bertram William Henry Poole (1880–1957)
Ronald Cecil Alcock (1910/11–1963)
Stephane Strowski (1870–)
E
E. A. Miller E. Quere Philman E. Rawolik III E. Wessler Ed Bieri Ed. O’Warner Ed. von Lemann Edward Graft Edwards Emerald Emperor Era Enrique R. Stamp Euroswiss Ezzet Mosden C. J. Fuelscher
Every Paget (1875–)
Robert E. Taylor
Adrien Champion (1867–?)
Béla Székula (1881–1966)
Allan Willey
Hans Kirchhofer
A. B. Quigley
E. Grombacher
David Feldman (1947–)
Erich König
Ernest R. Aldrich (1866–)
Ernesto Bello Hernandez
Jurgen Haeper
Ezzet Moshi
F
F. F. F. Andreas ff F. V. F. Moore Famous (Formerly European) Collector Felix Summerley Felix Videki Fellow of the RPSL Fellow of the RPSL Fentonia Ferrari Finlandia Flatterer 178 |
Albert Friedemann (1867–1933)
Sigmund Friedl (1851–1914)
Franz Andreas Anton Kalckhoff (1860–1955)
Franz Andreas Anton Kalckhoff (1860–1955)
François Vallète
John Stewart George Lowden (1879/80–)
Alphonse de Rothschild
Sir Henry Cole (1808–1882)
Felix Weiss
Hiroyuki Kanai (1925–2012)
Alphonse de Rothschild
Adelaide Lucy Fenton (1825–1897)
Philipp Arnold La Rénotière von Ferrari (1848–1917)
Leo Linder
Hanns von Zobeltitz
____________________________________________________________________________________
Flintstone Fois V*** Fr. Philips Francis Kennedy Francisco del Darro Frankford Stamp Company Franz Andreas Franziskus Fred Heinsberger Fred F. Billings Freddie Mercury Frederick Bernard Noyes Frédérick Champion Frederick Henry King Frederick von Wenner Friedrich Friedrich Kayser FxG John Robert Boker Jr. (1913–2003)
François Valette
Philip Heinsberger Jr. (1854–)
Kenneth F. Chapman (1910–2006)
Francisco J. Rico
A. B. Quigley
Franz Andreas Anton Kalckhoff (1860–1955)
Franz Andreas Anton Kalckhoff (1860–1955)
Philip Heinsberger Jr. (1854–)
F. Fritz Billig (1902–1986)
Farrokh Bulsara (1946–1991)
Frederick Bernard Nayer
Adrien Champion (1867–?)
Charles M. Seltz
Forsberg ?
Peter Fischer (1937–)
Friedrich Wilhelm Barth (1923–2002)
Peter Felix Ganz (1922–1990)
G
G. A. H. G. Arnold G. Kauffmann G. L. G. Matheesco Gallia Gary P. Westemberger Geo. Graham Geo. H. Warden Georg Kauffmann George Cohen George Ellis George Graham George Robey George van den Berg George Warren George Washington Junior Georges Caillebotte Gladys Adler GMC Collection Gnat Gordon N. John Greasy Dick Thomas Great George Allen Higlett (1860–1940)
Harold Treherne (1886/87–)
Georg Wende
Gavin Littaur
C. M. Moriou
Carlrichard Brühl (1925–1997)
Jerry P. Mather
A. B. Quigley
Ralph Perkins Spooner
Georg Wende
George Ward Linn (1884–1966)
John Stewart George Lowden (1879/80–)
George Graf
George Edward Wade (1869–)
Lowell Joseph Ragatz (1897–1978)
A. B. Quigley
George Allen Higlett (1860–1940)
Gustav Caillebotte (1848–94)
Gladys Edmiston
John C. Chapin
Ian Thornicroft Hamilton (1908–1990)
Norman S. Hubbard (1935–)
Rudolph Thomas (–1941)
Frederick T. Small (1888/89–)
| 179
____________________________________________________________________________________
Green Mountain Philatelist Gregory B. Salisbury Guido Fawkes Gustav Schaubek Frederick Stewart. Goldsbury (1872–1890)
Grigorii Vasilyevich Bondarenko–Salisbury (1910–1968)
Guy Reynolds
Gustav Bauschke (1840–1879)
H
H
H. Berger H. J. Miron H.L.F. or H. L. F. H. O. W. H. S. H. Werninck H. Werninck Hadrian Opkins Halifax Hamburgensis Harry Lloyd Harry Mekeel Haüf Hawk-Eye Hazett Heard on the Strand Helim Hellas Helleniades Henri Banche Henri Bauche Henri Goegg Henri Mercier Herbert Hibernicus Hidalgo HIG Himself Hippolyte Hispaniola Historicus Holney Catch Holstein Herman Honolulu Advertiser Horace C. Jones Horace Stone Hugh Pentecost 180 |
George Allen Higlett (1860–1940)
Arthur Wülbern (1869–1926)
John Miron Hubbard
Louis François Hanciau (1835–1924)
H. Oxenden Weare (ca.1855–)
J. H. H. Stockall
Louis Wilhelm August Senf (1852–1940)
Emil Louis Richard Senf (1856–1941)
Adrian Edmund Hopkins (1894–1967)
Max Guggenheim (1922–1996)
Harry Hilckes (1864–1918)
Harry L. Ilgenfritz
Walter Frank Slusser (1878–)
Adrien Champion (1867–?)
Benjamin Webster Warhurst (1845–1911)
Hellmuth Zerkowski
Edgar Lewy (1926–1991)
H. G. Spaulding
James P. Pamel
Jan Spetsiotis
de Ruyten ?
Adrien Champion (1867–?)
Louis-Henri Mercier (–1902)
Louis-Henri Mercier(–1902)
Camoens Adelaide Lucy Fenton (1825–1897)
F. H. B. Smith (–1972)
R. Paliafito
George Allen Higlett (1860–1940)
George Allen Higlett (1860–1940)
Julian Hippolite Sarpy (1859/60–)
Clarence William Hennan (1894–1956)
Edward James Nankivell (1848–1909)
George Allen Higlett (1860–1940)
Hermann Branz (1920–2004)
Thurston Twigg–Smith
Ferdinand Stahl Jr.
A. B. Quigley
Judson Pentecost Philips (1903–1989)
____________________________________________________________________________________
I
Ian Angus Iberius Iceland Isabella James Alexander Mackay (1936–2007)
Joseph Manuel Andreini (1849–1932)
Ramsay Peugnet
Luis Cervera
J
J. A. N. J. G. J. H. Roman J. M. V. de C. J. N. Nutter J. P. J. S. J. S. Neom Jabardus Jack la Roche Jack Sherwood James Bond James Collins James M. Neil James Philbrick James R. Grant & Company Janet van den Berg Janet van den Berg Jasper Javier de Linares JCB Jean Coumenos Jed Jones John A. Hooper John C. New John Foxbridge John Gay Junior John J. Morgan José Ma Llerendi Joseph St. Clair Jules Rapin Julian George Clive Julius S. Spencer Junior II John Appleton Nutter (1846/47–)
James Garnett
Jan Åkesson
José Maria Vergés de Cardona
John Appleton Nutter (1846/47–)
Jules Pauwels (–1870)
Joseph Speranza (1840–1917)
Jean-Baptiste Phillipe Constant Moens (1833–1908)
J. A. Bosshard ?
Albert B. Johnstone (–1995)
John R. Holman
David Allan Gee
Pedro V. Hiordan
Kenneth Robert Lake (1931–2005)
Franceska Rapkin (1936–2001)
Edward Loines Pemberton (1844–1878)
Janet Ragatz
Lowell Joseph Ragatz (1897–1978)
Isaac E. Weldon
Joaquín Amado
John Robert Boker Jr. (1913–2003)
Yanni Kommeno
Stephen Gottheil Rich (1890–1958)
John Reginald Hooper (1859–1944)
Allan Willey
John Eleuthère DuPont (1938–2010)
George Allen Higlett (1860–1940)
A. B. Quigley
Augustín Piracés
Josef Szentkiraly (1913–2008)
Adrien Champion (1867–?)
Julius George Klein
Lauson H. Stone (1904–1999)
Roberta Diena
| 181
____________________________________________________________________________________
K
K. Miriquidius K. L. Kaiser Karl Johannes Kayes1
Kee On Yu Kennelm Kenyon Brewster Cox King of Sedang Knox Stranding Koh–i–Noor Paul Richard Kleeberg (1874–1932)
Koh Seow Chuan (1930–)
John Duggan (1932–2007)
Karl Johannes Scholtze
David Allan Gee
Philip Mathias Wolsieffer (1857–1934)
Brewster Cox Kenyon
See Marie I
Herbert Humphreys
B. Pasti
L
L. F. L. H. B. L. L. Troeder L. Papastathopoulos La Fenice Lacus Virdis Lady Hope Lawrence H. Greig Le Romagne Leamington Lee Stamps Leilao Lewis Bishop Lewis Carroll Lewis the Light Lieut. V. B. Justice Lion Livonia Louis Henri Mercier Ludwig Clericus Adelaide Lucy Fenton (1825–1897)
Lyman Hotchkiss Bagg (1846–1911)
J. T. McFarland
Jan Spetsiotis
U. Faccio
R. R. Thiele
Antonio Bertolaja
Lawrence Herbert Rockliffe
Giuseppe Barcella (1926–1992)
M. Wilson
J
ustin L. Bacharach (1907–1995)
Antonio Felino
A. B. Quigley
Charles Lutwidge Dodgson (1832–1898)
Lewis Greenslade
Cleve Scott
Ali Sharghi
Ingvar Pettersson
Henri Goegg ?
Ludwig Schönemann (1827–1892)
M
M
M… M. Eichel–Schmetz Margaret Harrison
Mors ?
Josef Kröger
1 A library was sold by Sylvester Colby under this name in 1962. According to Stanley Bierman, it consisted of the unsold lots from Colby’s previous
literature sales which had, remarkably, mostly belonged to persons whose name began with the letter K: William Charles Kennett, Ralph Archibald
Kimble, William R. King, Roland King–Farlow and Harry Myron Konwiser.
182 |
____________________________________________________________________________________
M. H. M. Melville M. R. Ma M. T. Dome M. X. Maria de la Queillerie Marie I, King of Sedang Market Man Mateo Fernandez (Stamp) Maximus McPuzzleus Mentor Mephisto Merr. I. Mac Michael Trost Ming Minimus Miro Miss Fitte Moldau Molly Mont Blanc Monte Carlo Monte Napoleone Mount Shasta Mr. X Mr. X
Mrs. C. E. Willy Mulready Mystery Collection Max Arthur Hertsch (1923–2008)
Harold Treherne (1886/87–)
M. R. Marty
Stephen Gottheil Rich (1890–1958)
A.-B. de L’Argentière (–1921)
Armand Galzel
Marie David de Mayréna
Ken Lake
Fernando Mateos
Ronald Albert George Lee (1912–1990)
George Allen Higlett (1860–1940)
Kenneth Robert Lake (1931–2005)
William G. Darville
Edgar S. Allen (1880–)
Wolfgang Maassen (1949–)
Peter Holcombe (1931–2011)
Gavin Littaur
Léon–Pierre Margue
Frederick John Melville (1882–1940)
Fritz Heimbüchler (1930–)
J. L. Sacher
Nicolas Zollinger
Bill Gross (1944–)
?, Künzi
Denise DuPont Zapfe
J. C. Fuller
George Tyler
Allan Willey
J. H. Lacy
Maurice Burrus (1882–1959)
N
N. Erichs N. Yaar Naret Koning Natalis Rondot Nemesis Nemesis Nemo Nile Nino Nelton Nissus No. 1 Philatelisten-Club, St. Gallen Nomad Nosco Niels Christensen
Leon de Raay (1866–1936)
Johan Karel Naret Koning (1862–1916)
Armán Martín (1821–1900)
Francis Neale
Joseph William Palmer (1853–1931)
Irving I. Green
Samir Amin Fikry (1932–2010)
Edgar Nelton (1859–1919)
Edward Loines Pemberton (1844–1878)
O. Pfenninger
A. N. Donaldson (–2012)
Spencer Crosby
| 183
____________________________________________________________________________________
O
O. K. Quebob, M.D. O. Veredarius Observer Ogers Corner Old Codger Old File Old Member Olive Blossom Omega OOO Oscar Oscar Rapin Our German Correspondent Our Special Commissioner Owl George F. Heath (1850–)
Ferdinand Hennicke (1843–1913)
Alan Randall Jones
Leonard Hartmann
Dane Garrod
John Scott Stokes
Eric William Mann (1882–1954)
Hershmann ?
James Garnett
P. Malone
Achtereberg ?
Adrien Champion (1867–?)
James Doherty (1941/42–)
Percy Cooke Bishop (1869–1960)
C. H. P. Roney
P
P. Air P. J. A. P. O. Wer Pacificus Palace Collection Palace Collection Panelli Angelo Par Avion Paris Paul Chesham Paul Fischer Paul Norberto Paul Paulescu Paulo Pedemonte pef Pendragon Per Fossum Peter Beresford Peter Dierking Peter Leetz Peter O’Neill Peter Rosenau Peter Sinclair Peter the Painter 184 |
Ian Thornicroft Hamilton (1908–1990)
Peter John Anderson (1853–1926)
Emilio J. Power
Alfred Henry Caspary (1877–1955)
King Farouk I of Egypt (1920–1965)
King Fuad I of Egypt (1868–1936)
Angelo Panelli (1894–1972)
Hamilton Nelson Eustis (1915–2003)
Tomas Bjäringer (1936–)
James Alexander Mackay (1936–2007)
Richard P. H. Wolle
Joseph Arduin
C. M. Moriou
Wilhelm Johann Paul Ohrt (1867–1944)
Lanfranchi ?
Peter Fischer (1937–)
J. H. Greenstreet
Einar Lundström
Beresford Peter Torrington Horsley (1921–2001)
David Allan Gee
Clifford Washington Kissinger (1874–1938)
Kenneth Robert Lake (1931–2005)
Peter Fischer (1937–)
Kenneth Robert Lake (1931–2005)
Major Tompkins
____________________________________________________________________________________
Peter Whittington Pharès Phasania Phil. Phil A. Telic Phil Atelic Phil Atlee Phil Atts Philargus Philatel Philatelic Bibliopole Philatelist Philatelist Philato Philipp 1917)
Philo Phranque Pierre Lapeintre Pietro Pintore Pilgrim Pivol PM Poss Prodest Puritan James Alexander Mackay (1936–2007)
Pierre Marie Mahé (1833–1913)
T. Caldiron
A. D. Blackburn
Roy Farrell Greene
Charles Rowland Gadsden (1859–)
Eric Friedman
R. A. Jamieson
Alfred Itel (1917/18–1983)
Percy Cooke Bishop (1869–1960)
Leonard Hartmann (1941–)
Edward Benjamin Evans (1846–1922)
James A. R. Dryden (ca. 1900–1955)
Paul Marriott
Arnold Philipp Arnold La Rénotière von Ferrary (1848–
Schuyler B. Bradt
Frank K. Rising (1866/67–1886)
Major Tompkins
Major Tompkins
Eric D. Mcdowall (ca. 1900–1968)
used for the Chevalier de Volpi.
Pedro Monge y Pineda (1890–1965)
Frederick T. Small (1888/89–)
Erich Stenger (1873–1957?)
A. P. Hosmer (1866–)
Q
Quality Queensman Quelqu ‘un Quilp J. Hetherington
Don Staddon
Edward Loines Pemberton (1844–1878)
Anthony Buck Creeke Jr. (1860–1932)
R
R3 R. Antrobus R. C. H. Wagner R. Campana R. G. Paris R. N. Pierce R. Newman Rae Mader Rea Red Rooster Achille Rivolta (1908–1992)
Eric William Mann (1882–1954)
Richard P. H. Wolle
Achilleto Chiesa
Raymond Gaillaguet (1920–2011)
Ronald Negus (1933–2008)
Harold Treherne (1886/87–)
John Eleuthère DuPont (1938–2010)
Isaac E. Weldon
Charless Hahn (1919–1999)
| 185
____________________________________________________________________________________
Reginald Kinnersley Renard Retlaw Rev. Rev. Melville C. Jones RG Rich. E. Reichardt Richard Dalwick Richard Panzer Rio Robert Boyer Robert Burns Robert Lowe Robert P. Brown Roger Kinnersley Roland Ronald Gill Rosendo Fernandez Rösto Rotide Runeberg John Reginald Hooper (1859–1944)
William A. Fox (1929–2008)
Walter T. Wilson
Dr. Chetwynd D. D. Atkinson
Ferdinand Stahl Jr.
Raymond Gaillaguet (1920–2011)
Emil Reinhard Krippner (1852–1942)
Robert Elgar Richard Dalwigk (1889–1971)
Thomas Radzuweit (1910–)
Tevfik Kuyas (1916–1989
Kenneth Robert Lake (1931–2005)
George Allen Higlett (1860–1940)
David Allan Gee
Jerry P. Mather
John Reginald Hooper (1859–1944)
Charles Michael Scheike
Ronald Negus (1933–2008)
Plácido Ramón de Torres (1850–)
Roman Stoebe (1883–1953)
Douglas Edward Godwin Naish (1897–1978)
Hiroyuki Kanai (1925–2012)
S
S… S… S.H. S. J. V. S. O. Scott Samos Samuel W. Carter Sartor Resartus Scenic Seamus MacAodha Sextus Africanus Sibelius Sidney Victor Leverton Simon Sam [the stamp man] Simplicius Solomon Specialist Spy Spying Eye Staircase Staple 186 |
Hallu ?
Andeé Mayer
Christopher Stephen Holder (1939–)
Adelaide Lucy Fenton (1825–1897)
James M. T. Chandler
S. Arnstein
William A. Reid
Samuel Bennett
Sam C. Nickel Jr. (1913–1994)
James Alexander Mackay (1936–2007)
Maurice Burrus (1882–1959)
Christian Carl Sundman (1933–1994)
Sidney Victor Levartovsky (1921–2000)
Herbert Mullon (1905–1991)
Sigmund Friedl (1851–1914)
Tevfik Kuyas (1916–1989)
Raymond Raife
Sir Leslie Matthew Ward (1851–1922)
Brian Reeves
H. Sands
Robert L. Maurer
____________________________________________________________________________________
Stefan Mauritius Strand Susie Rudolf Rohr (–1945)
Edgar Lewy (1926–1991)
Hubert Henry Hurst (–1944)
T
T. A. S. Quail T. Coke T. Gibson T. Morton Taidje Khan Tara Taunus Taylor Ten Point(s) The Philatelic Rambler The Senior The Veteran The Yellow Peril Timbrologist Timbrophilist Tobias Mellgren Tom Williams Topaz Triacria Tomasso Coelho
Thomas Coke Watkins
W. B. V. Hall
Harold Treherne (1886/87–)
Yul Brynner (1920–1985)
Paolo Bianchi (1942–)
Hans-Herrmann Mette ?
Herbert Humphreys
Charles W. Grevning (–1898)
Edgar Nelton (1859–1919)
Benjamin Webster Warhurst (1845–1911)
Benjamin Webster Warhurst (1845–1911)
Stanley Lum
Edward D. E. van Weenen (1847–1925)
Edward D. E. van Weenen (1847–1925)
Leo Linder (1910–1974)
Antonio Carpolette
W. K. Jewett
G. Russo
U
Un Amateur Uncle Billy Uncle Frank Uncle Herb Uncle Phil Uncle Phil Undooley A. Humbert
William Carlos Stone (1859–1939)
W. H. Worsencroft
Herbert L. Shatz (1905/06–)
Frederick S. Fox
A. K. MacDonald
Charles H. Fowle
V
V. E. V. P. Manwood Veritas Veritas Victor Marsh Viking Virgini Robert Zoellner
Dale Forster
Edward F. Herdman
H. Moeller
Herbert Edgar Weston (1874–1958)
Tomas Bjäringer (1936–)
Achille Rivolta (1908–1992)
| 187
____________________________________________________________________________________
W
W. E. Fyndem W. E. Fyndem W. E. Fyndem W. E. Fyndem W. H. H. W. H. H. W. Howard W. W. F. Wanderer Warden Wat Whitman Watchman Watchman Watchman White Willi Bruder William Finlay William Martello WM WOMA James Arthur Chester Sumner ( –1957)
A. L. Noble
Michael Waloff (–1971)
Allan Grant (1942–)
William Hughes–Hughes
Vermutlich Schreibfehler von D. H. H.
W. Houtzamer
W. W. Fitch
Thomas J. Mitchell
C. S. Ward
George Allen Higlett (1860–1940)
Stephen Walter Braham
Kenneth Robert Lake (1931–2005)
James William Negus (1927–2008)
William R. Weiss Jr.
Heinrich Johann Dauth (1846–1903)
James Alexander Mackay (1936–2007)
F. C. A. Gray
Wolfgang Maassen (1949–)
Wolfgang Maassen (1949–)
X
X
X. X. Libris Xeno siehe M. X. und Mr. X.
A. P. John Peace
Harry Hayes (1925–2011)
Kenneth Robert Lake (1931–2005)
Y
Y. Souren Yanni Kumeno Yo Yong Chu Chee 188 |
Souren Avansov–Yohannessiantz (1892–)
Jean Coumenos (1880–)
Alexander Johann August Treichel (1837–1901)
David Allan Gee
C/A
____________________________________________________________________________________
Corrigenda/Addenda
____________________________________________________________________________________
Corrigenda
p. 9, 3rd para.
Read „Maassen“ (not „Maasen). The mentioned CD
in this paragraph weren’t delivered with the book, because it was not possible to prepared it in time.
p. 69
Witkamp catalogues (see illustration text): The Witkamp
catalogues appeared in 1864 and 1865 as mentioned
on their title pages.
p. 75, Manual del Colleccionista …:
Read „l’author“ instead of „l’éditeur“ (in the french version)
p. 78, 3rd para.
Read „Georges Herpin“ instead of George …“
p. 82, Source of pictures
Read „Schwalmtal“ instead of „Schwamtal“
p. 87, left picture on top
Source: RPSL, photo: Wilhelm van Loo, Aachen
p. 97, 1st para.
Read „Roschlau“ instead of „Roschau“
p. 99, 2nd para.
Read „Cardona“ instead of „Cordona“
p. 115, „1867: SPAIN – REVISTA DE CORREOS“
Please add: „in Madrid“
p. 149, 1st para.
Read „Grossmann“ instead of „Grossman“
p. 176, 3rd para.
Read „Haas“ instead of „Hass“
p. 197, french text, 3rd line
Read „dès 1878“ instead of „…dès 1879“
p. 199, 2nd para.
Read „…in four parts in three volumes“ instead of „in
four volumes“
p. 200, 1st para., sixth line (french text)
Read „à la fin des années“ instead of „…des les années“
p. 236, 3rd para.
Read „Charles H. Mekeel“ instead of „Charles C. Mekeel“
p. 246, Pays Bas
Read „1869“ instead of „1870“; idem p. 248
p. 281
Read „Campbell“ instead of „Campell“
p. 287, 2nd para.
Read „Dorning-Beckton“ instead of „Dorning-Becton“
p. 289, 1st para.
Read „1884–1921“ instead of „1884–1914“
p. 293, first line
correct is „In Chapter 2.1 and 2.4 …“ instead of „2.1
and 2.3“
p. 310, 3rd para.
Read „Hesselle“ instead of „Hesselte“
| 189
____________________________________________________________________________________
p. 374, footnote 3.
Please read instead of the printed text: „Sevilla, 1876,
XIII + 32 + 2 s/n pages … 1854/1876“
p. 387, 1st para.
Read „W. R. Ricketts“ instead of „W. A. Rickens“
p. 389, photo
Read „Tedeschi“ instead of „Tedechi“
p. 451, 1st para.
The book consists of 103 pages and the printed texts
are pasted on to lighltly marbled paper and then bound
together to form a kind of album.
p. 468, 1st line, french text
Read „Between 1935 and 1950 …“ instead of „En 1950
…“
p. 488, Ferrary
Read „1850–1917“ instead of „1848–1917“ (*)
p. 500, Senf, Louis and Richard
Read „Following Richard Senfs retirement …“ instead of
„their retirement“.
p. 504, Zschiesche, Alwin
Please read „Eduard Köder“ instead of „Edmund Köder“
Addenda
p. 61 + 137/138, Edward Augustus Oppen
By courtesy of Chris King/Stephen Gardner we have got
some more correct information about Edward A. Oppen.
He was born about 1838 in Prussia as son of David
William Oppen and came with a ship from Hamburg to
London, United Kingdom, on 21th of November, 1859.
He married on 13th December 1862 Mary Ann Campin
(born 15th of December, 1839) in St. Matthew, Friday
St. London.
Besides his philatelic books/albums he published some
other titles, e.g.:
Easy German Reading, After a New System: Being Selections of Historical Tales and Anecdotes (1867); Storme, George and Oppen, Edward A.
French Reader, for the Use of Colleges and Schools, a
Graduated Selection from Modern Authors, in Prose and
Verse: And Notes, Chiefly Etymological (1864); Edward
A Oppen
A description of THE NORTHERN TERRITORY of SOUTH
AUSTRALIA. Carefully compiled from Various Explorers’
and Surveyors’ Journals and Charts (1864); Oppen, Edward A.
EASY GERMAN READING AFTER A NEW SYSTEM Being
Selections of Historical Tales and Anecdotes arranged
with Copious Foot Notes (1869); George Storme, re-
190 |
vised by Edward A. Oppen: New York: Leypoldt & Holt,
1869.
Select Spanish / German / French / Italian Stories for
the use of colleges and schools and for self-instruction:
A short and easy method for learning the Spanish / German / French / Italian Language (4 vols bound in 1)
(International Reading-Books) by OLIVIERI A. / STORME
George / OPPEN Edward A. / OLIVIERI A. (1870)
German Classics ... Annotated by E. A. O. vol. 1-4 by Edward A. Oppen (1868)
Select French Stories with copious notes and a glossary
... Second edition revised and enlarged by J. T. Dann by
Edward A. Oppen and Joseph Th Dann (1870)
Cassell‘s Sixpenny German Lessons. A new method by
Edward A. Oppen (1867)
During the French/German war Oppen moved with his
family – he had three children – to France, but left his
family there. His wife and his children returned to England where they lived with his wife‘s brother, John Richman Campin at Thurlow Lodge, Panmure Road, Sydenham. Oppen was last sighted on the ship „City of Berlin“
departing from Liverpool to New York arriving on 10th of
August, 1878. It is not known till today if Oppen emigrated earlier, 1871 or later. His date of death is also unknown yet. In the passengers list from 1878 his age was
written with „40 years“. His wife, Mary A. Oppen, died
1923 in the age of 85 years.
p. 488, Ferrary
Although Ferrary lived most of his live in Paris, he also
lived for years (at least 1906–1909 and for longer periods later, e.g. 1911) in Vienna and in his villa at the
Attersee. Early 1915 he travelled again for a year to
Austria where he wrote his last will on 30th of January.
One year later, 1916, he went to Switzerland (he was
also a legally Swiss citizen since 1908) and tried to go
back from there to Paris. But his entry was rejected by
the french customs authorities at the French border. So
he stayed in Tessin, mostly in Lugano and Berzona, but
died on 20th of 1917 in Lausanne.
p. 495, LUFF, John Nicholas, 1860-1938
Associated with the Scott Stamp & Coin Company for
many years. The Luff Reference Collection and library
remained with the Scott Company and was donated to
the Philatelic Foundation in 1946. His library was sold
by Sylvester Colby in two sales in 1970. In 2014, David
Petruzelli of the the Philatelic Foundation advised me
that they had not sold any part of his library as far as
he knew.
____________________________________________________________________________________
The two Colby sales included items mostly from the Philatelic Foundation library including parts of Luff’s library, but as usual Sy Colby added stuff from elsewhere
including some Turner duplicates. By 1970, Turner was
no longer writing Sy’s catalogues. Over the years, Turner did acquire some ex-Luff items, (so did I), but he
did not acquire the Luff library in toto. David is partially
right - most of the Luff library is still at the Philatelic
Foundation, I’ve seen it over the years. However, since
the Philatelic Foundation keeps getting more material,
they have to get rid of some duplicate stuff every so often. (Adapted from en e-mail from Herb Trenchard, 18th
February 2014.)
| 191
INDEX
____________________________________________________________________________________
Personen-Index
____________________________________________________________________________________
Das Personen-Register listet alle Namen von Personen, auch Bestandteile von Firmennamen, die im Text der Kapitel 1
bis Kapitel 6 inkl. Anhang 1 der französich-englischen Original-Buchversion vorkommen. Eingeschlossen sind ebenfalls
Abbildungen von Personen sowie die Fußnoten. Seitenzahlen mit Abbildungen werden mit einem hochgestellten „p“ (Bild/
picture) bzw. bei Fußnoten deren Seitenangabe durch die hochgestellte Nummer der Fußnote gesondert ausgewiesen.
Die Darstellung folgt in alphabetischer Folge mit der jeweiligen Seitenzahl der Fundstelle, wie sie sich in der englischen
Übersetzung findet.
The Person Index lists the names of all persons and companies which appear in the text of the original French-English
book version, Chapters 1 to 6 and Appendix 1.Also included are references to Pictures as well as Footnotes. Page numbers including pictures carry the superscript p. Footnotes have their page numbers given with the footnote number in
superscript.
The entries in the following Index are in alphabetical order with the corresponding page number(s) as found in the English
translation.
Abele, Toni: 166, 17, 4714, 4817, 7651, 2211
Ackerman & Co: 121
Ackermann (Ackerman), Rudolph (Rudolf): 120, 1205
Albornos, Victor: 103
Alfred, Duke of Edinburgh: 123p
Allis, Gilbert J.: 445
Amrhein, Dr. Manfred: 13p, 189, 2013, 331, 343, 4211, 4714,
4816, 4817, 5631, 5934, 6038, 7045, 197, 2211, 2352, 2442,
287, 2872, 377, 382, 3711, 3722, 41620, 41822, 466
Anderson, Peter John: 162, 18p, 1812, 2013, 2014, 6036,
179, 281, 386, 481p, 481
Anheißer, I. H.: 270
Apfelbaum (company): 1268, 14419
Appleton, D. & Co.: 144, 14418, 145
Argyropoulos, A. G.: 394
192 |
Armstrong, C. J.: 20
Arthur, Prince (Duke of Connaught): 122
Ashbrook, Stanley B.: 455
Atlee, W. Dudley: 325, 409
Auf der Heide, J. C.: 469
Bacon, Sir Edward Denny: 13p, 14, 43, 146, 202, 377p,
377, 386, 459p, 459, 476, 481p, 481
Baillieu, Alexandre: 41, 64, 64p, 65, 76
Balasse, Willy: 364, 463
Bangs, Merwin & Co.: 208
Bansner, Phil: 380
Barbarin, J.: 186
Barber, H.: 21, 22
Barrington, Matthew: 118
Barrington, Miss: 118
____________________________________________________________________________________
Bartels, Julius (John) Murray: 481p, 481
Barth, Johann Ambrosius: 3934
Basden, A. E.: 445
Bauschke, Gustav (alias Gustav Schaubek): 43, 67, 73,
74, 99, 132, 13212, 148, 149, 14924+26, 162, 163, 165,
166, 168
Beal, James (Jim) H.: 4095, 428
Beck, Carl: 387
Beckton, Walter Dorning: 2215, 287, 399, 481p, 481
Beech, David: 13714, 378
Beer, J. W. de: 394
Bellamy, Frank Arthur: 481p, 481
Bellars and Davie: 68
Bellows,Walter Clarke: 450
Benjamin, Edward: 235
Bennett, M.: 144
Berg, George van den (alias of Lowell Ragatz): 418
Berger, Ludwig: 229, 284
Berger-Levrault, François Georges Oscar: 24, 34, 34p, 36,
364, 366, 37, 41, 418, 71, 7246, 73, 73p, 99, 179, 180,
281, 323, 374, 482p, 482
Berger-Levrault, Wwe. und Sohn: 71
Berlin, Eugen: 319
Berlingin, René: 463
Bernichon, Jules: 361
Beyfuss, C.: 62
Billig, F. Fritz: 415, 420, 482p, 482
Birch, Brian: 2483, 385p, 385, 386, 479
Birth, L. G.: 394
Bischoff, Bertha: 295
Bishop, Percy Cooke: 482p, 482
Blanc-Girardet, Lucette: 422
Bloch, Herbert J.: 482p, 482
Blokzeijl, A.: 197
Bochmann, Eugen von: 274, 284
Boel, John G.: 96
Bogert, Durbin & Co.: 204
Bogert, R. R.: 236
Boggs, Winthrop S.: 456
Bohne, Dr. Werner: 420
Boker, John R.: 212, 365, 366, 435, 453, 483p, 483
Bolaffi, Alberto: 465, 466p, 466, 480
Bonasi, Count Cesare Giulio: 102
Booty, Frederick W.: 23, 23p, 46p, 47, 48, 4816, 4817, 49,
92, 483p, 483
Bortfeldt, Dieter: 424
Bosch, José: 202
Bosredon du Pont, Philippe de: 179, 1807, 206, 263,
264p, 281, 374, 3745, 483p, 483
Boyer, Hippolyte: 218
Bradt, S. B.: 180
Brecker, G.: 74
Breitfuss, Friedrich Andreas: 483p, 483
Brendicke, Dr. Hans: 234, 284, 285
Brendon, William: 80
Breunig, Norbert: 5222, 14723, 14924
Bright & Son: 197
Brookman, Lester G.: 455, 456
Brown, Walter Lee: 206
Brown, William Mount: 49, 50, 50p, 51, 5120, 52, 5221, 59,
60, 61, 93, 484p, 484
Brown, William P.: 87, 90, 96, 209, 287, 483p, 483
Bruck, Alphonse (Alfons): 202
Brühl, Prof. Dr. Carlrichard: 13p, 14, 364, 4210, 4714, 5222,
5427, 6038, 61, 65, 6540, 68, 6844, 7247+48, 7854, 8157,
135, 13715, 14924–27, 202, 2024, 3767, 409, 480
Brun, Jean-François: 421
Brunel, George: 231
Buhl & Co.: 210p, 360
Bull, Thomas: 210, 360
Bull, Walter: 210
Bungerz, Alexander: 165, 17, 388
Burnett, Maitland: 287
Burrus, Maurice: 212, 362, 364, 484p, 484
Bynof-Smith: H.: 420
Calder, Senator J. A.: 394
Calman brothers: 87, 100, 204, 291
Calman, Gustav Bernhard: 484p, 484
Calman, Henry: 237
Calvary & Co.: 13714, 146
Camden Hotten, John: 68
Campbell, George: 264, 265, 281
Cardona, Carl von: 99, 168, 332
Carles, Carlos: 202
Caspary, Alfred Henry: 212, 365, 453, 484p, 484
Cassell, Peter & Galvin: 110
Castle, Marcellus Purnell: 287, 288, 484p, 484
Cayuela, Francisco: 150
Champion, Adrien: 485
Champion, Théodore: 485p, 485
Chapalay, J. Fils et Cie.: 7651, 76/77, 80, 170
Chapman, Samuel: 452
Charton, Edouard: 110
Chas. Nissen & Co. Ltd.: 459
Chase, Dr. Caroll: 456p, 455, 485p, 485
Chittenden, J. Brace: 451
Chuchin, Fedor G.: 474
Clark, Hugh M.: 454
Claudius, Matthias: 136
Clausius, M.: 357
| 193
____________________________________________________________________________________
Cock, André de: 463
Colby, Sylvester: 380
Collin, Henry: 237
Collins, R. J. G.: 477
Constantinidès, Tryphon: 474
Cooper, Sir Daniel: 51, 281
Corbisier de Méaultsart, E.: 463
Corinphila (auction company): 276
Coster, Ch. H.: 262, 281
Craig, E. A.: 98
Crawford, Earl of (incl. Crawford-library/-catalogue): 14,
41, 4212, 43, 53, 5630, 76, 7652, 80, 81, 8156+58, 103,
161, 204, 2211, 2441, 377, 378, 379, 380, 383, 386,
485p, 485
Creber, Theophilus & Co.: 77, 90
Creeke, Anthony B.: 459
Creswell, S. F.: 20
Crocker, Henry J.: 456, 457p
Cuno, T. F.: 180
Curle, J. H.: 445
Dadkhah, Dr. Mohammed: 440
Dale, Louise Boyd: 364, 453, 486p, 486
Dalston, Thomas: 4063, 407
Dandoy, F.: 463
Dannenfelser: 42, 42p, 43, 140, 141, 143, 197
Dauth, H. J.: 204
Davenport, John M.: 19
Davies, Henry D.: 19
Dawson, L. E.: 440
De Frank, P. F.: 473
Deats, Hiram Edmund: 236, 387, 486p, 486
Delapierre, R.: 463
Devoitine, E.: 463
DeVoss, James T.: 428
Dexter, George: 64
Deyhle, Robert: 221
Diena, Charles (Carlo): 264, 281
Diena, Dr. Emilio (incl. Diena-Library): 41, 418, 73, 7652,
8157+58, 103, 232, 233p, 233, 234, 284, 289, 387, 465,
466, 486p, 486
Diena, Raffaele: 161
Dietz, August: 454p, 454
Djurling, H.: 274, 387
Doble, E.: 404, 4063
Doé, Mr.: 463
Du Four, J.: 463
Durbin, L. W. & Co.: 204
Duro, Antonio Fernandes: 200
Dürr’sche Buchhandlung (bookshop): 52, 54, 55, 135,
136
194 |
Earée, R. B.: 99, 409p, 409, 412, 413, 487p, 487
Ebner, E.: 83
Edelmann, A.: 53
Edward VII, King: 123p, 122
Eims, W.: 146
Elb, Ferdinand: 77, 78
Elb, J. W.: 208
Elizabeth II, Queen: 119
Elster, Johannes: 394
Escalada, Eduardo: 7449, 7649, 201
Eugster (geb./née Züst), Anna Theodora: 300
Eugster, Ernold: 298
Eugster, Jacob: 293p, 2944, 297, 298
Eugster, Otto: 2944
Eugster-Tobler, Elisabeth: 297p
Eugster-Züst, Arthur: 2944, 298, 299p
Eugster-Züst, Howard: 2944, 298, 299p, 300
Evans, Edward Benjamin: 197, 203, 232, 281, 287, 288,
387, 465, 487p, 487
Ewen, Herbert L’Estrange: 487p, 487
Faber, Wilhelm Heinrich: 101, 160, 162, 176
Fabergé, Agathon: 473
Fathers, H. T. M.: 477
Fayolle, Marquis Guy de: 453p, 453
Feldman, David: 367
Felzmann, Ulrich: 380
Fenton, Adelaide Lucy: 99, 301, 302, 480, 487
Ferrari, Count Philipp Arnold la Rénotière von: 62, 212,
281, 340, 362, 363, 364, 488p, 488
Figueroa y de la Serna, Mariano Pardo de (alias Dr. Thebussem): 199, 2651, 374
Finley, William: 8159
Fontaine, Abel: 488p, 488
Forbin, Alfred: 489p, 489
Fouré, Georges: 410, 415, 424, 489p, 489
Fournier, François: 415, 425, 489p, 489
Fraenkel, Heinrich: 284, 378p, 378, 490p, 490
Franchi, Ullise: 74
Franz Joseph, Kaiser: 471
Freeman, Willard K.: 145
Friederich, R.: 200
Friedl, Rudolf: 466
Friedl, Sigmund (Sigismund): 103, 170, 183p, 183, 184,
207, 239, 340, 378p, 378, 490p, 490
Friedmann, S. F.: 168, 247
Friedrich, Rudolf: 234
Fulcher, L. W.: 2873, 387
Gabriel, H.: 361
Gálvez Jimenez, Miguel: 150, 200
Ganz, Cheryl: 6035, 8664, 66
____________________________________________________________________________________
Garratt-Adams & Co.: 440
Gärtner, Christoph: 368
Gelli & Tani: 185
Georg, Wilhelm: 47, 76
George V, King: 461
George VI, King: 461
George, Consul General C.: 394
Gerber, Carl: 345
Gibbons, Edward Stanley (and Co.): 32, 80, 80p, 81, 146,
193p, 193, 194, 232, 236, 302, 312, 313, 315, 319,
320, 347, 378, 398, 413, 440, 465, 474, 491p, 491
Gilbert, Gérard: 210, 212, 361, 362, 363
Glasewald, Arthur Ernst: 53, 192, 229, 306, 491
Glasewald, Ruprecht: 53
Gloyn, C. & H.: 81, 90
Godden, Frank (incl. Frank Godden Ltd.): 398, 399, 490p,
490
Goez, Hermann: 83
Grant, R.: 279
Gray, Dr. John Edward: 14p, 15, 16, 22, 2217, 23, 53, 57,
58p, 59, 5933, 83, 85, 93, 115, 294, 371p, 372, 491p, 491
Green W. Lawrence: 387
Griebert, Hugo: 200, 394, 467p, 467, 491p, 491
Grimmwood-Taylor, James: 295
Grobe, Hans: 364
Grosfils-Berger, P.: 469
Grossmann, E. W.: 149
Gualandi, Mrs.: 426
Guezala, A.: 467
Guinness, Alec: 432
Gutmensch, J.: 203
Haas, Theodor: 188, 13110, 13714, 1741, 176, 191, 283,
340, 491p, 491
Hahn, Dr. Andreas: 355
Hall & Co.: 70
Hamberg, Erik: 381
Hanciau, Louis: 19, 34, 64, 93, 230, 263, 280, 281, 404,
461, 463, 492p, 492
Hardwicke, R.: 57
Harison, G.: 284
Harmer & Co.: 214p, 426, 446
Harmer, H. R.: 364, 365
Harmer, Rooke & Co.: 210
Harnisch, Hans: 397
Harris, Albert Henry: 492p, 492
Harrison, Miss: 16, 294
Hartmann, H.: 284
Hartmann, Leonard: 3828, 41823, 425
Hasselt, M. J. van: 141
Haworth, Wilfrid R.: 443
Heim, Eduard: 207
Heitmann, Ernst: 192, 270, 274, 410
Henderson, G.: 180
Hennig, Karl: 397
Henrioud, Marc: 471
Heringa, S. Gille: 2216, 113
Herlant, L.: 463
Herpin, Georges: 34, 78, 174, 492p, 492
Herrick, William: 239, 473
Herrmann, F.: 387
Herrmann, Waldemar: 189
Hertsch, A.: 471
Herz, Dr. Johannes: 217
Hesselle, Joseph de: 310
Higlett, George Allan: 492p, 492
Hill, Sir Rowland: 16, 20, 118, 216, 294, 408
Hill, W. H. & Co.: 144, 145
Hind, Arthur: 212, 362, 363, 364, 453
Hitt, Henry C.: 394
Holland, Alexander: 237
Holm, Ch.: 394
Holyoake, Alan: 14p, 384p
Homersham, John R.: 1810
Hoog, H. de: 141, 143
Howes, Clifton A.: 457
Huart, A. E. J.: 197, 203, 289
Hull, Arthur Francis Basset: 267, 475, 476
Hunter, F. C.: 361
Hussey, Geo.: 87
Hüther, Dr. phil. h.c. Ernst: 397
Huys, Dr. Jan (incl. Huys-Berlingin): 380
Ibn Ali, Emir Hussein (Husein): 443
Ichida, Dr. Soichi: 439
Image, W. E.: 281
Jann, Oscar: 66, 67
Joannis, H. A de: 281
Johnson & Rowe: 138
Johnson, H. F.: 443
Jones, B. Gordon: 442
Jones, C. K. & Co.: 77, 90
Jones, F. G.: 94
Joseph I, Kaiser: 207
Jurgens, A. A.: 445, 447
Kalckhoff, Dr. Franz Andreas Anton: 270, 284, 397, 492p,
492
Kamehameha II. (King): 456
Kanai, Hiroyuki: 367
Kane, Carl: 428
Kaufmann, Urs Peter: 364
Kerssemakers, J.: 394
| 195
____________________________________________________________________________________
Kimble, Ralph Archibald: 2442, 493p, 493
King, Chris: 384p, 480
King, Frederick Henry (alias of Charles M. Seltz): 87
King-Farlow, Roland: 3869, 471
Kirchhofer, Hans (alias Ed. von Leman): 221, 290
Kirchhoff, G.: 336
Kline, A. C. (alias of John William Kline): 59, 60, 60p, 493p,
493
Kloetzel, James E.: 1183,
Kloss, Dr. Paul: 226, 227, 229, 285, 493p, 493
Knapen, R. G. (alias of Raoul Charles de Thuin Knapen):
427
Knapen, Raoul Charles de Thuin: 432
Koch, Gustav: 347, 361, 420
Koch, Heinrich: 170
Koerber, Roger: 380, 435
Kohl, Horst: 392
Kohl, Kurt: 392
Kohl, Paul: 192, 306, 320, 381, 391p, 391, 392, 402,
493p, 493
Köhler, Heinrich (incl. auction company): 133, 210, 212,
276, 361, 3636,7, 3648,9,12, 365, 380, 397, 399, 493p,
493
Koprowski, Samuel: 238, 473
Kosack, Philipp: 210
Krasemann, R.: 274
Kratter, William: 16, 294
Krause, Richard: 410
Kropf, Hans Erdmann Anton: 220, 221p, 471, 472p, 493p,
493
Krötzsch, Hugo: 5, 271, 273, 274, 284, 285, 306, 308p,
387, 389, 494p, 494
Kümmel (geb./née Helfer), Theodora Rosalie Luise: 132
Kümmel, Julius: 67, 99, 132, 13212, 148, 149, 162
Kumpf-Mikuli, Baron A. F.: 5428, 55
Lacroix, Eugène: 37, 39, 42, 45
Lagerloef, Hans: 381
Lallier, Justin: 126p, 127, 129, 14418, 145, 372, 494p,
494
Laplante, E. Edard de (alias Adard de Laplante): 37, 38,
42, 45, 45p, 47, 1319, 494p, 494
Larisch, Anselm: 192, 374
Lascelles, Angela: 119
Lascelles, Gerald: 119
Lauber, August: 83
Lawley, F.: 98
Lawrence, Ken: 1181
Leavitt, William (incl. Geo A. Leavitt & Co, Leavitt, Strebeight & Co.): 209, 357, 360
Leclercq & Waroquiers: 381
196 |
Lee, Emanuel Joseph: 448/449
Legrand, Dr. Jacques Amable (alias Dr. Magnus): 24, 24p,
34, 78, 97, 99, 1247, 1742, 226, 238, 263, 281, 302,
347, 355, 494p, 494
Leitenberger, Friedrich: 396, 3965
Lemaire, Théodore: 186, 361
Leman, Ed. von (alias Hans Kirchhofer): 221
Lenègre, A.: 127
Leoni, Guiseppe: 374
Leroy, Louis: 230
Lesley, M. James: 236
Levy, Calmann: 220
Lewes, Thornton: 406, 4063,
Lichtenstein, Alfred F.: 364, 394, 397, 399, 450p, 450,
453, 494p, 494
Lietzow, Paul: 284, 300, 409, 411p
Lilly, Josiah K.: 365, 453
Lincoln, W. P. and Sons: 77
Lincoln, William Simpson: 77, 495p, 495
Lind, W.: 394
Lindberg, Dr. H.: 394
Lindenberg, Carl: 66, 269p, 269, 270, 284, 389, 3933,
396, 397, 399, 410, 412, 495p, 495
Literarisches Museum (Literary Museum <bookshop>):
65, 73, 13212
Lizama, Prof. Hormer: 426
Lopez Fabra, Francisquo: 115
Lopez, Leopoldo: 150, 200
Louis, Karl: 1184, 119
Lowe, Robson: 357, 364, 418, 422
Lücke, C. F.: 149, 310
Luder/Edelmann: 363
Ludwig, Friedrich: 53
Luff, John Nicholas: 291, 387, 453, 454p, 454, 495p, 495
Lutz, Gottfried: 298
Maassen (Maaßen), Wolfgang: 189, 418, 5426, 1881,
31211, 355, 3767, 381, 385p, 3911, 39820, 480
Mackey, James: 162,
Magnus, Dr. (alias of Dr. Jacques Amable Legrand): 37,
263, 281
Mahé, Pierre: 39, 62, 62p, 63, 6339, 78, 7855, 97, 127,
167, 206, 495p, 495
Maier, M. Kurt: 397
Mancin, Auguste: 165, 17, 294
Mann (jr.), Christian: 32, 73, 74
Marconet, F.: 231
Marcou, Jules: 495
Martin, D. R.: 440
Martins, Faustino Antonio: 150, 201
Mason & Co.: 209, 357
____________________________________________________________________________________
Masson, Sir David P.: 442
Maury, Arthur: 62, 78, 7854, 79p, 97, 167, 186, 187, 192,
208, 232, 280, 281, 463, 495p, 495
Meinertzhagen, L.: 394, 398
Mekeel, Charles Haviland: 14418, 180, 197, 205, 236,
291, 302, 496p, 496
Melville, Fred(erick) John: 366, 4815, 4817, 5221, 5933,
380, 387, 496p, 496
Metz, Reinhard: 424
Meyer, Ferdinand Thaddeus: 225p, 226, 238, 239, 264
Michel, Hugo (incl. MICHEL catalogue): 192, 312, 313,
316, 317, 320, 381
Mirabaud, Paul: 222, 225, 281, 361, 451, 471, 496p, 496
Moens, Jean-Baptiste Philippe Constant: 19p, 24, 28p, 33,
34, 41, 418, 42, 43, 48, 50, 64, 69, 70, 89, 93, 129, 138,
160, 179, 185p, 185, 186, 192, 200, 220, 230, 232,
236, 250, 257, 261, 263, 265, 280, 283, 336, 337, 347,
3745,381, 389, 404, 405, 406, 4063, 407, 412, 461,
497p, 497
Moens, Jeanne: 337
Moens, Louis: 337
Moersig, A.: 334
Moore, Edward & Co.: 92
Moschkau, (Dr.) Alfred: 5429, 5630, 101, 13110, 13211,
148, 149, 14924,25, 163, 165, 168, 170, 176, 187, 188,
1881, 192, 226, 227p, 227, 283, 285, 373, 378p, 378,
381, 411, 497p, 497
Müller, Christian Otto: 151, 382p, 382
Müller, Edwin: 471
Müller, W.: 412, 41213
Munk, Dr. Herbert: 274, 275p, 370, 393p, 393–402, 3945,
3966,8, 40122, 497p, 497
Näbe, Alfred: 287
Nankivell, E. J.: 287
Napier, Francis John Hamilton Scott: 284
Napier, George S. F.: 387, 447, 449
Napoleon, Prince Jerome: 47
Nicholas, Mme E.: 6038, 78
Nicolaïdès, N.-S.: 474
Nieske, Alwin: 179
Nissen, Charles: 387, 459p, 460
Obojski, Robert: 14421
Ohrt, Paul: 273, 284, 412, 413p, 420
Oneglia, : 425
Oppen, Edward A.: 61, 137, 13816, 194
Osborne, Dr. H.: 460
Pack, Charles Lathrop: 475p, 475
Panelli, Angelo: 426
Pardo de Figueroa y de la Serna, Mariano (alias Dr. Thebussem): 199, 2651, 374
Parthen, Volker: 366
Passer, Adolf: 394, 397, 442
Passmore, Mr.: 51
Pemberton, Edward Loines: 21, 21p, 87, 92, 99, 178p,
193, 259p, 259, 279, 406, 4063, 407, 408p, 408, 409,
412
Pemberton, Percival Loines: 497p, 497
Peplow, Frank Jukes: 2873, 387, 435, 437p, 437, 450,
497p, 497
Perkins, Bacon & Co.: 459, 460
Peterson, A.: 394
Peterson, Charles: 388
Petritz, Ernst: 189, 229, 285
Pfenninger, Otto: 222
Philbrick, Frederick Adolphus: 37, 51, 235, 266, 267p,
281, 498p, 498
Phillips, Charles James: 162, 1742, 194p, 194, 377p, 378,
387, 452, 498p, 498
Phillips, Stanley: 398
Picard, Maurice: 471
Piet-Lataudrie, M.: 498
Pirl, Dr. Paul: 399
Polanski, Wladimir von: 473
Poncelet, R.: 463
Pont, Dr. José Marco del: 202, 281, 387, 498p, 498
Potiquet, Alfred: 37, 37p, 38, 41, 418, 42, 45, 48, 50,
498p, 498
Price, Raymond: 379
Priebatsch, Leopold: 66
Purves, J. R. W.: 478
Raassen, Hector: 463
Rachmanow, Wladimir von: 473
Rademacher, F. W.: 166
Ragatz, Prof. Lowell (alias George van den Berg): 4062,
4095, 41621, 417, 42124
Ramirez, Narciso: 76
Regnard, Ernest: 78, 1319, 174
Reichel, Wilhelm: 333
Reinheimer, Adolf: 230
Renault, Baron: 463
Reschert, Joseph: 236
Reus, A. Tort: 468
Reuterskiöld (Reuterskijöld), Baron Axel de: 221, 222,
282, 387, 451, 471, 499p, 499
Rich, Joseph Salomon: 499
Ricketts, William Reynolds: 387, 499p, 499
Riedl, Peter: 287
Riesen, Eduard: 103, 171
Rinsum, C. van: 100, 141, 142, 197
Rix, Dr.: 51
| 197
____________________________________________________________________________________
Robert, J. B.: 289
Robert, Victor: 186
Robineau: 364
Röhm, Norbert: 5223+24, 53, 5427, 5932, 135, 13213
Rommel, Otto: 229, 273, 410p, 410, 4106, 411
Rondot, Natalis: 22p, 107p, 106–113, 300, 499p, 499
Roschlau, Ernst: 97
Rosenkranz, A.: 273
Rothschild, Baron Arthur de: 1742, 219, 282, 499p, 499
Roussin, Charles: 167, 186
Rudolphi, Hans von: 399, 402
Ruhl, Moritz (and company): 13110,
Ruiz de Arcaute, Ramón: 467
Saadi, Wade: 384p
Sargent, H. Lionel: 443
Sauerland, Christian: 335, 336
Saulcy, L. de: 174
Schaubek, Gustav (alias of Gustav Bauschke incl. albums): 148, 188, 1881, 302, 304, 305, 309, 31010, 312,
500
Scheerlinck, M.: 463
Schier, Oswald: 7650
Schlechtriem, Dr. Wilhelm: 39611, 397
Schloss, J. H.: 230
Schloss, M.: 13110
Schmidt, Carl: 473, 474
Schmidt-Anderson, J.: 469
Schmittdiel, S.: 388
Schoeller, A.: 264, 265
Schouberechts, Vincent: 332, 418
Schröder, Oswald: 422
Schroeder, Dr. Arthur: 416, 417
Schubert, G. W.: 85, 86
Schubert, Hanns: 86
Schubert, Rudolf: 86
Schüller, Friedrich: 207
Schulze, Adolphe: 221
Schulze, G. E.: 135
Schwaneberger, Hugo: 285, 302, 312, 381, 411
Schwaneberger, Verlag des Schwaneberger Albums: 319
Schwanke, Hans-Joachim (incl. auction company): 3561,
3605, 3637, 3648–11, 380
Scott Stamp & Coin Company: 88, 412
Scott, J. W. & Co. (incl. albums/catalogues): 86, 177, 237,
301, 302, 312, 313, 360, 361
Scott, John Walter: 32, 86, 87, 96, 100, 14418, 145, 146,
172, 177p, 177, 204, 205p, 206, 209, 210, 291, 357,
358, 360, 500p, 500
Scott, Walter S.: 363
Séfi, Alexander J.: 421
198 |
Seltz, Charles M. (alias Frederick Henry King): 8667, 87
Senf, Emil Louis Richard: 149, 188, 189, 190, 191, 500p,
500
Senf, Gebr. (Brothers): 149, 166, 184, 1881, 190, 191,
192, 283, 288, 310, 313, 315, 319, 381
Senf, Louis Wilhelm August: 13110, 132, 133, 13714, 149,
166, 188, 189, 226, 229, 283, 310, 500p, 500
Serrane, Fernand: 415, 41518,
Sever & Francis: 64
Seybold, John F.: 500p, 500
Seymour, J. B.: 394
Siegel, Robert A.: 365, 467
Siegel, Rudolf: 393–396
Sinex, T.: 60
Smeth, Paul de: 453p, 453
Smith, Alfred & Co.: 59, 83, 93
Smith, Alfred William: 85, 194, 500p, 500
Smith, Bertram Tapscott Knight: 162, 1812, 2013, 2014,
387, 4713, 6036, 387, 501p, 501
Smith, Henry Stafford: 85, 8665, 93, 309, 501p, 501
Smith, Stafford & Co.: 70, 83, 99
Smythies, E. A.: 164, 2942, 440
Sobrino, Luis: 202
Soeteman, Corneille: 380
Sotheby, Wilkinson & Hodge: 210, 357
Sotheby’s (auction comp.): 210, 357
Sperati, Jean de: 415, 422, 423p, 425
Spiro, Gebr. (Brothers): 13714, 161, 1743, 408
Springer, Renate: 2086
Stainforth, Francis J.: 50, 51
Steigerwald Company: 210
Steinau, Jones & Co.: 77
Steinway, Theodore Edward: 53
Stenger, Prof. Dr. Erich: 39820, 399
Stevenson, D. Alan: 446
Steward, George: 98
Stiedl, Otto E.: 415, 420
Stock, Ernst: 397
Stolpe, E.: 4818,19
Storch, Adolf Fr.: 83, 218
Stourton, John M.: 407, 408
Strandell, Nils Vilhelm: 387, 501p, 501
Strowski, Mr.: 463
Strygin, Dr. Andrey: 15228
Suppantschitsch, Victor: 13p, 14, 331, 53, 5427, 72, 7246,
78, 8360, 135, 168, 287, 300, 374, 376, 377, 380, 386,
387, 501p, 501
Tapling, Thomas: 282
Taylor, George Overy: 59, 93, 193, 501
Taylor, Samuel Allan: 87, 96, 145, 209, 501p, 501
____________________________________________________________________________________
Tedeschi, Guilio: 389p, 389
Tellier, Théodule: 187, 502p, 502
Teltz, Otto: 269, 410
Thebussem, Dr. (alias of Mariano Pardo de Figueroa y de
la Serna): 197, 199, 200p, 234, 2651, 3743, 502p, 502
Thiele, H. A. & Comp.: 80, 333
Thieme, C. G.: 334
Thirifocq, E.: 83
Thiry-Van Buggenhout, H.: 63
Thuin Knapen, Raoul Charles de (alias R. G. Knapen):
423, 425p, 425–432, 432p,
Tiffany, John Kerr: 4212, 80, 179, 180p, 180, 199, 236,
263, 282, 372, 373, 374, 378, 502p, 502
Tobler, (geb./née Eugster), Anna Elisabeth (Elise): 293p,
2944, 295, 296, 297
Tobler-Züst, Joh. Conrad: 295
Ton, Max: 376
Toppan, George Lunt: 236
Torres, Placido Ramón de: 102, 150
Tramburg’s Erben: 56, 66
Treacher, H. & C.: 47, 48
Trenchard, Herbert (incl. Trenchard-library): 8666,67, 2085
Trifet, Ferdinand Marie: 88, 502p, 502
Tröndle, Ludwig: 3945
Trübner & Co.: 408
Turner, George T.: 364, 14422, 145, 2442, 380, 434
Tyler, Varro E.: 418, 422
Usigli, E. C.: 418
Valette, François: 45, 502
Vallancey, Francis Hugh: 503p, 503
Vellekoop, Jan: 2216, 4211, 14017, 1982
Vellinga, O. M.: 468
Ventom, Bull & Cooper: 210
Verges de Cardona, J. M.: 76
Vieira, C. Ottoni: 202
Vinck de Winnezeele, Baron de: 464p, 465
Viner, Dr. Charles W.: 51, 6038, 61, 70, 7045, 93, 99, 138,
175p, 175, 176, 503p, 503
Vité, François: 146
Vittinghoff-Schell, Freiherr von: 270
Vogel, Carl Gustav: 336
Vogel, Hugo: 271
Vries, Moritz de: 210
Wada, K.: 425, 435
Walker, L. H. J.: 263
Walske, Carl: 422, 428
Walton, Frank: 14p, 384p
Wartig, Eduard: 148
Wears, Thomas Martin: 236, 503p, 503
Weinberger, Consul Alfred: 397
Werner, Dr. Ing. A.: 397
Werninck, Heinrich & Co.: 188, 283
Westoby, William Amos Scarborough: 99, 235, 266p, 266,
282, 287, 503p, 503
Weston, Herbert Edgar: 387, 503p, 503
Whilden jr., W. G.: 180
White, Robert: 2217
Whitear, Anne: 295
Whitear, Fanny: 295
Whymper, Henry: 61, 13816
Wildt, Arthur: 163
Wilferodt, Max: 147
Williams, L. N. and M.: 188, 2218, 365, 387
Wilson, Sir John: 1236, 460, 461
Wilson, William T.: 452
Winckler, Jean J.: 471
Witkamp, Pieter H.: 69, 69p, 197
Witte, E. de: 463
Wonner, Dr. W.: 264
Woodward, A. M. Tracy: 437,438p, 438
Worms, Baron Percy de: 387
Wright, Hastings Elwin: 268, 459
Wright, W. H.: 61
Wuttig, Gustav: 43, 65, 67, 73, 131, 13110, 132, 13211
Yardley, R. B.: 387, 468p, 468, 478
Young & Stockall: 81
Ysasi, Vicoriano G. de: 199, 282
Yvert & Tellier: 465
Yvert, Louis (and company): 187, 302, 312, 313, 464p,
503p, 503
Zechmeyer, Georg: 226
Zschiesche & Köder: 28, 32, 54, 5429, 55, 56, 5630, 57,
66, 89, 94, 99
Zschiesche, Alwin: 29p, 7, 89, 136, 163, 302, 504p, 504
Zschiesche, Carl: 55, 57, 89
Zschiesche, Reinherz: 89
Zumstein, Ernst (incl. Zumstein & Cie.): 470p, 471, 504p,
504
Züst, Catherine: 296
| 199
____________________________________________________________________________________
200 |
ISBN 978-3-932198-23-6

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