DDR: Artilleriewaffen der Landstreitkräfte

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DDR: Artilleriewaffen der Landstreitkräfte
Rohrartillerie
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Artilleriewaffen in den Landstreitkräften der DDR
Die Artillerie kann man nach ihren Gefechtseigenschaften in Kanonen, Haubitzen, Panzerabwehrkanonen (Pak),
reaktive Artillerie, Granatwerfer und Gebirgsartillerie unterscheiden. Aber auch der Art und Weise ihres Transports in
gezogene, selbstfahrende, SFL- und tragbare Artillerie. Aber auch nach den konstruktiven Besonderheiten
unterscheidet man in Artillerie mit gezogenem oder glattem Rohr sowie rückstoßfreie oder reaktive Artillerie.
Kanonen sind langrohrige Artilleriegeschütze mit vergleichsweise hoher Anfangsgeschwindigkeit ihrer Granaten und
großer Reichweite. Kanonen weisen eine rasante Flugbahn der Geschosse auf, erfordern eine große Masse an
Treibladung und werden zum Flachfeuerschießen auf große Entfernungen eingesetzt.
Geschütze mit kürzerem Rohr als das der Kanone nennt man Haubitzen. Sie werden zum Schießen von Steilfeuer auf
Ziele, die sich hinter Deckungen befinden, eingesetzt. Die Anfangsgeschwindigkeit ihrer Geschosse und damit ihre
Schußweite sind geringer als die der Kanone. Dadurch sind die Flugbahn der Geschosse stärker gekrümmt.
Kanonenhaubitzen erfüllen Feueraufgaben sowohl als Kanone als auch als Haubitze. Sie sind Kanonen gleichen
Kalibers in Reichweite unterlegen, verfügen aber nicht wie Haubitzen gleichen Kalibers über die große Krümmung
der Geschoßflugbahn.
Panzerabwehrgeschütze sind zur Bekämpfung von Panzern und anderen gepanzerten Zielen bestimmt. Hohe
Durchschlagsleistung, Rasanz der Flugbahn und Manövrierfähigkeit sind wichtige Eigenschaften der Pak.
Granatwerfer sind kurzrohrige Geschütze, die Steilfeuer mit großem Erhöhungswinkel führen.
Rückstoßfreie Geschütze sind Waffen mit dynamoreaktiver Wirkungsweise ohne Rücklauf des Rohres nach dem
Abschuss.
Geschosswerfer sind Gefechtsfahrzeuge der reaktiven Artillerie, die Mehrfachstartvorrichtungen tragen, mit denen
ungelenkte Raketengeschosse abgefeuert werden.
Fla-Geschütze sind zur Vernichtung von Luftzielen bestimmt. Die kleinkalibrigen Geschütze (bis 70-mm) und Fla-MG
wurden zur Bekämpfung tieffliegender Ziele, Flak bis einschließlich 100-mm zur Bekämpfung von Zielen in mittlerer
und großer Höhe eingesetzt. In Ausnahmefällen kann die Fla-Waffen auch zum Kampf gegen Erdziele eingesetzt
werden. Dabei muss die Waffen große Reichweite, hohe Feuergeschwindigkeit und Treffergenauigkeit besitzen. Die
Luftziele werden durch die bei der Detonation der Granate entstandenen Splitter zerstört. Die Detonation der Granate
kann durch Aufschlag- und/oder Distanzzünder erfolgen.
Genug Theorie.
1949 - 1952
Die ersten sowjetischen Artilleriewaffen waren 19 Stück 76-mm-SFL SU-76M, die Ende 1949 in der HVA reinen
Lehrzwecken dienten. Diese Waffen gingen an die damaligen drei B-Schulen. Ende 1950 wurden davon zwei Schulen
aufgelöst.
Neben den SFL erhielt die HVA im März und April 1950 folgende sowjetische Ausbildungswaffen:
mittlerer Granatwerfer Modell 1937, 1941 und 1943
Kaliber 82 mm
schwerer Granatwerfer 38
Kaliber 120 mm
Kanone 42
Kaliber 76 mm
Haubitze 38
Kaliber 122 mm
Haubitze 09/30
Kaliber 152 mm
Haubitze 43
Kaliber 152 mm
(Es wurden die Bezeichnungen aus den Originaldokumenten verwendet)
Im Mai und Juni 1952 wurden weitere 150 SFL SU-76M empfangen.
1952 - 1956
Die letzten 40 Stück SFL SU-76M erhielt die neugegründete KVP im August und September 1952. Ebenfalls im
Sommer des gleichen Jahres folgten eine einmalige Lieferung von 23 Stück 100-mm-SFL SU-100 und 46 Stück
85-mm-SFL SU-85.
Im Juni und im Oktober 1952 wurden die damals bestehenden Bereitschaften vollständig mit sowjetischen Waffen
ausgerüstet. So wurden die Bestände der bereits vorhandenen Artilleriewaffen weiter aufgestockt, gleichzeitig aber
auch folgende "neue" Waffen zugeführt:
Pak 42
Kaliber 45 mm
Pak 43
Kaliber 57 mm
Kanonen-Haubitze 37
Kaliber 152 mm
Kanone Modell 1910/34
Kaliber 152 mm
Flak 39
Kaliber 37 mm
Flak 39
Kaliber 85 mm
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Rohrartillerie
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rückstoßfreies Geschütz SPG-82
Kaliber 82 mm
überschweres Maschinengewehr DSchK Modell 1938 und 1938/46
Kaliber 12,7 mm
(Es wurden die Bezeichnungen aus den Originaldokumenten verwendet)
Die Panzer und Selbstfahrlafetten wurden in die "C und SFL Kommandos", die Artilleriesysteme in die "B
Kommandos" integriert.
Zum Verständnis:
Mit Gründung der KVP 1952 wurden erste militärische Strukturen geschaffen. Allerdings wurden für die Bezeichnung
der Einheiten keine "militärischen" Termini verwendet. Grundlage bildeten die letztendlich Ende 1953 gebildeten
"Territorialen Verwaltungen" (TV) Pasewalk (TV-Nord) und Leipzig (TV-Süd), (aus ihnen gingen später die zwei
Militärbezirke der NVA hervor) sowie die Verwaltung Aeroklub, die Verwaltung See und mehrere Schulen.
Jede TV besaß zwei A-VP-Bereitschaften, eine Mechanisierte-VP-Bereitschaft sowie mehrere direkt unterstellte
Abteilungen und Kommandos. Der TV-Stellvertreter B zeichnete verantwortlich für ein B-Kdo., ein S4-Kdo.
(Panzerjäger-Kdo.), sowie ein S5-Kdo. (Flak-Kdo.), also drei Artillerie-Kdo`s. Das B-Kdo. gliederte sich in eine
B-Aufklärungs-Abteilung, eine 152-mm-Haubitz-Abteilung und zwei 152-mm-Kanonen-Haubitz-Abteilungen. Das
S4-Kdo. bestand unter anderem aus sechs Panzerjäger-Kompanien, das S5-Kdo. gliederte sich in drei 85-mmKompanien und drei 37-mm-Kompanien.
Bestand an Artilleriesystemen Stand am 25.05.1955:
je ein B-Kommando mit 36 Rohren 152-mm (ein B-Kdo. mit 36 x 152-mm-KH ML-20, ein Kdo. mit 20 x 152-mm-H D-1 und 16 x 152-mm-K 10/34 plus 9
Geschütze an Schulen)
je ein S4-Kommando mit 24 Rohren der 76,2-mm-Kanonen ZIS-3
In jeder A-VP-B gab es drei A-Kommandos und ein C- und SFL-Kdo. sowie zehn bis elf direkt unterstellte Abteilungen
und Kompanien. Wie im großen so auch im kleinen. Es gab einen Stellvertreter B der für sämtliche artilleristischen
Einheiten zuständig war, also für ein B-Kdo.eine S4-Abteilung mit drei 76-mm-S4-Kompanien und eine S5-Abteilung
mit zwei 37-mm-S5-Kompanien. Das B-Kdo sollten laut Struktur aus zwei Abteilungen 76-mm und einer Abteilung
122-mm bestehen.
Stand am 25.05.1955:
je ein B-Kommando mit 36 (3 x 12) 122-mm-Haubitzen und 36 (3 x 12) 76,2-mm-Kanonen
je ein S4-Kommando mit 54 (3 x 18) 120-mm-GW
Etwas anders die Struktur in der Mech.-VP-B. Hier gab es drei mech.-Kdo.`s, ein schweres C und SFL-Kdo., ein
mittleres C-Kdo. sowie direkt unterstellten Einheiten. Auch hier ein Stellvertreter B, dem ein B-Kdo. ein S5-Kdo.,
bestehend aus drei 37-mm-S5-Kompanien und einer 12,7-mm-S5-Kompanie, sowie ein S6-Kdo. (Granatwerfer-Kdo.),
gegliedert in drei Granatwerfer-Kompanien, unterstanden Die B-Kdo`s der Mech.-VP-B gliederten sich in zwei
Abteilungen 122-mm und eine Abteilung 76,2-mm..
Stand am 25.05.1955:
je ein B-Kommando mit 36 (3 x 12) 122-mm-Haubitzen
je ein S6-Kommando mit 54 (3 x 18) 120--mm-GW
Im Mech.-Kommando befanden sich ebenfalls artilleristische Einheiten. Auch sie unterstanden einem Stellvertreter
B, so eine B-Abteilung mit drei B-Kompanien und eine S5-MG-Kompanie. Ebenfalls eine S5-MG-Kompanie waren
dem Schweren C und SFL-Kdo. und dem mittleren C-Kdo. unterstellt. In den drei Linieneinheiten, also den
A-Abteilungen, gab es jeweils eine S4-Kompanie und eine S6-Kompanie.
Stand am 25.05.1955:
je ein B-Abteilung mit 12 76,2-mm-Kanonen
je drei S6-Kompanien mit 6 Werfern
je drei S4-Kompanien mit 6 57-mm-Pak
Dem Stellvertreter B im A-Kommando unterstanden eine S4-Kompanie, eine S6-Kompanie und eine SFL-Kompanie.
Auch hier verfügten die drei A-Abteilungen über jeweils eine S4- und eine S6-Kompanie.
Stand am 25.05.1955:
das A-Kommando:
je ein S4-Kompanie mit 6 57-mm-Pak
je ein S6-Kompanie mit 6 120--mm-GW
je eine SFL-Kompanie mit 6 76,2-mm-SFL SU-76M
die A-Abteilung:
je eine S4-Kompanie mit 6 57-mm-Pak
je eine S6-Kompanie mit 6 82-mm-GW
Hier die Lehrstrukturen der Artillerieeinheiten:
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Rohrartillerie
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Genug Theorie.
1956 - 1962
Der Beginn des Aufbaus der NVA im Frühjahr 1956 markierte auch die Entstehung der Waffengattung "Artillerie".
Da es hier aber nicht um die Entwicklung der Waffengattung "Artillerie" gehen soll, sondern um die Waffen, nur so
viel:
1956 verfügte die Artillerie der NVA über einen Gesamtbestand von 2098 Geschützen und Granatwerfern. Trotzdem
erfolgte die Ausrüstung der verschiedenen Artillerietruppenteile zum Teil mit Ersatzbewaffnung. Ein weiterer Teil
der Einheiten war "kadriert", war also technisch ausgerüstet, aber ohne Personal.
Es wird auch noch lange dauern, bis sämtliche Einheiten aufgebaut und entsprechend ausgerüstet sind.
WIe die Artillerieeinheiten unterstellt, bzw. strukturiert waren, zeigt folgende Grafik.
Keine andere Waffengattung der NVA wird solchen Umwälzungen unterworfen sein wie die Artillerie, nirgens gibt es
so viele verschiedene Waffensysteme, nirgens wird der wissenschaftlich-technische Fortschritt so gravierende
Änderungen hervorrufen.
In den Jahren 1956 bis 1962 wurden eine Vielzahl neuer sowjetischer Waffensysteme in die NVA eingeführt. So zum
Beispiel:
82-mm-rückstoßfreies Geschütz B-10
107-mm-rückstoßfreies Geschütz B-11
57-mm-selbstfahrende Panzerabwehrkanone
85-mm-selbstfahrende Kanone
85-mm-Panzerabwehrkanone D-44
85-mm-Kanone 52
100-mm-Flak KS-19M2
SPW 40 A mit 14,5-mm-Zwilling-Fla-MG
SPW 152 E mit 14,5-mm-Zwilling-Fla-MG
14,5-mm Fla-MG SPU-2 Zwilling
14,5-mm Fla-MG SPU-4 Vierling
Fla-SFL 57/2
(Da ich das Fahrrad nicht neu erfinden werde, mutze ich bei der Beschreibung einzelner Waffen die vorhandenen Handbücher und Vorschriften)
Folgende Waffensysteme wurden für Einheiten der NVA geplant, aber nicht zugeführt:
160-mm-Divisions-Granatwerfer
122-mm-Kanone D-74
130-mm-Flak KS-30
reaktiver Werfer BM-14
122-mm-SFL SU-122-54
Interessant bei den Recherchen war eine Notiz vom 01.11.1957. Hier ging es um Abgaben von verschiedenen Waffen
an das MdI und das MfS. Unter anderem wurden an das MdI Geschoßwerfer P-27 und T-21 übergeben.
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