Vibrant Woolwich Vision East

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Vibrant Woolwich Vision East
Vibrant Woolwich Vision East
Projekt Landschaftsarchitektur 3 im Sommersemester 07
Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und öffentlicher Raum \\ Prof. Regine Keller \ Doris Grabner \ Thomas Hauck \ Volker Kleinekort \ www.lao.ar.tum.de
Vibrant Woolwich Vision East
Projekt 3 im Sommersemester 07 // TUM / Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und öffentlicher Raum
Prof. Regine Keller // Doris Grabner // Thomas Hauck // Volker Kleinekort // SS 2006
Der Stadtteil und das Subzentrum Woolwich im Londoner Osten wird zu einem wichtigen Verkehrsknoten ausgebaut. Im Zuge dieser
Infrastrukturmaßnahmen soll das Zentrum Woolwichs über die „Neuerfindung“ des öffentlichen Raums aufgewertet werden, wobei
die „lobbies and lounges of the interchange“ auch weiterhin zentraler Teil der „vibrant public culture“ von Woolwich bleiben sollen.
Der Entwurf wurde in Zweiergruppen bearbeitet, erwünscht waren gemischte Teams aus Landschaftsarchitekturstudenten und Architekturstudenten. Die Studententeams konnten den Entwurf am LAO oder am LSR bearbeiten.
Das Projekt erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Städtebau und Regionalplanung (LSR), Prof. Sophie Wolfrum und Gunther Laux, und mit Tobias Goevert von der Architecture and Urbanism Unit, Greater London Authority. Unterstützt vom Fachgebiet für
Siedlungsstruktur und Verkehrsplanung, Prof. Gebhard Wulfhorst.
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LAO // Prof. Regine Keller // Seite // VVVV Essays
Begleitend zum Entwurf sollten Essays mit einem Umfang von 15.000 Zeichen zu folgenden Themen geschrieben werden. Titel und Themenstellung wurde im Laufe der Bearbeitung
teilweise verändert.
Essay 1
Der Englische Landschaftsgarten und die Lust
Die Gartenkunst des Englischen Landschaftsgartens hat eine breite Palette an Mitteln entwickelt, die ästhetisches Vergnügen hervorrufen sollen. Brauchbarkeit dieser Mittel für
ökonomische, soziale oder hygienische Zwecke wie in der Landschaftsarchitektur der Moderne spielen eine untergeordnete oder keine Rolle. Die künstlerischen Mittel der englischen
Gartenkunst wurden aus der intensiven Beschäftigung mit den ästhetischen Wirkungen der Natur und der Landschaftsmalerei gewonnen und für das Schaffen von Bildern im Raum
weiterentwickelt.
In der Regel werden die formalen Mittel des Landschaftsgartens, wie die Schönheitslinie, Asymmetrie, die natürliche Form, freier Wuchs etc. als wichtigste ästhetische Mittel der englischen Gartenkunst betont. Diese sind als formales Mittel akzeptiert und finden auch heute reichlich Anwendung in der Landschaftsarchitektur. Für eine aktuelle Debatte um Mittel
und Methoden der Inszenierung von Raum sind aber folgende ästhetische Mittel der englischen Gartenkunst von besonderem Interesse:
• Die Inszenierung von Raum im Hinblick auf die Wirkung über Atmosphären (feierlich, heiter, erhaben, etc.) durch die Kopie, Kollage und Verfeinerung von Landschaftsbildern.
• Die narrativen und didaktischen Strukturen und „Pfade“ die hinter den Raumbildern der englischen Gärten liegen. Die Verknüpfung von Skulpturen, Architekturen und „gestimmten“
Raumbildern zu einem oder mehreren Themen oder Erzählungen, lassen die Gartenanlage sprechen und eine philosophische, politische usw. Botschaft übermitteln.
• Die theatralen Mittel zur Erzeugung eines Totalbildes, d.h. nicht nur die räumlichen Elemente von 3 dimensionalen Landschaftsbildern werden erschaffen, sondern auch das Lebendige, das Geschehen werden inszeniert (Einsiedelei mit Einsiedler, Schlachtschiff, Tempel mit Opfergaben, Ruine mit Tod, etc.)
Analysieren Sie in einem kurzen Essay (15.000 Zeichen, ohne Leerzeichen) anhand von Beispielen und zeitgenössischen Texten zur Theorie der englischen Gartenkunst, welche ästhetischen Mittel unter dem Gesichtspunkt des Atmosphärischen und des Theatralen zur Anwendung kamen und welche Wirkungen sie hervorrufen sollen. Welche Bedeutung haben
diese ästhetischen Mittel heute in der Landschaftsarchitektur und welche Bedeutung soll ihnen zukommen?
Essay 2
Die Stadt und das Vergnügen
Städte sind Motoren der Entwicklung neuer Formen und Formate des Vergnügens und der Unterhaltung. Viele dieser Vergnügen basieren auf der Gestaltung und Entwicklung spezifischer Vergnügungsräume.
Geben Sie in einem Essay (15.000 Zeichen, ohne Leerzeichen) einen kurzen Überblick über die Wirkungsweise und Funktionsweise von urbanen Vergnügungsräumen im Laufe der
Geschichte. Forschen Sie nach aktuellen Beispielen für neue Typen von urbanen Vergnügungsräumen. Legen Sie den Schwerpunkt nicht auf einzelne Gebäude wie Spielhallen oder
Shopping Center. Bearbeiten Sie nicht nur umgrenzte Vergnügungsräume (Freizeitparks), sondern suchen Sie auch Beispiele wie sich durch gesteuerte oder ungesteuerte Transformation Stadtquartiere zu Vergnügungsräumen entwickeln. Welche Entwicklungstendenzen gibt es? Welche Rolle spielt Landschaftsarchitektur in dieser Entwicklung und welche Rolle
sollte sie spielen? Welche Rolle spielt der Freiraum?
Essay 3
Die Themenstadt
Die Metropolen haben ein Gesicht und einen Charakter bekommen. Politik, Wirtschaft und Planer haben aus Städten mit „schönheitschirurgischen Eingriffen“ und Benimmkursen
ansehnliche Persönlichkeiten geformt. Natürlich waren Städte schon immer verschieden, doch ihre gemeinsamen Merkmale als Städte (Konzentration und Differenzierung von Funktionen) haben ihre Bedeutung ausgemacht. Doch Städte stehen heute in einem Konkurrenzverhältnis um Geld, Einwohner und Wissen und die Gemeinsamkeiten werden zum Problem. Differenzierung wird zum Programm, Alleinstellungsmerkmale werden entwickelt. So genannte weiche Standortfaktoren prägen das Gesicht der Städte, Stadtinszenierung und
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LAO // Prof. Regine Keller // Seite // thematischer Städtebau helfen den einzigartigen Charakter auszubauen oder überhaupt erst zu schaffen.
Analysieren Sie mit welchen Maßnahmen Städte so genannte Alleinstellungsmerkmale entwickeln. Welche Rolle spielen Leuchtturmprojekte? Welche Rolle spielt Landschaftsarchitektur (Barcelona) in dieser Entwicklung und welche Rolle kann und sollte sie spielen? Beobachten Sie wie das Image einer Stadt im politischen , ökonomischen oder touristischen Kontext
kommuniziert wird. Entwickeln Sie in einem Essay (15.000 Zeichen, ohne Leerzeichen) fundierte und eigenständige Thesen zu diesem Thema.
Essay 4
The New Public Realm
In den Zentren der Metropolen und darüber hinaus wir in den letzten 30 Jahren eine neue öffentliche Sphäre geschaffen. Der „Neue öffentliche Raum“ wird poliert und sicher, und das
rund um die Uhr. Die notwendigen Maßnahmen (Überwachung, Festivalisierung, Inszenierung) und Regulierungen von Seiten der Politik, der Planung, der Designer und der Exekutive
um diese Edelsteine herzustellen, bleiben hinter den Ergebnissen der Inszenierung des Urbanen verborgen. Der „Neue öffentliche Raum“ ist an eine spezifische Öffentlichkeit adressiert
– deren wichtigste Eigenschaft ist Kaufkraft, kombiniert mit einem gewissen Maß an „kultiviertem“ Verhalten im neuen öffentlichen Raum. Die Diskussionen um die Eindämmung von so
genannter „anti-social behaviour“ in der britischen Öffentlichkeit zeigt die Relevanz dieser Eigenschaften. (siehe auch Referat 5)
Analysieren Sie die Werkzeuge und Strategien zur Herstellung des „Neuen öffentlichen Raumes“. Entwerfen Sie in einem Essay (15.000 Zeichen, ohne Leerzeichen) ein Szenario des „Neuen öffentlichen Raumes“ als konsequente und kompromisslose Weiterentwicklung der beobachtbaren Tendenzen, gestützt auf fundierte und eigenständige Thesen.
Essay 5
Trash Space
Wenn zentrale Teile der Metropolen mit „Neuen öffentlichen Räumen“ versehen werden (siehe Referat 4), die ansprechend, sauber und sicher sein sollen, was passiert mit dem Anstößigen, Unangenehmen und Unansehnlichen oder einfach mit dem Alltäglichen? Dass es nicht verschwindet ist gewiss, aber wo kommt es hin? Gibt es so etwas wie Trash Space? Was ist
das, was neben dem „Neuen öffentlichen Raum“ besteht oder entsteht? Verdrängt der „Neue öffentliche Raum“ den klassischen öffentlichen Raum, wie er als Mythos der Planerschaft
und Politik besteht? Es ist wohl so, dass sowohl der „Neue öffentliche Raum“ als auch der Trash Space ein Raum der Teilöffentlichkeiten ist, ein Raum von Gemeinschaften, Gruppen und
„communities“ oder er ist von fast allen vergessen.
Doch was unterscheidet dann noch den „Neuen öffentlichen Raum“ vom Trash Space? Hier scheint ein Vergleich mit dem Fernsehen eine Möglichkeit der Unterscheidung zu bieten
- über die Einschaltquoten. Die hohen oder niedrigen Einschaltquoten die eine Fernsehsendung erzielt, bestimmen die Höhe der finanziellen und redaktionellen bzw. gestalterischen
Zuwendung, die eine Fernsehsendung erfährt. Hohe Einschaltquoten steigern oder stabilisieren die Zuwendungen, niedrige Einschaltquoten lassen eventuell noch eine Kurskorrektur
zu, führen dann aber zu einem Versiegen der Zuwendungen bis hin zur Absetzung der Sendung. Nicht die inhaltlichen oder künstlerischen Qualitäten bestimmen den Erfolg oder Misserfolg einer Fernsehsendung, sondern die Aufmerksamkeit einer spezifischen Öffentlichkeit die ihr zu Teil wird.
Mit dem öffentlichen Raum scheint es sich in ähnlicher Weise zu verhalten:
• Die „Neuen öffentlichen Räume“ werden für eine kaufkräftige und einigermaßen angepasste Öffentlichkeit entworfen und gebaut. Erzielt der „Neue öffentliche Raum“ die notwendige
Aufmerksamkeit von Seiten dieser Öffentlichkeit wird in ihn weiterhin investiert.
• Der „Neue öffentliche Raum“ wird ähnlich wie eine Fernsehsendung für ein spezifisches Publikum programmiert. Es gibt teure öffentliche Räume (konservativ oder innovativ im Design) für ein kaufkräftiges Publikum und es gibt billige öffentliche Räume (junk space), um die geringere Kaufkraft eines weniger kaufkräftigen Publikums abzuschöpfen.
• Übrig bleibt der Trash Space, der um wieder den Vergleich mit dem Fernsehen zu bemühen, keine oder nur geringe finanzielle und redaktionelle bzw. gestalterische Zuwendung
erfährt.
Dennoch kommt im Trash Space ein weites Spektrum an Qualitäten zum Vorschein, vom lebendigen Markt der karibischen Bevölkerung in London Brixton bis zu den vergessenen Freiflächen im Berliner Plattenbaubezirk Marzahn.
Finden Sie Beispiele für Trash Space. Welche gemeinsamen Merkmale und Eigenschaften haben Ihre Beispiele. Analysieren Sie die in der aktuellen Fachdiskussion verwendeten Begriffe
wie informeller Urbanismus, temporäre Räume, informelle Nutzungs- und Handlungsstrukturen etc. auf ihre Brauchbarkeit hin zur genaueren Charakterisierung von Trash Space in
Europa. Welche Rolle spielen Immigrantenkulturen und Subkulturen für den Trash Space? Was macht den Trash Space lebendig? Wann ist er vergessen und tot? Welche Rolle kann Landschaftsarchitektur in diesen Räumen spielen?
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Millenium Dome
VVVV
Tower Bridge
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Woolwich Free Ferry
Mast
Quay
A 206
Povis Street
Railway
Royal Arsenal
The Warren
DLR Site
Love Lane
VVVV East
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LAO // Prof. Regine Keller // Seite // Foto // Gunther Laux
Foto // Regine Keller
Foto // Gunther Laux
Foto // Thomas Hauck
Foto // Gunther Laux
Foto // Gunther Laux
Foto // Thomas Hauck
Foto // Thomas Hauck
Foto // Thomas Hauck
Injection
Verfasser // Léandre Bérubé / Guillaume Paradis
In view of the city transformation with
its residential, commercial, industrial
and traffic related reconfigurations,
Léandre Bérubé and Guillaume Paradis
design a public space that fits to the
claims of the new users. In this context
the design concept should be seen as
a virus that is injected in the Woolwich
Centre. The main idea is to link Powis
Street, Beresford Market and General
Gordon Square with their own subspaces and the surrounding developments at the same time. As every object, space and path is contaminated
with the virus, the design language
programs a united centre with interesting atmospheres and experiences.
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Verfasser // Léandre Bérubé / Guillaume Paradis
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Verfasser // Léandre Bérubé / Guillaume Paradis
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Vibrant Woolwich Vision East
Verfasser // Johanna Franke
While the different characters of the
single places should be retained, the
main concept of this work is to structure and connect the places among
each other. Therefore the General
Gordon Square should remain a green
place that receives an order by the creation of green chambers, as a result of
the alteration of open spaces and tree
structures. The Beresford Square is sup-
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posed to stay a market place that obtains a more definite spacial setting by
the inset of tree clusters. In the middle
of the square Johanna Franke implants
a lower inground grid which is flooded
at night and reflects the illuminated
trees and proximate buildings. The
crossover between the two places is
supposed to be facilitated by large pedestrian islands.
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Vibrant Woolwich Vision East
Verfasser // Johanna Franke
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Vibrant Woolwich Vision East
Verfasser // Maya Gil / Claudia Pfeifer
Provided that the mass growth forecasted for the next decade will change the
function and character of Woolwich
town centre, Maya Gil and Claudia
Pfeifer claim that any design that takes
place has to leave room for improvisation and allow the users to reform the
area. Accordingly the Beresford Square
as a place for events, market and nightlife is designed as an open asphalt paved space which doesn‘t prevent any
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activities from taking place. At night
the square is lighted by a net of overhead bulbs. Beresford Square is connected to the so-called Foyer that is
designated to give the first impression
of the town and to inform about the
different directions, connections and
changing events. One element (the
›Woolwich‹) strongly defines the place
and provides all necessary information. In contrast the General Gordon
Square as the new transportation hub
is supposed to guarantee the transfer
between the different public transportation offers which relies on easy
orientation. As a terminal-park-hybrid
General Gordon Square shall be a place
where one can spend waiting time in a
relaxed atmosphere while being informed about departure times.
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Verfasser // Maya Gil / Claudia Pfeifer
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Verfasser // Maya Gil / Claudia Pfeifer
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Verfasser // Maya Gil / Claudia Pfeifer
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Vibrant Woolwich Roofgardens
Verfasser // Stefanie Kollmann / Ulrike Mehlert
The large-scale concept of this work is
to create a connection between Woolwich Centre and the River Thames. As
Beresford Street represents the beeline
connection between these two points
Stefanie Kollmann and Ulrike Mehlert
aim at making people realise the close
proximity by giving this street a special
character. Accordingly they propose a
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dense development with public, semipublic and private interlinked roofgardens, starting from the river and
ending with the new DLR-building. On
top of the DLR-building they design a
roofgarden where one can go by lift directly from the DLR-station or by escalator from General Gordon Square. This
square remains mostly in its form lan-
guage from the 1980ies; only the paths
are enlarged and meet in the middle
of a paved place where the escalator
ends. Also Beresford Market raimaines
mostly in its old market structure but
gets a new central rectangular paving
where the market is supposed to be
established.
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Vibrant Woolwich Roofgardens
Verfasser // Stefanie Kollmann / Ulrike Mehlert
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Vibrant Woolwich Roofgardens
Verfasser // Stefanie Kollmann / Ulrike Mehlert
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Vibrant Woolwich Vision East
Verfasser // Veronika König / Marina Lange
Basic idea of the disign concept for General Gordon Square is that the square
has to be totally free in order to allow
motion to all directions as it is currently crossed by thousands of people
each day. At the same time Veronika
König and Marina Lange want to allow
for the present use of the square and
create spaces where people can linger.
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In this connexion the design is a result
of a thorough study of the streams of
people as well as of the relief of the
area. The leisure areas either sink into
the ground level or reach out of it. Differences in height are kept low as it
should be possible to cross the borders
easily. The bus stops are relocated in
the central part of the area. The plan-
ning for Beresford Square provides a
mega-configuration of six oversized
parasols under which the daily market
should be reorganized. The space beneath the parasols should also be suited for public appearances of every description. At the north-western corner
of the square the existing buildings are
supplemented by a new building.
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Verfasser // Veronika König / Marina Lange
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Verfasser // Veronika König / Marina Lange
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Vibrant Woolwich Vision East
Verfasser // Patricia Ott / Anke Perplies
The concept of this work responds to
the various existing characters of the
open spaces and aims for the promotion of the present potential. Furthermore it connects the three squares and
punctuates the new „togetherness“ by
the uniform paving which is only accessible for pedestrians and delivery vans.
The design for the General Gordon
Square is based on existing way connections and subdevides the place into
an introvert area on the lower ground
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and an extrovert area on the higher
ground. The concept also includes a
re-positioning of the bus stops and a
re-routing of the surrounding streets
to both outer sides of the new uniform
paving. For Beresford Market Patricia
Ott and Anke Perplies draft a powersupply column that combines all the
necessary requirements for the smootfunctioning of a marketplace, such as
water, electricity and lightning. With
the new design of Dial Arch Square the
existing character of the park area is
supposed to be reclaimed and punctuated. The freeway (Plumstead Road)
is narrowed to two lines to reduce the
traffic at the pedestrian crossing point.
The former entrance gate to the Arsenal Club Grounds located on the opposite side of Plumstead Road is set
within the park area and should prospectively act as the park gate.
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Verfasser // Patricia Ott / Anke Perplies
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Verfasser // Patricia Ott / Anke Perplies
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Marktpark
Verfasser // Phyllis Sperling / Anna Yavorska
Phyllis Sperling‘s and Anna Yavorska‘s
work entitled „Marktpark“ depends on
a continuum that connects Woolwich
Centre with the River Thames while
each open space along this continuum
has its own identity and is accessible
from at least two sides. The main concept proposes to spread the market
held on Beresford Square also over Ge-
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neral Gordon Square and the Arsenal
with the objective of having a variety
of different kinds of markets where one
can buy special goods at each square.
The combination of markt and park is
supposed to create an all time used public space while the park improves the
situation and unity of the squares by giving them a coherent look. The form of
the Marktpark is a meander that gives
the opportunity to create a consistant
tree band along individual squares,
that combines the openness with the
intimacy. The meander is placed on
two further levels: the market boothes
and moreover the coating.
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Marktpark
Verfasser // Phyllis Sperling / Anna Yavorska
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Marktpark
Verfasser // Phyllis Sperling / Anna Yavorska
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Marktpark
Verfasser // Phyllis Sperling / Anna Yavorska
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Marktpark
Verfasser // Phyllis Sperling / Anna Yavorska
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Essay // The New Public Space
Verfasser // Marion Bader / Anja Dietrich / Florian Hanusch / Christina Schubert
Es war wieder einer dieser Tage, an denen man lieber nicht aufgestanden wäre, dachte sich Ken Livine. Warum musste immer er in solche Situationen geraten? Gerade er, der als Polizist doch eigentlich den Menschen helfen wollte, anstatt ihnen den Einsatz von Gewalt anzudrohen.
Ken war Mitte 42 und als Polizist in der City of London tätig. Er war einer dieser Keyworker, die auf Grund der enormen Mietpreise in die
Vorstädte zogen und somit einen langen und nervenaufreibenden Weg in die Innenstadt in Kauf nehmen mussten. Seit nunmehr acht Jahren
fuhr Ken diese Strecke, doch irgendwie war heute alles anders. Heute nahm er all diese Kleinigkeiten war, für die er sonst nie ein Auge hatte.
Heute dachte er über so vieles nach, was ihm als Selbstverständlich erschien. Sogar der jetzige Routineeinsatz ließ ihm keine Ruhe.
Angefangen hatte heute Morgen alles auf dem Weg zur Arbeit, als Ken der Verhaftung einiger Drogendealer durch seine Kollegen beiwohnen
durfte. Sie hatten ihre illegalen Geschäfte in einem schwer einsehbaren Teil des Bahnhofs abgewickelt und wurden dabei prompt von einer
Überwachungskamera gefilmt. Dank der lückenlosen Abdeckung des Bahnhofsgebäudes mit Videokameras, konnten die Drogendealer noch
im Bahnhof ausfindig gemacht und vor Ort festgenommen werden. Schon heute Morgen dachte Ken nach – über die schnelle Verhaftung
und über die vielen Überwachungskameras. Hatten sie ihn etwa auch gefilmt, den ehrlichen Polizisten, der sich noch nie etwas zu Schulden
komme ließ? Er erinnerte sich an die Kameras an den Bahnsteigen der U-Bahn, die von privaten Sicherheitsdiensten und sogar von den
U-Bahn Fahrern angeschaut werden konnten. Er dachte an den Bus, indem sich mehrere Überwachungskameras befanden und deren Bilder
auf Monitoren allen Fahrgästen gezeigt wurden – ob man nun wollte oder nicht. Und was war mit den vielen Kameras entlang der Strasse?
Da gab es solche, die zur Geschwindigkeitsmessung eingesetzt wurden und andere die Busspuren überwachten und wieder andere, die zur
Analyse des Verkehrsaufkommens benutzt wurden. Plätze wurden gefilmt, vom Ordnungsamt der Stadt, aber auch von Webcams, deren Bilder
frei im Internet zugänglich waren. Selbst der Eingang des Starbucks Cafés, in dem Ken seinen allmorgendlichen Kaffee holt wurde überwacht.
„Wer wohl alles Zugriff auf diese Bilder hat“ überlegte sich Ken. „Nicht auszudenken, was mit all den Informationen festgestellt werden kann“.
Ken wurde ganz mulmig zu Mute, als er daran dachte, dass sein kompletter Tagesablauf gefilmt werden könnte. Sollte dies eines Tages der Fall
sein, dann würde er als Beamter wohl kaum noch anrüchige Etablissements aufsuchen oder sich gar auf Demonstrationen blicken lassen.
Sein soziales Leben würde wohl nicht mehr das Selbe sein.
„85/17, bitte melden sie sich!“ Funkspruch aus der Zentrale. Ken, mittlerweile in Uniform und auf Streife in der City of London unterwegs nahm
ab. „Fahrt zum Union Square, da befinden sich ca. hundert Leute, die gegen irgendetwas protestieren. Die Demo ist nicht genehmigt – also
löst sie auf und nehmt die Leute notfalls in Gewahrsam. Ich schicke euch Unterstützung.“
Am Union Square angekommen beobachtete Ken ca. 250 Menschen, die den beliebten Platz kurzerhand zur „Fressmeile“ umfunktioniert
hatten. Er konnte seinen Augen kaum trauen. Da saßen junge Menschen auf Klappstühlen und Tischen und aßen Frühstück. Der Platz war
übersäht von buntem Mobiliar, auf dem sich Becher, Teller und natürlich reichlich Essbares befanden. „Was macht ihr hier“ fragte Ken.
„Na was wohl, wir frühstücken hier. Der Platz ist doch für alle da!“ bekam er zur Antwort. Die Menschen unterhielten sich, aßen und genossen
diese außergewöhnliche Zusammenkunft. Es war ein friedliches Bild, das sich vor Kens Augen abspielte. Er konnte dieser Aktion zwar nichts
abgewinnen, fand aber auch keinen Grund polizeilich tätig zu werden, da diese Aktion nach Kens Einschätzung keine klassische Demonstration war. Das änderte sich jedoch mit dem Eintreffen von weiteren Polizeieinheiten und privatem Sicherheitspersonal. Als es zu ersten Rangeleien kam verwies das Sicherheitspersonal auf die Hausordnung des Platzes und die damit verbundenen Verhaltensvorschriften. Da diese von
der Menge nicht eingehalten wurden, durften die Demonstranten auch mit Gewalt „entfernt“ werden.
Erst jetzt wurde Ken klar, dass es sich hier nicht um einen öffentlichen Platz im traditionellen Sinne handelte, sondern dass dieser Platz von
C&N Foods Inc., einem internationalem Konzern, betrieben wurde. Das Unternehmen kümmerte sich um die Planung des Platzes, übernimmt
die anfallenden Unterhaltskosten und beschäftigt zudem noch privates Sicherheitspersonal. Sie waren es also, die durch die Hausordnung
festlegten, wer diesen Platz nutzen darf. Sie waren es, die festlegten zu welchem Zweck ein Platz Betreten werden darf und sie waren es
letzten Endes auch, die durchsetzten, dass diese Menschen schnellstmöglichst verschwinden sollten. Eine Demo, auf der fettige Speisen von
Otto Normalverbraucher zum Frühstück gegessen werden, passt nicht ins Image einer Firma, die Diät- und Ökoprodukte für Sportler und
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Ein besonderes Merkmal des „Neuen Öffentlichen Raumes“
stellen die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen dar. Durch
den massenhaften Einsatz von Überwachungskameras soll
dem Bürger ein Gefühl von Sicherheit vermittelt werden
und dazu beitragen Täter schneller zu ermitteln. In anglophonen Ländern ist diese Videoüberwachung als CCTV
bekannt. (Closed Circuit Television) Aktuelle Zahlen belegen, dass Straftaten in überwachten Bereichen tatsächlich
zurückgegangen sind. Jedoch bieten Kameras oft auch
eine trügerische Sicherheit.
Bestandteil des neuen öffentlichen Raumes sind spontane
oder temporäre Aktionen, in denen der öffentliche Raum
von Menschen zu einem bestimmten Zweck in Anspruch
genommen wird, und eventuell einer neuen Bestimmung
zugeführt wird. Diese Aktionen sind als friedlicher Protest
gegen gesellschaftliche Strukturen oder Besitzansprüche
gemeint. Viele dieser Aktionen laufen illegal ab, wovon
sich die Organisatoren eine größere Aufmerksamkeit
versprechen.
PPP ist die Abkürzung für Private Public Partnership. Mittels
PPP kann privates Kapital hergenommen werden um
damit öffentliche Plätze zu gestalten und zu unterhalten.
Hierbei handelt es sich dann um PIPS.
(Privately owned Public Space). Das dabei auch Rechte an
die Investoren abgegeben werden, wird dabei gerne verheimlicht. Die Investoren haben eine Plattform gefunden,
um sich öffentlich zu präsentieren und zu vermarkten. Ein
attraktiver Platz soll mit einem attraktiven Unternehmen
verbunden werden.
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Essay // The New Public Space
Verfasser // Marion Bader / Anja Dietrich / Florian Hanusch / Christina Schubert
Leistungsträger der Gesellschaft herstellt…
Ken erinnerte sich an diese Problematik. Erst letzte Woche wurden sie zu einer Einkaufspassage unweit des Union Square gerufen. Auch dort
mussten sie einen „unliebsam gewordenen Gast“ des Platzes verweisen, weil sich Kunden von dem Obdachlosen belästigt fühlten. Das zumindest war die offizielle Version des Verkaufsmanagers, der stets darauf bedacht war, seiner Einkaufsmeile das Image vom trendigen Einkaufen
in entspannter Atmosphäre aufzusetzen. Von Außen betrachtet ließ sich dieses Bild sicherlich gut vermitteln. Schließlich war die Passage
nicht nur bekannt für ihre exklusiven Geschäfte, sondern auch für die attraktive Innengestaltung, die Palmen, Wasserspiele und Marmorvertäfelungen aufweisen konnte. Der Obdachlose hatte schon mehrmals Hausverbot erteilt bekommen, war aber auf Grund des gut laufenden
Geschäfts der Bettelei immer wieder in die Passage zurückgekehrt. „Er sei äußerst brutal vom Sicherheitsdienst behandelt worden“, gab der
Obdachlose später zu Protokoll. Während das Sicherheitspersonal in der Passage, umgeben von den Kunden, ihn übertrieben korrekt behandelt hätte, seien sie außerhalb der Öffentlichkeit umso aggressiver gegen ihn vorgegangen.
Die Thematik der Überwachungskameras sollte Ken an diesem Tage nicht loslassen. Noch am Union Square erhielt er einen Funkspruch, einen
jungen Mann mit einem roten Halstuch festzunehmen, der sich in Kens unmittelbarer Nähe befand. „Der Mann heißt John Silver, ist 35, mehrfach vorbestraft und wird zur Zeit wegen schwerer Körperverletzung gesucht“ ertönte es aus Kens Funkgerät. „85/17, seit auch vorsichtig bei
der Festnahme, der Mann hat Hepatitis A und C und trägt auch meist eine geladene Magnum C4 mit sich herum.“ Durch die präzise Informationslage war es Ken nun möglich gewesen, die Verhaftung genauer zu planen, indem er Verstärkung anforderte und versuchte den Mann nur
mit Handschuhen zu berühren.
Ähnliches gilt für Einkaufspassagen und Shopping Center.
Nicht alle Kunden sind gleich. Durch Hausordnungen, Zugangsberechtigungen und Verhaltensvorschriften soll die
Bevölkerung gefiltert werden, so dass nur der kaufkräftige
Teil der Bürger in den Genuss des Zugangs kommt.
Neuartige Typen von Überwachungskameras, sind nicht
nur aufs Aufzeichnen von Bildern programmiert, sondern
können zudem anhand von physischen Gesichtszügen
Menschen erkennen. Durch einen digitalen Scan können
so vorher registrierte Straftäter erkannt und deren Daten
für Polizei und Justiz zeitgleich sichtbar gemacht werden.
Doch es sollte ganz anders kommen als geplant. Nachdem der Mann gewaltsam überwältigt und unter den Augen der grölenden Menge in
Handschellen abgeführt wurde stellte sich heraus, dass es sich um eine Verwechslung handelte. Der Mann war weder vorbestraft, noch war er
gewalttätig oder krank. All die Informationen, die zur Verhaftung führten stammten von einer Überwachungskamera mit Scanfunktion. Leider
konnte diese aber nicht Gesichtszüge eindeutig identifizieren. Bei dem Verdächtigen handelte es sich um den Zwillingsbruder des Gesuchten!
„ Es ist schon eine schwierige Situation“ dachte sich Ken. Einerseits schreien die Bürger und die Politik nach einer sicheren Stadt. Sie wollen
überwachte Plätze und Parks, wollen dass es Polizisten und Sicherheitspersonal gibt, die nach Recht und Ordnung schauen. Sie wollen nachts
alleine rumlaufen, ohne Opfer von Gewalt zu werden und sich immer und überall frei bewegen. Sie möchten sich nicht gestört fühlen von
Menschen, die mit grünen Haaren herumlaufen oder in der Nacht Lärm veranstalten. Andererseits gibt es dann aber auch wieder Aufschreie,
wenn man versucht genau das umzusetzen. Dann ist der Ruf nach Freiheit groß, dann sind Bürgerrechtler und Aktivisten zur Stelle, die den
Untergang des Rechtsstaates prophezeien und die totale Überwachung sehen. Und wir Polizisten sind dann die bösen Vollstrecker.
In der Mittagspause warf Ken den obligatorischen Blick in die London Times. Beim schnellen Überfliegen der Schlagzeilen des Tages, sprang
Ken ein Foto ins Auge. Das Foto seines geschätzten Freundes Mike McMegg. Sie hatten gemeinsam die Schule besucht. Für Ken war es immer
klar gewesen Polizist zu werden, Mike jedoch zog es vor Landschaftsarchitektur zu studieren, dass laut seinen Worten „nur noch vom Beruf
des Papstes übertroffen werden könnte.“ Mike hatte vielen Aufträge von der Stadt London erhalten. Unter anderem war er damit beschäftigt,
öffentliche Plätze durch Mittel der Landschaftsarchitektur sicherer zu gestalten. Orte, an denen Gewalt oder Vandalismus herrschten, versuchte er mehr Übersicht und Einblick zu geben, indem er beispielsweise nicht einsehbare Räume einfach auflöste. Auch setzte er verstärkt
auf transparente Materialen wie Glas oder Bäume als Raumtrenner, und nicht auf Mauern, wie sie gerne seine Kollegen aus der Architektur
verwendeten.
Die Zugänglichkeit des öffentlichen Raumes der Stadt
besteht aus einer Balance zwischen Anonymität und sozialer Kontrolle, zwischen Sicherheit und Verunsicherung,
zwischen Vertrautem und Fremden, zwischen Gleichheit
und Differenz. Nur so kann öffentlicher Raum auf Dauer
funktionieren
Sicherheit kann auch durch bauliche Maßnahmen erzeugt
werden, was unter dem Begriff „Defensible Space“ bekannt
ist.
Der Artikel handelte von Mikes Bemühen einen „Green Belt“, einen Grünzug durch London zu legen, in dessen Zentrum der Hyde Park liegen
sollte. Zu gerne hätte Ken den Artikel seines Freundes gelesen. Aufgrund der abgelaufenen Mittagspause beschloss Ken kurzerhand Mike
anzurufen um sich am Abend mit seinem alten Freund in gemütlicher Atmosphäre zu treffen und sich auszutauschen.
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Essay // The New Public Space
Verfasser // Marion Bader / Anja Dietrich / Florian Hanusch / Christina Schubert
Nach Dienstschluss machte sich Ken auf den Weg ins Irish Pub in der Livingston Street. Wie schon am Morgen war Ken auch jetzt auf die
öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen, die zu dieser Uhrzeit aus allen Nähten platzten. Er hasste diese Art der Fortbewegung: Die Enge, die
vielen Menschen, der Geruch. Er mochte es nicht an irgendwelche fremden Menschen zu stoßen und das Gefühl wenn sich seine Blicke mit
denen der anderen trafen. Doch einen Vorteil hatte das Ganze. Er wäre in Sicherheit, wenn ihn jemand anpöbeln oder gar verletzten wollte
– schließlich wären genügend Fahrgäste da, die ihm hilfreich zur Seite stehen würden. Zudem waren ja in den Waggons der U-Bahn Aufkleber
angebracht, die dazu ermutigten Gewalt und anti-social behaviour zu melden. Sogar eine Telefonnummer war angegeben.
Doch nicht er, sondern ein anderer Fahrgast sollte an diesem Abend Opfer von Gewalt werden. Kurz vor der nächsten Haltestelle wurde Ken
Zeuge, wie drei Jugendliche einen farbigen Einwanderer beschimpften, auf ihn spukten und ihm schließlich einen Stoss in die Magengrube
verpassten. Durch die versammelte Menge hindurch schaffte es Ken nicht, die Täter zu stellen. Sie flüchteten an der nächsten Station und
ließen einen physisch und psychisch verletzten Mann im Waggon zurück.
„Warum tut den keiner was“ brüllte Ken in die Menge. „Ihr könnt doch eingreifen“ schrie Ken zwei Männer an, die unmittelbar neben dem
Immigranten standen. Aber die Ausreden waren ernüchternd. „Was hab ich damit zu tun?“ oder „Ich dachte die anderen greifen ein.“ bekam
Ken zur Antwort. Andere argumentierten, dass die Sicherheitskameras die Täter schon ermitteln würden. Schließlich sei doch alles überwacht
und abgesichert.
Aber Ken kannte das. Als Polizist war er oft genug mit so einem Verhalten konfrontiert. Natürlich gab es auch die anderen – die Guten, die
nicht mit Scheuklappen vor den Augen durchs Leben gehen, sondern Verantwortung zeigen, wenn es gilt jemandem zu helfen. Zu solchen
Leuten zählte er auch seinen Freund Mike, der im Pub schon auf ihn wartete. Interessiert ließ sich Ken von den Planungen des Green Belts
und seiner momentanen Arbeit berichten. „Es ist sehr schwierig geworden, die Freiflächen Londons als Grüngürtel miteinander zu verbinden“
ließ Mike wissen. „Ein Großteil der Flächen ist im Rahmen des Private Public Partnership im Besitz von Unternehmen. Die wollen sich nicht an
unseren Planungen beteiligen, sondern ihr eigenes Ding durchziehen. Die Stadt London hatte beschlossen 50 Prozent der innerstädtischen
Freiflächen an Investoren zu vergeben, da weder Geld für Neuplanungen noch für Unterhalt zur Verfügung stand. Und jetzt ist die Stadt nicht
mehr handlungsfähig, weil mit dem Private Public Partnership auch ein Teil der Rechte an die Investoren übertragen wurde. Und so viele Parteien unter einen Nenner zu bringen ist fast unmöglich.“
Aber Mike wusste auch Positives zu berichten. Während er die letzten Jahre Personal entlassen musste, freute er sich jetzt über gut gefüllte
Auftragsbücher, was er unter anderem auch dem PPP im öffentlichen Raum zu verdanken hat. „Letzten Monat konnte ich ein Projekt für eine
japanische Firma in der City abschließen. Die Vorgabe war einen Platz nach original asiatischem Vorbild zu gestalten. Dabei ging’s um viele
Details und Kleinigkeiten, damit der Platz authentisch wirkt. 2,5 Millionen Euro hat das Ganze gekostet. Mein teuerster, aufwendigster, aber
auch schönster Platz!“
Nachdem Mike andächtig den Ausführungen seines Freundes gelauscht hatte, wurde im klar den falschen Beruf ergriffen zu haben. Noch
am selben Abend konnte man Ken am Schreibtisch sitzen – und seine Kündigung bei der Polizei schreiben sehen. Mike hatte Recht. – Es ist
ein schöner Beruf – und nichts in der Welt sollte ihn daran hindern, seinen Gefühlen zu folgen und die Plätze und Grünflächen dieser Welt zu
gestalten. Zum ersten Mal im Leben fühlte Ken sich frei. Zum ersten Mal im Leben war er richtig stolz auf sich. Er wusste, dass er das Richtige
tat. Der Tag, der so wunderlich begann sollte sein Leben verändern. Es war der Tag von Kens Wiedergeburt, von Kens Erleuchtung. Mit Engel
und Trompeten, mit dem Fanfahren des Himmels, unter Jauchzen und Hochleben himmlischer Chöre, unter brennender Ekstase und mit
zitternden und schweißgebadeten Händen setzte Ken die Unterschrift unter seine Kündigung. Es war vollbracht! Er hatte es tatsächlich getan.
Dem Weg in ein beglückendes Leben als Landschaftsarchitekt stand nun nichts mehr im Wege.
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Der Begriff anti-social behaviour beschreibt intolerantes
Verhalten in der Öffentlichkeit. Gemeint sind damit
Verstöße gegen Anstand, Sitten und Gesetzte, die die Ordnung im Alltag stören. Die Bandbreite reicht vom lauten
Musikhören, über Graffiti sprühen bis hin zu Vandalismus
und Pöbeleien. Durch Aufklärungs-Kampagnen soll die
Öffentlichkeit sensibilisiert werden, anti-social behaviour
nicht als gegeben hinzunehmen, sondern helfen asoziales
Verhalten zu unterbinden. Dabei soll der einzelne Bürger
beobachtete Verstöße melden, die Täter über ihr Verhalten
und die Konsequenzen aufklären oder die Stadtverwaltungen in ihrem Anliegen unterstützen, höhere Bußgelder
und Strafen für Täter einzuführen. Letztlich ist das Ziel die
Zivilcourage der Bürger und damit das der Sicherheit im
öffentlichen Raum zu erhöhen.
Durch zunehmende (Teil)Privatisierungen öffentlicher
Gebiete wird auch ein Stück der Planungshoheit von Städten und Gemeinden aufgehoben. Ziel sollte es sein, ein
gesundes Gleichgewicht zwischen öffentlicher und privater Hand herzustellen, damit sich einerseits die Qualität
öffentlicher Räume verbessern kann und andererseits aber
auch die Handlungsfähigkeit des Staates gegeben ist.
PPP kann auch im Bereich der Landschaftsarchitektur eine
Chance sein, da Entwurfsplanungen ausgefallener sein
und mit höherem finanziellem Budget ermöglicht werden
können.
Landschaftsarchitektur ist und bleibt ein äußerst beliebter
Studiengang.
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Essay // The New Public Space
Verfasser // Marion Bader / Anja Dietrich / Florian Hanusch / Christina Schubert
Quellen
Haydn, Florian 2006: Temporäre Räume – Konzepte zur Stadtnutzung. Birkhäuser Verlag, Basel
Schubert, Herbert 2000: Städtischer Raum und Verhalten. Zu einer integrierten Theorie des öffentlichen Raumes. Leske+Budrich Verlag,
Opladen
Pegels, Juliane 2004: Privately Owned Public Space. Fakultät für Architektur der RWTH Aachen, Aachen
Prahl, Sigrun 1998: Der öffentliche Raum der Stadt. Fakultät für Architektur der Bauhaus Universität Weimar, Weimar
Koll-Schretzenmayr 2002: Die Stadt: Kulisse der Erlebnisgesellschaft oder urbane Erlebnislandschaft? In DISP 150 in http://www.nsl.ethz.ch/index.php/de/content/view/full/405
o.A. 2004: Anti-social Behaviour: Policy and Procedure. Code of guidance for local housing authorities and housing action trust. Office of the
Deputy Prime Minister, London
o.A. 2007: Types of anti-social behavior in http://www.respect.gov.uk/article.aspx?id=9068
Norris, Clive 2003: CCTV in London. In http://www.urbaneye.net/results/ue_wp6.pdf
Siebel, Walter 2003: Öffentlichkeit und Privatheit in der überwachten Stadt. In: DISP 153, S. 4-12 in http://www.nsl.ethz.ch/index.php/de/content/view/full/169/
Ronneberger, Klaus 2001: Urbane Kontrollstrategien im Postfordismus. In Thabe, Sabine (Hg.): Raum und Sicherheit. Dortmunder Beiträge zur
Raumplanung, Band 106. S. 174-192, Dortmund
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Essay // Themenstadt
Verfasser // Maya Gil / Anna Yavorska / Claudia Pfeifer
Einleitung
Die heutige Zeit ist durch zunehmende Globalisierung und eine hohe Mobilität der Gesellschaft gekennzeichnet. Die wirtschaftliche Situation
ist von starken Veränderungen geprägt. Aus dieser weltweit ähnlichen Lage heraus ergibt sich ein Bemühen von Städten und Regionen, besondere Alleinstellungsmerkmale zu finden und sichtbar zu machen. Städte wollen sich aus der grauen Masse hervorheben und ihre Zukunft
positiv beeinflussen. Die Einwohner der Metropolen sollen neuen Stolz auf diese entwickeln. Nach außen hin werden die Städte für Touristen,
bestimmte Industrien und Wissenschaft und Forschung interessant.
Um diese Alleinstellungsmerkmale erkennbar zu machen, investieren Städte und Regionen in herausragende Leuchtturmprojekte oder stellen
ihre Stadt unter ein spannendes Thema.
Städte stehen zunehmend in Konkurrenz zu anderen Städten und versuchen sich durch die Entwicklung einer ‚Marke’ international zu verkaufen. Dieses ‚city branding’ verleiht Anerkennung und Aufmerksamkeit und dient der Werbung. Ein klares Image der Stadt ist das angestrebte
Ziel dieses Bemühens. Dubai gilt als modernes Beispiel für gelungenes City Branding. Der Name Dubai ruft sofort Bilder modernster Architektur in uns hervor, genau wie die Marke Levis eindeutig mit Jeans verbunden wird.
Leuchtturmprojekte
Leuchttürme sind Landmarks. Sie sind weithin sichtbar und dienen als Orientierungshilfe. Durch ihre Größe ragen die Leuchttürme aus ihrer
Umgebung heraus und heben sich von der grauen Masse ab.
Leuchtturmprojekte haben ähnliche Eigenschaften. Sie machen Größe und bedeutende menschliche und technische Leistungen (Beispiel:
Transrapid, The Gherkin) sichtbar und symbolisieren Innovation und finanzielle Größe. Leuchtturmprojekte haben eine enorme Prägekraft auf
die nähere Umgebung und können die Identifikation der Bevölkerung mit der Stadt oder einem Stadtteil stark erhöhen. Derartige Projekte
fördern den Stolz der Menschen auf ein Gebiet (Beispiel: Kölner Dom) und können bedeutende Vorbilder sein. Das Image einer Stadt kann
extrem aufgebessert werden und überregionale Beachtung und Anerkennung können erreicht werden. Die daraus hervorgehende Prestigeerhöhung hat in der Regel positive Folgen für eine Metropole.
In manchen Fällen wirken sich Leuchtturmprojekte allerdings negativ auf Städte aus. Isoliert im Stadtraum stehende Leuchtturmprojekte,
sogenannte ‚Dinosaurier’, haben zuweilen schlechte Verbindungen zur Umgebung und führen zu einer Vielzahl von Problemen. Wenn ein
Leuchtturmprojekt sehr bekannt ist und Touristen nur auf Grund dieses einen Projektes in eine Stadt kommen, dann verschwindet die restliche Stadt im Schatten dieses Projektes. Probleme könne auch entstehen, wenn ein Leuchtturmprojekt alt wird und eine moderne Stadt damit
zurecht kommen muss und sich neu definieren muss. Es stellt sich die Frage, ob man mit der Vergangenheit kooperiert oder mit ihr bricht
(Beispiel: Granada).
Aber wo lässt sich die Grenze zwischen Events und Leuchtturmprojekten ziehen? Sind Messen, Gartenbauausstellungen und Olympiaden
mit all ihren Einrichtungen und Bauten Leuchtturmprojekte? Was passiert mit ihnen und wie werden sie verändert, wenn das jeweilige Event
vorbei ist?
In Sydney blieb die Assoziation auch nach den Spielen erhalten. Atlanta in Georgia (USA) erhielt durch die Olympischen Spiele 1996 einen
enormen Aufschwung. Seit November 2005 versucht die Stadt mit dem Slogan ‚Every Day is an Opening Day’ für sich zu werben und die Erinnerung der Weltöffentlichkeit an die Spiele in Atlanta zum City Branding weiter zu nutzen. Hinter dem Slogan steht das Thema ‚Opportunity,
Optimism, and Openness’. Aus dem Leuchtturmprojekt der Olympischen Spiele heraus entwickelte die Stadt Atlanta ein Thema zur Vermarktung der Metropole. Die Ziele dieser Markenbildung sind den bereits Genannten ähnlich. Man hat begonnen, dieses Image mit einem Song
und kleinen Werbegeschenken in das Bewusstsein der Bevölkerung zu rufen. Langsam kann sich allerdings daraus weit mehr entwickeln. Die
Kampagne soll alle bestehenden Projekte auf einen Nenner bringen und die Stadt unter einem Motto zusammenführen. In Zukunft können
konkrete Freiraumprojekte und Events an dieser Vorarbeit anknüpfen.
Landesgartenschauen werden allerdings meist stark verändert und als Parks der Öffentlichkeit zugänglich (Beispiel: Westpark in München,
1983).
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Essay // Themenstadt
Verfasser // Maya Gil / Anna Yavorska / Claudia Pfeifer
Themenstadt
Ziele von Themengebung
Primäres Ziel einer Themenstadt ist es, sich von anderen Städten abzuheben. Im Gegensatz zu Leuchtturmprojekten bezieht sich ein Thema
oder Motto allerdings auf die ganze Stadt oder einen größeren Stadtteil.
Themenstellungen haben nach innen und nach außen verschiedene Wirkungen. Auf der einen Seite erhöht sich die Identifikation der Bewohner mit der Stadt und es entwickelt sich ein notwendiger Stolz auf diese. Die Lebensqualität wird ebenfalls erhöht. Nach außen hin wird durch
ein bestimmtes Motto der Tourismus gefördert und der Standort für spezielle Industrien interessanter. Das Thema einer Stadt oder Region
bringt Aufmerksamkeit und internationale Anerkennung.
Thementypologie
Themen können nach Grabow wirtschaftlicher, kultureller, geschichtlicher oder räumlicher Natur sein. Im Absatz 2.3 werden Beispiele für diese
Typologie diskutiert.
Es ist dagegen auch festzustellen, dass Themen aus der Geschichte hervorgehen können und in einem gewissen Zusammenhang zu ihr stehen (Beispiel: Rom – The Eternal City und Pittsburgh die Steal City).
Allerdings gibt es auch Beispiele, in denen Städte sich komplett neu erfunden haben und in keiner sichtbaren Beziehung zu ihrer Geschichte
stehen. Das kann auf der Tatsache beruhen, dass es keine außergewöhnlichen topographischen oder geschichtlichen Themen gibt. Es wurde
allerdings auch ein völlig neues Bild für eine Stadt entwickelt und umgesetzt, um ein trashiges Image aus der Vergangenheit zu überspielen.
Holon (Israel) zum Beispiel galt jahrlang als gefährliche Drogenstadt mit vielen Kriminellen. Das neue Thema ‚Kinder’ soll der Stadt einen besseren Ruf verleihen und das Image entscheidend aufbessern.
Themen können Städten von oben herab im sogenannten top-down-Ansatz aufgesetzt werden. Dies ist zum Beispiel im israelischen Holon
geschehen. Die Gegenbewegung dazu ist die Zurückeroberung der Stadträume durch die Bevölkerung. In Los Angeles zum Beispiel wenden
sich Straßenkünstler gegen die rein rational funktionierende Stadt. Ihre Ausdrucksform ist Street Art, die einigen Stadtteilen ein charakteristisches Image verleiht, das durchaus als Thema gesehen werden kann. Der eher emotional geprägte buttom-up-Ansatz der Street Art kämpft
gegen das City Branding der funktionalen Stadt an. Aus der modernen Anonymität der großen Städte heraus entsteht das Bedürfnis der
Bevölkerung, sich mit ihrer Umgebung wieder identifizieren zu können.
‚Today it is especially brand environments that offer a new perception and usage of the city. They refer to a subconscious discomfort with an
entirely rational and control city.’ (Borries, 2004)
Mit Graffiti werden Stadtteile als Reviere abgesteckt und sichtbar gemacht. Street Art markiert den Einfluss- und Aktionsbereich von Gangs
und Avantgardegruppen, die den Freiraum der Städte intensiv nutzen und prägen. Sie ist ein Indikator für verstecktes kreatives Potential in
urbanen Hotspots. Das Muster ist immer ähnlich: Die Segregation innerhalb der Gesellschaft führt zu Kolonien an Pendlergürteln und Gates
Communities der Wohlhabenden in den Randbereichen der Städte. In den Innenstädten sammeln sich Studenten, Künstler, Yuppies und
Squatters. Das Bild wandelt sich von einer von Arbeiterschaft geprägten Innenstadt zur einem lebendigen Mittelklasseimage, wie zum Beispiel
in New Yorks East Village, Londons East Village und Berlins Prenzlauer Berg.
Während Street Art als Indikator für Kriminalität und zero-tolerance politics gesehen wird, erscheint es paradox, dass dieselbe Kunstform von
der Regierung eingesetzt wird. Diese sogenannte ‚gute’ Street Art wird dazu benutzt, die Stadt als ereignisvoll, vibrierend und kulturell lebendig zu vermarkten. Sie wird plötzlich zu einem wertvollen Teil urbaner Kultur.
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Diskussion an Beispielen
Holon – Die Kinderstadt in Israel
Holon zählt zu den Städten, die eine der besten Branding Prozesse durchlaufen ist. Die Stadt, die früher hauptsächlich mit Kriminalität,
Friedhöfen und Zuhältern assoziiert wurde zeigt heute das Bild einer Kulturstadt. Holon ist dominiert von Festivals, Galerien und besonderen
kulturellen Institutionen.
Holon verlor in der Vergangenheit auf Grund seiner Probleme junge Familien, die in der kriminellen Stadt keine Zukunft für sich sahen. Die
Bevölkerung veralterte zusehends und dringendes Handeln in Form einer Imageaufwertung war notwendig. Da die Stadt keine besonderen
Merkmale (geschichtlich, topographisch) hatte, musste etwas Neues als Thema entwickelt werden. Man entschied sich, gegen die schlechte
Geschichte der Stadt zu wirken und es bestand der Wunsch, eine neue Nische in Richtung Kultur und mit einem Schwerpunkt auf Kinder zu
finden. Dies war in der Vergangenheit Israel noch nicht zu finden und verlieh der Stadt Einzigartigkeit.
Dabei reicht es nicht, ein Museum oder einen Garten zu öffnen um ein Image zu verändern.
In Holon gibt es eine Kombination aus einer wörtlichen Botschaft (Slogan: Holon - Stadt der Kinder, Holon- groß für Kinder) und eigenen Institutionen und regelmäßigen Veranstaltungen besonders für Kinder. Es finden ständig vielfältige Projekte statt:
1. Das Kindermuseum (2000, Theater, Bibliothek, Drama schule)
2. Märchengärten
3. ,in Augen Höhe’ Zentrum
4. Wissenschaftsmuseum für Kinder
5. Stadteingang
Diese Projekte wandelten die Stadt in einen Ort, auf den die Einwohner stolz sind und der gleichzeitig eine Attraktion für Besucher aus ganz
Israel ist. Die Bekanntheit Holons im ganzen Land ist besonders bei Familien mit Kindern entscheidend gestiegen.
Eine Befragung zeigt, dass der Befriedigungsgrad der Einwohner gestiegen ist (69% 2001, 77% 2006) und dass die Einwohner sich mit der
Stadt und ihren Parks jetzt stärker identifizieren.
Die Erhöhung in Immobilenpreise in den letzten Jahren um 5-10% kann als gutes Zeichen gesehen werden und ist ein Indikator der laufenden
Veränderungen in der Stadt.
Das Ziel bei dem Branding von Holon war nicht, die Stadt selber zu ändern. Die Einwohner waren auch vor dreizehn Jahren schon zufrieden
mit dem Stand der Ausbildungsmöglichkeiten und den Services in Holon. Das Hauptproblem war aber der schlechte Ruf, der positive Entwicklungen blockierte. Dieses Problem wurde durch diese Maßnahmen gelöst. Das intensive Hinzuziehen der Medien zum Marketing (Journalisten, Zeitungen) ist nach wie vor ein wichtiges Werkzeug zum Erreichen der vorgesteckten Ziele.
Chicago- The Greenest City in America
Über viele Jahre hinweg war Chicago unter anderem unter den Namen ,windy city’ ,second city’ und ,City of broad shoulders’ bekannt. Das
negative Image von Chicago als graue Industriestadt mit unzählbaren Umweltschäden bestimmte ihr internationales Ansehen. Man hatte
jahrelang Gewinn vor Umweltschutz gestellt und die Stadt auf einem Moor gebaut. Der existierende Fluss wurde zu einem öffentlichen Abwasserkanal umgewandelt.
Es war klar, dass Chicago eine starke Imageänderung brauchte und man entschied sich, gegen den bestehenden negativen Mythos zu handeln und Chicago mit Hilfe von ‚Grün’ zu vermarkten. Anstatt den Weg anderer Industriestädte zu folgen, entschied sich der Bürgermeister von
Chicago im Jahr 1989, Tausende von Bäumen zu pflanzen, um die Stadt aus ihrer postindustriellen Asche zu heben.
Dies war der Anfang einer umfassenden Reformation der Stadt, die einige wichtige Projekte im Sinne von ‚Green Strategies’ beinhaltete:
Das Projekt ‚Grüne Dächer’ hat als Zeichen für den Wandel zur ‚grünen Stadt’ auf dem Dach von Chicagos Rathaus angefangen und sich weiter
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zu vielen anderen öffentlichen und privaten Gebäuden Chicagos ausgebreitet. Die entstandenen urbanen Oasen in Form von Gärten auf den
Dächern der Stadt, sparen Abkühlungskosten im Sommer und bieten umwerfende Treffplätze an.
Der im Sommer 2004 eröffnete Millennium Park stellt rund zehn Hektar üppiges Grün im Herzen der Innenstadt für die Bevölkerung zur
Verfügung. Der Park bietet der Öffentlichkeit alles von interaktiver Kunst, Eislaufmöglichkeiten, Restaurants unter freiem Himmel, bis hin zu
klassischer Musik. Das Herzstück des Parks ist der von Frank Gehry entworfene Jay Pritzker Pavillon. Konzipiert als Aufführungsort für Freilichtkonzerte, beeindruckt der Pavillon mit einem Überbau aus Edelstahlbändern, die den Eindruck erwecken, sich im Wind zu wiegen, sowie
einem Spalier aus kreuz und quer verlaufenden Stahlrohren.
Eine ‚Grüne Stadt’ zu sein heißt aber nicht nur, viele Bäume zu pflanzen und viele Parks zu haben. In Chicago ist das Geschäft mit der Umwelt
so bedeutend wie die Beziehung zwischen den Einwohnern und der Umwelt. Im Zuge der laufenden Projekte wurden vielfältige Umweltrichtlinien ausgearbeitet, welche die Beteiligung von Regierung, Designern, Planern, Wissenschaftlern, Politikern, Bürgerorganisationen und
Kulturfiguren an der Umweltproblematik festlegen. Es wurden in den letzten Jahren mit Hilfe dieser Institutionen 7300 ha Parkland, 552 Parks,
33 Strande, 16 historische Lagunen und zehn Vogel- und Wildtierparks in Stand gesetzt. Des Weiteren gibt es neun Museen, zwei WeltklasseKonservatorien und eine aktive Eventabteilung.
Die Industrie ist an dem neuen Konzept stark beteiligt. Das heißt zum Beispiel, dass es in Chicago zurzeit ein Zentrum von grüner Herstellungstechnik und Design gibt, welches sich um einen grünen Korridor konzentriert. Die in diesem Gebiet angesiedelten Firmen sind verpflichtet, strenge Umweltgesetzte zu befolgen.
Es ist jetzt schon klar ablesbar, dass sich die Entscheidung Chicagos für ein neues Image gelohnt hat. Die Stadt erfährt seit sieben Jahren einen
starken Aufschwung im Bau neuer Gebäude, der nicht aufzuhören scheint.
Rom – The Eternal City
Rom ist eine Stadt in der es viele Mythen, Gedichte und Erzählungen gibt. Schon in der Antike war man von der Besonderheit der Stadt Rom
überzeugt. Im Mittelalter entwickelte sich daraus ein richtiger Rom-Mythos.
Rom wurde als ,ewige Stadt’ bezeichnet. Aus historischen Gründen steht die Stadt unter diesem Thema, welches nicht genug Platz für die
weitere Entwicklung der Stadt lässt.
Die Erneuerung der Stadt stellt die Römer im Alltag oft vor große Probleme. Schon der Bau einer großen Tiefgarage im Jahr 2000 in einen
Tuffhügel am Petersplatz war umstritten, weil die Zerstörung archäologischer Reste befürchtet wurde. Aus demselben Grund wurde die immer
noch dringend benötigte dritte Metro-Linie bis heute nicht gebaut. Die großen Bauten des 20. Jahrhunderts wurden fast alle in den Außenvierteln errichtet. Dort befinden sich auch die Sehenswürdigkeiten des modernen Roms (zum Beispiel die Bauwerke für die Olympischen
Sommerspiele von 1960). In der Innenstadt dagegen sind Baumaßnahmen aus denkmalpflegerischen Gründen nur selten erlaubt. Während
im Stadtzentrum die Kirchen aufgrund ihrer Überzahl oft kaum noch zu erhalten sind, fehlten sie in der Umgebung oft völlig.
Es stellt sich also die Frage, in wieweit ein stark auf die Geschichte bezogenes Thema wie dieses die Stadtentwicklung einschränkt. Es scheint
unmöglich und entwicklungshemmend, eine Stadt in einem Entwicklungsstadium einzufrieren, welches nicht besser oder schlechter als das
kommende sein muss.
London – A Brand City
London ist sehr vielschichtig und lässt sich nicht unter nur ein Thema stellen. London umgibt eine Vielzahl von möglichen Themen: International City, Creative City, Global City, Financial City, British Culture City und viele mehr. Es fällt schwer und erscheint nicht vollständig, sich London
nur unter einem dieser Themen vorzustellen.
Aber haben große Städte es überhaupt nötig, sich unter ein Thema zu stellen oder reicht ihr Name, der Mythos einer Großstadt, schon aus,
sich erfolgreich zu verkaufen? In London, Dubai, New York und vielen anderen Metropolen scheint letzteres gut zu funktionieren.
Kleine, noch unbekannte Städte dagegen versuchen mit einem Thema bekannter zu werden und sich von anderen abzuheben. Holon, direkt
neben der Großstadt Tel Aviv gelegen, ist ein gutes Beispiel für diese Strategie.
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LAO // Prof. Regine Keller // Seite // 49
Essay // Themenstadt
Verfasser // Maya Gil / Anna Yavorska / Claudia Pfeifer
Fazit
Man muss die Themenstadt von Mythos sowohl auch von Leuchturmprojekten unterscheiden. Bestimmte Themen die realisiert waren, verbesserten ganz offensichtlich klar die Qualität der Städte auch durch entstehende neue Freiräume (z.B. Chicago, Holon). Es hat sich bewissen, dass
die Themenstadt funktioniert, aber nicht für jede Stadt ratsam ist. Allerdings ist es heute klar zu sehen, dass nur Städte die die Thematisierung
als Prozess sahen, auch geschafft haben, die Stadt wirklich unter einem neuen Namen oder Brand zu verkaufen. Folglich kann ein Thema nicht
nur ein Slogan oder ein Projekt sein. Um das Image zu ändern braucht die Stadt in allen Lebensbereichen Investitionen. Das Thema soll an das
Existierende angepasst sein. Auch die zukünftige Entwicklung soll berücksichtigt werden.
Quellenverzeichnis
Quellen
Borries, Friedrich von: Who’s afraid of Niketown? Urbanism, Branding and the City of Tomorrow. Episode publishers, Rotterdam, 2004.
Grabow, Busso/Henckel, Dietrich/ Hollbach-Grömig, Beate: Weiche Standortfaktoren. Berlin, 1995.
Ronneberger, Klaus; Lanz, Stephan; jahn, Walther: Die Stadt als Beute. Bonn, 1999.
Topos, European Landscape Magazin 58. City Strategies. Callwey München, 2007.
http://de.wikipedia.org/wiki/Rom
http://www.newtopiamagazine.net/content/issue17/features/greencity.php
http://www.holon.muni.il
Projekt L8 // VVVV Vibrant Woolwich Vision East
LAO // Prof. Regine Keller // Seite // 50
Essay // Die Landschaftsarchitektur und das Vergnügen
Verfasser // Patricia Ott / Anke Perplies / Phyllis Sperling
Zu Beginn stellt sich die Frage, was eigentlich ist Vergnügen? Welche Rolle spielt der Begriff Lust? Gibt es einen Unterschied zwischen den
beiden Begriffen? Was wird darunter in verschiedenen Zeiten verstanden und wie definieren wir heute die beiden Begriffe? Wie stehen sie mit
Landschaftsarchitektur im Zusammenhang? Wohin entwickelt sich die Planung im Bezug auf diese Begriffe in Zukunft?
Die Begriffe Lust und Vergnügen 1
Der Begriff Lust besitzt in der deutschen Sprache des 20. Jahrhunderts dreierlei unterschiedliche Bedeutungen: mit ihm kann sowohl das
Verlangen und der dringende Wunsch nach etwas beschrieben werden, als auch sexuelles Verlangen, aber auch Freude und Wohlgefallen.
Letztere Bedeutung lässt sich über den Begriff des Lustgartens mit der Landschaftsarchitektur in Verbindung bringen. Lustgärten waren nach
der direkten Übersetzung der Bezeichnung eben zur Freude und zum Wohlgefallen der Besucher angelegt. Dort wurde lustgewandelt, also
mit einem inneren Behagen spazieren gegangen, welches durch die sorgfältig angelegte Umgebung ausgelöst wurde. Lust im Zusammenhang mit Landschaftsarchitektur bedeutete zu dieser Zeit, einen Garten zu schaffen, der dem Besucher bei seiner Betrachtung ein Gefühl der
Befriedigung und Zufriedenheit verschaffte, da er in diesem die göttliche Ordnung, das verloren gegangene Paradies wieder erkannte bzw.
schauen konnte .2
Zedlers Universallexikon von 1754 beschreibt Lust als etwas, das „des Menschen Glückseligkeit befördert“. 3 Interessant erscheint, dass der
Begriff der Lust sich nicht auf moderne Vergnügungsräume bezieht. Im Zusammenhang mit diversen Vergnügungsparks würde das Wort Lust
nicht benutzt werden, um die Empfindungen beim Besuch eines solchen zu beschreiben. Vielmehr würden Begriffe wie Spaß oder Vergnügen
verwendet werden. Beide dieser Begriffe stehen heute für eine Form des amüsanten, unterhaltsamen Zeitvertreibs. Ein möglicher Grund für
den Wechsel des Begriffs mag sein, dass dem Begriff Lust in unserer heutigen Zeit eine stärkere Bedeutung im sexuellen Sinn zugeordnet wird.
Letztendlich aber haben beide Begriffe, Lust und Vergnügen, das gleiche Ziel: das positive Gefühl beim Besucher auszulösen, nach dem er sich
sehnt. Dies geschieht im Lauf der Geschichte auf unterschiedliche Weise:
Geschichtlicher Abriss
Schon in der Antike waren die Gärten nicht nur dem Anbau von Gemüse und Obst vorbehalten, sie dienten auch dem Lustgewinn. In Pompeji
besaßen die Hofgärten Wasserbecken und Baumpflanzungen, die allein für die Erholung und Repräsentation gedacht waren. Die Gärten der
antiken Herrscher verfügten zudem über zusätzliche Spielereien wie Grotten und Wassertische. Plinius, der Jüngere verschafft in seinen Werken einen guten Überblick über die damaligen Gartenelemente. Seine Schriften waren Vorbild für viele Gartenanlagen späterer Epochen.
Im Mittelalter wandelte sich die Einstellung zu den Gärten wieder. Sie wurden hauptsächlich im klösterlichen und bäuerlichen Umfeld kultiviert. Daher sah man zuvorderst ihren Nutzen. Gartenkunst war höchstens ein Versuch, das Paradies auf Erden abzubilden. Nur auf wenigen,
höfischen Abbildung lassen sich andere Betrachtungsweisen erkennen. Der „Hortus conclusus“ galt in diesen Fällen als Ort der Lust und der
Minne, wo sich Edeldamen und Edelmänner gemeinsam vergnügten, sei es bei einem Bad oder bei Gesang und Tanz.
In der Renaissance erfüllten die Außenanlagen auf der einen Seite den Zweck der Repräsentation, auf der anderen Seite sollten sie gleichzeitig den Parkbesucher erfreuen. Zum Zeichen der Macht wurden großartige Wasserkünste wie Springbrunnen, Kaskaden und sogar einfache
Formen von Wasserautomaten, die Musik spielen konnten beziehungsweise Figuren sich bewegen ließen, im Garten installiert. Zusätzlich erzählten die aufwendigen Figurenprogramme ganze Legenden nach oder erfanden sie neu. So gestaltete sich der Gang durch den Freiraum als
abwechslungsreich. Man betrat den Garten, um sich zu amüsieren. Man konnte im Park wenigstens für einige Zeit seine Sorgen und Probleme
vergessen, denn die Spielereien verschafften Zerstreuung, weil sie sich komplett vom alltäglichen Leben unterschieden. Sie waren etwas
Außergewöhnliches und so konzipiert, dass sie auch nach mehrmaligem Betrachten immer noch Erstaunen auslösen konnten. Denn jedes Mal
konnte man wieder eine neue Facette entdecken, die sich je nach Jahres- und Tageszeit unterschiedlich gestaltete.
In dieser Epoche wurde auch die Perspektive entdeckt, die zuerst in der Malerei eingesetzt und später auch auf die Gartenkunst angewandt
wurde. In der Renaissance galt die Perspektive als göttliche Ordnung, die den Park unterteilte und gliederte. Mittels dieses neuen Gestaltungsprinzips konnte man das Sehen der Gartenbesucher leiten, es auf einen bestimmten Punkt richten und somit wichtigen Gartenelementen eine
Projekt L8 // VVVV Vibrant Woolwich Vision East
1 Vgl. www.dwds.de, www.brockhaus-enzyklopaedie.de
2 Vgl. www.zedler-lexikon.de/index.html, Bd. 18, Blatt 0647
3 www.zedler-lexikon.de/index.html, Bd. 18, Blatt 0640
LAO // Prof. Regine Keller // Seite // 51
Essay // Die Landschaftsarchitektur und das Vergnügen
Verfasser // Patricia Ott / Anke Perplies / Phyllis Sperling
besondere Rolle zukommen lassen, indem man sie betonte.
Später wurde die geometrische Wirkung der Perspektive noch stärker genutzt und ganze Gartenanlagen nach diesem Prinzip aufgebaut, wie
es am Beispiel von Versailles deutlich wird. Die strahlenförmigen Achsen, die an einer bestimmten Stelle zusammenlaufen oder von ihr ausgehen, verleihen diesem Ort eine immense Wichtigkeit. Der Spaziergänger wurde regelrecht dazu aufgefordert sich dorthin zu begeben. Aber
gerade diese Ausgerichtetheit auf die wichtige Stelle ermöglichte es, Überraschungseffekte in die Nebenschauplätze einzubauen. Die Neugier,
die den Besucher vom vorgeschriebenen Wege abkommen ließ und Lust darauf machte, das weniger Offensichtliche zu entdecken und zu
erkunden, ließ den besonderen Reiz der Gärten entstehen.
Im Barock war der Unterhaltungswert des Außenbereichs noch von viel größerer Bedeutung. Der ganze Garten wurde unter anderem als
Theater gesehen, in dem die Spaziergänger als Schausteller mitwirkten. Die intimen Heckenräume ermöglichten immer wieder neue Stücke
und Bühnenbilder. Auf diese Weise wurde sowohl für Abwechslung gesorgt und als auch immer wieder die Chance gegeben, sich von neuem
amüsieren zu lassen. Einige Fürsten besaßen sogar Nachbildungen von Bauernhöfen mitsamt Vieh. Um das Landleben perfekt nachzubilden,
zogen sie sich dorthin zurück und verkleideten sich entsprechend. Man sollte überrascht werden, man sollte sich ergötzen und man sollte sich
der Natur näher fühlen. In den barocken Anlagen waren sogar eigene Orte für bestimmte Tätigkeiten vorgesehen: Boule-Bahnen, chinesische
Teehäuschen zum Karten oder Billard Spielen, Schwimmhäuser und dergleichen. Besonders beliebt waren auch Tiergehege, die sich im Laufe
der Zeit von Jagdarealen in reine zoologische Bereiche entwickelten.
Zusätzlich zum Vergnügen kam in der Zeit des Rokoko auch der durch die Aufklärung geprägte Bildungsgedanke hinzu.
Noch stärker auf die Bildung ausgelegt waren die Gartenanlagen im Englischen oder landschaftlichen Stil. Hier war die Abwechslung von
höchster Bedeutung. Man wandelte regelrecht durch Landschaftsbilder und an jeder Wegbiegung konnte sich der Eindruck von heiter über
traurig zu furchterregend ändern. In dieser Art von Parks wurde mit den Emotionen gespielt. Damit die verschiedensten Gefühle erzeugt
werden konnten, setzte man auf die Wirkung von Spektakeln wie zum Beispiel der Feuer speienden Nachahmung des Vesuvs in Wörlitz.
Exotische Gebäude - Beispiele hierfür sind die Pagode in Kew Gardens, die Pyramide in Muskau oder die Moschee in Schwetzingen - verliehen
dem Garten einen außergewöhnlichen Reiz. Aber nicht allein die Staffagebauten erreichten Atmosphärenwechsel. Hauptsächlich hatte der
gezielte Einsatz von Vegetation und Bodenmodellierung diesen Effekt. Denn durch die Dichte und Art der Gehölze konnten verschiedenste
Empfindungen ausgelöst werden. Der dunkle, geheimnisvolle Eichenwald stand im Gegensatz zu einem lichten, Heiterkeit ausstrahlenden
Ebereschenhain. Auch die Anordnung und Kombination der Pflanzen in Zusammenhang mit der Umgebung hatten großen Einfluss auf die
Gefühle der Parkbesucher. Hierfür spielte der Lichteinfall eine wichtige Rolle, den man durch die Ausrichtung der Gartenelemente und durch
die Laubform der Pflanzen lenken konnte.
Im Zuge der Öffnung der Parkanlagen für die gesamte Bevölkerung entstanden die Volksparks. Sie dienten in erster Linie der sportlichen Betätigung, damit den Menschen in der Stadt die Möglichkeit gegeben werden konnte, etwas für ihre Gesundheit zu tun. So enthielten die Parks
Flächen für Ballspiele. Die meist den Garten umgebende Promenade konnte für die Ausübung des Reitsports genutzt werden. Wassersport
wie zum Beispiel Rudern, Schwimmen und Tretboot Fahren betrieb man in und auf den Seen.
Der Wiener Prater vereint Grundideen eines Volksparks mit denen von Vergnügungs- oder Freizeitparks wie Disneyland. Eine der frühesten
Formen davon findet man auf Coney Island (New York). Ziel war es, in eine andere Welt einzutauchen und den Alltag hinter sich zu lassen, sei
es durch die Fahrt mit einem Karussell, durch das Bestaunen von Artisten und Darstellern oder durch das wohlige Prickeln, dass sich einstellt,
wenn man sich in Gefahr wähnt, jedoch trotzdem weiss, dass nichts passieren kann.
In modernen Freizeitparks zählt auch der kulinarische Aspekt zu den Attraktionen. Je nach Parkbereich kann man im Saloon einkehren oder
wie die Ritter direkt vom Tisch essen. Alles wird zum Event, selbst die alltäglichsten Dinge wie Nahrungsaufnahme und der Besuch der sanitären Anlagen.
Interessant ist, dass ab dem 19. Jahrhundert ein großer Wandel festzustellen ist, auf welche Weise sich die Menschen in Außenanlagen vergnügen.
Zuvor waren die Raumbilder zwar ebenfalls mit fast allen Sinnen erfahrbar, man hat sie jedoch vor allem auf das Visuelle ausgerichtet. Die
Gartenbilder waren so ausgelegt, dass man sie von einer gewissen Entfernung aus betrachtete und aus der harmonischen Komposition ein
Lustgefühl gewann. Da es aber durch die Öffnung der Gärten für eine große Menschmenge nicht mehr möglich war, einzelne Bilder still und
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in Ruhe auf sich wirken zu lassen, ging man dazu über, die Grünflächen so zu konzeptionieren, dass vielen Menschen auf einmal Vergnügen
verschafft werden konnte. Dies wurde durch die körperliche Betätigung, also den Sport in den Gärten erreicht. Die körperliche Betätigung
vermittelte dabei unter anderem das Gegengewicht zur harten Arbeit in den Geschäften und Fabriken, aufgrund dessen man im Garten Vergnügen empfand. Hinzu kommt, dass Sport es außerdem zulässt, auf relativ kleinem Gebiet ungestört voneinander unterschiedlichste Dinge
in größeren Gruppen zu unternehmen, was dem Ansteigen der Menschenmenge in den Gärten entgegenkam.
Diskussion
Der Bezug zwischen Landschaftsarchitektur und dem Begriff der Lust soll nun im Folgenden diskutiert werden.
Bis zur Zeit der Aufklärung waren Gärten, die dem Empfinden von Lust dienten, allein den Adeligen vorbehalten, da diese die Mittel besaßen
derartige Gartenanlagen zu erbauen und zu unterhalten. Da der Garten einem einzigen gehörte, mussten nur die Ansprüche eines einzelnen
erfüllt werden, während es dem einfachen Volk noch nicht erlaubt war, die Gärten zu betreten und sich in ihnen zu ergehen.
Mit dem Aufkommen der Volksparks und der Öffnung der Volksgärten wandelte sich die Nutzergruppe der Gärten und dadurch auch das Lustempfinden. Ab diesem Zeitpunkt, an dem die Gärten für die breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden und es dieser nun auch möglich
war, sich in einem Garten Lust zu verschaffen und sich zu vergnügen, wuchs das Angebot und vor allem die Art des Angebots von Vergnügungen. Da der breiten Volksmasse der geistige, ästhetische Hintergrund fehlte, um durch bloßes Sehen eines wohlgeordneten Gartens und
dem Erkennen der göttlichen Ordnung hinter diesem, ein positives Gefühl zu empfinden, wurden einfachere nutzerbezogene Möglichkeiten
angeboten, die dieses Gefühl erzeugen sollten. Die Volksgärten wurden aufgrund dessen so angelegt, dass in ihnen verschiedene Sportarten
ausgeübt werden konnten. Die Ausübung von Sport machte es der Masse möglich, ebenfalls Glücksgefühle bei der Nutzung einer Gartenanlage zu empfinden und diente gleichzeitig der Berücksichtigung der Bedürfnisse der städtischen Bevölkerung nach Spiel- und Bewegungsraum.
Gesteigert wurde die Lustempfindung über das Körperliche in den Vergnügungsparks, die zuerst in Volksgärten wie dem Wiener Prater und
später auch extern angelegt wurden. Sie hoben durch verschiedenste Attraktionen die Grenzen des menschlichen Körpers auf, versetzten ihn
in scheinbare Gefahr und lösten auf diese Weise Lustempfinden aus. Aber auch durch verschiedene Illusionen wie zum Beispiel dem Illusionstheater oder dem Varieté wurde hier versucht, dem Geist Vergnügen zu bereiten.
Betrachtet man die Entwicklung der Vergnügungsparks lässt sich eine interessante Tendenz im Verhalten der Menschen feststellen. Die
wachsende Bandbreite und die Steigerung der Vergnügungsangebote in den Vergnügungsparks nahm bis in unsere Zeit immer mehr zu. Dies
legt den Schluss nahe, dass die Reizschwelle, um Vergnügen zu empfinden im Laufe der Zeit immer höher wurde. Daraus folgt, dass die in den
Freizeitparks dargebotenen Attraktionen für einige Nutzergruppen immer extremer werden müssen, um die Sucht nach dem ultimativen Kick
befriedigen zu können. Die Attraktionen müssen größer, schneller, höher und riskanter werden, um den Besucher nicht nur beim ersten Mal,
sondern auch noch ein weiteres Mal anzusprechen. Gegenläufig dazu gibt es aber auch jene Bevölkerungsgruppen, die den Kick nicht suchen,
sondern sich nach einem geistigen Lustgewinn aus der Natur und aus klassischen Freiraumgestaltungen wie dem Englischen Garten sehnen.
Dies hängt meist mit dem Alter, dem Bildungs- oder dem Familienstand der Personen zusammen. So legen eher ältere Menschen kaum Wert
auf körperliche Vergnügungen in Freizeitparks, während Kinder und Jugendliche diesen am liebsten jeden Tag frönen würden. Mit steigender
Bildung können mehr Menschen bei dem Anblick wohlgestalteter Dinge, sei es nun einem Garten oder einem Gemälde, ein positives Wohlgefühl empfinden, ebenso bei einem Ausflug in die Natur im Gegensatz zu einem Ausflug in die künstlich geschaffenen Welten eines Erlebnisparks. In diesem Fall findet der Lustgewinn wieder im Geist statt, gleich der Art des Lustgewinns in den Gärten des Barock und des Rokoko,
wenn auch nicht mit dem Hintergrund der göttlichen Schöpfung, sondern allein aus der Befriedigung des ästhetischen Verlangens heraus.
Aufgrund der verschiedenen heutzutage existierenden Arten der Lustgewinnung und Lustempfindung, ist es in der heutigen Planung wichtig,
möglichst viele der unterschiedlich empfindenden Menschen anzusprechen und es ihnen somit zu ermöglichen, den Park oder den öffentlichen Raum auf ihre individuelle Weise zum Lustgewinn zu nutzen. Moderne Planungen sollten also sowohl körperliche als auch geistige
Möglichkeiten anbieten, um einem möglichst breiten Publikum Vergnügen zu bereiten und den öffentlichen Raum für den einzelnen erfahrbar zu machen. Eine solche multifunktionale Planung, am Beispiel der Landschaftsparks Duisburg Nord aufgezeigt, beinhaltet sowohl die
Möglichkeiten für körperliche Vergnügungen, wie Spielplätze, Kletterwände oder Flächen für Ballspiele, als auch Elemente wie Gärten, Haine
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und Aussichtspunkte, die für das Auge erlebbar sind, also den visuellen und geistigen Vergnügungen dienen. Multifunktionalität kann aber
nicht nur auf einer großen Fläche erzeugt werden, auf der verschiedenste Themenbereiche räumlich voneinander getrennt angeordnet werden können, sondern kann ebenso auch auf kleinen Flächen stattfinden, die im Gegenzug dazu in einem einzigen Raum Elemente für möglichst verschiedenartige Bespielungen zur Verfügung stellen. Dies kann durch die Bereitstellung multifunktionaler Elemente und Materialien
geschehen, die es dem Nutzer selbst überlassen, wie er diese für seine Art des Lustgewinns einsetzen möchte. So können zum Beispiel Stufen
auf öffentlichen Plätzen zum einen zum Sitzen, Verweilen und Beobachten des Geschehens dienen. Zum anderen können sie aber auch der
sportlichen Betätigung dienen, indem sie als Rampen für zum Beispiel Skateboardfahren genutzt werden. Ersteres wird eher ein Vergnügen
älterer oder visuell geprägter Menschen sein, da sie das sich ihnen darbietende Geschehen beobachten und genießen können. Letzteres wird
dem körperlichen Vergnügen jüngerer, aktiver Menschen dienen, das sie durch das Skaten entlang der Treppenstufen empfinden werden.
Ausblick
Die Aufgabe der Landschaftsarchitektur ist es also, den öffentlichen Raum so zu gestalten, dass der jeweilige Nutzer beim Aufenthalt auf seine
ganz individuelle Art Vergnügen in diesem empfindet. Die Materialien und Elemente, mit denen ein positives Gefühl erzeugt werden soll,
werden in Zukunft jedoch andere sein als diejenigen, welche vormals und heute verwendet wurden und werden. Den in einer immer stärker
technologisierten und zunehmend digitalisierten Welt lebenden Menschen werden die durch die bisher verwendeten Elemente und Materialien erzeugten Reize bald nicht mehr genügen, um Lust und Vergnügen zu erfahren. Die Elemente wie Raumbild, geometrischer Raum und
Atmosphäre werden auf eine neue Art und Weise erzeugt werden, vielleicht mittels neuer Medien projiziert und durch 3D-Brillen erfahrbar
gemacht werden. Dafür geeignete Materialien werden neu entwickelt und eingesetzt werden müssen. Multifunktionalität wird auch weiterhin ein wichtiger Punkt bei der Planung vor allem urbaner Freiräume sein, deren Aufgabe es war, ist und immer sein wird, die immer größer
werdende Menschenmenge, die in die Städte strömt, zufrieden zu stellen.
Quellen
Bittner, R.: Urbane Paradiese, Frankfurt, 2001
Fichtner, U., Michna, R: Freizeitparks, Freiburg, 1987
Koolhaas, R.: Delirious New York, Aachen, 1999
Mazzoni, I. D.: 50 Klassiker Gärten & Parks, Gartenkunst von der Antike bis heute, Hildesheim, 2005
www.brockhaus-enzyklopaedie.de
(Brockhaus Enzyklopädie)
www.dwds.de
(Das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache des 20. Jahrhunderts, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften)
www.zedler-lexikon.de/index.html
(Johann Heinrich Zedlers Universal-Lexicon, 1732-54)
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Essay // Trash Space
Verfasser // Johanna Franke / Veronika König / Marina Lange
Begriffsdefinition
Definition „Trash“:
Trash – engl. Müll, Abfall – bezeichnet als deutsches Lehnwort Dinge, die als minderwertig eingeschätzt werden. Die Anwendung des Begriffes
ist umstritten und schwierig einzugrenzen, da jeder das anders empfindet. Zudem gibt es auch „Trash“, der für manche Leute schon wieder als
Kult angesehen wird und somit als Besonderheit geschätzt wird. Dies ist jedoch subjektiv und nur innerhalb bestimmter Gruppen mit gemeinsamen Vorlieben ein Konsens.
Definition „Space“:
Space – engl. Raum – Räume können durch Architektur geschaffen und definiert werden, entstehen aber auch in der Natur. Dabei gibt es sehr
viele verschiedene Raumtypen, die im weiteren genauer untersucht werden.
„Trash Space“ und „Neuer öffentlicher Raum“
Jede Stadt hat zwei Seiten. Der neue öffentliche Raum wird wie auf einer Bühne inszeniert, während andere Teile der Stadt, die den Folgen der
sozioökonomischen und räumlichen Veränderung ausgesetzt sind, kaum beachtet werden.
Diese Veränderungen entstehen beispielsweise durch die Schließung von Arbeitstätten oder durch steigende Beliebtheit von Altbauwohnungen.
Ein Beispiel hierfür liefert der Londoner Stadtteil Brixton, in dem gerade ein Gentrifizierungsprozess stattfindet. Die britische Regierung
förderte hier nach den Aufständen in den 80er und 90er Jahren die Entstehung teurer Wohn- und Einkaufsmöglichkeiten, was die Haus- und
Mietpreise des gesamten Stadtteils stark in die Höhe trieb. Dies führt zur Vertreibung der angestammten Bevölkerung und der lokalen Händler, da diese Transformation öffentlichen Raum nur für Privilegierte schuf, von dem die ärmere Bevölkerung ausgeschlossen wird.
Trash Space kann durch „soziale Verdrängung infolge der Aufwertung innerstädtischer Gebiete und Ausgrenzung von Lebensstilen und Bevölkerungsgruppen, die dem neuen konsum-, wirtschafts- und politikorientierten Leitbild der Stadt nicht entsprechen“ entstehen. Dies führt „...
zu einer Verschärfung sozialer Polarisierungen, zu einer Vertiefung der Gräben zwischen Arm und Reich und zu vielfältigen auch räumlichen
Spaltungen der Stadt.“1 So entstehen innerhalb einer Stadt dicht nebeneinander Wohngegenden mit sehr unterschiedlichen Lebensstandards der Einwohner, wobei die Grenzen meist verschwommen sind.
Wichtig ist hierbei auch „die Gleichzeitigkeit, in der Teile der Stadt aufgewertet werden und andere unter Deinvestition leiden und verfallen.
[...] Das Bild von den zwei Seiten (der Stadt, Anm.) verweist nicht so sehr auf klare Grenzen, sondern auf vielfältig durchbrochene, kleinräumig
differenzierende soziale Trennlinien.“1 Im Industriezeitalter hingegen gab es eine deutliche räumliche Trennung von Reichen und Armen.
Heutzutage verläuft die Spaltung der Gesellschaft durch alle Bevölkerungs- und Berufsgruppen. „Entscheidend für räumliche Segregationsprozesse sind darüber hinaus die neue Nutzung und Bedeutung öffentlicher Räume für Repräsentations- und Konsumzwecke.“2
Früher hingegen waren viele öffentliche Räume schlicht zur Nutzung der Bevölkerung vorhanden.
1 Knecht, Michi.
2 Knecht, Michi.
Entstehung von Trash Space
Manche Räume haben von Beginn an den Charakter eines Trash Spaces, wie beispielsweise Favelas, die ohne Planung entstehen.
Andere Orte in einer Stadt entwickeln sich erst mit der Zeit zu Trash Spaces - durch wirtschaftliche Umstände, wie die Schließung von Arbeitsstätten, oder durch einen Wechsel von Trends und Prioritäten, wie die Aufwertung der Innenstädte in jüngster Zeit. Zum Beispiel Bahnhöfe
waren zu ihrer Entstehungszeit meist gepflegte Orte für das Bürgertum und entwickelten sich mit der Zeit jedoch oft zu Trash Spaces, was an
der Funktion als Umschlagsplatz liegen könnte. Heutzutage wird bereits an einigen Orten wieder versucht diese Entwicklung rückgängig zu
machen, wie man am Berliner Hauptbahnhof sehen kann. Dies zeigt auch nochmals, dass die Prozesse der Veränderung von Räumen in beide
Richtungen verlaufen können (Gentrifizierung und Degentrifizierung) und immer wieder neuen Transformationen unterliegen.
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Essay // Trash Space
Verfasser // Johanna Franke / Veronika König / Marina Lange
Die Entstehung von Trash Spaces kann auch aufgrund von Fehlplanung, bzw. von nicht akzeptierten Konzepten entstehen. Wenn ein Ort erst
einmal einen schlechten Ruf hat, kann dagegen meist nur schwer etwas unternommen werden. Beispielhaft hierfür sind einige Arbeiterviertel,
wie der Wohnungsbau der 20er Jahre, der anfangs sehr vorbildlich war, aber letztendlich nicht funktionierte und abgewertet wurde. Auch der
Münchner Stadtteil Neuperlach, eine in den 60er und 70er Jahren erbaute Großwohnsiedlung zeigt gescheiterte Konzepte auf. Die ursprüngliche Planung sah einen in sich ausgewogenen Stadtteil mit eigenem Zentrum vor, was durch Veränderungen der Planung nicht so verwirklicht werden konnte. Daher gibt es dort heute eine ungenügende Mischung städtischer Funktionen und fehlende Qualitäten im öffentlichen
Raum. Dadurch entstanden erhebliche soziale Probleme, was heute die Integration der meist sozial schwachen Bevölkerung stark erschwert.
Nach wie vor herrscht hier eine mangelnde urbane Atmosphäre, obwohl Neuperlach über eine qualitativ hochwertige Wohnbebauung und
eine gute infrastrukturelle Ausstattung verfügt.
Im Prinzip kann jeder Ort zum Trash Space werden, aber diese Entwicklung kann verhindert werden wenn diese Orte gesellschaftlich und
politisch bevorzugt werden.
Jede Person kann einen Ort prägen und ihm somit ein bestimmtes Image geben. Oft sind es Leute einer Subkultur oder einfach nur Menschen, die Raum für individuelle Tätigkeiten suchen, die diese speziellen Räume ausfüllen. So kann ein öffentlicher Raum, der eigentlich von
der Bevölkerung geschätzt wird, zum Trash Space werden, wenn sich dort beispielsweise eine Gruppe Obdachloser versammelt.
Raumtypen
„Räumlich schlagen sich soziale Spaltungsprozesse sowohl in großflächigen Grenzziehungen wie auch in viel kleinräumlicheren Gegensätzen
nieder.“3
Trash Spaces können bezüglich ihrer Gestalt und Umfang ganz unterschiedliche Ausprägungen aufweisen, sie können punktuell, also kleinräumige, überschaubare Orte, wie z.B. eine Straßenecke oder ein Platz, sein oder auch flächig, wie größere Freiflächen, Wohnsiedlungen oder
ganze Stadtviertel. Weiterhin könnte man diese Räume in Gebäude und Freiraum oder auch in öffentlich und privat kategorisieren. Trash
Space findet sich auch in den klassischen Raumkategorien, wie Straße, Platz, Freiraum, Gebäude wieder. Die Nachbarkategorien des Trash
Space sind der aufpolierte „neue öffentliche Raum“ und der „normale Raum“, der nicht besonders wahrgenommen wird, da er jeden alltäglich
umgibt und nichts Spektakuläres bietet.
3 Knecht, Michi.
Gentrifizierung und Degentrifzierung
Gentrifizierung
Viele europäische Großstädte, die ehemals vorwiegend von industriellen Beschäftigungsstrukturen geprägt waren, haben in den letzten dreißig Jahren einen Wandel zu „Dienstleistungsstädten“ erfahren.
Der Wandel der Arbeitsstrukturen trägt auch Veränderungen in den Wohnungs- und Sozialstrukturen mit sich:
Die Wohnstrukturen der Industriestädte waren geprägt von innerstädtischen Arbeitervierteln, die über lange Zeiten hinweg eine schlechte
Wohnqualität boten. Die Mittelklasse bevorzugte, ganz nach dem damaligen Ideal- dem „Wohnen im Grünen“- die Vorstädte als Wohngebiete.
In den letzten Jahrzehnten entwickelte sich nun ein genau entgegengerichteter Trend: die heruntergekommenen, meist aber zentral gelegenen Arbeiterviertel, von denen man annehmen kann, dass sie lange Zeit als „Trash Spaces“ angesehen wurden, wurden zunächst aufgrund
ihrer geringen Mieten von „Pionieren“ einer alternativen Szene, wie Künstler und Studenten entdeckt, „die die Altbauviertel mit „alternativer
Kultur“, wie Läden, Kneipen und öffentlichem Raum belebt. Diese Szene kann die Reurbanisierung einleiten, wenn der soziale Stellenwert des
Viertels nach einer von Seiten der Behörden geleisteten Verbesserung der Wohnqualität (z.B. Verkehrsberuhigung) gestiegen ist: sogenannte
„neue“ Haushaltstypen, vor allem Singles und kinderlose Paare rücken nach, um von der urbanen Nutzungsmischung und der funktionellen
Vielfalt solcher Quartiere zu profitieren.“4 Diese „neuen Haushaltstypen“ gehören einer neuen gut verdienenden Mittelschicht an, die die
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4 Haubold, Dorothea, S. 31
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Essay // Trash Space
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ursprünglichen Bewohner dieser Viertel verdrängen. Sie sind die leidtragenden bei diesem Wandel: „Once this process of „gentrification“ starts
in a district it goes on rapidly until all or most of the working class occupierers are displaced and the whole social character of the district is
changend.” 5 “[...] the expansion of the middle class has been associated with the rolling back of the less skilled, the unemployed, the poor and
ethnic minorities...“6
Der Rückzug, der vorher genannten Gruppen geht in den meisten Städten in Richtung Stadtrand, wo die Wohnungspreise und auch die
Wohnqualität meist viel niedriger sind. Hier entstehen daraufhin Viertel, die leicht den Ruf von „Trash Spaces“ bzw. „sozialer Brennpunkte“
erlangen, da sie sich meist durch Armut, hohe Arbeitslosigkeitsraten und oftmals auch durch eine Häufung von Gewaltdelikten auszeichnen.
„Charakteristisch ist nicht nur die hohe Armut, beachtlich ist auch die hohe Quote von Benachteiligten auf dem Arbeitsmarkt: (unqualifizierte)
Arbeiter und „Ausländer“. Wesentlicher ist, dass Armut und Benachteiligung sich verbinden mit einer umfassenden Abhängigkeit von Institutionen (Sozialamt, Arbeitsamt u. ä.). Hinzu kommt, dass auch von den Erwerbstätigen viele arm sind.“7
Ein aktuelles Beispiel, eines Stadtviertels in dem der Gentrifizierungsprozess gerade in vollem Gange ist, ist der Londoner Stadtteil Brixton:
In den 40er und 50er Jahren kam es in London zu einer großen Einwanderungswelle, im Zuge dessen sich besonders viele Einwanderer, vor
Allem jamaikanischer und karibischer Herkunft in Brixton nieder ließen. Durch die vielfältigen multikulturellen Einflüsse seiner Bewohner, die
hier einen Ort fanden, an dem ihre Kulturen bestehen konnten, entwickelte Brixton seinen ganz eigenen exotischen Flair, der auch heute noch
z. B. auf dem berühmten „Brixton Market“ zu spüren ist.
Gleichzeitig ist Brixton seit langer Zeit auch dafür bekannt, ein „Problemviertel“ zu sein; Arbeitslosigkeit, Gewalt- und Drogenprobleme
gehören hier zur Tagesordnung. „Brixton is notorious for its gun crime, which is linked largely to local gangs and its growing crack problem.
A number of shootings were reported in Brixton last year, including the shooting of two teenagers in the local McDonalds, in front of many
innocent bystanders.”8
Trotz dieser Tatsachen verändert sich Brixton seit ca. 20 Jahren drastisch: Im Zuge der sog. „Brixton Challenge“, einem von der Regierung und
der EU ins Leben gerufenen Projektes versucht man Brixton „umzukrempeln“, um aus diesem zentral gelegenen Stadtteil ein sicheres und sauberes Quartier für die ständig zunehmende Mittelschicht zu machen. Wie dabei vorgegangen wird und was dabei aus den bisherigen Bewohnern geschieht beschreibt folgendes Zitat aus einem Forum brixtoner Aktivisten gegen die Gentrifizierung: „With council property and public
spaces now being transformed in to expensive apartments, developers have set in motion spiraling house prices. In turn creating a housing
crisis that resonates in both private and public sectors, moving the cost of living beyond that of the local people. The transformation of Brixton
into a chic inner-city area where the so called ‚night time economy‘ is nothing but a ‚theme-parkisation‘ of urban space for a privileged social
group at the expense of the poorer and marginal inhabitants This is multiculturalism without real content, is a cosmopolitanism that suits the
establishment, a postcard-style ‚Benetton‘ society in which citizen participation is nothing more than mere fiction sold under the slogan ‚the
united colours of Brixton‘. [...] We heard from the Jamaican families that were using the boom in prices to sell up and retire in the Caribbean” 9
5 Hamnett, Chriss, S. 160
6 Hamnett, Chriss, S. 179
7 Keim, Rolf und Neef, Rainer
8 http://www.viewlondon.co.uk/home_feat_local
_brixton.asp
9 www.cactusnetwork.org.uk/syndicate.htm
Degentrifizierung
Das Phänomen der Gentrifizierung gibt es auch in umgekehrter Richtung; dabei kommt es also nicht zu einer Steigerung, sondern zum Sinken
der Qualitäten eines Ortes. Diese Abstufung spiegelt sich meist sowohl in der Wohnqualität, als auch in der Degradation seines sozialen Stellenwerts. Am Beispiel der Satellitenstadt München- Neuperlach lässt sich dieser Vorgang gut erläutern:
„Neuperlach ist das größte westdeutsche Siedlungsprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg. Interessant ist es als Beispiel für den Städtebau der
1960er- und 1970er-Jahre, als Produkt einer Umbruchzeit, in der sich alte und neue urbanistische Leitbilder gegenüberstanden. Als „Stadt
neben der Stadt“ sollte Neuperlach durch eine Integration von Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kultur und Sport, durch eine hohe Bevölkerungsdichte sowie eine städtisch dimensionierte und gestaltete Ortsmitte ein relativ eigenständiges, lebendiges und anziehendes Gemeinwesen
werden und auf ein Einzugsgebiet von etwa 400.000 Menschen im Münchner Südosten ausstrahlen; durch die Einbeziehung renommierter
Städtebaukritiker (Hans Paul Bahrdt, Alexander Mitscherlich) in die Zentrumsplanungen wollte man stadtplanerische Fehler der Vergangenheit möglichst vermeiden.“10 Der Bau Neuperlachs war ein ehrgeiziges Projekt seiner Zeit und sollte ein Meilenstein in der Geschichte des
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10 http://de.wikipedia.org/wiki/Neuperlach
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gelungenen Wohnungsbaus werden. Dieses Ziel sollte aber nie erreicht werden, denn die „planerischen Vernachlässigung des öffentlichen
Raums, der unter dem Druck einer ideologisch unreflektierten, heterogenen Konzeption jede urbane Anmutung verlor“11 und „die mangelnde Finanzierbarkeit vor allem der projektierten kulturellen Einrichtungen sowie ein zunehmendes Desinteresse der Stadt München an dem
Projekt“12 ließen das Projekt letztendlich scheitern. Die Folgen dieser Degentrifizierung spiegeln sich in der heutigen Situation, da Neuperlach
als sozialer Brennpunkt und Trash Space gilt.
„Heute leben in Neuperlach etwa 55.000 Menschen. Mit vielen anderen Satellitenstädten seiner Zeit teilt das Viertel das Schicksal, die negativen Folgen der damaligen städtebaulichen Weichenstellungen tragen zu müssen: in einigen Teilen Neuperlachs bestehen erhebliche soziale
Probleme mit damit einhergehender Jugend- und Drogenkriminalität; ein hoher Anteil an sozial schwachen und/oder ausländischen Bewohnern erschwert deren gesellschaftliche Integration; erste Anzeichen von Überalterung machen sich bemerkbar; eine mangelnde urbane
Atmosphäre und geringer architektonischer Reiz mindern, trotz der qualitativ hochwertigen Wohnbebauung und der vergleichsweise guten
infrastrukturellen Ausstattung, zusätzlich die Attraktivität und die soziale Reputation des Stadtteils.“13
11 Hartard, Christian
12 http://de.wikipedia.org/wiki/Neuperlach
13 http://de.wikipedia.org/wiki/Neuperlach
Zwischennutzungen
Der ökonomische Strukturwandel und die demografische Entwicklung führten in einigen Städten, wie z.B. in Berlin, zu einem geringeren
Flächenbedarf. Durch Schließung von großen Industriearealen und Abwanderung der Bevölkerung gibt es in diesen Städten eine Vielzahl
von leer stehenden Gebäuden und ungenutzten Freiflächen. Durch die ausbleibende Nutzung und die finanzielle Situation dieser Städte und
Privateigentümer, welche nicht mehr in der Lage sind diese ungenutzten Flächen zu erhalten bzw. zu unterhalten, besteht für diese Räume die
Gefahr der sukzessiven Verwahrlosung. Somit werden sie zu einer Art von Trash Space.
Diese Räume haben in den letzten Jahren die so genannten „Urban Pioneers“ für sich entdeckt. Diese Raumpioniere „sind Menschen, die in
der Gesellschaft versuchen, etwas Neues und häufig außerhalb einer Verwertungslogik Stehendes auf die Beine zu stellen: Künstlerinnen und
Künstler genauso wie soziale Initiativen, Jugend- oder Sportprojekte. Gleichzeitig gibt es kreative ‚Noch-nicht-Unternehmen’, die versuchen
Nischen zu öffnen für neue Angebote im Kultur- oder Freizeit-Bereich.“14 Die sehr gering gehaltenen bzw. gar nicht vorhandenen Miet- und
Pachtpreise machen es den Veranstaltern möglich, diese Zwischennutzungen ohne großes Risiko zu verwirklichen. Die Zwischennutzung bietet nicht nur Veranstaltern einen kostengünstigen Raum für ihre Events, sondern führt auch in einigen Fällen zu einer Aufwertung des Ortes.
„Ebenso können die […] Aktivitäten zur Stabilisierung von [sozial schwachen] Quartieren beitragen.“15 Die Vorteile des Zwischennutzungskonzepts hat die Stadt Berlin bereits erkannt. Es wurde zu einem „wichtigen Bestandteil […] der strategischen Stadtentwicklungsplanung.“16
Am Beispiel des Berliner Stadtbezirkes Marzahn-Hellersdorf wurde die Stabilisierung des Bezirkes durch Zwischennutzung spürbar. Aber auch
die Immobilienwirtschaft hat die Vorteile der Zwischennutzung entdeckt: „Der Ort soll durch die temporäre Nutzung aufgewertet, sein Image
verbessert und rentablere Nutzungen angezogen werden.“17 Durch eine gelungene Zwischennutzung kann der Trash Space wieder zu einem
attraktiven Ort werden. Und eine mögliche Erhöhung der Miet- bzw. Grundstückspreise ist gerechtfertigt. Somit kann auch die Zwischennutzung für Investoren eine Art Prüfwerkzeug für künftige Nutzungen werden. Funktioniert eine Zwischennutzung, ist dies ein Grund in diesen
Ort zu investieren. Doch was passiert mit Zwischennutzungen, welche nicht funktioniert haben bzw. welche nicht zu einer Aufwertung des
Ortes führten? Nach der erfolglosen Zwischennutzung wird dem Raum kein finanzielles Interesse mehr geschenkt. Der Ort wird wieder zum
Trash Space.
Dieser Stadtentwicklungsprozess lässt einen Vergleich mit privaten Fernsehsendern zu. Ob und in welchem Maße eine Sendung redaktionelle
bzw. finanzielle Zuwendung erhält, entscheiden die Einschaltquoten. Je nach Höhe der Einschaltquoten, erhält die Sendung einen besseren
Sendeplatz. Sind die Einschaltquoten zu gering, um den finanziellen Aufwand zu decken, wird diese abgesetzt. Das gleiche passiert mit Zwischennutzungen. Erfahren diese eine Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit und erhalten dadurch ein besseres Image, wird dem Gebiet
mehr finanzielle Zuwendung geschenkt bzw. der Wert des Quartiers oder des Grundstücks steigt. Bleibt jedoch die Aufmerksamkeit aus, wird
die Zwischennutzung aufgegeben und der ehemalige Trash Space wird wieder zum selbigen.
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14 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, S.22
15 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, S.24
16 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, S.25
17 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin, S.38
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Essay // Trash Space
Verfasser // Johanna Franke / Veronika König / Marina Lange
Quellen:
Knecht, Michi: Die andere Seite der Stadt - Armut und Ausgrenzung in Berlin; Böhlau Verlag, Köln 1999
Haubold, Dorothea: Nachhaltige Stadtentwicklung und urbaner öffentlicher Raum; in: 12. Beiträge der Universität Oldenburg zur Stadt- und
Regionalentwicklung; BIS-Verlag, Oldenburg 1997
Hamnett, Chris: Unequal City – London in the Global Arena; New York 2003
Rost, Christian: Gefangen in Neuperlach; http://www.sueddeutsche.de/muenchen/artikel/609/108501/ (Stand: 5.2007)
Hartard, Christian: Neuperlach. Utopie des Urbanen. Leitbilder und Stadtbilder eines Experimentes der 1960er Jahre, Magisterarbeit an der
LMU 2003; http://freischwimmer.net/perlach.htm (Stand 5. 2007)
http://de.wikipedia.org/wiki/Neuperlach (Stand: 5.2007)
Keim, Rolf und Neef, Rainer: Ressourcen für das Leben im Problemquartier; http://www.bpb.de (Stand: 5. 2007)
http://www.cactusnetwork.org.uk/syndicate.htm (Stand: 5. 2007)
http://en.wikipedia.org/wiki/Brixton (Stand: 5. 2007)
http://www.mybrixton.com/brixton/shops-brixton-market.htm (Stand: 5. 2007)
www.viewlondon.co.uk/home_feat_local_brixton.asp (Stand: 5. 2007)
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin: Urban Pioneers – Berlin: Stadtentwicklung durch Zwischennutzung; Jovis Verlag, Berlin 2007
Projekt L8 // VVVV Vibrant Woolwich Vision East
LAO // Prof. Regine Keller // Seite // 59
Essay // We love to entertain you - Der Englische Landschaftsgarten und die Walt Disney Parks - Ein Vergleich
Verfasser // Christina Haidinger / Stefanie Kollman / Claudia Lehmann / Ulrike Mehlert
Aufbau Landschaftspark – Disneyland
Landschaftspark
Der Englische Landschaftspark entwickelte sich im 18. Jahrhundert in England. Er entstand als bewusster Kontrast zum bisher dominierenden
Barockpark, der die Natur in geometrisch exakte Formen zwang. Landschaftspark bezeichnet im Zusammenhang von Parks und Gärten eine
verhältnismäßig große Fläche, eine Landschaft, die nach bestimmten Vorstellungen der Gartenkunst umgeplant und umgestaltet wurde. Kennzeichnend in der klassischen Phase sind die naturähnlich angeordnete Bepflanzung, die geschwungene Wegeführung, der fließende Übergang
in die umgebende Landschaft und das Fehlen von dekorativen Blumenrabatten. Als direkte Vorbilder dienten die reale italienische Landschaft
und die Landschaftsmalerei. Als Ideal wurde ein begehbares, dreidimensionales Landschaftsgemälde angestrebt. Ebenfalls den Gemälden
entstammen die Gartenstaffagen, Follies genannt, in Form kleiner Tempel oder Ruinen, die meist als Blickfang in den Sichtachsen arrangiert
wurden. Später wurden auch chinesische Pagoden, gotische Ruinen, Grotten und Einsiedeleien (Eremitagen) in die Landschaft eingestellt. Des
Weiteren wurden weitläufige, hügelig modellierte Gartenräume mit gezielt angepflanzten Baumgruppen oder kleineren Wäldern angelegt. Im
Englischen Landschaftsgarten gab es sich abwechslungsreich durch die Landschaft schlängelnde Flüsse und natürlich wirkende Teiche und
Seen. Der Englische Landschaftsgarten ist durch von Ferne unsichtbare Gräben, bzw. versenkte Mauern, Ha-Ha genannt, von der umgebenden
Landschaft abgegrenzt. Bei einem Ha-Ha handelt es sich um einen Graben, der den eigentlichen Garten von der angrenzenden Landschaft
trennt, ohne dass man einen Übergang sieht. Auf diese Weise wurde der nahe Garten mit der weiter hinter liegenden Landschaft optisch zu
einer Einheit verschmolzen, ohne dass größere Zäune und Hecken den Anblick störten.
Disneyland
Walt Disney World Resort in Orlando entstand 1971, Walt Disneyland Resort Paris wurde 1992 eröffnet. Wie auch der Landschaftsgarten erstrecken sich die Walt Disney Parks über eine sehr große Fläche: Der Walt Disney Park in Orlando über rund 111 Quadratkilometer, was ungefähr
der doppelten Größe von Manhattan oder dem Stadtgebiet von San Francisco entspricht. Der Park ist in seiner Gestaltung ebenfalls nicht in
geometrische Formen gezwungen: bei einem Blick auf die Karte (Vgl. Anlage 3+4) findet man eine geschwungene Wegeführung, sich frei
windende Bachläufe und Flüsse, die sich zu natürlich gewundenen Seen und Teichen weiten. Durch eine naturnahe Bepflanzung wird auch hier
versucht ein natürliches Landschaftsbild zu erzeugen, das sich in die umgebende Natur einfügt. Als Vorbilder für die Anlage der Parks dienen
allerdings Walt Disney Filme (Monster AG, Findet Nemo, Aladin, Peter Pan) und Märchen (Dornröschenschloss), Fantasy (Alice im Wunderland,
Intergalaktisches Abenteuer: Star Tours) und reale Städte (Amerikanische Städte zu Anfang des 20. Jahrhunderts) bzw. Länder (Themenpark
Deutschland, China, Großbritannien, Frankreich…). Wie beim Landschaftspark werden auch hier mit Hilfe von Blickachsen verschiedene Elemente/Themenparks in Szene gesetzt.
Stimmungen im Landschaftspark
Größe und Mannigfaltigkeit
Sie ergeben sich durch Anhöhen, Absätze, Vertiefungen. Um diese Stimmung zu erzeugen, ist es wichtig bei der Gestaltung von Freiräumen
darauf zu achten, dass sich das Offene mit Verschlossenen, Hell mit Dunkel, Reizende mit Melancholischem, Sanfte mit Erhabenen, Wilde und
Romantische mit dem Zierlichen abwechselt.
Schönheit (Farbe und Bewegung)
Hier spielen zwei wesentliche Punkte eine große Rolle, Farbe und Bewegung. Ein Farbspiel wird nicht nur durch Morgenröte und untergehende
Sonne erzeugt sondern auch durch das Blumenreich und das Grüne. Farben sind wohltätig stärkend und erquicken für das Auge. Farben
können bestimmte Stimmungen hervorrufen. Das Gemäßigte wie sanftes blau, Rosenrot, Violett, helles Grün können Helle und Lebhaftigkeit
ausdrücken. Das Feuer der Farben erzeugt Freude. Reinheit und das Helle erzeugt Heiterkeit. Das Gemäßigte wie ein sanftes violett, erzeugt
Erquickung und liebliche Empfindung der Ruhe. Milde Fröhlichkeit ruft ein lichteres Blau und Rosenrot hervor. Schon weil Mannigfaltigkeit und
Abwechslung stattfindet wirkt ein Freiraum bewegt.
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Anmut/Lieblichkeit (Kitsch)
Sie sollten im Ganzen stellenweise verteilt sein.
Neuheit/Unerwartete
Die Wirkung von neuem ist die Verwunderung, die belustigt. Dagegen sorgt Unerwartetes für Überraschung und belustigt somit in höherem
Grade.
Kontrast
Der Kontrast ist eine Art von Abwechslung. Er ist ein Mittel, um sehr lebhafte Bewegungen hervorzubringen.
Wichtige Elemente im Landschaftsgarten
Ebene
Eine ebene Fläche vermittelt das Gefühl von Freiheit und Ungezwungenheit. Dem Betrachter bietet sich ein ruhiges oder verweilendes Überschauen der Gegend. Die Ebene darf nie ein Ganzes einer Gestaltung sein, da diese sonst zu eintönig wirkt. Die Ebene erhält Lebhaftigkeit
durch das Element Wasser.
Anhöhe
Eine Anhöhe ist offen und luftig. Sie begrenzt Aussichten und eröffnet zugleich Neue.
Vertiefung
Eine Vertiefung ist ein Element, mit dem ein Gefühl von Einsamkeit und Ruhe in Verbindung gebracht wird.
Felsen
Felsen, roh und unbekleidet haben etwas Unangenehmes. Sie sind fähig Erstaunen, Ehrfurcht, Schrecken und Schauder einzuflößen.
Hügel
Hügel erhalten durch Viehtritte, Landhütten, Fußsteige und Kultur, Leben. Durch ihre Wirkungen des Lichts und des Schattens bei Aufgang
und Untergang der Sonne liefern diese die schönsten Schauspiele.
Gebirge
Gebirge zeichnen sich durch ihre Erhabenheit und feierliche Majestät aus.
Gehölz
Gehölze gefallen und reizen auf mannigfaltige Art. Sie erteilen der Landschaft Schattierung und erfreuen durch den Genuss der Kühlung und
Erfrischung. Durch Vogelgezwitscher, Schauspiele des Lichts und Schatten, Wohlgeruch der Blumen und Pflanzen regen diese die Sinne an.
Wasser
Das Element Wasser dient dem Vergnügen der Fahrt und dem Fischfang. Dieses Element ist sehr belebend, sehr erfrischend und fruchtbar an
Einwirkungen. Durch seine Größe, Gestalt und Bewegung ergeben sich mannigfaltige Eindrücke. Wasser geht vorteilhafte Verbindungen mit
anderen Gegenständen ein. Es kann zum einen Munterkeit und Freude, zum anderen in Gestalt eines dunklen Teichs, Melancholie und Traurigkeit ausstrahlen. Je nach Art der Bewegung des Wassers werden bestimmte Stimmungen hervorgerufen. So steht ein schleichendes Gewässer
für Ernst und Trübsinn. Ein sanftes Geräusch bewirkt Nachdenklichkeit und wird somit oft als Element für Szenen der Einsamkeit genutzt. Ein
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helles Rieseln und spielendes Gekräusel verschafft Munterkeit. Dagegen erzeugen ein schneller Lauf und hüpfende Fälle, Freude. Reißende Geschwindigkeit und schäumendes Fortjagen zeugt von Stärke. Wasser, das von Felsen herab fällt gibt ein Gefühl der Erhabenheit. Zudem heitert
Wasser den Schatten auf und verwandelt die Einöde in ein Lustrevier.
Wiesen
Wiesen sind keines erhabenen Charakters fähig. Sie sind sanfte, ruhige und einnehmende Auftritte der Natur. Sie vermitteln die Empfindung
der Ruhe und stellen die Ergötzung des Landlebens dar.
Aussichten
Aussichten sind von Größe und Erhabenheit. Prospekte, die immer von allen Seiten vor den Augen offen liegen, zerstreuen oder ermüden doch
zuletzt, da das Auge nach Ruhepunkten verlangt. Zum Genuss einer sanften Szene kommt man somit, durch gesperrte Plätze in Form einer
Verschließung und dadurch ein Teil der Aussicht verschlossen wird.
Zufälligkeiten
Für interessante Zufälligkeiten sorgen die Malereien der Wolken, sowie Sonnenblicke, plötzlich einfallende Beleuchtungen und Beschattungen,
Schimmer des Mondes, vorüberwandelndes Gewölk und Nebel. Auch die Spiegelungen des Lichts und der Farben sorgen für zufällige Eindrücke.
Ruinen/Bauten
Die allgemeinen Wirkungen der Ruinen sind eine Zurückerinnerung an die vergangenen Zeiten. Sie vermitteln somit ein gewisses mit Melancholie vermischtes Gefühl des Bedauerns.
Eine Grotte ist die Nachahmung der Höhlen, wie sie die Natur bildet. Sie waren die Wohnungen der Menschen in früher Zeit.
Ein runder Tempel scheint für Gärten am meisten angemessen. Seine Form führt bei aller Würde eine gewisse Leichtigkeit, Freiheit und Anmut
mit sich. Er ist dort zu situieren wo die Natur ihre Reize enthüllt.
Eine Einsiedelei ist ein einfältiges Haus. Sie ist auf den Einzelnen eingeschränkt. Man legt sie am besten in verwachsenen Winkeln und in schattigen Vertiefungen an, wo sie den Charakter der Einsamkeit, den sie verlangt, leichter gewinnt.
Eremiten
Ein Phänomen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts waren die Schmuckeremiten, professionelle Einsiedler, die während einer vertraglich
festgelegten Dauer in eigens eingerichteten Eremitagen wohnten und sich zu bestimmten Tageszeiten sehen ließen, um die Eigentümer des
Parks und deren Gäste mit ihrem Anblick zu unterhalten. Dieser Gedanke driftete so weit ins Extreme ab, dass man erwog, Kinder armer Leute
malerisch verkleidet als lebendige Staffagefiguren in pittoresken Gartenszenen herumlaufen zu lassen. Dies war dann allerdings die Perversion
des ursprünglich moralischen Anspruchs der Gartenkunst.
Attraktionen bei Walt Disney
Phantom Manor
Bei Phantom Manor handelt es sich um ein unheimliches und gespenstiges Abenteuer in einem ehemaligen herrschaftlichen Haus auf einem
Hügel. Groß und düster und wie aus einem Gemälde ragt das alte Geisterhaus empor. Das Haus wirkt grandios heruntergekommen. Überall ist
die Farbe abgeblättert, das graue Holz ist bereits darunter zum Vorschein gekommen. Schnitzereien sind verwittert, die Lamellen der Fensterläden gesplittert. Ziegel sind herabgefallen, Glaslaternen schaukeln im Wind. Doch die gemalten Idyllen entpuppen sich als Alptraum: Tag
und Nacht wird es von 999 Geistern aus dem Jenseits heimgesucht. Lichter gehen aus, Mauern fangen an sich zu bewegen. Plötzlich taucht ein
Ungeheuer auf, einen Dame in einem Boot treibt auf einen Wasserfall zu. Dabei soll der Besucher sich ängstigen, Geheimnisse entdecken und
seinen Mut beweisen.
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Blizzard Beach, Typhoon Lagoon
Blizzard Beach ist ein Wasserpark mit Krokodilen in einer eiskalten Gletscherlandschaft. Mit einem Skilift gelangt man zur schnellsten und
höchsten Wasserrutsche der Welt, der Summit Plummet. Sie ist auf einem 40 Meter hohen schneebedeckten Berg in tropischer Umgebung zu
finden. Außerdem gibt es weitere 22 Wasserrutschen, teils als Bobbahnen, Slalomstrecken, Riverrafting und Tunnelrutschen.
Der Wasserpark Typhoon Lagoon lebt von der wilden Geschichte, dass einmal ein Typhoon über die Lagune gezogen ist und Spuren hinterlassen hat: Ein wasserspeiendes Schiff auf einem Berggipfel und das weltgrößte Wellenbad. Der Besucher kann hier mitten unter Haien und
tropischen Fischen schnorcheln, auf abenteuerliche Wildwasserfahrten gehen, auf einer der zahlreichen Rutschen toben oder sich gemütlich
in einem Reifen durch das stimmungsvolle Ambiente treiben.
Pavillons
In Walt Disney World in Florida sind zahlreiche Pavillons aus verschiedenen Ländern zu finden: Norwegen, Deutschland, Japan, Italien…
Im Themenbereich Norwegen befindet man sich im Zeitalter der Wikinger. Dort ist ein realistisches Segelschiff aufgebaut. Ebenso findet man
eine Kirche und ein Schloss mit Norwegischen Spezialitäten. Im deutschen Pavillon findet man sich auf dem Münchner Oktoberfest wieder.
Man bekommt deutsches Bier Schnitzel… In Japan gibt es einen Steingarten mit einem Teich, in dem Koikarpfen schwimmen. Italien wird
über die venezianische Architektur repräsentiert: Brücken, Gondeln und der Campanile auf der Piazza San Marco.
Animal Kingdom
Disneys Animal Kingdom ist weder ein Freizeitpark noch ein Zoo, sondern wird offiziell als eine ganz neue Art von Themenpark beschrieben.
Der sich auf rund 250 Hektar erstreckende Themenpark teilt sich in die Themenländer Afrika, Asien, Dinoland USA und Discovery Island. Eine
der Hauptattraktionen ist die Kilimanjaro Safari, in welcher der Besucher in einem offenen Safari-LKW durch eine, der Afrikanischen Savannen nachempfundene, Landschaft mit echten Tieren (Nilpferde, Löwen, Giraffen etc.) fährt. Des Weiteren kann im asiatischen Bereich an der
Expedition Everest teilgenommen werden. Dabei handelt es sich um eine Achterbahn mit Vor- und Rückwärtsfahrt in einer Nachbildung des
Himalaya-Gebirges mit 60 Metern Gesamthöhe.
Paraden
Täglich finden in Disney Land zu bestimmten Uhrzeiten Paraden statt. Schon einige Zeit vorher werden hierfür bestimmte Plätze abgesperrt.
Bis die Parade losgeht herrscht ein ziemliches Gedränge um die vorderen Plätze. Dann kommen die ersten Jongleure, Fanfarenbläser, Ritter auf
Rappen und tanzende Prinzessinnen. Auf 5 Meter hohen Wagen fährt alles vorbei, was zu Walt Disney Kinowelt gehört: Personen verkleidet
als Mickey Mouse, Minnie Mouse, Donald Duck, Schneewittchen nebst Zwergen, Goofie, Peter Pan und Mister Hook… Diese schütteln einigen
wenigen Besuchern die Hand.
Vergleich Landschaftspark - Disneyland
Die Elemente, mit denen sowohl im Englischen Landschaftspark als auch bei Disneyland gearbeitet wird, sind von ihrem Grundprinzip her
relativ identisch. Allerdings werden mit denselben Elementen zumeist unterschiedliche Stimmungen erzeugt.
Der Landschaftspark ist immer als weitläufige Fläche angelegt, und auch die Walt Disney Parks befinden sich auf einer sehr großen Fläche, und
deren einzelne Themenbereiche besitzen einen großen Maßstab.
So wie es im Landschaftspark das Ziel war, eine Landschaft einem Gemälde gleich zu realisieren, so ist es auch bei Walt Disney ein Bestreben,
die Übersetzung des Filmes in den Raum möglichst detailgenau zu verwirklichen und verschiedene Landschaften so realistisch wie möglich
nachzubilden.
Bei den Landschaftsparks waren Schönheit, Anmut und Lieblichkeit wichtige Kriterien, die jedoch dezent eingesetzt wurden. Sie dienten
dazu, verschiedene Stimmungen zu implizieren. Diese Kriterien gelten auch in den Disney Parks. Hier werden diese Faktoren allerdings sehr
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stark eingesetzt. Alles ist sehr bunt gestaltet, es driftet oft ins Kitschige ab und wirkt in seiner Fülle der Attraktionen etwas überladen.
Im Landschaftspark spielte auch das Neue, Unerwartete und der Kontrast eine große Rolle. Mit diesen Mitteln wurde ein Park abwechslungsreich gestaltet. Auch Disneyland achtet darauf, die einzelnen Themenbereiche möglichst abwechslungsreich zu gestalten und den Besucher
mit immer neuen, unerwarteten Features zu unterhalten. Auch wird hier damit gearbeitet, unterschiedliche Stimmungen zu erzeugen, einmal
Spaß und Abenteuer und dann wieder Spannung mit Gruselfaktor.
Das Animal Kingdom bei Walt Disney soll eine natürliche Landschaft darstellen, die jedoch auch künstlich geschaffen wurde. Hier werden auch
die klassischen Elemente, mit denen im Englischen Landschaftsgarten gearbeitet wurde, verwendet. Es gibt einen variationsreichen Ablauf
von Hügeln, Vertiefungen, Gebirgen, Gehölz, Felsen und Wasser. Hier ist jedoch die Gesamtwirkung das Entscheidende, dem einzelnen Element wird hier nicht die gleiche Wirkung zugeschrieben, wie es beispielsweise im Englischen Landschaftsgarten der Fall war. Hier hatte jedes
Element eine für sich stehende Aussage, die sich harmonisch in das Gesamtbild fügte. Aber auch der Englische Landschaftsgarten versuchte
mit künstlichen Mitteln eine natürliche Landschaft zu kreieren. Bei Animal Kingdom geht es wieder um den Spaßfaktor, das Erleben von landschaftlichen Eigenheiten fremder Länder und `adventure – feeling`.
Das Element Wasser wird in beiden Parks stark thematisiert, jedoch sind die Wirkungen, die es im Englischen Landschaftspark erzeugen soll,
subtilerer Art. Die Wasserattraktionen bei Walt Disney sind auf Fun und Abenteuer ausgerichtet (s. Blizzard Beach, Typhoon Lagoon), das Ziel
scheint dort zu sein, die einzelnen Elemente immer noch actionreicher, beeindruckender einzusetzen und in ihrem Unterhaltungswert stets zu
steigern. Im Englischen Landschaftsgarten diente das Wasser zwar auch auf die damalige Art und Weise zum Vergnügen, aber es gab auch die
andere Seite, die melancholische, die in dunklen Teichen in abgelegenen, verwunschenen Parkecken zum Ausdruck kam, und die zum ruhigen
Verweilen und Nachdenken einlud.
Die Pavillons in den Englischen Landschaftsgärten, die beispielsweise mit holländischen Kacheln ausgefliest waren oder ganz nach der
Chinamode ´alla chinoise` ausgestattet waren, waren ein Ausdruck für die Sehnsucht nach der Ferne, genauso wie Anlehnungen an ägyptische Pyramiden oder chinesische Pagoden. Auch in den Disney Themenparks sind solche so genannten `Länderpavillons` von Ländern aus
der ganzen Welt zu finden. Auch diese symbolisieren das Sehnen nach fernen Ländern, den Wunsch fremde Länder zu bereisen und andere
Kulturen zu entdecken.
Als Pendant zu den Grotten und Ruinen im Englischen Landschaftspark kann man bei Walt Disney Attraktionen wie Phantom Manor sehen.
Dieses Geisterhaus soll so täuschend echt wie möglich wirken, es ist ganz auf alt getrimmt und auch der heruntergekommene Charakter des
Hauses ist künstlich erwirkt. Ebenso verhält es sich mit den Grotten und Ruinen des Landschaftsparks, die ebenfalls künstlich geschaffen wurden. Während es sich jedoch bei der Walt Disney Attraktion wieder um den Entertainment – Faktor dreht, nämlich den Besucher seinen Mut
beweisen zu lassen und dabei Spaß und Abenteuer zu erleben, symbolisierten die Grotten und Ruinen im Landschaftspark dem Menschen
seine Vergänglichkeit und die Erinnerung an vergangene Zeiten.
Die Paraden in Disneyland haben ähnliche Funktion wie die Eremiten im Landschaftspark. Diese Eremiten, die praktisch genauso angestellt
waren wie die Personen, die sich heutzutage in den Disney Parks als Mickey Mouse verkleiden, ließen sich eben auch zu bestimmten Tageszeiten sehen um die Parkbesucher zu unterhalten, genauso wie dies bei den Paraden in den Disneylands der Fall ist, die zu bestimmten Zeiten
stattfinden.
Während früher die Landschaftsparks als Lustgarten für Erwachsene angelegt wurden, so sind die Walt Disney Parks sehr kommerziell ausgerichtet und dienen der ausschließlichen Unterhaltung, wobei sie den Besucher mit einer Fülle an Möglichkeiten überhäufen. Die Zielpersonen,
die in die Disney Parks gelockt werden sollen, sind Kinder mit ihren Eltern.
Trotz ihrer meist recht unterschiedlichen Ausprägung und der Tatsache, dass die Englischen Landschaftsgärten vorwiegend einen Charakter
von Aufklärung hatten, kann doch beiden Parktypen, bei dem einen mehr bei dem anderen weniger, das Grundmotto `We love to entertain
you` unterstellt werden.
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Quellen
Hirschfeld Christian, Theorie der Gartenkunst von Christian Cay Laurenz Hirschfeld, Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart, 1990
Whately Thomas, Betrachtungen über das heutige Gartenwesen : durch Beyspiele erläutert, aus dem Engländischen von Johann Ernst Zeiher,
Leipzig : Junius, 1771
Andrew Lainsbury, Once upon an American dream: the story of Euro Disneyland, Lawrence, Kan. : 2000
Alan Bryman, Disney and his worlds, London: Routledge, 1995.
Stephan Sepp, Von „Ludwigland“ nach „New Neuschwanstein“ : Studien zu Kunst und Eskapismus im 19. und 20. Jahrhundert ; von den
Ursprüngen der Unterhaltungskultur in Europa am Beispiel der Bauten Ludwigs II von Bayern und Disneyland in Kalifornien, Stuttgart, Univ.,
Diss., 1998
Sehlinger Bob, Euro-Disney : der objektive Führer ; unabhängig und kritisch, München : Heyne, 1993
Franz Lerchenmüller, Alles, was Sie über Euro-Disneyland wissen müssen : Tips, Infos, Bilder, Frankfurt/M ; Berlin : Ullstein, 1992
http://www.disneylandparis.com/de/introduction.htm
http://disneyworld.disney.go.com/wdw/index
http://www.ab-travel.net/freizeitparks/frankreich/ disneyland-paris-parkplan.jpg
http://www.bestfloridaresorts.com/maps/wdwmap.jpg
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Impressum:
Technische Universität München // Fakultät für Architektur
Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und öffentlichen Raum
Univ. Prof. Dipl. Ing. Regine Keller
Dipl. Ing. Doris Grabner
Dipl. Ing. Thomas Hauck (Projektleitung)
Dipl. Ing. Volker Kleinekort
Projektteilnehmer
Léandre Bérubé
Johanna Franke
Maya Gil
Christina Haidinger
Veronika König
Stefanie Kollmann
Marina Lange
Claudia Lehmann
Ulrike Mehlert
Patricia Ott
Guillaume Paradis
Anke Perplies
Claudia Pfeifer
Phyllis Sperling
Anna Yavorska
© 2007 . Projektverfasser / Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur und öffentlicher Raum
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