IMK Menschenrechtsinformationsdienst - Hamburger

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IMK Menschenrechtsinformationsdienst - Hamburger
Internationales Zentrum für die Menschenrechte der Kurden
IMK Menschenrechtsinformationsdienst
Datum: 09. September 2006 – 22. September 2006
Inhaltsverzeichnis
Türkei
Irak
Iran
Syrien
Deutschland
Publikationen
Impressum
Seite 1 bis 7
Seite 7 bis 12
Seite 12 bis 15
Seite 15
Seite 16
Seite 17 bis 18
Seite 19
Türkei:
Angriffe auf Kurden häufen sich
In jüngster Zeit häufen sich die Angriffe auf kurdische Arbeiter in der Westtürkei. Nachdem vergangene Woche in Konya ein banaler Streit zu einem
Massenlynchversuch an kurdischen Arbeitern ausgeartet war, griffen gestern ca. 2000 Personen in
Sakarya aus Diyarbakir stammende Saisonarbeiter
an. Vier Kurden wurden festgenommen. Vor dem
Polizeirevier versammelte sich eine Menschenmasse mit MHP-Mitgliedern an der Spitze, die die
Herausgabe der Festgenommenen forderte.
Entzündet hatte sich der Streit in einem Teegarten,
als MHP’ler kurdische Arbeiter als „PKK’ler“ und
„schmutzige Terroristenkurden“ beschimpften. Als
sich das Gerücht verbreitete, dass es sich bei den
Arbeitern um PKK’ler handelt, griffen Hunderte
Personen unter Parolenrufen die betroffenen Arbeiter an, die schließlich – auch zu ihrem eigenen
Schutz – festgenommen wurden.
Vergangene Woche hatten 150 kurdische Familien
Konya nach einem Angriff auf kurdische Arbeiter
aus Sicherheitsgründen verlassen müssen. Im Juli
entkamen 16 SaisonarbeiterInnen in Izmir einem
Lynchversuch. Im Juni war ein Streit zwischen
zwei Jugendlichen in Izmir zu einer kurdischtürkischen Massenschlägerei ausgeartet. Weitere
Lynchversuche fanden in diesem Jahr in Trabzon,
Kirklareli, Ordu und Sakarya statt.
(Quelle: ANF, 08.09.06)
Die EU-Kandidatin Türkei und das
kurdische Kuckucksei
Die Anschlagswelle in den türkischen Kurorten
macht deutlich, was eine EU-Mitgliedschaft Ankaras mit sich bringen kann. Hinter der jüngsten
Welle von Bombenanschlägen in der Türkei stehen
- so wird zumindest stark angenommen - Kurden.
Seit der USA-Invasion im Nachbarland Irak sind
sie wesentlich aktiver geworden, weil sie auf dem
schlecht kontrollierten irakischen Territorium einen
guten Stützpunkt erhalten haben.
Und schon wieder ist dort der Traum eines der
ältesten und unglücklichsten Völker der Welt von
einem Großen Kurdistan erwacht.
Kaum ein anderes heute in der UNO vertretenes
Volk kann eine derart alte Geschichte aufweisen
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wie die Kurden, die schon von den alten Ägyptern
erwähnt wurden. Auch heute sind die Kurden kein
kleines Volk: Laut unterschiedlichen Angaben sind
es 20 bis 30 Millionen. Im Unterschied zu irgendeiner vergessenen Insel im Stillen Ozean haben sie
aber immer noch keine eigene Staatlichkeit. Sie
besiedeln Teile der Türkei, des Iraks, Syriens, Irans,
Aserbaidschans und Armeniens. Mancherorts geht
es ihnen mehr oder weniger gut, meist aber miserabel.
Die Türkei, Iran, Syrien, aber auch andere Länder,
die eine ständige, von den Kurden ausgehende
Gefahr für ihre territoriale Integrität spüren, behandeln dieses Volk nicht gerade mit Samthandschuhen, im Regelfall werden sie aber unverhüllt verfolgt. Andererseits erscheint das Kurdenproblem
der heutigen zivilisierten Welt dermaßen unlösbar
und explosiv, dass sie es vorzieht, einfach die Augen davor zu verschließen. Die Interessen dieses
alten und zahlreichen Volkes zu ignorieren bedeutet
aber, es zu provozieren. Behandelt man eine
Krankheit nicht, wird sie eben immer akuter.
Indessen läuft alles - wenn auch stockend - auf eine
EU-Mitgliedschaft der Türkei hin. Natürlich müssen die Westeuropäer selbst darüber entscheiden,
die Logik eines solchen Schritts lässt aber Fragen
entstehen.
Nicht verständlich ist zum Beispiel, warum die
Europäische Union, die sich nicht einmal über ihre
gemeinsame Verfassung geeinigt hat, die sich zunächst über den irakischen und jetzt auch über den
libanesischen Krieg zerstritten hat, die keinen einheitlichen Standpunkt zum iranischen "Atomdossier" hat, beharrlich auf eine quantitative Vergrößerung zum Nachteil der Qualität hinarbeitet. Ist es
nicht verrückt, der Türkei Tür und Tor zu öffnen,
wo die Europäer selbst mal einen "Karikaturenskandal", mal "den Brand bei Paris" erleben, vom
Terrorismus mit dessen eindeutig nichteuropäischer
Färbung ganz zu schweigen.
Wenn die EU bis jetzt keine adäquaten Maßnahmen
konzipieren kann, um dem Zustrom der illegalen
Immigranten den Weg zu versperren - was wird sie
dann mit diesem durchaus legalen Tsunami machen?
So würden die Türken auch das Kurdenproblem
wie ein Kuckucksei ins europäische Nest mitbringen. Sollten die Kurden das Leben in der Türkei
nicht mehr ertragen können, werden sie sich nach
Europa begeben. Sollten sie aber in der Türkei
bleiben und ihren Unabhängigkeitskampf fortsetzen, würden die Europäer der politischen Korrektheit halber entweder schamvoll die Augen davor
verschließen, was mit den Kurden in den türkischen
Gefängnissen angestellt wird, oder die Türken lange und völlig hoffnungslos zu überreden versuchen,
den Kurden eine umfassende und reale Autonomie
auf türkischem Territorium zu bieten.
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Dabei sind die Europäer selbst, nach Umfragen zu
urteilen, über diesen von der Türkei aus aufkommenden Tsunami gar nicht erfreut. Etwa die Österreicher machen nicht einmal ein Hehl aus ihrer
eindeutig negativen Einstellung dazu. Die EUBürokraten scheinen aber keine große Sorge darüber zu empfinden. Besorgte Mienen sind zwar
auch bei diesem oder jenem von ihnen zu sehen,
aber alles bewegt sich dennoch in Richtung EUMitgliedschaft der Türkei.
Warum? Danach muss man bestimmt nicht mich
fragen. (Quelle: russland.ru, 11.09.06)
EU-Beitritt setzt Zeichen
für Reformbereitschaft
Ankara / Istanbul - Mit der Wiedereröffnung einer
orthodoxen Priesterschule auf der Insel Heybeliada
vor Istanbul möchte der EU-Beitrittskandidat Türkei nach Angaben der türkischen Tageszeitung
‚Milliyet’ ein Zeichen setzen. Die türkische Regierung geht damit auf die Kritik des Europaparlaments bezüglich des erlahmenden Reformeifers am
Bosporus ein.
Der auswärtige Ausschuss des Europaparlaments
hatte vergangene Woche in Straßburg den zunehmend erstarrenden Reformeifer der Türkei, sowie
deren Haltung in Bezug auf die Grundrechte kritisiert: “Wichtig sind echte Bemühungen zur Regelung des Zypern-Problems sowie die Achtung der
Meinungs- und Religionsfreiheit”, sagte der Berichterstatter des Ausschusses, Camiel Eurlings.
Lediglich 54 Prozent der Türken sind laut einer
aktuellen Umfrage des German Marshall Funds
(GMF) noch der Meinung, ein EU-Beitritt wäre gut
für ihr Land. 22 Prozent sind sogar strikt dagegen.
2004 sprachen sich noch 73 Prozent dafür aus.
"Das Thema Europäische Union ist unter den Türken vergessen", sagte Cengiz Aktar, Leiter des
Europa-Zentrums an der Istanbuler BahcesehirUniversität dem 'Spiegel'. Die Türken würden sich
von vielen EU-Ländern nicht gewollt fühlen: "Man
behandelt die Türkei immer noch wie ein Stiefkind."
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und sich
wieder mehr auf Europa zuzubewegen plant die
türkische Regierung nun nach Angaben der Tageszeitung 'Milliyet' zahlreiche neue Initiativen. Hierzu
gehöre unter anderem die von der EU seit langem
geforderte Wiedereröffnung der seit mehr als 30
Jahren geschlossenen Priesterschule für orthodoxe
Christen in Istanbul. (Quelle: europolitan, 11.09.06)
Türkische Inhaftierte weiterhin
misshandelt
Europas größte Menschenrechtsbeobachterorganisation drängte die Türkei am Mittwoch dazu, jegliche Misshandlungen von Inhaftierten zu beenden
und bemerkte, dass die Konditionen in türkischen
Gefängnissen nicht „beruhigend“ seien.
Die Türkei hat Fortschritte gemacht bei der Abschaffung des Missbrauchs von Inhaftierten, aber
Gefangene werden immer noch geschlagen, bedroht
und erniedrigt, berichtete ein Sonder-Anti-FolterKomitee des Europarates in einem neuen Bericht.
Das Komitee besuchte im vergangenen Dezember
ca. zehn türkische Polizeistationen, Gefängnisse
und psychiatrische Einheiten. Während die vorgefundenen Bedingungen „viel versprechend“ waren,
müssen die türkischen Behörden weitere Bemühungen unternehmen, die Behandlung von Kriminellen
zu verbessern, entschied das Komitee.
„Das Bild, das sich aufgrund der Informationen
ergeben hat, ist insgesamt nicht beruhigend“ unterstrich es.
Die auf die EU hoffende Türkei hat versprochen,
eine „null- Toleranz“ Politik hinsichtlich Folter und
Misshandlungen zu verfolgen. Europäische Gesetzesmacher kritisierten Ankara in dieser Woche
wegen seines sich verschlechternden Menschenrechtsrekordes und der Verlangsamung der Reformen und warnte noch einmal, dass die momentanen
Mitgliedsgespräche „offen“ seien und der Beitritt
der Türkei in die EU keineswegs garantiert sei. Sie
warnte die Türkei auch, dass die EU die Erweiterungsgespräche verlangsamen werde, wenn der
Forderung des Blocks nach Normalisierung der
Beziehungen zu Zypern nicht nachgekommen wird.
Während sie die Gespräche bezüglich der Mitgliedschaft mit der Türkei aufrecht zu erhalten wünscht,
grübelt die EU darüber, wie die schwierige Zypernfrage bis nach der Wahl in der Türkei im nächsten
Jahr auf Eis gelegt werden kann, berichteten EUBeamte. Bezüglich der Option, die Angelegenheit
an europäische Gerichte zu übergeben, sagte ein
Sprecher am Mittwoch: „ich kann über eine solche
Möglichkeit nicht spekulieren.“
Die EU hat Ankara bis Ende des Jahres Zeit gegeben, seine Flug- und Seehäfen für Zypern, das die
Türkei nicht anerkennt, zu öffnen. Der in Strassburg ansässige 46 Mitglieder zählende Europarat ist
der führende Menschenrechtsbeobachter des Kontinents und unabhängig von der EU.
(Quelle: DPA, 14.09.06, Übersetzt: M. Cornelius)
Anschlag in "Kurden-Hauptstadt"
Explosion: 10 Menschen sterben, weil eine Bombe
vermutlich zu früh explodierte
ISTANBUL - Zwei Wochen nach den Anschlägen
kurdischer Extremisten in den Touristenstädten
Antalya und Marmaris hat der Bombenterror in der
Türkei erneut zugeschlagen - und diesmal an ganz
unerwarteter Stelle, in Diyarbakir. Das ist die heimliche Hauptstadt der kurdischen Minderheit, eine
Stadt, die während des 15-jährigen Guerillakriegs
(1984-99) der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK durch den Zustrom entwurzelter Landbewohner über alle Maßen angeschwollen ist.
Die Bombe explodierte am späten Dienstagabend
bei einer Bushaltestelle an der Mauer eines Parks.
Dieser schwerste Bombenanschlag in der Türkei
seit drei Jahren hat mindestens zehn Menschen das
Leben gekostet, darunter sieben Kindern. 14 Menschen wurden verletzt. Die selbst gebaute Bombe
sei in einer Thermoskanne gelagert gewesen und
beim Transport explodiert, erklärte das Büro des
Gouverneurs.
Die Straße des Wohngebiets war nach Augenzeugenberichten mit Leichenteilen übersät. Vier der
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Opfer konnten nur anhand von Blutproben identifiziert werden, wie aus einem Krankenhaus verlautete. Eine Bekennererklärung zum Terrorakt lag zunächst nicht vor. In der Region aktive kurdische
Separatisten nehmen üblicherweise Regierungsund Militäreinrichtungen zum Ziel, nicht die eigenen Zivilisten.
In der Presse wurde spekuliert, dass das eigentliche
Ziel eine 1,5 Kilometer entfernte Polizeiwache sein
sollte, die Bombe aber zu früh explodierte. Möglicherweise gibt es einen zeitlichen Zusammenhang
zu Gesprächen eines amerikanischen Militärgesandten mit der Regierung in Ankara über Maßnahmen
zur Eindämmung des kurdischen Aufstands. Die
PKK griff 1984 zu den Waffen, um auf diese Weise
die Selbstverwaltung im Südosten der Türkei zu
erzwingen. Seitdem sind mehr als 37 000 Menschen
ums Leben gekommen.
Der Anschlag in Diyarbakir ist der schwerste seit
den Anschlägen in Istanbul im November 2003. Bei
den Angriffen auf zwei Synagogen, das britische
Konsulat und eine britische Bank kamen 58 Menschen ums Leben.
Gebuchte Türkei-Reisen können diesmal nicht
kostenlos umgebucht oder storniert werden. "Diyarbakir liegt so weit im Osten, dass es touristisch
nicht relevant ist", sagte Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband. Daher können Urlauber, die
Aufenthalte zum Beispiel im mehrere Hundert
Kilometer entfernten Antalya gebucht haben, nicht
mit Verweis auf die Explosionen kostenlos zurücktreten. (Quelle: dpa,14.09.06)
es weiter und endet mit der Drohung: »Der beste
Kurde ist ein toter Kurde«. Daneben sind Fotos
abgebildet, die angeblich den ferngesteuerten
Sprengsatz vor der Explosion darstellen.Hinter dem
Namen »Türkische Rachebrigaden« (Türk Intikam
Tugayi) verbergen sich Todesschwadrone, die Anfang der 90er Jahre von Cengiz Ersever, einem
Agenten des Geheimdienstes MIT, als Teil der
»speziellen Kriegsführung« in den kurdischen Ausnahmezustandsgebieten gegründet wurden und
hierfür auch PKK-Abschwörer rekrutierten. Der
Anschlag auf den Vorsitzenden des türkischen
Menschenrechtsvereins IHD Akin Birdal im Jahr
1998 geht ebenso auf das Konto der TIT wie Morde
an kurdischen Intellektuellen und Politikern. Auch
vor dem Handgranantenanschlag auf den UmutBuchladen in der Kleinstadt Semdinli, bei dem
vergangenen November die Bevölkerung drei Konterguerillamänner fassen konnte, waren Flugblätter
mit Drohungen der TIT verteilt worden. Während
türkische Sicherheitskräfte am Mittwoch mehrere
Häuser im Armenviertel Baglar in Diyarbakir
stürmten, kamen Tausende Menschen am Ort des
Anschlags im benachbarten Kosuoglu-Park zusammen. Die Trauernden riefen Parolen wie »Dafür
wird der Mörderstaat zahlen«, sowie in kurdischer
Sprache »Es lebe der Frieden« und »Es lebe Abdullah Öcalan«. Spezialeinheiten der Armee zogen
rund um die Protestkundgebung auf ohne einzugreifen. (Quelle: jungeWelt, 15.09.2006)
Razzien in türkischen Kurden-Gebieten
nach Anschlag
AFP Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip
Erdogan vermutet die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK hinter dem tödlichen Bombenanschlag von Diyarbakir. Indizien deuteten auf eine
Täterschaft der PKK hin, sagte Erdogan am Freitag
vor Journalisten in seinem Wahlkreis Siirt. Gleichzeitig schloss er aus, dass eine rechtsextreme türkische Gruppe hinter dem Attentat steht, die sich zu
dem Anschlag bekannt hatte...
Mit einer groß angelegten Fahndung haben türkische Sicherheitskräfte auf einen neuerlichen Anschlag im kurdischen Südosten reagiert. Dabei
durchkämmten sie heute das Stadtviertel, in dem
das Attentat am Vorabend verübt worden war. Die
Zahl der Toten bei dem Anschlag stieg unterdessen
auf elf, unter ihnen nach jüngsten Angaben der
türkischen Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi
mehrere Kinder. Nach wie vor unklar blieb, wer für
den Anschlag verantwortlich ist. Der Anschlag war
der jüngste einer ganzen Serie von tödlichen Anschlägen auf türkische Ferienorte und Städte.
(Quelle: ORF.at, 15.09.06)
Türkische Rechtsextremisten bekennen
sich zu Anschlag in Diyarbakir
»Nur tote Kurden gute Kurden«
Die rechtsextremen »Türkischen Rachebrigaden«
(TIT) haben sich zu dem Bombenanschlag in der
kurdischen Stadt Diyarbakir bekannt, der in der
Nacht zum Mittwoch zehn Todesopfer forderte.
Über ein Dutzend Menschen wurden zum Teil
schwer verletzt. Auf einer Internetseite erklärte die
Organisation, der Anschlag sei im Gedenken an
einen kürzlich in Siirt bei Kämpfen mit dem kurdischen Guerilla getöteten Soldaten verübt worden.
»Als Türkische Rachebrigaden werden wir für
jeden Türken, den die PKK im Westen zum Märtyrer macht, in Diyarbakir zehn Kurden töten«, heißt
Erdogan: Spur nach Anschlag
von Diyarbakir führt zur PKK
(Quelle: AFP, 15.09.06)
Protest gegen willkürliche
Verhaftungen von Friedensaktivisten
in der Türkei
Die Regionalgruppe Ostalb von Solidarität International (SI) e.V. hat eine Protestresolution verfasst,
die sich auf die Verhaftungen anlässlich des Antikriegstages in der Türkei bezieht. Weiter heißt es in
dem Bericht:
"Unter den Verhafteten befinden sich der Schwager
und die Schwester eines Mitglieds unserer Regionalgruppe. Den Verwandten wird der Kontakt zu
den Inhaftierten verwehrt, ihr Aufenthaltsort ist
unklar und die Angehörigen bangen um das Leben
der Betroffenen. Die Chefredakteurin von Özgür
Radyo wollte ursprünglich am Frauenpolitischen
Ratschlag teilnehmen, doch ist ihre Teilnahme
durch die Verhaftung in Frage gestellt."
Der Text der Protestresolution:
"An den Innenminister der Türkei, Abdulkadir
Aksu, [email protected]
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An den Premierminister der Türkei Tayyip Erdogan, [email protected]
Mit Entsetzen hat unsere Gruppe von Solidarität
International (SI) e.V. von der Verhaftung von 18
Friedensaktivisten erfahren, die am 1. September dem internationalen Antikriegstag - in Ankara
friedlich gegen die Entsendung von türkischen
Soldaten in den Libanon auf die Straße gegangen
sind. Weiterhin entgingen vier Jugendliche nur mit
knapper Not der Lynchjustiz eines von der Polizei
aufgehetzten Mobs.
Zuletzt wurden noch der Chefredakteur der sozialistischen Wochenzeitung "Atilim" Ibrahim Cicek, der
frühere Chefredakteur von "Atilim" Ziya Ulusoy,
die Besitzerin und Chefredakteurin des Istanbuler
Radios "Özgür Radyo" Füsun Erdogan und die
Journalisten Sedat Sonoglu und Bayram Namaz
verhaftet.
Unser Mitgefühl gilt allen Verhafteten und deren
Angehörigen, die in tiefer Sorge um sie sind.
Solidarität International (SI) erklärt sich solidarisch
mit den Verhafteten und unterstützt in diesem Zusammenhang die Forderung nach der sofortigen
Freilassung der mindestens 20 Inhaftierten und der
restlosen Aufklärung des gesamten Vorgangs.
Wir unterstützen ebenso die Forderung nach einer
öffentlichen Entschuldigung durch die Verantwortlichen und der öffentlichen Zurücknahme des Terrorismus-Vorwurfs gegenüber den Verhafteten.
Solidarität International (SI) verwahrt sich dagegen,
dass Menschen, die eine Entsendung von Truppen
in ein fremdes Land ablehnen, die der "New-WarPolitik" der US-Regierung kritisch gegenüber stehen oder den berechtigten Widerstand gegen Besatzung und Unterdrückung verteidigen, pauschal mit
dem "Terrorismus"-Vorwurf belegt werden und für
ihre Meinung eingesperrt werden.
Doch das alles wird nicht verhindern, dass sich der
berechtigte Widerstand gegen Besatzung und Unterdrückung weiter entwickelt und die Völker um
ihr Recht auf Selbstbestimmung ringen.
Auch in Deutschland und in vielen anderen Ländern der Welt gab es zum Antikriegstag zahlreiche
Demonstrationen und Aktionen, bei denen ein Einsatz deutscher oder anderer fremder Truppen im
Libanon deutlich abgelehnt wurde.
Offensichtlich muss die türkische Regierung verstärkt zu dem Mittel greifen, ihre Politik zunehmend mit Unterdrückung und Verfolgung anders
denkender Menschen durchzusetzen.
Wie anders sollten die vor kurzem neu verabschiedete verschärfte Antiterrorgesetzgebung und die
aktuellen Vorfälle zu erklären sein?
Solidarität International (SI) e.V. wird den Vorfall
in Deutschland und gegenüber seinen internationalen Partnern weiter bekannt machen und die Solidarität mit den Betroffenen helfen zu organisieren in
der Hoffnung, dass die Inhaftierten unverzüglich
frei kommen und zu ihren Familien und in ihren
Beruf zurück können.
Mit freundlichen Grüßen
Regionalgruppe Ostalb, Christa Fragner-Schneider"
(Quelle: Rote Fahne, 16.09.06)
Ilisu-Projekt: Bundesrat sorgt sich um
Arbeitsplätze
Die am Bau des Ilisu-Staudamms beteiligten
Schweizer Firmen können aufatmen: Alles deutet
darauf hin, dass der Bundesrat ihnen demnächst
eine Exportrisikogarantie gewähren wird.
Ein definitiver Entscheid ist im Bundeshaus zwar
noch nicht gefallen. Aus den in den letzten Tagen
geführten Diskussionen muss aber geschlossen
werden, dass der Bundesrat für den Bau des umstrittenen Ilisu-Staudamms in der Türkei bald eine
Exportrisikogarantie abgeben wird. Das Gesuch
wurde von den vier Schweizer Unternehmen
Alstom, Colenco, Maggia und Stucky eingereicht.
Sie gehören zum österreichischen Konsortium, das
den 1820 Meter langen und 135 Meter hohen Staudamm am Tigris erstellt.
Betroffene bangen um ihre Zukunft
Die Zeit drängt: Mit der Grundsteinlegung von
Anfang August hat die Türkei klar gemacht, dass
sie nicht länger warten mag. Sie will das umstrittene Projekt nun rasch vorantreiben. Obwohl noch
nicht klar ist, ob Schweizer Firmen mit Garantien
des Bundes in der Türkei tätig werden können,
haben die Behörden schon begonnen, die Bevölkerung zur Umsiedlung zu bewegen. Da eine grosse
Fläche unter Wasser gesetzt wird, müssen in der
Region der historischen Stadt Hasankeyf 11 000
Menschen ihre Häuser verlassen. Laut Konsortium
ist für ebenbürtigen Ersatz gesorgt. Nach Ansicht
der Entwicklungsorganisationen sind die von türkischer Seite gemachten Zusicherungen allerdings
nicht viel wert. Der grösste Teil der von der Umsiedlung betroffenen Bevölkerung werde von der
Regierung im Stich gelassen, sagt Christine Eberlein von der Erklärung von Bern (siehe Interview).
Im Bundeshaus will man sich zu konkreten Fragen
nicht äussern, bestätigt jedoch, dass die Regierung
das Gesuch demnächst behandeln wird. Im August
haben sich die Vertreter der Exportrisikoagentur
vor Ort ein Bild gemacht. Dabei haben sie der türkischen Wasserbehörde gewisse Versprechen abgerungen, wie aus gut informierten Quellen verlautet.
Anfang Oktober sollen diese in einem abschliessenden Workshop konkretisiert werden.
Wirtschaftliche Interessen gehen vor
Für die mit der Materie betrauten Fachleute ist dies
ein untrügliches Indiz dafür, dass das Gesuch um
eine Exportrisikogarantie mit Auflagen bewilligt
werden soll. Wenn es darum geht, zwischen wirtschaftlichen und sozialen Interessen abzuwägen,
räumt der Bundesrat Ersteren häufig grösseres Gewicht ein: 1998 hat er für das Staudammprojekt
schon einmal eine Garantie abgegeben. Es liess sich
nicht realisieren, weil etliche Firmen vorzeitig ausstiegen.
Verhältnis zur Türkei entspannt sich
Nach Ansicht der Kritiker können strenge Auflagen
in der Türkei nicht durchgesetzt werden. Das haben
sie diese Woche auch Jean-Daniel Gerber, dem
Direktor des Staatssekretariats für Wirtschaft, und
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Aussenministerin Micheline Calmy-Rey gesagt.
Das Konsortium sieht jedoch keinen Grund, an den
Versprechen der Türkei zu zweifeln. Das Land sei
gewillt, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
Für die Schweizer Firmen sind die Aufträge in der
Türkei sehr wichtig. Sie haben ihr Lobbying deshalb ebenfalls verstärkt. Mit Erfolg: Der Bundesrat
will mit der Exportrisikogarantie Arbeitsplätze
sichern. Dass die Situation für die von der Umsiedlung betroffenen Menschen schwierig ist, wird
anerkannt. Ihre Lage sei aber schon heute nicht
einfach. Mit einem internationalen Monitoring hofft
man, die Probleme lösen zu können. Das Verhältnis
zur Türkei scheint sich im Übrigen langsam zu
entspannen: Bundesrat Christoph Blocher wird im
Oktober an der Feier zum 80. Geburtstag des von
der Schweiz inspirierten türkischen Zivilgesetzbuches teilnehmen. Für Doris Leuthard ist kein Empfang geplant. Ihr Vorgänger Joseph Deiss war von
der Türkei vor einem Jahr wegen der Armenierfrage wieder ausgeladen worden.
(Quelle: Tages-Anzeiger, 16.09.06)
Bombenanschlag in der Türkei
vereitelt: Sprengsatz an Verkehrsachse
entschärft
Laut Behörden handelt sich um ferngesteuerte
Bombe
Wenige Tage nach einem Bombenanschlag mit
zehn Toten in der Kurdenstadt Diyarbakir ist im
Südosten der Türkei ein weiterer Anschlag vereitelt
worden. In der Nähe von Nusaybin in der Provinz
Mardin entschärften Sicherheitskräfte nach Angaben örtlicher Behörden eine ferngesteuerte Bombe,
die an einer wichtigen Verkehrsachse entlang der
Grenze zu Syrien entdeckt worden war.
Die Bombe aus zehn Kilogramm Plastiksprengstoff
und Ammoniumnitrat ähnele dem Sprengsatz, der
beim Anschlag in Diyarbakir verwendet worden
war.
Bei dem Attentat in einem belebten Park in der
überwiegend von Kurden bewohnten Regionalhauptstadt Diyarbakir waren zehn Menschen ums
Leben gekommen, darunter sieben Kinder. 14 Menschen wurden verletzt. Die Behörden machten die
kurdische Rebellengruppe PKK für die Tat verantwortlich.
Die PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) wird von der
Türkei, den USA und der EU als terroristische
Organisation einstuft. Seit dem Wiederaufflammen
der Kämpfe in diesem Jahr sind 110 PKK-Kämpfer
und 77 Soldaten der Armee ums Leben gekommen.
Seit 1984 hat der Konflikt mehr als 37.000 Menschen das Leben gekostet. (Quelle: apa/red, 17.09.06)
Übersetzer in Türkei vor Gericht
Die Kampagne nationalistischer Kräfte in der Türkei gegen Intellektuelle und Publizisten hat einen
neuen Höhepunkt erreicht: In Istanbul sind zwei
Übersetzer eines amerikanischen Buches vor Gericht gestellt worden.
Istanbul - Den beiden Übersetzern wird "Beleidigung des Türkentums" vorgeworfen, weil sie ein
Buch des amerikanischen Autors John Tirman über
die Folgen des US-Waffenhandels ins Türkische
übertrugen. Dies teilte heute der Menschenrechtsverein IHD mit.
Gegen den türkischen Verleger des Buches läuft
bereits seit dem vergangenen Jahr ein Verfahren;
nun entschied das Gericht, auch die beiden Übersetzer in die Anklage einzubeziehen. Der IHD erklärte, damit werde erstmals Übersetzern eines
Buches vorgeworfen, durch ihre Arbeit eine Straftat
begangen zu haben.
Nach Angaben von Amnesty International schreibt
Tirman in seinem Buch "The Spoils of War", dass
die türkische Armee in den achtziger und neunziger
Jahren in den Kurdengebieten des Landes Menschenrechtsverletzungen beging. Zudem enthalte
das Buch eine Landkarte, auf der Teile des türkischen Staatsgebietes als kurdische Gebiete gekennzeichnet sind. Verleger und Übersetzer sind unter
dem Strafrechtsparagraphen 301 angeklagt, der bei
"Beleidigung des Türkentums" bis zu drei Jahre
Haft vorsieht.
Es ist nicht das erste Verfahren, mit dem türkische
Rechtsnationalisten
versuchen,
die
EUBemühungen des Landes zu boykottieren. So kam
der Schriftsteller Orhan Pamuk vor Gericht, weil er
mit einer Äußerung zum Massenmord an den Armeniern angeblich das Türkentum beleidigt hatte.
Noch extremer ist der Fall von Pamuks Kollegin
Elif Shafak. Die Autorin muss sich morgen vor
Gericht verantworten, weil in ihrem Bestseller "Der
Bastard von Istanbul" eine Figur von "Völkermord"
und "türkischen Schlächtern" spricht.
"Sie rufen zur Lynchjustiz auf", erklärte Shafak
dem "Tagesspiegel". "Ich glaube nicht, dass ich das
eigentliche Ziel bin. Das eigentliche Ziel ist der
EU-Prozess." Den sieht man in Ankara jedoch
durch den Paragrafen 301 scheinbar nicht gefährdet: Bei der gestrigen Sondersitzung zum Reformpaket für den EU-Beitritt stand die Klausel nicht
zur Debatte. (Quelle: Spiegel online, 20.09.06)
Ali Agca warnt Papst vor Türkei-Reise:
"Leben in Gefahr"
Instanbul - Papst-Attentäter Ali Agca, der 1981 auf
Johannes Paul II. auf dem Petersplatz schoss, warnte den Papst davor, im November in die Türkei zu
reisen.
Ali Agca hat Benedikt XVI. aus seiner Istanbuler
Gefängniszelle einen Brief geschrieben, in dem er
das Kirchenoberhaupt eindringlich davor warnt, im
November in die Türkei zu reisen: "Dein Leben ist
jetzt ihr Gefahr. Komm nicht! Papst Ratzinger, dir
sagt jemand etwas über diese Dinge, der etwas
davon versteht". Zudem fordert der Attentäter den
Papst auf, zurückzutreten und wieder in seiner
Heimat zu leben. Agca selbst aber werden enge
Kontakte zu Terroristen zugeschrieben. Den Brief
wurde gestern in der italienischen Tageszeitung "La
Repubblica" veröffentlicht.
Ebenso in der Türkei hat Benedikt XVI. mit seinen
Äußerungen zum Islam Aggressionen ausgelöst.
Ein Anwaltsverein beabsichtige sogar, den Papst
vor Gericht zu bringen, weil er den Islam beleidigt
habe. Die Anwälte forderten auch, dass das Kir-
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chenoberhaupt bei seinem Türkeibesuch im November verhaften werden solle.
Wegen des im Jahr 1981 begangenen Attentats auf
Johannes Paul II. verbrachte Ali Agca fast 25 Jahre
im Gefängnis. 1983 besuchte Johannes Paul II. Ali
Agca in seiner Gefängniszelle. Der Papst vergab
dem Mann, der ihn töten wollte und ihn tatsächlich
fast umgebracht hätte. Im Januar 2006 wurde er
freigesprochen. Allerdings wurde er acht Tage
später wegen eines Mordes an einem Journalisten
erneut verhaftet. Der 48-Jährige sitzt zurzeit in
einem Istanbuler Gefängnis, wo er bis 2010 eine
Haftstrafe wegen Raubmordes verbüßt. Ziemlich
merkwürdig scheint aber zu sein, dass der Attentäter sich 13 Jahre später meldet, um nun Johannes
Pauls Nachfolger vor Anschlägen auf sein Leben zu
warnen. (mk). (Quelle: Europolitan, 21.09.06)
CDU/CSU – Bundestagsfraktion
zu Türkei
Berlin. Nach der Informationsreise einer Delegation
der Gruppe der Frauen der CDU/CSUBundestagsfraktion nach Ankara und Istanbul vom
11. bis 13. September 2006 erklären die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Ilse Falk MdB und die
Vorsitzende der Gruppe der Frauen, Ursula Heinen
MdB:
Die Türkei hat sich in den letzten Jahren stark verändert und im Rahmen des Reformprozesses einige
Gesetze zur Stärkung der Rechte von Frauen verabschiedet. Regierung und Parlament zeigen sich
engagiert, die Umsetzung ist jedoch teilweise noch
lückenhaft.
Bei einer Informationsreise der Gruppe der Frauen
hat sich die Delegation mit der Situation der Frauen
in der Türkei befasst, auch um die Ergebnisse auf
die Migrantinnen in Deutschland ableiten zu können. In ihrem umfangreichen Programm hat die
Delegation politische Gespräche mit der Staatsministerin für Frauen, Familie und
Kinderschutz, Frau Nimet Çubukçu und mit der
Vorsitzenden des Ausschusses der Großen Türkischen Nationalversammlung zu Ehrenmorden, Frau
Fatma Sahin geführt. Ein Workshop, an dem auch
Staatsministerin Maria Böhmer teilnahm, diente
dem Austausch mit Politikerinnen der AK-Partei.
Weiterhin standen Termine mit Vertretern von
Menschenrechts- und Frauenorganisationen sowie
die Besichtigung eines Frauengefängnisses auf dem
Programm.
Themen waren dabei Ehrenmorde, Gewalt gegen
Frauen, Zwangsverheiratungen, Kopftuchverbot
versus Religionsfreiheit sowie die Berufstätigkeit
von Frauen.
Während das Engagement gegen Ehrenmorde und
Gewalt gegen Frauen nicht zuletzt durch die Arbeit
des parlamentarischen Ausschusses beeindruckt,
scheint das Problem von Zwangsverheiratungen nur
sehr zögerlich behandelt zu werden. Druck und
Schwierigkeiten entstehen für die Frauen als
schwächstes Glied in der Familienstruktur häufig
dann, wenn sich die traditionelle Familienstruktur
ändert, zum Beispiel durch Binnenmigration aus
dem ländlichen in den städtischen Raum. Dieses
Phänomen existiert auch bei türkischstämmigen
Familien in Deutschland.
Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist noch sehr gering: nur 23 Prozent der Frauen arbeiten in einem
Beschäftigungsverhältnis. Gründe für diese niedrige
Quote sind ein geringer Bildungsstand - 20 Prozent
der Frauen sind Analphabeten - und fehlende öffentliche Kindergärten. Die gesetzliche Verpflichtung zur Bereitstellung von Betriebskindergärten ab
50 Mitarbeiterinnen kann durch die Begrenzung der
Mitarbeiterzahl auf 49 weibliche Angestellte leicht
umgangen werden.
Frauenrechte werden auch bei der Diskussion um
eine mögliche Einbindung der Türkei in die EU
eine Rolle spielen. Dann reicht es nicht, wenn die
gesetzliche Grundlage stimmt, sondern Frauen
müssen im praktischen Leben tatsächlich gleichgestellt sein. (Quelle: ots, Pressemappe, 15.09.06)
Stoibler attackiert Türkei
CSU-Chef Edmund Stoiber hat die jüngste Kritik
aus der Türkei an Papst Benedikt für einen erneuten
Vorstoß gegen einen EU-Beitritt des Landes genutzt. SPD und Grüne kritisierten Stoiber dafür
heftig.
Der bayerische Ministerpräsident betonte am Mittwoch anlässlich einer Klausur der CSULandtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz,
gerade Spitzenvertreter der Türkei hätten „besonders aggressiv auf den Papst reagiert“. Aus diesen
Angriffen spreche „eine große geistige und kulturelle Distanz zu unserer europäischen Werteordnung“.
Stoiber fügte hinzu: „Die unglaubliche Reaktion
des türkischen Ministerpräsidenten und auch anderer Politiker in der Türkei beweist einmal mehr:
Das Gesicht Europas würde sich durch den EUBeitritt der Türkei grundlegend verändern, und
zwar in eine Richtung, die wir nicht wollen.“ Die
Türkei ziehe mit solchen Reaktionen die Grenzen
zu Europa selbst.
“Die Türkei gehört nicht nach Europa“
Der CSU-Chef betonte: „Das bestätigt deutlich
unsere Position: Die Türkei ist nicht Europa – und
die Türkei gehört nicht nach Europa!“ Er nannte die
bisherigen Beitrittsverhandlungen eine Enttäuschung: „Der Reformprozess stockt, die Verpflichtungen gegenüber Zypern werden nicht erfüllt.“
Deshalb könne es keine Eröffnung neuer Verhandlungskapitel mit der Türkei geben. Der Europäische
Rat müsse hier eine klare Position einnehmen.
Heftige Kritik von SPD und Grünen
Die SPD verlangte, Stoiber müsse den Koalitionsvertrag auch beim Thema Türkei-Beitritt respektieren. Der CSU-Chef vertrete „eine starke Einzelmeinung“, wenn er die Beitrittsverhandlungen stoppen
wolle, sagte der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich. Das Beitrittsverfahren sei zudem bewusst
ergebnisoffen angelegt. Grünen-Chefin Claudia
Roth kritisierte: „Edmund Stoiber ist jeder Anlass
recht, um die Verhandlungen der EU mit der Türkei
zu torpedieren. Sie warnte den bayerischen Minis-
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 07/2006
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terpräsidenten davor, „Öl ins Feuer eines überflüssigen Konfliktes zu gießen“. Deutschland habe „ein
elementares Interesse am Demokratisierungsprozess in der Türkei“. (Quelle: focus, 20.09.02)
EU fordert Türkei erneut zur
Gewährung von Meinungsfreiheit auf
BRÜSSEL (Dow Jones)--Die Europäische Kommission hat den Freispruch für die türkische Autorin Elif Shafrak zwar begrüßt, gleichzeitig aber ihre
Forderung an Ankara erneuert, das Recht auf Meinungsfreiheit zu respektieren. Trotz der guten
Nachricht bleibe die Tatsache bestehen, dass der
Paragraph 301 im türkischen Strafrecht nicht mit
dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei, sagte Krisztina Nagy, Sprecherin von Erweiterungskommissar
Olli Rehn, am Donnerstag.
Das Recht auf die freie Meinungsäußerung sei einer
der Grundwerte Europas, sagte Nagy weiter. Die
türkische Regierung müsse den Paragraphen 301
und andere Gesetzesvorschriften in Einklang mit
dem Freiheitsprinzip bringen. Der Artikel wurde im
Juni 2005 eingeführt und stellt die öffentliche
"Verunglimpfung des Türkentums" sowie der Regierung, der Justiz und des Militärs unter Strafe.
Die Kommission will ihren jährlichen Fortschrittsbericht für die Türkei am 8. November vorlegen.
Sowohl der Erweiterungskommissar als auch der
Auswärtige Ausschuss des Europäischen Parlaments (EP) haben sich unzufrieden über das Reformtempo in der Türkei geäußert. Das EP-Plenum
will nach derzeitiger Planung am kommenden
Mittwoch über einen Initiativbericht zur Türkei
abstimmen. (Vwd-News, 21.09.2006)
Meinungsfreiheit wird es in der Türkei
vorerst nicht geben.
Nicht europäisch
Dass die türkische Autorin Elif Shafak freigesprochen wurde, ist endlich einmal eine gute Nachricht
aus der Türkei. Doch die Freude darüber währt nur
kurz: Denn die türkische Jagd auf Schriftsteller,
Journalisten und Intellektuelle ist damit nicht gebannt. Vor den Wahlen in der Türkei denkt niemand an Meinungsfreiheit. Der berüchtigte Meinungsparagraph 301 wird so schnell nicht abgeschafft.
Auch die unverhältnismäßig radikalen Reaktionen
türkischer Politiker auf die Islam-Rede des Papstes
("Wie Hitler") haben gezeigt, dass die Türkei nicht
europäisch ist. Bayerns Ministerpräsident Stoiber
war einer der wenigen Politiker, die das wenigstens
offen gesagt haben. (Quelle: OÖNachrichten, 22.09.06)
Irak:
Kurdische Massengräber im Nordirak
gefunden
Kirkuk - Die Gebeine von 80 Menschen, höchstwahrscheinlich kurdische Opfer von Saddam Husseins Regime, wurden am Montag in zwei Massengräbern in der Nähe der nordirakischen Stadt
Kirkuk ausgegraben, verkündete ein kurdischer
Sicherheitsbeamter.
Zehntausende Kurden wurden 1998 in einer Militärkampagne, Anfal genannt, umgebracht. Wegen
dieses Angriffs läuft jetzt in Bagdad ein Prozess
gegen Saddam, seinen Cousin Ali Hassan al-Majid,
bekannt als Chemie Ali, und fünf andere Befehlshaber.
Der stellvertretende Sicherheitschef von Kirkuk,
Salah Khaled, berichtete, dass man davon ausgehe,
dass sie Opfer von dem Anfal-Angriff sind, während dem das Militär Dörfer zerstörte, Giftgasattacken durchführte und Männer, Frauen und Kinder
zusammen trieb, bevor sie diese in Massengräbern
im Nord- und Südirak erschossen.
„Die Gebeine von 18 Toten, hauptsächlich Frauen
und Kinder, wurden in einem der Gräber gefunden.
Ihrer Kleidung nach zu urteilen scheinen sie Menschen zu sein, die nach der Anfal-Kampagne vermisst wurden“ sagte er.
Der örtliche Polizeikommandant, Brigadegeneral
Sarhad Kader, bestritt Berichte, wonach die 18
Personen lebendig begraben worden sein sollen.
Insgesamt wurden 80 Menschen aus zwei Gräbern
in Towb Zawa, 15 km südwestlich von Kirkuk,
ausgegraben, berichtete er. Ein Fernsehfilm von
Reuters zeigte Männer, die Knochen, Kleidungsstücke und Gebetsbücher aufsammelten und in Plastiksäcke steckten.
Saddam und seine sechs Mitangeklagten erwarten
Anklagen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen
gegen die Menschlichkeit, er und sein Cousin jedoch erwarten zusätzlich die schwerere Anklage
wegen Völkermordes, auf die die Todesstrafe steht.
Sie werden wahrscheinlich argumentieren, dass die
Zerstörung der Dörfer entlang der iranischen Grenze gerechtfertigt war, weil kurdische Rebellen und
ihre Führer Landesverrat begangen hatten, indem
sie eine Allianz mit dem Erzfeind Iran bildeten.
(Reuters, 4. September 2006) Übersetzt: M. Cornelius
Irakische Kurden drängen auf eine
Nationalhymne
Irakische Kurden bereiten ihre Nationalhymne vor,
nachdem Massoud Barzani, der Präsident der Regionalregierung Kurdistans (RRK) einen Erlass herausgegeben hat, womit die irakische Fahne in der
kurdischen Region verboten ist.
Der Wunsch der RRK nach einer Nationalhymne
kam zu einem Zeitpunkt, als Debatten über Barzanis Drohung, einen unabhängigen Staat zu gründen, aufflammten.
Die Patriotische Union Kurdistans (PUK), ein Mitglied der RRK, gab auf ihrer offiziellen Webseite
eine Erklärung heraus, in der sie neben der Fahnenverordnung über eine andere wichtige Angelegenheit informierte, nämlich die Vorbereitung einer
Nationalhymne für die kurdische Region.
Die Erklärung war von dem ehemaligen PUKPolitbüromitglied Karwan Enwer verfasst worden
und lautet wie folgt: „Die Frage der Nationalhymne
hat seit der kurdischen Revolte gegen das SaddamRegime im Jahr 1991 nicht die notwendige Beachtung gefunden. Fernsehkanäle haben tausende von
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 07/2006
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Videos mit Liebesliedern gezeigt. Wir haben es
jedoch versäumt, eine Nationalhymne zu schreiben,
die von unseren Bürgern akzeptiert wird.“
Massoud Barzani, Führer der kurdischen demokratischen Partei, hatte am Freitag einen Erlass herausgegeben, wonach die jetzige irakische Fahne von
allen offiziellen Gebäuden in der kurdischen Region verbannt wurde.
Angesichts der Reaktionen von sunnitischen und
turkmenischen Führern ordnete der irakische Premierminister Nuri al-Maliki an, dass die irakische
Flagge auf jedem Zoll irakischen Bodens gehisst
werden sollte.
(Quelle: Cihan News Agency, 05.09.06, Übersetzt: M. Cornelius
Die USA maßregeln die irakischen
Kurden wegen des Verbots der Fahne
BAGDAD – Die Vereinigten Staaten kritisierten
am Dienstag eine Entscheidung der Führer der
irakischen Kurden, die irakische Nationalfahne zu
verbieten. Dies führte zu einer bitteren Auseinandersetzung, die die Androhung einer Spaltung Kurdistans auslöste.
Die amerikanische Botschaft bezeichnete einen
Erlass, der vom Präsidenten des Bundeslandes
Kurdistan, Massoud Barzani, initiiert wurde, ursprünglich als „unangemessen“ und sagte, dass er
nicht die Unterstützung der USA erhielt. In einer
abgeänderten Aussage am späteren Dienstag sagte
der amerikanische Gesandte in Bagdad, Zalmay
Khalilzad, jedoch: „Entscheidungen über irakische
Nationalsymbole müssen von der irakischen Bevölkerung als Ganzes durch einen festgesetzten verfassungsmäßigen Prozess getroffen werden“ und fügte
hinzu, dass Washington der „irakischen Einheit und
territorialen Integrität“ verpflichtet sei.
In der abgeänderten Fassung gab die Botschaft
keine Erklärung für das Entfernen einiger Stellen
der ursprünglichen Aussage ab. Nachdem die Regionalregierung Kurdistans die Nutzung der irakischen Fahne auf öffentlichen Gebäuden als ein
Symbol der Unterdrückung unter Saddam Hussein
verboten hatte, verlangte Premierminister Nuri alMaliki, ein schiitischer Araber, die Nutzung der rotweiß-schwarzen Fahne und sagte, dass nur das
Parlament über eine neue Fahne entscheiden könne.
Die Auseinandersetzung über Symbole der Saddam-Zeit hat einen tiefen Riss zwischen den Arabern und Kurden offen gelegt, zusammen mit zunehmenden kommunalen Spannungen zwischen
sunnitischen und schiitischen Arabern, die eine
Bedrohung für die Einheit des Nachkriegsirak bedeutet.
Nach der Verfassung gibt es einen Stichtag, bis zu
welchem das Parlament entscheiden muss, in welcher Form die 18 irakischen Provinzen sich mit
anderen zusammen tun können, um autonome föderale Regionen zu bilden - ein explosives Thema im
neuen Irak.
Mitglieder der sunnitischen Minderheit, die unter
Saddam den Irak dominierten und den Kern von
Saddams pan-arabischer Ba’ath-Partei ausmachten,
befürchten, dass Föderalismus zur Spaltung des
Irak führen wird, und dass Kurden sich im Norden
und Schiiten im Süden ihre eigenen Regionen gestalten und sie von den enormen Ölquellen des Irak
abschneiden. Die Spannungen unter den sich streitenden irakischen Gemeinden betonend, rief Saleh
al-Mutlaq, ein bekannter sunnitisch-arabischer
Gesetzesmacher, die Kurden auf, ihre Entscheidung
zu überdenken.
„Wir werden die Einheit des Irak nie aufgeben“
sagte Mutlaq.
Präsident Jalal Talabani, ein Kurde, verkündete,
dass er das Ersetzen der Fahne, die er „Fahne Saddams“ nannte, unterstützt.
„Unter dieser Fahne wurden zahlreiche Straftaten
begangen“ sagte Talabani am Dienstag, und nahm
Bezug auf Saddams Militärkampagne gegen die
Kurden, wofür der gestürzte Führer nun in Bagdad
vor Gericht steht.
(Quelle: Reuters, 05.09.06, Übersetzt: M. Cornelius)
Iyad Alawi unterstützt den kurdischen
Präsidenten beim Entfernen
der Ba’ath-Fahne
Die Entscheidung des Präsidenten Massoud Barzani, die Ba’ath-Fahne in der Regionalregierung Kurdistans zu entfernen, wurde von einigen arabischen
Politikern als ein Zeichen in Richtung Unabhängigkeit kritisiert. Diese Politiker entschieden, alle
Straftaten, die unter der so genannten irakischen
Fahne gegen die kurdische Bevölkerung begangen
wurden, zu ignorieren.
Für die kurdische Bevölkerung ist die Ba’ath-Fahne
eine Erinnerung an Anfal und Massengräber. Sie
wurde und wird weiterhin mit Saddams Mördern
und ihren Straftaten gegen unschuldige kurdische
Zivilisten in Verbindung gebracht werden. Außerdem wurde die Ba’ath-Fahne seit der Befreiung
Kurdistans im Jahr 1992 nicht mehr gehisst. Diejenigen, die Öl ins Feuer gießen, indem sie behaupten, dass die Führer in der kurdischen Region, die
mit Spaltung drohen, dieselben Personen sind, die
da standen und ruhig mit ansahen, als der Völkermord von Saddams Mördern gegen die Kurden
begangen wurde. Die meisten sind dieselben arabischen Sunniten, die kürzlich forderten, dass Saddam Hussein frei gesprochen und die Anklagen
gegen ihn und seine Mitangeklagten fallen gelassen
werden müssten, damit er die Präsidentschaft erneut
übernehmen könne. Sie werden alles tun und sagen,
um die kürzlich erreichten politischen Ziele der
Kurden zunichte zu machen. In der Realität ist es
so, dass mehr als 98% der kurdischen Bevölkerung
für ein unabhängiges Kurdistan gestimmt hat, die
kurdischen Führer jedoch darauf bestehen, ein Teil
des Irak zu bleiben. Gestern hat sich Iyad Alawi,
der Führer der Irakischen Nationalen Einigkeit
(INA), auf die Seite von Präsident Barzani gestellt,
um ihn bei der Entfernung der Ba’ath-Fahne zu
unterstützen, berichtete Awene, die unabhängige
kurdische Zeitung aus Suleymaniya. Alawi bat alle
politischen Parteien im Irak, die Entfernung der
Ba’ath-Fahne aus der kurdischen autonomen Region zu verstehen und zu akzeptieren. Er forderte das
irakische Parlament ferner auf, die Entfernung der
Ba’ath-Fahne umgehend vorzunehmen und ein
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 07/2006
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mögliches neues Design zu besprechen, das allen
Irakern gerecht wird.
Artikel 12 der irakischen Verfassung besagt: „die
Fahne, die Nationalhymne und Symbole des Irak
sollen per Gesetz in einer Form festgeschrieben
sein, dass sie die Interessen der irakischen Bevölkerung vertreten.“
Kein Kurde sollte gezwungen werden, unter einer
Fahne zu leben, die mit Mördern der AnfalKampagne (der Völkermord an Kurden) in Verbindung steht und die irakische Verfassung bestätigt
dies ganz deutlich.
Könnte die Welt es akzeptieren, in Deutschland in
Kenntnis der barbarischen und unmenschlichen
Straftaten, die während des Hitler-Regimes ausgeübt wurden, die Nazi-Fahne wehen zu sehen?
Selbstverständlich nicht!
Es ist Zeit, das dunkle Kapitel in der irakischen
Geschichte abzuschließen und voran zu gehen, um
die eigentlichen Probleme anzugehen, die das tägliche Leben im Irak betreffen – Wirtschafts- und
Sicherheitsahngelegenheiten – die den Irak entzweien.
Diese pro-forma-Diskussionen sind einfach nur
Versuche, von den Problemen, denen sich die normalen Menschen in Basra, Bagdad und Arbil gegenüber sehen, abzulenken. (www.Kurdishaspect.com,
Ardalan Hardi, 06.09.06, Übersetzt: M. Cornelius)
Die Türken und die kurdische Fahne –
Protest an Annan
ANKARA – Die Türkei drückte am Mittwoch gegenüber UN-Generalsekretär Kofi Annan ihre Besorgnis über die Entscheidung des Führers der Regionalregierung Kurdistans aus, eine eigene Fahne
anzunehmen und bezeichnete dies als „extrem gefährlich“.
Türkische Führer, die sich mit Annan trafen, sagten
dem Generalsekretär gegenüber, dass diese Angelegenheit die Spannungen im Irak anheizen würde,
berichtete Namik Tan, ein Sprecher des Außenministeriums, während einer Pressekonferenz.
„Dies ist extrem gefährlich“ sagte Tan.
Die Bemerkungen des Außenministeriums wurden
am Mittwoch übertroffen durch Premierminister
Recep Tayyip Erdogan, der in einem Interview mit
dem türkischen CNN Fernsehsender sagte, dass
jedwede Unternehmung der irakischen Kurden in
Richtung Teilung die Möglichkeit für noch größeres Blutvergießen in diesem unstabilen Land bieten
würde.
„ Wenn so etwas in Kirkuk beginnt“ einer der bedeutendsten Städte mit kurdischer Mehrheit im
Nordirak, „wird dies mit noch größerer Gewalt
weitergehen. Denn es werden nicht nur konfessionelle, sondern auch ethnische Zusammenstöße
beginnen“ sagte der Premierminister.
Die Türkei, die sich eine Grenze mit dem Irak teilt,
hat ihre eigene große und unruhige kurdische Bevölkerung und beobachtet wachsam jegliche separatistischen Bewegungen unter den irakischen Kurden, in der Angst, diese könnten die eigene kurdische Bevölkerung der Türkei ermuntern, sich mit
ihren irakischen Partnern zusammen zu tun und für
einen unabhängigen Staat zu kämpfen.
Türkische Truppen bekämpfen seit über zwei Jahrzehnten eine für Autonomie kämpfende Gruppe, die
kurdische Arbeiterpartei oder PKK, in den Bergen
des von Kurden bewohnten Südostens der Türkei.
Die PKK ist auf der Liste der Terrororganisation
der USA.
Erdogan sagte, dass die irakischen Führer die territoriale Integrität ihres Landes bewahren und Anstrengungen unternehmen müssen, die Fahnenfrage
zu lösen. „Spannungen bezüglich des Nordirak
müssen von der Regierung in Bagdad gelöst werden“ bemerkte Erdogan. Er bezeichnete den ethnisch kurdischen Präsidenten des Irak, Jalal Talabani, als einen „Nordiraker“.
Erdogan äußerte außerdem Bedauern, dass die
Türkei nicht zugestimmt hatte, sich an der von den
USA geführten Invasion in den Irak im Jahr 2003
zu beteiligen.
„Wir hätten am 1. März gehen sollen. Wir mussten.
Hätten wir das getan, hätten die Dinge sich anders
entwickelt, als sie heute sind“ sagte er. „Die Region
im Irak, die uns übergeben worden wäre, wäre klar
gewesen. Es war der Nordirak.“ Die Türkei hat
standhaft verteidigt, den Irak nach der Invasion und
dem Blutvergießen, das folgte, vereint zu lassen.
Die Kurden haben sich kontinuierlich mehr Autonomie im Nordirak erkämpft, als anderswo religiöse Spaltungen das Land zu teilen drohten. Die türkische Regierung hat die USA auch gedrängt, die
PKK-Rebellen, die sich im Nordirak aufhalten und
in die Türkei einfallen, um Angriffe vorzunehmen,
niederzuschlagen.
Tan berichtete, dass ein Sonderbevollmächtigter der
USA zur Bekämpfung der PKK, der ehemalige
Luftwaffengeneral Joseph Ralston, nächste Woche
für Beratungen in die Türkei reisen werde.
Die Türkei wird wahrscheinlich in den nächsten
Tagen ihren eigenen Koordinator bestimmen.
Erdogan äußerte die Hoffnung, dass die neuen Ernennungen wirkliche Veränderungen für die Situation mit der PKK mit sich bringen und ihre Trainingscamps im Nordirak zerstört werden.
(Quelle: 14.09.06, Übersetzt: M. Cornelius)
Der Iran wird mit der Schließung einer
Fernsehstation im Irak in Verbindung
gebracht
Bagdad – Der Iran könnte hinter der kürzlich erfolgten Schließung des Bagdader Büros eines populären all-arabischen Satellitenkanals stecken, wurde
am Freitag in einem Fernsehbericht verkündet.
Das irakische Kabinett stimmte am Donnerstag
dafür, das al-Arabiya Büro in Bagdad wegen konfessioneller Berichterstattung für einen Monat zu
schließen.
In einem Bericht des irakischen Fernsehkanals alZora wurde veröffentlicht, dass ein Zeitungsreporter, der Verbindung in den Iran hat, hinter der
Schließung von al-Arabiya steckt.
Der Bericht ging nicht näher auf Einzelheiten zu
dem Fall ein. Der in Dubai ansässige Kanal al-
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Arabiya wurde im Februar 2003 ins Leben gerufen.
(Quelle: Iran Focus, 09.09.06, Übersetzt: M. Cornelius
Vorwürfe im Saddam-Prozess
Im Völkermord-Prozess gegen den früheren irakischen Machthaber Saddam Hussein hat eine Ärztin
schwere Vorwürfe gegen ausländische Waffenhändler erhoben. Diese hätten die Regierung Saddams mit Chemikalien beliefert, die bei Giftgasangriffen auf Kurden verwendet worden seien, sagte
die in den USA lebende irakische Medizinerin,
Katherine Elias Mikhail.
Mikhail forderte eine Entschädigung. Saddam wies
Vorwürfe zurück, während seiner Regierungszeit
seien die Kurden Opfer rassistischer Diskriminierungen gewesen. Der Ex-Präsident soll für den Tod
von bis zu 182.000 Menschen bei einer bis August
1988 andauernden Militäroffensive gegen die kurdische Minderheit im Nordirak verantwortlich sein.
Würgeanfälle und Erblindungen
Sie habe sich Ende der 1980er Jahre für die kurdischen Kämpfer eingesetzt, sagte Mikhail, die selbst
der christlichen Minderheit angehört. Damals seien
ihre Stellungen in den Bergen aus der Luft bombardiert worden. Hunderte Menschen hätten wie sie
Würgeanfälle erlitten und seien zeitweise erblindet.
Dies werfe sie neben Saddam und dessen als Chemie-Ali bekannten Cousin, Ali Hassan alMadschid, auch den internationalen Organisationen
und Firmen vor, die dem irakischen Regime die
Waffen geliefert hätten. "Regelmäßig sind Chemiewaffen eingesetzt worden. Es war Völkermord",
sagte sie.
Saddam kritisierte erneut das gesamte Verfahren
gegen ihn. Hier gehe es nur darum, Kurden und
Araber auseinander zu dividieren. "Dieses Land ist
nicht 50 oder 100 Jahre alt. Es ist 9.000 Jahre alt.
Die Iraker werden sich nicht spalten lassen", sagte
er. Bei einem Schuldspruch droht ihm die Todesstrafe.
Gegen Saddam läuft bereits ein Verfahren, in dem
ihm ein Massaker an Schiiten in dem Ort Dudschail
im Jahr 1982 vorgeworfen wird. Ein Urteil in dem
Prozess wird für Mitte Oktober erwartet, und auch
dort könnte er zum Tode verurteilt werden.
Selbstmordanschlag in Bagdad
Unterdessen kamen bei einem erneuten Selbstmordanschlag in der irakischen Hauptstadt Bagdad
mindestens 14 Menschen ums Leben. Mehrere
weitere Personen wurden den Behörden zufolge
verletzt. Bei den Toten handele es sich zumeist um
Rekruten der irakischen Armee. Der Täter löste der
Polizei zufolge einen Sprengsatz in einem vollbesetzten Kleinbus vor dem Rekrutierungszentrum
Muthanna im Westen der irakischen Hauptstadt
aus. Der Stützpunkt war bereits in der Vergangenheit wiederholt Ziel von Selbstmordattentätern.
Wenige Stunden nach dem Anschlag detonierte am
Straßenrand eine weitere Bombe, die gegen eine
US-Patrouille gerichtet war. Dabei kamen drei
Menschen ums Leben.
Der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki verschob unterdessen ohne Angabe von Gründen seine
erste Reise in den Iran. Ein neuer Termin sei nicht
angesetzt, hieß es. Das Verhältnis zwischen den
beiden schiitischen Staaten hat sich nach dem Sturz
des Sunniten Saddam Hussein deutlich verbessert.
In der vergangenen Woche hatte das US-Militär das
Kommando über die irakische Armee an das Land
übergeben. Das ist nach US-Angaben ein wichtiger
Schritt hin zu einem Abzug der 155.000 ausländischen Soldaten, zumeist Amerikaner, aus dem Irak.
(Quelle: n-tv, 11.09.06)
Ex-Präsident fordert Überprüfung von
der Aussage einer Belastungszeugin
durch neutrale Experten
Saddam-Prozess: Kurde berichtet von Massengräbern
Kairo/Bagdad - Ein kurdischer Zeuge berichtete im
Prozess gegen den früheren irakischen Machthaber
Saddam Hussein am Dienstag über die Entdeckung
von Massengräbern. In einem der Gräber habe er 15
Jahre nach einem Beschuss seines Heimatdorfs
1988 die Leichen seiner Mutter und seiner Schwestern gefunden, sagte der Zeuge. Er begrüßte den
Hauptangeklagten mit den sarkastischen Worten
"Glückwunsch Saddam Hussein. Jetzt sitzt du im
Käfig."
Saddam Hussein verteidigte sein Vorgehen gegen
kurdische Rebellen. Er kenne keine Land, das gegen Aufständische nicht die Armee einsetze. Erneut
beschimpfte er seine Gegner. "Ihr seid Agenten des
Iran und des Zionismus. Wir werden eure Schädel
zertrümmern", rief er, bevor ihm das Gericht das
Mikrofon abdrehte.
Expertenkommission gefordert
Zuvor hatte Hussein gefordert, die Aussage einer
Belastungszeugin von einer Expertenkommission
überprüfen zu lassen. Die irakische Christin, die
einst Kämpferin einer kurdischen Miliz im Süden
des Irak war, hatte am Montag vor Gericht von
einem Giftgasangriff irakischer Truppen auf ein
kurdisches Dorf im Jahr 1987 berichtet.
Saddam Hussein sagte, Experten aus der Schweiz
oder einem anderen "neutralen Land" sollten feststellen, ob die von der Zeugin erwähnten Leichen
wirklich aus dem Dorf stammten, über das sie berichtet hatte. Der frühere Machthaber sagte: "Erst
wenn dies geklärt ist, kann es ein korrektes Gerichtsurteil geben." Während der Verhandlung
forderte Hussein außerdem, für die ehemalige kurdische Separatistengruppe den Begriff "Rebellen"
zu verwenden. Dies lehnte das Gericht ab.
Anfal-Militärkampagne
Saddam Hussein und sechs weitere Ex-Funktionäre
seines Regimes müssen sich in dem Prozess wegen
der so genannten Anfal-Militärkampagne gegen die
Kurden in den Jahren 1987 und 1988 verantworten,
bei der nach unabhängigen Schätzungen zwischen
50.000 und 100.000 Menschen getötet wurden. Bei
einem Schuldspruch droht dem früheren Staatschef
die Todesstrafe. Das Gericht verschob die Ent-
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scheidung über eine Zulassung einer Expertenkommission bis auf weiteres.
(Quelle: APA/dpa, 12.09.06)
Völkermord-Prozess:
Kurde beschuldigt Saddam
des Mordes an seiner Familie
Richter nimmt Iraks Ex-Staatschef in Schutz
Im Völkermord-Prozess gegen Saddam Hussein hat
erstmals ein Zeuge versucht, die direkte Beteiligung
des irakischen Ex-Präsidenten an dem Vernichtungsfeldzug gegen die Kurden zu belegen.
Der Kurde Abdullah Hassan erklärte, er habe mehr
als zwei Jahre nach der so genannten AnfalMilitärkampagne gegen die Kurden (1987- 88) um
einen Termin bei Saddam gebeten.
Dieser habe ihn empfangen, ihn aber auf seine
Frage nach dem Schicksal seiner von der Armee in
einem nordirakischen Dorf gefangen genommenen
Verwandten nur angeherrscht und erklärt: "Sei still,
sie sind verloren gegangen bei der AnfalKampagne."
Das Saddam-Regime hatte die Militärkampagne
damals nach einem islamischen Begriff benannt,
der "legitime Kriegsbeute" bedeutet. "Ich klage
Saddam Hussein und (seinen Cousin) Ali Hassan
al-Majid an, denn ich habe meine Familie später
wieder gefunden in einem Massengrab."
Auf der anderen Seite nahm aber der Vorsitzende
Richter Abdullah al-Amiri den angeklagten Exstaatschef indirekt in Schutz: "Sie waren kein Diktator", sagte Amiri zu dem Angeklagten nachdem
dieser auf die Einlassung eines Zeugen geantwortet
hatte: "Ich frage mich, warum dieser Mann sich mit
mir treffen wollte, wenn ich ein Diktator bin?".
Erst am Mittwoch hatte die Staatsanwaltschaft den
Rücktritt des Richters gefordert.
Der Richter habe es zugelassen, dass der Angeklagte den Gerichtssaal zum Forum für seine politischen
Ansichten gemacht habe, kritisierte Staatsanwalt
Munkith al-Farun.
Saddam Hussein und sechs seiner früheren Mitarbeiter stehen wegen einer Offensive im Nordirak
vor Gericht, die in den 80er Jahren rund 100.000
Kurden das Leben kostete.
(Quelle: apa/red, 17.09.06)
Saddam Hussein soll wieder einen
neuen Richter bekommen
Auch im zweiten Verfahren gegen den früheren
irakischen Machthaber Saddam ist der Vorsitzende
Richter ausgetauscht worden.
Irakische Medien berichteten, der Richter sei abgelöst worden, weil er Saddam nicht als Diktator habe
bezeichnen wollen. Dies habe die Regierung als
einen Mangel an Neutralität gewertet.
In dem Verfahren geht es um den Massenmord an
Kurden unter dem früheren Regime. Auch in einem
anderen Verfahren, in dem es um Verbrechen gegen
Schiiten geht, wurde bereits der Richter ausgewechselt. Ihm war vorgeworfen worden, er habe
Saddam und anderen Angeklagten zuviel Raum für
politische Erklärungen gelassen.
(Quelle: MDR, 19.09.06)
Saddam-Prozess ohne Saddam
Anderer Wind im Gerichtssaal
Mit einem neuen Richter und ohne den irakischen
Ex-Machthaber Saddam Hussein ist am Mittwoch
in Bagdad der Prozess wegen Völkermordes an den
Kurden fortgesetzt worden. Offenbar um zu zeigen,
dass im Gerichtssaal nun ein anderer Wind weht,
verwies der neue Vorsitzende Richter Mohammed
al-Uraibi al-Madschid den Ex-Präsidenten kurz
nach Sitzungsbeginn wegen eines Wortgefechtes
des Saales. In seinem Streit mit dem Richter erklärte Saddam: "Dein Vater war bis zum Beginn der
(amerikanischen) Besatzung ein führender Funktionär der Sicherheitsdienste gewesen, und ich habe
dafür gesorgt, dass er wegen seines Hüftleidens
operiert wurde."
"Mangelnde Neutralität"
Der Vorgänger von Richter Al-Madschid, Abdullah
Alusch al-Amiri, war am Dienstag von der Regierung wegen "mangelnder Neutralität" abgesetzt
worden. Es war bereits das zweite Mal, dass die
irakische Regierung einen von Saddams Richtern
ausgetauscht hat. In dem Prozess wegen Völkermordes an den Kurden sind außer Saddam noch
weitere sechs Ex-Funktionäre angeklagt. Die Armee soll in den Jahren 1987 und 1988 bis zu
100.000 kurdische Kämpfer und Zivilisten getötet
haben.
Wieder Selbstmordanschlag
Ein Selbstmordattentäter riss am Mittwoch auf
einem Markt im Nordirak mindestens 22 Menschen
mit in den Tod. Nach Angaben der Polizei, sprengte
er sich in die 420 Kilometer nordwestlich von Bagdad gelegener Stadt Tel Afar mit einem Sprengstoffgürtel zwischen den Verkaufsständen in die
Luft. 24 weitere Menschen wurden bei dem Anschlag verletzt. In Bagdad wurden innerhalb von 24
Stunden erneut 35 unidentifizierte Leichen gefunden. Nach Polizeiangaben waren die Mordopfer alle
gefoltert worden.
Neue Polizeitruppe geplant
Nach einer Serie von Terroranschlägen beschloss
die Verwaltung von Kirkuk am Mittwoch, außerhalb der Stadt kurdische Armee-Einheiten zu stationieren. Diese "Peschmerga"-Truppen sollten künftig südlich von Kirkuk jedes Fahrzeug durchsuchen
und das Eindringen von Terroristen in die Stadt
verhindern, erklärte ein Armeesprecher am Mittwoch. Heikel ist diese Entscheidung nach Einschätzung örtlicher Beobachter, weil die Araber und
Turkmenen von Kirkuk sich gegen die von den
Kurden betriebene Eingliederung der Stadt und
ihrer Ölfelder in das autonome Kurdengebiet im
Norden wehren. (Quelle: ntv, 20.09.06)
Bagdad soll durch Gräben abgeriegelt
werden
Bagdad. Angesichts ständiger blutiger Anschläge
soll die irakische Hauptstadt durch Gräben und
Kontrollpunkte an den Hauptstrassen für Attentäter
unzugänglich gemacht werden. Nach amerikani-
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 07/2006
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schen Zeitungsberichten vom Samstag wollen die
US-Streitkräfte und irakische Sicherheitskräfte die
Millionenstadt mit einem Ring von Gräben, Barrieren und Zäunen abriegeln.
Wie die "New York Times" (Samstag) schreibt, soll
der Verkehr durch insgesamt 28 Kontrollpunkte
geleitet werden. Kleinere Strassen würden geschlossen. Die Hindernisse wie Gräben sollten
potenziellen Attentätern den Zugang zur Stadt mit
Autos über landwirtschaftliche Flächen und offenes
Gelände unmöglich machen, berichtete die Zeitung
unter Berufung auf den Sprecher des Innenministeriums, Brigadegeneral Abdul Karim Chalaf. Die
Absperrung für die Millionenstadt habe eine Gesamtlänge von etwa 100 Kilometern, schrieb die
"New York Times".
US-Militärsprecher Oberstleutnant Barry Johnson
sagte nach Angaben der "Washington Post" (Samstag), das US-Militär wisse, dass die für die Gewalt
Verantwortlichen immer wieder zwischen Bagdad
und dem Umland pendelten. Die Absicht, die hinter
der Abriegelungsmassnahme stehe, sei es, die Sicherheitslage in Bagdad in den Griff zu bekommen.
Die Strassensperren sollten wie auch das übrige
Gelände von irakischen Sicherheitskräften kontrolliert werden. US-Truppen sollten die Iraker bei
ihrer Aufgabe unterstützen, betonte Johnson.
(Baslar zeitung Online, 17.09.06)
UNO-Sondergesandter warnt vor
Zusammenbruch des Irak
Sunniten vermuten Schiiten-Milizen hinter Mordserie
Bagdad - Der UNO-Sondergesandte für den Irak,
Ashraf Qazi, hat vor einem Zusammenbruch des
Landes gewarnt. "Wenn die gegenwärtige Gesetzmäßigkeit von Uneinigkeit und Gewalt weiter anhält, besteht eine erhebliche Gefahr, dass der irakische Staat zusammenbricht und in den Bürgerkrieg
stürzt", sagte Qazi bereits am Donnerstag (Ortszeit)
vor dem Weltsicherheitsrat in New York. Die
schlechte Sicherheitslage im Irak stelle die Arbeit
der Vereinten Nationen vor erhebliche Probleme.
Dennoch halte die UNO an ihrer Mission im Irak
fest.
Politiker der sunnitischen Minderheit im Irak beschuldigten unterdessen schiitische Milizen, hinter
zahlreichen Ermordungen zu stecken. In den vergangenen drei Tagen wurden 129 Leichen von mit
Kopfschuss getöteten Menschen gefunden, nachdem sie zuvor gefesselt und gefoltert worden waren.
"Wohl bekannte Milizen" hinter den Anschlägen
Der führende Sunnitenpolitiker Adnan al-Dulaimi
beschuldigte "wohl bekannte Milizen" wie die des
radikalen Schiitenpredigers Moqtada al-Sadr, hinter
der Mordserie zu stehen. "Wenn nicht bald entschlossene Maßnahmen getroffen werden, läuft das
Land einer Katastrophe entgegen, und für niemanden wird es Rettung geben", sagte der Parlamentsabgeordnete.
Vizeministerpräsident Barham Saleh sagte in Washington, Milizen wie diejenige von Sadr stellten
eine "sehr, sehr ernste Herausforderung" dar. Er
räumte ein, dass es für Ministerpräsident Nuri alMaliki schwierig sei, gegen die Milizen vorzugehen, weil sie wie er selbst der schiitischen Bevölkerungsgruppe angehörten.
Die US-Armee vermutet einen Zusammenhang
zwischen den Morden und den Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten. US-Armeesprecher
William Caldwell sagte, die meisten der Opfer
seien "exekutionsartig" getötet worden. . Die Taten
stünden "in Verbindung mit konfessioneller Gewalt". Zur Identität der Opfer lagen keine Informationen vor. (Quelle: Der Standard.at, 17.09.06)
Folter-Situation im Irak «völlig außer
Kontrolle»
Im Irak wird derzeit mehr gefoltert als unter Saddam Hussein, behauptet der zuständige UN-Sonderberichterstatter. Milizen, Terroristen und Regierungstruppen misshandelten rigoros Gefangene.
Irak wird nach Einschätzung eines UN-Experten
derzeit möglicherweise noch schlimmer gefoltert
als unter Saddam Hussein. Der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Folter, Manfred
Nowak, sagte am Donnerstag in Genf, die meisten
Menschen dort berichteten, «dass die Situation, was
die Folter im Irak betrifft, völlig außer Kontrolle
ist». Viele meinten, es sei schlimmer als zu Zeiten
Saddam Husseins. Milizen, Terrororganisationen,
Regierungstruppen und andere missachteten die
Grundsätze einer menschlichen Behandlung von
Gefangenen.
Bei Anschlägen von Extremisten wurden am Donnerstag im Irak mindestens 20 Menschen getötet,
darunter auch zwei Leibwächter des Gouverneurs
der Provinz Dijala, Raed Raschid. Der Politiker
überlebte den Sprengstoffanschlag auf seinen Konvoi in der Nähe der Provinzhauptstadt Bakuba. Die
italienischen Truppen im Irak übergaben am selben
Tag die Kontrolle über die südirakische Stadt Nasirija an die irakische Armee. Die US-Streitkräfte
wollen indes spätestens bis zum Jahresende die
Ausbildung und Bewaffnung der irakischen Polizeikräfte und Grenzsoldaten abschließen.
(Quelle: Netzzeitung, 21.09.06)
Iran:
Intensive Untersuchungen von
Todesfällen bei Gefangenen dringend
erforderlich
Amnesty International gab am 7. September 2006
eine Erklärung heraus, in der es seine tiefe Besorgnis über den Tod des politischen Gefangenen Valiollah Feyz Mahdavi im Gohar Dasht Gefängnis in
der Nähe von Teheran zum Ausdruck brachte.
Innerhalb kurzer Zeit ist dies bereits der zweite
Fall, der bekannt wurde. Am 31. Juli 2006 war
bereits der Studentenführer Akbar Mohammadi im
Evin Gefängnis unter mysteriösen Umständen gestorben. Amnesty International erwartet von der
iranischen Regierung, dass sie sofort geeignete
Maßnahmen ergreift, die sicherstellen, dass die
Umstände, die zum Tod aller im Gefängnis ums
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Leben gekommenen Insassen sofort und lückenlos
aufgeklärt werden – auch die von Akbar Mohammadi und Valiollah Feyz Mahdavi.
Valiollah Feyz Mahdavi, ein Unterstützer der iranischen Volksmojahedin (PMOI) wurde 2001 inhaftiert und nach einem unfairen Prozess vom Revolutionären Gerichtshof als Ketzer (Moharebeh) verurteilt.
Nach Berichten im März 2006, als seine Hinrichtung unmittelbar bevorstand, wurde erklärt, dass
seine Todesstrafe in eine lebenslange Haftstrafe
umgewandelt worden sei. Allerdings erhielt Valiollah Feyz Mahdavi darüber keine Information. Seinem Rechtsanwalt wurde später mitgeteilt, dass das
die Umwandlung nicht rechtsgültig geworden sei.
Valiollah Feyz Mahdavi begann am 26. August
2006 mit einem Hungerstreik. Er forderte, über den
Stand seines Falles unterrichtet und in das Evin
Gefängnis verlegt zu werden sowie Kontakt mit
seinem Rechtsanwalt zu bekommen.
Am 2. September gegen 8 Uhr hatte sich anscheinend sein Zustand zunehmend verschlimmert. Die
Mitgefangenen in seiner Zelle versuchten ihm ergebnislos medizinische Hilfe zu leisten. Eine Stunde später soll er einen Herzanfall erlitten haben und
vom Gefängnispersonal aus der Zelle geholt worden sein. Zwar soll er dann den Berichten zufolge
in das Shari’ati Krankenhaus in Teheran gebracht
worden sein, aber weder seine Familie noch sein
Rechtsanwalt wurden über seine Situation informiert und erhielten auch keine Besuchserlaubnis.
Es gibt einen Widerspruch zwischen den Berichten
seiner Mitgefangenen und den Erklärungen des
Gefängnispersonals.
Am 4. September 2006 teilte Sohrab Soleymani,
der Direktor der Organisation der Gefängnisse in
der Teheraner Provinz, der Nachrichtenagentur Fars
mit, dass Valiollah Feyz Mahdavi versucht habe,
Selbstmord zu begehen. Er wollte sich angeblich im
Waschraum des Gefängnisses aufhängen. Aus diesem Grund habe man ihn ins Shari’ati Krankenhaus
zur Beobachtung gebracht. Er verneinte, dass Valiollah Feyz Mahdavi im Hungerstreik gewesen sei.
Am 6. September wurde bekannt gegeben, dass
Valiollah Feyz Mahdavi am vorhergehenden Tag
im Krankenhaus gestorben sei. Es wird berichtet,
dass die Familie von Valiollah Feyz Mahdavi keine
offizielle Information darüber erhalten habe, obwohl ein Familienmitglied zur fraglichen Zeit beim
Revolutionsgericht vorsprach, um Informationen zu
erhalten.
Amnesty International fordert die iranischen Behörden auf, den Tod von Valiollah Feyz Mahdavi in
Gefängnishaft sofort und vollständig zu untersuchen. Das gleiche gilt für einige andere Fälle, in
denen Gefangene unter verdächtigen bzw. ungewöhnlichen Umständen ums Leben kamen. Die
Untersuchungsmethoden und ihre Ergebnisse müssen öffentlich zugänglich sein. Jeder der Verantwortlichen sollte einen fairen Gerichtsprozess erhalten.
Im Prinzip 9 der UN Prinzipien über die effektive
Verhinderung und Untersuchung von ungesetzlichen und willkürlichen Hinrichtungen steht, dass
gründliche, unverzügliche und vollständige Untersuchungen in allen Fällen von ungesetzlichen und
willkürlichen Hinrichtungen durchgeführt werden
sollen.
Amnesty International drängt die iranischen Behörden, sofort Maßnahmen zu ergreifen, die sicher
stellen, dass die Gefangenen eine faire und öffentliche Gerichtsverhandlung erhalten, dass es in dieser
Zeit keine Folter oder Misshandlung gibt, dass die
Gefangenen mit ihren Familien und Rechtsanwälten
sofort in Kontakt kommen können und dass jede
erforderliche medizinische Versorgung gewährleistet wird. (Quelle: AI, 09.09.06l)
Christlicher Prediger aus der Haft
freigelassen
T e h e r a n – Im Iran ist ein inhaftierter christlicher Laienprediger vorzeitig freigelassen worden.
Der 49-jährige Hamid Pourmand, Leiter einer
Pfingstgemeinde in Bandar-i Bushehr im Südiran,
durfte 14 Monate vor Ablauf seiner dreijährigen
Strafe zu seiner Frau Arlet und den Söhnen Immanuel und David heimkehren. Allerdings wurde er
gewarnt, dass er wieder festgenommen werden
könnte, wenn er christliche Gottesdienste besuche.
Wie der Informationsdienst Compass Direct berichtet, wurde die Freilassung Pourmands in aller Stille
bereits Ende Juli vollzogen. Die Internationale
Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und die
Evangelische Nachrichtenagentur idea hatten
Pourmand im November 2004 zum „Gefangenen
des Monats“ benannt und zur Unterstützung für ihn
aufgerufen. Pourmand war vor fast 25 Jahren vom
Islam zum Christentum übergetreten. Im Februar
2005 wurde er wegen angeblicher Täuschung der
Streitkräfte zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Der frühere Oberst soll seinen militärischen Vorgesetzten seinen Übertritt zum Christentum verschwiegen haben, als er in den Offiziersrang erhoben wurde.
Der Christ bestritt dies und legte Originaldokumente vor, die seine Angaben belegten. Das Gericht
wies sie als Fälschungen zurück. Nichtmuslime
dürfen in der Islamischen Republik Iran nicht Offizier werden. Eine Anklage wegen angeblicher Bekehrung von Moslems wurde fallen gelassen. 99
Prozent der mehr als 68 Millionen Einwohner Irans
sind Muslime. Der Anteil der Christen liegt bei 0,3
Prozent. (Quelle: idea,14.09.06)
Hinrichtung von Frauen resultiert direkt
aus dem ausländischen
und landesinneren Aufruhr der M
Der stellvertretende Kommandeur der Staatlichen
Sicherheitskräfte (SSF) in der Provinz Khorassan,
Brigadegeneral Satar Bozorgmehar gab einen neuen
so genannten "Nationalen Sicherheitsplan" zur
Unterdrückung bekannt, in dessen Rahmen bereits
4.518 Frauen verhaftet wurden, die gegen die Kleiderordnung verstoßen haben, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Mehr am 11. September. Er
fügte hinzu, dass der Plan durch neue Patrouillen,
die so genannten "Sittenpatrouillen", die sich sowohl aus stationären als auch aus mobilen Einhei-
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ten zusammensetzen, in die Tat umgesetzt werden
soll.
Gleichzeitig berichtete das regierungstreue Medium, dass die Todesurteile für zwei junge Frauen,
identifiziert als Shala Jahed und Kobra RahmanPour, von der Justiz der Mullahs bestätigt wurden.
Eine weibliche Abgeordnete des Majlis, Eshrat
Sha'egh, zeigte sich erschrocken, dass sich die Medien mit der Aufrechterhaltung der Urteile beschäftigt hatten.
Die beiden Frauen waren mehrere Jahre im Gefängnis. Obwohl sich Frauengruppen für ihre Befreiung engagierten, hielt das frauenfeindliche Regime an ihrer Hinrichtung fest.
Im Hinblick auf die zunehmende Unterdrückung
von Frauen, sagte die Vorsitzende des NWRIFrauenkomitees Sarvnaz Chitsaz: "Die Haltung des
Mullahregimes in Antwort auf die zunehmenden
nationalen wie auch internationalen Unruhen ist die
Verschärfung der Unterdrückung vor allem der
Frauen und Jugendlichen im Land selbst. Das Regime intensiviert die Unterdrückung und die Einschüchterung der iranischen Bevölkerung mit dem
Ziel, die vom Volk gestützte Opposition zu übervorteilen und den volatilen Zustand der iranischen
Gesellschaft zu kontrollieren."
Chitsaz appellierte an internationale Menschenrechtsorganisationen und Frauenrechtsgruppen,
damit die Unterdrückung und die Hinrichtung von
iranischen Frauen verurteilt werden.
(Quelle: NWRI,14.0906 )
ner Klinik gestorbenen Valiollah Feyz Mahdavi
aufmerksam.
Mahdavi, dem es gelungen war, im April diesen
Jahres über ein Telefon eine Nachricht aus der Haft
zu übermitteln, die ebenfalls während der Veranstaltung vorgespielt wurde, war 2001 festgenommen worden, als er den Iran verlassen wollte. In
dem Tondokument berichtete Mahdavi, dass er 546
Tage in den Folterkellern verschiedener Gefängnisse zugebracht habe. Der 1980 geborene Widerstandskämpfer wurde 2003 von einem Richter zum
Tode verurteilt, ohne dass ihn ein Anwalt verteidigen konnte.
Anfang des Jahres teilte man ihm mit, dass er am
16. Mai hingerichtet werden würde. Anschließend
habe es immer wieder Scheinexekutionen gegeben,
bei denen er nachts von Wächtern aus der Isolationszelle geholt und mit Waffen bedroht worden sei.
Der Regimegegner, der laut der CSDHI "fünf Jahre
zwischen Leben und Tod schwebte", wurde am 3.
September an einen unbekannten Ort gebracht. Am
6. September hieß es, er habe sich am Vortag in der
Dusche des Gefängnisses von Gohardacht in Teheran selbst erhängt.
Amnesty forderte die Regierung in Teheran auf, die
Todesumstände Mahdavis ebenso zu untersuchen
wie den Tod des Studentenführers Akbar Mohammadi, der im Teheraner Evin-Gefängnis am 31. Juli
2006 starb. Allein aus den vergangenen beiden
Monaten verfügt die CSDHI über Berichte zu rund
einem Dutzend öffentlicher Hinrichtungen im Iran.
(Quelle: Frankfurter Rundschau, 15.09.06)
Öffentliche Hinrichtung im Iran - mit
allen Details
Menschenrechtsorganisation zeigt Film
Mit der ersten öffentlichen Vorführung einer heimlich im Iran gefilmten Hinrichtung in Paris haben
Menschenrechtsorganisationen auf die wachsende
Zahl von Exekutionen von Gegnern des MullahRegimes hingewiesen.
Der knapp 17 Minuten lange Film wurde im Juni
2006 in der Stadt Ghazwin gedreht, die südlich der
iranischen Hauptstadt Teheran liegt. Er zeigt die
Hinrichtung eines unbekannten Mannes, der mit der
Schlinge um den Hals am Kran eines Lastwagens
aufgehängt und hochgezogen wird.
Nach mehreren Minuten, während der sich die
vielen Zuschauer der Hinrichtung hinter den Absperrungen lautstark erregen, wird das Opfer herabgelassen und auf eine Bahre gelegt. Die Augenbinde wird ihm abgenommen, und ein Arzt stellt den
Tod des etwa 45 Jahre alten Mannes fest, der anschließend in einem Leichenwagen abtransportiert
wird.
Der Film wurde am Donnerstag vom "Unterstützungskomitee für die Menschenrechte in Iran"
(CSDHI) in einem Pariser Veranstaltungszentrum
öffentlich gezeigt. Bisher existierten nur heimlich
aufgenommene Fotos von Hinrichtungen im Iran,
die im Ausland gezeigt wurden. Neben der CSDHI,
die dem "Nationalen Iranischen Widerstandsrat"
nahe steht, machte Amnesty International auch auf
den Fall des am 5. September 2006 in einer Tehera-
Unmittelbar bevorstehende Hinrichtung
befürchtet
Shahla Jahed steht wieder kurz vor einer Hinrichtung, nachdem der Höchste Gerichtshof ihre Todesstrafe erneut bestätigt hat. Sie wurde zum Tod verurteilt, weil sie 2002 die erste Frau ihres Mannes
ermordet haben soll. Sie ist vielleicht zu ihrem
Geständnis gezwungen worden. Shahla Jahed, eine
"Frau auf zeit" von Nasser Mohammad-Khani,
einem früheren Stürmer der iranischen Nationalmannschaft und ehemaliger Manager eines Teams
in Teheran, wurde angeklagt, Laleh Saharkhizan,
die ständige Ehefrau ihres Mannes am 9. Oktober
2002 mit Messerstichen getötet zu haben. Sie wurd
im Juni 2004 zunächst zum Tode verurteilt. Eine
Berufung des Urteils durch ihre Verwandten wurde
damals abgelehnt. Der Richter der 15. Kammer des
Höchsten Gerichts hielt die Strafe aufrecht.
Der Rechtsanwalt von Shahla Jahed schrieb einen
Brief an den Justizchef Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi und bat um eine Revision des
Todesurteils, weil der Fall von Shahla Jahed nicht
gründlich untersucht worden war. Im November
2005 setzte der Justizchef die Hinrichtung aus, so
dass die Untersuchung des Falls wieder aufgenommen werden konnte.
Am 11. September 2006, teilten die Richter der 7.
Kammer des obersten Gerichtshofs mit, dass die
Todesstrafe bei Stimmenmehrheit aufrechterhalten
bleibt. Ihr Rechtsanwalt bestätigte, dass das Urteil
des Höchsten Gerichtshofs feststeht und dass Shah-
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la Jahed und die Familie von Laleh Saharkhizan am
13. September formell über die Entscheidung informiert werden.
Es wurde gesagt, dass Shahla Jahed bei den ersten
Ermittlungen zugegeben habe, dass sie Laleh Saharkhizan ermordet habe. Allerdings bestand sie
während des Prozesses ständig auf ihrer Unschuld.
Im Dezember 2004 sagte Shahla Jahed bei einer
Revision des Höchsten Gerichts in dem Fall: "Jeder
kennt die Bedingungen, unter denen ich es zugegeben habe."
Shahla Jahed soll der Behauptung der Anklage
zufolge Laleh Saharkhizan aus Eifersucht getötet
haben. Nasser Mohammed-Khani wurde anfangs
der Komplizenschaft in dem Mordfall verdächtigt
und war für einige Monate in Haft, aber dann wieder frei gelassen.
Amnesty International ist besorgt, dass das Eingeständnis der Schuld vielleicht durch Nötigung entstanden ist.
Zur Erklärung des Falles:
Nach iranischem Recht können Männer und Frauen
"permanente" Ehen und Ehen "auf Zeit" eingehen.
Bei Ehen "auf Zeit" können Männer und Frauen
vereinbaren, dass sie für eine gewisse Zeit verheiratet sind.
Danach ist die Eheschließung annuliert. Amnesty
International sieht in allen Fällen in der Todesstrafe
eine entgültige, grausame, inhumane und entwürdigende Bestrafung unter Verletzung der Allgemeinen Menschenrechtsdeklaration. Die Organisation
hat in diesem Jahr im Iran 108 Hinrichtungen dokumentiert, darunter zwei Frauen. Die tatsächliche
Zahl ist wahrscheinlich noch wesentlich höher.
(Quelle: NWRI, 16.09.06)
Syrien:
Folter in syrischem Gefängnis
London (- 70-jähriger Mann wird laut einer Quelle
aus der Yekiti Partei in Syrien, die KurdishMedia.com anonym informierte, in einem syrischen
Gefängnis gefoltert. Laut dieser Quelle sitzt Abdulrahman Walo, ein 70-jähriger Kurde, seit dem 19.
August in Haft.
Es wurde ihm verboten, sich zu waschen und er
erhält lediglich eine kleine Mahlzeit am Tag. Laut
der Informationsquelle ist er seit einem Monat nicht
in der Lage, auf seinen Füßen zu stehen aufgrund
seines physischen und psychischen Zustandes, der
auf schwere Folter zurückzuführen ist.
Er kann sich nur mit seinen Armen auf dem Bauch
fortbewegen.
Die Yekiti-Partei hat diese Informationen zu den
wichtigsten Menschenrechtsorganisationen geschickt, um die Situation zu lösen. Das Leben von
Abdulrahman Walo ist in Gefahr. Yekiti (Literatureinheit) ist eine der größten kurdischen politischen
Parteien in Syrien, Westkurdistan und der Gemeinschaft. Kurden in Syrien haben keine Handlungsoder Meinungsfreiheit.
(SHRC, KurdishMedia.com, 03.09.06, Übersetzt: M. Cornelius)
Syrien lässt 75 syrische Kurden frei
DAMASKUS – 75 syrische Kurden, die von Sicherheitskräften am 20. März in der im Norden
gelegenen Stadt Aleppo festgenommen worden
waren, wurden frei gelassen, wie die nationale
Organisation für Menschenrechte in Syrien am
Montag berichtete. Die Festnahme geschah während der Feiern anlässlich des kurdischen Neujahrfestes, sagte der Präsident der Gruppe, Ammar Al
Qorabi.
Er berichtete, dass die Freilassung bedeute, dass
alle, die während der Feiern festgenommen wurden,
nun frei kamen, nachdem die syrischen Behörden
gebeten wurden, alle politischen Gefangenen freizulassen.
Ca. 3.000 Kurden, die die kurdische Fahne trugen,
hatten sich in der Nachbarschaft von Aleppo zusammengefunden, um Newroz, das kurdische Neujahr, zu feiern.
Die Sicherheitskräfte benutzten Tränengas, um die
Demonstration, während der Steine auf Polizisten
geworfen wurden, abzubrechen. Mehr als 100 Personen wurden verhaftet, jedoch wurden einige nur
kurz festgehalten. Der Generalsekretär der kurdisch-demokratischen Fortschrittspartei, Aziz Daoud, nannte die zuletzt erfolgten Freilassungen
„positiv“ und sagte, dass diese „als Antwort auf
einen offenen Brief kurdischer Rechtsanwälte an
den syrischen Präsidenten Bashar Al Assad erfolgten.“
Daoud bemerkte, er hoffe, dass diesen Freilassungen weitere Freilassungen anderer festgehaltenen
Kurden folgen würden, insbesondere der 45 während einer kurdischen Demonstration in Qameshli
(nordöstlich von Syrien) am 5. Juni 2005 Verhafteten.
Die Protestierenden hatten eine Untersuchung des
Mordes an dem beliebten kurdischen Geistlichen
Maashuq Khaznawi, einem kompromislosen Verteidiger der kurdischen Rechte, gefordert.
Im März 2004 lieferten sich Kurden in Aleppo und
Qameshli mit Sicherheitskräften und Arabern tödliche Zusammenstöße. Die Behörden gaben an, dass
25 Personen getötet wurden, aus kurdischen Quellen wurde jedoch berichtet, dass die Anzahl der
Getöteten bei bis zu 40 lag. (Quelle: AFP, 05.0906,
Übersetzt: M. Cornelius)
Verfolgung der Festnahmen in al-Raqqa
Unter Bezugnahme auf die Presseerklärung, die von
dem Syrischen Menschenrechtskomitee (SHRC) am
29.08.2006 herausgegeben wurde, haben verschiedene Quellen bestätigt, dass es sich bei den Personen, die am 23.08.2006 in al-Raqqa festgenommen
wurden, nachdem sie von syrischen Nachrichtenkräften provoziert wurden, um 14 handelt.
Das SHRC, das keinerlei Rechtfertigung für die
Inhaftierung der 14 Personen sieht, verlangt von
den syrischen Behörden erneut, diese unverzüglich
frei zu lassen.
Das SHRC fordert auch ein Ende der Provokationen unter Anhängern von religiösen Schulen sowie
alle willkürlichen Festnahmen einzustellen und den
Bürgern ihre Freiheit zu gewähren, die es ihnen
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ermöglicht, ihren Glauben auszuüben.
(SHRC,
08.09.2006) Übersetzt: M. Cornelius
Deutschland:
ALSTOM verlangt Exportrisikogarantie für
Ilisu-Staudamm in Türkei
BADEN - Der Verband Angestellte ALSTOM
Power hat den Bundesrat in einem Brief aufgefordert, dem umstrittenen Staudammprojekt Ilisu in
der Türkei eine Exportrisikograntie zu gewähren.
Der Verband argumentiert mit den Arbeitsplätzen.
Die unmittelbaren Konsequenzen eines Verlustes
des Auftrages seien für den Bereich ALSTOM
Hydro enorm, steht im Brief an den Bundesrat. 150
Mitarbeitende unterzeichneten das Schreiben, wie
der Verband Angestellte ALSTOM Power mit Sitz
in Baden AG am Montag mitteilte.
Rund 300 Mannjahre an qualifizierten Arbeitsleistungen gingen in der Schweiz verloren, falls
ALSTOM Schweiz den Auftrag nicht erhalte. Der
Verband befürchtet negative Folgen für die
Schweiz als Wissens- und Technologiestandort.
Dem Verband gehören nach eigenen Angaben 2000
Mitglieder an.
Die Regierung der Türkei sei keineswegs von der
ALSTOM als Lieferantin abhängig. Ein Entscheid
auf Nichtgewährung der Exportrisikogarantie ändere nichts am Bau des Projektes.
Wasserkraftwerke seien eine der umweltfreundlichsten Energiequellen. Wenn die Nutzung der
Wasserenergie aus politischen Gründen behindert
würde, so würde die Schweiz gemäß Verband "ein
nicht verantwortbares Signal setzen".
Anfang August hatte die türkische Regierung das
Startsignal für den Bau des Ilisu-Staudamms gegeben. Der Stausee würde mehr als 10 000 Menschen
vertreiben und die archäologisch bedeutende Stadt
Hasankeyf in der Ost-Türkei überschwemmen.
Die Erklärung von Bern (EvB) forderte den Bundesrat wiederholt auf, den Schweizer Firmen keine
Exportrisikogarantie zu gewähren. Aus Sicht der
entwicklungspolitischen Organisation ist das Projekt ein "Grabstein für Menschen und Kultur".
(Quelle: Newsticker Schweiz, 12.09.06)
PRESSEMITTEILUNG
Breites Organisationsbündnis protestiert gegen Ilisu-Staudamm
Die Bundesregierung diskutiert heute über die mögliche Unterstützung des umstrittenen IlisuStaudamms in der Türkei. Aus diesem Anlass protestiert vor dem Wirtschaftsministerium eine Koalition aus elf Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen und kurdischen Verbänden.
Sie überbringt ein Zeichen des Protests vor Ort:
35.000 Menschen aus der Region wenden sich in
einem Brief an die Bundesregierung, damit sich
diese gegen das Projekt ausspricht. „Der Widerstand gegen den Staudamm ist groß: über 70 Organisationen haben sich zusammen geschlossen, um
die antike Stadt Hasankeyf zu retten, die den Fluten
zum Opfer fällt, wenn der Staudamm realisiert
wird“, erklärt Heike Drillisch, Sprecherin der Entwicklungsorganisation WEED.
Der Verlust archäologischer Schätze ist nur eines
der zahlreichen Probleme, die mit dem Projekt
verbunden sind. „Der Staudamm führt dazu, dass
zahlreiche Menschen ihre Existenzgrundlage verlieren, ohne dafür anständig entschädigt zu werden“,
sieht Ute Hausmann von FIAN Deutschland voraus.
„Damit verstößt die türkische Regierung gegen
internationale Menschenrechtsstandards.“
Neben einer weiteren Destabilisierung der bürgerkriegsgeschüttelten kurdischen Region durch die
Verelendung Zehntausender befürchten die Organisationen Probleme mit den Nachbarländern. Obwohl die türkische Regierung nach interna-tionalem
Recht verpflichtet ist, Syrien und Irak zu konsultieren, hat sie dies nicht getan. Auch die ökologischen
Folgen wären weit über die Region hinaus spürbar,
der Verlust an Biodiversität wäre irreversibel.
Die Bundesregierung muss zu einer Entscheidung
über das Ilisu-Projekt kommen, weil sich die deutsche Baufirma Züblin daran beteiligen will und eine
Hermes-bürgschaft beantragt hat. „Es ist unfassbar,
dass die Bundesregierung ernsthaft darüber nachdenkt, dieses Projekt zu unterstützen.
Eine Bewilligung der Bürgschaft würde das Signal
an alle Staudammbauer der Welt senden, dass Umwelt- und Sozialstandards nicht zählen, wenn es um
Geschäfte deutscher Unternehmen geht“, schimpft
Regine Richter, Sprecherin der Umwelt- und Menschenrechtsorga-nisation urgewald. Auch mit Auflagen an die Staudammbetreiber, wie sie zur Zeit
von der Regierung diskutiert würden, könnten die
seit Jahren ungelösten Probleme nicht aus der Welt
geschafft werden.
Der Ilisu-Damm soll den Tigris im Südosten der
Türkei aufstauen. Er soll 1.200 MW Strom erzeugen und wird eine Fläche von 312 km² überfluten.
Das Projekt ist seit Jahrzehnten geplant, ein Bürgschaftsantrag wurde bereits 2001 diskutiert. Damals
jedoch zerbrach das Konsortium an den ökologischen und sozialen Problemen. „Im wesentlichen
hat sich an dem Projekt seit damals nichts geändert“, so Drillisch. „Wir haben alle Probleme genau
dokumentiert und der Bundesregierung vorgetragen. Wenn sie ihr eigenes Versprechen, auf die
Einhaltung internationaler Standards zu achten,
nicht einlöst, tragen wir unseren Protest eben auf
die Strasse.“ An dem Protest beteiligen sich neben
WEED, urgewald und FIAN auch der Deutsche
Naturschutzring (DNR), der Naturschutzbund
Deutschland (NABU), GfbV, die Internationalen
Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs
(IPPNW), International Rivers Network (IRN)
sowie die kurdischen Organisationen isku, yekkom,
yxk, die Kurdistan AG der FU Berlin und Internationales Zentrum für die Menschenrechte der Kurden
(IMK e.V., in Bonn). Sie werden unterstützt von
mehreren tausend Menschen in Deutschland, die
sich mit ihrer Unterschrift gegen das Projekt ausgesprochen haben.
Kontakt:
Heike Drillisch, WEED 0177-3452611
Regine Richter, urgewald, 0170-2930725
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 07/2006
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Ute Hausmann, FIAN, 0173-6074973
Bildmaterial von der Protestaktion wird auf Anfrage gern zur Verfügung gestellt
Weitere Informationen: www.weed-online.org/ilisu
oder [email protected]
Berlin, den 21.September 2006
WEED – urgewald - FIAN – DNR - NABU IPPNW - IRN - GfbV –isku – yekkom – yxk Kurdistan AG der FU, IMK e.V.-Bonn
Sehr verehrte Leserin,
sehr verehrter Leser,
Wir möchten an Sie appellieren, uns mitzuteilen falls Sie eine e-mail-Adresse haben, denn der Versand über e-mail ist kostengünstiger und schneller.
Wir möchten Sie gleichzeitig auf unsere aktualisierten WEB-Seiten in Deutsch und Englisch hinweisen, die interessante Beiträge enthalten. Diese Beiträge tragen nicht unbedingt unsere Meinung, sondern geben die aktuell für unser Themengebiet interessanten
Diskussionen wieder. Besuchen Sie doch einmal www.kurden.de.
Mit freundlichen Grüßen.
Ihre Redaktion
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PUBLIKATIONEN
Die Kinder des Engel Pfau – Religion und Geschichte der kurdischen Yezidi
Johannes Düchting
KOMKAR Publikation, ISBN: 3-927213-23-3, Preis: 20,00 Euro
In Kurdistan ist eine der ältesten Religionen der Menschheit beheimatet: die Religion der Yezidi. Auf
Grund von Migration und Vertreibung leben inzwischen aber auch in der Bundesrepublik Deutschland
zehntausende Anhänger dieser Religion. Hier dürfte sie inzwischen nach Christen, Moslems und Juden
die viertgrößte Religionsgruppe sein. Bekannt ist einer breiten Öffentlichkeit aber so gut wie nichts
über sie. Lediglich von „Teufelsanbetern“ oder einer „Geheimreligion“ wird gemunkelt und alle paar
Wochen verbreitet ein deutsches Montagsmagazin Schauergeschichten über die Religionsgruppe.
Allenfalls weiß man noch aus der Lektüre Karls Mays, daß die Yezidi irgendwo im „wilden Kurdistan“ beheimatet sind.
Johannes Düchting, Vorstandsmitglied des Internationalen Zentrums für Menschenrechte der Kurden,
berichtet in seinem im November 2004 erschienenen Werk kenntnisreich über die Inhalte der yezidischen Religion und die Geschichte des yezidischen Volkes. Der Autor zählt zahlreiche Angehörige der
Religion zu seinem Bekanntenkreis und hat mehrfach die Heimatregion der Yezidi (zuletzt im September 2004 das im Nord-Irak gelegene religiöse Zentrum von Sheikh Adi) besucht. Schwerpunkt des
ersten Teils des auf zwei Bände konzipierten Werkes sind die Inhalte und die Praxis der yezidischen
Religion, die der Autor im Vergleich mit zahlreichen anderen kurdischen und nah-östlichen Religionen darstellt, die Einfluß auf die Yezidi-Religion genommen haben, aber auch von dieser beeinflußt
worden sind. Bestellung: beim IMK e.V.
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IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 07/2006
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Dokumentation: Trauma und Therapie
Erfahrungen in der psychosozialen Arbeit mit Überlebenden von Krieg und Gewalt
Mit Beiträgen von: Knut Rauchfuss, Imihan Zorlu, Hamidiye Ünal, Jutta Bierwirth, Cinur Ghaderi,
Karin Griese, Dr. med. Hubertus Adam, Dr. med. Joachim Walter, Salah Ahmad, Joachim Sobotta und
Johannes Düchting
Das Internationale Zentrum für Menschenrechte der Kurden und die Medizinische Flüchtlingshilfe
haben in den Jahren 2002 und 2003 eine Reihe von Fortbildungsveranstaltungen für MitarbeiterInnen
und KollegInnen in der Arbeit mit Kriegs- und Gewaltopfern sowie für andere beruflich motivierte
InteressentInnen durchgeführt.
Im Rahmen der Fortbildungsreihe stellten ExpertInnen aus unterschiedlichen Feldern der psychosozialen Arbeit ihre Erfahrungen im Umgang mit Opfern von Krieg und staatlicher Gewalt vor und referierten über Entstehungsbedingungen von Traumata, Therapiemethoden sowie über die vielschichtigen
gesellschaftlichen Hindernisse in der Arbeit mit Betroffenen.
Ein Teil der Vorträge dieser Fortbildungsreihe, ergänzt um eigene Beiträge der HerausgeberInnen,
haben zu diesem Buch geführt. Es soll dazu beitragen, die Diskussion um Methoden und Ziele psychosozialer Arbeit mit Überlebenden von Krieg und Folter fortzuführen.
ISBN 3 – 933881 – 19 – 6, Zu beziehen über IMK e.V., Preis: 21,-- Euro (incl. Versandkosten)
-------------------------------------------------------------------------------------------"Mord im Namen der Ehre"
Entwicklung und Hintergründe von "Ehrenmorden" – eine in Kurdistan verbreitete Form der
Gewalt gegen Frauen
Eine besonders verabscheuenswürdige Form der Gewalt gegen Frauen sind die "Morde im Namen der
Ehre," die bis heute im Nahen Osten und vor allem auch in Kurdistan üblich sind, ja sogar in den letzten Jahren häufiger geworden zu sein scheinen. Immer wieder werden dort Frauen ermordet, nur weil
sie in Konflikt mit den rigiden herrschenden Moralvorstellungen geraten sind.
Was sind die Gründe dafür, dass zahlreiche Frauen umgebracht werden, nur um die angeblich durch
sie befleckte Familienehre zu reinigen? Stehen die "Ehrenmorde" mit dem Erstarken des Islam und
seinen Moralvorstellungen im Zusammenhang? Warum sind diese Morde vor allem in Kurdistan zu
beobachten, handelt es sich bei ihnen etwa um eine "kurdische Tradition"? Diesen Fragen gehen in
diesem Buch zwei kurdische Wissenschaftlerinnen nach. Die Rechtsanwältin Hamiyet Izol untersucht
das Phänomen in den türkischen Teilen Kurdistans, Dr. Mukaddes Sahin in den irakischen Teilen des
Landes, vor allem in den sog. kurdischen Selbstverwaltungs-Gebieten, die schon vor dem Sturz des
Saddam-Regimes dem Zugriff des Tyrannen entzogen waren. Johannes Düchting informiert darüber,
wie das deutsche Flüchtlingsrecht mit Frauen umgeht, die Gefahr laufen, in ihrer Heimat Opfer von
"Ehrenmorden" zu werden.
Zu beziehen über IMK e.V. Preis: 12,-- Euro (incl. Versandkosten)
----------------------------------------------------------------------------------------------AUSLÄNDER IM EIGENEN LAND - Die Situation staatenloser Kurden in Syrien
In der Provinz Hasaka wurde 1962 ca. 120.000 Kurden die syrische Staatsangehörigkeit entzogen, sie
wurden so zu Staatenlosen, zu Ausländern im eigenen Land.
Die vorliegende Dokumentation beschäftigt sich mit der Situation dieser Bevölkerungsgruppe. Unser
Ziel ist es, in einem ersten Schritt sowohl die Hintergründe ihrer Ausbürgerung als auch deren bis in
die Gegenwart reichende Folgen darzustellen. Gezeigt wird, dass die Ausbürgerungskampagne von
1962 integraler Bestandteil der allgemeinen Arabisierungsbestrebungen der syrischen Regierung gewesen ist und dass die syrische Politik gegenüber den (staatenlosen) Kurden bis in die Gegenwart
durch diese Arabisierungslogik geprägt wird.
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In einem zweiten Schritt wird aufgezeigt, gegen welche nationalen Gesetze und internationale Abkommen die syrische Praxis gegenüber Staatenlosen verstößt.
Dieser Teil der Studie schließt mit einer Reihe von Empfehlungen zur Verbesserung der Situation der
Staatenlosen, die insbesondere an die syrische Regierung, aber auch an andere internationale Akteure
gerichtet sind.
Die Situation der aus Syrien stammenden „staatenlosen“ Kurden hat inzwischen auch die deutschen
Behörden und Gerichte beschäftigt. Immer mehr dieser Kurden gelingt die Flucht nach Europa und in
die Bundesrepublik Deutschland, wo sie, um ihren Aufenthalt hier zu sichern, zumeist Asyl beantragen.
Lange Zeit spielte es in den Asylverfahren keine Rolle, ob es sich bei den Asylbewerbern um Kurden
mit oder ohne syrische Staatsangehörigkeit handelte.
Etwa Anfang 2001 änderte sich jedoch die Rechtsprechung hinsichtlich dieses Personenkreises. Inzwischen werden in Deutschland Asylanträge, die sich darauf stützen, dass man staatenloser Kurde aus
Syrien sei, regelmäßig abgelehnt. Da zur Situation staatenloser Kurden kaum Veröffentlichungen in
deutscher Sprache vorliegen, hoffen wir mit unserer Dokumentation einen wichtigen Beitrag zu diesem Thema geleistet zu haben. Mit Beiträgen von Eva Savelsberg, Siamend Hajo und Celal Abbas
Kömür sowie Johannes Düchting
Zu beziehen über IMK e.V.
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ISSN 1438- 08 , Herausgeber: IMK e.V., Postfach 200738, D-53137 Bonn,
Telefon: + 49 228 362 802, Fax: + 49 228 36 32 97
e-mail: [email protected], Website: http://www.kurden.de
Verantwortlicher Leiter: Abubekir Saydam
Abonnementbedingungen (pro Jahr):
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