„Küsten-Grenzverkehr“ Deutschland – Polen

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„Küsten-Grenzverkehr“ Deutschland – Polen
„Küsten-Grenzverkehr“ Deutschland – Polen
------------------------------------------------------------------------------------------------------------Text: Udo Beier, DKV-Referent für Küstenkanuwandern (27/03/04)
Bezug: www.kanu.de/nuke/downloads/Polen-Ein-&Ausreise.pdf
1. Einreise über das Kleine Haff
2. Einreise über die Ostsee (Seeseite Usedom)
3. Ausreise zurück nach Deutschland
4. Unterwegs drüben in Polen
5. Formalitäten
6. Tourenempfehlungen für die Anreise auf deutscher Seite
Link, Literatur, Kartenmaterial
Anhang: Erfahrungsbericht rund Usedom (E.Bohnsack)
Die Aufnahme Polens als vollwertiges Mitglied in die EU zum 1.05.04 soll zum Anlass genommen werden, darauf hinzuweisen, auf was alles zu achten ist, wenn wir mit dem Kanu
die Grenze zwischen Deutschland und Polen entlang der Küste überfahren. Das gilt z.B. für
jene Küstenkanuwanderinnen und –wanderer, die von Usedom (Brandungsseite bzw. übers
Kleine Haff) aus kommend nach Polen paddeln möchten, um Usedom bzw. Wolin zu umrunden.
Generell gilt – wie bis her auch schon - für die Ausreise nach Polen, dass wir uns bei einer
deutschen Grenzübergangsstelle abmelden und anschließend sofort – d.h. am selben Tag
der Überfahrung der Grenze - bei der zuständigen polnischen Grenzstelle anmelden müssen. Mit der Aufnahme in die EU fällt für Kanuten lediglich die „Zollabfertigung“ weg. In Polen
selber dürfen wir uns wie überall in der EU frei bewegen.
1. Einreise über das Kleine Haff (westliches Stettiner Haff)
Paddelt wir den Peenestrom hinunter erreicht wir in Höhe von Anklam eine Engstelle, bei der
Usedom ganz dicht am Festland liegt. Am Ende dieser Stelle befindet sich auf der Seite von
Usedom der Hafen von Karnin, welcher über eine Grenzübergangsstelle verfügt. Dort besteht die Möglichkeit, sich für die Fahrt nach Polen abzumelden. Weiter östlich gibt es wohl
noch 3 weitere Abmeldemöglichkeiten, und zwar im Hafen von Ueckermünde (Festland)
bzw. in Altwarp (Festland) oder Kamminke (Usedom), jedoch werden voraussichtlich wegen
der Einstellung der „Butterfahrten“ zum 1.05.04 diese Grenzübergangsstellen nicht mehr
lange besetzt bleiben.
Haben wir uns in Karnin (Hafen) abgemeldet, fahren wir am besten weiter entlang der Festlandsküste Richtung Ost bis zur ca. 27 km entfernt liegenden deutsch-polnischen Grenze.
Dort passieren wir die Grenze zwischen den Grenztonnen 15 und 16 bzw. 17 und 18, die ca.
2,5 km vom Ufer entfernt im Haff liegen. I.d.R. befindet sich dort ein polnisches Grenzwachboot, bei dem wir uns melden, aber nicht abgefertigt werden können. Anschließend fahren
wir wieder zurück ans Festland zum Hafen Nowe Warpno (Neuwarp) und melden uns bei
den polnischen Hafen-Behörden (östlich des Fischereihafens) an. Nowe Warpno liegt auf
einer Halbinsel am Nordost-Ufer der zum Stettiner Haff hin offenen Neuwarper Bucht (Zatoka
Nowowarpienska).
2. Einreise über die Ostsee (Seeseite Usedom)
Paddelt wir entlang der Ostseeküste von Usedom, melden wir uns spätestens bei der
Grenzübergangsstelle auf der im Norden vor Usedom liegenden Insel Ruden ab (ein Anlanden dort ist jedoch nur im Hafen erlaubt – Vorsicht Steinschüttungen!). Das bietet sich insbesondere für jene Kanuten an, die von der Insel Rügen kommen und am Thiessower Haken
den Sprung über den ca. 8 km breiten Greifswalder Bodden wagen.
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Für jene Kanuten, die z.B. von Stralsund aus kommend entlang der Festlandküste des
Greifswalder Bodden paddeln, besteht auch die Möglichkeit, sich bei der Grenzübergangsstelle am Hafen von Ladebow abzumelden, und zwar liegt diese nördlich der Mündung des
Flusses Ryck, der nach Greifswald führt. Es sind dann wohl – ebenfalls vorbei an den Flachstellen südlich der Insel Ruden – noch über 70 km, bis wir die deutsch-polnische Grenze
erreicht, aber das ist nicht weiter von Bedeutung, sofern die Grenzbeamte darüber informiert
werden, dass diese Strecke mit einem Kajak nicht an einem Tag zu schaffen ist. Übrigens,
die Grenzübergangsstelle Ahlbeck ist nicht für die Wassersportschifffahrt zuständig, sodass
wir uns dort nicht direkt abmelden können, obwohl sie nur ca. 3 km von der Grenze entfernt
ist.
Nachdem wir die Grenze nach Polen überfahren haben, melden wir uns noch am selben Tag
in Swinemünde (Swinoujscie) bei den polnischen Hafen-Behörden an. Der polnische Grenzabfertigungsanleger befindet am östlichen Ufer der Swina kurz vor der Einmündung in die
Ostsee auf der Seite Wolins.
Unter Umständen bietet es sich auch an, frühestens beim Seebad Ahlbeck (Ostseeküste)
anzulanden und dann per Bootswagen den für Fußgänger offenen Grenzübergang nach Polen zu überschreiten. Danach könnten wir dann weiter zur polnischen Ostseeküste von Usedom ziehen und dort wieder einsetzen. Aber nötig ist das nicht!
3. Ausreise zurück nach Deutschland
Es läuft alles in umgekehrter Reihenfolge ab: Erst meldet wir uns in Nowe Warpno oder Swinoujscie (Swinemünde) ab und dann bei den deutschen Grenzübergangsstellen an.
4. Unterwegs drüben in Polen
Sportfahrzeuge müssen sich in jedem Seehafen der polnischen Küste bei jedem Ein- und
Auslaufen neu der Grenzabfertigung stellen. Ob das auch Kanuten betrifft, die dicht entlang
der Küste paddeln und nicht in jeden polnischen Seehafen einlaufen, ist bei der Einreise zu
erfragen.
5. Formalitäten
Bei der Abmeldung von den deutschen Grenzübergangsstellen ist wie folgt zu verfahren: Wir
paddeln an der Grenzübergangsstelle vorbei und warten darauf, ob ein Grenzbeamter Kontakt mit uns aufnimmt. Meldet sich kein Grenzbeamter, müssen wir einen Kreis fahren (!?)
und dürfen dann weiter paddeln, sofern sich immer noch nicht ein Grenzbeamter zeigt.
Sollte wir im Unklaren über die richtige Vorgehensweise auf deutscher Seite sein, können wir
uns bei der für diese Region zuständigen Grenzübergangsstelle Ahlbeck telefonisch beraten
lassen (Tel. 038378/2300 bzw. 23011).
Bei der Einreise nach Polen genügt ein gültiger Personalausweis (bislang: noch mindestens
6 Monate gültig). Fahren wir mit einer Gruppe von mehreren Kanuten hinüber nach Polen,
sollten vorsichtshalber - wie bei Segelbooten üblich - zwei Kopien einer "Mannschaftsliste"
vorgelegt werden. In der Mannschaftsliste sollte u.a. Folgendes aufgeführt werden:
1. Vor- und Nachname der Fahrtenleitung, Geburtsdatum, Geburtsort sowie Personalausweisnummer der Fahrtenleitung;
2. Name des zuletzt angelaufen Hafen sowie die voraussichtliche weitere Route;
3. Anzahl der Kajaks;
4. Name und Registriernummer aller einzelnen Sportboote (übertragen auf Seekajaks:
Name des Kajaks, Name des zugehörigen Vereins inkl. Hinweis auf DKV-
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Zugehörigkeit); einschließlich der Angabe über die zu jedem Kajak gehörenden Personen (hier: Vor- und Nachnamen, Geburtsdatum, Geburtsort sowie Personalausweisnummer).
Kanuten, die die Grenze entlang der Ostsee gequert haben, empfehlen, dass wir uns zusätzlich beim Anmelden z.B. in Swinemünde ein „Einreisepapier“ geben lassen. Dieses Papier
wurde nur unwillig ausgestellt. Als die Kanuten ein paar Tage später die Ostseite von Wollin
erreichten, wollten die dortigen Behörden jedoch ein solches Papier sehen. Unter Umständen genügt es auch, wenn wir uns eine dritte Kopie der „Mannschaftsliste“ von der zuständigen polnischen Behörde abstempeln lassen und stets griffbereit mit uns führen. In Anbetracht dessen, dass wir als EU-Bürger uns in Polen als Teil der EU frei bewegen dürfen, wird
wohl diese Empfehlung (inkl. Mannschaftsliste) bald überholt sein. (Siehe hierzu in der Anhang den Erlebnisbericht von Eckehard Bohnsack von 2005).
6. Tourenempfehlung für die Anreise auf deutscher Seite
Die Fahrt von Rügen bzw. Greifswald aus kommende um die Nordspitze von Usedom herum
ist nur besonders seetüchtigen Kanuten mit seetüchtiger Ausrüstung zu raten. Schon ab 3-4
Bft. kann an den Flachstellen vor, neben und hinter der Insel Ruden Seegang herrschen, der
weniger erfahrene Kanuten schnell in Schwierigkeiten bringen kann. Dasselbe trifft für die
Weiterfahrt entlang der Seeseite von Usedom zu, wobei zu berücksichtigen ist, dass zunächst im Nordosten ein Sperrgebiet zu umfahren ist, das bis zu 5 km auf die offene See
reicht. Bei nördlichen bis östlichen Wind kann entlang des Ostseestrandes Brandung auftreten, die besondere Anforderung an die Seegangstüchtigkeit des Kanuten stellt. Nicht minder
problematisch kann die Umfahrung der Halbinsel Struck und die Einfahrt in den Spandowhagener Wiek verlaufen. Spätestens ab 4 Bft. Wind aus westlicher bis nördlicher Richtung kann
an den Flachstellen vor Struck Brandung auftreten.
Ansonsten befinden wir uns bei der Weiterfahrt Richtung Peenestrom (je nach Windrichtung
und –stärke ist in den Engstellen mit Strom bis max. 3-4 km/h zu rechnen) und Kleines Haff
auf der etwas sichereren Seite. Spätestens bei Erreichen des Kleinen Haffs wird jedoch wieder entsprechende Seegangstüchtigkeit vorausgesetzt; denn wenn dort aus nordwestlicher
bis östlicher Richtung der Wind mit 3-4 Bft. und mehr weht, kann es am Festlandufer branden und weit ab vom Ufer ein kurzer, steiler Seegang herrschen. Ein Ausweichen auf das
Ufer von Usedom ist jedoch nicht zu empfehlen, da wir von Kamminke aus nicht einfach weiter entlang des Ufers paddeln dürfen. Vielmehr müssen wir das dort ca. 12 km breite Haff
queren hinüber zum polnischen Grenzwachboot und weiter zum polnischen Hafen Nowe
Warpno paddeln, um uns dort anzumelden.
Wer unbedingt die Passage entlang der Seeseite von Usedom nicht missen möchte, dem
empfiehlt es sich, wenn ihm die Umfahrung der Nordspitze von Usedom zu unsicher ist, irgendwo Usedom per Bootswagen zu queren, z.B.:
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bei Karlshagen (Hafen) (ca. 6 km hinter Peenemünde): von dort sind es ca. 4 km bis
zur Seeseite. Brandet es draußen, suchen wir den ca. 1 km südlich gelegenen Zeltplatz „Dünencamp Karlshagen“ auf und warten auf Seegangsbesserung;
bzw. wir paddeln weiter bis Ziemitz, dann entlang des Ufers von Usedom Richtung
Achterwasser bis zum Hafen eines Anglervereins östlich von Zempin: von dort ist es
ca. 1 km bis zur Seeseite. Ca. 4 km nördlich davon liegt der Zeltplatz „Camping am
Dünengelände“.
Sollten wir planen, die Swina, die Engstelle zwischen Usedom und Wolin zu paddeln, stoßen
wir auf Strömung. In der Regel ist mit auslaufendem Strom zu rechnen, der bei stark ablandigem Wind bis zu 7,5 km/h fließen kann. Bei starken nordwestlichen Winden erleben wir
dagegen einlaufenden Strom, der bis zu 4 km/h strömen kann.
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Link: www.elwis.de > Freizeitschifffahrt > Sportschifffahrt Polen
Literatur:
Hafenhandbuch Polen (Stettiner Haff – Frisches Haff) (DSV-Verlag: 2000, 31 S.)
Revierführer Ostsee (DSV-Verlag: 3. Aufl. 2001, 491 S.)
Kartenmaterial:
• Für die Fahrt entlang der Festlandsküste bis Ueckermünde genügt der „Tourenatlas
Wasserwandern – Nr. 6: Deutschland-Nordost“ (1:75.000) (Jübermann-Kartographie);
• Für die Querung des Greifswalder Bodden und die Umfahrung der Nordspitze von
Usedom empfiehlt sich z.B. eine aktuelle Ausgabe der Seekarte D 1512 (leider im
Format 1:25.000);
• Gegebenenfalls reichen auch die beiden von Delius Klasing herausgegebenen Landund Seekartenführer von Rügen/Hiddensee (mit 8 Karten - 1:75.000) und Usedom (7
Karten - 1:50.000).
Anhang: Erfahrungsbericht rund Usedom
Eckehard Bohnsack (KSG Hildesheim) hat im Juli 2005 mit dem Seekajak die Insel Usedom umrundet und vorher die Ausführungen zum Grenzübertritt nach Polen im Internet gelesen:
www.kanu.de/nuke/downloads/Einreise-Polen.pdf
(s. auch: Kanu Sport, Nr 5/04, S.14-15). Dabei ist ihm nicht ganz klar geworden, wie das mit
dem Ab- und Anmelden in Deutschland und in Polen zu sehen ist. Hier sein Erfahrungsbericht:
Nach Polen und zurück
Vom Peenestrom aus kommend habe ich mich in Kanin abgemeldet und bin weiter zum
Campingplatz Bellin am südlichen Ufer des Kleinen Haffs gepaddelt. Nach einer Übernachtung habe ich am folgenden Tag das polnische Grenzwachtboot aufgesucht und wurde
sehr freundlich empfangen. Nach meinem Ziel gefragt, wurde ich an die Behörden in Swinemünde verwiesen. Dort in Swinemünde wurde ich wieder nach meinem Ziel gefragt.
Nachdem ich angegeben hatte, gleich wieder auf der Seeseite Richtung Deutschland zu
paddeln, wurden nur meine Daten vom Personalausweis notiert. Auf ein förmliches Ein- und
Ausklarieren wurde verzichtet. So gestaltete sich die Durchfahrt durch Polen recht unkompliziert.
Unsere Bundespolizei
Bei der Fahrt entlang der Seeseite von Usedom wurde ich offenbar von der deutschen Bundespolizei (so heißt der Grenzschutz seit 01.07.05) beobachtet, was auch sofort einige
Handlungen auslöste. Da ich nur bis zum nächsten Campingplatz (Ückeritz) paddeln wollte,
habe ich in Heringsdorf an der Seebrücke angelegt, um zu versuchen, bei der dortigen
Grenzkontrollstelle wenigstens meinen Ausweis vorzuzeigen. Diese war jedoch nicht besetzt.
Als ich jedoch wieder zu meinem Boot zurückkam, warteten dort schon drei Beamte (zwei
weitere kamen später noch hinzu) auf mich, um mir eine Ordnungswidrigkeit wegen illegalem
Grenzübertritt anzuhängen. Nur mit Mühe ist es mir gelungen, die Beamten zu überzeugen,
dass ich nichts verheimlichen wollte, selber auf der Suche nach der Bundespolizei gewesen
bin und letztlich nur amtlichen Ratschlägen gefolgt bin (den Tipp mit der Seebrücke hatte mir
ein Beamter in Kanin bei der Ausreise gegeben). Als ich übrigens Tage später auf Ruden
anlandete, war keinerlei Bundespolizei anwesend, sodass ich mich dort auch gar nicht hätte
zurückmelden können. Die Grenzübergangsstelle Ruden ist offenbar auch nur noch sporadisch besetzt.
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Fazit
Das Problem scheint mir weniger bei der Einreise nach Polen und den polnischen Behörden
zu liegen, als vielmehr bei der Rückreise nach Deutschland und übereifrigen deutschen Behörden, da die Grenze zu Polen noch Schengen-Außengrenze ist. Um Schwierigkeiten aus
dem Wege zu gehen, würde ich daher Folgendes empfehlen:
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Bei der Einreise nach Deutschland auf der Seeseite von Usedom würde ich das
nächste Mal direkt hinter dem Grenzzaun am Strand anlegen und Kontakt zu den
dortigen Beamten aufnehmen. Angeblich wird der Strand ständig von einem Fahrzeug aus überwacht.
Andernfalls würde ich telefonischen Kontakt mit der zuständigen und immer besetzten Grenzübergangsstelle Ahlbeck aufnehmen und mich beraten lassen (Tel.
038378/2300 bzw. 23011)
Notfalls würde ich zu Fuß ohne Boot zum – für den Fußgängerverkehr zuständigen Grenzübergang Ahlbeck gehen und dort mein Anliegen vorbringen.
Oder wir warten bis 2007; denn ab dann soll Polen auch zum Schengen-Abkommen gehören. Vermutlich wird dann vieles einfacher.
Text: Eckehard Bohnsack (eMail: [email protected] )
(07/08/05)

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