Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung - BQN
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Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung - BQN
BQN Berlin Schwierigkeiten von Auszubildenden mit Migrationshintergrund 1 Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung Projektergebnisse und Empfehlungen für eine bessere Ausbildungssicherung bei Auszubildenden mit Migrationshintergrund BQN Berlin BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung? I 1 1 Schwierigkeiten von Auszubildenden mit Migrationshintergrund 1 Diese Broschüre stellt die Ergebnisse des Projekts Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung vor, das zum Programm Integration und Ausbildung gehörte und von September 2010 bis Dezember 2011 von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales finanziert wurde. 2 vgl. Mauruszat, Regine (o. J.): Eypertise „Sicherung von Ausbildungserfolg bei Auszubildenden mit Migrationshintergrund“, Berlin. EInleitung1 BQN Berlin wirbt mit der Kampagne Berlin braucht dich! dafür, dass mehr Jugendliche mit Migrationshintergrund eine Ausbildung beim Land Berlin machen. Außerdem sollen sich Betriebe für diese Zielgruppe öffnen. Berlin soll von allen Talenten profitieren, die es in der Stadt gibt. Der Beginn einer Ausbildung ist nur der erste Schritt. Denn Jugendliche mit Migrationshintergrund haben nach dem Ausbildungsbeginn ein deutlich größeres Risiko, ihre Ausbildung abzubrechen – ohne eine andere Ausbildung aufzunehmen.2 Um diesen Sachverhalt zu untersuchen, führte BQN Berlin zusammen mit der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD) das Projekt Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung durch. BQN Berlin beschäftigt sich seit Beginn der Kampagne Berlin braucht dich! mit Ausbildungssicherung. Aufbauend auf der Expertise „Sicherung von Ausbildungserfolg bei Auszubildenden mit Migrationshintergrund“ initiierte BQN Berlin die Maßnahme „Verhinderung von Ausbildungsabbruch“. Dabei unterstützten Lerncoaches am OSZ Gesundheit abbruchgefährdete Auszubildende. Ein Sprachtest und die Beratung des Lehrerkollegiums ergänzten die Maßnahme. Die TGD verfügt ebenfalls über umfangreiche Erfahrung mit Ausbildungssicherung und führte u.a. die Maßnahme Diversity Factory bei Vivantes durch. Diversity-Trainings für Ausbilder/innen waren wichtiger Bestandteil des Projekts. Das Projekt Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung begann mit einer Bestandsaufnahme in Partnerbetrieben der Kampagne Berlin braucht dich!: Ausbildungsleitungen und Auszubildende wurden zu Schwierigkeiten, zum Beispiel aufgrund eines unterschiedlichen kulturellen Hintergrundes oder der Sprache, befragt, die möglicherweise zu Abbrüchen führen.3 Hierauf aufbauend diskutierten Ausbildungsleitungen in drei Workshops den Nutzen von verschiedenen Unterstützungsinstrumenten und beschlossen, dass innerhalb der Projektlaufzeit zunächst interkulturelle Trainings für ihre Mitarbeiter/innen konzipiert und durchgeführt werden sollten. Um dem Bedarf an Sprachförderung und Nachhilfe gerecht zu werden, beschäftigte sich das Projekt zudem mit dem Nutzen von ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) der Bundesagentur für Arbeit. In diesem Zusammenhang entstand auch ein Flyer, der Auszubildende über abH informiert. Die Ergebnisse des Projektes werden von BQN Berlin ab 2012 in die Kampagne Berlin braucht dich! übernommen. Gleichzeitig wurden Empfehlungen für die Partnerbetriebe von Berlin braucht dich! und für verschiedene Senatsverwaltungen daraus abgeleitet (siehe Seite 10ff). Inhalt 1 2 Schwierigkeiten von Auszubildenden mit Migrationshintergrund: Ergebnisse der Bestandsaufnahme 2 8 Planungsworkshops 8 Interkulturelle Trainings und Empfehlungen 11 Ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) der Bundesagentur für Arbeit und Empfehlungen 3 4 BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung? I 1 1 Schwierigkeiten von Auszubildenden mit Migrationshintergrund 1 Schwierigkeiten von Auszubildenden mit Migrationshintergrund: Ergebnisse der Bestandsaufnahme Grundlage der Bestandsaufnahme bilden Interviews von BQN Berlin mit Personalverantwortlichen und Auszubildenden.3 Die potenziellen Schwierigkeiten sollten von beiden Seiten aus beleuchtet werden. Insgesamt wurden 18 Personen befragt. Die Antworten können an dieser Stelle letztlich nicht objektiv bewertet werden. Daher sollte bedacht werden, dass die jeweils erwähnte Schwierigkeit durch die Auszubildenden oder den Betrieb gleichermaßen verursacht sein können – zum Beispiel wenn sich ein Betrieb noch zu wenig auf Auszubildende mit Migrationshintergrund eingestellt hat. Schwierigkeiten 3 Interviews wurden bei der Howoge, der degewo, der Gesobau, der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, dem Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg, dem Bezirksamt Neukölln und der Verwaltungsakademie geführt. Neben diesen Betrieben beteiligten sich die Berliner Wasserbetriebe und Vivantes an den Planungsworkshops und den interkulturellen Trainings. 2 I BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung Alle Interviewpartner/innen – also sowohl die Ausbildungsleitungen als auch die Jugendlichen – führten einige Schwierigkeiten auf den Migrationshintergrund von Auszubildenden zurück. Dabei sollte erwähnt werden, dass die Mehrzahl der Auszubil- Schwierigkeiten von Auszubildenden mit Migrationshintergrund 1 „Ich denke auch, dass viele Kollegen sich gar nicht damit beschäftigen, wie das in anderen Kulturen ist. So wie ich jetzt zum Beispiel auch vom Ahmed weiß, der geht in den Pausen auch mal beten.“ denden mit Migrationshintergrund keine Probleme hat und sich gut im Betrieb integriert hat. Einige von ihnen gehören in ihrer Berufsschule sogar zu den Klassenbesten. II Betriebsatmosphäre Ein Großteil der Schwierigkeiten betrifft die Betriebsatmosphäre. Dabei stellte sich die Frage, ob sich der/die Jugendliche nicht richtig einfügt oder ob der Betrieb den/die Jugendliche/n mit seinem kulturellen Hintergrund nicht respektiert. Hierzu bemerkte ein Auszubildender: „Ich denke auch, dass viele Kollegen sich gar nicht damit beschäftigen, wie das in anderen Kulturen ist. So wie ich jetzt zum Beispiel auch vom Ahmed weiß, der geht in den Pausen auch mal beten, […] das Verständnis dafür aufzubringen, das fehlt manchen. Die eine Dame im Rechnungswesen war so ein bisschen überwältigt davon, dass er das macht“. Wie geht man mit Auszubildenden um, die Gebetszeiten einhalten wollen? Wie mit dem Tragen eines Kopftuches? Nach Angaben der Personalverantwortlichen stellt das Tragen des Kopftuchs kein Problem dar und ist weder für eine Einstellung noch im Arbeitsalltag hinderlich. Teilweise erwähnten sie jedoch, dass es nicht gern gesehen werde. So wurde der Fall einer Auszubildenden geschildert, die wegen ihres Kopftuchs auf eine Stelle ohne Publikumsverkehr versetzt wurde. Nichtsdestotrotz berichtete die Mehrzahl der Befragten (Auszubildende und Ausbildungsleitungen), dass der Umgang mit diesen sichtbaren Unterschieden nur wenige Probleme mit sich bringt. Es käme aber vor, dass Mitarbeiter/innen aufgrund eines Migrationshintergrundes Zuschreibungen vornehmen. Die befragten Personalverantwortlichen verwiesen auf die Unsicherheit von Mitarbeitern/innen im Umgang mit den Auszubildenden mit Migrationshintergrund. Exemp- larisch ist eine Sekretärin, die bislang kaum mit Migranten/innen zu tun hatte und nun mit Auszubildenden mit Migrationshintergrund zusammenarbeitet. Sie ist verunsichert und weiß nicht, wie sie sich verhalten soll. Beispielhaft ist auch der Fall einer Ausbildungsleiterin, die von einem Auszubildenden mit türkischem Migrationshintergrund berichtete, der sich den Gepflogenheiten des Betriebes zu wenig angepasst habe. Ihre Dienstanweisungen habe er zwar akzeptiert, Hinweise auf eine angemessene Kleidung oder zu unpassenden Einmischungen in private Gespräche aber ignoriert. Ratschläge von männlichen Mitarbeitern habe derselbe Auszubildende hingegen angenommen. Sie selbst war sich unsicher, was die Ursache sei. Ist es der Migrationshintergrund? Oder ist das Verhalten darauf zurückzuführen, dass der Auszubildende ein junger Mann ist – ganz unabhängig von seinem Migrationshintergrund? BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung? I 3 1 Schwierigkeiten von Auszubildenden mit Migrationshintergrund „Sie sind in meinen Augen europäisch‘, höre ich ständig. ‚Sie sind zwar von der Herkunft her Türke, aber eigentlich sind Sie ja Deutsche, weil Sie verhalten sich ja gut.“ 4 Diese Behauptungen konnten nicht überprüft werden, da Schulen nicht in das Projekt eingebunden waren. 4 I BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung Auch eine Auszubildende störte sich an Zuschreibungen durch Kollegen/innen, die sie als Diskriminierung empfindet: „Anstatt dass man vielleicht mal sagt: ‚Hey, da sitzt gerade gegenüber eine Türkin, eine Vollbluttürkin, die aber vielleicht anders ist als die anderen Türken. ‚Sie sind in meinen Augen europäisch‘, höre ich ständig. ‚Sie sind zwar von der Herkunft her Türke, aber eigentlich sind Sie ja Deutsche, weil Sie verhalten sich ja gut.“ Einige der befragten Personalverantwortlichen befürchten Ähnliches: Sie sorgen sich z. B., dass manche Mitarbeiter/innen diskriminierende Bemerkungen gegenüber den Jugendlichen fallen lassen könnten. Dies befürchten sie nicht nur für ihren Betrieb, sondern auch für die Berufsschulen – den zweiten wichtigen Lernort der Jugendlichen. Ausbilderinnen erwähnten in diesem Zusammenhang, dass die Auszubildenden immer wieder von diskriminierenden Äußerungen ihrer Lehrer/innen berichten.4 Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, wünschen sich viele Betriebe eine Unterstützung, welche die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiter/innen fördert. Die meisten Befragten würden gerne ein ein- bis zweitägiges Seminar besuchen, das ggf. regelmäßig wiederholt wird. Teilweise möchten die befragten Auszubildenden auch, dass Auszubildende ohne Migrationshintergrund an solchen Fortbildungen teilnehmen. II Leistungsfähigkeit Bei diesem Punkt stellt sich die Frage, inwieweit die Schwierigkeiten darauf zurückzuführen sind, dass die betreffenden Jugendlichen keine ausreichende Leistungsfähigkeit mitbringen oder dass die Anforderungen der Betriebe nicht erfüllbar sind. Es zeigte sich, dass sich alle befragten Auszubildenden mündlich nahezu fehlerfrei ausdrücken. Häufig erwähnten die Ausbildungsleiter/innen aber, dass viele Jugendliche mit Migrationshintergrund mangelnde Kenntnisse der deutschen Schriftsprache besäßen. So hätten selbst einzelne Auszubildende mit Mittlerem Schulabschluss große Probleme mit der Grammatik und wendeten z. B. die Groß- und Kleinschreibung nicht richtig an. Viele Ausbildungsleitungen gaben aber an, dass alle Auszubildenden gleichermaßen von Unkenntnis in Grammatik und Rechtschreibung betroffen seien – ob sie nun einen Migrationshintergrund haben oder nicht. Eine andere Art der Sprachschwierigkeit treffe wiederum fast ausschließlich auf Auszubildende mit Migrationshintergrund zu. So fehle teilweise das Textverständnis bei komplizierten Ausbildungsinhalten oder Texten mit Fachwörtern. Dazu eine Personalverantwortliche: „Die scheinen sich das zu übersetzen, was sie in der Schule lernen und erklären es sich in ihrer Muttersprache und übersetzen es dann zurück. […] Ab Mitte Schwierigkeiten von Auszubildenden mit Migrationshintergrund 1 zweites Ausbildungsjahr funktioniert das nicht mehr, und da fangen die Probleme an. Weil dann Begriffe auftauchen, die die nicht kennen. Die auch zuhause ihnen nicht vermittelt werden. Die junge Kosovo-Albanerin, die ich hatte, da haben wir einmal die Woche Nachhilfe gemacht, […] die hat immer auf Wörter in ihrem Lehrbuch gezeigt und ich hab ihr die erklärt. Die hat einfach nicht verstanden, was dieses Wort bedeutet. Die war nicht dumm. Nachdem wir das übersetzt hatten, hat die durchaus auch den Zusammenhang erkennen können. Aber sie hat einfach begriffliche Probleme gehabt.“ Nicht ausreichende Sprachkenntnisse führen nach Ansicht von Interviewpartnern/ innen zu schlechteren Leistungen in der Schule. Werden Texte nicht verstanden, verschlechtere sich die Leistungsfähigkeit insgesamt. Andere Ausbildungsleiter/innen erklären sich schlechte Leistungen der Jugendlichen eher mit einer starken zeitlichen Einbindung – insbesondere von jungen Frauen – in die Familien. Ihnen bleibe daher zu wenig Zeit zum Lernen. Zur Frage, ob Leistungen von Auszubildenden mit Migrationshintergrund im Durchschnitt schlechter seien, gab es keine einheitliche Meinung. Ganz allgemein sahen viele Interviewpartner/innen die Leistungsfähigkeit der Auszubildenden durch die Rahmenbedingungen in der Berufsschule eingeschränkt. Hier falle viel Unterricht aus. Lehrer/innen seien, ggf. durch Überlastung, schlecht vorbereitet und demotiviert. Der Zusammenhang des Unterrichtsinhaltes mit den Themen der Ausbildung sei nicht immer erkennbar.5 Einige Betriebe beanspruchen bei Grammatik- oder Rechtschreibproblemen ausbildungsbegleitende Hilfen. Das ist das RegelNachhilfeangebot der Bundesagentur für Arbeit, das allen Jugendlichen bei einer betrieblichen Erstausbildung kostenlos zur Verfügung steht. Bei diesen fehlt jedoch ein Angebot für Deutsch als Zweitsprache. Eine Interviewpartnerin zeigte sich überzeugt, dass die ausbildungsbegleitenden Hilfen in vielen Fällen nichts nützen, „weil die nicht auf das sprachliche Problem eingehen. Die gehen auf das schulische Problem ein. Das heißt also: Die kauen das Material, was in der Schule vermittelt wird, einfach wieder und hoffen, dass sie das irgendwann begreifen. Aber sie erkennen nicht das eigentliche Problem, was der Auszubildende hat, dass das eine sprachliche Barriere ist.“ In den Interviews wünschten sich die Ausbildungsleitungen langfristig eine Anpassung der abH an die genannten Bedürfnisse. Dies ist eine der Empfehlungen zu den abH, die auf den Seiten 11/12 dieser Broschüre ausführlich beschrieben sind. 5 siehe Fußnote 3 BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung? I 5 1 Schwierigkeiten von Auszubildenden mit Migrationshintergrund 6 „Ich glaube, ganz oft ist das eine Mentalitätsfrage, Einhaltung von Regeln, von Werten, die so in der ganz normalen Betriebsordnung verankert sind.“ 6 I BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung II Einhalten von Regeln Auch beim Einhalten von Regeln sehen die befragten Ausbilder/innen teilweise besondere Schwierigkeiten bei den Auszubildenden mit Migrationshintergrund. Hierbei steht zur Diskussion, ob dies an der nicht ausreichenden Angepasstheit des/der Jugendlichen liegt oder ob Jugendliche die Regeln nicht akzeptieren, weil diese sich nicht aus dem betrieblichen Ablauf herleiten lassen. Einige der Interviewpartner/innen gaben an, dass formelle oder informelle Regeln ignoriert würden: „Ich glaube, ganz oft ist das eine Mentalitätsfrage, Einhaltung von Regeln, von Werten, die so in der ganz normalen Betriebsordnung verankert sind. Sei es Einhalten von Verabredungen, sei es Einhalten von Uhrzeiten, pünktliches zum Dienst erscheinen und schlicht und ergreifend, sich mal melden, wenn man nicht kommt oder später kommt. Dass das in der deutschen Kultur irgendwie sehr verankert ist und in vielen anderen Ländern eben nicht so fester Bestandteil der Gesellschaft ist. Und da gibt es auf jeden Fall immer Aneckungen.“ Ein ähnliches Problem betrifft nach Auskunft von Ausbildern/innen männliche muslimische Auszubildende. In Einzelfällen nähmen sie keine Anweisungen von weiblichen Vorgesetzten entgegen. So wurde von Auszubildenden berichtet, die oft zu spät kamen. Auf den Hinweis, sie mögen pünktlich kommen, hätten sie patzige Antworten gegeben. Als eine Unterstützungsform haben Betriebe erste Erfahrung mit Mentorensystemen gesammelt, diese aber wegen Ressourcenknappheit bisher nicht ausgebaut. Ein ggf. betriebsübergreifendes Mentoringsystem könnte die Akzeptanz berechtigter Regeln durch die Jugendlichen fördern. Als weitere Unterstützungsmaßnahme wünschten sich Ausbildungsleitungen die Einrichtung einer betriebsübergreifenden Supervision, die existierende Beratungseinrichtungen sinnvoll unterstützt. Planungsworkshops 2 2 Planungsworkshops Expertinnen und Experten gemeinsam entscheiden und gestalten lassen – das ist ein wichtiges Prinzip der von BQN Berlin im Rahmen des Projektes Berlin braucht dich! durchgeführten Planungsworkshops. Zehn Vertreter/innen aus Betrieben (die Wohnungsgesellschaften degewo, Howoge und Gesobau, Vivantes, das Bezirksamt Neukölln sowie die Senatsverwaltung für Inneres und Sport) kamen im Mai 2010 zusammen, um gemeinsam die Ergebnisse der Bestandsaufnahme zu diskutieren. Welche der dort genannten Schwierigkeiten sind am größten? Welche Unterstützungsmaßnahmen wurden in einzelnen Betrieben schon erprobt? Welche Erfahrungen wurden hier schon gemacht? Deutlich wurde in der Diskussion, dass in Betrieben zwar viel Unterstützung angeboten wird: Oft wird diese aber nur auf der individuellen Ebene geleistet. Gerade bei den Sprachproblemen stießen die Ausbilder/innen oft an fachlichdidaktische und/oder zeitliche Grenzen. Ebenfalls diskutiert wurde, wie die Betriebe Migranten/innen fördern können, ohne diese Auszubildenden als eine Sondergruppe zu behandeln. Man war sich einig, dass die Synergieeffekte des Berlin braucht dich! Konsortiums auch für das Projekt Erfolg in der Ausbildung genutzt werden sollten. Das Konsortium ist ein Zusammenschluss von 46 Betrieben mit Landesbeteiligung und des Öffentlichen Dienstes mit 32 Schulen. Gemeinsam planen und realisieren sie Betriebsbegegnungen für Schüler/innen mit Migrationshintergrund. Im Rahmen des Konsortiums könnten Unterstützungsmaßnahmen durchgeführt werden, die einzelne Betriebe nicht für sich organisieren können. Alle Projektbeteiligten einigten sich darauf, den Schwerpunkt des Projekts auf die Entwicklung und Erprobung interkultureller Trainings von Ausbildungsverantwortlichen zu legen, um eine Verbesserung der Betriebsatmosphäre herbeizuführen. Daneben sollte auch das Nachhilfeangebot und hier insbesondere das für Deutsch als Zweitsprache überprüft werden. BQN Berlin informierte die Teilnehmer/ innen, was die ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) leisten, welche Auszubildenden daran teilnehmen dürfen und wie die Antragstellung funktioniert. In der Projektlaufzeit wurde ein jugendgerechter Flyer über abH entwickelt.6 Beim Abschlussworkshop des Projektes wurde mit den Ausbildern/innen erörtert, worauf Betriebe bei der Beantragung von abH achten sollten. 6 http://www.bqn-berlin.de/publikationen.php BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung? I 7 3 Interkulturelle Trainings 3 Interkulturelle Trainings und Empfehlungen Konzeption und Durchführung Mit den Trainings – so war dies in den Planungsworkshops vereinbart worden – sollten folgende Ziele erreicht werden: II Die Teilnehmer/innen sollten sicherer werden im Umgang mit Auszubildenden mit Migrationshintergrund. Sie sollten z. B. einschätzen lernen, wie viel Rücksicht sie im Arbeitsalltag auf eine/n Muslim/a nehmen sollten, der/die im Ramadan fastet. II Die Teilnehmer/innen sollten sich interkulturell sensibel verhalten, sich z. B. bei Sprachschwierigkeiten geduldig zeigen und Auszubildenden mit und ohne Migrationshintergrund gleiche Chancen geben. II Die Teilnehmer/innen sollten die richtige Balance finden zwischen Bestärkung (affirmative action), Toleranz und Einhaltung festgelegter Regeln. 8 I BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung Um dies zu erreichen, wurden zwei Formate entwickelt: 1 Ein eintägiges Schnuppertraining für die Personalverantwortlichen Dieses Training wurde im Vorfeld der anderen Trainings durchgeführt, um den Ausbildungsleitungen einen Einblick in die Methode interkultureller Trainings zu geben. Ihre Reaktionen waren positiv: „Das Schnuppertraining war für mich sehr informativ und hat mich zum Nachdenken bzw. Überdenken angeregt.“ 2 Zweitägige Trainings für Ausbilder/innen und Praxisanleiter/innen. Diese Trainings wurden auf Grundlage des Feedbacks der Ausbildungsleitungen konzipiert. Dabei sollte der Schwerpunkt auf selbstreflexiven Übungen liegen: Was ist die eigene Identität? Vor welchem Hintergrund bewerte ich Situationen und Menschen? Wie kommuniziere ich, und wie kommunizieren andere? Welche Missverständnisse kann es dabei geben? Interkulturelle Trainings 3 Um die gewünschte Handlungsorientierung zu erreichen, wurden am Nachmittag des zweiten Tages Fallbeispiele mithilfe von Rollenspielen aus dem Arbeitsalltag der Teilnehmer/innen behandelt. Insgesamt 28 Mitarbeiter/innen (22 Frauen, sechs Männer) von Vivantes, der Howoge, der Gesobau, den Berliner Wasserbetrieben sowie den Bezirksämtern Neukölln und Tempelhof-Schöneberg nahmen teil. Auswertung der Trainings Um herauszufinden, welchen Beitrag die Trainings für die Verbesserung der Betriebsatmosphäre in den Partnerbetrieben leisten, begleitete BQN Berlin die Trainings mit einer internen Evaluation. Das Evaluationsdesign sah erstens vor, dass direkt im Anschluss an die Trainings eine erste Reaktion mithilfe eines Fragebogens ermittelt werden sollte. Zweitens sollte überprüft werden, inwieweit die Trainings zu einer positiven Verhaltensänderung der Teilnehmer/innen gegenüber Auszubildenden mit Migrationshintergrund beigetragen haben. Diese Frage wurde bei drei Gruppendiskussionen in drei verschiedenen Betrieben überprüft. Die Ergebnisse der beiden Erhebungen wurden in den Abschlussworkshops des Projektes mit den Ausbildungsleitungen diskutiert. Für Empfehlungen an die Politik waren dabei insbesondere folgende Ergebnisse relevant: Die Feedbackbögen zeigen, dass ein Großteil der Teilnehmer/innen (39 Prozent, N = 28) vor Beginn skeptisch gegenüber den Trainings eingestellt war.7 Die skeptischen Personen sollten anschließend angeben, ob sich ihre Skepsis im Verlauf des Trainings gelegt habe: Bis auf eine Person bestätig- 7 Bei der Frage nach der Skepsis im Vorfeld der Trainings gab es sechs Antwortmöglichkeiten: „trifft voll und ganz zu“, „trifft überwiegend zu“, „teils-teils“, „trifft eher nicht zu“, „trifft gar nicht zu“, „weiß nicht“. ten alle elf Skeptiker/innen, dass dies voll und ganz bzw. überwiegend zutreffe. Trotz dieser positiven Entwicklung muss gefragt werden, worauf die teilweise weiterhin existierende Skepsis zurückzuführen ist. Hier ergeben sich zwei Anhaltspunkte: In einer offen formulierten Frage nach vermissten Inhalten wünschte sich ein Großteil der Teilnehmer/innen (39 Prozent) mehr kulturspezifisches Wissen und darauf aufbauende Hinweise zum eigenen Verhalten. Gleichzeitig äußerten sie den Wunsch nach mehr Praxisbezug. Zwar wurden die Rollenspiele zu den Fallbeispielen der Teilnehmer/ innen positiv aufgenommen, jedoch sei hierfür insgesamt zu wenig Zeit gewesen. In den Gruppendiskussionen wurde die Bedeutung der selbstreflexiven Übungen betont: TN 1: „Erst dachte ich, wozu brauch’ ich das eigentlich? Aber im Nachhinein denk’ ich: Einige Sachen waren ja so schlecht nicht. Die Übung mit dem Vorwärtsgehen zum Beispiel: Da merk’ ich schon im Nachhinein, wie eingeschränkt manche sind aufgrund ihrer Herkunft.“ TN 2: „Ich glaube man erinnert sich im Berufsalltag nicht so an die einzelnen Übungen, sondern das ist mehr so diese Sichtverschiebung. Die ist aber schon da.“ Deutlich wird also, dass die selbstreflexiven Übungen ein elementarer Bestandteil der Trainings sind. Im Arbeitsalltag kann daran angeknüpft werden. Auf die Übungen sollte nicht zugunsten eines längeren praxisbezogenen Teiles verzichtet werden. Auch wurde deutlich, dass manche Teilnehmer/innen etwas Zeit brauchen, bis das bei den Übungen Erlernte reflektiert und im (Arbeits-) Alltag umgesetzt wird. Daneben wurde in den Gruppendiskussionen das Bedürfnis geäußert, an Trainings in wiederholter, aufeinander aufbauender Form teilnehmen zu wollen. Auf diese Weise könnten Erfahrungen, die im Anschluss an ein erstes Training gemacht wurden, noch einmal reflektiert werden. Interkulturelle Trainings fortführen In einem abschließenden Workshop wurden die Trainingsergebnisse mit den Ausbildungsleitungen diskutiert und eine Weiterarbeit für 2012 im Rahmen der Kampagne Berlin braucht dich! geplant. Alle Ausbildungsleitungen wünschten sich eine Weiterführung der interkulturellen Trainings, um die interkulturelle Öffnung ihrer Betriebe voran zu bringen. Dabei sind ihnen drei Punkte wichtig: 1 Die Ausbildungsleitungen möchten das gemeinsam erarbeitete Trainingskonzept für Ausbilder/innen und Praxisanleiter/ innen weiterentwickeln. Es wurde festgestellt, dass eine einmalig stattfindende Veranstaltung bei zahlreichen Mitarbeitern/ innen nicht ausreicht, um Einstellungen zu revidieren, die sie sich über viele Jahre angeeignet haben. Vielmehr sollten Initial- und Fortsetzungstrainings kombiniert werden. In diesen könnte eine interkulturell sensible Ausbildung entlang der bekannten neuralgischen Punkte (Probezeit, Zwischenprüfung, Abschlussprüfung) thematisiert werden. Jeweils im Vorlauf eines Ausbildungsabschnittes könnte die vorangegangene Phase reflektiert und die anstehende geplant werden. 2 Sie möchten eine größere Anzahl an Mitarbeitern/innen in die Trainings entsenden und in ihren Betrieben dafür werben, dass neben Ausbildern/innen und Praxisanleitern/innen andere Berufsgruppen teilnehmen können. BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung? I 9 3 Interkulturelle Trainings 3 Sie wünschen sich, dass Auszubildende in die Trainings einbezogen werden. Die am Projekt beteiligte Verwaltungsakademie bietet ihren Auszubildenden zum/zur Bürokommunikationskaufmann/frau und zum/ zur Verwaltungsfachangestellten solche Trainings ab sofort innerhalb des neu strukturierten Faches Bürgerorientiertes Verwaltungshandeln an. Bislang fehlt ein vergleichbares Angebot für Auszubildende aus den Betrieben mit Landesbeteiligung. Im Abschlussworkshop wurde das Bedürfnis formuliert, dass alle Auszubildenden des Öffentlichen Dienstes gleich zu Beginn ihrer Ausbildung als„Teambuilding“-Maßnahme verpflichtend an einem interkulturellen Training teilnehmen sollten. 10 Empfehlungen zu interkulturellen Trainings für Ausbildungspersonal Interkulturelle Trainings haben sich als wichtiges Element zur Qualifizierung des Personals erwiesen. Die Ergebnisse aus dem Projekt Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung zeigen allerdings, dass es zurzeit noch keine exakt passenden Trainingsformate gibt. Die im Projekt entwickelten Inhalte bilden die Grundlage, auf der nun mit Unterstützung der Senatsverwaltungen und der beteiligten Betriebe aufgebaut werden soll. An sie richten sich folgende Empfehlungen: Empfehlungen an die Senatsverwaltungen 1. Empfehlung: Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen und die Senatsverwaltung für Inneres und Sport setzen sich für die Erhöhung des Anteils der Beschäftigten mit Migrationshintergrund, § 4 Abs.5 PartInG, ein, insbesondere durch Erhöhung des Anteils der Auszubildenden mit Migrationshintergrund auf mindestens 25 Prozent. Weiterhin setzen sich die Senatsverwaltungen dafür ein, dass die im Partizipations- und Integrationsgesetz geforderte Weiterbildung in interkultureller Kompetenz für alle Beschäftigten, § 4 Abs.3 PartInG, zügig umgesetzt wird und entsprechende Mittel im Etat eingeplant werden. Sie unterstützen die Betriebe ideell und materiell bei der Erstellung der Trainingsangebote, siehe Empfehlung 3. 2. Empfehlung: Die Senatsverwaltungen unterstützen eine Ergänzung des im Partizipations- und Integrationsgesetz genannten Benchmarkings, § 4 Abs.5 PartInG, um eine wissenschaftliche Evaluation der Fortbildungen zur interkulturellen Kompetenz für Ausbildungspersonal und Auszubildende. Die Umsetzung wird mit dem Integrationsbeauftragten abgestimmt. Empfehlungen an die Betriebe 3. Empfehlung: Die Betriebe mit Landesbeteiligung und die Behörden des Öffentlichen Dienstes entwickeln eine Strategie, wie interkulturelle Trainings zu ihrer interkulturellen Öffnung beitragen können. Das Berlin braucht dich! Konsortium koordiniert diese Entwicklung und berücksichtigt dabei die jeweils relevanten Akteure. Dies sind für die Betriebe des Öffentlichen Dienstes neben den einzelnen Behörden sowohl die Verwaltungsakademie, VAK, als auch die Senatsverwaltung für Inneres und Sport, als Ausbildungsverantwortliche für den Senat. In Bezug auf die Planung der Trainings für Auszubildende wird die VAK als Anbieterin von interkulturellen Trainings innerhalb des Fachs „Bürgerorientiertes Verwaltungshandeln“ einbezogen. 4. Empfehlung: Die Strategie soll eine Möglichkeit vorsehen, dass Auszubildende als Multiplikatoren/innen qualifiziert und eingesetzt werden können. Möglich erscheint die Ausbildung von Peer-Trainern/ innen, d. h. jungen Mitarbeitern/innen bis 25 Jahren. 10 I BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung Ausbildungsbegleitende Hilfen 4 4 Ausbildungsbegleitende Hilfen (abH) der Bundesagentur für Arbeit und Empfehlungen Hintergrund Die ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) der Bundesagentur für Arbeit sind das umfangreichste Angebot zur Unterstützung von Auszubildenden, deren Ausbildungserfolg bedroht ist. „Durch Förderung des Erlernens von Fachtheorie, Fachpraxis, Stützunterricht zum Abbau von Sprach- und Bildungsdefiziten sowie durch sozialpädagogische Begleitung“8 soll der erfolgreiche Abschluss einer betrieblichen Berufsausbildung gewährleistet werden. Mit der Umsetzung der abH sind in Berlin aktuell acht Träger an verschiedenen Standorten im Stadtgebiet beauftragt.9 Die Interviews zu Beginn des Projektes, die Planungsworkshops und bilaterale Gespräche mit Ausbildern/innen verschiedener Betriebe ergaben, dass abH heute nicht von allen betroffenen Auszubildenden gleichermaßen angenommen werden. Ursache ist eine teilweise ungenügende Information über die abH. Als Lösung wurde im Rahmen des Projektes ein Flyer entwickelt. Das Faltblatt erläutert, was abH sind und wie sie beantragt werden können. Zusätzlich zur ungenügenden Information besteht aber das Problem, dass ein spezieller Bedarf bestimmter Personengruppen durch das SGB II und das SGB III – die für die abH maßgeblichen Gesetzbücher – bislang nicht gedeckt ist. Daneben hindern interne Regelungen der Arbeitsagenturen und Jobcenter Jugendliche daran, die abH in einem ihren Schwierigkeiten angemessenen Umfang wahrzunehmen. BQN Berlin empfiehlt daher den zuständigen Senatsverwaltungen und Betrieben, die unten genannten Punkte in geeigneter Weise zu forcieren. 8 http://www.arbeitsagentur.de/nn_27658/Navigation/zentral/ Unternehmen/Hilfen/Rehabilitation/AusbildungsbegleitendeHilfen/Ausbildungsbegleitende-Hilfen-Nav.html#d1.2, Zugriff 12/2011. 9 Die acht Träger sind Schildkröte GmbH, die Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen (GFBM), die Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW), die Bildungsmarkt Vulkan gGmbH, TÜV Rheinland Akademie GmbH, die Werkstatt neue Technologien und Kultur (WeTeK), das Institut für Betriebsorganisation und Informations-Technik (InBIT), die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) und die TÜV Rheinland Akademie GmbH. Empfehlungen zu ausbildungsbegleitenden Hilfen Defizitäre Kenntnisse der deutschen Schrift- bzw. Fachsprache hindern viele Auszubildende mit Migrationshintergrund – trotz vorhandener Ausbildungsreife – am Ausbildungserfolg. Bisher können nach gesetzlicher Vorschrift (§ 241 SGB III) lediglich allgemeine „Maßnahmen zum Abbau von Sprachdefiziten“ gefördert werden. Dieser Unterricht entspricht aber nicht den spezifischen Bedürfnissen der Migranten/innen. 5. Empfehlung: Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen nimmt in geeigneter Weise Einfluss auf eine Überarbeitung der Bundesgesetze SGB II und SGB III: Der die abH behandelnde Paragraph § 241 SGB III soll dahin gehend geändert bzw. konkretisiert werden, dass zur Absicherung der betrieblichen Erstausbildung bei Migranten/innen ein spezieller ergänzender Deutschunterricht auf Grundlage der bisherigen Sprachkenntnisse angeboten wird, um den betrieblichen Ausbildungserfolg zu sichern. BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung? I 11 4 Ausbildungsbegleitende Hilfen Neben dieser die Gesetzgebung betreffenden Empfehlung sind zusätzliche Änderungen auf anderen Ebenen notwendig: Ausbildungsbegleitende Hilfen werden entweder durch die jeweilige Arbeitsagentur oder Jobcenter bewilligt – je nachdem, ob der/die Auszubildende zusätzlich zu seinem/ihrem Arbeitsentgelt Aufstockungsleistungen wie z. B. Wohngeld erhält (Zuständigkeit beim Jobcenter) oder nicht (Zuständigkeit bei der Arbeitsagentur). Die inhaltliche Ausgestaltung der Hilfen ist bei beiden Gruppen identisch, aber die Vergabebedingungen weichen voneinander ab: Auszubildende im Zuständigkeitsbereich einer Arbeitsagentur können in der Regel wählen, ob sie die abH beim Träger im Bezirk des Wohnortes, des Betriebes oder der Berufsschule wahrnehmen. Demgegenüber dürfen Auszubildende im Zuständigkeitsbereich eines Jobcenters die abH nur im Bezirk ihres Wohnortes wahrnehmen. Auszubildende können die abH oft einfacher in ihren Alltag integrieren, wenn sie diese direkt im Anschluss an ihre Berufsschule oder Arbeit im Betrieb absolvieren können. Müssen sie erst in den Bezirk ihres Wohnortes zurückfahren, sind sie ggf. schon zu müde, um von der abH profitieren zu können. So ist es für Jugendliche im Zuständigkeitsbereich eines Jobcenters weniger wahrscheinlich, dass sie an einer abH teilnehmen. Außerdem müssen diese Jugendlichen bei einem Umzug in einen anderen Bezirk i. d. R. den Träger wechseln, da nur wenige Träger für mehrere Bezirke zuständig sind. Auch dadurch wird ein Abbruch der abH wahrscheinlicher. Ein anderes Hindernis besteht in der Anzahl der von der Agentur und den Jobcentern eingekauften Plätze. Ein Träger nannte das Problem, dass seine Plätze für JobcenterKunden schon belegt seien und er interessierte Jugendliche daher abweisen musste. 12 I BQN Berlin I Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung Die folgende Empfehlung bezieht sich gleichermaßen auf beide oben genannten Nachteile. 6. Empfehlung: Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen nimmt bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern darauf Einfluss, dass die Auszubildenden – unabhängig davon, ob sie in den Zuständigkeitsbereich einer Arbeitsagentur oder eines Jobcenters fallen – die abH nach Wahl entweder im Bezirk ihres Wohnortes, ihres Ausbildungsbetriebes oder der Berufsschule wahrnehmen können. Die Abrechnung der Maßnahmen erfolgt zwischen den Agenturen und Jobcentern nach Wohnsitz der Auszubildenden. Einige Träger beklagen außerdem eine zu geringe Aufgeschlossenheit mancher Oberstufenzentren (OSZ) gegenüber ihrem Angebot. So sei es vorgekommen, dass ein Träger, der an einem OSZ über sein Angebot informieren wollte, von der Schulleitung abgewiesen wurde. Dies sei damit begründet worden, dass das OSZ seine Schüler/innen bereits ausreichend unterstütze. 7. Empfehlung: Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft versendet ein Informationsschreiben, das über ausbildungsbegleitende Hilfen informiert und auf deren Bedeutung im Rahmen der Förderlandschaft hinweist. Abschließend lässt sich festhalten, dass das Projekt Berlin braucht dich! Erfolg in der Ausbildung wichtige Ergebnisse erarbeitet hat, auf deren Grundlage sich der Ausbildungserfolg von Auszubildenden mit Migrationshintergrund sichern lässt. Es hat sich gezeigt, dass Betriebe der Ausbildungssicherung der Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine große Bedeutung beimessen. Sie sollten dabei in Zukunft durch noch effektivere Instrumente unterstützt werden. Dazu gehört auch die Kampagne Berlin braucht dich!, die weiterhin an dem Ziel arbeitet, den Anteil Jugendlicher mit Migrationshintergrund in allen Ausbildungsbereichen auf 25 Prozent zu erhöhen. 25 Prozent, die ihre Ausbildung erfolgreich abschließen. Impressum Herausgeber BQN Berlin Geschäftsführung: Annemie Burkhardt Alte Jakobstraße 85-86 10179 Berlin Telefon 030/275 90 87 0 Fax 030/275 90 87 22 E-Mail: [email protected] www.bqn-berlin.de www.berlin-braucht-dich.de www.facebook.com/Berlin.braucht.dich Autorin: Katharina Goethe Redaktion: Oliver Panne, Annemie Burkhardt Gestaltung kursiv, Katrin Schek Fotos Barbara Dietl Copyright 2012 BQN Berlin BQN Berlin Berufliches Qualifizierungsnetzwerk für Migrantinnen und Migranten in Berlin