Tagungsband Logistik 2007 - Fraunhofer

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Tagungsband Logistik 2007 - Fraunhofer
10. IFF-Wissenschaftstage
27. - 28. Juni 2007
Tagungsband
»Logistik – Intelligenz in Produktion und Verkehr«
Internationale Fachtagung
Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schenk (Hrsg.)
IFF
Fraunhofer
Institut
Fabrikbetrieb
und -automatisierung
10. IFF-Wissenschaftstage 2007
Tagungsband
InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis
Vorwort
7
Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schenk,
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF
Impulsvorträge
Zukunftsperspektiven des Logistikstandortes Mitteldeutschland
Michael Reinboth, DHL Hub Leipzig GmbH, Schkeuditz
Vom Petersburger Dialog zur Interlogistica
Prof. Dr.-Ing. habil. Vjacheslav Prikhodko, Staatliche Technische Universität, Moskauer Institut
für Automobil- und Straßenwesen MADI, Moskau; Prof. Dr.-Ing. habil. Sergei Zheltov
Staatliches Forschungsinstitut für Flugsysteme, Moskau; Dr.-Ing. Stanislav Morozov
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF, Magdeburg
9
13
27. Juni 2007
Infrastrukturen für die intelligente Logistik
Barcode & RFID – Schnittstellen zwischen logistischen Systemen unterschiedlicher
Intelligenz
Heinrich Oehlmann, Eurodata Council, Naumburg
25
Konzipierung eines Data Warehousing Referenzmodells für die Steuerung komplexer
Supply Chains
Ao. Univ.-Prof. Dr. Kurt Matyas, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Wilfried Sihn, Technische Universität
Wien, Fraunhofer-Projektgruppe für Produktionsmanagement und Logistik PPL, Wien; Dr. Manuel Cantele, Capgemini, Wien
35
Sequenz 1 – 27. Juni 2007
Logistik in der intelligenten Produktion
Ganzheitliche Beschaffungsstrategie der Konzernbeschaffung der Volkswagen AG
Dipl.-Kfm. Gorazd Vrbica, Dr.-Ing. Marcel Schmieder, Volkswagen AG, Wolfsburg
45
Verkettung von Produktion und Lager durch kombinierte Lager- und Transportsysteme
Dr.-Ing. Volker Jungbluth, Dematic GmbH & Co. KG, Offenbach
55
ARGOS – Verifizierte Logistikketten mittels RFID
Dipl.-Kfm. Klaas Dannen, Dipl.-Ing. Frank Steyer, metraTec RFID Solutions, Magdeburg
63
Digitaler Prototyp in der digitalen Fabrik – Anpassung des digitalen Fahrzeugaufbauprozesses an die Herausforderungen des Anlaufs
Manfred Kempf, MBtech Consulting GmbH, Sindelfingen
71
Sequenz 2 – 27. Juni 2007
Innovation im Verkehr
Personalisierte Verkehrsinformationen für den regionalen Wirtschaftsverkehr
Dipl.-Ing. Andreas Herrmann, Dipl.-Ing. Andreas Kretschmer, ifak Institut für Automation und
Kommunikation e.V., Magdeburg
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Generierung intermodaler Transport- und Logistikketten mithilfe IT-gestützter
Planungsanwendungen – Erste Ergebnisse des EU-Projektes INTERIM
Mag. Dr. Gerhard Schilk, via donau – Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH, Wien;
Dipl.-Ing. Bertram Meimbresse, Technische Fachhochschule Wildau, Wildau
85
GNSS-based Forest Logistic System »Efficiency by Transparency« – GNSS basiertes Forstlogistiksystem – „Effizienz durch Transparenz“
Dipl.-Ing. Klaus Aichhorn, Univ.-Prof. Dr. techn. Dr. h.c. Bernhard Hofmann-Wellenhof,
Dipl.-Ing. Jürgen Seybold, TeleConsult Austria GmbH, Graz
95
Autoren
105
Wir bedanken uns
107
Impressum
108
Vorwort
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Geschäftspartner und Freunde,
Ich begrüße Sie auf das Herzlichste am
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb
und -automatisierung IFF. Mit unseren
IFF-Wissenschaftstagen pflegen wir inzwischen eine langjährige Tradition.
Gemeinsam mit hochkarätigen Referenten aus Deutschland und der Welt
ist es uns gelungen, ein attraktives Programm zu gestalten. Mehr und mehr
Gäste aus Wissenschaft, Wirtschaft
und Politik nutzen diesen internationalen Kongress für einen intensiven Austausch.
In diesem Jahr findet unser Kongress in
einem ganz besonderen Rahmen statt:
2007 begehen wir das 15-jährige Bestehen unseres Institutes. Auf unsere
langjährige Erfahrung und die Ergebnisse unserer Arbeit können wir stolz
sein - den kommenden Herausforderungen sehen wir erwartungsvoll entgegen. Überzeugen Sie sich bei Ihrem
Besuch in unserem Haus von den aktuellen und hoch spannenden Industrieprojekten.
Im Mittelpunkt der IFF-Wissenschaftstage stehen in diesem Jahr die Fachtagungen »Virtual Reality und Augmented Reality zum Planen, Testen und Betreiben technischer Systeme« und »Logistik - Intelligenz in Produktion und
Verkehr«.
Die Linie der vergangenen Jahre aufgreifend, veranstalten wir nun schon
zum vierten Mal die Tagung mit dem
Titel »Virtual Reality und Augmented
Reality zum Entwickeln, Testen und Betreiben technischer Systeme«. Unsere
Forschung an virtuellen Welten ist nicht
nur in der Region herausragend: Mit
unserem neu errichteten Virtual Development and Training Center ist unser
Institut europaweit führend in den Bereichen Virtual Reality und Augmented
Reality. Es ist uns eine große Ehre, dass
Herr Dr. rer. nat. Reiner Haseloff, Minister für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt, als Schirmherr sein
Grußwort an die Gäste dieser Fachtagung richtet.
Mit »Logistik- Intelligenz in Produktion
und Verkehr«, der zweiten Fachtagung, greifen wir einen weiteren Forschungsschwerpunkt des Fraunhofer
IFF auf. In Hinsicht darauf, dass sich
Mitteldeutschland deutlich zu einer
aufstrebenden Logistikregion entwikkelt, ein hochaktuelles Thema. Um die
Bedeutung des Standortes zu unterstreichen, hat Herr Dr. rer. nat. KarlHeinz Daehre, Minister für Landesentwicklung und Verkehr des Landes
Sachsen-Anhalt die Schirmherrschaft
für die Logistik-Fachtagung übernom-
7
men.
Abgerundet wird das Tagungsprogramm durch Workshops, die weitere
Geschäftsfelder unseres Institutes mit
Partnern vorstellen. So bietet beispielsweise der Workshop »Robotertechnologien für den Einsatz in Alltagsumgebungen« einen spannenden Einblick in
diesen Forschungsbereich.
Ich bin mir sicher, dass die IFF-Wissenschaftstage auch in diesem Jahr eine
Bereicherung für Sie sein werden und
wünsche Ihnen einen inspirierenden
Aufenthalt in unseren Häusern.
Ihr
Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schenk
Institutsleiter
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Impulsvortrag 1
Thema
Zukunftsperspektiven des
Logistikstandortes Mitteldeutschland
Michael Reinboth
Michael Reinboth
Lebenslauf
Jahrgang 1953
1971
Eintritt in den Dienst der Deutschen
Bundespost. Wahrnehmung verschiedener
Tätigkeiten: Programmierung und
Anwendungsplanung diverser Projekte,
Organisation Haushaltswesen, Zustellung,
Abteilungsleitung Betrieb im Postamt
Heilbronn.
1991
Mitwirkung beim „Aufbau Ost“ in der
Bezirksdirektion Halle
1993
Projektleiter „Aufbau neues Frachtkonzept“
1994
Niederlassungsleiter Paketzentrum Leipzig
1997
Präsident der Postdirektion Halle
1999
Geschäftsbereichsleiter Nord Ost – Bereich
Paketpost Deutschland
2003
Geschäftsbereichsleiter Operations Parcel,
Zentrale Bonn, Mitglied des
Bereichsvorstandes DHL Express
Deutschland
seit Januar 2005
Projektleiter DHL-Luftfrachtdrehkreuz Europa
10
Leipzig ist der Shooting-Star der Logistik-Standorte
Der Vortrag von Herr Reinboth zeigt, welche Impulse von der Investition der DHL für die
Entwicklung der Logistikregion Mitteldeutschland ausgehen und stellt diese Innovationen in
einen europäischen Kontext.
Pressemitteilung vom 20.03.2007 - Logistik & Transport
Leipzig/Stuttgart - Leipzig rückt ins Zentrum Europas. Das neue europäische Luftfrachtkreuz am
Flughafen Leipzig-Halle www.leipzig-halle-airport.de wird schon bald die EU-Hauptstadt Brüssel als
Hauptumschlagplatz (Hub) der Post-Logistiktochter DHL www.dhl.de ablösen. Der Logistik-Riese
benötigte mehr Start- und Landekapazitäten, was in Brüssel politisch scheiterte, und wurde auf der
Suche nach einem weiteren Knotenpunkt neben Hongkong und Wilmington (USA) in Ostdeutschland
fündig. Die Vorteile des Standorts sind offensichtlich: „Ein Standort, der auf lange Sicht
Planungssicherheit, Verkehrsrecht und einen 24-Stunden-Betrieb an sieben Tagen in der Woche ohne
Einschränkungen garantiert. Nach intensiven Prüfungen kristallisierte sich heraus, dass Leipzig/Halle
am attraktivsten ist“, beschreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung www.faz.net den Standort.
Die zentrale geografische Lage vor den Toren der boomenden Märkte Osteuropas und die
erstklassige Verkehrsanbindung machen Leipzig zum Shooting-Star der deutschen Flughäfen und
Logistik-Standorte. „Durch die EU-Osterweiterung ist die Region in die Mitte des europäischen
Wirtschaftsraumes gerückt“, so die FAZ weiter. 2008 will DHL den Betrieb mit 55 Flugzeugen
aufnehmen, bereits ab diesem Sommer wird der Testbetrieb beginnen. Die Deutsche Bahn
www.db.de ist derzeit dabei, einen Güterbahnhof zu bauen. Die Sortieranlage im Warehouse ist über
vier Kilometer lang und bearbeitet in Hochzeiten bis zu 60.000 Pakete stündlich. Die DHL-Ansiedlung
habe eine Sogwirkung für den Standort, erklärt Gunthard Bratzke, Geschäftsführer des in Halle
ansässigen Instituts für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung www.isw-online.org. Im dem
Flughafen benachbarten Güterverkehrszentrum haben sich über 100 Unternehmen aus den bereichen
Logistik, Handel, Verkehr und Dienstleistungen niedergelassen. Experten schätzen, dass im Zuge der
Entscheidung von DHL zugunsten des ostdeutschen Standortes bis zu 10.000 Arbeitsplätze entstehen
werden.
Dass bei einem solchen Projekt auch die Herausforderungen an die IT-Infrastruktur enorm sind,
versteht sich von selbst. Der Stuttgarter Systemintegrator Nextiraone www.nextiraone.de mit
Niederlassung in der sächsischen Metropole ist dabei, ein hochkomplexes ITK-System zu entwickeln,
das in seiner Größe ebenfalls beachtlich ist: Im Erstausbau umfasst es über 1.000 Ports im Local Area
Network (LAN), 340 Access Points im WLAN-Netz, 700 IP Telefone, dazu 90 Basisstationen und
mehrere Hundert Mobiltelefone im DECT Standard (Digital Enhanced Cordless Telecommunications)
und ein Wide Area Network (WAN) sowie umfassendes Applikation Management und ein Unified
Messaging System stehen auf dem Auftragszettel der DHL. „Wir haben mit unserem Single Vendor
Konzept und ausgereifter Technik überzeugt“, erklärt Axel Schnell, Chief Operating Officer von
Nextiraone. Obwohl DHL und Deutsche Post vielfach von anderen Anbietern ausgerüstet wurden, hat
sich Nextiraone mit seiner Alcatel-Lösung www.alcatel-lucent.de durchgesetzt. Die Präsenz vor Ort das Nextiraone-Büro ist gerade einen Kilometer vom Flughafen entfernt - und die Aufgabenteilung
zwischen Unternehmensvertretern in Leipzig und in der Stuttgarter Zentrale sowie professionelle
Bearbeitung aller Projektanfragen seitens des Auftraggebers und die ständige Kommunikation mit
Entscheidungsträgern auf allen Ebenen in Brüssel, Berlin, Bonn und Leipzig dürften auch dafür
gesorgt haben, dass sich DHL bei den Stuttgartern gut aufgehoben fühlt. „Es kommt darauf an,
passgenaue Services bereitstellen zu können. In jeder Phase eines Projekts bringen wir den
ermittelten Bedarf und die Leistung in Einklang. Dazu stehen wir ständig in Kontakt mit dem Kunden
und unserem Partner Alcatel“, sagt Schnell.
Viele Experten sind sich einig, dass die wirtschaftliche Anziehungskraft der Region Leipzig-Halle durch
den Flughafen steigt. „Mitteldeutschland besitzt beste Voraussetzungen, zu den großen Gewinnern zu
gehören“, kommentierte die Mitteldeutsche Zeitung www.mz-web.de die Entwicklung in der
Logistikbranche. International agierende Unternehmen wie Dell, Amazon, Quelle, Porsche, BMW oder
Dow Chemical haben sich bereits angesiedelt. Die Welt www.welt.de zitiert Michael Reinboth, der das
Projekt DHL Hub-Luftfrachtdrehkreuz Leipzig-Halle leitet: „Wie Hamburg das ‚Tor zur Welt’ im
11
Seefrachtverkehr ist, wird Leipzig das ‚Express- und Logistikportal Europas’ in Sachen Luftfracht
werden.“
Medienbüro.sohn
V.i.S.d.P: Gunnar Sohn
Ettighoffer Strasse 26a
53123 Bonn
Germany
Telefon: +49 - 228 - 6 20 44 7
Telefax: +49 - 228 - 6 20 44 75
[email protected]
Quelle:
http://openpr.de/news/126049/Leipzig-ist-der-Shooting-Star-der-Logistik-Standorte.html
12
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Impulsvortrag 2
Vom Petersburger Dialog zur
Interlogistica
Prof. Dr.-Ing. habil. Vjacheslav Prikhodko
Prof. Dr.-Ing. habil. Sergei Zheltov
Dr.-Ing. Stanislav Morozov
Prof. Dr.-Ing. habil. Vjacheslav
Michailovich Prikhodko
Lebenslauf
20.01.1957
Geboren in Kaliningrad
1956- 1966
Schulabschluss im Arhangelsk Gebiet mit der
Medaille in Silber
1966-1971
Moskauer Institut für Automobil- und
Straßenwesen (MADI), Studium
»Autoverkehr«, Diplom mit Auszeichnung
1971-1974
Moskauer Institut für Automobil- und
Straßenwesen (MADI), Doktorand am
Lehrstuhl »Technologien der
Konstruktionsmateriallien«
1975
Promotion zum Thema »Anwendung der
Untraschallschwinngungen bei der Reparatur
der Auto-Traktoren Technik«
1975 - 1980
Mitarbeiter des Lehrstuhles »Technologien
der Konstruktionsmateriallien« (Assistent, seit
1978 - Dozent)
seit 1981
Leiter des Amtes für Studien und Lehre, 1983
– Prorektor, 1987 – Prorektor für
Studienangelegeheiten, 1993 – Vize-Rektor,
2001 – wurde zum Rektor gewählt, 2006 –
wurde zum Rektor wiedergewählt
Forschungsarbeit
Forschungsassistent, 1978 - Senior
seit 1975
wissenschaftlicher Mitarbeiter, 1985 – Leiter
des Labors für elektophysische
Bearbeitungsmethoden, 1974 –
Lehrstuhlsleiter »Technologien des
Konstruktionsmateriallien«
14
1996
Habilitation zum Thema »Anwendung der
Untraschallschwinngungen bei der
Herstellung, Betrieb und Reparatur der AutoTraktoren Technik«
2000
Verleihung der Prämie des Präsidenten der
Russischen Föderation im Bereich der
Ausbildung
2003
Wahl zum korrespondierenden Mitglied der
russischen Akademie der Wissenschaften
Ehrenamtliche Funktion
seit 1996
Präsident des russischen
Entwicklerverbandes für die
Ultraschalltechnik und -technologien
seit 2001
Vorsitzende der zwei
Habilitationskommissionen
seit 2003
Stellvertretender Vorsitzende des Rates für
Verleihung der Prämie der Regierung der
Russischen Föderation im Bereich des
Maschienenbaus und Transports
2007
Mitglied des ehrenamtlichen Rates des
Verkehrsministeriums der Russischen
Föderation
15
Prof. Dr.-Ing. habil. Sergey
Jurievitch Zheltov
Lebenslauf
26.04.1956
Geboren in Moskau
1973- 1979
Moskauer physikalisch-technisches Institut
(MFTI), Studium der Steuerungssysteme und
angewandten Mathematik
1979-1982
Moskauer physikalisch-technisches Institut
(MFTI), Doktorand
1982- 1997
Staatliches Forschungsinstitut für
Flugsysteme (FGUP GosNIIAS),
Forschungsassistent, Gruppenleiter,
Laborleiter, Stellvertender Generaldirektor
für IT-Technologien
2005
Staatliches Forschungsinstitut für
Flugsysteme (FGUP GosNIIAS), Der erste
Stellvertretender Generaldirektor
seit 03.2006
Staatliches Forschungsinstitut für
Flugsysteme (FGUP GosNIIAS),
Generaldirektor
04. 2006
Wahl zum korrespondierenden Mitglied der
russischen Akademie der Wissenschaften
16
Dr.-Ing. Stanislav Morozov
Lebenslauf
07.09.1979
Geboren in Moskau
09/1996 – 07/2000
Moskauer Technische Universität für
Fernmeldewesen und Informatik (MTUCI),
MoskauAbschluss: Bachelor of Science in
Informatik und Rechentechnik
09/2000 – 07/2002
Moskauer Technische Universität für
Fernmeldewesen und Informatik (MTUCI),
Moskau
Abschluss: Master of Science in Informatik
und Rechentechnik
10/2002 – 06/2003
Technische Universität Graz, Österreich
Zusatzstudium Telematik und Logistik
Ernst Mach - Stipendium
10/2002 – 10/2005
Staatliche Technische Universität – Moskauer
Institut für Automobil- und Straßenwesen
(MADI) und
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und
-automatisierung IFF Magdeburg
- Promotion »Vervollkommnung von
Transport-Technologieprozessen in
Liefernetzen für Komponenten in der
Industriellen Produktion«
Tätigkeiten:
09/1998 – 08/2000
Staatliches Forschungsinstitut für
Flugsysteme (FGUP GosNIIAS), Moskau
- Hilfswissenschaftler
17
08/2000 – 10/2002
Staatliches Forschungsinstitut für
Flugsysteme (FGUP GosNIIAS) , Moskau
- Arbeit als Ingenieur während des
Masterstudiums
03/2003 – 06/2003
Technische Universität Graz, Österreich
- Tutor am Institut für
Informationsverarbeitung und
Computergestützte neue Medien im Fach
Datenbanken
02/2004 – 01/2006
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und
-automatisierung IFF, Magdeburg
- Regierungspraktikant mit Stipendium des
BMWA
seit 02/2006
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und
-automatisierung IFF Magdeburg
- Wissenschaftler Mitarbeiter
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Vom Petersburger Dialog zur Interlogistica
Prof. Dr.-Ing. habil. Vjacheslav
Prikhodko
Prof. Dr.-Ing. habil. Sergei Zheltov
Staatliches Forschungsinstitut
für Flugsysteme
Viktorenko 7
125319 Moskau
Tel. +7 495 157 70 74
Fax +7 495 943 86 05
Email [email protected]
Staatliche Technische Universität –
Moskauer Institut für Automobilund Straßenwesen (MADI), Rektor
Leningradski Prospekt 64
125319 Moskau
Tel. +7 495 151-6412
Fax +7 495 151-8965
Email [email protected]
Dr.-Ing. Stanislav Morozov
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb
und -automatisierung IFF
Sandtorstraße 22
39106 Magdeburg
Tel. +49 391 40 90 375
Fax +49 391 40 90 432
Email [email protected]
1 Gründung der Interlogistica
Das Konzept zum Aufbau der Interlogistica hat seinen Ursprung im deutschrussischen Petersburger Dialog, der vom damaligen Bundeskanzler Schröder und
Russlands Präsident Putin ins Leben gerufen wurde. Der Petersburger Dialog ist
ein offenes und breit angelegtes Diskussionsforum, das sich gesellschaftlichen
Fragen der Zeit und der deutsch-russischen Beziehungen widmet.
Basierend auf der langjährigen erfolgreichen Zusammenarbeit von Wissenschaftlern, Spezialisten und Geschäftsleuten aus Russland und den neuen Bundesländern Deutschlands wurde im Ergebnis des Petersburger Dialogs 2003 im Beisein
des Vorsitzenden des Lenkungsausschusses, Herrn Michael Gorbatschow, ein
Memorandum zum Aufbau eines gemeinsamen Kompetenzzentrums Interlogistica
zwischen dem FGUP Staatlichem Forschungsinstitut für Flugsysteme (FGUP
GosNIIAS) und dem Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF
unterzeichnet. Im Jahr 2004 trat die Staatliche Technische Universität - Moskauer
Institut für Automobil- und Straßenwesen (MADI) dem Kompetenzzentrum Interlogistica bei.
19
Bild 1: Unterzeichnung des Memorandums zum Aufbau der Interlogistica im Rahmen des Petersburger Dialogs in St. Petersburg 2003 – v. l. n. r.: I. Morozov, Stellvertretender kaufmännischer Direktor des FGUP GosNIIAS; Dr.-Ing. F. Wende,
Geschäftsführer der PRO-DE GmbH; M. Gorbatschow, Vorsitzender des Lenkungsausschusses; Prof. Dr.-Ing. habil. M. Schenk, Institutsleiter des Fraunhofer
IFF; Prof. Dr.-Ing. habil. S. Zheltov, Generaldirektor des FGUP GosNIIAS.
Bild 2: Prof. Dr.-Ing. habil. M. Schenk, Institutsleiter des Fraunhofer IFF und Prof.
Dr.-Ing. habil. V. Prikhodko, Rektor vom MADI bei der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags.
20
2 Aktivitäten und Ergebnisse
Das Hauptanliegen der Interlogistica besteht darin, Ergebnisse und Produkte von
Forschungsarbeiten, Produkte für den Lehrprozess und Consultingdienstleistungen
gemeinsam zu entwickeln und zu vermarkten sowie den Know-how-Transfer in
verschiedenen Bereichen sicherzustellen. Der Fokus liegt hierbei auf:
1. der Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Logistik,
2. dem Technologie-Consulting in verschiedenen Bereichen,
3. der Entwicklung und dem Einsatz integrierter RFID-basierter Lösungen für
logistische Netze und
4. der Entwicklung und dem Einsatz optischer 3D-Messtechnik.
Erste Ergebnisse der Zusammenarbeit im Rahmen der Interlogistica waren Logistik-Seminare, die in den Partnerorganisationen in Russland von IFF-Mitarbeitern
durchgeführt wurden sowie die Teilnahme von Experten des Fraunhofer-Instituts
IFF am Logistik-Forum des MADI im Jahre 2004.
Grundlage der Seminare bildeten am IFF entwickelte Logistik-Planspiele. Die Generierung einer einheitlichen Sichtweise auf Methoden zur Formulierung und Lösung von logistischen Aufgaben stand bei den Teilnehmern dabei im Vordergrund.
Mit der Anpassung der Planspiele an russische Bedürfnisse und Gegebenheiten
durch die russischen Partnerorganisationen konnten Programme für gemeinsame
Seminare zur Weiterbildung auf den Gebieten Produktionslogistik, Transport, Lagerwirtschaft, Beschaffungslogistik und Supply Chain Management erstellt werden.
Ende 2005 wurde das erste gemeinsame Seminar zur Produktionslogistik im Industrieunternehmen FGUP Ufimskoe Gerätebau Produktionsvereinigung in der
Stadt Ufa erfolgreich durchgeführt.
Als Resultat der engen Zusammenarbeit zwischen dem Fraunhofer IFF und dem
Institut für Logistik und Materialflusstechnik (ILM) der Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg entstanden ebenfalls Kooperationen zwischen dem MADI
und der Universität Magdeburg, die durch verschiedene akademische Aktivitäten
charakterisiert sind. Erfolgreiche Beispiele dafür sind die Seminare und Vorlesungen, die von den ILM-Mitarbeitern am MADI durchgeführt wurden, der Austausch
von Wissenschaftlern, die Weiterbildung von Doktoranden des MADI in Deutschland mit nachfolgender Verteidigung von Doktorarbeiten sowie ein Tempus-Antrag
zur Entwicklung eines gemeinsamen MBA-Programms auf dem Gebiet der Transportlogistik. In Zukunft soll dieses gemeinsame MBA-Programm als Basis für eine
langfristige Zusammenarbeit von MADI, Fraunhofer IFF und ILM der Otto-vonGuericke-Universität dienen.
Neben den akademischen und qualifizierenden Aktivitäten auf dem Gebiet der Logistik wird an verschiedenen gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekten gearbeitet. Während der Eröffnung des offiziellen Auslandsbüro der Fraunhofer-Gesellschaft in Moskau im Oktober 2005 wurde vom Fraunhofer IFF, GosNIIAS
und MADI das »Joint-Lab«, ein gemeinsames Forschungs- und Entwicklungslabor,
präsentiert, das in die Interlogistica integriert wurde. Im Rahmen des »Joint-Lab«
werden Arbeiten auf den Gebieten der technischen Logistik und der Entwicklung
optischer Messsysteme für die Fertigungs- und Qualitätskontrolle durchgeführt.
21
Als Inhalte dieser Arbeiten sind hier u. a. zu nennen:
x Entwicklung und Einsatz von Demonstrator- und Prototyplösungen sowie
integrierter RFID-basierter Lösungen für logistische Netze,
x Beratung zur Organisation bzw. Verbesserung logistischer Abläufe mittels
RFID-Technologien,
x Erstellung von technischen und organisatorischen Konzepten,
x Unterstützung bei der Zertifizierung von Prozessen und Systemen.
Die ersten gemeinsamen Entwicklungen auf dem Gebiet der Identifizierung von
Bauteilen für die Luftfahrtindustrie wurden auf der internationalen Luft- und Raumfahrt-Messe ILA-2006, der größten Luft- und Raumfahrt-Ausstellung Deutschlands,
in Berlin vorgestellt. Präsentiert wurde hier als Produkt der Interlogistica der Demonstrator »RFID für Luftfahrtkomponenten« zur eindeutigen und fälschungssicheren Kennzeichnung von Flugzeugbeiteilen. Diese Lösung stieß seitens der Industrie und Luftfahrtunternehmen auf großes Interesse und regte die Durchführung
weiterer Arbeiten zur Erweiterung der Möglichkeiten des Prototyps an. Dazu zählt
unter anderem die Entwicklung einer RFID-Middleware, welche die Funktionen des
Prototyps wesentlich erweiterte. Ein auf Grundlage dieser RFID-Middleware entwickeltes integriertes System wurde erstmalig auf der Tagung »Logistische Prozesse
in den Bereichen Luftfahrt, Automobil und Transportwesen: Qualität und Sicherheit« im April 2007 in Moskau präsentiert.
Die traditionelle Teilnahme von Experten des Fraunhofer-Instituts IFF am jährlich
stattfindenden logistischen Forum des MADI, führte zu der Idee, diese gemeinsame internationale Logistik-Tagung in Moskau durchzuführen.
Die Planung und Durchführung der Tagung wurden von russischen Regierungsinstitutionen, dem Verkehrsministerium (MinTRANS) und der Föderalen Agentur für
Industrie Russlands (ROSPROM) unterstützt.
Im Mittelpunkt der Tagung im Renaissance Hotel Moskau standen Fragen der Sicherung von Qualität, Stabilität und Sicherheit logistischer Prozesse in den Branchen Luftfahrt und Automobil. Diese Problematik gewinnt für die entsprechenden
Branchen verstärkt an Bedeutung, was einerseits durch ein hohes Niveau von Anforderungen an die Qualität von Produkten und Prozessen und andererseits durch
weltweit verteilte Produktions- und Verbrauchsstandorte bedingt ist.
Über 200 Entwickler, Anwender, Dienstleister und Endkunden trafen sich auf der
zweitätigen Veranstaltung, um ihre Erfahrungen und Anforderungen hinsichtlich
der Sicherung logistischer Prozesse und Möglichkeiten der Unterstützung durch
technische Systeme vorzustellen und zu diskutieren.
Abgesehen von Lösungen auf dem Gebiet der technischen Logistik wurden auf der
Tagung auch andere gemeinsame Entwicklungen präsentiert, wie z. B. Verfahren
der Bildverarbeitung, die bei der Automatisierung vieler Prozesse eine wichtige
Rolle spielen. Exemplarische Anwendungsfelder sind Fertigungs- und Qualitätskontrollen, die Überwachung von Verkehrsströmen und die Auswertung von Luftbildaufnahmen sowie die Simulation von Produkt- und Prozessentwicklungen.
Begeistert nahm das internationale Fachpublikum die sowohl von deutschen als
auch von russischen Referenten gehaltenen Vorträge auf. So berichteten beispielsweise hochrangige Vertreter von DHL, Siemens, VW, Airbus, Intermec Corporation (USA) und Kühne&Nagel von ihren Erfahrungen. Von russischer Seite referierte unter anderem der Vize-Generaldirektor des Zentralen Automobil- und
Automotorforschungsinstituts (NAMI).
In enger Kooperation mit der Bundesvereinigung Logistik BVL und unter der Schirmherrschaft des russischen Verkehrsministeriums (MinTRANS) sowie der Föderalen
Agentur für Industrie Russlands (ROSPROM) bot die Tagung eine Plattform zur Initiierung von Kontakten zwischen europäischen und russischen Partnern auf allen Ebenen
der Wertschöpfungs- und Nutzungskette in den adressierten Branchen.
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Bild 3: Tagung »Logistische Prozesse in den Bereichen Luftfahrt, Automobil und
Transportwesen: Qualität und Sicherheit« - v. l. n. r.: Prof. Dr.-Ing. habil. V. Prikhodko, Rektor vom MADI; Prof. Dr.-Ing. habil. S. Zheltov, Generaldirektor des
FGUP GosNIIAS; Dr.-Ing. F. Wende, Geschäftsführer der PRO-DE GmbH; Prof.
Dr.-Ing. habil. M. Schenk, Institutsleiter des Fraunhofer IFF.
3 Ausblick
Das Fundament für eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Interlogistica wurde
bereits durch den positiven Start und bisherigen Verlauf der Zusammenarbeit gelegt. Im akademischen Bereich ist die Vorbereitung und Realisierung eines gemeinsamen MBA-Ausbildungsprogramms einer der wichtigsten Inhalte dieser Kooperation. Die Partner schenken der Ausbildung junger Spezialisten besondere
Aufmerksamkeit. Es ist geplant, das Programm des Zusatzstudiums für junge Wissenschaftler sowohl in Russland als auch in Deutschland zu erweitern. Damit wird
der Austausch von Erfahrungen und Ideen intensiviert.
Zudem wird Fragen, die mit der Vervollkommnung und dem Einsatz von gemeinsam entwickelten Lösungen auf dem Gebiet der technischen Logistik und optischen Messungen in der Luftfahrtindustrie Russlands und Deutschlands sowie mit
der Entwicklung ähnlicher Lösungen für die Automotivindustrie verbunden sind, ein
hoher Stellenwert beigemessen. Die positiven Erfahrungen bei der gemeinsamen
Konzipierung von technologischen Lösungen lassen die begründete Hoffnung entstehen, dass sich die Zusammenarbeit auf diesen innovativen Gebieten weiterentwickelt.
23
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Infrastrukturen für die intelligente Logistik
Thema
Barcode & RFID – Schnittstellen zwischen
logistischen Systemen unterschiedlicher
Intelligenz
Heinrich Oehlmann
Heinrich Oehlmann
Lebenslauf
Jahrgang 1941
1957
Lehre Fernmeldetechnik
1960
Berufsausübung Fernmeldemonteur,
Weiterbildung zum Techniker und Ingeneur,
Ausübung Projektierungs-, Offertingenieur, dann
Vertriebsingenieur Kommunikationstechnik.
1978
Gründung Ingenieurbüro Oehlmann, Übernahme
von internationalen Vertretungen mit Zielrichtung
Automatische Datenerfassung und deren
Integration und Gründungen von Fachbereichen
im internationalen Netzwerk mit der Elmicron AG
und ICS AG, Schweiz.
1981
Barcode-Einführungen in Industrie,
Gesundheitswesen (Blutbanken), Bibliotheken,
etc.
1986
Erste RFID Einführung in Industrieprojekten (LF)
19992
CEN TC225 Mitgründung Arbeitsgruppe AIDC,
Convenor EN 1572, Multi-IndustrieTransportetikett. Übernahme Technisches
Komitee im European Health Care Business
Communication Council (EHIBCC).
1997
Gründung Eurodata Council Stichting, Den Haag.
Obmann im DIN Normenausschuß
Informationstechnologie 31, AIDC
seit 1997
Normierung Barcode, RFID und Datenstrukturen in
DIN NI31, ISO/IEC JTC 1/SC31 und ISO JWG
TC104/TC122, Liaison mit Industrieverbänden in
Industrie und Gesundheitswesen für Erstellen von
Guidelines, Consulting zu den Aufgaben von
Tracking & Tracing international
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Barcode & RFID - Schnittstellen zwischen logistischen
Systemen unterschiedlicher Intelligenz
Heinrich Oehlmann
Eurodata Council, AIDC
Kösener Strasse 85
06618 Naumburg
Tel. +49 3445 78116 0
Fax +49 3445 770161
[email protected]
1 Kommunikation zwischen Ware und System
Angewandte Intelligenz in der Logistik beinhaltet zwingend die Kommunikation zwischen der Ware und Steuersystem. Andernfalls bleibt es bei einem theoretischen
Modell. Um zu entscheiden, wo ein Objekt herkommt, wo es sich befindet oder
wohin es gehen soll und wann, wird dessen unverwechselbare Identität benötigt.
Barcode und/oder RFID sind die einschlägigen Technologien für diese Zwecke und
gleichermaßen in der Lage, die Identität automatisch festzustellen und zu melden.
Eindeutige Identität im geschlossenen System wird durch einfache interne Systemreferenzen geregelt. Das funktioniert allerdings im offenen System nicht. Hat ein
Objekt einmal das Haus verlassen, gelten zu den Regeln des Versenders auch die
Regeln des Transporteurs und die des Empfängers, bzw. deren ERP-Systeme. Oft
genug ist dies an Mehrfachcodierung einer Transporteinheit deutlich. Einigen sich
aber alle Beteiligten auf Normen, die auch für alle anderen Objekte und Ziele gelten, dann sind die Voraussetzungen für übergreifende Kommunikation in vereinfachter Weise gegeben. Dies sind nicht allein die Normen für die physikalische
Spezifikation eines Barcodes oder eines RFID-Chips, sondern auch die Normen
für die Datenstrukturen, welche Barcode und RFID erst kommunizieren lassen.
Diese bedienen die Schnittstellen zu den Rechnersystemen.
1.1 Die Sprache der Automatischen Identifikation
Die Methodik des kommunizierens zwischen den Systemen der Partner in einer
logistischen Versorgungskette ist mit der Anwendung einer gemeinsamen Sprache
vergleichbar, die Sprache der Automatischen Identifikation. Diese Sprache ist nicht
bei Barcode nicht neu, aber durchaus bei der Anwendung in Verbindung mit RFID.
Die betreffende Semantik ist unter ISO/IEC 15418 normiert und enthält sogenannte
„Datenidentifikatoren“ oder „Datenbezeichner“. Diese werden den Datenelementen
einer Information vorangestellt und zeigen dem Computer (nicht dem Menschen)
an, welche Bedeutung das Datenelement hat. Wird ein nach Norm strukturierter
Code erfasst, und dem Computer übermittelt, kann die Software auf einfache Weise den Inhalt erkennen.
1.2 Unverwechselbare Identität
Im offenen System einer übergreifenden Versorgungskette ist Unverwechselbarkeit ein entscheidendes Merkmal. Der Baustein dazu ist die Norm „ISO/IEC 15459
Unique Identifiers“i, welche in 2007 den Geltungsbereich von kleinsten Objekten/Produkten bis hin zum Versandcontainer erhält. Dazu sorgt eine von ISO und
CEN geregelte Hierarchie für die Verantwortung zu den Nummernkreisen (Bild 1).
Die verbleibt selbstverständlich in letzter Konsequenz beim Hersteller, der seine im
27
Qualitätsmanagement festgelegten Referenzen für Produkt, Charge, Seriennummer per „Identräger“ kommunizieren will. Für durchgängige Steuerungsfähigkeit
aber auch Rückverfolgbarkeit ist es notwendig, daß diese seine Referenzen auch
bis zum Anwender beibehalten bleiben, also daß unterwegs nichts geändert wird.
Zu ändern gibt es bei der Optimierung von logistischen Systemen ganz andere
Dinge, als Nummernkreise. Also heizt es, die Originalreferenzen in verständliche
Sprache, also in die Norm packen, anstelle neue Referenzen und Nummernkreise
zu generieren. Dies ist auch die Logik, daß sich RFID einfacher integrieren läßt,
wenn man auf eine Barcode- gestützte Infrastruktur aufbaut. Bei RFID geht es ja
genauso um Identität des markierten Objekts.
ISO/IEC
A:
CEN
15459
CEN & ISO authorisieren NEN Organisationen zu registrieren
B:
NEN
vergibt Organisationskennungen (Issuing Agency Codes)
C:
Organisation
vergibt die Company ID für Kennzeichner
D:
Kennzeichner
ist verantwortlich für die Eindeutigkeit
E:
Einheit
Bild 1: Hierarchie der Unverwechselbarkeit von A – E nach ISO/IEC 15459 und EN
1572
Die Hierarchie der Unverwechselbarkeit ist in Zuständigkeiten aufgeteilt: ISO &
CEN für die Regel, NEN, das Niederländische Normierungsinstitut, für die Registrierung der Vergabestellen als Issuing Agencies mit zugehörigem Kürzel, die Issuing Agencies mit der Aufgabe, unikate Firmencodes zu vergeben und schließlich
die Firma, die für ihr eigenes Nummernsystem verantwortlich ist. Es lohnt sich einii
mal ins Internet bei NEN nachzuschauen und die 26 „Issuing Agencies“ zu entdecken, die alle Firmencodes zum Zweck der Nutzung in Barcode & RFID vergeben.
Darunter findet man die Vergabestellen für Verbandsmitglieder, Industrie & Handel
mit freien oder gebührenbehafteten Codes. Auf der Liste unter „G“ ist auch GS1 für
Vergabe der EAN-Codes für EPC registriert, gleichwertig zu allen anderen 25 Institutionen, die eines gemeinsam haben: Sie registrieren Firmencodes für die Verwendung in Barcode & RFID nach ISO/IEC-Regeln, bzw. wenden diese selbst an.
Die Produkte, Transporteinheiten des Lieferanten werden damit Unikate, man
spricht auch vom „License Plate“. Diese doch einfache und sichere Lösung eines
„License Plates“ in RFID spiegelt sich im Entwurf für den Applikationsstandard ISO
17965 wieder: „Supply chain applications of RFID — Transport units“. Ebenso wie
für den seit Jahren effektiven Standard „ISO 15394 Packaging - Linear & 2D Symbols for Transport Units“ ist das „License Plate“ die globale Lösung. Das sehen so
die meisten Industrieverbände für Automotive, Elektronik, Health Care, usw. Allerdings ist es jetzt schon fraglich ob GS1 aus den Reihen des Konsums den „effektiven Umfang“ der globalen Standards für RFID umfassend publizieren wird, da
auch hier die Eigeninteressen, den EAN-Code mit EPC zu promoten, den Vorrang
haben werden. So jedenfalls stellt es sich heute dar und wird der Verbreitung von
RFID nicht unbedingt förderlich sein.
2 Barcode & RFID
Barcode in Synergy mit RFID oder jeder für sich?
Barcode ist als Synonym für Automatische Datenerfassung weltweit stabil präsent.
Die Barcodelösungen müssen es sich aber sich gefallen lassen, daß sie schon fast
als fossil gelten. Glücklicherweise werden die “Punktmatrixcodes” auch zur Barcode-Technologie gezählt und Barcode erfährt dadurch als optische Identtechnologie
28
fast eine Neugeburt. Seit den 70ger Jahren hat sich Barcode bis heute stetig weiter entwickelt und ist in der Tat heute auf den Punkt gekommen (Bild 2). Schon
sind die wichtigsten Punktmatrixcodes iiiDATAMATRIX und ivQR-Code normiert.
Wird bereits DATAMATRIX intensiv für alles verwendet, wo kein linearer Code
drauf passt, aber Rückverfolgungsinformation geboten ist. So zu sehen bis aufs
Kleinste, auf Elektronischen Funktionselementen, auf Chirurgischen Instrumenten,
ja Probefläschchen.
RFID
Punktmatrix Codes
Gestapelte Codes
Lineare Codes
Bild 2: Entwicklung des Barcodes und RFID seit 1970 bis heute
Der Trend von „linear zu 2D“ bei Barcode ist kein „AUS“ für RFID in diesen
Bereichen, denn mit Barcode kann man eben nicht alles machen:
x
x
x
Hindurch scannen durch Verpackung
Information hinzufügen, quittieren
verschmutzten Bereichen Scannen
um nur 3 Punkte zu wiederholen, die RFID bietet. Nein es ist attraktiv mit RFID
genau das zu versuchen, was mit Barcode eben nicht geht, selbst wenn das etwas
dauert. Ein Beispiel zeigt die Machbarkeit der Hybridtechnik auf dem erwähnten
Instrument. Wurde bisher für unikate Identifikation nach ISO/IEC 15459 und
Anwenderempfehlung DIN V66401 der DATAMATRIX verwendet, so zeigt das
Bild 3) ein Instrument das bereits beide Technologien die Ident-Information tragen.
Die gleiche natürlich. ISO/IEC 15459 setzt hier die Regeln für die Mindestfunktion,
die Unverwechselbarkeit. Erwünschte Zusatzinformation ist das Dokumentieren
der Einsätze des Instrumentes, idealerweise auch direkt im RFID-Chip für
netzwerkunabhängigen Zugriff.
29
DATAMATRIX 3x3mm
RFID-Transponder
Bild 3: Instrument in Hybridtechnik ausgestattet mit DATAMATRIX und RFID
(Quelle Elmicron)
3 RFID alleinstehend?
RFID ist unsichtbar - ruft allein diese Tatsache nicht nach weiterer sichtbarer
Beschriftung? Wenngleich schon ergraut, Barcode kostet fast nichts, wenn man
sowieso eine Beschriftung aufbringen will oder ums. Mindestens in der offenen
Logistik heißt es immer noch „Am Anfang steht die Schrift“, denn es existiert heute
noch kein voll automatisiertes intelligentes „Supply Chain Management“ System
bis zum Anwender; der Mensch ist immer noch dabei. Beim Betrachten der fast
fossilen Barcodetechnologie ums man zugestehen, daß die Entwicklungen vom
Strich zum Punkt über gestapelte Codes zum Punktmatrixcode geradezu einen
Trend auslösen. Aber wo gibt es Zusammenhänge zwischen RFID und Barcode?
Überall dort, wo bisher Barcode eingesetzt wurde und jetzt mit RFID experimentiert
werden soll. Es ist ziemlich sicher, daß RFID nur dann zum Zuge kommt, wenn
RFID gegenüber Barcode einen Mehrwert bietet. Allerdings ist es für jede neue
RFID-Anwendung hilfreich, wenn eine Markierung per Barcode bereits vorliegt.
Diese Basis erspart den Aufbau neuer Infrastrukturen und erlaubt, daß man sich
auf die physikalischen Eigenschaften von RFID konzentriert. Das führt allerdings
auch zu Anforderungen an RFID, welche über die technologischen Merkmale
hinausgehen, nämlich zur INTEROPERABILITÄT mit Barcode. Das „Wie“ wird in
Anwenderempfehlungen „ISO powered RFID“ beschrieben.
3.1 Zur Interoperabilität mit Barcode
Barcode war etwas, an das die Chip-Hersteller gar nicht erst denken wollten, hatte
doch jeder RFID-Chip ursprünglich seine eigene Identität. Hat man auf Barcode
allerdings planerisch aufgebaut, so sind zwei Fliegen mit einer Klappe gefangen:
x
Die Infrastruktur steht bereit und RFID wird zum zusätzlichen Datenträger
30
x B) Back-Up entsteht bei interoperablen Barcode & RFID automatisch.
Aus diesen Überlegungen entstehen hybride Barcode & RFID Systeme. Es spricht
also sehr viel dafür, daß auch intelligente Systeme auf bestehendem aufbauen,
verspricht es doch erhöhte Projektgeschwindigkeit und das Konzentrieren auf die
eigentlichen Neuerungen für ein logistisches Konzept. Aber nicht alle Institutionen
sehen daß so effizient und einfach. Es sei an dieser Stelle angeraten, darauf zu
achten, daß die angebotene Nummernstruktur und auch die angebotene
Datenkapazität mit dem Bedarf übereinstimmt. Selbst wenn die ISO/IECSpezifikation auch für den UHF-Bereich Kompatibiliät zu den Barcodedaten bietet
von z.B. 20 Zeichen für eine Seriennummer, so wird ein nach EPC-Substruktur
hergestelleter 96BIT-Chip dies zurückweisen. Aufgepasst also und den richtigen
ISO-Transponder bestellen.
4 Visionen und Konzepte
4.1. Die Dinge im Internet oder das Internet der Dinge.
Beim Aufbau neuer intelligenter Konzepte gibt es durchaus konträre Sichtweisen.
Propagieren die Einen, die Vorteile von RFID voll auszuschöpfen und Variable, ja
im Fluß entstehende Daten auch per RFID verfügbar zu halten, propagieren die
anderen nur eine Kurznummer. Letzteres kommt aus dem Konsum, wo die Kassen
auch nur Kurznummern verstehen. Die zugehörige Organisation GS1 (seit 2007
ist EAN International in GS1 umgetauft, zeigt sich überzeugt, daß zu RFID, auch
eine neue Infrastruktur gehört, also eine Kurznummer reicht. Dies deutet daraufhin,
daß man die Funktion der Barcodestrukturen für Variable bezweifeln würde. Man
spricht hier vom „Electronic Product Code – EPC“ mit Copyright für GS1, der
ursprünglich für 64BIT, jetzt für 96BIT ausgelegt werden soll. Das sind rund 12
Zeichen. Vielleicht ist der Hüter des EAN-Standards, jetzt GS1, auch enttäuscht
von den Ergebnissen von Barcode für die Produktrückverfolgbarkeit, wenn man
den Zeitungsberichten über die Alarmfälle von verdorbenen Lebensmitteln verfolgt,
eine Domäne des EAN-Codes. Aus Kreisen von Industrie, Transport und
Gesundheitswesen hört man von derartigen Barcodeproblemen kaum, im
Gegenteil, die Rückverfolgungsdaten werden direkt vom Produkt gescannt. Nach
GS1 sollen diese Daten via Internet angeboten werden, bekanntgemacht unter
dem Synonym „Internet der Dinge“. Dafür wurde in der EPC-Struktur in der Tat
äusserst schmalbandig nur Kapazität für die selbst vergebenen Firmencodes
eingerichtet. Durch das EPC-Konzept wird die Praxis in Industrie- und
Gesundheitswesen weder berücksichtigt noch unterstützt. Allerdings ermöglichen
ja die übergeordneten ISO/IEC-Spezifikationen die Interoperabilität zwischen den
Datenstrukturen des gewohnten Barcodes nach dem Hybridgedanken auch in
RFID. Für die unterschiedlichsten logistischen Systeme ist dies das gemeinsame
Interface.
4.2 Konzept Daten am Objekt
Die Daten am Produkt halten, schliesst keinerlei Zugriffe auf externe Datenbanken
aus, bieten jedoch BackUp und Sofortzugriff, wo auch immer die betreffenden
Produkte oder Transporte auftauchen. Sind auf dem technischen Produkt
gewöhnlich Charge oder Seriennummer, gegebenenfalls Produktions- oder
Verfalldaten vorhanden, so kann ein Transportetikett durchaus den gesamten
Inhalt in automatisch lesbarer Form tragen. Dies ist selbst im ISO 15394, dem
weltweit akzeptierten Standard für Transporteinheiten so vorgesehen. Ein 2D
Barcode trägt diese Daten in einer „EDI-kompatiblen“ Syntax. Systeme können
dann wählen: Daten vom Objekt oder übers Netz (wenn vorhanden). Konsequent
umgesetzt wird dies von verschiedenen Industrien und im Gesundheitswesen auch
auf den Lieferpapieren. Hier wird der Begriff „ PaperEDI“ verwendet. Wenn
31
Barcode, bzw. seine 2D-Varianten 1K-Zeichen tragen können, warum sollte das
nicht auch RFID können? (Bild 4)
Bild 4: Lieferdaten per DATAMATRIX &/oder RFID (Quelle Elmicron)
5 Barcode oder Datamatrix als Trigger für RFID
Ist ein Transponder vorhanden/nicht vorhanden, welche Frequenz? Das kann eine
offene Frage sein oder werden. An dieser Stelle soll für alle diejenigen einen Vorschlag unterbreitet werden, welche dem Prozessrechner die Anwesenheit eines
RFID-Transponders per Alternativ-Medium Barcode oder Datamatrix (Bild 5) melden wollen. Dazu empfiehlt es sich einen Datenidentifikator nach ISO/IEC 15418
im optischen Symbol einzubauen, welcher daraufhin weist, daß eine Information in
einem RFID-Transponder vorliegt. Dazu bietet sich nach ISO/IEC 15418, Teil Datenidentifikatoren (DI’s) ein Datenidentifikator der Kategorie „Field Continuation“ C
bis 5C an, z.B.„(4C) Continuation of a Transaction Reference“. Allerdings kann
auch ein noch freier spezifischer Identifikator „nC“ beantragt werden, der explizit
besagt „Zugehörige Information siehe RFID-X“. Für „-X“ kann die Frequenz mit 2-7
benannt werden, entsprechend der Standard ISO/IEC 18000-Teil 2-7. Ein Barcodescanner kann ja einen kurzen Hinweiscode auch leicht über 1 bis 2m erfassen.
Bild 5: Datamatrix als Trigger für RFID (Quelle Microsensys)
6 Tandem-Technik als Eimerkette für Chargendaten im intelligentem
Prozess
Aufnahme von Zutaten, Produktdaten, Führung durchs Reinigungsbad, durch automatische Prozesse, kontinuierliche Dokumentation mit dem Objekt, Datenweitergabe an Barcode, das geht mit RFID hervorragend und hat bereits einen „ Euro ID
Award 2006“ gebracht. Dazu wurde zwar der Begriff „Composite-Lösung“ gewählt,
aber „Hybrid- oder Tandemtechnik“ passt ebenso gut. Die dabei beschriebene Applikation beginnt mit Barcode auf dem Rohstoffl, führt zur Übergabe von Chargendaten an einen RFID-Transponder auf dem Zwischenbehälter und weiter in den
Produktions- und Veredelungsprozess mit Übergabe der Produktionsdaten an Datamatrix. Schliesslich erhält die Produktverpackung einen linearen Barcode mit den
Rückverfolgungsdaten. Das so geführte Produkt trägt nach Gesetz und Ordnung
32
validierte Chargendaten bis zum Anwender. Im Gesundheitswesen ist es der Patient, der das Medizinprodukt mit Health Care Barcode (HIBC) für ordnungsgemäße
Produktidentifikation, „notfalls“ arückverfolgbar bis zurück aufs Rohmaterial. Dabei
ist die Rückverfolgbarkeit praktisch ein Abfallprodukt einer 100%tigen Qualitätssteuerung, möglich durch Synergie „Barcode & RFID“.
7 Schlussfolgerung
Barcode, seine zweidimensionalen Varianten und RFID sind Datenträger, welche
jeder für sich unterschiedliche Information aber auch gleiche Information tragen
kann. Die gemeinsame Basis bilden die genormten Datenstrukturen. Diese stellen
Interoperabilität zwischen Barcode und RFID her. Sind unterschiedliche intelligente
Systeme so ausgestattet, daß sie die genormte Syntax verstehen, dann ist keine
Absprache mehr zu der Struktur nötig, sondern nur noch über die Art der Information, z.B. Transportinformation. Nicht zuletzt die Deutsche Post mit DHL World Wide Net benutzt die unikate Transportnummer, das License Plate nach ISO/IEC
15459 des Lieferanten, als Interface zwischen Kunden und Empfängern und gegebenenfalls auch dazwischen mit seinen weltweiten Partnern . Die ISO/IECDatenstrukturen sorgen dabei für die Unverwechselbarkeit, das Identmedium für
den Transport. Zusammen ist Barcode und RFID ein ideales Interface zwischen
den logistischen Systemen der Welt, wenn über das Objekt kommuniziert wird oder werden soll. Daß für bestimmte Anwendungen eine Minimalfunktion eindeutiger Objektidentifikation auch einmal ausreichen kann, paßt in die breite Palette der
unterschiedlichen und unterschiedlich intelligenten Systemanforderungen durchaus hinein, aber nicht umgekehrt. Eine zu schmalbandige Definition der Nummernkreise gerade bei RFID unötige Limitationen verursachen und die Applikationen
nur einschränken. Da sind besonders die RFID-Transponder gefordert, ausreichend Speicher im Angebot zu haben, denn die Zusatzaufgaben mit Datalogging
sind hier noch nicht einmal angesprochen.
ii
Liste der Vergabestellen für Firmencodes:
www2.nen.nl/getfile?docName=196579
iii
DATAMATRIX Spezifikation ISO/IEC 16022
iv
QR CODE Spezifikation ISO/IEC 18004
33
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Infrastrukturen für die intelligente Logistik
Thema
Konzipierung eines Data Warehousing
Referenzmodells für die Steuerung
komplexer Supply Chains
Ao. Univ.-Prof. Dr. Kurt Matyas
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Wilfried Sihn
Dr. Manuel Cantele
Ao. Univ.-Prof. Dr. Kurt Matyas
Lebenslauf
Jahrgang 1963
1982 – 1988
Studium Maschinenbau/ Betriebswissenschaften an der TU Wien
1992
Promotion
2000
Habilitation für das Fachgebiet „Industrial Engineering“
1989-1998
Universitätsassistent
1998-2001
Assistenzprofessor
Seit 2001
Ao. Universitätsprofessor am Institut für Managementwissenschaften – Bereich Betriebstechnik und Systemplanung
Seit 2004
Stv. Studiendekan der Fakultät für Maschinenwesen und Betriebswissenschaften
Seit 2004
Mitarbeit in der Fraunhofer Projektgruppe für
Produktions- und Logistikmanagement Durchführung zahlreicher Forschungs- und
Beratungsprojekte mit der Industrie
seit 2006
Vizepräsident des österreichischen Verbandes der Wirtschaftsingenieure
x
Hauptschwerpunkte in Forschung,
Lehre und Beratung:
x
x
36
Inner- und zwischenbetriebliche
Logistik
Instandhaltung und Verfügbarkeit
Qualitäts- und Prozessmanagement
Konzipierung eines Data Warehousing Referenzmodells für die Steuerung komplexer Supply Chains
Ao. Univ.-Prof. Dr. Kurt Matyas
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c.
Dipl. Wirt.-Ing. Wilfried Sihn
Technische Universität Wien; Bereich
Betriebstechnik und Systemplanung,
Fraunhofer Projektgruppe für Produktionsund Logistikmanagement
Theresianumgasse 27
A-1040 Wien
Tel. + 43 1 58801 33042
Fax + 43 1 58801 33094
E-Mail [email protected]
Technische Universität Wien; Bereich
Betriebstechnik und Systemplanung,
Fraunhofer Projektgruppe für Produktionsund Logistikmanagement
Theresianumgasse 27
A-1040 Wien
Tel. + 43 1 58801 33041
Fax + 43 1 58801 33094
E-Mail [email protected]
Dr. Manuel Cantele
Capgemini
Reinprechtsdorferstrasse 54/22
A-1050 Wien
E-Mail [email protected]
1 Einleitung
Das in dieser Publikation vorgestellte Referenzmodell für ein Data Warehouse
System zur Steuerung komplexer Supply Chains wurde konzipiert um Logistiker,
die sich mit der Problemstellung der Optimierung bzw. Konzeption und Implementierung von Supply Chain Prozessen befassen, zu unterstützen. Es beinhaltet vordefinierte Teile eines Datenmodells, die über ebenfalls vordefinierte Konstruktionsregeln zu einem ganzheitlichen Datenmodell aufgebaut werden können. So kann
domänenspezifisches Know-how für eine große Gruppe von Anwendern verfügbar
gemacht werden. Es wird ein „Toolkit“ angeboten, mit dem sich das Einrichten eines Controlling-Informationssystems zielgerichtet und methodengeleitet, aber dennoch flexibel bewerkstelligen lässt. Wie in Bild 1 dargestellt soll der stark modulare
Aufbau des Modells es ermöglichen, dass in den verschiedenen Phasen des
Supply Chain Projekts diejenigen Strukturen und Abläufe mit hoher Priorität herausgegriffen werden können, um rasch erste Regelkreise im Sinne des Controllings aufzubauen, die in weiterer Folge iterativ verfeinert und erweitert werden können.
So kann beispielsweise zu Beginn eines Projekts das Controlling von Lagerbeständen umgesetzt werden, weil hier der größte Handlungsbedarf besteht und später um Durchlaufzeiten oder Kosten erweitert werden. Diese Unterstützung eines
iterativen Entwicklungsprozesses ist ein elementarer Aspekt von Referenzmodellen im Data Warehousing.
Ziel ist es auch, bestehende und erprobte Ansätze und Instrumente des Supply
Chain Controllings und des Supply Chain Managements durch das Modell weitest
möglich abzudecken. Wenn das Data Warehouse auf die Struktur von Supply
Chains ausgerichtet ist, ermöglicht es, die Supply Chain konzeptionell zu analysieren und Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge aufzudecken. So bekommen Entscheidungsträger ein Werkzeug in die Hand, das ihr Verständnis für Supply ChainStrukturen und –prozesse auch abseits der vorgegebenen Reports und Kennzahlen erhöht.
37
Bild 1: Konstruktion eines Data Warehouses mittels Referenzmodellen [Cant06]
Dieses Data Warehousing getriebene Controlling Konzept wird aus folgenden
Gründen vorgeschlagen:
x Datenbeschaffung ist ein zentrales Thema im Supply Chain Management
und im Supply Chain Controlling. Hier wird die ausgereifte Data Warehousing (DWH) Technologie angewendet um vom bestehenden Wissen in der
Informationsverarbeitung profitieren zu können.
x Controlling kann auf eine klare und eindeutige Weise institutionalisiert werden, wenn es (zum Teil) in einem technischen Informationssystem umgesetzt wird.
x Die Verfügbarkeit eines Informations-Sollkonzepts im Form des Referenzmodells fördert die notwendige Standardisierung und Verbesserung der ITSysteme.
x Die technisch definierten Spezifikationen zur Datenbereitstellung, Transformation und Präsentation erhöhen die Transparenz innehalb eines Supply
Chain Netzwerks.
2 Anforderungen an das Referenzmodell
x
x
x
x
Aufdeckung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen
Das Modell soll die rationalitätssichernde Analyse von Supply Chains ermöglichen, die über den reinen Planungs- und Kontrollregelkreis hinausgeht
Verwendung des SCOR Standards
Um Nutzen aus dem SCOR Referenzmodell zu ziehen, aber auch um das
hier vorgestellte Referenzmodell standardkonform zu machen, wurde bei der
Modellierung auf das Supply Chain Operations Reference Model zurückgegriffen.
Implementierbarkeit von Supply Chain Controlling Instrumenten
Klassische Instrumente des Supply Chain Controlling sollten in dem hier
entwickelten Modell „enthalten“ sein um bereits implementierte ControllingInstrumente möglichst weitgehend wieder verwenden zu können.
Transparente Architektur
Das durch das Referenzmodell aufgebaute DWH System soll einen transparenten Informationspool zur Verfügung stellen. Das heißt, es soll keine Mög-
38
lichkeit für einen einzelnen Supply Chain Partner bestehen, Teile der Datenbasis von der gesamten Supply Chain abzuschotten, da sonst wiederum
Verhalten ermöglicht wird, bei dem ein ganzheitliches Kooperieren erschwert wird.
3 Grundlagen für die Erarbeitung des Modells
3.1 Referenzmodellierung
Modelle entstehen durch Beobachtung der Realität. Dabei wird von den vielfachen
und in ihrer Komplexität nicht mehr handhabbaren Ursache- Wirkungs- Zusammenhängen und Abhängigkeiten der Systemelemente abstrahiert, um so eine modellierte Vereinfachung der Realität zu erreichen. In der nachfolgenden Tabelle ist
die Vorgangsweise bei der Referenzmodellierung dargestellt.
Phase
Aktivitäten
Problemdefinition
Definition der Problemstellung
Präzisierung auf Data Warehousing
Abgrenzung des Untersuchungsgegenstands
Begriffsdefinitionen
Adressaten und Rollen
Einordnung in Prozess der Informationsbedarfsanalyse
Ausarbeitung des Modellrahmens
Erarbeitung der zugrunde liegenden Controlling Konzeption
Institutionalisierung des Supply Chain Controlling
Spezifikation der Views und Fakten
Netzwerkmodell der Supply Chain
Netzwerkmodell der Produktstruktur
Unternehmensmerkmale
Ausarbeitung der Modellstruktur
Festlegen der Modellierungstechnik
Festlegen und Konfiguration der Modellierungstools
Konfigurationsregeln
Verfeinerungsmodelle (Views, Fakten, Netzwerk)
Komplettierung
Ausarbeitung des gesamten Referenzmodells in einem Datenmodell
3.2 Supply Chains
„Supply Chain Management als Führungsfunktion umfasst die strategische und
operative, unternehmensübergreifende, flussorientierte Gestaltung und Koordination der relevanten Teile der Wertschöpfungskette zwischen mindestens zwei rechtlich voneinander unabhängigen Unternehmen und bezieht sich hauptsächlich auf
die Prozesse, Güter, Finanzen und Informationen mit der Zielsetzung, diese gemeinsam zu optimieren.“ [Bach04]
Im Supply Chain Management werden folgende Ziele verfolgt:
x
x
x
x
x
Senkung der Kosten, Lagerbestände und Durchlaufzeiten
Steigerung der Flexibilität und Reaktionsfähigkeit
Verringerung der planerischen Unsicherheit
Erhöhung der Lieferbereitschaft und des Lieferservice
Erhöhung von Produktivität, Produktqualität und Zuverlässigkeit
39
x
x
x
Steigerung der Kundenzufriedenheit
Optimale Nutzung der in der Supply Chain vorhandenen Kompetenzen
Steigerung des Vertrauens in die Supply Chain
Bild 2: Struktur einer Supply Chain
Aus den oben dargestellten Zielen lassen sich im Hinblick auf die Erstellung des
Referenzmodells folgende Aufgaben des Supply Chain Managements ableiten:
x
x
x
x
x
x
x
x
Konfiguration der Supply Chain
Informationsversorgung durch Aufbau eines Informationssystems
Wertausgleich zwischen den an der Supply Chain beteiligten Unternehmen
Auswahl der teilnehmenden Unternehmen (Partner)
Entwicklung einer Kooperations- und Vertrauenskultur
Koordination der Aktivitäten
Entwicklung einer Kundenorientierung
Integration der Prozesse und Strukturen
3.4 Informationssystemlandschaften im Supply Chain Management
In der Beschreibung von Entwicklungsstufen von Informationssystemlandschaften
innerhalb von Supply Chains werden vier Evolutionsstufen dargestellt [Stom04]:
x Stufe 1: Die erste Stufe stellt die momentan vorherrschende Systemarchitektur in der Supply Chain dar. Dabei existiert eine „heterogene Landschaft aus
Applikationen für die unternehmensinterne Planung aus Standardsoftwarelösungen für Enterprise Resource Planning (ERP) und Eigenentwicklungen
bis hin zu Tabellenkalkulationsprogrammen.“ Dabei stellen sich aber die
klassischen Probleme im Zusammenhang mit unintegrierten Informationssystemen wie beispielsweise Inkompatibilitäten und Medienbrüche.
x Stufe 2: Hier setzen auf den Systemen der einzelnen Unternehmen spezielle
SCM Tools auf, die Planungs- und Kollaborationsfunktionalität anbieten.
40
x
Stufe 3 und 4: Zukünftige Infrastrukturen werden aller Voraussicht nach aus
dezentralen SCM-Tools bestehen, die bei den einzelnen Unternehmen installiert sind und die über standardisierte Datenformate, Protokolle und eine
gemeinsame Planungslogik miteinander verbunden sind. Dabei wird in Stufe
3 noch eine zentrale Monitoring- und Kommunikationsinstanz vorgesehen,
während Stufe 4 vollkommen dezentral angelegt ist.
4 Darstellung des Referenzmodells
4.1 Definition der Modellelemente
Zunächst müssen die Modellelemente definiert werden, aus denen das Referenzmodell konstruiert wird. Aus den Elementen des Supply Chain Netzwerks und des
Produktstrukturnetzwerks ergeben sich die Basisdimensionen des Modells. Auf der
Dimension setzen verschiedene Klassifikationshierarchien auf, die die Dimensionselemente weiter strukturieren. Ebenfalls in der Grundkonfiguration enthalten
sind eine Zeitdimension und eine Klassifikationshierarchie auf dieser Zeitdimension (TimeView). Außerdem wird ein Mapping der Produktstruktur und der Supply
Chain vollzogen, indem zugeordnet wird, an welchem Peer ein Produktionsschritt
stattfindet. Wird das Modell um einen View erweitert, dann umfasst dieser neue
Fakten, da ein View neue Perspektiven und Aspekte zum Modell hinzufügt (z.B.
eine detaillierte Darstellung der Finanzströme) und diese manifestieren sich in Fakten.
4.2 Elemente des Supply Chain Netzwerks
Das Supply Chain Netzwerk besteht aus zwei Modellelementen. Diese sind einerseits der Peer und andererseits die InteractionRelation. Aus einem Peer (der Knoten im Graph) können beliebig viele InteractionRelations (die Kanten im Graph)
ausgehen. Ein Peer stellt eine Organisationseinheit in der Supply Chain dar. Damit
sind Lager, Fertigungsstätten oder auch ganze Unternehmen gemeint. Eine InteractionRelation stellt jede Art von Interaktion zwischen den Peers dar. Diese kann
sich auf den Austausch von Gütern, aber auch auf den Austausch von Information
usw. beziehen. Durch das Hinzufügen von Views wird dies im Zuge des Data Warehouse Entwicklungs- und Evolutionsprozesses schrittweise spezifiziert. Im Zuge
der anfänglichen Erfassung des Supply Chain Netzwerks ist lediglich die grundsätzliche Interaktion relevant.
4.3 Mapping von Supply Chain und Produktstrukturnetzwerk
Zwischen dem Supply Chain Netzwerk und dem Produktstrukturnetzwerk besteht
die Beziehung, dass Produktionsschritte in bestimmten Peers der Supply Chain
durchgeführt werden. Bestimmte Kanten im Produktstrukturnetzwerk gehören also
beispielsweise zu bestimmten Knoten im Supply Chain Netzwerk. Zusätzlich sind
auch die Endprodukte (also die Wurzeln der verschiedenen Produktstrukturbäume)
auf die Peers zu assoziieren, die diese an die Endkunden absetzen. Damit sind
Fakten wie beispielsweise Absatzzahlen und Erlöse mit dem Produktstrukturbaum
in Beziehung setzbar. Der Zweck dieses Mappings ist also, den Modellanwendern
zu ermöglichen, die Analysen im Bereich der Produkt- und Komponentenstruktur
sowie die Analysen im Bereich der Supply Chain effektiv aufeinander projizieren zu
können. Damit sind die Interdependenzen zwischen der Supply Chain und dem
Produktionsplan und –design besser erfassbar [Sim04]. So ist ein wichtiger Wertbeitrag geschaffen, da nun Fakten der Supply Chain mit dem Produktbaum in Ver-
41
bindung gesetzt werden können und so auch die Produktstruktur auf logistische
Eigenschaften hin analysiert werden kann.
Bild 3: Transformation des Netzwerkmodells in multidimensionale Modellstrukturen
[Cant06]
4.4 Ermöglichung der Integration mehrerer Views
Die Perspektiven (im Modell Views genannt) auf die Supply Chain greifen sowohl
die festen als auch die fließenden Elemente des Netzwerks heraus. Die Zeitachse
ist ebenfalls als Dimension auf die Fakten zu berücksichtigen. Konsistent mit der
eingeführten Bezeichnungsweise heißt diese Dimension TimeView. Diese führt eine für Zeitachsen übliche Klassifikationshierarchie ein.
Die identifizierten Supply Chain Treiber Production, Transporation, Inventory, Location und wiederum Information werden als Prozess- und Materialwirtschaftsaspekte in Views integriert. Ein weiterer Aspekt ist der des Finanzmanagement und
der Finanzströme, der einen eigenen View für Finanzthemen rechtfertigt. Sehr nahe liegend ist auch die separate Projizierbarkeit der Prozess- und Materialfakten,
die sich aus den Aufgaben des Supply Chain Management unmittelbar ergeben.
Bevor die allgemeinen Views beschrieben werden, ist auf die sich durch das
Supply Chain- und das Produktstrukturnetzwerk ergebenden Views einzugehen.
Da ist einerseits der Modellteil, der die Strukturierung und Kombination der Komponenten der in der Supply Chain hergestellten Produkte darstellt. Die Darstellung
dieser Produktkomponentenstruktur kann zu Beginn durchaus auf einem höheren
Abstraktionsniveau stattfinden und später verfeinert werden. Auch die Variantenfertigung und das Customizing sind so erfasst. So lassen sich damit schon auf einem abstrakten Niveau einige Fragen beantworten, wie z.B., wo in der Supply
Chain die Individualisierung des Endprodukts für den Kunden (Customizing) stattfindet und wie dadurch die Distributionssysteme aussehen. Daneben gibt es Modellteile, die die Supply Chain darstellen. Diese beiden Views werden im Modell
„Core“ genannt. Weitere Views sind nun hier aufgeführt:
42
x
x
x
x
x
Der ProcessView stellt die Modellelemente des Supply Chain Operations
Reference (SCOR) Modells dar. Es wird hier im Detail auf die Prozesse in
der Wertschöpfungskette eingegangen. Im Idealfall lassen sich bereits für
eine Supply Chain erstellte SCOR Modelle nahtlos in das DWH Modell einfügen.
Der InformationView stellt die Informationssysteme und Informationsflüsse in
der Supply Chain dar. Damit sind Applikationen, Netzwerke, Schnittstellen
und Datenbanken unter Hervorkehrung der technischen Eigenschaften gemeint, jedoch auch die Geschäftsobjekte, also die logischen Aspekte.
Der CooperationView stellt die Kooperationsrelationen zwischen den Knoten
(also den Unternehmen, Geschäftseinheiten usw.) einer Supply Chain dar.
Der MaterialView stellt die physischen Materialflüsse (also Transporte und
Lagerungen) dar. Dabei wird betrachtet, wo sich, wann, wie lange und wie
viel von einem bestimmten Gut in der Supply Chain befinden.
Im FinanceView werden die Finanzströme und Finanzstöcke in der Supply
Chain dargestellt (also beispielsweise Fakturen und Zahlungen). Auch Forderungen und Verbindlichkeiten sind in Form von zukünftigen Zahlungen
hier abgedeckt.
Bild 4: Kompatibilität von Dimensionen verschiedener Views [Cant06]
Jede Perspektive führt Dimensionen in das Modell ein. Diese können eigene Dimensionen sein, oder aber auch bestehende Dimensionen erweitern. So erweitert
beispielsweise der ProcessView die durch das Supply Chain Netzwerk eingeführte
Dimension der Knoten – also der Peers – und gliedert jeweils einen Peer in darin
durchgeführte Prozesse und diese weiter in die Prozessschritte einzelner Prozesse
auf.
Es ist notwendig, das durch den Aufbau eines Views generierte Wissen mit anderen Views kombinieren und integrieren zu können. Erst durch die Ermöglichung
solcher Verknüpfungen kann für den Anwender der Wert einer multidimensionalen
Datenbank gehoben werden. Die Kompatibilität der Dimensionshierarchien der einzelnen Views ist dadurch gewährleistet, dass sämtliche Views auf das Modell des
Supply Chain Netzwerks bzw. das Modell des Produktstrukturbaums aufbauen.
43
Die Klassifikationshierarchien „münden“ auf einer bestimmten Ebene in so gut wie
allen Fällen im Dimensionsattribut Peer bzw. Component oder in Relationen zwischen diesen. Neben der allgemeinen Integration der Views über das Supply
Chain Netzwerk und den Produktstrukturbaum sind zwischen einigen Views explizit Verknüpfungspunkte eingebaut, die die individuellen Dimensionsattribute untereinander verknüpfen (so ist beispielsweise der ProcessView und dessen Prozessmodellteile explizit mit dem CooperationView und dessen Modellen zur Darstellung
von Teams verknüpft). Bild 4 illustriert die Kompatibilität der Views.
5 Ausblick
Das in der vorliegenden Publikation vorgestellte Referenzmodell entspricht dem
Stand der Technik im Data Warehousing. Für die Erstellung des Modells wurde die
in Wissenschaft und Praxis verbreitete und stabile Methodik der multidimensionalen Datenmodellierung verwendet, wobei ein kompaktes und damit möglichst kompatibles Notationsmodell genutzt wird.
Darüber hinaus unterstützt das Modell durch seine modulare und perspektivische
Architektur die Implementierung im Rahmen eines modernen Data Warehouse
Entwicklungsprozesses und ist gleichzeitig in aktuelle Controlling-Konzeptionen
eingebettet, die ebenfalls in das entwickelte Modell einfließen. Auch die Rolle der
Logistikdienstleister in gegenwärtigen und zukünftigen Supply Chains wird dargelegt und grundlegende Optionen zur Institutionalisierung des Data Warehouse basierten Supply Chain Controlling werden aufgezeigt.
Das Referenzmodell in seiner momentanen Form ist ein erster Schritt, um einen
flächendeckenden Data Warehousing Ansatz für das Supply Chain Controlling zu
entwickeln. Es versucht, ein geeignetes Abstraktionsniveau zu wählen, um umfassend sein zu können und sich nicht nur auf funktionale Teilbereiche der Logistik
bzw. des Supply Chain Management zu beschränken. Damit geht einher, dass zukünftig am Modell weiterentwickelt werden muss, um Teile davon zu detaillieren
und zu verfeinern, sowie um zukünftige Konzepte zu erweitern.
6 Literatur
[Bach04]
Bacher, A.: Instrumente des Supply Chain Controlling – theoretische
Herleitung und Überprüfung der Anwendbarkeit in der Unternehmenspraxis, Dt. Univ.-Verl., Dissertation, Wiesbaden, 2004
[Cant06]
Cantele, M.: Ein Data Warehousing Referenzmodell zum Supply
Chain Controlling – Dissertation an der TU Wien 2006
[Sim04]
Simchi-Levi, D., Kaminsky, P., Simchi-Levi, E.: Designing and managing the supply chain - concepts, strategies, and case studies, Second
Edition, Irwin McGraw-Hill, Boston, Mass. (u.a.), 2004
[Stom04]
Stommel, E.: Dezentrale Informationssysteme im Supply Network, In:
Baumgarten, H. [Hrsg.]: Supply Chain Steuerung und Services Logistik-Dienstleister managen globale Netzwerke - best practices,
Springer, Berlin (u.a.), 2004, S.91-100
44
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Sequenz 1
Logistik in der intelligenten Produktion
Thema
Ganzheitliche Beschaffungsstrategie der
Konzernbeschaffung der Volkswagen AG
Dipl.-Kfm. Gorazd Vrbica
Dr.-Ing. Marcel Schmieder
Dr.-Ing. Marcel Schmieder
Lebenslauf
Jahrgang 1975
1995 - 1999
Studium des Wirtschaftsingenieurwesens
an der Hochschule Mittweida (FH)
2000 - 2001
Siemens AG Chemnitz,
Geschäftsbereich Automation & Drives,
Werk für Kombinationstechnik,
Planungsingenieur und Angebotsbearbeiter
2000 - 2002
berufsbegleitend Abschluss eines zweijährigen
Aufbaustudiums „Betriebswissenschaften und
Fabriksysteme“
an der TU Chemnitz zum Dipl.-Ing.
2001 - 2004
Volkswagen AG Wolfsburg,
Konzernlogistik und Volkswagen Markenlogistik/
CKD Pkw,
Ingenieur für Logistikplanung und Doktorand
2004
Promotion zum Dr.-Ing. an der TU Chemnitz zur
„Übertragbarkeit der Kompetenzzellenbasierten
Vernetzungstheorie auf die variantenreiche
Serienproduktion“
seit 2004
Volkswagen AG Wolfsburg,
Beschaffungsstrategie und Kostenmanagement Konzern
(Strategieabteilung des Konzern-Beschaffungsvorstandes
Herr Garcia Sanz),
Planungsingenieur für Beschaffungsstrategie und
Kostenmanagement
46
Ganzheitliche Konzern-Beschaffungsstrategie der
Volkswagen AG
Dipl.-Kfm. Gorazd Vrbica
Dr.-Ing. Marcel Schmieder
Volkswagen AG Wolfsburg,
Leiter Beschaffungsstrategie und
Kostenmanagement Konzern,
Brieffach 1645, 38436 Wolfsburg
Tel. +49-5361-9-41934
Fax +49-5361-957-41934
E-Mail [email protected]
Volkswagen AG Wolfsburg,
Beschaffungsstrategie und
Kostenmanagement Konzern,
Brieffach 1645, 38436 Wolfsburg
Tel. +49-5361-9-70354
Fax +49-5361-957-70354
E-Mail [email protected]
1 Ausgangssituation
Die Transformation der Automobilindustrie von einer regional fokussierten in eine
lokal handelnde, aber global agierende Schlüsselbranche setzt sich fort. Der Wettbewerb findet heute nicht mehr ausschließlich auf den Absatzmärkten, sondern
immer stärker entlang der gesamten Wertschöpfungsketten statt. Dabei wird das
Ziel einer umfassenden Kostenoptimierung verfolgt. Wesentliche Rahmenbedingungen der Automobilbranche sind derzeit u. a.:
x die Stagnation in den traditionellen Märkten und die Wachstumspotentiale
in den Emerging Markets,
x die Intensivierung des Wettbewerbs (vor allem aus Japan, Korea und erster Wettbewerber aus China),
x die Verteuerung von Rohstoffen,
x die Zunahme von Innovationen und die damit verbundene Steigerung der
Komplexität sowie
x die Verschärfungen in der Gesetzgebung.
Als Folge dieser Veränderungen im Umfeld der Branche vollzieht sich ein grundlegender struktureller Wandel in den Wertschöpfungsketten. Die Arbeitsteilung und
die Wege der Zusammenarbeit zwischen den Fahrzeugherstellern (Original Equipment Manufacturers [OEMs]) und den Zulieferern sowie Dienstleistern ändern sich
kontinuierlich [MeF04].
Neben der Reduzierung bzw. Verschiebung der Wertschöpfungsanteile von den
OEMs zu den Zulieferern in der Automobilentwicklung und -produktion weltweit
(von heute cirka 35% auf cirka 25% in den nächsten 8 bis 10 Jahren) werden auch
Standorte in erheblichem Umfang verlagert. Der Anteil der in Niedriglohnländern vor allem in Asien und Südamerika - erbrachten Wertschöpfung wächst sowohl bei
den OEMs als auch den Zulieferern.
Diese Entwicklungen erfordern eine systematische strategische Ausrichtung der
beteiligten Unternehmen, um langfristig erfolgreich am Markt bestehen zu können,
sowie eine stetige Validierung und Optimierung der bestehenden Wertschöpfungsstrukturen und der dazugehörigen Kooperationsmodelle. Einen wesentlichen Beitrag zum nachhaltigen Unternehmenserfolg kann dabei die Beschaffung mit einer
ganzheitlich eingebetteten Strategie leisten.
2 Beschaffungsstrategie als Bestandteil der strategischen
Unternehmensausrichtung
Die Ganzheitlichkeit einer Beschaffungsstrategie setzt eine enge Verknüpfung mit
der Gesamtstrategie des Unternehmens voraus [Kra88; Arn07]. Die notwendige
47
Vernetzung zwischen der Unternehmensstrategie und den daraus resultierenden
Aspekten der Beschaffungsstrategie lässt sich u. a. anhand einer strategischen
Kaskade darstellen (Bild 1). Dabei steht die Wechselwirkung der Strategien im
Mittelpunkt der Betrachtung:
a) Einfluss der Unternehmensstrategie auf die Beschaffungsstrategie und im
Gegenzug:
b) Beitrag der Beschaffungsstrategie zur Unternehmensstrategie.
Unternehmensstrategie
1
Beschaffungsstrategie
Strategische
Handlungsfelder
Kosten und
Kundenwert
Prozesse
und Werkzeuge
Lieferanten
Beschaffungsstrategie
Mitarbeiter
und Organisation
Regionen
Materialgruppen
Operative
Handlungsfelder
2
Operationalisierung
3
Umsetzungsplanung
4
Umsetzung
5
Tracking und Validierung
Bild 1: Strategische Kaskade zur Entwicklung und
Umsetzung der Beschaffungsstrategie
Die wesentlichen Elemente der Unternehmensstrategie erfordern eine enge Verzahnung mit der Beschaffungsstrategie. Beispiele für Elemente der Unternehmensstrategie mit einer Auswirkung auf die Beschaffung sind u. a.:
x Ausweitung und Veränderungen der Produktsegmente,
x Wachstum durch Erweiterung der Präsenz auf neuen Absatzmärkten und
x strategische Validierung der Wertschöpfungstiefe.
Für die Entwicklung der Beschaffungsstrategie ist es notwendig, die wichtigsten
externen und internen Umfeldfaktoren zu berücksichtigen.
Zu den externen Faktoren zählen u. a.:
x Konzentrationsprozesse der Lieferanten [MeF04],
x Steigerung der Materialkosten und der Innovationskraft der Lieferanten
[McK04; Sch05],
x Verteuerung der Rohstoffe und
x Entwicklung der makroökonomischen Faktoren (z. B. Arbeitskosten).
48
Zu den internen Faktoren zählen die Gesamtstrategie des Unternehmens und die
dazugehörigen Funktionalstrategien. Insbesondere die Strategien der Bereiche mit
Schnittstellen zur Beschaffung, wie der Technischen Entwicklung, Qualitätssicherung, Produktion und Logistik, sind aufgrund der Notwendigkeit zur stärkeren Prozessorientierung von großer Bedeutung und miteinander in Einklang zu bringen.
Die Operationalisierung der Beschaffungsstrategie bildet die Schlüssel-Phase zu
deren erfolgreichen Umsetzung. Um die Elemente der Strategie in die übergreifenden bzw. spezifischen Implementierungskonzepte überführen zu können, müssen
die wichtigsten Parameter definiert werden. Aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeiten der einzelnen Strategieelemente ist es notwendig, alle Parameter im Gesamtkontext abzubilden. Das Konzept zur Bestimmung der Beschaffungsstrategie
auf Basis der Parameter und zum Mapping („Abbildung“) der zukünftigen Entwicklungen basiert auf einem mehrdimensionalen Mapping-Modell (Operationalisierungsmatrix). In dieser Matrix werden die Parameter mit den dazugehörigen strategischen Ausprägungen abgebildet. Somit kann sowohl die heutige strategische Position als auch die zukünftige Ausrichtung dargestellt werden.
Die Roadmap zur Umsetzung der Elemente der Strategie umfasst eine detaillierte
Planung von konkreten Maßnahmen mit festgelegten Zeithorizonten und die korrespondierenden Umsetzungspläne. Sie beinhaltet klar definierte Ziele für die jeweilige Aufgabe, wesentliche Meilensteine sowie die Benennung von Verantwortlichkeiten für die Implementierung. Dies stellt die erfolgreiche Operationalisierung
der Strategie und damit deren Umsetzung sicher.
Mit der Durchführung der Maßnahmen, dem Tracking der Umsetzung und der Validierung erfolgt auch eine Rückkopplung auf die entwickelte Beschaffungsstrategie.
Die Validierung wird dazu im Sinne eines Umsetzungstrackings mit den Schritten:
a) Messung der Zielerreichung, b) Analyse der Abweichungen und c) Maßnahmenplanung durchgeführt. In der Phase der Validierung kommt es somit zur Bestätigung bzw. zur Anpassung und Weiterentwicklung der Beschaffungsstrategie. Zusätzlich wird im Rahmen der Gesamtvalidierung die Rückkopplung mit der Unternehmensstrategie vollzogen.
3 Beschaffungsstrategie am Beispiel der Konzernbeschaffung der
Volkswagen AG
3.1 Strategische Ausrichtung der Volkswagen AG
Die Volkswagen AG ist ein weltweit agierendes Unternehmen mit 8 Marken, cirka
105 Mrd. Euro Umsatzerlösen und über 5,7 Mio. produzierten Fahrzeugen im Jahr,
cirka 325.000 Mitarbeitern und 42 Produktionsstandorten für Fahrzeuge weltweit
(2006). Damit ist die Volkswagen AG nach Absatz der viertgrößte bzw. nach Umsatz der fünftgrößte Automobilhersteller der Welt.
Das grundlegende Ziel der „Strategie 2015“ der Volkswagen AG ist es, eine nachhaltige Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit als Mobilitätskonzern sicherzustellen.
Dazu gilt es zielgerichtet auf die gegenwärtigen und zukünftigen Marktbedingungen reagieren zu können und die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern. Um dies zu gewährleisten, beinhaltet die Unternehmensstrategie der Volkswagen AG als wesentliche Elemente eine Markt-, eine Segment- und eine Dienstleistungsstrategie.
So schließt z. B. die Marktstrategie eine differenzierte Betrachtung der weltweiten
Regionen ein. In den Märkten Europa, China und Südamerika wird angestrebt, die
heute gute Marktposition mit einer forcierten Modellpolitik zu verteidigen und mit
einem verstärkten Dienstleistungsangebot zu erweitern. In den Märkten USA und
Japan muss aufgrund der noch nicht ausreichenden Präsenz und geringen Marktanteile die Marktposition weiter ausgebaut und neues Wachstum erzielt werden.
49
Darüber hinaus soll das sich bietende Potential in den Emerging Markets, wie
Russland, Indien und ASEAN, durch zusätzliche Anstrengungen und Investitionen
erschlossen werden.
3.2 Vision und Beschaffungsstrategie der Konzernbeschaffung
Die Beschaffung in der Volkswagen AG wird strategisch auf der Konzernebene gesteuert und operativ auf der Ebene der Marken und Gesellschaften geführt.
Das gesamte Beschaffungsvolumen beträgt cirka 60 Mrd. Euro. Davon sind cirka
80% produktive Materialien, d. h. Güter und Dienstleistungen, die unmittelbar im
Zusammenhang mit der Produktentwicklung und -erstellung stehen. Im Zuge der
Individualisierung der Kundenwünsche und der mit der Internationalisierung verbundenen „tektonischen Verschiebungen“ der Absatzmärkte kommt es zu Veränderungen der Aktivitäten der Beschaffung. Diese haben sich im Laufe der letzten
Jahrzehnte von der reinen „Bedarfsdeckung“, über das „Materialmanagement“ bis
hin zum ganzheitlichen Management der „Total Cost of Ownership“ und zum
„Value Management“ entwickelt [Ell99; Wil03; GaS05].
Die steigende Bedeutung der Rolle der Beschaffung spiegelt sich auch in ihrem
Beitrag zur Entwicklung und Umsetzung der Strategie des Gesamtunternehmens
wider. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, wurde bei der Volkswagen AG
die Vision der Konzernbeschaffung „Together – best in class, in customer value
and cost“ erarbeitet, die die Leitlinien für die Entwicklung und Umsetzung der
Beschaffungsstrategie vorgibt. Zur Ausweitung und Konkretisierung der Vision der
Konzernbeschaffung wurde eine Beschaffungsstrategie entwickelt (Bild 1), die mit
ihren sechs Kernelementen sowohl eine Innenperspektive als auch eine Außenperspektive einnimmt.
3.3 Operationalisierung und Umsetzung der Beschaffungsstrategie
Ö Kosten und Kundenwert
Oberstes Ziel der Beschaffungsstrategie ist eine langfristige Maximierung des
Kundenwertes der Fahrzeuge im Hinblick auf Kosten, Qualität und Innovationen.
Dies erfordert eine Erweiterung des traditionellen Fokus der Beschaffung (Sicherstellung der Versorgung der Produktion mit Materialien sowie Erbringung der Einkaufsleistung bei den Materialkosten der Produkte in der Serie) auf die Betrachtung der „Total Cost of Ownership“ (Produktkosten inklusive Prozesskosten und
Qualitätskosten) im gesamten Lebenszyklus der Produkte.
Vor allem die Vermeidung „unnötiger“ Kosten in der frühen Phase der Produktgestaltung bedingt eine führende Rolle der Beschaffung im Rahmen der Lieferantenintegration und bei der übergreifenden Zusammenarbeit im Unternehmen (z. B. mit
der Technischen Entwicklung, Qualitätssicherung und Produktion).
Andere wichtige Schwerpunkte der Beschaffungsstrategie beziehen sich auf die
Rolle der Beschaffung als Treiber zur Erhöhung der Qualität bei den Kaufteilen, zur
Verbesserung der Abläufe in der Inbound-Logistik und zur Steigerung der Innovationskraft durch eine intensivere und frühere Einbindung der Lieferanten in die
Kernprozesse des Unternehmens, d. h. in den Produkt-(entwicklungs-)prozess und
den Kundenauftragsprozess. Im Kontext einer weiterführenden Rolle der Beschaffung werden auch Entscheidungen zur Fertigung (In- versus Outsourcing) beeinflusst und zunehmend Absatzmarketingprozesse unterstützt, um Kundenwünsche
frühzeitig als Lieferantenanforderungen definieren zu können.
Ö Lieferanten
Die Integration der Lieferanten in die Kernprozesse des Unternehmens erfolgt in
Form eines ganzheitlichen Ansatzes zu den Themen Kosten, Qualität und Innovationen. Dazu wurde in der Volkswagen AG eine dedizierte Plattform für die stärkere Zusammenarbeit mit den Lieferanten aufgebaut (Bild 2), die auf die folgenden
Schwerpunkte abzielt:
50
1. Kostenoptimierung (Prozesse und Technik) Î Lieferantenklausuren im
Rahmen der Materialkosten-Initiative (Forum Materialkosten) als Baustein
des konzernweiten Ergebnissicherungsprogramms „ForMotion plus“,
2. Erhöhung der Qualität Î Forum Lieferantenqualität zur Verbesserung
der Kaufteilequalität im Rahmen des Forums Qualität,
3. Steigerung der Innovationen Î Programm V.I.S.I.O.N. (Volkswagen
Initiative for Supplier Integration & InnOvatioN) bestehend aus Forum
Innovation und Konzeptwettbewerben bei der Marke Volkswagen Pkw sowie Audi Value Management bei der Marke Audi.
Forum MaterialKosten
Lieferantenklausuren
Kosten
Prozesse:
AnlaufManagement
Innovationen
Qualität
Produkte:
Forum Qualität
Forum
Lieferantenqualität
Partner
Programm V.I.S.I.O.N:
Forum Innovation;
Audi Value Management
Bild 2: Neue ganzheitliche Plattform der Zusammenarbeit der Volkswagen AG mit
ihren Lieferanten
Für ein ganzheitliches Lieferantenmanagement ist eine übergreifende Bewertungssystematik erforderlich. Im Rahmen der strategischen Lieferantenplanung werden
dafür ergänzende Bewertungssysteme, z. B. eine Balanced Scorecard, eingesetzt.
Auf Basis der Kennzahlen aus den Bereichen Beschaffung, Technische Entwicklung, Qualitätssicherung und Logistik erfolgt die Konkretisierung der Lieferantenstrategien. Hierbei kann zum einen die Performance eines Lieferanten innerhalb
bestimmter Zeitspannen ermittelt und zum anderen ein Vergleich zwischen verschiedenen Lieferanten gezogen werden. Über die Supplier Scorecard erhalten die
Lieferanten zudem wichtiges Feedback zu ihrer Leistung bzw. Bewertung, wodurch
die unternehmensübergreifende Kommunikation verbessert und die Beziehungsqualität erhöht wird.
Ö Regionen
Die Beschaffungsaktivitäten der Konzernbeschaffung sind global ausgerichtet.
Weltweite Anfrage- und Vergabeprozesse erfolgen für Neuteile (Forward Sourcing)
und für Serienteile (Global Sourcing). Durch das globale Scouting sowie weltweit
lokalisierte Regional Sourcing Offices (RSOs) nutzt die Konzernbeschaffung die
weltweiten Lieferquellen bzw. Potenziale. Neben den RSOs tragen auch die einzelnen Konzern-Marken regionale Verantwortung für die Suche nach und die Einbindung von neuen Lieferanten. So erfolgt einerseits eine Lokalisierung von Bauteilumfängen für die ausländischen Werke und andererseits der Export von Materialien aus Low Cost Countries (LCC).
Ö Materialgruppen
Zur Erzielung von Synergieeffekten im Konzern werden marken- und regionenübergreifende Strategien für ausgewählte Bauteilumfänge und Lieferanten umgesetzt. Durch den Einsatz des Group Commodity Managements (GCM) wird die
Steuerung der Lieferanten innerhalb des Konzerns im Hinblick auf Kontrakt- und
51
Wertschöpfungsstrategien bzw. Wachstum, Konsolidierung oder ReSourcing von
Umfängen durchgeführt. Die Materialgruppen-Strategien werden anhand eines
strategischen Portfolios je nach Bedeutung der Werkstoffgruppen und der Komplexität des Einkaufsmarktes erarbeitet. GCM ist in fünf Bereichen über das gesamte
Produktionsmaterial organisiert: Elektrik/Elektronik, Metall, Interieur, Exterieur und
Powertrain.
Ö Prozesse und Werkzeuge
Die steigenden Anforderungen an die Beschaffung erfordern die entsprechende
Entwicklung von Prozessen und Werkzeugen zur Sicherstellung der Zielerreichung, die sich in Übergreifende und zum Management der Materialkosten Notwendige unterteilen lassen. Für die Steuerung der Beschaffungsprozesse können
vier wesentliche Ansätze unterschieden werden: a) Maximierung der Synergien, b)
Nutzung des globalen Wettbewerbs, c) Einsatz der Kostenanalytik und d) Integration der Lieferanten.
Ö Organisation und Mitarbeiter
Grundsätzlich ist die Entwicklung einer Organisation und ihrer Mitarbeiter von den
festgelegten Strategien, essentiellen Prozessen und dadurch definierten Kernkompetenzen abhängig. Die erhöhte strategische Relevanz der Beschaffung, die Komplexität der Produkte und der Lieferantenmärkte sowie die daraus resultierenden
Anforderungen machen eine konsequente Transformation der Organisation und
Weiterentwicklung der Mitarbeiter notwendig.
4 Zusammenfassung
Die Festlegung und Umsetzung eines strategischen Rahmens für ein ganzheitliches Management globaler Wertschöpfungsketten wird insbesondere für weltweit
agierende Unternehmen der Automobilbranche zu einem Erfolgsbaustein.
Der Anspruch zur Ganzheitlichkeit an die Beschaffungsstrategie erfordert sowohl
die Berücksichtigung der externen Faktoren (Umfeld- und Wettbewerbsfaktoren)
als auch der Faktoren im Unternehmen. Hierzu ist eine enge Verknüpfung zwischen der Unternehmensstrategie und der Beschaffungsstrategie notwendig.
Mit Hilfe einer strategischen Kaskade kann dabei der gesamte Prozess von der
Formulierung der Beschaffungsstrategie bis hin zu deren Operationalisierung und
Umsetzung strukturiert durchgeführt werden. So lässt sich eine Durchgängigkeit
von der Zielsetzung bis zur Zielerreichung gewährleisten.
In der Volkswagen AG wird als oberstes Ziel der Beschaffungsstrategie eine langfristige Maximierung des Kundenwertes der Fahrzeuge im Hinblick auf Kosten,
Qualität und Innovationen verfolgt. Dabei kommt der stärkeren Integration der Lieferanten in die Kernprozesse des Unternehmens eine zentrale Bedeutung zu. Für
die zukünftige Zusammenarbeit mit den Lieferanten wurde u. a. eine neue ganzheitliche Plattform aufgebaut und etabliert.
52
5. Literatur
[Arn07]
[Ell99]
[GaS05]
[Kra88]
[McK04]
[MeF04]
[Sch05]
[Wil03]
Arnold, U.: Strategisches Beschaffungsmanagement. In: Arnold, U.;
Kasulke, G. (Hrsg.): Praxishandbuch innovative Beschaffung, WILEYVCH Verlag, Weinheim 2007, S. 13-46
Ellram, L. M.: Total Cost of Ownership. In: Hahn, D.; Kaufmann, L.
(Hrsg.): Handbuch Industrielles Beschaffungsmanagement, Gabler
Verlag, Wiesbaden 1999, S. 595-607
Garcia Sanz, F. J.; Semmler, K.: Anforderungen an die Beschaffung
im Wandel der Zeit. In: Walther, J. (Hrsg.): SupplyChain Management,
Ausgabe IV/2005, S. 23-27
Kraljic, P.: Zukunftsorientierte Beschaffungs- und Versorgungsstrategie als Element der Unternehmensstrategie. In: Henzler, H. A.
(Hrsg.): Handbuch Strategische Führung, Gabler Verlag, Wiesbaden
1988, S. 477-498
McKinsey; TU Darmstadt (Hrsg.): Studie - Herausforderung
automobile Wertschöpfungskette (HAWK) 2015, Darmstadt 2004
Mercer Management Consulting; Fraunhofer Gesellschaft (Hrsg.):
Future Automotive Industry Structure (FAST) 2015 - Struktureller
Wandel, Konsequenzen und Handlungsfelder für die
Automobilentwicklung und -produktion, Stuttgart 2004
Schuh, G.; Friedli, T.; Kurr, M. A.: Kooperationsmanagement Systematische Vorbereitung, Gezielter Auf- und Ausbau,
Entscheidende Erfolgsfaktoren, Hanser Verlag, München/Wien 2005
Wildemann, H.: Auswirkungen des E-Business auf die AbnehmerLieferanten-Beziehung. In: Kersten, W. (Hrsg.): E-Collaboration Prozessoptimierung in der Wertschöpfungskette, Deutscher
Universitätsverlag, Wiesbaden 2003, S. 279-302
53
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Sequenz 1
Logistik in der intelligenten Produktion
Thema
Verkettung von Produktion und Lager
durch kombinierte Lager- und
Transportsysteme
Dr.-Ing. Volker Jungbluth
Dr.-Ing. Volker Jungbluth
Lebenslauf
Jahrgang 1970
1997-2004
Abteilungsleiter „Maschinen und Anlagen“,
Fraunhofer Institut für Materialfluss und
Logistik, Dortmund
Seit April 2004
Abteilungsleiter „System & Supply Chain
Consulting“, Dematic GmbH, Offenbach
56
Verkettung von Produktion und Lager durch
kombinierte Lager- und Transportsysteme
Dr.-Ing. Volker Jungbluth
Dematic GmbH & Co. KG
Carl-Legien-Str. 15
63073 Offenbach
Tel. +49 69 8903 2161
Fax +49 69 8903 1695
E-Mail [email protected]
1 Logistische Anforderungen in Produktion und Lager
Durchsatz
Die Anforderungen an Lagersysteme für unterschiedliche Branchen variieren sehr
stark. So weist der Ersatzteilhandel das größte zu verwaltende Artikelspektrum auf,
der Einzelhandel sowie die klassischen deutschen Versandhäuser die höchsten
Durchsätze pro Zeiteinheit.
Die Läger zur Produktionsversorgung sind im Schaubild hingegen zumeist in eher
unkritischen Regionen anzutreffen. Dabei ist das Nachschublager mit einer
mittleren Anzahl von Artikeln bestückt und der Durchsatz eher gering, wobei es
sich bei den Pufferlägern zur Entkopplung von Produktionsprozessen meist um
Lagersysteme mit niedrigem Bestand aber hohen Durchsätzen handelt. Welcher
Nutzen lässt sich nun aus den High-End Konzepten im Einzelhandel auch für die
Produktionslogistik ziehen?
Lebensmitteleinzelhandel
Versandhandel
Großhandel
Ersatzteilversorgung
Fertigwarenlager
Produktionspuffer
Anzahl Artikel
Bild 1: Anforderungen an Lagersysteme in unterschiedlichen Branchen
Die Unterschiede zwischen Produktions- und Distributionslager liegen im
Wesentlichen in den Unterschieden bezüglich Artikelanzahl und Durchsatz (s. Bild
57
1). Jedoch gibt es auch gemeinsame Anforderungen zwischen diesen beiden
Bereichen.
Eine dieser gemeinsamen Anforderungen ist die sequenzgerechte Auslagerung
von Artikeln aus einem Lagerbereich. Nutzt der Lebensmittelhandel diese Funktion
zur Minimierung des Bestückungsaufwands im Geschäft und zur Bildung von
stabilen Transporteinheiten, so nutzt der Produktionsversorger sie, um die
auszulagernden Bauteile der geplanten Produktionsreihenfolge gleichzuschalten
(just-in-sequence-Belieferung).
Die Kommissionierung von Artikeln nimmt in der Produktion jedoch einen
geringeren Stellenwert ein. Zumeist werden die Behälter mit den zu verbauenden
Bauteilen an die Produktionsanlagen geliefert, dort werden die entsprechenden
Mengen entnommen und der Überbestand wieder zurück in den Lagerbereich
verbracht. Eine stückgenaue Vorkommissionierung erfolgt in der Regel nicht, da
man sich die Möglichkeiten einer geregelten Überproduktion offen halten möchte.
Die Unschärfe im Lagerbereich führt somit dazu, dass nachfolgende
Bereitstellungen ungeplante Nulldurchgänge aufweisen und eine Unterlieferung
ans Band erfolgt, wodurch hohe Kosten entstehen können.
Weitere Unterschiede bestehen darin, dass in Distributionszentren die Bauhöhe
zumeist vom Lagervolumen bestimmt wird. 45 Meter hohe Regalsysteme sind
keine Seltenheit. In der Produktion hingegen sind Hallenhöhen von ca. 5 Metern
vorherrschend, die Unterbringung der logistischen Systeme erfolgt daher ebenfalls
in diesen Gebäuden, in der Regel möglichst nahe am Verbrauchsort.
Beide Lagertypen sollen möglichst mit den Anforderungen erweiterbar sein, da in
nahezu allen Bereichen ein Artikelwachstum zu verzeichnen ist.
Distributionslager
Produktionsversorgung
> 10 m
ca. 5 m
Leistung
> 6.000 OL/h
> 50 OL/h
Artikel
> 20.000 SKU
ca. 3.000 SKU
Sequenzierung
ja
ja
Erweiterungsmöglichkeiten
ja
ja
Kommissionierung
ja
seltener
hoch
mittel
ja
nein
Anforderung
Bauhöhen
Artikelwachstum
Zeitnahe Ausbuchung
Bild 2: Vergleich zwischen Distributions- und Produktionslager
2 Das Dematic Multishuttle®
Die Dematic hat aus den Anforderungen des Marktes ein neues Lager- und
Transportsystem entwickelt: Das Dematic Multishuttle®.
Kernstück des Systems ist ein Behälterfahrzeug, welches Schienengebunden
verfährt und sowohl im Lager als auch in dem Produktionsbereich eingesetzt
werden kann.
58
Um die Steifigkeitsanforderungen an die Regaltechnik gering zu halten wurde der
fahrbare Untersatz, das MultiShuttle-Fahrzeug, gewichtsoptimiert gestaltet. Der
Wegfall von Energiespeichern und aufwändiger Rechnerhardware stand bei der
Konzeption ebenso im Vordergrund wie die Konstruktion eines hochverfügbaren,
schnellen und kostengünstigen Leichtbau-Lastaufnahmemittels.
Hub-/Senkstation
Fahrzeug
Fahrzeug
Drehstation
Bild 3: Funktionsprinzip Dematic Multishuttle®
Die Fahrschiene dient als zentraler Bestandteil des Lagersystems. Durch die
Anbringung in jeder Lagerebene stellt sie wegen ihrer zumeist hohen benötigten
Gesamtlänge einen der wesentlichen Kostentreiber sowohl für die Material- als
auch für die Montageleistungen dar. Neben ihrer Trag- und Führungsfunktion für
die Shuttles wird sie auch zu deren Energieversorgung genutzt. Für das
Regalsystem konnte eine mit Niederspannung beaufschlagte Stahlschiene
entwickelt werden, die gegenüber dem Regal isoliert angebracht ist. Redundant
ausgeführte Seitenführungsrollen am Fahrzeug übernehmen neben der
Shuttleführung auch die Funktion des Stromabnehmers. In das Schienenprofil
wurden Positionsmarken integriert, die durch Sensoren auf den Shuttles abgetastet
werden und die Positionierung vor den Lagerfächern gewährleisten.
Die Lastübergabe erfolgt durch einen Auszugmechanismus. Dabei werden zwei
Teleskopgabeln beidseitig der aufzunehmenden Last ausgefahren und je eine
Klinke bildet einen formschlüssigen Kontakt zwischen Gut und Lastaufnahmemittel.
Somit kann das Gut ideal auf das Fahrzeug gezogen werden. Es lässt neben der
Handhabung von Behältern auch die Übergabe von auf Fachböden lagernden
Kartons zu. Zur Beschleunigung der Übergabevorgänge kann die Shuttleplattform
auch mit einen Förderband ausgestattet werden.
Die Beauftragung der Fahrzeuge erfolgt von einem zentralen Materialflussrechner
aus. Die Daten werden mittels W-LAN per Funk zwischen Rechner und Shuttle
übertragen. Die Lagerverwaltung wird über das Warehousemanagement-System,
die Transportkoordination über den MFC der Dematic abgewickelt. Durch die
zentrale Steuerung lassen sich nachträglich weitere Shuttles am Systemrechner
anmelden. Nach erfolgter Anmeldung sind diese Fahrzeuge betriebsbereit und
können unmittelbar zur Durchsatzsteigerung des Systems beitragen.
Neben der Eignung als Lagersystem übernimmt das System auch die
Transportfunktion für Transportstrecken mit niedrigen Durchsatzanforderungen.
59
Bild 4: Anforderungen Dematic Multishuttles im Einsatz
3 Beispiele aus der Anwendung
Im Produktionsbereich der Siemens AG (PTD) in Berlin wurde ein Shuttlesystem
zur Produktionsversorgung installiert. Das Layout ist in Bild 5 dargestellt.
Kommissionierplatz +
Wareneingang
Produktionsanbindung über Lifte
Verbindende Fördertechnik (flurfrei)
Bild 5: Darstellung des Lagerbereichs bei Siemens PTD, Berlin
Der Lagerbereich bietet in der ersten Ausbaustufe ca. 8.000 Stellplätze. Die
zweigassige Regalanlage ist stirnseitig mit zwei Liften zum Shuttletransport
ausgestattet. Jede Gasse verfügt über ein Shuttle, das ihr fest zugeordnet ist. Die
Anforderung von 40 Ein- und Auslagerspielen pro Stunde werden mit einer
notwendigen Reserve zur Abdeckung von Spitzenzeiten übererfüllt. Das
Lagersystem dient zur Versorgung von Produktionsanlagen, die sich im selben
Gebäude befinden. Über eine flurfrei installierte Fördertechnik ist der Lagerbereich
60
mit den Anlagen verbunden und kann in kürzester Zeit die
Nachschubanforderungen aus der Produktion befriedigen. Die Unterwegsbestände
können somit minimiert werden.
Eine mögliche Erweiterung der Anlage wurde bereits in der Planungsphase
konzipiert. Das Multishuttle-System erlaubt die Verlängerung der Regalgasse ohne
dadurch Leistungseinbußen hinnehmen zu müssen. Bei einer Verlängerung der
Regale können mehrere Multishuttle zusätzlich in das System eingebracht werden
und die Leistung der Anlage lässt sich somit auf das ca. 4-fache erhöhen.
Neben den Ganzbehälterauslagerungen bietet das Lagersystem ebenfalls die
Möglichkeit, nur die für das Produktionslos benötigten Mengen an den
Verbrauchsort zu liefern. Hierzu ist eine Kommissionierstation angebunden
worden, die es ermöglicht, die benötigten Mengen aus einem zugeführten
Lagerbehälter zu entnehmen und losgerecht in dem Auftragsbehälter abzulegen,
der dann seinen Weg zur Produktionsanlage nimmt. Der Lagerbehälter wird in das
Multishuttle-Lager rückgespeist.
61
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Sequenz 1
Logistik in der intelligenten Produktion
Thema
ARGOS – Verifizierte Logistikketten
mittels RFID
Dipl.-Kfm. Klaas Dannen
Dipl.-Ing. Frank Steyer
Dipl.-Kfm. Klaas Dannen
Lebenslauf
Jahrgang 1980
2000-2005
Studium der Betriebswirtschaftslehre an der
Otto-von-Guericke Universität Magdeburg
(Abschluss: Dipl.-Kfm.)
2005
Wissenschaftl. Mitarbeiter am IESK, Uni
Magdeburg, Drittmittel-Projekt: Exist Seed
seit Okt. 2005
Geschäftsführer und Mitgründer der
ADEMICS Sensor Technology GmbH
seit Mai 2006
Verantwortlich für den Bereich metraTec
RFID Solutions
64
ARGOS - Verifizierte Logistikketten mittels RFID
Dipl.-Kfm. Klaas Dannen
Dipl.-Ing. Frank Steyer
metraTec RFID Solutions
Sandtorstr. 23
39106 Magdeburg
Tel. +49 391 54486 19230
Fax. +49 391 54486 19239
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Zusammenfassung
Um der zunehmenden Produktpiraterie insbesondere in der Industriegüterindustrie
Herr zu werden, wird ein RFID-basiertes System vorgestellt, dass es ermöglicht,
die Echtheit von Produkten auf ihrem Weg entlang der Logistikkette eindeutig zu
überprüfen und so eine verifizierte Logistikkette aufzubauen. Dies soll insbesondere den Zoll sowie den Endkunden ermächtigen, die Gefahren, die durch den Einsatz gefälschter Produkte entstehen, rechtzeitig zu vermeiden. Zudem ermöglicht
es den beteiligten Unternehmen, im Schadensfall schnell die Echtheit ihrer Produkte zu verifizieren, um ungerechtfertigte Schadensersatzforderungen abzuwenden.
1 Einführung
Eine bekannte Folge der Globalisierung und der damit verbunden, steigenden internationalen Arbeitsteilung ist der grenzüberschreitende Warenverkehr. Die so
entstehenden Logistikketten bieten jedoch nicht nur wirtschaftliche Vorteile bei den
Produktionskosten. Für Produktfälscher entsteht die Möglichkeit, ihre gefälschten
Waren in die vorhandenen Logistikketten einzuschleusen.
Allein 2006 hat der deutsche Zoll in über 9.000 Fällen Produkte bei der Einfuhr beschlagnahmt, die zusammen einen Wert in Höhe von 1.1 Mrd. Euro ausgemacht
haben. Bei den betroffenen Branchen liegen die Konsumgüter (vor allem Luxusgüter) sowie Textilien und Sportartikel vorne [Zol07a]. Jedoch auch sicherheitsrelevante Produkte wie Automobilteile und Pharmaprodukte sind von dem Phänomen
betroffen. Anfang 2005 musste die Firma FAG Kugelfischer, Hersteller von Kugellagern, sogar per Pressemitteilung vor gefälschten Produkten warnen, die nur noch
im Labor von den Originalen zu unterscheiden waren [FAG05]. Die Qualität der
Fälschungen ist wenigstens bezüglich der optischen Unterscheidung zwischen Original und Fälschung so hoch, dass nur noch entsprechend ausgerüstete Experten im Labor die Echtheit nachweisen bzw. widerlegen können.
Bezogen auf die Herkunftsländer lagen China mit 33 % der Fälle sowie weitere asiatische Länder (Hong Kong, Malaysia, etc.) mit 13% an den vorderen Stellen. Direkt dahinter folgten jedoch die USA (12,7%) sowie die Türkei (10,9%) [Zol07a].
Der Glaube, Fälschungen seien nur für solche Firmen ein Problem, deren Lieferketten durch die asiatischen Länder gehen, ist also nicht zu bestätigen.
Naturgemäß wird nur ein Teil der gefälschten Artikel rechtzeitig erkannt. Schätzungen gehen davon aus, dass bereits 5 – 7 % des Welthandels den Handel mit
gefälschten Gütern betrifft [Dry07]. Der Schaden aus diesen Aktivitäten begrenzt
sich dabei nicht ausschließlich auf die entgangenen Umsätze der betroffenen Fir-
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men. In einigen Fällen ist es durch den Einsatz von minderwertigen, gefälschten
Ersatzteilen zu folgenschweren Unfällen gekommen [FAG05]. Der daraus entstehende Imageschaden für die betroffenen Unternehmen kommt zusätzlich hinzu.
2 Bestehende technische Lösungsansätze
Da zur Bekämpfung der Produktpiraterie der Einsatz von Mechanismen zur Überprüfung der Echtheit von Produkten auf der Hand liegt, existieren eine Reihe von
Systemen und Verfahren, welche das vorliegende Problem angehen. Die Bandbreite reicht von einfachen Seriennummern, welche an zentralen Stellen überprüft
werden (ähnlich dem Einsatz von Seriennummern in Software), über spezielle
Drucktechniken, wie z.B. Hologramme mit Firmenlogo oder thermoreaktive Tinte
bzw. UV-Tinte [Blu06] bis hin zu biochemischen Markern, welche bei Zugabe bestimmter Stoffe die Farbe verändern [HER99].
Die derzeitigen Herangehensweisen unterscheiden sich primär darin, ob zur Sicherung geheimes Wissen verwendet wird oder ob die Verfügungsgewalt über teure
oder ungewöhnliche Infrastruktur benötigt wird. Die Herangehensweise, geheimes
Wissen einzusetzen, um die Produkte als echt zu markieren findet beispielsweise
bei Seriennummern und deren eventuelle Anbringung an unauffälliger Stelle statt.
Auch die Verwendung spezieller Tinten fällt in diese Kategorie. Wird jedoch das
Geheimnis um die Markierung bekannt, bestehen kaum Barrieren, diese Merkmale
zu kopieren. Erschwerend kommt hinzu, dass die Merkmale möglichst einfach überprüft werden sollen, um z.B. den Zoll zur Kontrolle zu ermächtigen. Bei diesen
Sicherungsmaßnahmen besteht stets die Gefahr der einfachen, direkten Kopie.
Die zweite Klasse von Sicherungsmethoden erfordert die Verfügungsgewalt über
teure oder ungewöhnliche Infrastruktur wie beispielsweise Maschinen, die Hologramme auf CDs drucken können. Je nachdem, wie ungewöhnlich das technische
Wissen und wie teuer und nicht-verfügbar die zugehörigen Maschinen für die
Merkmalsherstellung sind, können mit diesen Methoden für unterschiedlich lange
Zeiträume Kopien ausgeschlossen werden.
Auch wenn mit steigendem Komplexitätsgrad der Markierung die Gefahr der Fälschung sinkt, haben die genannten Methoden ein gemeinsames Problem: Sie basieren auf rein "analogen" Methoden. Der Kopierschutz liegt damit ausschließlich
in dem Wissen über die Fertigungstechnologie der Markierung. Es ist nur eine
Frage der Zeit, bis Produktfälscher eine neue Markierungsmethode erlernt haben
bzw. die benötigten Maschinen beschafft haben, um die Merkmale eins zu eins
kopieren zu können. So beklagt der Zoll in seinem Jahresbericht zum gewerblichen Rechtsschutz, dass die Fälschungen inkl. der Markierungen eine solche Professionalität erreicht haben, dass selbst die Beamten Original und Fälschung nicht
immer auseinander halten können [Zol07b].
x
Im folgenden Abschnitt wird daher eine neue Möglichkeit zur Produktmarkierung vorgestellt werden, die zurzeit als fälschungssicher angesehen
werden kann und es dennoch erlaubt, schnell und einfach die Echtheit eines Produktes zu überprüfen. Zudem ist sie relativ unauffällig, günstig und
bietet die Möglichkeit, "Komfortfeatures" zu realisieren – wie beispielsweise die Möglichkeit, weitere Zusatz-informationen mit zu transportieren.
3 ARGOS als neues System zu Echtheitsvalidierung
Unter dem Namen ARGOS wurde von der Firma metraTec RFID Solutions ein
System zur Echtheitsvalidierung entwickelt, das auf der Verwendung von RFIDEtiketten im HF-Bereich (13,56 MHz) in Verbindung mit den Möglichkeiten kryp-
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tografischer Signaturen beruht. Durch den Einsatz lassen sich Produkte schnell
und sicher als Fälschungen erkennen und so verifizierte Logistikketten aufbauen.
3.1 Technischer Hintergrund
Als mobiler Datenträger für das System werden handelsübliche RFID-Transponder
verwendet. Diese werden während des Produktionsprozesses automatisch mit einer Seriennummer auf dem integrierten Schaltkreis versehen, die einmalig und unveränderlich auf dem jeweiligen Chip eingebrannt ist. Da diese Seriennummer einen Teil der Absicherung ausmacht, basiert ein Teil der von ARGOS gebotenen
Fälschungssicherheit auf der Tatsache, dass man Zugang zu einer gesamten
Chipfabrik benötigt, um das Merkmal fälschen zu können. Da es sich hierbei um
eine extrem teure Anlage handelt und geheimes Wissen über den Schaltplan des
Chips benötigt wird, halten wir diese Art der Kopie für die nächsten Jahre für unmöglich.
Ein RFID-Etikett allein bietet jedoch kaum Sicherheit. Zwar ließe sich eine zentrale
Datenbank führen, in der alle gültigen Seriennummern aufgeführt werden, doch
hätte man so nur einen Zahlencode ohne Inhalt zur Verfügung. Außerdem erfordert eine zentrale Datenbank eine Online-Anbindung, die nicht überall gegeben ist.
Hier ist eine dezentrale Lösung daher vorzuziehen.
Das ARGOS-System nutzt daher eine weitere Fähigkeit der RFID-Etiketten. Diese
haben in vielen Fällen neben der fest eingebrannten Seriennummer auch einen
beschreibbaren Speicherbereich, in dem man mit Hilfe eines RFID-Schreibgeräts
Informationen ablegen kann. Dieser beschreibbare Speicherbereich wird dazu verwendet, einen Code für den Hersteller des zu schützenden Produkts sowie eine
weitere Wunsch-Zeichenfolge abzulegen. Ein Beispiel hierfür könnte sein: „Original-Ersatzteil XYZ AG“. Die Wunsch-Zeichenfolge kann aber beispielsweise auch
die parallel aufgedruckte Seriennummer des Geräts sein.
Um sicher zu stellen, dass die auf dem Etikett in lesbarer Form gespeicherten Informationen (Etikett-ID, Herstellercode und Wunsch-Zeichenkette) nicht verändert
wurden oder von einem anderen Tag kopiert worden, kommt eine „digitalen Signatur“ zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um ein kryptografisches Verfahren aus
der Informatik, mit dem die variablen Daten (Herstellercode und Zeichenkette) mit
der eingebrannten Seriennummer mathematisch verbunden und anschließend mittels eines asynchronen Schlüsselpaars (privater und öffentlicher Schlüssel) verschlüsselt werden.
Hierfür werden die Daten mittels einer Einweg-Hashfunktion in eine einzige Zeichenkette konvertiert. Diese wird unter Verwendung des privaten Schlüssels verschlüsselt (s. Abb. 1). Die dabei eingesetzten Verschlüsselungsverfahren sind ohne Kenntnis des verwendeten Schlüssels ab einer gewissen Schlüssellänge nicht
mehr zu brechen [Sch01]. Das Ergebnis dieser Verschlüsselung wird mit den Ausgangsdaten auf dem Etikett gespeichert.
Soll die Echtheit eines solchermaßen gesicherten Produkts verifiziert werden, wird
ein ARGOS-konformes Lesegerät zum Auslesen des Etiketts benutzt. Das Lesegerät nutzt die gleiche Hashfunktion, um die im Klartext abgelegten Informationen
umzuwandeln und verwendet den öffentlichen Schlüssel, um den verschlüsselten
Teil der ausgelesenen Information zu entschlüsseln. Wenn dieser entschlüsselte
Teil und das Ergebnis des Hashes übereinstimmen, wird die Echtheit bestätigt (s.
Abb. 2). Das Display des Lesegeräts zeigt die auf dem Etikett vorhandenen Textdaten und den Verifikationsstatus direkt an, so dass der Nutzer eine sofortige
Rückmeldung erhält, dass es sich um ein Originalteil handelt. Zudem können die
angezeigten Textinformationen genutzt werden, um sicherzustellen, dass es sich
wirklich um die angegebenen Waren handelt.
Für einen Fälscher bedeutet die Tatsache, dass er nicht ohne weiteres ein Etikett
mit der gleichen Seriennummer bekommen kann, dass er zwar die auf dem echten
Etikett befindlichen Daten auf ein anderes Etikett kopieren kann, diese Daten aber
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auf dem neuen Etikett als Kopie erkannt werden, da die Seriennummer des Etiketts nun nicht mehr mit der verschlüsselten Seriennummer übereinstimmt. Er
bräuchte den (geheimen) privaten Schlüssel, um einen neuen verschlüsselten
Hash zu generieren, der zu der neuen Seriennummer passt.
3.2 Einsatz von ARGOS in der Logistik
Für Unternehmen, die Ihren Zwischenhändlern, dem Zoll sowie ihren Endkunden
die Möglichkeit geben wollen, die Echtheit der vorliegenden Produkte zweifelsfrei
zu verifizieren, können durch den Einsatz von ARGOS eine gesicherte Logistikkette aufbauen. Hierzu müssen die gewünschten Informationen digital signiert und auf
Etiketten gespeichert werden. Dies geschieht entweder zentral im Rechenzentrum
von metraTec mit anschließendem Versand per Post (wobei ein gewisses Sicherheitsrisiko verbleibt) oder direkt online über eine gesicherte Verbindung, wobei ein
passendes Schreibgerät benötigt wird. Die so personalisierten Transponder werden beim Versand auf die Umverpackung oder bei größeren Gütern direkt auf das
Produkt geklebt.
Bei jeder Zwischenstation, sei es Zoll, Zwischenhändler oder Endverbraucher,
kann mit einem entsprechenden Gerät die Echtheit geprüft werden. Es ist zusätzlich denkbar, dass auf dem gleichen Etikett noch weitere, unsignierte Informationen übergeben werden, welche z.B. die Logistik erleichtern oder den Status der internen Software speichern, was im Servicefall wertvoll sein kann.
4 Angriffsmöglichkeiten auf das ARGOS-System
Es sind zurzeit drei theoretische Vorgehensweisen bekannt, um das ARGOSSystem zu umgehen. Der einfachste Weg, die Integrität des Systems in Frage zu
stellen, ist durch bekannt werden des privaten Schlüssels des Verschlüsselungsverfahrens. In diesem Fall kann ein Produktfälscher sich selbst Etiketten erstellen,
die von den ARGOS-konformen Lesegeräten als authentisch ausgewiesen würden. Die Verschlüsselungsinfrastruktur und insbesondere der private Schlüssel
sind daher sehr gut geschützt – insbesondere durch eine vom Internet getrennte
Ausführung. Zusätzlich ist ein Wechsel des Schlüssels in gewissen Abständen
denkbar. Dies würde zwar alte Etiketten ablaufen lassen, aber minimiert die Gefahr
eines bekannt gewordenen Schlüssels.
Eine zweite theoretische Methode, das System zu umgehen besteht in einer so
genannten "Replay Attacke" mittels eines Transponder-Emulators. Dies ist eine Elektronik mit der Möglichkeit, ein Tag mit beliebigem Inhalt zu emulieren. Mit so einem Gerät könnte man einen echten Transponder auslesen und jederzeit wieder
"abspielen" – inklusive der Seriennummer [Fin06]. Derzeit ist die Gefahr einer
Replay-Attacke eher als gering einzuschätzen, da ein Tag-Emulator eine aktive elektronische Komponente ist und deutlich größer, als ein normaler Transponder.
Bei einer Kontrolle würde ein solches Gerät sofort auffallen.
Die dritte Methode der Umgehung des ARGOS-Systems liegt im EtikettenRecycling. Sollten Etiketten von echten Produkten entfernt werden und diese auf
Kopien geklebt werden, so würden diese als echt erkannt. Auch dies ist jedoch eher eine theoretische Möglichkeit, da vom Fälscher genau passende Etiketten beschafft werden müssten, da sonst das falsche Produkt auf dem ARGOSkonformen Lesegerät angezeigt würde. Hinzu kommt, dass die Etiketten üblicherweise fest aufgeklebt werden, so dass sie schlecht ohne Zerstörung entfernt werden können. In Einzelfällen ist eine solche Umgehung jedoch denkbar.
5 Konklusion
Produktpiraterie wächst und bedroht in zunehmendem Maße Unternehmen mit
grenzüberschreitenden Logistikketten. Bestehende Lösungen sind nur teilweise sicher und verfügen über keine Zusatzfunktionen. Das in diesem Artikel vorgestellte
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System bietet durch den Einsatz von RFID Tags in Verbindung mit Kryptografie eine sichere, aber dennoch robuste und kostengünstige Methode, um Produkte eindeutig als Fälschung zu erkennen. Durch den Einsatz des Systems wird ein verifizierter Güterstrom vom Werk bis zum Einsatzort und sogar darüber hinaus bis zum
Servicefall ermöglicht.
Naturgemäß ist kein System völlig unfehlbar und damit unkopierbar. Die bestehenden Risiken sind insgesamt jedoch als eher gering einzustufen. Insgesamt ließe sich mit dem System in vielen Fällen eine Sicherung der Logistikketten erreichen, mit der sich das Einbringen von unerkannten Fälschungen mit hoher
Wahrscheinlichkeit entdecken lässt.
Die für den Einsatz benötigte Hardware sowie die nötige Software-Infrastruktur
wurden bereits von metraTec entwickelt und soll in den folgenden Monaten in
Feldtests eingesetzt werden. Ziel ist eine möglichst herstellerübergreifende
Verbreitung des Systems, um ARGOS als Standard zu etablieren, was die Interoperabilität bei übergreifenden Lieferketten fördert bzw. erst möglich macht.
6 Literatur
[Zol07a]
Bundeszollverwaltung: Jahresstatistik 2006, BMF, Berlin, 2007.
[FAG05]
FAG Kugelfischer: Vorsicht Fälschung! Produktpiraterie
kann Leben gefährden, Schaeffler Gruppe, Herzogenaurach, 2005.
[Dry07]
Dryden, J.: Counting the Cost: The Economic Impacts
of Counterfeiting and Piracy, OECD, Genf, 2007.
[Blu06]
Bluhm Systeme, LINX-Sicherheitstinte verhindert Produktfälschung, Webquelle:
http://www.bluhmsysteme.com/LINXSicherheitstinte_verhinde.317.0.html, Aufgerufen am
11.04.2007
[HER99]
HERMA: Fälschungssicherung. In: VerpackungsRundschau (1999) 11, S. 56.
[Zol07b]
Bundeszollverwaltung: Gewerblicher Rechtsschutz –
Jahresbericht 2006, BMF, Berlin, 2007.
[Sch01]
Schmeh, K.: Kryptografie und Public-KeyInfrastrukturen im Internet, dpunkt, Heidelberg, 2001.
[Fin06]
Finkenzeller, K.: RFID Handbuch, 4. Auflage, Hanser,
Wien, 2006.
69
Anhang:
Se r i e n n u m m e r
p ri vat er
Sch l ü sse l
fest
H(x)
H A SH
Si g n at u r
H er st e l l e r ID
Te xt
variabel
verschlüsseln
Abbildung 1: Signierung von Daten mittels Hash-Funktion und asynchroner Verschlüsselung
Se r i e n n u m m e r
fest
H(x)
Her st el l er ID
H A SH
Te xt
variabel
öffentlicher
Sc h l ü sse l
Si g n at u r
H A SH
entschlüsseln
Abbildung 2: Überprüfung der signierten Daten
70
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Sequenz 1
Logistik in der intelligenten Produktion
Thema
Digitaler Prototyp in der digitalen Fabrik –
Anpassung des digitalen Fahrzeugaufbauprozesses an die Herausforderungen
des Anlaufs
Manfred Kempf
Manfred Kempf
Lebenslauf
Jahrgang 1961
1977-1980
Ausbildung Industriemechaniker
1987-1990
Industriemeister Metall IHK
1980-1990
ZF Friedrichshafen AG
1990-1993
ZF Luftfahrt GmbH
1994-1999
IHK Weingarten
1999-2002
Intro Industrieautomaten GmbH
2003-2004
Rücker AG
2004- heute
MBtech Consulting GmbH (Mercedes-Benz)
Schlüsselprojekte
x
x
x
x
x
x
x
x
Restrukturierung ZF Friedrichshafen Produktions/Montagesysteme
Gestaltung und Implementierung der „Digitalen Fabrik“
bei drei führenden Premiumhersteller
Unterstützung bei der Durchführung von
Montageplanungsprojekten Aggregate/ Gesamtfahrzeug
Premiumhersteller
Entwicklung Modulstrategien für
Massenfahrzeughersteller bei deutschen und
japanischen Herstellern
Konstruktion und DFMA-Beratung für Prototyp- und
Serienvorrichtungen eines Premiumherstellers
Machbarkeitsstudien/Architekturstudien für
Gesamtfahrzeug unter Brücksichtigung der Montage bei
führenden Premiumherstellern
Gestaltung und Einführung eines Entwicklungssystems
„Powertrain“ für einen führenden chinesischen OEM
Sicherung des Produktionsanlaufs eines Fahrzeugs für
einen führenden Premiumhersteller
72
Digitaler Prototyp in der digitalen Fabrik – Anpassung des
digitalen Fahrzeugaufbauprozesses an die Herausforderungen des Anlaufes
Manfred Kempf
MBtech Consulting GmbH
Posener Str. 1
71065 Sindelfingen
Tel. +49 7031 686 4764
Fax. +49 711 177 9077 769
E-Mail [email protected]
1 Ausgangssituation
Der globale Druck auf die Fahrzeugindustrie nimmt mit zunehmender Angebotsvielfalt an
Nischen- und Massenfahrzeugen stetig zu. Preisschlachten, wie wir sie aus dem USMarkt kennen, erfordern eine ständige Zunahme der Produktivität in den Werken sowie
einfach zu realisierende Fahrzeugmodelle mit hoher Kundenorientierung. Zur Sicherung
der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit entwickeln OEM´s unterschiedliche Entwicklungsund Produktionsstrategien bei hoher Flexibilität. Entscheidende Stellhebel sind hierbei
kurze Produktentstehungsprozesse sowie die Realisierung schneller Anläufe.
2 Komplexität durch Vernetzung von Kostenführerschaft vs.
Differenzierungsstrategien
Durch Verlagerung von Teilen der Produktion entsprechend verfügbarer Kompetenzen in
Billiglohnländer, verstärkter Verflechtung der OEM´s in Entwicklung und Herstellung von
Komponenten sowie deutliche Produktivitätssteigerungen in den heimischen Werken
durch KVP´s und Produktoptimierungen werden Kostensenkungen im Massensegment
realisiert. Engste Vernetzungen mit den Lieferanten in der Produktentstehungsphase wie
auch in der Serie sichern die Ziele und garantieren hohe Zuverlässigkeit.
Die Markenprofilschärfung und die damit verbundene notwendige stärkere Abgrenzung
zum Wettbewerb spielt vor allem im Premium-Segment eine zunehmende Rolle. Die
Markenbindung erfolgt durch ein ganzheitliches Fahrzeug- und Serviceangebot bei
weiterer Komplettierung des Produktportfolios. Hier wird zukünftig die kundenbezogene
Individualisierung des Fahrzeuges Einzug halten. Emotionsbildung und Beobachtung
langfristiger Stimmungsbilder zu Marke und Fahrzeugausführung sind hier entscheidende
Stellhebel. Daraus abgeleitet wird sich die Anpassungsnotwendigkeit auf Trends und
Zielgruppenveränderungen im Fahrzeug-Lifecycle deutlich erhöhen. Produktionssysteme
für das Auffangen dieser Differenzierungen erfordern höchste Flexibilität und
Anpassungsfähigkeit bei geringen Stückzahlen. Gerade in diesen Segmenten spielt ein
schneller Anlauf eine entscheidende Rolle, da der Wettbewerb kurzfristig reagieren kann.
In Summe steigern diese Entwicklungen die Komplexität bei den OEM´s und in der
Zulieferindustrie deutlich. Insofern sind Instrumente zu implementieren, die die
Beherrschbarkeit der Komplexität sichern.
3 Herausforderungen für die Automobilindustrie
Die Automobilhersteller stehen zukünftig noch mehr vor der Entscheidung, sich durch ein
breiteres Angebot an kundenspezifischen Derivaten, neue Zielgruppen und Märkte zu
erschließen. Mit stringenter Ausrichtung der Fahrzeuge an tatsächliche
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Kundenbedürfnisse sowie der schnellen Umsetzung von der Idee bis Kammlinie sind die
OEM’s für diese zukünftigen Anforderungen gerüstet.
Um jedoch langfristig im Wettbewerb bestehen zu können wird eine hohe
Austauschbarkeit und Adaptierbarkeit der für den Kunden wahrnehmbaren Komponenten
und Module erforderlich sein. Plattformen und Gleichteile werden noch stärker Einzug in
den Bereichen halten, die für den Kunden eher untergeordnete Rollen spielen. Diese
Entwicklung hat zur Folge, dass die Anzahl der Fahrzeuganläufe (Neufahrzeuge und
Produktaufwertungen) pro OEM in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird.
Voraussetzungen für die Bewältigung dieser Anforderungen sind klare Produkt- und
Produktionsstrategien, Standardisierung von Produkten und Produktionssystemen, stabile
Prozesse und flexible, agile Hochleistungsorganisationen. Die durchgängige Verankerung
dieses Ansatzes reduziert das Unternehmensrisiko bei gleichzeitiger Steigerung der
Leistungsfähigkeit in Entwicklung und Produktion. An- und Hochläufe für Ecktyp und
Varianten mit Ihren länderspezifischen Derivaten sind bereits in den Strategie- und
Konzeptphasen als fester Bestandteil zu integrieren. Hierbei spielt die digitale
Absicherung der unterschiedlichen Szenarien eine immer bedeutendere Rolle.
4 Vorgehensweisen
Die Steigerung der emotionalen Bindung über Design und Funktion sowie die
Differenzierung der Fahrzeuge hinsichtlich Kundenwahrnehmung bei gutem
Preis/Leistungsverhältnis zeigen positive Wirkungen in den Absatzmärkten.
Neben dieser emotionalen Komponente spielt die Sicherstellung einer frühzeitig hohen
Produktreife eine entscheidende Rolle, um bei SOP1 dem Kunden ein Fahrzeug mit
maximalem Reifegrad garantieren zu können. Abzusichern ist diese hohe Produktreife
durch die Verwendung robuster Technologien und Prozesse bei Werkzeugen,
Produktions- und Montageanlagen und beherrschbarem Anteil an Produktveränderungen.
Dieser Stellhebel hat mit unter den bedeutensten Einfluss auf Anlaufkurve und
Anlaufkosten.
Nebeneffekt dieser realisierten hohen Produkt- und Prozessreife ist eine höhere
Kundenzufriedenheit, die sich in verschiedenen Reports wie JD-Power, ADACPannenstatistik niederschlägt und positive Auswirkungen auf Marke und Absatz haben.
Die durchgängige Implementierung des modularen aber dennoch flexiblen
Fahrzeugkonzeptes über die gesamte Wertschöpfungskette erfordert auch eine
Neuausrichtung der Zusammenarbeit mit Lieferanten in jeder Phase der
Produktentstehung und im An-/Hochlauf. Lieferantenprozesse sind eng mit den
Prozessen im Fahrzeugwerk zu verknüpfen. Die erforderliche Produktqualität ist zu den
Quality-Gates der digitalen und physikalischen Produktentwicklung über geeignete
Reifegrad- und Freigabesysteme abzusichern.
Das heisst: Auch bei den Lieferanten sind Prozesse und Organisationsformen zu
entwickeln und zu implementieren, die diese hohen Anforderungen im
Produktentstehungsprozess und im An- und Hochlauf sicherstellen.
5 Werkzeuge zur Unterstützung dieser Prozesse
Die digitale Entwicklung spielt nicht zuletzt aus Kostengründen eine immer wichtigere
Rolle in der Entwicklung und Produktionsplanung. Damit können Anforderungen wie:
- Kundenfunktionen und ihre technischen Lösungen
- Emotionsbildung des Kunden bei der virtuellen Erprobung des Fahrzeuges
- Zufriedenheit des Kunden durch Austauschbarkeit von Funktionen über Lifecycle
- Kostenorientierter Produktaufbau mit Sicherung einer robusten Produktion
- Gestaltungseingrenzungen durch Einführung/Übernahmen von Plattformen und
Modulstrategien
- Geringster Mitteleinsatz bei Prototypen, Werkzeugen und Produktionsanlagen
- Hohe qualitative Absicherung des Produktes durch Transparenz in den Phasen
des Produktentstehungsprozesses
konkret gesteuert und bewertet werden.
1
SOP: Start of Production
74
Dafür sind bei den OEM´s verstärkt digitale Instrumente wie CAD, Virtual Reality, diverse
Simulationswerkzeuge für Umform- und Gießprozesse, Berechnungs-Tools z.B. für
Crashberechungen, etc. im Einsatz. Somit sind durch frühzeitige Transparenz der
Entwicklungs- und Planungsstand, die Kosten und die zu erwartenden
Herausforderungen bei der Umsetzung der Teile und Komponenten bekannt. Aus diesen
Erkenntnissen können gezielt Produktoptimierungen gefahren und Herstellkosten durch
Vereinfachung des Produktes und seiner Funktionen gesenkt werden. In digitalen CarKliniken sind frühzeitig Kundenreaktionen erfassbar und die Erkenntnisse in der
Entwicklung zu berücksichtigen.
Abgerundet wird die Effektivität und Effizienz mit dem Einsatz der „Digitalen Fabrik“.
Damit können Herstellungsablauf in den Produktionsanlagen und deren Verfügbarkeit
analog dem späteren Zustand simuliert werden. Der positive Effekt besteht darin, dass die
Entwicklung sehr früh, die relevanten Produktionsbelange erkennt und diesen von Beginn
an im Fahrzeugentwicklungsprozess berücksichtigt. Läuft heutzutage dieser Prozess
noch verstärkt beim OEM im Karosseriebau, in den Bereichen Oberfläche und Montage
ab, ist hier zukünftig auch der Lieferant gefordert, diesen Ansatz zu implementieren.
Entwicklungstrends der digitalen Fabrikwerkzeuge zeigen auf, dass virtuelle
Inbetriebnahmen und die Instandhaltungsprozesse bei einem Anlagenausfall vor dem
Anlauf komplett durchsimuliert werden können. In Summe ist auf Basis dieser
Erkenntnisse eine drastische Reduzierung der Prototypfahrzeuge und
Änderungsschleifen realisierbar. Dies hat eine deutliche Harmonisierung des
Produktentstehungsprozesses in Verbindung mit hoher Kosteneinsparung zur Folge.
Heute werden in Anlauffabriken oder direkt in den zukünftigen Fertigungslinien
Fahrzeugaufbauprozesse, Herstell- und die Montageprozesse noch überprüft/Ziel ist
auch durch die gewonnenen Erkenntnisse diese Prozesse noch weiter zu reduzieren.
6 Mit der durchgängigen Verankerung eines digitalen Prozesses……
-
ist der Reifegrad eines Fahrzeuges und seiner Komponenten deutlich zu steigern
sind Zielabweichungen transparent, Gegenmaßnahmen können ergriffen werden
sind fehlerbedingte Änderungsprozesse und Änderungskosten deutlich zu reduzieren
sind Kosteneinsparungen durch Standardisierungen bei Produkt und Produktion
realisierbar
ist der Anlaufprozess für Ecktypen, Ländertypen und Derivate steuerbar
sind Mitarbeiter durch gezieltes Training im digitalen Raum bereits frühzeitig auf die
neuen Aufgaben in Entwicklung, Produktionsplanung, Qualität und Produktion
vorbereitet
sind Lieferanten mit ihrem Fachwissen intensiv eingebunden (Simultaneous
Engineering System)
kann eine Vernetzung/Verlagerung von Produktionssystemen weltweit ermöglicht
werden
7 Ergebnis dieser Vorgehensweisen für den Ablauf
Durch die Anwendung des digitalen Entwicklungsprozesses sind die anlaufbedingten
Herausforderungen im Fahrzeugwerk des OEMs und bei den Lieferanten heute frühzeitig
bekannt. Mit einer durchgängigen Anwendung dieser Werkzeuge sind zukünftige
Herausforderungen und marktbedingte Komplexitätssteigerungen einfacher zu
bewältigen.
75
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Sequenz 2
Innovation im Verkehr
Thema
Personalisierte Verkehrsinformationen für
den regionalen Wirtschaftsverkehr
Dipl.-Ing. Andreas Herrmann
Dipl.-Ing. Andreas Kretschmer
Dipl.-Ing. Andreas Herrmann
Lebenslauf
Jahrgang 1969
1988-1990
Studium der Automatisierungstechnik mit
Schwerpunkt Medizinische Gerätetechnik an
der Technischen Universität Budapest
1990-1996
Studium der Automatisierungstechnik mit den
Schwerpunkten Bildverarbeitung und
Simulation an der Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg
1996-heute
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für
Automation und Kommunikation e. V.
Magdeburg
2005-2006
Leiter des Forschungsschwerpunktes
Verkehrsmanagement im ifak
seit 2006
Leiter des Forschungsbereiches
Verkehrstelematik im ifak
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Personalisierte Verkehrsinformationen für den regionalen
Wirtschaftsverkehr
Dipl.-Ing. Andreas Herrmann
Dipl.-Ing. Andreas Kretschmer
ifak Institut für Automation und Kommunikation e.V. Magdeburg
Steinfeldstraße 3 (IGZ)
39179 Barleben
Tel. +49 39203 810 40
Fax. +49 39203 811 00
E-Mail [email protected]
E-Mail [email protected]
1 Motivation
Für die gesellschaftliche, kulturelle und ökonomische Entwicklung einer modernen
Volkswirtschaft sind schnelle, zuverlässige und sichere Verkehrsverbindungen unverzichtbar. Sie sind nicht zuletzt notwendige Voraussetzung für Wachstum und
Beschäftigung am Wirtschaftsstandort Deutschland. Wirtschaftsverkehre - d.h. Personenund Güterverkehre, die im Rahmen einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit stattfinden sind dabei das am stärksten wachsende Segment im Verkehr. Insbesondere auf
wichtigen Transitstrecken und in Ballungsräumen werden aufgrund der bisherigen bereits
hoch ausgelasteten Verkehrsinfrastruktur zum Teil erhebliche Behinderungen für die
Wirtschaft und die Bevölkerung zu erwarten sein, zumal die vorhandene Infrastruktur nur
bedingt erweitert werden kann.
Betrug der Güterverkehr in Deutschland im Jahr 2003 bereits ca. 517 Mrd.
Tonnenkilometer, gehen aktuelle Prognosen von einem 80%-igen Wachstum in den
nächsten 20 Jahren aus. Im Personenverkehr wird gegenüber den 1.063 Mrd.
Personenkilometern im Jahr 2003 ein Wachstum von ca. 10% bis 2020 erwartet.
Die Entwicklung unserer Wirtschaft beruht also im entscheidenden Maße auf der
Möglichkeit, Güter und Personen kostengünstig, schnell, zuverlässig und pünktlich zu
transportieren. Bei der momentanen Entwicklung sind allerdings auch Effizienzdefizite
und Leistungsmängel in den Verkehrssystemen zu beobachten. Die ungleichmäßige
räumliche und zeitliche Nutzung der Verkehrsinfrastruktur, der zu geringe
Vernetzungsgrad der Infrastruktur und Fahrzeugflotten sowie die mangelnde Auslastung
der Verkehrsträger führen zu „Reibungsverlusten“ an den intermodalen Schnittstellen im
Wirtschaftsverkehr.
Gefordert sind also zunehmend intelligente Informations- und Kommunikationssysteme,
mit denen Staus gezielt vermieden, die vorhandene Verkehrsinfrastruktur effizient
genutzt, die vom Empfänger im Lieferverkehr vorgegebenen Termine eingehalten und
durch intelligente Netzwerkplanung und Flottensteuerung Einsparpotenziale genutzt
werden können.
2 Lösungsansätze in Transportlogistik und Verkehr
Durch Nutzung von Synergien entlang der Transportketten und von moderner
Informations- und Kommunikationstechnologie sowie durch den Einsatz von effizienten
Umschlagtechniken soll zukünftig eine möglichst verkehrsarme und intermodale Logistik
des Wirtschaftsverkehrs etabliert werden. Die Transportlogistik wird die weiter
anwachsenden Warenströme aber nur beherrschen können, wenn neue durchgängige,
interoperable und kostengünstige Technologien eingesetzt werden, welche die gesamten
logistischen und verkehrlichen Prozesse verfolgen, steuern und überwachen.
79
Durch die intelligente und zuverlässige Interaktion des Wirtschaftsverkehrs mit der
vorhandenen Verkehrsinfrastruktur kann das Ziel, zeitnah und flexibel zu agieren und
gleichzeitig die Auslastung der verschiedenen Verkehrsträger zu erhöhen, nachhaltig
unterstützt werden. Für den Wirtschaftsverkehr, Logistikflotten und den Kunden wird es
also in Zukunft immer wichtiger, jederzeit den Ort und den Zustand von Waren und
Sendungen über die gesamte Transportkette verfolgen zu können. Moderne Informationsund Kommunikationstechnologien wie GSM, UMTS, WLAN/WiFi oder RFID machen den
Materialfluss immer transparenter und ermöglichen eine verminderte Lagerhaltung und
optimal angepasste Produktion.
Innerhalb der weitgehend abgeschlossenen Systeme im Zuständigkeitsbereich der
Erzeuger oder Verbraucher, also bspw. in Güterverkehrszentren, auf Betriebsgeländen
oder auf Großbaustellen, gibt es bereits zahlreiche viel versprechende Ansätze und
Lösungen zur zielgerichteten Steuerung sowohl der Warenströme als auch der dafür
benötigten Transportmittel. Ein Beispiel hierfür sind die fahrerlosen Transportsysteme in
Produktions- und Lagerhallen. Sobald aber Transportmittel und Fracht diese
geschlossenen Systeme verlassen und den öffentlichen Verkehrsraum benutzen,
unterliegen sie zunehmend äußeren Einflüssen, die seitens der Transportlogistik nur
bedingt steuerbar sind.
Bild 1: Ziele im telematikbasierten Verkehrsmanagement
Der in den letzten Jahren gewachsene und weiter zunehmende Straßenverkehr stellt
sowohl an die verkehrstechnische Infrastruktur als auch an die verantwortlichen
Entscheidungsträger hohe Anforderungen. Die steigende Verkehrsnachfrage kann
insbesondere in urbanen Räumen nicht über den Schritt haltenden Ausbau des
Straßennetzes bewältigt werden. Bestehende Überlastungen sind zurückzuführen auf
permanente Übernachfrage, vor allem in der Morgen- und Nachmittagspitze, auf
temporäre Faktoren wie Baustellen oder Verkehrsunfälle oder auf singuläre Ereignisse
wie Großveranstaltungen. Abhilfe können hier sowohl die Modernisierung der
verkehrstechnischen Infrastruktur als auch moderne Methoden des
Verkehrsmanagements schaffen, die möglichst viele Daten des Verkehrs, des öffentlichen
Lebens und der Umweltlage in eine dynamische Entscheidungsfindung zur optimalen
Verkehrsorganisation einbeziehen. Für die erforderliche Kommunikation mit den
Verkehrsteilnehmern kommen seit geraumer Zeit verstärkt moderne
informationstechnische Systeme zum Einsatz.
Neuartige Telekommunikations- und Informationstechnologien, wie sie der Begriff
„Telematik“ umschreibt, ermöglichen die zielführende Umsetzung auch kurzfristig
wirkender Maßnahmen zur Verkehrslenkung und -steuerung und damit eine
situationsgerechte Beeinflussung sowohl des Verkehrsangebots als auch der
Verkehrsnachfrage.
Ein telematikbasiertes Verkehrsmanagement wird als aussichtsreicher Lösungsansatz
favorisiert, um unvermeidbaren Verkehr effizienter abwickeln zu können, Fahrzeuge und
Fahrwege besser zu nutzen, den Übergang auf umweltfreundliche Verkehrsmittel zu
fördern und letztendlich auch wirtschaftlich unnötigen Verkehr zu reduzieren (Bild 1). Eine
mögliche Strategie zur Eindämmung von Verkehrsproblemen ist die zeitnahe,
umfassende und zuverlässige Information über die aktuelle Verkehrslage.
80
3 Personalisierte Verkehrsinformationen für den Wirtschaftsverkehr
Die bisher existierenden Konzepte für den Betrieb eines Verkehrsmanagements basieren
überwiegend auf dem Ansatz, große Zentralen neu aufzubauen und dabei u. U. auch
Modernisierungsbedarf in bestehenden Zentralen abzuschöpfen.
Verkehrsmanagementzentralen sind dabei in der Regel mit einem sehr großen
technischen, personellen und daher auch finanziellen Aufwand für Installation und Betrieb
verbunden. Für Städte mittlerer Größe sind diese Aufwendungen kaum gerechtfertigt und
in den meisten Fällen auch nicht finanzierbar.
Das im Forschungsvorhaben MOSAIQUE entworfene dezentrale VerkehrsmanagementNetzwerk steht als Gegenentwurf zu den klassischen Verkehrsmanagementzentralen. In
die Planung und Durchführung des dezentralen, regionalen Verkehrsmanagements
werden alle beteiligten Akteure wie beispielsweise öffentliche Verwaltungen und
Baulastträger, Verkehrsunternehmen, Wirtschaftsunternehmen aus Logistik, Ver- und
Entsorgung sowie Veranstalter einbezogen. Insbesondere durch die technischen,
betrieblichen und organisatorischen Synergien zwischen allen beteiligten Akteuren
können große Kostenvorteile erwartet werden. Damit die verfügbaren
Verkehrsinformationen durch möglichst viele Partner effizient genutzt werden können, ist
neben der Integration in die eigenen Systeme und Verfahren auch die Bereitstellung in
einem gemeinsamen regionalen Datenpool erforderlich. Der Austausch und Zugriff auf die
Daten erfolgt kostengünstig und schnell über das Internet. Dabei werden über ein
innovatives Zugriffsmanagement die „Spielregeln“ im Verkehrsmanagement-Netzwerk,
also die Rechte und Pflichten aller Akteure bei der Erzeugung, Verbreitung und Nutzung
der vorhandenen Daten und Informationen sowie bei der Umsetzung der Strategien und
Maßnahmen festgelegt.
Die zahlreichen bereits verfügbaren Angebote an Verkehrsinformationen und -diensten in
digitalen Medien orientieren sich bisher vor allem an den Bedürfnissen des
Personenverkehrs. Dabei liegt die Wachstumsdynamik in der Zukunft ganz eindeutig beim
Wirtschaftsverkehr. Die Disponenten von Waren- und Gütertransporten sind für
ergebniswirksame Verbesserungen in der Transportlogistik, im Flottenmanagement oder
in der Standortplanung für Verteilzentren wesentlich empfänglicher als Pkw-Benutzer, die
stärker an tägliche Routinen gebunden sind. Gleichzeitig sind die Anforderungen des
Wirtschaftsverkehrs an die Inhalte, die Qualität, die Zuverlässigkeit und die Verfügbarkeit
von Verkehrsinformationen ungleich höher als die des durchschnittlichen Autofahrers.
Im Rahmen des Forschungsvorhabens MOSAIQUE wird vom Institut für Automation und
Kommunikation (ifak) ein internetbasierter Informationsdienst entworfen und umgesetzt,
der insbesondere auf die Anforderungen des Wirtschaftsverkehrs eingeht. Der
Informationsdienst ermöglicht dem Nutzer die Erstellung personalisierter
Informationsprofile auf Grundlage vorhandener und freigegebener Datenquellen. Dabei
kann bspw. ein Spediteur oder KEP-Dienst Schritt haltend mit dem Ausbau des
Datennetzes beliebige Informationsquellen (Baustellen, Verkehrszählungen,
Durchfahrtshöhen, Brückenlasten, Umweltdaten usw.) miteinander verknüpfen und so
eine auf ihn zugeschnittene Meldungsstrategie erzeugen (Bild 2).
81
Bild 2: Erstellung personalisierter Verkehrsinformationen (Prinzipskizze [HOY05])
Die Verbreitung der Meldungen erfolgt über digitale Medien wie Internet, E-Mail, SMS
oder Digitalradio. Gleichzeitig können Akteure im Wirtschaftsverkehr interessante
Logistik-Daten wie bspw. geplante Wegeketten oder aktuelle Fahrzeugpositionen und geschwindigkeiten in das Verkehrsmanagement-Netzwerk zurückspeisen.
Der internetbasierte Informationsdienst für den Wirtschaftsverkehr greift für die Auswahl,
Darstellung und Verbreitung der Verkehrsinformationen auf georeferenzierte Daten aus
dem regionalen Datenpool zu. Grundlage für die Referenzierung sind digitale und
routingfähige Karten der Region Mitteldeutschland mit dem Fokus auf den Ballungsraum
Halle-Leipzig. Diese Karten werden bei Bedarf mit speziellen Informationen wie bspw.
Brückenlasten, Durchfahrtshöhen oder Verkehrsbeschränkungen für den Wirtschafts- und
Schwerlastverkehr nachversorgt. Durch Datenfusion oder den Einsatz von
Verkehrsmodellen werden diese Informationen weiterverarbeitet und veredelt und mit
Hilfe eines durchgängigen Qualitätsmanagements bewertet und gesichert.
Ein einfaches Beispiel soll die Vorgehensweise verdeutlichen. Der Nutzer, hier ein
Dispatcher in einer Spedition, wählt mit Hilfe der digitalen Karte im Informationsdienst
interaktiv die verfügbaren Verkehrsinformationen aus. Dabei wird er u. a. durch ein
Routingmodul unterstützt, dass alle entlang einer vorzugebenden Route verfügbaren
Daten und Informationen auflistet. Die Daten der einzelnen Messstellen können über
logische Operatoren oder mathematische Funktionen miteinander verknüpft werden. Zur
Auslösung der eigentlichen Meldungen innerhalb der personalisierten
Informationsstrategie können vorgegebene oder individuell erstellte Schwellen definiert
werden. Wird die definierte Meldeschwelle, ausgelöst durch die aktuelle Verkehrssituation
oder durch unvorhergesehene Störungen, überschritten, erstellt das System eine
entsprechende Meldung und übermittelt sie dem Nutzer zeitnah per E-Mail,
Webapplikation oder SMS.
Der Vorteil einer individuell erstellten Meldungsstrategie liegt dabei auf der Hand. Aus der
Vielzahl der vorhandenen Daten werden nur die jeweils zeitlich und räumlich relevanten
Informationen herausgefiltert und nach Nutzervorgaben aufbereitet und übertragen. Die
regelmäßige, aktive und sehr zeitaufwendige Informationsabfrage durch den Anwender
entfällt, er erhält die gewünschten Informationen vom System in der gewünschten Form
und zur gewünschten Zeit.
Die im Forschungsvorhaben MOSAIQUE verfolgten Ideen und Lösungsansätze bergen
als Ganzes erhebliche Potenziale zur Lösung der Probleme und Aufgaben in der Region
Mitteldeutschland. Insbesondere die Verbreitung personalisierter, auf die jeweiligen
Bedürfnisse der Nutzer zugeschnittenen Verkehrsinformationen, tragen ihren Teil zur
82
Sicherung der Leistungsfähigkeit und Funktionstüchtigkeit des Verkehrssystems und zur
weiteren wirtschaftlichen Entwicklung des mitteldeutschen Raumes bei. Durch die
Einbindung in regionale Verkehrsmanagement-Netzwerke ist der Wirtschaftsverkehr
zukünftig in der Lage, schneller und effizienter auf wechselnde Verkehrs- und
Umweltbedingungen (Feinstaub, CO usw.) zu reagieren und gleichzeitig seinen Beitrag
2
zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Verkehrsnetze zu leisten.
4 Literatur
[MOS04] Projektantrag MOSAIQUE (Mitteldeutsche Offensive für ein strategisches,
anwenderübergreifendes, intermodales Verkehrsmanagementnetzwerk mit
Qualitätsausrichtung und Effizienzorientierung) BMBF, Bonn, 2004.
[HOY05] Hoyer, R., Herrmann, A.: MOSAIQUE – Ziele und Nutzen für den
Wirtschaftsverkehr in Sachsen-Anhalt. Informationsveranstaltung der
Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau am 10.02.2005, Halle.
[JU05] Jumar, U.; Hoyer, R.; Herrmann, A.: Verkehrstelematik aus Sachsen-Anhalt –
Wege zum Erfolg. Tagungsband zum Verkehrstelematikkongress „SachsenAnhalt auf dem Weg in die Zukunft“, 16.06.2005, Magdeburg.
[HER05] Herrmann, A.: Intelligentes Verkehrsmanagement. 5. MAHREGInnovationsforum „SICHER – schnellere und sichere Prozesse in der
Automobilindustrie“, 13. und 14.10.2005, Magdeburg.
[JU06] Jumar, U.; Herrmann, A.: Wirtschaftsverkehr und Flottensteuerung, Vorstellung
des KoSIM-Testfeldes im Rahmen der Initiative „Sichere intelligente Mobilität
– Testfeld Deutschland“ – SiM-TD, Hannover-Laatzen, 12.09.2006
[KRE06] Kretschmer, A.: Verkehrsmanagementnetzwerk auf Gegenseitigkeit, 1.
Fachveranstaltung MOSAIQUE, Halle (Saale), 2006
Danksagung
Die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Projekt MOSAIQUE werden vom
Ministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert (Förderkennzeichen:
19B6008A) sowie vom Land Sachsen-Anhalt, vom Freistaat Sachsen und vom
Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) in der Demonstration und
Umsetzung unterstützt.
83
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Sequenz 2
Innovation im Verkehr
Generierung intermodaler Transport- und
Logistikketten mithilfe IT-gestützter
Planungsanwendungen – Erste
Ergebnisse des EU-Projektes INTERIM
Mag. Dr. Gerhard Schilk
Dipl.-Ing. Bertram Meimbresse
Mag. Dr. Gerhard Schilk
Lebenslauf
Jahrgang 1976
1996 - 2000
Betriebswirtschaftsstudium
(Wirtschaftsuniversität Wien, Österreich)
Schwerpunkte:
x Marketing: u.a. Käuferverhalten und
Dienstleistungsmarketing
x Organisation und Materialwirtschaft
(Supply Management)
x Transportwirtschaft
Diplomarbeit: Electronic Commerce in der
Transport- und Logistikbranche
2000 - 2002
Doktoratsstudium
(Wirtschaftsuniversität Wien, Österreich)
Schwerpunkt: Produktionsmanagement
Dissertation:
Die Auswirkungen des Electronic Commerce
auf das Supply Chain Management
seit 2000 bis dato
via donau – Österreichische WasserstraßenGesellschaft mbH (Österreich)
x Projekt Manager
x Erfahrungen im Bereich EU-Anträge,
Projekte und Förderprogramme (FP4/5/6,
INTERREG III A/B/C, Marco Polo,
eContentplus, eTEN, SOKRATES, TEN-T
etc.) und Intermodalität, eLogistics und
Security
86
Dipl.-Ing. Bertram Meimbresse
Lebenslauf
Jahrgang 1958
1979-1984
Studium Transporttechnologie
(Hochschule für Verkehrswesen Dresden)
Schwerpunkte:
x Technologie des Güterverkehr
x Optimierungsverfahren
1985-2000
Büro für Verkehrsplanung, Berlin
2001-2002
IVU - Gesellschaft für Informatik, Verkehrs und Unternehmensberatung mbH, Berlin
seit 2003
Freier Verkehrsplaner
seit2005 bis dato
Projektmanager für Logistikprojekte an der
technischen Fachhochschule Wildau, u.a.
87
x
ECO4LOG, INTERREG III C East,
2004-2006
x
INTERIM, INTERREG III B CADSES,
2006-2008
x
OPERA, BMBF, 2005-2009
x
DENDROM, BMBF, 2006-2008
x
MINERVA, FH3, 2006-2008
Generierung intermodaler Transport- und Logistikketten mithilfe IT-gestützter Planungsanwendungen –
Erste Ergebnisse des EU-Projektes INTERIM
Mag. Dr. Gerhard Schilk
Dipl.-Ing. Bertram Meimbresse
via donau
Österreichische WasserstraßenGesellschaft mbH
Donau-City-Straße 1
A - 1220 Wien
Tel. +43.50.4321-1621
Fax +43.50.4321-1050
E-Mail [email protected]
Technische Fachhochschule Wildau
University of Applied Sciences
Bahnhofstraße 1
15745 Wildau
Tel. +49.3375.508-355
Fax. +49.3375.508-983
E-Mail [email protected]
1 Wachstum des europäischen Güterverkehrs
Eine der größten Herausforderungen für einen einheitlichen Güterverkehrsmarkt
der Europäischen Union (EU) ist das zunehmende Ungleichgewicht zwischen den
Verkehrsträgern. Entgegen den Zielen der EU ist der Zuwachs des Verkehrsaufkommens beim Straßenverkehr ungebremst [WeV01]. Dies führt zu einer zunehmenden Überlastung der Verkehrsnetze. Einerseits kommt es hierdurch zu Belastungen für die Unternehmen in der europäischen Transport- und Logistikbranche
(z.B. Verkehrsstaus, Verspätungen und höheren Treibstoffpreisen), andererseits
erwachsen hieraus auch negative Effekte für die Volkwirtschaften (z.B. CO2Emission, externe Staukosten) und die Allgemeinheit.
Aus diesem Grund sind innovative Ideen und Konzepte erforderlich, die die bestehenden Verkehrsinfrastrukturen optimaler nutzen, aber auch intelligente Verknüpfungen zwischen den einzelnen Verkehrsträgern ermöglichen [GiE06]. Eine Zusammenführung der einzelnen Verkehrsträger in eine logistische Kette kann bei
allen drei Hauptphasen der Logistik (Planung, Management und Überwachung)
von Vorteil sein (intermodaler Verkehr). Da sich intermodale Verkehre durch eine
Vielzahl von verschiedenen Akteuren (Frachtführer, Logistikdienstleister, Umschlagspunkte, etc.) und Sub-Prozessen auszeichnen und damit eine weitaus höhere Komplexität als direkte Haus-zu-Haus-Transporte aufweisen, kann es bereits
bei der Planungsphase von Vorteil sein, auf geeignete Anwendungen zur Erstellung von intermodalen Logistikketten zurückgreifen zu können.
INTERIM (INtegration in the intermodal goods Transport of non EU states: Rail,
Inland/coastal waterway Modes), ein aktuelles INTERREG IIIB CADSES EUProjekt, stellt sich dieser Herausforderung. CADSES steht für Central European,
Adriatic, Danubian, South-Eastern European Space. Das Projekt untersucht und
demonstriert die Integration mehrerer Verkehrsträger auf der Planungsebene zur
Erzeugung intermodaler Transportketten und die Evaluierung der verkehrlichen
und raumplanerischen Wirkungen. Zielgruppen der Ergebnisse sind einerseits
Operateure des intermodalen Verkehrs und andererseits Vertreter von Raum- und
Verkehrsplanungsbehörden. Das geplante IT-Planungstool reflektiert in seiner
Struktur die Anforderungen der Nutzergruppen (Bild 1).
88
Results
Query
User
INTERIM
IT-Tool
Logistics
Service Tool
A2A
Information
platform
for intermodal transport
B2B Integration for
actors in selected
CADSES areas
Information about Logistics
• Data
Service Providers (LSP)
• Spatial planning
• Contacts
• Capacities
• Restraints, etc.
documents
Additional
Information
• GIS-Maps/Networks
• Assessment tool
INTERIM Data
Geo Data
Bild 1: Struktur des IT-Planungstool INTERIM
Die Erweiterungen der EU (2004, 2007 und zukünftige) machen es erforderlich,
auch die angrenzenden Staaten in Süd- und Ost-Europa verstärkt in die Transportund Logistikketten zu integrieren. Dieser Prozeß ist gegenwärtig besonders auf
den CADSES-Raum fokussiert. So leben allein in den Donauanrainerstaaten
knapp 90 Millionen Menschen, wo zurzeit eine wirtschaftliche und politische Transformation stattfindet, die ihresgleichen sucht.
Diese rasante Entwicklungsdynamik, die man auch an den jährlichen BIPWachstumszahlen ablesen kann, weist eine direkte Korrelation mit dem Verkehrswachstum auf. So erwartet man für diesen geografischen Raum eine Zunahme des
Güteraustausches von 6% bis 8% jährlich, was nur durch die Nutzung nachhaltiger
Verkehrsträger möglich ist bzw. damit verbundenen innovative Logistikkonzepten
und -lösungen, die eine Integration mehrerer Verkehrsträger erlauben.
2 IT-gestützte Generierung intermodaler Transportketten
Um einen Vergleich zwischen den verschiedenen Transportvarianten (direkter
LKW-Transport versus intermodale Bahn-/Binnenschiff-Transporte) für die Entscheidungsträger der verladenden Industrie und der Logistikdienstleister einfacher
zu gestalten, können unter anderem sog. „IT-gestützte intermodale Transportplanungs-Anwendungen“ herangezogen werden. Derzeit ist das Angebot an solchen
IT-Anwendungen noch sehr begrenzt. Auf europäischer Ebene wird u.a. im Rahmen von EU-Projekten an diesbezüglichen Konzepten gearbeitet. Folgende Tabelle bietet eine Übersicht über identifizierte elektronische Planungs- und Management-Anwendungen, die zur Erstellung von intermodalen Transport- und Logistikketten einen wichtigen Beitrag leisten können.
89
#
IT-gestützte
Planungs-Anwendungen
zur
Internet-Webseite
Generierung intermodaler Logistikketten
1.
2.
3.
4.
5.
6.
ECO4LOG
Development of an East border COrridor 4th
party LOGistics service approach along the
axis Brandenburg-Saxony-Austria with neighbouring accession countries
SPIN-EU
Scanning the Potential of INtermodal Transport
Bintras
BintraS, das elektronische System zur Unterstützung von Gütertransporten der Binnenschifffahrt in Deutschland
BoRIS
Barge Operation in River Information Services
ETNA
European Transport Network Application
DISMOD
Das GIS-basierte Distributionsplanungstool zur
Standortoptimierung und Strukturplanung in
der Transportlogistik
www.eco4log.de
www.spin-eu.com
www.bintras.de
www.euro-compris.org
www.alsodanube.at
www.iml.fraunhofer.de/302.h
tml
Bild 2: Übersicht über ausgesuchte intermodale IT-gestützte PlanungsAnwendungen [eigene Recherche, Stand 11.07.06]
Betrachtet man die heute existierenden Anwendungen etwas genauer, so lässt
sich erkennen, dass diese auf unterschiedliche Kernkompetenzen und geographische Regionen setzen. Das erste Merkmal ist, welchem Verkehrsträger diese Planungsanwendung zugeordnet werden kann, d.h. entweder einem einzigen Verkehrsträger (z.B. Binnenschifffahrt) oder dem Gesamtverkehrssystem. Für die Referenz-Beispiele konnte folgende Klassifizierung vorgenommen werden: (i) ECO4LOG (intermodal), (ii) SPIN-EU (intermodal), (iii) Bintras (Binnenschifffahrt),
(iv) BoRIS (Binnenschifffahrt), (v) ETNA (intermodal), (vi) DISMOD (intermodal).
Das zweite wesentliche Unterscheidungsmerkmal ist die geographische Ausrichtung. Die Mehrzahl der IT-gestützten Planungsanwendungen fokussiert sich auf
den westeuropäischen Raum. Dies betrifft insbesondere diejenigen Anwendungen,
welche sich thematisch dem Verkehrsträger Binnenschifffahrt verschrieben haben
und hierbei vor allem durch den Verlauf der Wasserstraße Rhein geographisch
gebunden sind. Für die genannten Referenz-Beispiele konnte folgende Klassifizierung vorgenommen werden: (i) ECO4LOG (Zentral-Europa), (ii) SPIN-EU (WestEuropa), (iii) Bintras (West-Europa), (iv) BoRIS (West-Europa), (v) ETNA (ZentralEuropa) und (vi) DISMOD (West-Europa).
Grundsätzlich bestehen IT-gestützte Planungsanwendungen aus zwei Komponenten: Erstens aus einer Infrastrukturdatenbank, die Datensätze über die einzelnen
Verkehrsnetzwerke (Straßennetz, Schienennetz, Wasserstraßennetz) und Informationen über die Umschlagspunkte (Eisenbahn-Terminals, Binnenhäfen, Güterverkehrszentren) enthält und diese mittels digitaler Kartensysteme (GIS) grafisch darstellt. Zweitens bedarf es einer Datenbank, die sämtliche Informationen über die
Verkehrsmittel (z.B. Geschwindigkeiten), die Knotenpunkte (z.B. Umschlagskapazitäten und -zeiten) bzw. sonstige Logistik-bezogene Eingangsparameter (z.B. Verkehrsbeschränkungen) enthält.
Im nächsten Schritt gilt es die beiden Datenbanken, d.h. Infrastruktur und Logistik,
zu vereinen. Das Ziel ist eine Abfrage, auf welche Verkehrsträger man zum Bei-
90
spiel für einen bestimmen Transport von Berlin (DE) nach Budapest (HU) zugreifen
kann. Für den zentraleuropäischen Raum wurde dieses System im Projekt ECO4LOG implementiert [SoMei06].
Das Ergebnis ist ein Suchvorgang (= Routing) der sämtliche Netze (= Kanten) bei
der Routensuche nach vorgegebenen Kriterien (= Zeit, Kosten, Entfernung, Energieverbrauch) bewertet. Für die Routensuche über alle Verkehrsnetze wird ein
iterationsfreies Routen-Suchbaumverfahren angewendet [Dij59]. Der genannte
Algorithmus zur Ermittlung der kürzesten Wege in Netzen wurde um die Berücksichtigung mehrerer Attribute pro Kante ergänzt. Die Umschlagpunkte wurden als
eigenständige, dem jeweiligen Verkehrsträger zugeordnete Knoten vereinbart, die
über spezifische Kanten, welche die Umschlagvorgänge repräsentieren, verbunden sind. Nach dem jeweiligen Routing werden zu den einzelnen Abschnitten der
Route (z.B. Transportkette: per Bahn von Berlin nach Wien, anschließend per Binnenschiff von Wien nach Budapest) geeignete Logistikdienstler angezeigt, die diese Transporte abwickeln können. Bild 2 zeigt das Prinzip der Berücksichtigung
mehrerer Kriterien.
Quelle
Terminal 1
Pre-haulage
Terminal 2...n
Main-haulage
Ziel
End-haulage
Weg
km Straße des
gerouteten Netzes
Länge
km Netz des
Zubringer
jew. Modes
Mode 1 und 2
Zeit
Reisezeit nach
jeweiligen
Straßentypen
Umschlag je Nach Kanten- Umschlag je Reisezeit nach
Ein- und Aus- attributen des Ein- und Aus- jeweiligen
gang (min.)
jew. Netzes
gang (min.)
Straßentypen
Energie
KEA je tkm
Expertenschätzung
KEA je tkm
und Mode
Expertenschätzung
KEA je tkm
Kosten
Ct je tkm
Expertenschätzung
Ct je tkm
Expertenschätzung
Ct je tkm
Visualisierung GIS.Karte
nein
GIS-Karte
nein
GIS-Karte
Kalkulation
Zuschläge
dynamisch
Zuschläge
dynamisch
dynamisch
Länge
km Straße des
Zubringer
gerouteten Netzes
Mode 1 und 2
Bild 2: Prinzip des Routings nach verschiedenen Kriterien
(KEA = Kumulierter Energieaufwand, verwendet wurden Werte der PROBASDatenbank des Umweltbundesamtes)
3 Erweiterungen des IT-gestützten Planungstool
Im Projekt INTERIM werden folgende neue Funktionalitäten ergänzt und implementiert:
x Geografische Erweiterung: CADSES-Raum, Westeuropa, Skandinavien.
Damit ist eine Abdeckung des kontinentalen Europas möglich, was die
Nutzung durch die verschiedenen Zielgruppen entgegen kommt, da die
bisherige Beschränkung auf Zentraleuropa ein Kritikpunkt besonders der
intermodalen Operateure war.
x
Zusätzlicher Transport mode Short Sea Shipping / Motorways of the Sea.
Damit wird eine zentrale Forderung der Europäischen Kommission berücksichtigt, die die Entlastung des Straßenverkehrs durch die stärkere Nutzung des Short Sea Shippings vorantreiben will [MoS06].
91
x
Routing in Abhängigkeit von Transportmengen. Durch diese Funktionalität
könnten Bahn und Binnenschiff ihre Systemvorteile noch besser ausspielen bzw. werden bei großen Quantitäten von zu befördernden Gütern beim
Routing bevorzugt.
x
Hinterlegung von Fahrplänen. Dies wird bei der Einbindung in den RoutingAlgorithmus zur Bevorzugung von bedienten Relationen und/oder Berücksichtigung von Kapazitäten der Netze führen. Damit sind die bereitgestellten Informationen auch für solche Logistiker interessant, die keine eigenen
Logistik-Ketten entwickeln aber die Marktangebote nutzen möchten (siehe
folgendes Beispiel).
outenwahl ohne Berücksichtigung von bedienten
Relationen
Routenwahl mit Berücksichtigung von bedienten
Relationen
(hier: Logistikette mit dem geringsten Kostenaufwand, blau = Wasser, grün = Eisenbahn)
(hier: BOHEMIACOMBI Verbindung HamburgPrag, blau = Wasser, grün = Eisenbahn, rot gepunktet = vorhandenes Angebot)
x
Szenarienerstellung zur Abbildung und Bewertung von Netzergänzungen/verbesserungen Mit der Szenario-Fähigkeit wird das IT-Planungstool besonders für Raum- und Verkehrsplaner interessant, die die Wirkungen verschiedener Änderungen an den Attributen der Verkehrsinfrastruktur (z.B.
TEN-Projekte bzw. Korridor-Untersuchungen) ermitteln und vergleichen
können (nur CADSES-Raum).
x
Speicherung von Szenarien u.ä. in Nutzer-Accounts.
4 Ausblick
Elektronische Planungs- und Management-Anwendungen können einen wertvollen
Beitrag zur Erstellung und Konzeption von intermodalen Transport- und Logistikketten liefern. Die Mehrzahl der identifizierten „Best-Practice“-Beispiele befindet
92
sich aber noch in der Phase der Entwicklung und Erprobung. Mit der zunehmenden Komplexität der Organisation von Güterverkehren in Europa und den steigenden Kosten für den Straßentransport werden solche Systeme jedoch für die Planer
immer interessanter.
Verbunden mit neuen Features - neben dem reinen intermodalen Routing - wie:
x
alternative Optimierungen nach Kosten, Energie und Zeit,
x
die Erstellung von Szenarien und
x
Berücksichtigung von bestehenden Angeboten
werden diese Anwendungen zu praktikablen Werkzeugen für die effiziente und
umweltschonendere Abwicklung des Güterverkehrs.
5 Literatur
[MoS06]
Motorways of the Sea - Shifting freight off Europe’ Roads, Europäische
Kommission (Hrsg.) 2006
[Dij59]
Dijkstra, E. W.: A note on two problems in connexion with graphs. In:
Numerische Mathematik 1, S. 269-271
[Son06]
Sonntag, H.; Meimbresse, B.: Routen suchen - ECO4LOG – Ein Interreg-Projekt an der Nahtstelle zwischen EU-Ost-Erweiterung und intermodalem Güterverkehr. In: Internationales Verkehrswesen, Jg. 58
(2006) 6, S. 287-290.
[WeV01]
Weißbuch – Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellung für die Zukunft, Europäische Kommission (Hrsg.) 2001
KOM(2001) 370
[GiE06]
Güterverkehr in Europa : moderne Logistiklösungen für Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit, Europäische Kommission, Generaldirektion Energie und Verkehr (Hrsg.) 2006, ISBN 92-79-00798-X
93
10. IFF-Wissenschaftstage
27. Juni 2007
Sequenz 2
Innovation im Verkehr
Thema
GNSS-based Forest Logistic System
»Efficiency by Transparency« – GNSS
basiertes Forstlogistiksystem – «Effizienz
durch Transparenz«
Dipl.-Ing. Klaus Aichhorn
Univ.-Prof. Dr. techn. Dr. h.c.
Bernhard Hofmann-Wellenhof
Dipl.-Ing. Jürgen Seybold
Jürgen Seybold
Lebenslauf
Jahrgang 1957
1980-1994
Projekt und Produkt Manager;
Standard Elektrik Lorenz AG (SEL), später
Alcatel-SEL, im Bereich Luft- und Raumfahrt;
Stuttgart
1994-1998
Leiter Produkt- und Qualitätsmanagement;
Alcatel Air Navigation Systems GmbH;
Stuttgart
1998-2001
Produktbereichsleiter Satellitennavigation;
Thomson-CSF Airsys
der heutigen Thales ATM; Stuttgart
2001-2005
Technischer Direktor (Prokurist);
Telematica e.K.; Dietramszell-Linden
seit 2001
Geschäftsführender Gesellschafter;
TelePlus Italia KG; Bozen und
Beratender Gesellschafter;
TeleConsult Austria GmbH; Graz
seit 2006
Geschäftsführender Inhaber;
The PQT Consultancy; Sachsenkam und
Geschäftsführer;
GAPA GmbH; Braunschweig
96
GNSS-based Forest Logistic System „Efficiency by
Transparency“ GNSS basiertes Forstlogistiksystem „Effizienz durch Transparenz“
Dipl.-Ing. Jürgen Seybold
Dipl.-Ing. Klaus Aichhorn
TeleConsult Austria GmbH
Schwarzbauerweg 3
A-8043 Graz
Tel. + 43 316 890 971 57
Fax + 43 316 890 971 58
E-Mail [email protected]
TeleConsult Austria GmbH
Schwarzbauerweg 3
A-8043 Graz
Tel. +49 8021 9011 10
Fax +49 8021 9011 55
E-Mail [email protected]
Univ.-Prof. Dr. techn. Dr. h.c.
Bernhard Hofmann-Wellenhof
TeleConsult Austria GmbH
Schwarzbauerweg 3
A-8043 Graz
Tel. +43 316 381015 15
Fax +43 316 890971 55
E-Mail [email protected]
1 Abstract
The field of application for navigation tasks within forest work can mainly be divided into two subareas. Thus, two different mobile navigation terminals have been developed by TeleConsult
Austria GmbH:
x
x
a pedestrian terminal for the use within forest inventory and in the field of manual wood
harvesting and
a vehicle terminal for the optimisation of the forest logistic chain.
This paper focuses on the presentation of the GNSS-based vehicle terminal for mechanised
forestry operations to support and improve the forest logistic chain management.
The mobile terminal is used as navigation aid and communication device mainly. The position
determination of the navigation module is based on an integration of GPS and EGNOS. Due to
the usage of a high sensitive GPS/EGNOS receiver with excellent satellite tracking capabilities, a
continuous and reliable position determination is also possible in forest environments with limited
view to the sky and weak satellite signals under dense canopy. For communication and data
transfer between the vehicles and a forest office, the GSM/GPRS infrastructure is used. The
display of the mo-bile terminal visualizes the navigation destination, general information, and the
position of the own vehicle. Thus, the user is supported efficiently in guidance and navigational
tasks.
2 Introduction
The basic development work was carried out in a project called EGNOS Navigation Terminals
Development and Demonstration Activity – Phase 2 (EGNOS NT2) which was aiming at the
industrialisation of navigation terminals. Independent terminals were developed for land
applications (e.g., monitoring of dangerous goods transport, modernisation of forestry operations)
and also for sea applications (e.g., vessel monitoring). The project was co-funded by the
European Space Agency (ESA), and was carried out by an international project consortium.
TeleConsult Austria was responsible for the development of two different terminals for
97
mechanised forestry operations: a pedestrian terminal for forest inventory and lone worker
protection and a vehicle terminal for application in the forest logistic chain management. After
successful completion of the project EGNOS NT2, TeleConsult Austria further developed the
vehicle terminal to a product ready to enter market. According to the needs of different forest
enterprises, the hard- and software can be adapted as required.
This paper focuses on the presentation of the detailed design and application of the GNSS-based
vehicle terminal for mechanised forestry operations.
3 GNSS-based vehicle terminal for mechanised forestry operations
3.1 Background – forest logistic chain
The forest logistic chain includes the felling of trees by a Harvester, the intermediary trans-port of
the felled wood to a piling site (timber yard) by a Forwarder, and the delivery of wood to, e.g., a
saw mill by a transport truck. The developed mobile terminal can be installed in all three different
vehicles to support on the one hand the navigation and guidance on forest streets and on the
other hand the communication with the logistic centre at the forest office. The operational
procedure in the forest logistic chain can be described as follows:
x
the Harvester sends a message about felled wood to the forest office;
x
the forest office informs the Forwarder, which transports the assortments to the roadside
and lays out a piling site;
x
if enough wood is available, the For-warder sends a message to the forest office including
the location of the piling site, the tree species, the wood mass and sort;
x
the forest office informs a transport company and sends the coordinates of the piling site
to the corresponding transport truck which is responsible for the delivery.
By using the mobile terminal, the transport truck can navigate to the piling site on the shortest
and, thus, fastest way. At present, satellite-based systems are not quite commonly used in the
forest logistic chain. The development of a functional terminal system, which automates and
accelerates the forest logistic chain, offers new markets within Europe. An indication for the
potential of such systems is the introduction of a similar system in Scandinavia, which is less
modern and not yet fully developed.
Studies showed that due to navigation and guidance a time saving of up to 30% is achievable for
the work flow within the forest logistic chain. This will save resources and costs in the forest
enterprises and, therefore, directly effect also at the end user.
3.2 Field of application
The vehicle terminal can be separated into a mobile unit for the vehicles and into a logistic centre
at the forest office (Figure 1).
Generally, the mobile terminal is used as navigation aid in the forest vehicles, but also as
communication tool to the forest office. Thus, the actual position and the target point (e.g.,
position of piling site) are visualized on a digital forest map on the mobile terminal. The position
information of the vehicles is transmitted to the forest office in a predefined interval and thus can
be displayed on a digital forest map.
For interaction, the logistic centre in the forest office can send text messages to the vehicles and
vice versa. Additionally, the location of piling sites (including wood mass and sort) can be
transmitted to the forest office. Improvements in automation and coordination of the forest logistic
chain are possible in this way.
98
Figure 1: Vehicle terminal concept
3.3 Architecture and functionality
The terminals consist of a processing and visualization module, a communication module, and an
external high sensitive GPS/EGNOS (Global Positioning System / European Geostationary
Navigation Overlay Service) receiver. The terminal components are mounted in a special housing
which provides protection against splashing water and dust. Further, it is shock-proof to meet the
tough requirements in forest vehicles. The interfaces to the GPS/EGNOS receiver and the power
supply are placed at the back side of the terminal (Figure 2).
GPS/EGNOS
receiver
Vehicle terminal
Power supply
Figure 2: Vehicle terminal hardware
The processing and visualization module operates the application software, serves as user
interface, and supports visual guidance using ArcPad. The user interface represents the main
99
dialogue to control and manage the terminal. The ArcPad software is used for visualization
purposes to display the actual position and the target point on a digital map either from
commercial providers or from forest companies.
A GSM/GPRS (Global Standard for Mobile communication / General Packet Radio Service) card
integrated in the processing and visualization module is used for data communication. Due to the
continuous position trans-mission form the mobile terminal to the forest office and the open data
communication link, the operator in the logistic centre located at the forest office can monitor all
forest vehicles and provide instructions for the vehicle drivers if necessary.
Due to the usage of GPRS as primary communication medium, the cost for the data transfer is
extremely low. GSM is used as back-up connection, if the GPRS service is not avail-able.
Application software start window
Navigation view
Timber yard view
Navigation status window
Figure 3: Application software
100
3.4 Architecture of the logistic centre
A conventional desktop PC (Personal Computer) or a laptop can be used as logistic centre in the
forest office. Generally, the logistic centre integrates a communication, a visualization part, and a
database. The communication part is realized by the so-called service centre software (Figure 4a)
which offers a user inter-face and establishes the communication connection to the vehicle
terminal. The service centre software is mainly responsible for the data exchange between the
forest office and the vehicle terminal. The following messages can be sent from the logistic centre
to the mo-bile terminals or vice versa:
x
position messages are sent from the user terminals to the logistic centre in predefined
intervals and forwarded to a visualization software;
x
text messages and data can be sent bi-directional for coordination tasks;
x
the location and information of a new piling site (timber yard) can be transmitted from the
Forwarder (vehicle terminal) to the logistic centre;
x
the timber yard database (Figure 4c) can be sent from the logistic centre to the transport
truck (vehicle terminal).
The visualization part is realized either by a web-server-based visualization tool or alternatively by
the ArcView software. Thus, an over-view about all the vehicles of the company in the forests is
provided to the coordinator (Figure 4b).
Figure 4a: Logistic centre – service centre software
101
Figure 4b: Logistic centre – visualization software
Figure 4c: Logistic centre – timber yard database
4 Conclusions
The development of the vehicle terminal can be seen as innovative approach which will
accelerate and automate the forest logistics management. Forest enterprises, using the available
terminals and the service centre will save time and resources of up to 30%. As a secondary
effect, also end users will save cost.
102
5 Acronyms and Abbreviations
EGNOS
EGNOS NT2
ESA
GNSS
GPRS
GPS
GSM
PC
European Geostationary Navigation Overlay Service
EGNOS Navigation Terminals Development and Demonstration Activity – Phase 2
European Space Agency
Global Navigation Satellite System
General Packet Radio Service
Global Positioning System
Global Standard for Mobile communication
Personal Computer
6 References
[HoWe03]
Hofmann-Wellenhof B., Legat K., Wieser M. (2003): Navigation – principles of
positioning and guidance; Springer, Wien New York; ISBN: 3-211-00828-4
[HoWe01]
Hofmann-Wellenhof B., Lichtenegger H., Collins J. (2001): GPS – theory and
practice; Springer, Wien New York, 5th revised edition; ISBN: 3-211-83534-2
[ENT2a]
EGNOS NT2 (EGNOS Navigation Terminals Development and Demonstration
Activity – Phase 2): Final Report, Version 1.0, dated 15.12.2005, EuroTelematik
AG (Germany), INOV (Portugal), TeleConsult Austria GmbH (Austria).
[ENT2b]
Weimann F., Aichhorn K., Ott B., Wasle E., Hofmann-Wellenhof B. (2005):
EGNOS NT2, Navigation terminals for mechanised forestry applications.
Proceedings of GNSS2005 - The European Navigation Conference, Munich, July
2005.
[Boeh05]
Böheim W.C., Weimann F., Aichhorn K., Hofmann-Wellenhof B. (2005):
Navigationsterminal zur Optimierung der Waldinventur (Navigation terminal for
optimization of forest inventory). Österreichische Forstzeitung (Austrian Forest
Magazine), 116, 11/05, 14-15.
103
Autoren
Aichhorn, Klaus, Dipl.-Ing.
TeleConsult Austria GmbH
Schwarzbauerweg 3
A-8043 Graz
Österreich
Cantele, Manuel, Dr.
Capgemini
Reinprechtsdorferstrasse 54/22
A-1050 Wien
Österreich
Dannen, Klaas, Dipl.-Kfm.
metraTec RFID Solutions
Sandtorstr. 23
39106 Magdeburg
Deutschland
Herrmann, Andreas, Dipl.-Ing.
ifak Institut für Automation und Kommunikation e.V. Magdeburg
Steinfeldstraße 3 (IGZ)
39179 Barleben
Deutschland
Hofmann-Wellenhof,Bernhard, Univ.Prof. Dr. techn. Dr. h. c.
TeleConsult Austria GmbH
Schwarzbauerweg 3
A-8043 Graz
Österreich
Jungbluth, Volker, Dr.-Ing.
Dematic GmbH & Co. KG
Carl-Legien-Str. 15
63073 Offenbach
Deutschland
Kemp, Manfred, Titel
MBtech Consulting GmbH
Posener Str. 1
71065 Sindelfingen
Deutschland
Kretschmer, Andreas, Dipl.-Ing.
ifak Institut für Automation und Kommunikation e.V. Magdeburg
Steinfeldstraße 3 (IGZ)
39179 Barleben
Deutschland
Matyas, Kurt, Ao. Univ.-Prof. Dr.
Technische Universität Wien
Bereich Betriebstechnik und Systemplanung,
Fraunhofer Projektgruppe für Produktions- und Logistikmanagement
Theresianumgasse 27
A-1040 Wien
Österreich
Meimbresse, Bertram, Dipl.-Ing.
Technische Fachhochschule Wildau
University of Applied Sciences
Bahnhofstraße 1
15745 Wildau
Deutschland
Prihodko, Vjacheslav M.,
Prof. Dr.-Ing. habil.
Staatliche Technische Universität–
Moskauer Institut für Automobil- und
Straßenwesen (MADI)
Leningradski Prospekt 64
125319 Moskau
Rußland
Schilk, Gerhard, Mag. Dr.
via donau
Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH
Donau-City-Straße 1
A-1220 Wien
Österreich
Schmieder, Marcel, Dr.-Ing.
Volkswagen AG Wolfsburg,
Beschaffungsstrategie und Kostenmanagement Konzern,
Brieffach 1645
38436 Wolfsburg
Deutschland
Sihn, Wilfried, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.
h.c. Dipl. Wirt.-Ing.
Technische Universität Wien
Bereich Betriebstechnik und Systemplanung,
Fraunhofer Projektgruppe für Produktions- und Logistikmanagement
Theresianumgasse 27
A-1040 Wien
Österreich
105
Steyer, Frank, Dipl.-Ing.
metraTec RFID Solutions
Sandtorstr. 23
39106 Magdeburg
Deutschland
Seybold, Jürgen, Dipl.-Ing.
TeleConsult Austria GmbH
Schwarzbauerweg 3
A-8043 Graz
Österreich
Vrbica, Gorazd, Dipl.-Kfm.
Volkswagen AG Wolfsburg,
Leiter Beschaffungsstrategie und Kostenmanagement Konzern,
Brieffach 1645
38436 Wolfsburg
Deutschland
Wir bedanken uns.
107
Impressum
Tagungsband
»Logistik - Intelligenz in Produktion und Verkehr«
10. IFF-Wissenschaftstage 2007
27.-28. Juni 2007, Magdeburg, Germany.
Veranstalter:
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb
und -automatisierung IFF
Herausgeber:
Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Schenk
Institutsleiter
Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb
und -automatisierung IFF
ISBN-978-3-8167-7383-2
Redaktion:
Dipl.-Kff. Corinna Kunert
Umschlaggestaltung/Layout:
Bettina Rohrschneider
Steffi Eckert
Druck:
Agentur Frische Ideen
© 2007 Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb
und -automatisierung IFF und Autoren
Für den Inhalt der Vorträge zeichnen die Autoren
verantwortlich.
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urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist
ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,
Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die
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Systemen.
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