Basler Schulblatt

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Basler Schulblatt
BASLER SCHULBLATT
Ausgabe Nr. 9 September 2010 / 71. Jahrgang
ENGLISCH LERNEN ODER SPASS HABEN
IN DEN FERIEN? BEIDES!
› Schulharmonisierung nach Kursbuch
› Mit Elternfeedback Schule machen
› Gärtnern macht Schule
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THEMA / Basler Schulblatt 09 / 2010
LONGBRIDGE STATT
CAMBRIDGE
Englisch lernen oder Spass haben in den Ferien? Beides!
von Yvonne Reck Schöni
Schülersprachreisen boomen. Tausende
Schülerinnen und Schüler reisen in den
Schulferien nach Cambridge, Portsmouth
oder Exeter, in der Hoffnung, ihre Englischnoten aufzupeppen. Oft sind es vor
allem die Eltern, die das hoffen. Nicht
alle dieser kommerziellen Angebote halten, was sie versprechen. Nicht alle können sich solch kostspielige Zusatzförderung leisten. Und nicht alle Kinder trauen
sich zu, allein so weit weg zu reisen. No
problem! Welcome to Longbridge.
Lynn ist 14 Jahre alt. Die letzte Woche der Sommerferien verbrachte sie
in Longbridge. Richtig! Kanton BaselLandschaft. Langenbruck heisst das bei
uns, und auch Lynn heisst im richtigen
Leben anders und wohnt in Basel. Den
englischen Namen hat sie sich am ersten
Tag der Lagerwoche ausgesucht, das gehört zum Konzept. Man heisst englisch,
man spricht englisch, man befindet sich
ein einem englischsprachigen Land. Diesmal ist es Amerika, weil die meisten der
Leiter und Leiterinnen von dort kommen.
Darum hängt eine Amerikakarte an der
Wand und darum haben die Kids, die
meisten zwischen 12 und 16 Jahren, ihre
Schlafzimmer nach US-Staaten benannt.
Lynn schläft in California. An einem
Fenster steht «window», damit auch
Beginners die Aufforderung verstehen:
«Can you open the window, please?» Im
Esszimmer steht ein Tablett, beschriftet
In Longbridge (BL) macht Englischlernen sichtlich Spass.
Fotos: zVg.
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mit «for empty glasses», momentan werden dort muffins gebacken. Natürlich
nach einem recipe in englischer Sprache.
Auf einem grossen Plakat stehen Begriffe
wie «baking tray» oder «rolling pin»,
«sugar» und «flour». Denn wenn die jugendlichen Bakers etwas brauchen, sollen
sie möglichst in Englisch danach fragen.
Could you please pass me …? Spicken
erlaubt.
Im Grunde bleibt ihnen gar nichts anderes
übrig, als es in Englisch zu versuchen, denn
die meisten der durchwegs jungen Leiterinnen und Leiter sprechen kein Deutsch.
Es sind Native Speakers, die vielleicht in
der Schweiz ein Studienjahr verbringen
oder sonst aus einem Grund gerade hier
sind. Karin (Kate) von Siebenthal ist die
Hauptleiterin und Initiantin der Sprachferienwoche «A week at Longbridge». Die
Englischlehrerin ist überzeugt, dass ein
komplettes Eintauchen in die englische
Sprache die wirksamste Methode ist,
mit der Sprache vertraut zu werden. Vor
allem aber ist sie überzeugt, dass dies den
Kindern und Jugendlichen Spass machen
muss. Erst recht in den Ferien. Darum stehen auf dem Tagesprogramm Aktivitäten
wie sports, art&crafts, acting oder baking. Die Jugendlichen wählen ihr ActivityThema selber, je nachdem, ob sie lieber
Cookies backen, Baseball spielen, Dream
Catchers basteln oder in einer Soap Opera
mitspielen.
Erstmals ein Sommerlager
Es war das dritte Mal, dass Karin von
Siebenthal «A week at Longbridge» im
Chinderhus in Langenbruck angeboten hat, erstmals im Sommer. Die beiden ersten Lager fanden jeweils in den
Frühlingsferien statt und waren mit 35
Schülerinnen und Schülern schon im Januar ausgebucht. Zu den Sprachwochen
ermuntert wurde die Englischlehrerin
durch das bereits seit 2007 existierende erfolgreiche Angebot «A weekend
at Longbridge» (Schulblatt vom März
2010), das von den Kantonen Baselland
und Basel-Stadt finanziell unterstützt
wird (siehe Kasten).
«Weil’s einfach Spass macht»
Die Weekends sind jeweils einem Thema
gewidmet, Thanksgiving zum Beispiel,
Beatles oder Wilder Westen, denn neben
der Sprache soll immer auch ein Stück
Kultur des entsprechenden Landes vermittelt werden. Dasselbe gilt auch für die
Wochenlager. Dort steht jeweils am Vormittag und am Nachmittag eine Stunde
«language group» auf dem Programm. In
kleinen, nach Sprachniveau eingeteilten
Gruppen spielen die Jüngsten vielleicht
ihre selbstgestaltete Memory-Variante:
Auf einem Kärtchen ist ein Bein gezeichnet, auf dem dazugehörenden steht
«leg». Oder sie spielen Pictionary. Fortgeschrittene beissen sich am Kartenspiel
Black stories die Zähne aus: Ein Mann
hängt tot in einem verbrannten Baum.
What happend? English edition, of
course! Grammatik wird nicht gebüffelt,
schliesslich sind Ferien. Es ist schon anstrengend genug, all den Erläuterungen
dieser Muttersprachler zu folgen. Oder
während dem Basteln «Was ist dir lieber?» zu spielen, natürlich auf Englisch.
Aber lustig. Das findet nicht nur Lynn (die
ein bisschen für Leiter Huck schwärmt).
Auch Mich (12) und Brian (13), beide
Weekend-erprobt, sind eigentlich gar
nicht wegen des Englischlernens hier,
sondern «weil’s einfach Spass macht».
Was genau? «Alles.» Zum Beispiel die
Abendprogramme. Heute: Talent Show.
Eingetragen haben sich fünf Kandidatinnen für «Longbridge’s Next Topmodel». Das Leiterteam gibt die Jury. Und
wow, die Kandidatinnen legen sich ins
Zeug! Schreiten geschminkt und voll
montiert über den Catwalk, machen
den Tiger, wenn’s von der Jury verlangt
wird … denn Heidi-Klum-Fans wissen
es: «Nur EINE kann Longbridge’s Next
Topmodel werden!» Das ist umso lustiger, weil alle Models in diesem Falle
Jungs sind … Nicht nur die Kids, auch die
Leiterinnen und Leiter lachen da Tränen.
Wenige Kinder aus Basel-Stadt
Täglich zweimal, vor dem Mittag- und
Abendessen, versammelt man sich zum
Rockn’Roll. Damit ist gemeinsames Singen
gemeint. Gesungen wird, was die Teenager
auf dem iPod haben. Zum Beispiel Amy
Mcdonald. Auf Rock’n’Roll freut sich
Lynn stets besonders. Kein Wunder, das
Leiterteam macht daraus ein veritables
Event. Nicht nur wird der Liedtext an
die Wand projiziert, so dass alle mitlesen können, jede Strophe wird von den
Leitern szenisch dargestellt, und zwar so
phantasievoll und witzig – man kugelt
sich vor lachen. Das Ziel: Die Jugendlichen sollen verstehen, was sie singen.
Übersetzen ins Deutsche? Überflüssig.
Erstaunlich eigentlich, dass sich für
diese überzeugenden Angebote – die
Wochenenden und die Sprachwochen
– vergleichsweise wenige Kinder aus
Basel-Stadt anmelden. Woran liegts? Brigitta Kaufmann, Fachexpertin Fremdsprachenprojekte beim Basler Erziehungsdepartement, meint: «Longbridge
gefällt! Aber vielleicht ist das Angebot
zu wenig bekannt. Möglich ist auch, dass
schulähnliche Angebote in der Freizeit
generell nicht auf Begeisterung stossen.»
Schulähnlich will Longbridge eben gerade nicht sein. Im Gegenteil. Wenn am
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Abschlussabend «Restaurant» auf dem
Programm steht, die Leiter und Leiterinnen zum Servicepersonal mutieren,
die Kinder vorgängig einen Tisch reservieren müssen, die englische Speisekarte
studieren und auf Englisch ihre Bestellung aufgeben, wenn «the waiters» in
übertriebener Beflissenheit nach jedem
getätigten Schluck fragen, ob sie nachschenken dürfen oder der Gast sonst
noch einen Wunsch habe, dann finden
das die Teenies einfach der Burner. Nicht
weiter schlimm, wenn in Sachen Englisch
ein bisschen was hängen bleibt.
Sprachbad-Varianten
yrs. Das Angebot „A weekend at Longbridge“ besteht seit 2007. Es entstand
auf private Initiative der Lehrerin Karin
von Siebenthal und wird von den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt
finanziell unterstützt. Darum können die
Kosten für die Eltern tief gehalten werden. Ein Wochenende kostet pro Kind
80 Franken. Darin ist alles enthalten:
Unterkunft, Essen, Betreuung und Material. Die Weekends finden etwa sechsmal
jährlich statt, die nächsten am 18./19.
September resp. am 30./31. Oktober
2010. Basel-Stadt übernimmt die Kosten
für ein Wochenende und hat insgesamt
Anrecht auf 35 Plätze.
Ein Wochenende in Longbridge eignet
sich gut, um das Angebot kennen zu
lernen. Wem’s gefällt, der oder die mag
sich vielleicht eher für eine ganze Sprachwoche entscheiden. Die nächste findet
in der ersten Woche der Frühlingsferien
statt (18.–23. April 2011). Die Lagerwochen werden allerdings bislang nicht von
den Kantonen subventioniert. Nur dank
einem Sponsorenbeitrag der University of
Cambridge ESOL Examinations Basel &
Jura ist es möglich, die Kosten zu decken.
Mit 595 Franken ist eine Sprachwoche im
Vergleich mit den Kosten für ein Weekend daher relativ teuer. Allerdings wird
dafür sehr viel geboten.
Noch diesen Monat erfolgt ein grosser
Versand mit sämtlichen Austauschangeboten an die Schulen. Da sind auch für jedes
Schulhaus Longbridge-Flyer in A4- und
A5-Format zum Verteilen in den Klassen
dabei. Wer zusätzlich eine grössere Anzahl
Flyer benötigt, kann sich per Mail wenden
an: [email protected].
Weitere Informationen:
[email protected] oder auf der
Homepage: www.longbridge.ch