Der Bau- sachverständige
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Der Bau- sachverständige
www.derbausv.de 10 Jahre Bauen mit Verstand Der Bausachverständige Zeitschrift für Bauschäden, Grundstückswert und gutachterliche Tätigkeit Festschrift Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen Die Rechtsprechung aus den Jahren 2002 – 2013 zur Haftung des Gerichtssachverständigen nach § 839a BGB www.bundesanzeiger-verlag.de www.baufachinformation.de Festschrift BauSV 1/2015 Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen – Bedeutung, aktuelle Rechtsprechung und taktische Hinweise – Der Autor Prof. Jürgen Ulrich Vorsitzender Richter am Landgericht a.D. Schwerte »… Da Gutachter aber ebenso wie Richter nur Menschen sind, besteht immer die Möglichkeit einer gewissen Fachblindheit, einer Einseitigkeit, einer Unvollkommenheit, die Gefahr, dass wichtige Einzelheiten übersehen werden, dass aufgrund der Beschäftigung mit sehr vielen gleichgelagerten (aber dann doch nicht wirklich identischen) Fällen sich eine gewisse Routine einstellt, die zu Vorfestlegungen führen kann etc. Das Gesetz kann und will diese ganzen Eventualitäten nicht eliminieren, ein gewisser Vorschuss an Vertrauen wird den Parteien bzw. Beteiligten sowohl Richtern wie auch Sachverständigen gegenüber abgefordert. …« Wäre dieses von dem Landessozialgericht Chemnitz in den Gründen seines Beschlusses vom 1. September 2010 – L 6 U 222/09 B, UV-Recht 2010, 1149 (zustimmend Leonhard RdLG 2011, 32; Francke jurisPK-MedizinR 11/2012 Anm. 5) beschworene »vernünftige Verständnis« betreffend die Betätigung des gerichtlichen Sachverständigen – und der Richter – in den gerichtlichen Verfahren wirklich verbreitet, könnten Streitigkeiten über Befangenheit da keine nennenswerte Rolle mehr spielen. Jedoch findet sich in der Praxis exakt das Gegenteil: Seit Jahren boomen Befangenheitsanträge insbesondere betreffend gerichtliche Sachverständige, wie dies die stetig steigenden Jahreszahlen der dazu veröffentlichten Entscheidungen belegen. Es ist heute auch keineswegs mehr so, dass die Richter an den einmal von ihnen ausgesuchten Sachverständigen durchweg beharrlich und unbedingt festkleben; spätestens die Beschwerdegerichte tarieren die Grenzen zum noch Zulässigen jetzt bedeutend filigraner – und auch kritischer – als früher. Die hier nachfolgenden Ausführungen wollen die Grundzüge des Befangenheitsrechts betreffend Sachverständige und daran anschließend die diversen Befangenheitssituationen orientiert an der dazu zusammengetragenen und entsprechend den jeweiligen Phasen der Betätigung des gerichtlichen Sachverständigen sortierten jüngeren Rechtsprechung aufzeigen. | 2 10 Jahre – Der Bausachverständige Festschrift BauSV 1/2015 Inhalt: 1. Bedeutung und Rolle des gerichtlichen Sachverständigen 1.1. »Heimlicher Richter« 1.2. sehr beschränkte Auswahlmöglichkeit der Parteien 1.3. Strategien des Ablehnungsantrags 2. Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen -– Definition 4 4 4 5 3. Rechtsprechung 6 6 3.1. Persönliche Gegebenheiten des Sachverständigen 3.1.1. Grundsätze 3.1.2. Befangenheit verneint 3.1.3. Befangenheit bejaht 6 6 8 12 3.2. Umstände im Vorfeld des zu liefernden Gutachtens 3.2.1. Grundsätze 3.2.2. Befangenheit verneint 3.2.3. Befangenheit bejaht 15 15 15 15 3.3. Umstände während der gutachterlichen Betätigung 3.3.1. Grundsätze 3.3.2. Befangenheit verneint 3.3.3. Befangenheit bejaht 3.3.4. Speziell: Ortstermin des Sachverständigen 15 15 16 18 20 3.4. Inhalt der gutachterlichen Äußerung 3.4.1. Grundsätze 3.4.2. Befangenheit verneint 3.4.3. Befangenheit bejaht 23 23 24 28 3.5. Reaktionen des Sachverständigen 3.5.1. Grundsätze 3.5.2. Befangenheit verneint 3.5.3. Befangenheit bejaht 31 31 31 35 3.6. Sachverständiger Zeuge / Privatgutachter + Befangenheit 38 3.7. Ablehnungsverfahren 3.7.1. Prozessuale Gegebenheiten 3.7.2. Ablehnungsfrist 3.7.3. Streitwert / Rechtsanwaltsvergütung / Kosten der Beschwerde 38 38 41 43 3.8. Befangenheit und Bezahlung des Sachverständigen 3.8.1. R echtsprechung für die bis zum 31.7.2013 stattgefundenen Heranziehungen 3.8.2. Neues JVEG 3.8.3. Befangenheit und § 839a BGB 44 44 47 48 4. Taktische Hinweise 48 | 3 10 Jahre – Der Bausachverständige Festschrift BauSV 1/2015 1. Bedeutung und Rolle des gerichtlichen Sachverständigen Im Zivil-, Verwaltungs-, Arbeits-, Finanz- und Sozialrechtsstreit richtet sich die Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen nach § 406 ZPO, im Strafprozess nach § 74 StPO. Der entscheidende Abs. 1 S. 1 dieser Vorschriften bringt – gleichlautend – diese Formulierung: »Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden.« Beide Normen würdigen so die auf der speziellen fachlichen Autorität fußende richterähnliche Stellung des Sachverständigen im Prozess. § 406 ZPO / § 74 StPO nehmen Bezug insbesondere auf § 42 Abs. 2 ZPO / § 24 Abs. 2 StPO, die – wieder gleichlautend – diese Formulierung aufweisen: »Wegen Besorgnis findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.« Bereits aus diesen gesetzlichen Texten folgt, dass Befangenheit nicht erst dann vorliegt, wenn bei dem Sachverständigen auch tatsächlich Voreingenommenheit gegeben ist. Darauf, ob der Sachverständige dies letztendlich wirklich ist, kann es nicht ankommen; denn weil Befangenheit im tatsächlichen Sinne eine innere Gegebenheit ist und diese in einem gerichtlichen Verfahren gar nicht sicher festgestellt werden kann, genügen äußere Umstände, sofern sie bei vernünftiger Bewertung die Veranlassung für eine Voreingenommenheit und also dafür geben, konkret eine andere Person als Sachverständigen einzusetzen. Nur der Sachverständige, also nicht der Zeuge, kann im rechtlichen Sinne befangen sein. Bekanntlich ist der Sachverständige ein austauschbares Beweismittel, will heißen: Es kommt nicht auf die nur bei diesem höchstpersönlich gegebenen Umstände, sondern auf das bei anderen Fachleuten seines Gebietes in gleicher Weise vorhandene Expertenwissen an. Ein Zeuge ist in diesem Sinne nicht »vertretbar«. Dies kann wie folgt verdeutlicht werden: Den Ablauf des Verkehrsunfalls haben nur bestimmte Personen (= Zeugen) miterlebt, nur diese können zu dem von ihnen vor Ort zur Kenntnis genommenen Geschehen befragt werden. Persönliche Beziehungen dieser Beweismittel sind erst bei der richterlichen Beweiswürdigung (= Verwertung der Bekundungen dieser Zeugen) bedeutsam: Dann ist zu prüfen, ob und inwieweit diesen geglaubt werden kann. Zeitlich nach dem Unfall kann ein Sachverständiger anhand der vorhandenen Spuren auf der Straße, der konkreten Beschädigungen der Fahrzeuge und auch des letzten Standortes der Fahrzeuge etc. die Geschehnisse rekonstruieren. Erweist sich dieser Sachverständige als voreingenommen, kann er problemlos ausgetauscht werden; denn es finden sich ohne Weiteres andere Personen seiner Fachrichtung, die dann die Fachfragen beantworten können. ihm aufgrund seines Fachwissens sogleich festgestellten Verletzungsbild richterlich befragt – und von den Parteien nicht als befangen abgelehnt – werden; er wird dann auch nur als Zeuge entschädigt. 1.1. »Heimlicher Richter« Der Richter zieht einen Sachverständigen – oder mehrere – hinzu, wenn für die Entscheidung des Rechtsstreits technische Klärung erforderlich ist, die er selbst nicht liefern kann. Das dann vorgelegte – in der Regel schriftliche, gelegentlich auch nur mündliche – Gutachten muss der Richter betreffend Sorgfalt, Vollständigkeit und Überzeugungskraft eigenständig prüfen und darf es erst verwerten, wenn er es nicht nur inhaltlich begreift, sondern auch für richtig erkennt. Indes ist der Richter durchweg zu solch einer Bewertung nicht in der Lage; in der Praxis gelingt ihm allenfalls eine Art Schlüssigkeitsprüfung. Eine – wenn auch schon Jahre zurückliegende – empirische Auswertung von Urteilsgründen hat ergeben, dass in wohl 90% der mit Einschaltung von Sachverständigen geführten Rechtsstreitigkeiten die Gerichte den von ihnen eingeholten Gutachten folgen. Quack, ehemals Richter im 7. Zivilsenat des BGH, hat bereits im Jahre 1993 (BauR 1993, 161) ebenso treffend wie pointiert formuliert: »Verlorene Gutachten sind … verlorene Prozesse.« Kniffka, nun pensionierter Vorsitzender Richter des mit Baustreitigkeiten speziell befassten 7. Zivilsenats des BGH, formuliert (Kniffka/ Koeble Kompendium des Baurechts, 3. A. 2008 18. Teil Rdn. 25): »An dieser Stelle ist erneut darauf hinzuweisen, dass die Sachverständigen in den Bausachen häufig die wahren Richter des Prozesses sind.« Berücksichtigt man, dass in beinahe jedem Prozess, dem ein Streit über technische Umstände – gegebenenfalls über die Klärung der anerkannten Regeln der Technik – zugrunde liegt, mindestens ein Sachverständiger gerichtlich hinzugezogen wird, kann nachvollzogen werden, dass einige Kritiker die so in der Praxis eingeschalteten Sachverständigen als die »wirklichen / heimlichen Richter«, die »Urteilsdiktierer«, die »Beherrscher des Verfahrensergebnisses« oder die »Oberlehrer des Richters« bezeichnen. Beklagt wird die »Übermacht des Sachverständigen« (so der Titel des von Meyer in DRiZ 1992, 125 veröffentlichten Aufsatzes) und auch die »Abhängigkeit des Richters vom Sachverständigen« (so der Titel des von Erb in ZStW 121 (2009), 882 veröffentlichten Aufsatzes); Franzki spricht in DRiZ 1991, 314 von der »übermächtigen Position des Sachverständigen«. Unter diesem Aspekt ist der Sachverständige durchweg mehr als bloß der Gehilfe, der Helfer oder die Geh-Hilfe des Richters. 1.2. Sehr beschränkte Auswahlmöglichkeit der Parteien Zur Vollständigkeit soll hier noch darauf hingewiesen werden, dass sachverständige Zeugen diejenigen Personen sind, die vor Ort bestimmte tatsächliche Feststellungen getroffen haben, welche sich ihnen aufgrund ihrer speziellen Fachkenntnis ergeben haben. Um bei dem Beispiel des Verkehrsunfalls zu bleiben: Befindet sich unter den an der Unfallstelle anwesenden Personen ein Arzt, der der verletzten Person Hilfe leistet, kann dieser später als Zeuge zu dem von Gemäß § 404 ZPO sucht der Richter den von ihm benötigten Sachverständigen bezüglich der für erforderlich gehaltenen fachlichen Kompetenz und auch bezüglich der Person konkret aus, wobei er – von dem seltenen Fall abgesehen, dass sich die Parteien auf eine bestimmte Person einigen – autark ist. Er muss noch nicht mal einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen auswählen; denn im Gesetz | 4 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 (§ 404 Abs. 2 ZPO: »Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es erfordern.«) findet sich lediglich eine fakultative Privilegierung dieser Qualifikation. Die Auswahl muss aber ermessensfehlerfrei sein. BayVGH 11.1.1996 - 24 C 95.3910, NVwZ-RR 1996, 328: Die gerichtliche Bestellung eines Behördenbediensteten zum Sachverständigen, obwohl er von seiner Behörde nicht generell mit Außenwirkung als Sachverständiger bestellt ist, ist nicht sachgerecht und damit ermessensfehlerhaft, weil so in das Organisationsrecht des Behördenleiters eingegriffen wird, der den Einsatz seiner Mitarbeiter regelt, für deren gleichmäßige Belastung zu sorgen und deren Tätigkeit zu überwachen hat. Den Parteien, die ja am Ende aufgrund der dann immer stattfindenden – i.d.R. gerichtlichen – Entscheidung über die Kosten des Verfahrens auch die Vergütung des konkreten gerichtlichen Sachverständigen bezahlen müssen, und ebenso ihren Rechtsanwälten gefällt diese Auswahlfreiheit des Richters nicht. Aus diversen Gründen (meist: vermeintliche Unfähigkeit des gerichtlich bestimmten Sachverständigen; gelegentlich: seine befürchtete besondere Fachkenntnis) misstrauen sie den ihnen gerichtlich »aufs Auge gedrückten« Sachverständigen. Der »Einsatz der Befangenheitskarte« eröffnet dann die einzig in Betracht kommende mittelbare Einflussnahme auf die richterliche Auswahl des Sachverständigen. verständigen gleichsam unter dem Druck des drohenden Ansehens- und Vergütungsverlustes in Richtung bestimmter Parteiinteressen wohlwollender zu stimmen. Andere meinen, dass solche prozesstaktischen Erwägungen durchweg kontraproduktiv sind: Der so angegangene Sachverständige sei geneigt, die ablehnende Partei gleichsam strenger zu behandeln. Betreffend Strafverfahren wird berichtet, dass nach Stellung eines Befangenheitsantrags sich die Situation durchweg entschärfe und man von nun an gar Respekt erkennen könne; selbst ein zurückgewiesener Antrag schade dem Angeklagten in der Regel nicht. Leipold NJW-Spezial 2006, 471 sieht im Befangenheitsantrag »richtig eingesetzt – ein scharfes Schwert, um dem Mandanten ein faires Verfahren zu sichern«. Gelegentlich erkennen Parteien und Parteienvertreter, dass mit der durchweg im Schlussteil des Rechtsstreits erfolgenden Einschaltung des gerichtlichen Sachverständigen die dann zu ihren Lasten gehende Entscheidung näher rückt. Bei diversen Parteien – da überwiegend aus Gründen der Hinauszögerung einer gerichtlichen Sachentscheidung (»Justizkredit«) – und bei manchen Rechtsanwälten – da überwiegend auch aus bei diesen persönlich vorliegenden Gründen (»Mein Mandant muss selbst dann wiederkommen, wenn er mit mir diesen Rechtsstreit nicht gewinnt!«) – kann in Betracht kommen, den Befangenheitsantrag sachwidrig, nämlich aus Gründen einer bezweckten Verschiebung der Entscheidung (Parteiinteresse) oder auch aus Gründen der Darstellung eigener Kämpfertugenden (Anwaltsinteresse), anzubringen. 1.3. Strategien des Ablehnungsantrags Die betreffend den Richter in § 41 ZPO bzw. §§ 22 f. StPO normierten gesetzlichen Ausschlussgründe gelten nicht für den Sachverständigen; insoweit fehlt eine gesetzliche Parallel-Schaltung. Insbesondere die Geltung des § 41 Nr. 5 ZPO (»Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen: … in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen ist; …«) ist durch § 406 Abs. 1 S. 2 ZPO (»Ein Ablehnungsgrund kann nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.«) ausgeschlossen; der als Zeuge Vernommene kann also nicht wegen der vorherigen Zeugenstellung abgelehnt werden. Liegen die in diesen Regelungen ansonsten angesprochenen Umstände (z.B. verwandtschaftliche bzw. lebenspartnerschaftliche Beziehungen) vor, müssen diese durch ein Ablehnungsgesuch geltend gemacht werden. Anders als beim Richter, der gemäß § 31 Nr. 6 ZPO bzw. § 23 Abs. 2 S. 3 StPO kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, wenn er an dem Erlass der Vorinstanz mitgewirkt hat, ergibt sich beim gerichtlichen Sachverständigen keine Befangenheit daraus, dass dieser bereits in der Vorinstanz als gerichtlicher Sachverständiger eingesetzt war. Nach ganz allgemeiner Meinung hat der gerichtliche Sachverständige kein Recht auf Selbstablehnung. Gemäß Einschätzung einiger werden Ablehnungsanträge, für die gemäß §§ 406 Abs. 2 S. 3, 78 Abs. 3 ZPO kein Anwaltszwang besteht, bisweilen eingesetzt, um den Sach| 5 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2. Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen – Definition 3. Rechtsprechung Eine spezielle gesetzliche Definition der Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen findet sich nicht. Die jüngere Rechtsprechung führt dies aus: Für das Verständnis der nachfolgend mit knapp gefassten Leitsätzen vorgestellten gerichtlichen Entscheidungen aus der jüngeren Zeit muss unbedingt beachtet werden, dass jeweils spezielle und in der Regel mit anderen nicht vollständig vergleichbare Einzelfall-Situationen zugrunde gelegen haben. Weil es immer auch auf die in diesen hier formulierten Leitsätzen nicht umfassend darstellbaren, speziellen Details ankommt, ist jedenfalls im Zweifel geboten, die gesamte Entscheidung – durchweg wird nachfolgend eine gängige Fundstelle des jeweiligen Volltextes mitgeliefert – nachzulesen. Sturmberg IBR 2014, 382 bemängelt, dass Richter jedenfalls in Fällen, in denen der gerichtliche Sachverständige den Auftrag überschreitet, betreffend die Annahme der Befangenheit des Sachverständigen ein »kasuistisches Ermessen« anwendeten; zumindest von der Dogmatik her erscheint diese Auffassung zweifelhaft, denn die Entscheidung über die Befangenheit des Sachverständigen darf gerade nicht auf einem richterlichen Ermessen fußen; ob Befangenheit vorliegt, ergibt sich aufgrund einer richterlichen Tatsachenbewertung. Vertiefende – und weitere – Offenbarungen präsentieren neben den diversen Gesetzeskommentierungen u.a. Kühl »Die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit im Sozialgerichtsprozess« NZS 2003, 579 ff., P. Bleutge »Abgelehnt wegen Befangenheit – Vermeidung und Handlungsstrategien« 3. A. 2010, Lehmann »Rechtsprechung 2009/2010 zur Befangenheit des Sachverständigen«, Der Bausachverständige 3∙2011, 62 ff., Der Bausachverständige 4∙2011, 62.ff., Der Bausachverständige 5∙2011, 72 ff., Morgenroth: »Die Ablehnung des gerichtlich bestellten Sachverständigen wegen Befangenheit«, Der Sachverständige 2011, 26 ff., K. Bleutge »Die Unparteilichkeit von Sachverständigen – Nicht nur eine Frage der Ehre«, Der Sachverständige 2012, 338 f. sowie Volze »Die Befangenheit des Sachverständigen und der Verlust seines Vergütungsanspruchs«, Der Sachverständige 2013, 12 f. LG Aachen 22.6.2007 - 42 O 84/04, IfS Informationen 2/2008, 17: Als Gründe für die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen kommen nur solche in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtung erwecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber, wobei hierzu die Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei zugrunde zu legen ist. (ebenso LG Bochum 7.8.2009 - 10 S 15/08, DS 2010, 36; LG Leipzig 9.9.2009 - 3 HK O 4523/06, BauR 2010, 123) BayLSG 9.10.2012 - L 15 VJ 2/08, www.juris.de: Ob Besorgnis der Befangenheit besteht, ist nach einem gemischt-objektiven Maßstab zu bestimmen. Die bloße Erwartung eines ungünstigen Gutachtenergebnisses berechtigt nicht zur Ablehnung eines Sachverständigen; relevant sind vielmehr begründete Befürchtungen, die Begutachtung könnte den Boden der Sachlichkeit, Neutralität und Unvoreingenommenheit verlassen. OLG Koblenz 24.1.2013 - 4 W 645/12, GuG 2014, 51: Für die Besorgnis der Befangenheit ist nicht erforderlich, dass der vom Gericht beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder dass das Gericht Zweifel an seiner Unabhängigkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit. Dieser Anschein muss sich auf Tatsachen oder Umstände gründen, die von Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Dabei sind die Ablehnungsgründe in ihrer Gesamtheit zu würdigen. In Zweifelsfällen ist im Sinne einer Stattgabe des Befangenheitsgesuches zu entscheiden. (ebenso BVerwG 3.6.2014 - 2 B 105.12, www.bverwg.de: Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der »böse Schein«, d.h. der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität; entscheidend ist, ob der beanstandete Umstand für einen verständigen Verfahrensbeteiligten Anlass sein kann, an der persönlichen Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu zweifeln.) OLG München 31.3.2014 - 10 W 32/14, DAR 2014, 273: Weil es auf die vernünftige Betrachtung der Verfahrensbeteiligten ankommt, ist ohne Bedeutung, ob der Sachverständige sich für befangen hält. (Anmerkung des Verfassers: Deshalb ist für die richterliche Entscheidung ohne Bedeutung, ob der Sachverständige sich für befangen hält; die Entscheidung über die Befangenheit betrifft nämlich eine vom Richter eigenständig zu beantwortende Rechtsfrage.) 3.1. Persönliche Gegebenheiten des Sachverständigen 3.1.1. Grundsätze OLG Oldenburg 28.2.2005 - 5 U 170/05, ZMGR 2005, 119: Das Ablehnungsrecht steht nur der Partei und nicht ihrem Prozessbevollmächtigten zu, sodass es auf das Misstrauen des Rechtsanwaltes grundsätzlich nicht ankommt. Eine Ausnahme ist aber zu machen, wenn sich zwischen dem Sachverständigen und dem Rechtsanwalt bestehende Spannungen zum Nachteil einer Partei auswirken können und die Partei konkreten Anlass zu der Besorgnis hat, der Sachverständige werde sein persönliches Verhältnis zu ihrem Prozessbevollmächtigten nicht hinreichend von dem konkreten Rechtsstreit trennen können. (ebenso OLG Brandenburg 7.7.2009 - 12 W 25/09, IfS Informationen 04/2010, 18) OLG Düsseldorf 10.8.2006 - 2 U 120/02, DS 2007, 355: Gehören der gerichtliche Sachverständige und der gesetzli- | 6 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 che Vertreter einer Prozesspartei einer größeren Anzahl von Gremien an, die erwarten lassen, dass beide Personen häufig zusammentreffen, kann aus Sicht der anderen Partei Befangenheit gegeben sein. BayVGH 17.1.2008 - 21 B 06.1389, www.juris.de: Die Ablehnung von Organen und einzelnen Mitgliedern öffentlich-rechtlicher Körperschaften, zu deren gesetzlich bestimmten Aufgaben die Gutachtener stattung gehört, ist unzulässig. (ebenso OLG Oldenburg 9.12.1991 - 12 WF 138/91, FamRZ 1992, 451: Der Gutachterausschuss der §§ 192 f. BauGB als neutrale Fachbehörde und seine einzelnen Mitglieder können nicht als befangen abgelehnt werden; beruht das Gutachten des Gutachterausschusses auf einseitigen Informationen, ist es zu ergänzen, bei schweren Gesetzesverletzungen hat das Gericht einen anderen Sachverständigen mit der Nachbegutachtung zu beauftragen.) OVG Lüneburg 9.5.2008 - 1 OB 87/08, BauR 2008, 1441: Soweit den Landwirtschaftskammern gesetzlich die Aufgabe zugewiesen ist, u.a. Gerichte in Fachfragen der Landwirtschaft durch Erstattung von Gutachten zu unterstützen (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 12 LwKG ND), kann sie nicht generell für befangen erklärt werden, weil sie »verlängerter Arm der Landwirtschaft« sei; eine Ablehnung darf nämlich nicht mit einer gesetzgeberischen Aufgabenzuweisung konfligieren. (Kraft spezieller gesetzlicher Bestimmungen können diverse Körperschaften und Ausschüsse – z.B. die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Landwirtschaftkammern, das Deutsche Patentamt, die Notarkammern, die Vorstände der Rechtsanwaltskammern, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Steuerberaterkammern, die Kammern für Heilberufe, die Architektenkammern, die Gesundheitsämter, das Landeskriminalamt und die Landeskriminalämter, die Bundesbank, die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung sowie die Materialprüfungsämter der Länder, die Staatsarchive und auch die Gutachterausschüsse nach dem BauGB – zur Erstattung von gerichtlichen Gutachten he rangezogen werden (zu Details Ulrich Der gerichtliche Sachverständige 12. A. 2007 Rdn. 95 ff.). Nach ganz allgemeiner Meinung können diese nicht als befangen abgelehnt werden (PG/Katzenmaier ZPO 6. A. 2014 § 406 Rdn. 4 m.w.N.). Es ist streitig, ob die die jeweiligen gutachterlichen Äußerungen verfassenden Mitarbeiter dieser Körperschaften/Ausschüsse als befangen abgelehnt werden können. Dies wird von einigen verneint u.a. mit der Argumentation, dass diese Verfasser eben nicht die ernannten gerichtlichen Sachverständigen sind (OLG Köln 16.6.1980 - 7 W 16/80, BauR 1980, 588). Indes sind die Umstände, welche die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit rechtfertigen könnten, jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des eingeschränk ten Beweiswertes zu beachten, worauf die Partei und ihr Verfahrensbevollmächtigter das Gericht vorsorglich hinzuweisen haben.) OLG Koblenz 4.6.2008 - 1 Ws 276/08, RuP 2009, 57: Sachverständige im Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB (Prüfung, ob die weitere Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt werden kann) sind nur die vom Gericht mit der Erstellung des Gutachtens bestimmten Personen. Die im Maßregelvollzug tätigen Ärzte sind in diesem Sinne keine Sachverständigen; sie können deshalb auch dann nicht als befangen abgelehnt werden, wenn sie für die Vollzugsanstalt fachliche Stellungnahmen abgegeben haben. OLG Köln 4.12.2009 - 5 W 26/09, www.juris.de: Die mangelnde Ortsferne des gerichtlichen Sachverständigen stellt für sich genommen keinen Ablehnungsgrund gemäß § 406 ZPO dar; ein solcher kann sich im Arzthaftungsprozess aus persönlichen, geschäftlichen oder fachlichen Kontakten zwischen dem Sachverständigen und dem beklagten Arzt ergeben. OLG Celle 25.5.2010 - 13 Verg 7/10, IBR 2010, 527: Ob der Sachverständige tatsächlich befangen ist, ist ohne Belang; allein entscheidend ist, ob die zur Begründetheit der Befangenheit bekannt gegebenen Umstände vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. OLG Celle 8.8.2011 - 6 W 172/11, nicht veröffentlicht: Stand das Unternehmen, dessen geschäftsführender Gesellschafter der Sachverständige ist, in einer Geschäftsbeziehung auch zur Antragstellerin, kann dies die Befangenheit nur begründen, wenn es sich um nicht lange zurückliegende Auftragsverhältnisse handelt. Dass das Unternehmen des Sachverständigen im Auftrag eines Generalunternehmers vor mehr als zehn Jahren Arbeiten bei einer Partei ausgeführt hat, genügt nicht für die Annahme einer solchen Geschäftsbeziehung. OLG München 12.1.2012 - 1 W 2183/11, www.juris.de: Im Rahmen des Beruflichen bestehende Kontakte des Sachverständigen mit einer Partei oder ihrem Prozessbevollmächtigten können allein noch nicht bei einer vernünftigen Partei die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen; vielmehr müssen darüber hinausgehende persönliche oder enge fachliche Bindungen vorhanden sein. BGH 3.4.2012 - X ZR 67/09, NJW 2012, 1517: Ist einer Partei im Patentnichtigkeitsverfahren vor der Bestellung des gerichtlichen Sachverständigen Gelegenheit gegeben worden, zur fachlichen und persönlichen Eignung einer von der Gegenpartei vorgeschlagenen Person Stellung zu nehmen, und verfügt sie über keinerlei Informationen zur Person des Sachverständigen handelt sie schuldhaft, wenn sie, ohne zumindest einfache und ohne Weiteres mögliche Erkundigungen eingeholt zu haben, die Erklärung abgibt, gegen die als Sachverständigen vorgeschlagene Person bestünden keine Einwände. OLG Naumburg 2.5.2012 - 10 W 14/12, IBR 2012, 743: Eigene wissenschaftliche Veröffentlichungen des Sachverständigen im Themenbereich des Gutachtens oder des Verfahrens begründen für sich allein nicht die Besorgnis der Befangenheit; vielmehr müssen zusätzliche Umstände hinzutreten, die Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen aufkommen lassen können, etwa wenn diese | 7 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 wissenschaftliche Veröffentlichung die Unterstützung eines am Verfahren Beteiligten bezweckte. VGH München 22.8.2012 - 22 C 12.770, GuG 2013, 254: Ein gerichtlich mit der Überprüfung des Nachweises der besonderen Sachkunde eines Bewerbers um eine öffentliche Bestellung nach § 36 Abs. 1 S. 1 GewO beauftragter Sachverständiger kann nicht schon deshalb wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, weil er von einer anderen als der beklagten Bestellungskörperschaft öffentlich bestellt oder in deren Fachkommission für dasselbe Fachgebiet berufen worden ist. OLG Karlsruhe 6.11.2012 - 8 W 62/12, www.ibr-online.de: Stehen geschäftliche Beziehungen des Sachverständigen zu einer Partei im inhaltlichen Zusammenhang mit dem Rechtsstreit der Parteien, stellt dies regelmäßig einen hinreichenden Grund für die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit dar. Etwas anderes kann gelten, wenn der Sachverständige für beide Seiten und in beiderseitiger Kenntnis eingeschaltet war, um – zumindest auch – Grundlagen für eine einvernehmliche Regelung zu schaffen. BGH 23.10.2012 - X ZR 137/09, BauR 13, 137: Der Anschein nicht vollständiger Unvoreingenommenheit kann begründet sein, wenn der Sachverständige in einer wirtschaftlichen Verbindung zu einer der Parteien steht; hatte der nun gerichtlich bestimmte Sachverständige früher den Gutachtenauftrag eines Dritten erledigt, der damals in einem Beratungsverhältnis zu einer der Parteien stand, kommt Befangenheit nur unter engen Voraussetzungen in Betracht. OLG Naumburg 25.6.2013 - 10 W 6/13, BauR 2014, 324: Wie ein Richter kann grundsätzlich ein Sachverständiger von beiden Seiten wegen einer persönlichen oder geschäftlichen Nähe zu einer Partei abgelehnt werden. OLG Hamm 8.11.2012 - 32 W 24/12, IBR 2013, 114: Berufliche Kontakte zwischen einem gerichtlich beauftragten Sachverständigen und einer Person, die für eine Prozesspartei Leistungen, die in einem Zusammenhang mit dem im Rechtsstreit zu entscheidenden Sachverhalt stehen, erbracht hat oder nach wie vor erbringt, vermögen nicht ohne Weiteres die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen zu begründen; dies ist regelmäßig erst dann der Fall, wenn über derartige Kontakte hinausgehende enge fachliche und persönliche Beziehungen zwischen dem Sachverständigen und der Person bestehen, die für eine Prozesspartei derartige Leistungen erbracht hat oder erbringt. 3.1.2. Befangenheit verneint LSG Saarland 30.8.2004 - L 5 B 10/04 SB, www.juris.de: Der Umstand, dass der Sachverständige in einem früheren Rechtsstreit ein Gutachten, welches für eine der an dem jetzigen Verfahren beteiligten Partei nachteilig war, erstattet hat, reicht nicht als berechtigter Ablehnungsgrund. (ebenso LSG Berlin-Brandenburg 5.10.2011 - L 13 SF 359/11 B, www.juris.de; BayLSG 4.11.2013 - L 2 SF 124/13 B, www. juris.de) OVG NRW 9.3.2005 - 6 E 58/05, IBR 2005, 434: Der Umstand, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige nicht öffentlich bestellt und vereidigt ist, rechtfertigt alleine keine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit. OLG München 19.8.2005 - 1 W 2072/05, OLGR 2006, 135: Ein Sachverständiger ist noch nicht deshalb befangen, weil er früher einer Partei bei der Erstellung einer Monographie behilflich war. Ebenfalls lässt die Vorbefasstheit eines früheren Mitarbeiters des Sachverständigen mit der Sache nicht ohne Weiteres den Rückschluss auf Befangenheit zu. OLG München 27.10.2006 - 1 W 2277/06, NJW 2007, 1540: Kennt der Sachverständige eine Prozesspartei aus Begegnungen auf Fachkongressen, aus gemeinsamer Mitgliedschaft in Arbeitsgemeinschaften oder aus der Mitarbeit in Forschungsprojekten, macht ihn allein diese Bekanntschaft nicht befangen; denn nicht jeder geschäftliche oder persönliche Kontakt lässt bereits befürchten, dass ein Sachverständiger einen gerichtlichen Gutachtenauftrag nicht mehr objektiv und unvoreingenommen bearbeiten wird. OLG Düsseldorf 4.4.2007 - 5 W 1/07, GuG 2009, 188: Der Sachverständige ist nicht befangen, wenn er bereits in einer voraufgegangenen Instanz oder in einem anderen Verfahren ein Gutachten erstellt hat. OLG München 23.8.2007 - 1 W 1717/07, BeckRS 2007, 14746: Die in einer zahnärztlichen Berufsordnung niedergelegte Pflicht eines Zahnarztes zu kollegialem Verhalten gegenüber einem Berufskollegen rechtfertigt noch keine Ablehnung; denn eine standesrechtliche Berufsordnung kann nicht die Pflichten eines Sachverständigen außer Kraft setzen. BGH 18.9.2007 - X 81/06, DS 2008, 146: Die Tätigkeit für einen nicht am Verfahren beteiligten und auch nicht mit einem Verfahrensbeteiligten verflochtenen Konkurrenten rechtfertigt ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht die Besorgnis der Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen. BGH 23.10.2007 - X ZR 100/05, GRUR 2008, 191: Ein früheres Mandatsverhältnis des Sachverständigen zur Rechtsanwaltskanzlei einer Partei kann die Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich nur dann begründen, wenn es sich um eine gegenwärtige oder doch um eine nicht lange zurückliegende Mandatierung handelt. Der Umstand, dass der gerichtliche Sachverständige privat für einen nicht an diesem konkreten Verfahren als Partei oder Streithelfer beteiligten und auch nicht mit einem Verfahrensbeteiligten verflochtenen Konkurrenten arbeitet, rechtfertigt ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht seine Besorgnis der Befangenheit. OLG Stuttgart 19.12.2007 - 1 W 60/07, Ges R 2008, 424: Die Ablehnung eines medizinischen Sachverständigen als befangen ist nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil sowohl das Krankenhaus, in dem der Sachverständige als Chefarzt tätig ist, als auch das beklagte Klinikum akademische Lehrkrankenhäuser derselben Universität sind. | 8 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLG Oldenburg 10.1.2008 - 5 W 134/07, DS 2008, 147: Allein die Tatsache, dass der Sachverständige und der Beklagte jeder einen Lehrauftrag an derselben Hochschule wahrnehmen, führt nicht zu der Befangenheit des Sachverständigen. OLG Düsseldorf 18.8.2008 - 7 W 79/08, BauR 2009, 1636: Erstellt ein Sachverständiger lediglich vereinzelt private Gutachten für ein Tochterunternehmen einer Partei und erzielt er aus diesen Aufträgen weniger als 10 % seines Gesamtumsatzes, so genügt dies nicht zur Begründung seiner Befangenheit. Wird der gerichtlich ausgewählte Sachverständige oft von der Partei beauftragt, ergibt sich ausnahmsweise daraus noch keine Befangenheit, wenn dieser Sachverständige einer von nur vier in der Bundesrepublik Deutschland für dieses spezielle Sachgebiet (hier: Bergschäden) öffentlich und bestellten Sachverständigen ist; aus diesen privaten Beauftragungen kann insbesondere noch nicht geschlossen werden, dass der Sachverständige von dieser Partei wirtschaftlich abhängig ist. OLG Düsseldorf 17.10.2008 - 5 W 41/08, BauR 2011, 1206: Hat sich der zunächst gerichtlich beauftragte Sachverständige in rechtlich zulässiger Weise bei der Erstellung des Gutachtens einer Hilfskraft bedient und bestellt das Gericht nach Entpflichtung des ursprünglichen Sachverständigen diese Hilfskraft zum neuen Sachverständigen, kann ein Befangenheitsgesuch gegen diesen neuen Sachverständigen nicht erfolgreich auf den Vorwurf gestützt werden, er habe sich zuvor eine Sachverständigenstellung angemaßt. OLG Brandenburg 5.2.2009 - 12 U 33/07, IBR 2009, 744: Der Umstand, dass der Sachverständige in einem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren bereits in dieser Streitsache ein Gutachten erstellt hatte, vermag seine Ablehnung wegen Befangenheit nicht zu begründen. (ebenso OLG Frankfurt 2.7.2010 - 8 W 28/10, MDR 2011, 126) OLG Schleswig 21.4.2009 - 16 W 40/09, IBR 2009, 613: Es rechtfertigt nicht die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen, wenn er bereits für die Partei in einem anderen Rechtsstreit ein negatives Gutachten erstattet hat. BayVGH 15.6.2009 - 22 C 09.1146, BeckRS 2009, 36291: Wissenschaftliche Äußerungen oder öffentlich gebrachte Meinungen können für sich genommen kein Befangenheitsgrund sein. Das gilt auch für frühere gutachterliche Erklärungen, selbst wenn der Sachverständige darin die Lage in einem gleichgelagerten Prozess ungünstig beurteilt hat, soweit nicht zusätzlich ein einseitiges Vorgehen ersichtlich ist. OLG Brandenburg 7.7.2009 - 12 W 25/09, www.ibr-online. de: Allein daraus, dass der Prozessbevollmächtigte einer Partei in einem anderen Verfahren gegen den Sachverständigen vorgegangen ist, indem er mit der Begründung vermeintlicher Unfähigkeit des Sachverständigen bei der Bestellungskörperschaft angeregt hat, diesen von dort aus einer spe- ziellen Prüfung zu unterziehen, ergibt sich keine Befangenheit. LG Mannheim 24.7.2009 - 25 OH 1/09, IBR 2009, 745: War der von einer Partei vorgeschlagene und dann gerichtlich bestimmte Sachverständige zuvor in einem mit Beteiligung dieser Partei durchgeführten anderen Schiedsverfahren als Gutachter tätig, ist er auch dann nicht befangen, wenn er diesen Umstand nicht sogleich bekannt gegeben hat. LSG Baden-Württemberg 7.9.2009 - L 10 R 3976/09 B, BeckRS 2009, 72737: Ein zum gerichtlichen Sachverständigen ernannter Bediens teter eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung ist in Rechtsstreitigkeiten gegen einen anderen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht allein wegen dieses Dienstverhältnisses befangen. OLG Stuttgart 19.1.2010 - 1 W 5/10, VersR 2010, 499: Der Umstand, dass der gerichtliche Sachverständige Ärztlicher Direktor eines Krankenhauses ist, dessen Träger eng mit dem Krankenhaus zusammenarbeitet, an dem der Beklagte als Arzt arbeitet, begründet noch keine die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigenden Zweifel an seiner Unparteilichkeit. OLG Schleswig 3.6.2010 - 16 W 52/10, www.ibr-online.de: Ist der vorprozessual in der Sache von einer Partei eingeschaltete Sachverständige über eine bundesweite Sachverständigenorganisation nicht als Mitarbeiter, sondern bloß als Kooperationspartner des gerichtlichen Sachverständigen verbunden, ergibt dies noch keine Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen. BayVGH 22.6.2010 - 3 C 10.1227, BayVerwBl 2011, 122: Vertritt der Sachverständige in veröffentlichten Äußerungen deutlich eigene Standpunkte, kann daraus so lange kein Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit abgeleitet werden, wie er den Bereich der Sachlichkeit nicht verlässt. LSG Chemnitz 1.9.2010 - L 6 U 222/09 B, UV-Recht Aktuell 2010, 1149: Allein daraus, dass der gerichtlich hinzugezogene Sachverständige bisher ausschließlich Gutachten für Versicherungen erstellt hat, ergibt sich keine Befangenheit. (a.A. LG Köln 15.1.2004 - 23 T 1/04, DS 2005, 278: »Die Versicherungsgesellschaften beauftragen den Sachverständigen regelmäßig mit Gutachten, insbesondere dann, wenn die Versicherungsnehmer Gutachten vorgelegt haben, die ihren Anspruch stützen. Dabei gelangt der Sachverständige regelmäßig zu anderen, der jeweiligen Versicherung günstigen Ergebnissen. Deshalb beauftragt das Gericht den Sachverständigen überhaupt nicht mit Gutachten. In Fällen vorgerichtlicher Gutachten des Sachverständigen verwertet das Gericht diese auch nicht als Urkunden, sondern holt immer ein neues Gutachten ein.«) OLG München 9.9.2010 - 1 W 2022/10, www.ibr-online.de: Dass der beklagte Arzt einen anderen vom gerichtlichen Sachverständigen zunächst behandelten Patienten weiterbehandelt hat, ergibt ebensowenig die Befangen- | 9 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 heit des gerichtlichen Sachverständigen wie der Umstand, dass der gerichtliche Sachverständige sich in einem anderen Rechtsstreit ablehnend zu dem Behandlungsansatz dieses Beklagten geäußert hat. OLG Nürnberg 4.11.2010 - 5 W 1771/10, BeckRS 2010, 29848: Im Arzthaftungsprozess begründet es nicht die Besorgnis der Befangenheit eines medizinischen Sachverständigen, dass dieser als Arzt in einem – rechtlich selbstständigen – Universitätsklinikum tätig ist, wenn ein akademisches Lehrkrankenhaus der betreffenden Universität mit dem Krankenhaus, in dem die streitgegenständliche Behandlung stattgefunden hat, durch einen gemeinsamen Klinikträger verbunden ist. Dies gilt auch für leitende Ärzte des Universitätsklinikums, die zugleich Lehrstuhlinhaber an der betreffenden Universität sind. BayLSG 18.11.2010 - L 2 SF 179/10 B, BeckRS 2011, 69756: Eine Jahre zurückliegende Tätigkeit für eine berufsgenossenschaftliche Unfallklinik vermag ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen in einem Verfahren aus dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zu rechtfertigen. LSG NRW 19.1.2011 - L 19 AS 1913/10 B, www.justiz.nrw. de: Das nach der Aktenlage deutliche Interesse einer Partei, einen von ihr vorgeschlagenen Sachverständigen bestellen zu lassen, begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit gegen den vom Gericht bestellten anderen Sachverständigen. OLG Frankfurt 24.3.2011 - 3 W 69/10, www.ibr-online.de: Die gerichtliche Auswahl eines von einer Partei vorgeschlagenen Sachverständigen begründet nicht die Befangenheit dieses Sachverständigen. AG Geilenkirchen 14.4.2011 - 10 C 65/10, IfS Informationen 3/2012, 16: Die Behauptung einer Partei, dass die von dem Sachverständigen in anderen Verfahren erstatteten Gutachten im Ergebnis nicht zutreffend, seine Äußerungen zu knapp und deshalb unverständlich gewesen seien, berechtigt nicht Befangenheit dieses Sachverständigen. OLG Köln 25.5.2011 - 5 W 18/11, VersR 2012, 738: Der Einwand, ein medizinischer Sachverständiger sei allein deshalb befangen, weil er einer Universität angehöre, für die das beklagte Krankenhaus als akademisches Krankenhaus diene, kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn ein in dieser Sache früher bestellt gewesener gerichtlicher Sachverständiger deshalb nicht abgelehnt wurde. OLG Hamburg 9.6.2011 - 13 U 36/10, IBR 2011, 620: Macht der klagende Arbeitnehmer mit der Behauptung, der Generalunternehmer habe Sorgfaltspflichten missachtet und ihm dadurch Schaden zugefügt, Schmerzensgeldanspruch gegen den Generalunternehmer geltend, ist ein Mitarbeiter der für den Kläger zuständigen Unfallversicherung selbst dann nicht als Sachverständiger befangen, wenn die- ser Versicherung Regressansprüche gegen den Generalunternehmer zustehen können. LSG Sachsen-Anhalt 14.6.2011 - L 6 U 22/11 B, www.juris.de: Bei einem ausschließlich gutachterlich tätigen Sachverständigen, der in dem sozialgerichtlichen Verfahren nun den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach Arbeitsunfall feststellen soll, ergibt sich daraus, dass dieser vielfach von Versicherungsgesellschaften und Berufsgenossenschaften beauftragt wird noch keine Befangenheit; selbst das häufige Tätigwerden für den konkreten Prozessgegner des Klägers reicht für die Besorgnis der Befangenheit nicht aus, wenn insoweit eine wirtschaftliche Unabhängigkeit besteht. BayLSG 13.7.2011 - L 2 KR 37/11 B, BeckRS 2011, 76501: Für die Einstufung, ob Befangenheit des Sachverständigen vorliegt, ist ohne Bedeutung, dass dieser im Kreise seiner Berufskollegen mit der Form seiner Begutachtung nicht unumstritten ist; denn das Gericht kann die Auswahl von Sachverständigen nicht von der Akzeptanz als Gutachter im Kollegenkreis abhängig machen. BayLSG 20.7.2011 - L 2 SF 20/11 B, BeckRS 2011, 76502: Richtet sich die Klage gegen eine Berufsgenossenschaft (Anerkennung einer Berufskrankheit), ist der nicht in einem Anstellungsverhältnis zu der beklagten Berufsgenossenschaft stehende ärztliche Sachverständige nicht schon deshalb befangen, weil er in einem von einer anderen Berufsgenossenschaft getragenen Krankenhaus beruflich tätig ist. Anderes gilt in einem Streit nach dem Bundesversorgungsgesetz betreffend einen in der Versorgungsverwaltung tätigen Arzt, denn die Ärzte der Versorgungsverwaltung sind durch Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Rundschreiben des Bundesministers für Arbeit und Soziales auf eine einheitliche Verwaltungspraxis in gewisser Weise festgelegt. OLG München 11.8.2011 - 1 W 1385/11, www.juris.de: Ein lange – hier: 12 Jahre – zurückliegendes Arbeitsverhältnis bei einem nicht in den Rechtsstreit involvierten anderen Universitätsklinikum ist nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. OLG München 11.8.2011 - 31 Wx 294/11, IBR 2012, 54: Die Veröffentlichung eines Beitrags in einer Fachzeitschrift stellt keinen Grund dar, an der Neutralität des Sachverständigen zu zweifeln. Mit der Veröffentlichung eines Beitrags in einer Fachzeitschrift ist regelmäßig die Bereitschaft des Verfassers verbunden, sich einer auch kritischen Diskussion der von ihm dargestellten Thesen zu stellen. OLG Hamm 17.8.2011 - 32 W 15/11, MDR 2012, 118: Ist der Leiter einer medizinischen Fachabteilung des beklagten Klinikums erst mehrere Jahre nach der streitgegenständlichen ärztlichen Behandlung in seine Funktion gelangt und damit persönlich unter keinem Gesichtspunkt dem Vorwurf eines Behandlungsfehlers ausgesetzt, vermag auch seine auf übliche Kontakte des Sachverständigen auf Fachkongressen begründete persönliche oder fachliche Beziehung zu dem Sachverständigen keine Befangenheit zu rechtfertigen. | 10 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 LG Düsseldorf 22.11.2011 - 15 OH 11/09, BauR 2012, 988: Die Tatsache, dass der gerichtliche Sachverständige in der Vergangenheit mit dem Privatgutachter einer Partei mehrfach bei Schadensfällen zusammengearbeitet hat, rechtfertigt jedenfalls dann nicht die Besorgnis der Befangenheit, wenn auf diesem Spezialgebiet nur eine begrenzte Anzahl von Sachverständigen zur Verfügung steht. AG Neuss 6.12.2012 - 75 C 805/12, IfS Informationen 3/2013, 8: Die bloße Bekanntschaft des Sachverständigen mit einem der beteiligten - oder beiden - Verfahrensbevollmächtigten reicht zur Annahme der Befangenheit nicht aus; bei einem gerichtsbekannten Sachverständigen wäre äußerst unwahrscheinlich, wenn er Rechtsanwälte nicht kennt. OLG Stuttgart 11.4.2012 - 14 W 6/11, DS 2012, 319: Bei dem Sachverständigen, der von im vorletzten Jahr insgesamt 1608 erledigten Gutachten sieben und von im nachfolgenden Jahre insgesamt 1779 erledigten zwölf Gutachtenaufträge von dem beklagten (Kfz-)Versicherer erhielt, offenbart sich nicht eine derart enge wirtschaftliche Verflechtung, dass von Befangenheit betreffend einen Rechtsstreit ausgegangen werden kann, in dem dieser Versicherer Beklagter ist. Der Sachverständige ist nicht von vorneherein gehalten, eine solche geschäftliche Beziehung offenzulegen. OLG Köln 14.1.2013 - 5 W 43/12, VersR 2014, 480: Der medizinische Sachverständige, der im Prozess um die Fehlerhaftigkeit einer schönheitschirurgischen Maßnahme (hier: Nähte im Gesicht) ein Gutachten zu erstatten hat, erweckt nicht schon dadurch den Eindruck der Voreingenommenheit, dass er in seinem Internetauftritt darauf verweist, eine Facharztausbildung als plastischer Chirurg, (die der Beklagte nicht aufweist,) zu haben sowie mitteilt, denn dadurch stellt er nur heraus, dass eine langjährige praktische Erfahrung der Qualität der medizinischen Behandlung zugutekommt. OLG Köln 11.5.2012 - 7 W 10/12, IBR 2013, 1067: Nicht jeder geschäftliche oder persönliche Kontakt des Sachverständigen zu einer Partei lässt befürchten, dass ein Sachverständiger den gerichtlichen Auftrag nicht objektiv und unvoreingenommen bearbeitet; demgemäß ist eine Sachverständiger, der wertvolle kunsthistorische Güter, die im Zuge von Bauarbeiten beschädigt bzw. zerstört wurden, nicht deshalb befangen, weil er ehemals Leiter eines anderen Archivs war. OLG Stuttgart 11.6.2012 - 7 W 48/12, BauR 2012, 1692: Ein Befangenheitsgesuch gegen einen ursprünglich vom Gericht bestellten Sachverständigen, der aufgrund der Mitteilung seiner Arbeitsüberlastung entpflichtet und durch einen anderen Sachverständigen ersetzt worden ist, ist unzulässig; denn Befangenheit eines gerichtlich nicht mehr bestellten Sachverständigen ist nicht möglich. BGH 23.10.2012 - X ZR 90/10, www.bundesgerichtshof.de: Nimmt der Sachverständige einen Gutachtenauftrag von einem Dritten an, der seinerseits in einem Beratungsverhältnis zu einer Partei steht, kommt Befangenheit des Sachverständigen nur unter engen Voraussetzungen in Betracht; diese Voraussetzungen sind insbesondere nicht gegeben, wenn diese gutachterliche Beratung nur punktueller Natur und nicht auf Dauer angelegt war und dem gerichtlichen Sachverständigen zur Zeit der Annahme des Privatauftrages der Streit der Parteien nicht bekannt war. BayLSG 31.10.2012 - L 15 VJ 2/08, NZS 2013, 160: Die Vorstellung einer Partei, dass der in das Verwaltungsverfahren eingeschaltet gewesene und nun gerichtlich bestellte Sachverständige geneigt sein könnte, wider mittlerweile gewonnene bessere Überzeugung an dem Ergebnis seiner im Verwaltungsverfahren abgegebenen gutachterlichen Äußerung festzuhalten, nur um keinen Irrtum eingestehen zu müssen, enthält im Allgemeinen sicherlich nicht jede Realitätsnähe; Befangenheit ergibt sich erst, wenn individuelle Gegebenheiten betreffend die Person oder die Arbeitsweise dieses Sachverständigen hinzukommen, die Zweifel an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit begründen können. OLG Düsseldorf 5.2.2013 5.2.2013 - I-23 U 185/11, BauR 2013, 1283: Dass ein Sachverständiger nach Abschluss eines mit seiner gerichtlichen Einschaltung geführten selbstständigen Beweisverfahrens als Privatgutachter und Planer der Mängelbeseitigungsmaßnahmen für einen nur mittelbar Betroffenen (hier: den Bewohner der vom Werkmangel betroffenen Wohnung) tätig wird, begründet jedenfalls dann nicht seine Befangenheit, wenn er diesen Sachverhalt vorher offenlegt. BayLSG 16.5.2013 - L 2 SF 174/12 B, www.juris.de: Der Umstand, dass der gerichtliche Sachverständige private Gutachten auch für Berufsgenossenschaften erstellt, ist allein kein Befangenheitsgrund. OLG Stuttgart 10.10.2013 - 3 W 48/13, www.ibr-online.de: Die Zusammenarbeit des gerichtlichen Sachverständigen in anderen Angelegenheiten mit Verwandten einer Partei (hier: gelegentliche gegenseitige Beschaffung von Ersatzteilen für Landmaschinen bestimmter Hersteller betreffend den Vater einer Partei) begründet nicht ohne Weiteres seine Befangenheit. OLG Brandenburg 18.11.2013 - 11 W 47/13, www.juris.de: Daraus, dass der wirtschaftlich von dem gerichtlichen Sachverständigen beruflich unabhängige Sohn in derselben Sache ein Privatgutachten erstattet hat, ergibt sich keinen Befangenheit; auch daraus, dass der Sachverständige und sein Sohn in fachlicher Zusammenarbeit eine Software entwickelt haben und gemeinsam Forschungsthemen für ein Bundesministerium entwickeln ergibt sich keine Befangenheit. BayLSG 19.11.2013 - L 2 SF 121/12 B, www.juris.de: Der in einem Streit über Bezahlung von Behandlungskosten durch den Sozialversicherer gerichtlich benannte sozialmedizinische Sachverständige ist nicht deshalb befangen, weil er bis drei Jahre zuvor bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) beschäftigt war. LG Saarbrücken 17.1.2014 - 12 O 233/08, www.juris.de: Gehört das als Partei am Prozess beteiligte Unternehmen ei- | 11 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 ner Unternehmensgruppe an und hatte der Sachverständige in den zurückliegenden zwölf Jahren drei berufliche Kontakte zu diesem anderen Unternehmen mit ein Gesamtlohnvolumen von nur wenigen 100 €, ergibt dies keine Befangenheit. BayLSG 24.1.2014 - L F 2 SF 249/13 AB, BeckRS 2014, 67994: Ein Ablehnungsgrund betreffend den Sachverständigen kann sich nicht aus der Häufigkeit seiner Hinzuziehung durch dieses Gericht ergeben; eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Sachverständigen kann nur in seinem Verhältnis zu Privatpersonen nicht aber zu einem Rechtsprechungsorgan beachtlich sein. OLG Düsseldorf 10.3.2014 - I-26 W 16/13 (AktE), NZG 2014, 791: Die Mitwirkung des Sachverständigen in anderen Gerichtsverfahren gibt grundsätzlich selbst dann keinen Anlass zu einer Besorgnis der Befangenheit, wenn dieser andere Verfahrenseinsatz für den Sachverständigen arbeits- und zeitaufwändig ist. Eine zurückliegende private Beauftragung des Sachverständigen durch Verfahrensbeteiligte und / oder ihre Bevollmächtigten rechtfertigt nicht die Besorgnis der Befangenheit, solange nicht eine derartig enge geschäftliche Verbundenheit vorliegt, dass eine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht. Die unterlassene Anzeige einer solchen privatrechtlichen Tätigkeit kann daher auch nicht Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit begründen. (Anmerkung des Verfassers: Es erscheint jedenfalls für den gerichtlichen Sachverständigen riskant, diese in einem aktienrechtlichen Verfahren ergangene Entscheidung ohne Weiteres auch auf anderen Gebieten geführte Gerichtsverfahren zu beziehen; insoweit ist nämlich insbesondere die Regelung des für Beauftragungen ab dem 1.8.2013 geltenden § 8a Abs. 1 JVEG zu beachten, wonach der Sachverständige seinen Anspruch auf Vergütung verliert, wenn er »es unterlässt, der heranziehenden Stelle unverzüglich solche Umstände anzuzeigen, die zu seiner Ablehnung durch einen Beteiligten berechtigen«, wofür bereits leichte Fahrlässigkeit des Sachverständigen genügt; jedem Sachverständigen ist unbedingt anzuraten, frühere Kontakte mit Verfahrensbeteiligten dem Gericht sogleich nach seiner Heranziehung umgehend und unmissverständlich - schriftlich - mitzuteilen und mit seiner Weiterarbeit auf die richterliche Antwort zu warten.) LG Münster 28.3.2014 - 5 T 87/14, BeckRS 2014, 09714: Wird in dem Rechtsstreit um die Abrechnung nach GOÄ gestritten und rechnet der eingeschaltete Sachverständige seine sonstige private ärztliche Betätigung nach GOÄ ab, kann die nicht für eine Ablehnung als befangen reichen; denn es ist praktisch unmöglich, einen geeigneten Sachverständigen zu finden, der einerseits die notwendige Kompetenz hat und mit der Abrechnung nach GOÄ vertraut ist, andererseits aber selbst nicht nach GOÄ abrechnet. SG Aachen 22.8.2014 - S 6 SF 61/14, www.jusitz.nrw.de: Daraus, dass sich auf der Internethomepage des gerichtlichen Sachverständigen betreffend die von ihm geführte Arztpraxis das DGUV-Logo (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. = gemeinsamer Spitzenverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, der Unfallkassen und Gemeindeversicherungsverbände) befindet, ergibt sich in einem über die Folgen eines Arbeitsunfalls geführten sozialgerichtlichen Verfahren keine Befangenheit; diese Abbildung des Logos offenbart bloß, dass der Sachverständige betreffend seine sonstige Betätigung durch Verwaltungsakt des DGUV als Durchgangsarzt zugelassen wurde und damit für die (Erst-)Behandlung von Arbeitsunfällen qualifiziert ist; eine wie auch immer geartete Weisungsabhängigkeit oder besondere Nähe dieses Sachverständigen zur DGVU ist mit der Zulassung zum Durchgangsarzt nicht verbunden und mit seiner Verwendung des Logos auch nicht impliziert. 3.1.3. Befangenheit bejaht OLG München 21.6.2001 - 1 W 1161/01, MDR 2002, 291: Besorgnis der Befangenheit ist berechtigt betreffend einen Landesbeamten (hier: leitender Arzt einer Universitätsklinik), der in einem Zivilprozess, in dem es um die behauptete Fehlerhaftigkeit der Arbeit eines anderen Landesbeamten (hier: Arzt in einem anderen Landeskrankenhaus) desselben Bundeslandes geht, zum gerichtlichen Sachverständigen bestimmt wird; die gesetzliche Gewährleistung der Weisungsfreiheit bei der Erstellung eines Gutachtens durch einen Universitätsprofessor genügt nicht, um die Besorgnis der Prozesspartei auszuräumen; denn die Problematik der Beziehung zwischen Sachverständigem und Partei besteht in sublimen Formen der Rücksichtnahme des Sachverständigen auf seinen Dienstherrn. (ebenso OLG Nürnberg 29.9.2005 - 5 W 1834/05, MDR 2006, 469) OLG München 24.3.2005 - 29 W 2908/04, Magazindienst 2005, 674: Bei einer Person, die umfangreiche Beratungstätigkeiten auf den Gebieten von Marketing und Entwicklung bestimmter spezieller Produkte (hier: Medizinprodukte) ausübt, kann Befangenheit angenommen werden, wenn diese als gerichtlicher Sachverständiger in einem Wettbewerbsprozess Angaben zu der Wirkungsweise eines zu derselben Branche gehörigen Produktes machen soll (hier: Wirkungsweise eines Magnetpflasters, das mittels Aufkleber zur Bekämpfung von Krankheiten auf der Haut befestigt wird). OLG Celle 22.5.2006 - 1 W 5/06, MedR 2007, 229: Aus Sicht der verständigen Partei liegen begründete Zweifel an der Unvoreingenommenheit des gerichtlichen Sachverständigen in einem Arzthaftungsprozess vor, wenn der Sachverständige einräumt, mit dem beklagten Arzt nicht nur im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen oft zusammengetroffen zu sein, sondern mit ihm auch sonst im Rahmen »kollegialer Zusammenarbeit« (mit Duzverhältnis) verbunden zu sein; diese gilt insbesondere dann, wenn der Sachverständige das Kollegialitätsverhältnis erst auf eingehende Nachfrage der Partei »scheibchenweise« offenbart. (ebenso LG Münster 9.8.2006 - 11 O 1027/06, MedR 2007, 229) LG Karlsruhe 30.10.2006 - 1 T 36/06, VersR 2007, 226: Erteilt das Gericht den Sachverständigenauftrag einem Unternehmen und überlässt es diesem auch die Auswahl des konkreten Bearbeiters, bewirkt der Umstand, dass dieses | 12 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Unternehmen bei der Erhebung des Bundesverbandes der Autovermieter mitgewirkt hat, welche der generellen Rechtfertigung sog. Unfallersatztarife dient und seitens der Autovermieter regelmäßig den Gerichten vorgelegt wird, wegen des Eindrucks der Zugehörigkeit zum Lager der Autovermieter die Befangenheit. Ohne Bedeutung ist, dass der konkrete Bearbeiter an der Erhebung nicht persönlich mitgewirkt hat. OLG München 18.12.2006 - 9 W 2732/06, IBR 2007, 110: Ein Sachverständiger kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn er Mitgeschäftsführer eines Unternehmens ist, das mit demselben Rechtsanwalt zusammenarbeitet, der auch einen Prozessbeteiligten vertritt. OLG Oldenburg 28.6.2007 - 5 W 77/07, MDR 2008, 44: Besteht oder bestand zwischen dem im Haftungsprozess in Anspruch genommenen Arzt und dem gerichtlichen Sachverständigen eine intensive ärztliche Zusammenarbeit der Art, dass dieser Arzt über viele Jahre fortlaufend Patienten mit speziellen Erkrankungen zur Operation an den Sachverständigen überwiesen hat, ist dieser Umstand aus der Sicht des Patienten geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. BGH 24.7.2007 - X ZR 1/06, BeckRS 2007, 384: Ist in dem Rechtsstreit ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beteiligt, den der Sachverständige in einem eigenen Rechtsstreit aktuell selbst mandatiert hat, liegt Befangenheit vor. OLG Stuttgart 22.10.2007 - 1 W 51/07, GesR 2008, 424: Auch wenn die Tätigkeit des Sachverständigen als Chefarzt einer Klinik tatsächlich mit keiner über die üblichen beruflichen Kontakte hinausgehenden Zusammenarbeit mit den Beklagten zu 2 bis zu 4 verbunden ist und sich die Beziehung des Sachverständigen zum Beklagten zu 1 im Wesentlichen auf die Ausbildung und Prüfung von Studenten beschränkt, erweckt allein die Bezeichnung »akademisches Lehrkrankenhaus der Universität« objektiv den Anschein einer ständigen und engen beruflichen Kooperation bzw. vertraglichen Beziehung und rechtfertigt ein Ablehnungsgesuch; denn für die erfolgreiche Ablehnung genügt, dass aufgrund bestimmter Tatsachen der objektive Anschein der Parteilichkeit besteht. OLG Frankfurt 28.12.2007 - 10 W 63/07, GuG 2009, 189: Ein über bloße Kollegialität hinausgehender Kontakt des gerichtlichen Sachverständigen zu dem von einer Prozesspartei in diesen Rechtsstreit eingeschalteten Privatsachverständigen (beide haben als Mitautoren in einem Fachbuch dasselbe Kapitel bearbeitet und referieren alternierend für den Deutschen Anwaltverein über dasselbe Thema) begründet Befangenheit. (ebenso BGH 11.6.2008 - X ZR 124/06, IBR 2009, 53) LG Kiel 24.2.2009 - 11 O 43/06, IBR 2009, 300: Das Aufführen von nur zwei Rechtsanwaltskanzleien auf der Webseite eines Sachverständigen enthält eine positive Bewertung ihrer fachlichen Eignung im Vergleich zu anderen Anwälten; deshalb kann eine Partei nachvollziehbar die Befürchtung haben, dass der Prozessvortrag ihrer Rechts anwälte, die sich nicht derselben fachlichen Wertschätzung durch den Sachverständigen erfreuen, nicht mit dem gleichen Gewicht von dem Sachverständigen zur Kenntnis genommen wird. LG Traunstein 10.6.2009 - 3 T 1724/09, DS 2010, 326: Hält der mit der Prüfung der Richtigkeit der Honorarrechnung gerichtlich beauftragte Sachverständige an derselben Universität, der die Honorar einklagende Partei zugeordnet ist, Studentenkurse und Vorlesungen ab, ist er befangen. LG Bochum 7.8.2009 - 10 S 15/08, DS 2010, 36: Verweist der in einem auf Beklagtenseite mit Beteiligung eines Versicherers geführten Rechtsstreit eingesetzte gerichtliche Sachverständige in seiner dem Gutachten als Anlage beigefügten Korrespondenz auf seine Homepage, auf der er sich sehr kritisch mit dem Verhalten von Versicherern auseinandersetzt (»Insbesondere das Schadensmanagement vieler Versicherer soll hier eingehend beleuchtet werden, das einzig und allein dem Ziel dient, diesen Versicherungen mehr Profit zu ermöglichen; fast immer natürlich zu Lasten der Geschädigten.«), genügt dies für sein Ausscheiden als befangen. OLG Jena 3.9.2009 - 4 W 373/09, BauR 2010, 123: Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen kann sich aus einer besonderen beruflichen Nähe (mehrjährige Mitarbeit) zu einer Partei ergeben; für das Vorliegen der Befangenheit spricht insbesondere, dass der von dieser Partei vorgeschlagene Sachverständige seine berufliche Nähe nicht sogleich offenbart hat. OLG Naumburg 13.11.2009 - 10 W 64/09, GesR 2010, 203: Im Arzthaftungsprozess kann Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen aus seiner Funktion als Chefarzt eines akademischen Lehrkrankenhauses des beklagten Universitätsklinikums abgeleitet werden. OLG Stuttgart 1.12.2009 - 6 U 248/08, IBR 2010, 1213: Kommt in Betracht, dass der streitige Mangel eines Kraftfahrzeugs auf dem Defekt eines elektronischen Bauteils beruht, ist ein Mitarbeiter des Herstellers selbst dann befangen, wenn aufgrund diverser Unternehmensverkäufe der Rechtsträger des Herstellers mehrfach gewechselt hat. LG Stuttgart 22.12.2009 - 22 O 11/09, IBR 2010, 1055: Eine Tatsache, die für sich genommen, die Besorgnis der Befangenheit nicht begründet (hier: Tätigkeit bei einer Partei vor über 40 Jahren), wird dann zu einem Ablehnungsgrund, wenn der Sachverständige auf diese Tatsache nicht oder nicht rechtzeitig hinweist. LG Dortmund 18.2.2010 - 4 O 307/07, nicht veröffentlicht (bestätigende Beschwerdeentscheidung: OLG Hamm 3.5.2010 - 1 W 40/10, nicht veröffentlicht): Haben der im Jahre 2009 beauftragte gerichtliche Sachverständige und der auf Haftung in Anspruch genommene Arzt in den Jahren 1991 bis 1995 an demselben Universitätsklinikum jeder als Oberarzt unter der Leitung eines nicht an dem Rechtsstreit beteiligten Arztes zusammengearbeitet, ergibt sich Befangenheit auch nicht daraus, dass der gerichtliche Sachverständige diesen Umstand nicht sogleich | 13 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 nach der Beauftragung, sondern erst während seiner gutachterlichen Bearbeitung offenbart hat. sen werden, dass ein vorheriger Privatgutachter dazu neigt, die Erwartungen seines Auftraggebers zu bestätigen. LG Wiesbaden 2.6.2010 - 14 OH 71/08, nicht veröffentlicht: War in einem vorangegangenen Verfahren der gegen den nun gerichtlich beauftragten Sachverständigen gekommene Ablehnungsantrag der Partei erfolgreich und hat das nun mit Beteiligung derselben Partei laufende Verfahren einen diesem früheren Verfahren sehr ähnlichen Sachverhalt, kann diese Partei in dem neuen Verfahren den Sachverständigen erfolgreich ablehnen. OLG Nürnberg 22.8.2012 - 13 W 764/12, IBR 2012, 617: Zweifel an der Unparteilichkeit des gerichtlichen Sachverständigen sind gegeben, wenn die Gefahr besteht, dass ein Gutachten die Richtigkeit der Tätigkeit eines Prüfingenieurs in Frage stellt, der mit ihm als Mitgesellschafter ein Ingenieurbüro betreibt; darauf, ob dieser Prüfingenieur selbst am Verfahren beteiligt ist oder ob ihm Schadensersatzansprüche drohen, kommt es nicht an. OLG München 8.11.2010 - 1 W 2337/10, www.ibr-online.de: Hat der gerichtliche Sachverständige bei einer Partei seine Facharztausbildung absolviert und veröffentlichen der Sachverständige und die Partei gemeinsame Texte, ist Befangenheit gegeben. OLG Koblenz 24.1.2013 - 4 W 645/12, GuG 2014, 51: Hebt ein medizinischer Sachverständiger auf seiner Homepage seine Patientennähe besonders hervor und betont er massiv seine kritische Distanz zu Klinikbetreibern, kann dies in Gerichtsverfahren mit Beteiligung von Klinikbetreibern seine Befangenheit begründen. OLG Stuttgart 13.7.2011 - 5 W 21/11, DS 2012, 44: Führt die auf Schadensersatz in Anspruch genommene Vermieterin in ihrer sonstigen Eigenschaft als Gemeinde zur Gewährleistung von Installationsarbeiten in ihrem Versorgungsgebiet ein »Installateurverzeichnis«, in das der gerichtliche Sachverständige eingetragen ist, besteht Veranlassung für die Annahme von Befangenheit dieses Sachverständigen in dem Mietrechtsstreit, wenn gemäß gesetzlicher Regelung nur solche Personen in dieses »Installateurverzeichnis« eingetragen werden können, deren Qualifikation die Gemeinde konkret geprüft hat. OLG Naumburg 12.9.2011 -10 W 49/11, IBR 2012, 1099: Ist streitig, ob die Bodenwertermittlungen eines Gutachterausschusses fehlerhaft sind, darf kein für diesen Gutachterausschuss tätiger Sachverständiger als gerichtlicher Sachverständiger bestellt werden, auch wenn dieser durch seine Tätigkeit bereits Vorkenntnisse hat und in seiner Tätigkeit unabhängig und weisungsfrei ist; geschieht dies dennoch, ist seine Ablehnung als befangen durch die Partei begründet. OLG Karlsruhe 8.3.2012 - 13 W 13/12, GesR 2012, 422: Geschäftliche Kontakte zwischen dem Labor, dessen technischer Leiter der gerichtlich bestellte Sachverständige ist, und den Firmen aus dem Konzern der Beklagten sind in ihrer Gesamtheit bei einer besonnenen Partei Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Sachverständigen in einem Rechtsstreit über die Fehlerhaftigkeit einer Hüftgelenkprothese zu begründen. OLG Karlsruhe 28.3.2012 - 4 W 14/12, GesR 2012, 476: Hat der gerichtliche Sachverständige eine Partei in jüngerer Zeit unentgeltlich beraten, erweckt dies den Anschein nicht vollständiger Unvoreingenommenheit; Unentgeltlichkeit ist nämlich im Rahmen eines professionellen Kontaktes durchaus ungewöhnlich und zeugt von einer besonderen Nähe bzw. Verbindung. OLG Oldenburg 12.7.2012 - 2 W 38/12, IBR 2012, 616: Ein Sachverständiger kann als befangen abgelehnt werden, wenn er bereits vorprozessual in derselben Sache für eine Partei als Privatgutachter tätig war und dies nicht offenbart; denn erfahrungsgemäß kann nicht ausgeschlos- LG Kiel 7.2.2013 - 11 O 109/08, IBR 2013, 1185: War der gerichtlich bestellte Sachverständige in anderer Sache als Schiedsgutachter tätig und erstattete der Geschäftsführer der Klägerin in dieser anderen Sache ein Gegengutachten, welches dann zu der Nicht-Akzeptierung des Schiedsgutachtens führte, steht aus Sicht der Klägerin zu befürchten, dass der Sachverständige ihr und insbesondere ihrem Geschäftsführer nicht wohlgesonnen ist; das Ablehnungsgesuch der Klägerin ist damit begründet. LG Wiesbaden 22.3.2013 - 4 T 49/13, www.juris.de: Die Veröffentlichung von Beiträgen in einem Fachbuch durch den gerichtlichen Sachverständigen, in dem auch Vertreter des Prozess geg ners veröffentlicht haben, kann die Besorgnis der Befangenheit begründen. OLG Naumburg 25.6.2013 - 10 W 6/13, BauR 2014, 324: Eine Nähe, die eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt, kann darin liegen, dass der Sachverständige zur Zeit der Erbringung eines Teils seiner gutachterlichen Leistungen in einer Klinik derselben Unternehmensgruppe abhängig beschäftigt gewesen ist, zu der einer der Streitverkündeten gehört und bei der andere Streitverkündete abhängig beschäftigt sind. OLG Hamm 26.3.2014 - 32 W 6/14, www.justiz.nrw.de: Ist der in der Sache involvierte Privatgutachter der Sohn des geschäftsführenden Gesellschafter eines von Seiten des Gerichts als Gesellschaft bürgerlichen Rechts beauftragten Sachverständigenbüros und war oder ist er als angestellter Sachverständiger für dieses gerichtlich beauftragte Sachverständigenbüro tätig, kann das die Besorgnis der Befangenheit anderer in dem Sachverständigenbüro tätiger Sachverständiger begründen. Zweifel an der Unparteilichkeit der in dem Sachverständigenbüro tätigen Sachverständigen können insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn die für das Büro handelnden Gesellschafter den diesen gerichtlichen Gutachtenaufrag konkret bearbeitenden Sachverständigen bestimmen, ohne den Parteien zuvor die geschäftlichen Verbindungen zwischen dem Privatgutachter und dem gerichtlich beauftragten Sachverständigenbüro zu offenbarem. | 14 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 3.2. Umstände im Vorfeld des zu liefernden Gutachtens rens ohne Beteiligung des Gerichts und der Parteien gibt zur Befürchtung der Parteilichkeit des Sachverständigen Anlass. 3.2.1. Grundsätze OLG München 27.7.2005 - 1 W 1835/05, www.juris.de: Haben die Partei oder ihr Rechtsanwalt den gerichtlichen Sachverständigen zeitlich vor der gerichtlichen Hinzuziehung bei seiner beruflichen Standesvertretung wegen eines nicht mit dem Gegenstand des Rechtsstreits in konkretem Zusammenhang stehenden Umstandes angezeigt und ergibt sich nicht, dass diese Anzeige vor dem Hintergrund des dann geführten Rechtsstreits erfolgte, kann dies die Besorgnis der Befangenheit begründen. Kommt die Anzeige der Partei indes erst nach der gerichtlichen Beauftragung, ergibt sich Befangenheit erst bei Hinzutreten weiterer Befangenheitsumstände, denn andernfalls könnte die Partei die in erster Linie nur dem Gericht obliegende Auswahl steuern. LG Karlsruhe 27.7.2006 - 9 OH 7/03, DS 2008, 151: Der eigenmächtige Versuch des Sachverständigen, auf die klar über das konkrete Beweisthema hinausgehende Erweiterung des Beweis beschlusses hinzuwirken, rechtfertigt Zweifel an seiner Unparteilichkeit. OLG Düsseldorf 10.8.2006 - 2 U 120/02, DS 2007, 355: Der gerichtliche Sachverständige ist verpflichtet, das Bestehen von Beziehungen zu einer Prozesspartei, die geeignet sind, Bedenken gegen seine Unvoreingenommenheit zu wecken, auch dann mitzuteilen, wenn sie nach seiner Ernennung durch das Gericht entstanden sind; ob das Gericht ihn vorweg auf diese Mitteilungspflicht hingewiesen hat, ist ohne Bedeutung. (ebenso OLG Rostock 16.7.2008 - 2 W 31/08, IBR 2008, 695) 3.2.2. Befangenheit verneint OLG Köln 11.1.2008 - 4 WF 228/07, www.justiz.nrw.de: Behauptetes fehlendes Fachwissen des Sachverständigen rechtfertigt allenfalls die Einholung eines weiteren Gutachtens gem. § 412 ZPO, begründet aber ohne Hinzutreten neuer Umstände noch nicht die Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen nach § 406 ZPO. (ebenso BFH 20.8.2008 - II B 4/07, www.juris.de; BayLSG 1.9.2009 - L 2 SF 36/09 B, IBR 2010, 1243; BayLSG 20.5.2010 - L 2 R 62/10 B, BeckRS 2010, 72034) OLG München 13.5.2008 - W (K) 1026/08, nicht veröffentlicht: Daraus, dass der Sachverständige fünf Jahre vor seiner gerichtlichen Beauftragung einen Vortrag gehalten und darin eine bestimmte, auch von anderen Personen vertretene, in einem Zusammenhang mit dem späteren Rechtsstreit stehende rechtliche Auffassung vertreten hat, die nicht die der ihn nun als befangen ablehnenden Partei ist, ergibt sich keine Befangenheit. (ebenso LG München I 13.2.2008 - 1HK 19735/06, nicht veröffentlicht; OLG Frankfurt 11.8.2009 - 11 U 38/08 (Kart), nicht veröffentlicht; LG Hannover 15.9.2011 - 21 O 10/11, nicht veröffentlicht) AG Duisburg-Hamborn 28.9.2010 - 23 C 232/09, WuM 2010, 639: Allein der Umstand, dass der vom Gericht bestimmte Sachverständige von der Partei vorgeschlagen worden ist, berechtigt nicht zu der von der gegnerischen Partei formulierten Annahme, dieser Sachverständige sei »von dem Interesse geleitet, auch künftig von der Klägerin in zahllosen Mietprozessen ergebnisorientiert als Sachverständiger benannt und beauftragt zu werden« und deshalb befangen. 3.2.3. Befangenheit bejaht OLG Dresden 24.5.2006 - 7 W 690/06, VersR 2007, 86: Eine inhaltliche Kommunikation zum Beweisthema zwischen dem Sachverständigen und dem Verfahrensbevollmächtigten einer Partei außerhalb des Gerichtsverfah- OLG Celle 8.3.2007 - 6 W 1/07, BauR 2008, 134: Unterlässt es der gerichtliche Sachverständige, seinen als Helfer hinzugezogenen Mitarbeiter danach zu befragen, ob dieser geschäftliche Beziehungen zu den Parteien unterhält, ergibt sich die Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen jedenfalls dann, wenn solche geschäftlichen Beziehungen des Helfers gegeben sind. OLG Naumburg 28.11.2013 - 10 W 66/13, IBR 2014, 313: Es begründet die Besorgnis der Befangenheit, wenn der Sachverständige anregt, Beweis über eine - bis dahin vom Kläger nicht so behauptete - mögliche Pflichtverletzung des Beklagten zu erheben; ebenso wie ein Richter darf der gerichtliche Sachverständige nicht darauf hinwirken, dass eine Partei ihr Prozessziel auf einen anderen Tatsachenvortrag stützt. 3.3. Umstände während der gutachterlichen Betätigung 3.3.1. Grundsätze OLG Köln 10.5.2002 - 5 W 47/02, www.juris.de: Für Befangenheit ausreichende Voreingenommenheit des ärztlichen Sachverständigen ist anzunehmen, wenn dieser Sachverständiger, ohne sich einen eigenen Eindruck von der zu untersuchenden Person und den Besonderheiten des konkreten Falles gemacht zu haben, in der Sache festlegt und nicht mehr bereit ist, innerlich frei an die Beurteilung heranzugehen. Diese Gegebenheiten liegen nicht vor, wenn der Sachverständige gemäß den weiteren Angaben der ablehnenden Partei diese über eine Stunde lang eingehend untersucht hat. OLG München 20.6.2006 - 1 W 1727/06, DS 2007, 151: Verfahrensfehler des Sachverständigen können nur dann die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn sie nach Art oder Häufung den Eindruck einer sachwidrigen Voreingenommenheit erwecken; bei dieser Beurteilung dürfen nicht die engen Maßstäbe Anwendung finden, die für einen prozessgewandten Anwalt oder für einen Richter angemessen sind. | 15 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLG München 18.11.2011 - 1 W 1685/11, BeckRS 2011, 27039: Lässt der (hier: ärztliche) gerichtliche Sachverständige Untersuchungen durch Helfer durchführen, ergibt sich aus Äußerungen dieses Helfers gegenüber der untersuchten Partei (hier: diese solle sich nicht mehr operieren lassen, bei ihr seien keine Fehler passiert) keine Befangenheit des für die Gutachtenerstellung allein verantwortlichen gerichtlichen Sachverständigen. OLG Hamm 30.1.2012 - I-9 WF 56/11, Praxis Report extra 2012, 178: Der mit der Feststellung zu Fragen des Entzugs der elterlichen Sorge beauftragte gerichtliche Sachverständige, der nach Abschluss seiner Untersuchungen das Vorliegen einer akuten Kindeswohlgefährdung feststellt, welches einen Aufschub von Maßnahmen zum Schutz des Kindes bis zur schriftlichen Abfassung seines Gutachtens nicht gestattet, setzt sich nicht alleine dadurch dem Vorwurf der fehlenden Unvoreingenommenheit aus, dass er die zuständigen Behörden bereits vor Einreichung seines schriftlichen Gutachtens von der bestehenden Gefahrenlage in Kenntnis setzt mit dem Ziel, dass Maßnahmen zum Schutz des Kindes getroffen werden können; der Vorwurf der fehlenden Unvoreingenommenheit kann sich in einem solchen Fall aber da raus ergeben, dass der Sachverständige die von den zu treffenden Maßnahmen betroffenen Beteiligten des Verfahrens nicht zeitnah von seinem Vorgehen in Kenntnis setzt und dadurch verhindert, dass sie sich gegen die aufgrund der Mitteilung des Sachverständigen zu treffenden Maßnahmen angemessen zur Wehr setzen können. LSG Baden-Württemberg 25.6.2012 - L 8 SB 1449/12 B, NZS 2012, 880: Die Überschreitung des Gutachtenauftrags mit grober Verletzung der Privatsphäre des Untersuchten rechtfertigt grundsätzlich die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen (hier: behauptete Durchsuchung einer von der untersuchten Person mitgeführten Tasche). Dagegen begründet ein Verfahrensfehler des Sachverständigen bei der Durchführung der Untersuchung noch nicht die Besorgnis der Befangenheit, wenn der Fehler auf einer spontanen Entschließung des Sachverständigen beruht, die keine Rückschlüsse auf ein planmäßiges, nur gegen den Untersuchten gerichtetes Ermitteln zulässt (hier: Wiegen einer von der untersuchten Person gefüllt mitgeführten Tasche ohne Zustimmung der untersuchten Person im Zusammenhang der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens). 3.3.2. Befangenheit verneint FG München 18.10.2002 - 6 K 3964/95, www.juris.de: Der Parteivortrag, der Sachverständige habe das rechtliche Gehör verletzt, berechtigt keine Ablehnung, wenn die Partei von dem Sachverständigen mehrfach angebotene Besprechungstermine über die Ergebnisse seine Ermittlungen nicht wahrgenommen hat; Befangenheit des Sachverständigen ergibt sich auch nicht daraus, dass dieser eine Auskunftsperson gehört hat. OLG Brandenburg 8.1.2003 - 1 W 18/02, OLGR 2003, 194: Die Ablehnung eines medizinischen Sachverständigen we- gen der Besorgnis der Befangenheit ist nicht bereits deshalb begründet, weil der Sachverständige den Prozessgegner nicht von einem Termin zur ärztlichen Untersuchung einer Partei unterrichtet und der Sachverständige eigene Sachverhaltsermittlungen vorgenommen hat. OLG Celle 25.2.2004 - 16 W16/04, BauR 2004, 1186: Weil es allein Sache des gerichtlichen Sachverständigen ist, wie er den vom Gericht erteilten Auftrag methodisch und fachlich erledigt, kann eine nur ungeschickte Vorgehensweise des Sachverständigen einen Befangenheitsantrag nicht begründen. LSG Saarland 30.8.2004 - L 5 B 10/04 SB, www.juris.de: Meint die Partei, dass der gerichtliche Sachverständige bei der Erledigung der Untersuchung in einem übermäßigen Umfang in ihren rechtlich geschützten Bereich eingreift (»zu viele Röntgenaufnahmen«), rechtfertigt dies nicht die Ablehnung als befangen; die Partei ist hinreichend dadurch geschützt, dass sie ihre Beteiligung bei solcher Betätigung des Sachverständigen ablehnt. OLG Jena 14.12.2005 - 4 W 399/05, BauR 2006, 420: Der Verstoß des gerichtlichen Sachverständigen gegen seine sich aus § 407a Abs. 2 ZPO ergebende Pflicht, die Hinzuziehung Dritter bei der Erledigung seines Gutachtenauftrags zu offenbaren, rechtfertigt selbst dann nicht die Ablehnung wegen Befangenheit, wenn dieser Mitarbeiter wesentliche Teile des Gutachtens erarbeitet. OLG Köln 26.7.2007 - 2 W 58/07, OLGR 2008, 361: Eine besonders schnelle Erstattung des Gutachtens ist kein Grund für die Annahme der Befangenheit. (ebenso BayLSG 24.9.2013 - L 2 SF 98/13 B, www.juris.de: Aus der zügigen Abfassung des Gutachtens bereits am Tage nach der Untersuchung kann nicht auf eine Unparteilichkeit geschlossen werden; insoweit handelt es sich um einen persönlichen Arbeitsstil des Sachverständigen mit dem offensichtlichen Vorteil, dass der noch frische Eindruck aus der Untersuchung in das Gutachten einfließt.) BGH 12.9.2007 - 1 StR 407/07, NStZ 2008, 229: Es spricht nichts dafür, dass ein Sachverständiger zum Nachteil des Angeklagten voreingenommen ist, weil er beiläufig einer Exploration des Angeklagten diesem und dem Verteidiger erläutert, dass und warum ein bestimmtes Verteidi gervorbringen keinen Erfolg haben wird, und deshalb die Abänderung empfiehlt; wegen eines solchen Verhaltens kann er nicht erfolgreich vom Angeklagten als befangen abgelehnt werden. OLG Saarbrücken 17.10.2007 - 5 W 255/07, IBR 2008, 55: Bleibt der Sachverständige bei der Bearbeitung und der Beantwortung der Beweisfragen in den Grenzen des ihm erteilten Gerichtsauftrages und lässt er nachfolgende abweichende Anweisungen der Parteien außer Acht, liegt ein Grund für die Besorgnis der Befangenheit nicht vor. OLG Saarbrücken 30.1.2008 - 5 W 318/07, OLGR 2008, 435: Stellt der gerichtliche Sachverständige eigene Ermittlungen an, die das Gericht bei entsprechender Sachkunde von Amts wegen gemäß § 139 Abs. 1 ZPO (»materielle Prozess- | 16 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 leitung«) ebenfalls erörtert hätte, begibt sich dieser Sachverständige nicht außerhalb des unantastbaren Sachvortrages der Parteien und macht sich dadurch auch nicht befangen. LG Ansbach 11.7.2008 - 5 O 1578/00, nicht veröffentlicht (bestätigende Beschwerdeentscheidung: OLG Nürnberg 29.10.2008 - 2 W 1845/08, nicht veröffentlicht): Teilt der gerichtliche Sachverständige dem ihn beauftragenden Gericht sein Verständnis des Inhaltes der Beweisfragen mit und erklärt das Gericht dann sein Einverständnis mit dieser Interpretation des Sachverständigen, ergibt sich kein eigenmächtiges Überschreiten des gerichtlichen Auftrags im Sinne einer erkennbaren Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen. OLG Brandenburg 15.7.2008 - 11 W 24/08, DS 2008, 391: Fordert der Sachverständige ohne Beteiligung der anderen Partei, also auch ohne Vorweg-Mitteilung an diese, bei einer Partei Fotos an, um diese zu Illustrationszwecken, also bloß zur Darstellung des Parteivortrags, in das Gutachten aufzunehmen, ergibt sich daraus keine Befangenheit. LG Duisburg 13.3.2009 - 36 Ns 295 Js 748/03 198/08, JR 2009, 343: Ein Sachverständiger, der in einem Strafverfahren mit der Erstellung eines aussagepsychologischen Gutachtens beauftragt ist, kann nicht deswegen als befangen abgelehnt werden, weil er einen weiteren Sachverständigen in das Verfahren eingebracht und mit der Durchführung von Teilen der Begutachtung, insbesondere einer ersten Exploration, betraut hat, wenn die Hinzuziehung der Hilfsperson in Absprache und mit Billigung des Gerichts erfolgt ist. Ein Ablehnungsgrund ist auch nicht darin zu sehen, dass der Sachverständige im Eröffnungsverfahren eines anderen Verfahrens wegen unzulässiger Einvernahme von Zeugen und Kritik an einem Zweitgutachter als befangen angesehen wurde, wenn die Gründe, die zur Annahme der Befangenheit geführt haben, nicht mehr fortbestehen und für das gegenwärtige Verfahren nicht in gleicher Weise Geltung haben. (dazu kritisch Eisenberg JR 2009, 345) OLG Schleswig 30.6.2009 - 16 W 77/08, www.ibr-online.de: Eine Besorgnis der Befangenheit ergibt sich nicht allein da raus, dass der Sachverständige im Ortstermin mündlich eine vorläufige Einschätzung abgibt. LSG Bremen 20.11.2009 - L 2 R 516/09 B, BeckRS 2010, 65984: Die Befangenheit des Sachverständigen kann sich nicht da raus ergeben, dass er Angehörigen der von ihm zu untersuchenden Person nicht die Teilnahme an der ärztlichen Untersuchung gestattet. (ebenso LSG Berlin-Brandenburg 5.10.2011 - L 13 SF 359/11 B, www.juris.de) BayLSG 8.2.2010 - L 2 R 513/09 B, BeckRS 2010, 67976: Empfindet der Kläger, dem es um Rente wegen Erwerbsminderung geht, die von dem Sachverständigen im Rahmen der neurologischen Untersuchung durchgeführte etwa zweistündige Befragung als »Verhör in der Art einer Inquisition« und als »schulmeisterliches Verhalten«, ergibt sich allein daraus keine Befangenheit. Bestreitet der Sachverständige, erklärt zu haben, er sei »hier der Richter«, steht Aussage gegen Aussage, sodass Befangenheit nicht festgestellt werden kann. OLG Bremen 10.2.2010 - 2 W 3/10, IBR 2010, 302: Eine fachkundige Person, die vom gerichtlich bestellten Sachverständigen als Mitarbeiter nach § 407a Abs. 2 S. 2 ZPO herangezogen worden ist, ohne selbst vom Gericht beauftragt worden zu sein, kann nicht wegen Befangenheit abgelehnt werden. LSG Berlin-Brandenburg 17.2.2010 - L 31 R 1292/09 B, BeckRS 2010, 67412: Daraus, dass der psychiatrische Sachverständige der Ehefrau der von ihm zu untersuchenden Partei nicht gestattet, während der Exploration im selben Raum anwesend zu sein, ergibt sich kein Grund für eine Ablehnung; Befangenheit kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass der Sachverständige dieses Vorgehen nicht in seinem Gutachtentext vermerkt hat. OLG Naumburg 17.2.2010 - 10 W 13/10, DS 2011, 40: Ermittlungstätigkeit des gerichtlichen Sachverständigen begründet jedenfalls dann noch keine Befangenheit, wenn der Sachverständige in seinem Gutachten alle herangezogenen Quellen und die dabei gewonnenen Informationen offenlegt. Dass der Sachverständige es unterlassen hat, vor der Durchführung seiner Ermittlungen dieses weitere Vorgehen mit dem Gericht zu besprechen, ist zwar verfahrensfehlerhaft, macht ihn aber noch nicht befangen. VGH München 9.8.2010 - 3 C 10.1594, BeckRS 2011, 47829: Hat der gerichtliche Sachverständige davon abgesehen, zu der medizinischen Untersuchung einen Schriftdolmetscher beizuziehen, obwohl ihm medizinische Erklärungen dahin vorliegen, dass die zu untersuchende Person für Gespräche mit gleichzeitig mehreren Personen einen solchen Dolmetscher benötigt, ergibt sich auch dann keine Befangenheit, wenn die medizinische Untersuchung dieser Person mehrere Stunden gedauert hat. OLG Köln 23.2.2011 - 2 Ws 87/11, NStZ-RR 2011, 315: Hat der von der Strafvollstreckungskammer mit der Erstattung eines Prognosegutachtens beauftragte Sachverständige mit dem Verurteilten in einem Gespräch erörtert, was dieser im Falle einer Entlassung zu tun beabsichtige und aus welchem Grund bisher keine Lockerungen gewährt worden seien, und verwendet dieser Sachverständige dann im Gutachtentext die Formulierung »Einverstanden aufgrund eigener Untersuchung und Urteilsbildung«, begründet dies nicht die Besorgnis der Befangenheit dahin, dass der Sachverständige nicht die nötige Objektivität und Sorgfalt habe walten lassen. OLG München 11.8.2011 - 1 W 1385/11, www.juris.de: Die unmittelbare Beiziehung von Behandlungsunterlagen durch einen Sachverständigen ohne vorherige Einschaltung des Gerichts mag auch dann fragwürdig sein, wenn es sich um einen Drittbehandler und nicht den ver- | 17 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 klagten Arzt handelt; weil der sachverständige Arzt aber kein Jurist ist und an ihn nicht die Maßstäbe angelegt werden können, die für einen prozessgewandten Rechtsanwalt oder Richter angemessen wären, ist es hinnehmbar, wenn der Sachverständige, was aus seiner Sicht vernünftig und effizient erscheint, sich ihm erforderlich erscheinende Unterlagen unmittelbar verschafft. LSG Berlin-Brandenburg 5.10.2011 - 13 SF 359/11 B, www. juris.de: Der ärztliche Sachverständige, der sein auf Tonband aufgenommenes Gespräch mit der untersuchten Person wörtlich in Text überträgt und dabei die von der untersuchten Person gemachten sprachlichen Fehler nicht korrigiert, setzt diese Person nicht in einer Befangenheit begründenden Weise der Lächerlichkeit aus, sondern sichert sorgfältig die Befundtatsachen seiner gutachterlichen Untersuchungen. OLG München 16.11.2011 - 1 W 1720/11, BauR 2012, 547: Die Benutzung des für die Durchführung der Begutachtung benötigten (hier: Trocknungs-) Gerätes einer Partei durch den gerichtlichen Sachverständigen, der dieses Gerät vor dem Einsatz auf Funktionsfähigkeit überprüft hat, bewirkt keine Befangenheit. OLG München 26.3.2012 - 1 W 260/12, BeckRS 2012, 7281: Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen ergibt sich nicht daraus, dass der Sachverständige während eines laufenden Ablehnungsverfahrens intensiv an seinem Gutachten weiterarbeitet oder dies nicht tut; das in § 47 ZPO für den Richter betreffend den Lauf des Ablehnungsverfahrens normierte »Enthaltungsgebot« findet auf den Sachverständigen keine Anwendung. VG Köln 29.5.2012 - 7 K 3339/11, www.justiz.nrw.de: Teilt der gerichtliche Sachverständige betreffend ein mit dem Prozessbevollmächtigen zum Zwecke der Terminfindung geführtes Telefonat mit, er habe diesem Prozessbevollmächtigten seine beabsichtigte testpsychologische Zusatzuntersuchung durch einen anderen Sachverständigen angekündigt, woraufhin sich der Prozessbevollmächtigte »nicht einverstanden« erklärt habe, ergibt sich keine unrichtige und Befangenheit begründende Wiedergabe des Inhalts dieses Gesprächs daraus, dass dieser Prozessbevollmächtigte mitteilt, er habe in dem Telefonat »auf der persönlichen Untersuchung durch diesen Sachverständigen bestanden«. AG Krefeld 7.7.2012 - 12 C 172/11, IfS Informationen 5/2012, 8: Geht es um die Höhe der Vergleichsmiete betreffend ein Gebäude, dessen Alter zwischen den Parteien streitig ist, ergibt sich daraus, dass der Sachverständige von ihm namentlich nicht bekannt gegebene Nachbarn zu dem Alter befragt, jedenfalls dann nicht die Annahme einer Befangenheit, wenn der Sachverständige seine Vorgehensweise und das Ergebnis seiner Befragung (»nach Auskunft von Nachbarn«) in seinem Gutachtentext offenbart. LSG NRW 5.11.2012 - L 2 SB 320/12 B, www.justiz.nrw.de: Benutzt der Sachverständige betreffend die Arztauswahl der Partei die Formulierung »Arzthopping« und legt er zusätzlich nachvollziehbar dar, dass häufige Arztwechsel ein charakte- ristisches Merkmal einer Schmerzerkrankung ist, handelt es sich um einen sachbezogenen und nicht herabwürdigenden Begriff. Befangenheit ergibt sich auch nicht daraus, dass der Sachverständige nach der ärztlichen Untersuchung der Partei dieser gegenüber äußerte, es sei alles nicht so schlimm, nach ihr kämen nunmehr ernsthaft erkrankte Menschen. Diese Äußerung ergibt bloß die Wiedergabe der eigenen Meinungsbildung betreffend den Vergleich der Krankheitsschwere im Verhältnis zu anderen Personen. Anderes müsste gelten, wenn der Sachverständige diese Äußerung zeitlich vor der Untersuchung gebracht hätte. LSG Berlin-Brandenburg 22.11.2012 - L 13 SF 248/12 B AB, www.juris.de: In einem sozialgerichtlichen Verfahren sind die vom Sachverständigen vorzunehmende Eigenannamnese des Probanden und deren Dokumentierung zur Begutachtung unerlässlich, sodass der Sachverständige sich hierdurch nicht befangen machen kann. LSG Berlin Brandenburg 15.4.2013 - L 2 SF 79/13 B AB, www.juris.de: Der Sachverständige kann nicht bereits deshalb als befangen angesehen werden, weil er das Gericht um telefonische Rücksprache ersucht hat, insoweit handelt es sich um eine Ausgestaltung der üblichen Zusammenarbeit zwischen dem Sachverständigen und dem ihn hinzuziehenden Gericht. BayLSG 4.11.2013 - L 2 SF 124/13 B, www.juris.de: Der Sachverständige, der in einem die Gewährung von Verletztenrente zum Gegenstand habenden Rechtsstreit gerichtlich eingesetzt ist, macht sich nicht dadurch befangen, dass er die verletzte Klägerin unter Verwendung der Ausstattung desjenigen Krankenhauses untersucht, in dem sie im Zusammenhang mit der Betätigung als Küchenhilfe den Unfall erlitt. OLG Düsseldorf 10.3.2014 - I-26 W 16/13 (AktE), NZG 2014, 791: Die erklärte Absicht eines Sachverständigen, im Rahmen seiner Begutachtung auf die Unterstützung von Hilfskräften zurückzugreifen, stellt seine Unparteilichkeit nicht infrage. OLG Köln 19.3.2014 - 19 W 6/14, www.ibr-online.de: Erhebt der gerichtliche Sachverständige, der den Verdichtungsgrad und den Hohlraumgehalt einer verbauten Asphaltschicht zu begutachten hat, von sich aus, also ohne hierzu ausdrücklich richterlich beauftragt zu sein, bisher nicht vorgetragene Witterungsdaten, weil er die Auffassung vertritt, dass für die Beantwortung der Beweisfrage seine Kenntnis der Außentemperaturen zur Einbauzeit, also einbaubedingter Randbedingungen, erforderlich ist, ergibt sich daraus keine objektive Belastungstendenz einer Partei sondern allenfalls ein für die Frage der Befangenheit nicht relevanter Gutachtenfehler. 3.3.3. Befangenheit bejaht OLG Nürnberg 13.3.2006 - 5 U 3543/04, www.ibr-online.de: Die Ablehnung eines Sachverständigen ist begründet, wenn dieser ohne Ermächtigung durch das Gericht informationsbereite Dritte befragt, um sich die erforderlichen Anknüp- | 18 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 fungstatsachen zu verschaffen, und er nicht spätestens im Gutachten Umstände und Ergebnis der Befragung im einzelnen offenlegt. (ebenso OLG Koblenz 23.1.2012 - 4 W 13/12, nicht veröffentlicht: Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen liegt vor, wenn dieser sich Informationen von einer Partei besorgt und dies verheimlicht.) LG Wuppertal 22.6.2006 - 6 T 320/06, VersR 2007, 1675: Wenn der gerichtliche Sachverständige für seine Antwort auf die Frage nach dem Zustand eines bestimmten Gegenstandes nicht eine eigene Besichtigung vornimmt, sondern sich allein darauf beschränkt, den vorprozessual von einer Partei eingeschalteten Privatgutachter zu dem Zustand zu befragen, offenbart er seine Befangenheit selbst dann, wenn in dem Beweisbeschluss auf den Zeitpunkt der Begutachtung durch den Sachverständigen abgestellt worden ist. (zweifelnd Ulrich Selbständiges Beweisverfahren mit Sachverständigen, 2. A., 2008 Rdn. 115) OLG München 12.2.2007 - 1 W 818/07, DS 2007, 197: Allein wenn eine weitere Tätigkeit des Sachverständigen im Rechtsstreit ausgeschlossen ist, sind Befangenheitsgründe, die erst nach Abschluss der Tätigkeit des Sachverständigen entstanden sind, von vorneherein unbeachtlich. Äußert sich ein Sachverständiger vor Verfahrensbeendigung – anlässlich einer Fachtagung – einseitig zu dem Begutachtungsgegenstand, kann dies seinen Ausschluss wegen Befangenheit auslösen; dass er seine Erklärungen in einer vollständig anonymisierten Fassung bringt, befreit ihn nur von Konsequenzen wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht, verhindert aber nicht etwaige Befangenheit. (ebenso OLG Zweibrücken 14.1.2008 - 1 W 61/07, IBR 2008, 188) OLG Celle 15.5.2007 - 13 W 46/07, IBR 2007, 456: Der Sachverständige, der in einem von dem Bauherrn gegen den Architekten geführten selbstständigen Beweisverfahren gerichtlich eingesetzt worden ist, kann als befangen abgelehnt werden, wenn er den antragstellenden Bauherrn mehrfach auffordert, anstelle der begehrten Feststellung des Vorhandenseins von Baumängeln doch sofortige Beseitigung der Baumängel durch das Bauunternehmen zu veranlassen. OLG Düsseldorf 11.6.2007 - 21 W 19/07, DS 2008, 187: Die Ablehnung eines von dem gerichtlichen Sachverständigen hinzugezogenen Untersachverständigen kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn der gerichtliche Sachverständige die gutachterlichen Feststellungen dieses Untersachverständigen als seine gutachterliche Äußerung ohne erkennbare eigene Prüfung an das Gericht weiterleitet. OLG Schleswig 3.9.2008 - 16 W 91/08, IBR 2009, 1131: Zieht ein Sachverständiger bei der Vorbereitung seines Gutachtens lediglich eine der Parteien hinzu, gibt dies regelmäßig Anlass zur Besorgnis der Befangenheit. (ebenso OLG Karlsruhe 23.2.2010 - 14 W 37/09, IBR 2010, 1332) OLG Koblenz 8.12.2009 - 14 W 769/09, DS 2010, 157: Verstößt der Sachverständige gegen das Gebot, das Gutachten in eigener Person (= höchstpersönlich) zu erstatten, kann dies einen Grund zur Ablehnung des Sachverständigen darstellen. (a.A. OLG Jena 14.12.2005 - 4 W 399/05, IBR 2006, 1101; OLG Köln 24.2.2010 - 20 W 3/10, IBR 2010, 478: Verstößt der gerichtliche Sachverständige gegen das Gebot, das Gutachten höchstpersönlich zu erstatten, stellt dies keinen Grund zu seiner Ablehnung als befangen dar.) OLG Frankfurt 15.2.2010 - 8 W 7/10, MDR 2010, 652: Führt der ärztliche Sachverständige die ärztliche Untersuchung der Prozesspartei in Anwesenheit der gegnerischen Partei oder eines Dritten durch, ohne dazu vorher die Einwilligung der untersuchten Person einzuholen, informiert er ferner nicht die Verfahrensbevollmächtigten der untersuchten Person und auch nicht das Gericht von dem Untersuchungstermin, tauscht er sich zusätzlich während der Untersuchung mit dem gegnerischen Arzt oder seinem ärztlichen Bevollmächtigten fachlich aus, begründet dies in der Gesamtheit der Umstände seine Befangenheit. OLG München 14.6.2010 - 9 W 1335/10, nicht veröffentlicht: Der nachfolgend auf einen erfolgreich als befangen abgelehnten und aus dem Verfahren ausgeschiedenen Sachverständigen gerichtlich beauftragte neue Sachverstände macht sich befangen, wenn er von dem abgelehnten Sachverständigen die nicht in der Akte befindlichen Handaufzeichnun gen dieses abgelehnten Sachverständigen anfordert; dies gilt auch dann, wenn sich in der diesem nachfolgenden Sachverständigen übersandten Akte ein Schreiben des abgelehnten Sachverständigen befindet, aus dem sich ergibt, dass diese Handakten überreicht worden sind. OLG Stuttgart 4.8.2010 - 13 W 33/10, MDR 2011, 190: Ein Sachverständiger kann wegen Befangenheit abgelehnt werden, wenn er zur Vorbereitung seines Ortstermins mit der Gegenseite telefoniert und Unterlagen anfordert und dies nicht von sich aus, sondern auf Nachfrage des Gerichts erst im gerichtlichen Anhörungstermin offenlegt. (ebenso OLG Saarbrücken 28.7.2004 - 5 W 88/04, MDR 2005, 233; OLG Koblenz 23.1.2012 - 4 W 13/12, nicht veröffentlicht) OLG Hamm 2.9.2010 - 4 WF 111/10, FPR 2011, 50: Äußert der in einer Familiensache mit der Erstellung eines Gutachtens über die Erziehungsfähigkeit der Eltern beauftragte Sachverständige gegenüber dem Vater, dieser müsse sich schämen, er, der Sachverständige, werde sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass dieses Kind zu seiner Mutter wechseln könne, er könne nur an den Kindesvater appellieren, den Wechsel zu unterstützen, seine Empfehlung an den Kindesvater sei, das ganze Verfahren für erledigt zu erklären und den Antrag zurückzunehmen – dann sei Gerichtsruhe – und zu sagen: »Herr K, helfen Sie mir, mit meiner Ex-Frau und Mutter unseres Kindes einen glücklichen Weg zu finden.«, offenbart er seine Befangenheit. | 19 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 LG Kleve 6.10.2010 - 3 O 262/09, GesR 2011, 32: Bezeichnet der Sachverständige in einem Schreiben die Parteien als »Prozesshansel« und führt er zusätzlich aus, er erleide durch seine Betätigung in dieser Sache als gerichtlicher Sachverständiger einen den Prozessstreitwert übersteigenden finanziellen Verlust, offenbart er, dass er die Anliegen der Parteien nicht ernst nimmt und seine Gutachtertätigkeit nur als Belastung empfindet; das genügt für seine Ablehnung als befangen. LG Frankfurt 9.11.2010 - 2/18 O 475/08, zfs 2012, 148: Verschweigt der Sachverständige gegenüber einer Partei, dass er sich die Kenntnis der für sein Gutachten erforderlichen Tatsachen bei der anderen Partei verschafft hat, begründet dies die Besorgnis der Befangenheit. LSG NRW 2.11.2010 - L 8 R 921/10 B, BeckRS 2010, 75510: Der in einem Verfahren wegen Bewilligung einer Erwerbsrente bestellte Sachverständige verlässt den ihm durch die Beweisanordnung gesteckten Rahmen, wenn er mit dem Kläger in der Untersuchungssituation die Frage erörtert, ob die Einleitung oder Fortführung des Rentenverfahrens unter psychotherapeutischen Gesichtspunkten sinnvoll erscheint, dann legt er die seine Ablehnung als befangen begründende Besorgnis nahe, er werde seine Entscheidung von fachfremden, nämlich therapeutischen, Gesichtspunkten abhängig machen. OLG Köln 13.12.2010 - 11 W 83/10, IBR 2011, 1088: Führt der Sachverständige ein Telefonat mit einer Partei oder einer im Lager der Partei stehenden Person, kann dies Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn diese Gespräche nicht offengelegt werden oder in ihnen der Inhalt des noch zu fertigenden Gutachtens erörtert wird. BGH 14.4.2011 - 1 StR 458/10, wistra 2011, 335: Teilt der gerichtliche Sachverständige dem vom Angeklagten beauftragten Privatsachverständigen schriftlich mit: »In diesem Zusammenhang ist es vielleicht noch hilfreich zu wissen, dass Herr S. [Verteidiger des Angeklagten H.] früher durch Anlagebetrüger geschädigte Privatpersonen in Zivilverfahren vertreten hat, inzwischen jedoch die Seiten gewechselt hat und seit einiger Zeit potenzielle, zum Teil bandenmäßige Diamant-Anlagebetrüger verteidigt.«, ergibt sich aus diesen Formulierungen seine Befangenheit. OLG Naumburg 14.9.2011 - 4 WF 51/11, FamRZ 2012, 657: In Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, begründet der Umstand, dass der Sachverständige, ohne hierzu durch das Gericht gemäß § 163 Abs. 2 FamFG (Herstellung des Einvernehmens) beauftragt worden zu sein, die Begutachtung auf der Grundlage eines lösungsorientierten Ansatzes verfolgt, für diesen die Besorgnis der Befangenheit. OLG Koblenz 24.5.2012 -2 U 1179/09, MDR 2012, 994: Hat der Sachverständige von einer Partei ihm übergebene Unterlagen (Schriftverkehr, Arztberichte) verwertet und zum Gegenstand des Gutachtens gemacht, ohne den Erhalt dieser Unterlagen dem Gericht und der gegnerischen Partei unverzüglich vorab zu offenbaren, und ihr damit die Möglichkeit genommen, sich vor Abschluss des Gutachtens mit der umfangreichen Zusatzakte (hier: 316 Seiten) auseinan- derzusetzen und bestehende Einwände vorzutragen, stellt dies eine die Ablehnung als befangen rechtfertigende Verletzung des rechtlichen Gehörs der anderen Partei dar. OLG Stuttgart 14.1.2014 - 10 W 43/13, IBR 2014, 312: Ein Sachverständiger setzt sich der Besorgnis der Befangenheit aus, wenn er einer Partei nicht offenbart, dass er bestimmte Unterlagen für die Erfüllung seines Gutachtenauftrags von der anderen Partei herangezogen und, wenn auch nur zur Überprüfung der Prämissen seines Hauptgutachtens, verwertet hat. 3.3.4. Speziell: Ortstermin des Sachverständigen OLG Hamburg 26.6.1998 - 2 W 48/98, OLGR 1998, 422: Ein gerichtlicher Sachverständiger ist nicht ohne Weiteres deshalb befangen, weil er die von ihm zu treffenden Feststellungen in der Weise vorbereitet hat, dass er sich die für die Erstellung seines Gutachtens erforderlichen Kenntnisse ohne Anwesenheit der Parteien, wenn auch im räumlichen Bereich einer von ihnen, verschafft hat. LG Göttingen 20.8.1999 - 10 T 410/98, NdsRpfl 2000, 107: Holt ein gerichtlicher Sachverständiger die zu begutachtende Sache bei einer Partei ab, ohne der anderen Partei Gelegenheit zu geben, bei der Abholung anwesend zu sein, begründet dies allein noch nicht seine Ablehnung als befangen. LG Dessau 30.9.2003 - 4 O 401/03, WuM 2008, 304: Lehnt der gerichtliche Sachverständige den Antrag auf Verlegung des von ihm bestimmten Termins einer Ortsbesichtigung ab, weil er das Verfahren beschleunigen will, liegt jedenfalls dann keine Befangenheit vor, wenn sich seine Tätigkeit allein auf die Besichtigung der Örtlichkeit beschränken wird und insbesondere nicht erforderlich ist, die Parteien vor Ort zu befragen. (ebenso AG Rheinberg 31.8.2004 - 13 C 6/04, WuM 2004, 739) OLG München 4.7.2005 - 1 W 1010/05, VersR 2006, 1709: Die ärztliche Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen ist aus Gründen des gegenüber dem Teilnahmerecht höherwertigen Schutzes der Persönlichkeitsrechte grundsätzlich nicht parteiöffentlich, sodass die Nicht-Mitteilung des Termins dieser Untersuchung an Prozessparteien nicht Befangenheit rechtfertigt. (Gleiches gilt betreffend technische Untersuchungen durch den Sachverständigen, die dieser nur in Abwesenheit von Personen durchführen kann, oder betreffend die davon ausgegangen werden kann, dass bei der Partei kein Interesse an der Teilnahme besteht.) OLG Stuttgart 19.12.2005 - 3 U 28/05, MDR 2006, 889: Ein Sachverständiger macht sich nicht dadurch befangen, dass er mit der Partei, die den zu begutachtenden Gegenstand in ihrem Besitz hat, vereinbart, diesen Gegenstand zur Durchführung der Begutachtung an einem bestimmten Tag ihm anzuliefern, und diesen Termin nicht der anderen Partei vorweg mitteilt. OLG Naumburg 21.12.2005 - 10 W 71/05, BauR 2006, 1345: Erlangt ein gerichtlicher Sachverständiger im Rahmen des | 20 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Ortstermins Kenntnis von möglichen weiteren mangelhaften Bauleistungen einer Partei, die nicht Gegenstand des Verfahrens sind, und teilt er diesen Verdacht zur Akte mit, ergibt dies nicht Befangenheit. (zweifelnd Ulrich Selbständiges Beweisverfahren mit Sachverständigen, 2. A. 2008, Rdn. 121) OLG Koblenz 17.3.2006 - 4 W 128/0846, IBR 2006, 1498: Anhaltspunkte für Bedenken an der Unbefangenheit des gerichtlichen Sachverständigen ergeben sich nicht daraus, dass dieser während seiner unter widrigen Witterungsverhältnissen im Freien durchgeführten Ortsbesichtigung eine gemeinsame Aufwärmpause in einem nahen Bistro einlegt, zu der ihn trotz seiner Aufforderung nicht alle Parteivertreter begleiten. OLG Düsseldorf 20.3.2006 - 5 U 151/04, IBR 2006, 1499: Besichtigt der Sachverständige vorweg ein Referenzobjekt, stellt dies keinen Ortstermin des Sachverständigen dar, sodass den Parteien diese Besichtigung nicht vorweg mitgeteilt zu werden braucht und die Nichtmitteilung auch nicht Befangenheit rechtfertigt. OLG Nürnberg 4.7.2006 - 4 U 535/05, MDR 2007, 237: Das Unterlassen der Benachrichtigung beider Parteien von einer dann ohne die Parteien durchgeführten Ortsbesichtigung rechtfertigt nicht die Ablehnung des Sachverständigen, denn dadurch bevorzugt der Sachverständige keine Partei gegenüber der anderen. (ebenso OLG Karlsruhe 16.12.2008 - 8 W 57/08, BauR 2009, 551; OVG Mecklenburg-Vorpommern 22.4.2009 - 2 L 360/02, IBR 2010, 1060; OLG Frankfurt 7.12.2012 - 5 U 95/09, www.ibr-online.de) OLG Brandenburg 19.12.2006 - 12 W 26/06, www.juris.de: Aus Gründen der Missachtung der Waffengleichheit und Verletzung des fairen Verfahrens kann Befangenheit des Sachverständigen gegeben sein, wenn dieser einen mit allen Parteien verabredeten Ortstermin auf den Antrag einer Partei verschiebt und den Termin ungeachtet des Verlegungsantrags der anderen Partei durchzieht. OLG Celle 22.1.2007 - 13 W 101/06, BauR 2007, 270: Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen ist berechtigt, wenn dieser, nachdem er eine Partei zu dem von ihm durchgeführten Ortstermin nicht geladen hat, auf den Hinweis des Gerichts, es sei zu erwägen, einen erneuten Ortstermin mit den Parteien durchzuführen, erklärt, eine Wiederholung des Ortstermins werde zu keinem anderen Ergebnis führen, es sei »abwegig«, das vorliegende Gutachten infrage zu stellen und gänzlich zu verwerfen. OLG Saarbrücken 27.4.2007 - 5 W 104/07, IBR 2007, 586: Für die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen genügt, dass dieser den Ortstermin ohne eine dem Antragsgegner ermöglichte Mitwirkung durchführt; dies erweckt nämlich den Anschein der Parteilichkeit. Dabei ist unerheblich, ob der Ausschluss der Partei auf einer unterlassenen Ladung oder darauf beruht, dass der Sachverständige zu der Terminsstunde die Parteien nicht antrifft und er ohne angemessenes Zuwarten oder Rückfrage den Ortstermin durchführt. (a.A. OLG Celle 8.10.2003 - 2 W 106/03, www.ibr-online. de: Ein gerichtlicher Sachverständiger kann nicht deshalb als befangen abgelehnt werden, weil er zwar die Prozessbevollmächtigten der Klägerseite und eines Beklagten von dem Ortstermin, versehentlich aber nicht die Prozessbevollmächtigten des zweiten Beklagten von seinem beabsichtigten Ortstermin informiert hat und dann ohne den zweiten Beklagten oder seinen Prozessbevollmächtigten seine Besichtigung durchführt. OLG Hamburg 31.3.2004 - 14 W 19/04, IBR 2004, 443: Der gerichtliche Sachverständige ist nicht allein durch die unterbliebene Ladung eines Beteiligten als befangen zu betrachten; er ist nicht verpflichtet, während seines Ortstermins die ordnungsgemäße Ladung der ausbleibenden Partei zu prüfen. OLG Hamburg 11.4.2013 - 6 W 73/12, IBR 2013, 779: Ein Sachverständiger kann befangen sein, wenn er zum Ortstermin nicht alle Parteien einlädt; Befangenheit liegt aber nicht vor, wenn der Sachverständige die Einladung aller Parteien veranlasst hat, diese Unterrichtung aber tatsächlich nicht angekommen ist.) OLG Brandenburg 8.4.2008 - 12 W 9/08, DS 2008, 275: In der Ablehnung eines mit Begründung versehenen Antrags auf Verschiebung des von dem Sachverständigen bestimmten Ortstermins kann die willkürliche Benachteiligung einer Partei nur dann gesehen werden, wenn keinerlei sachlicher Grund für das Beibehalten des Ortstermins ersichtlich ist; ergibt sich aber einige Gefahr im Verzuge im Hinblick auf die unveränderte Verfügbarkeit des Beweisobjektes, bewirkt die damit begründete Verweigerung der weiteren Terminverschiebung keine Befangenheit. OLG Hamm 11.4.2008 - 32 W 8/08, IBR 2008, 1234: Nimmt der bisherige gerichtliche Sachverständige auf Veranlassung einer Prozesspartei an einem von dem gerichtlich gemäß § 412 Abs. 1 ZPO bestellten anderen Sachverständigen anberaumten Ortstermin teil, lässt allein dies nicht auf Befangenheit des Erst-Sachverständigen schließen LG Kiel 14.11.2008 - 9 OH 7/08, IBR 2009, 1067: Besichtigt und fotografiert der gerichtliche Sachverständige in einem Ortstermin einen nicht von dem Beweisbeschluss erfassten Gegenstand und äußert er auf die Frage eines Rechtsanwaltes, warum er diese Fotos nehme, nur: »Das ist mein Ortstermin, und ich entscheide, was ich tue!«, begründet dies noch keine Befangenheit des Sachverständigen. Befangenheit ergibt sich auch nicht daraus, dass der Sachverständige es ablehnt, einen im Ortstermin dann gebrachten Befangenheitsantrag einschließlich der Begründung zu protokollieren. (bestätigende Beschwerdeentscheidung: OLG Schleswig 8.1.2009 - 16 W 150/08, IBR 2009, 1185) OLG Karlsruhe 16.12.2008 - 8 W 57/08, BauR 2009, 551: Eine Ortsbesichtigung des Sachverständigen ohne Einladung der Parteien und gemeinsam mit dem Verfasser einer wissenschaftlichen Veröffentlichung, auf die eine Partei im Rahmen eines Ergänzungsantrags Angriffe gegen das Gutachten des Sachverständigen gestützt hat, ist dem Bereich der zulässigen wissenschaftlichen Recherche zuzuordnen; ein solches Vorgehen rechtfertigt nicht die Annahme seiner Befangenheit. | 21 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLG Frankfurt 19.1.2009 - 19 W 66/08, OLGR 2009, 573: Führt ein Sachverständiger seine Ortsbesichtigung ohne Benachrichtigung der Parteien sowie deren Rechtsanwälte, aber in Anwesenheit einer Prozesspartei durch, kann er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (ebenso OLG Koblenz 27.2.2009 - 4 W 121/09, www.ibr-online.de; OLG Bremen 6.7.2009 - 3 U 6/07, BauR 2009, 1942; LG Bad Kreuznach 8.10.2009 - 3 OH 7/08, www.ibr-online. de; OLG Koblenz 8.12.2009 - 14 W 769/09, DS 2010, 157; KG 3.9.2010 - 15 W 34/10, IBR 2011, 1158; OLG Saarbrü cken 18.12.2012 - 5 W 430/12, IBR 2013, 186) OLG Celle 9.2.2009 - 16 W 5/09, BauR 2009, 1007: Ein Sachverständiger, der glaubhaft darlegt, dass er Termin benachrichtigungen an die beteiligten Rechtsanwälte betreffend seinen Ortstermin zur Post gegeben hat, kann nicht deshalb erfolgreich als befangen abgelehnt werden, weil bei den Rechtsanwälten solche Ladungen nicht angekommen sind. LG Stuttgart 20.3.2009 - 12 O 53/07/OLG Stuttgart 7.4.2009 - 6 W 21/09, IfS Informationen 5/2010, 12: Spricht der Sachverständige den Termin zur Objektbesichtigung mit einer Partei ab und ergibt sich aus seiner Korrespondenz mit der anderen Partei nichts dafür, dass er an dem Termin festhalten wird, wenn diese andere Partei an der Teilnahme verhindert ist, ergibt sich daraus keine Befangenheit. OLG Dresden 29.6.2009 - 6 W 394/09, BauR 2010, 667: Kann der Sachverständige die ihm aufgegebenen Messungen nur bei bestimmten Witterungsverhältnissen vornehmen, braucht er einen auf Bitten einer Partei bereits einmal verlegten Termin nicht deshalb erneut zu verlegen, weil nun der Verfahrensbevollmächtigte der anderen Partei vorträgt, zu dieser jetzt bestimmten frühen Terminstunde seine Kinder zur Schule bringen zu müssen; die Verweigerung der Terminverlegung genügt dann nicht für die Annahme der Befangenheit. OLG Hamm 10.11.2009 - 1 W 53/09, nicht veröffentlicht: Führt der gerichtliche Sachverständige auf dem Betriebsgelände einer Partei einen von ihm dann in der Uhrzeit vorverlegten Ortstermin durch, ohne diese Vorverlegung den Parteien bzw. ihren Verfahrensbevollmächtigten rechtzeitig bekannt gegeben zu haben, belegt dies seine Befangenheit. OLG Rostock 27.5.2010 - 3 W 99/09, BeckRS 2010, 22988: Verbindet der Sachverständige die Mitteilung des Ortstermins an die Prozessbevollmächtigten mit der Bitte, ihm diesen Termin zu bestätigen, und führt er dann den Termin in Anwesenheit einer Partei und in Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten der anderen Partei durch, von dem er keine Terminbestätigung erhalten hat, kann dies die Annahme der Befangenheit rechtfertigen; denn aufgrund des missverständlichen Inhaltes seiner konkreten Termin ladung musste der Sachverständige berücksichtigen, dass der fehlende Prozessbevollmächtigte davon ausging, der Termin werde nur im Falle der Terminbestätigung stattfinden. Es ist nicht die Aufgabe des Sachverständigen, das Verfahren unter Beschneidung der Parteirechte hinsichtlich der Teilnahme am Ortstermin zu beschleunigen. KG 3.8.2010 - 15 W 34/10, BauR 2011, 1217: Der Ortstermin des Sachverständigen ohne Benachrichtigung der Parteien und ohne deren Teilnahme kann die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen; etwas anderes mag gelten, wenn eine Partei dem Sachverständigen nicht nur den Zutritt gewährt, sondern am Ortstermin teilnimmt. LG Dessau-Roßlau 17.3.2011 - 1 T 19/11, IBR 2012, 1282: Unterzeichnet der Sachverständige seine Einladung zu der Ortsbesichtigung (einer Immobilie in einer Zwangsversteigerungssache) nicht höchstpersönlich, belegt dies ebensowenig seine Befangenheit wie der Umstand, dass diese Einladung den Parteien am 24. Dezember zugeht; denn ein »Grundsatz des Weihnachtsfriedens« findet sich betreffend forensische Verfahren nicht, im Übrigen darf der Sachverständige für die Durchführung seiner Einladungen zum Ortstermin Hilfskräfte heranziehen. OLG Köln 23.2.2011 - 2 Ws 87/11, NStZ-RR 2011, 315: Hat der in der Strafvollstreckungssache mit der Erstellung eines Prognosegutachtens gerichtlich beauftragte Sachverständige mit dem Verurteilten ein persönliches Gespräch geführt und dann auf den von einem Mitarbeiter erstellten Gutachtentext den Vermerk »einverstanden aufgrund eigener Untersuchung« gesetzt, ergibt dies keine Befangenheit. AG Geilenkirchen 14.4.2011 - 10 C 83/10, IBR 2012, 1046: Die Benutzung der Toilette im Hausmeisterbüro einer der Verfahrensparteien und das dortige Aufwärmen rechtfertigen keine Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen. KG 25.7.2011 - 15 W 51711, BauR 2012, 536: Der Sachverständige setzt sich grundsätzlich dem Vorwurf der Parteilichkeit aus, wenn er zu einem Thema, das außerhalb des Gutachtenauftrags liegt, fachliche Feststellungen trifft und damit das Beweisthema eigenmächtig ausweitet; diese Situation ist aber durchweg noch nicht gegeben, wenn der Sachverständige nur mutmaßt, dass ein weiterer Mangel gegeben sein könnte (»Es sieht so aus, als ob auch die Versiegelung des Parketts mangelhaft ist.«). OLG Karlsruhe 3.8.2011 - 14 W 18/11, www.ibr-online.de: Äußert der gerichtliche Sachverständige im Verlaufe des von ihm durchgeführten Ortstermins, in dem er Feststellungen zu streitigen Bauschäden feststellen soll, gegenüber einer auch noch während dieses Ortstermins das Vorhandensein von Bauschäden vehement bestreitenden Partei wörtlich, diese könne »nicht alles wegschwätzen« und außerdem »Was glauben Sie eigentlich, warum hier zwei Verfahren angestrengt werden?«, offenbart er seine Befangenheit; denn diese Äußerungen können so verstanden werden, dass er den Bestreitenseinwand ohne eigene Prüfung von vorneherein verwirft. OLG Saarbrücken 16.8.2011 - 5 W 189/11, IBR 2011, 674: Die Durchführung eines Ortstermins in Anwesenheit nur einer der Parteien kann die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen begründen; das gilt allerdings nicht in dem Sonderfall, dass der Sachverständige in einer Eilsituation die Prozessbevollmächtigten kurzfristig vom Ortstermin unterrichtet hatte und davon ausgehen konnte, dass die nicht anwesende Partei kein Interesse an der Teilnahme habe. | 22 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLG München 16.11.2011 - 1 W 1720/11, BauR 2012, 547: Es ist Sinn und Zweck eines Ortstermins, dass der Sachverständige an die Beteiligten die für die Erstellung seines Gutachtens und insbesondere zur Durchführung des Ortstermins erforderlichen Fragen stellt. Wenn er dann die eine oder andere Antwort auf seine Fragen für zutreffend hält und entsprechend den Auskünften den Ortstermin durchführt, ist das nicht zu beanstanden; ohne Benennung konkreter Äußerungen und allein aufgrund des Gefühls, der Sachverständige sei nur den Angaben der Gegenseite gefolgt, ergibt sich keine Befangenheit. OLG Bremen 9.1.2012 - 3 W 28/11, DS 2012, 129: Es liegt nur ein - grundsätzlich zur Unverwertbarkeit des Gutachtens führender - Verfahrensfehler und kein Befangenheitsgrund vor, wenn der Sachverständige einen Ortstermin in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten einer Partei den Parteien und ihren Verfahrensbevollmäch tigten nicht bekannt gibt und es auch sonst nicht zu einer Kontaktaufnahme während des Ortstermins gekommen ist. OLG Stuttgart 12.6.2012 - 10 W 19/12, IBR 2012, 679: Ein Verfahrensfehler des Sachverständigen rechtfertigt nicht ohne Weiteres die Besorgnis seiner Befangenheit. Erforderlich ist vielmehr, dass sich durch die Art oder Häufung von Verfahrensfehlern zum Nachteil einer Partei bei einer vernünftigen und besonnenen Partei der Eindruck unsachlicher Einstellung oder willkürlichen Verhaltens des abgelehnten Sachverständigen ergibt. Die Besorgnis der Befangenheit besteht deshalb nicht, wenn der Sachverständige einen Ortstermin in öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten einer Partei den Parteien bzw. ihren Verfahrensbevollmächtigten nicht bekannt gibt und es auch insoweit nicht zu einer Kontaktaufnahme während des Ortstermins gekommen ist. (bestätigend BGH 11.4.2013 - VII ZB 32/12, IBR 2013, 381) OLG Saarbrücken 18.12.2012 - 5 W 430/12, IBR 2013, 186: Für die vom gerichtlichen Sachverständigen in entsprechender Anwendung des § 357 ZPO zu beachtende Parteiöffent lichkeit macht es keinen Unterschied, ob der Sachverständige einen offiziellen oder einen inoffiziellen Ortstermin durchführt; auch vorbereitende Feststellungen des Sachverständigen zu seiner Information müssen entweder unter Ausschluss oder unter Einbeziehung der Parteien stattfinden. OLG Hamburg 11.4.2013 - 6 W 73/12, IBR 2013, 779: Der Umstand, dass der Sachverständige den Ortstermin zunächst mit dem Kläger persönlich vereinbart hat, ist grundsätzlich nicht geeignet, Bedenken gegen die Unparteilichkeit zu rechtfertigen; denn bei einem Ortstermin ist erforderlich, den Zugang zu dem zu untersuchenden Objekt zu erhalten; insoweit ist eine terminliche Abstimmung persönlich mit demjenigen, der den Zugang gewährleisten kann, in jedem Fall sinnvoll. Das entbindet nicht von der Pflicht, die gegnerische Partei von dem Ortstermin zu informieren; Befangenheit ergibt sich nicht daraus, dass diese Information bloß an den Verfahrensbevollmächtigten gerichtet worden ist. OLG Saarbrücken 8.7.2013 - 5 W 64/13, IBR 2013, 713: Der Sachverständige, der einen Ortstermin durchführt, ob- wohl eine Partei der Gegenseite den Zutritt zum Terminort verweigert, kann mit Erfolg als befangen abgelehnt werden. BayLSG 20.11.2013 - L 2 SF 155/12 B, www.gesetze-bayern. de: Die Entscheidung des medizinischen (hier: psychiatrischen) Sachverständigen, dem Ehegatten der untersuchten Person die Anwesenheit während seiner Untersuchung nicht zu gestatten, beruht auf einer in dem fachlichen Ermessen des Sachverständigen liegenden Entscheidung; diese Entscheidung beinhaltet die Antwort auf eine medizinisch fachliche Frage, die allein kein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen rechtfertigt. LG Krefeld 4.4.2014 - 3 O 358/12, IfS Informationen 2/2014, 10: Äußert der Sachverständige im Verlaufe des Ortstermins, es sei ihm überlassen, welche (Befund-)Tatsachen er in seinem Gutachten berücksichtige, bringt er damit gerade nicht zum Ausdruck, dass er maßgebliche Umstände nicht berücksichtigen wird, sondern verweist er bei verständiger Würdigung lediglich auf den Inhalt seines noch zu erstellendes Gutachtens. 3.4. Inhalt der gutachterlichen Äußerung 3.4.1. Grundsätze LG Mühlhausen 11.1.2008 - 6 O 413/06, www.juris.de: Unzulänglichkeiten und Fehler des Gutachtens rechtfertigen ebenso wie ein für eine Partei ungünstiges Ergebnis nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit, es sei denn, es treten Umstände hinzu, die darauf schließen lassen, dass diese Mängel auf Voreingenommenheit gegenüber einer Seite beruhen. (ebenso OLG Schleswig 6.10.2008 - 16 W 112/08, IBR 2009, 1183; OLG München 18.11.2011 - 1 W 1768/11, BauR 2012, 547) OLG Köln 4.12.2009 - 5 W 26/09, www.juris.de: Behandelt ein Sachverständiger streitige Tatsachen als unstreitig oder erwiesen, rechtfertigt dies grundsätzlich seine Befangenheit. Das gilt aber nicht betreffend den ärztlichen Sachverständigen, der sich an dem Inhalt der Behandlungsunterlagen orientiert; denn insoweit ist für den Leser erkennbar, dass der Sachverständige sich betreffend diese Tatsachen nicht endgültig festlegen will; hinzu kommt, dass in Arzthaftungsprozessen dem Inhalt der Behandlungsunterlagen regelmäßig vertraut werden darf. (ebenso OLG Hamm 18.8.2011 - 1 W 50/11, MedR 2012, 109) OLG Dresden 14.1.2010 - 4 W 20/10, www.ibr-online.de: Eine für eine Partei ungünstige Beurteilung durch den Sachverständigen kann jedenfalls dann nicht als einseitig zu ihren Lasten qualifiziert werden, wenn der Sachverständige hierdurch den Boden einer sachlichen Auseinandersetzung nicht verlässt. | 23 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 BayLSG 5.4.2011 - L 2 SF 307/10 B, BeckRS 2011, 74086: Voreingenommenheit eines Sachverständigen ergibt sich nicht daraus, dass dieser eine von der Meinung anderer in dieser Sache eingeschaltet gewesenen Sachverständigen abweichende Meinung vertritt; anderes gilt, wenn der Sachverständige aus erkennbar unsachlichen Motiven eine Einzelmeinung vertritt. (ebenso BayLSG 5.4.2011 - L 2 SF 307/10 B, www.juris.de) OLG Hamm 2.12.2011 - 1 W 111/11, IfS Informationen 3/2012, 45: Rechtsausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, die erkennbar der Erläuterung der von ihm angewandten Methoden dienen sollen, sind nicht geeignet, die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen. Allein wenn der gerichtliche Sachverständige versucht, mit seinen Rechtsausführungen anstelle des Gerichts rechtliche Fragen zu beantworten, kann sich aus Rechtsausführungen des Sachverständigen Befangenheit ergeben. (ebenso OLG Brandenburg 20.3.2013 - 12 W 1/13, IBR 2013, 499) BGH 11.4.2013 - VII ZB 32/12, IBR 2013, 381: Ob die Überschreitung des Gutachterauftrags geeignet ist, bei einer Partei bei vernünftiger Betrachtung die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen hervorzurufen, ist einer schematischen Betrachtungsweise nicht zugänglich, sondern kann nur aufgrund des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden. (ebenso OLG Bremen 11.8.2014 - 5 W 26/14, www.ibr-online.de: Das Ablehnungsgesuch ist nicht begründet, wenn die Antworten des Sachverständigen mit einer zwar weiten, aber noch zulässigen Interpretation der Fragestellungen des Beweisbeschlusses vereinbar sind. OLG Karlsruhe 4.9.2013 - 9 W 28/13, IBR 2014, 381: Beruht die Überschreitung des Gutachtenauftrags da rauf, dass der Sachverständige die Beweisfragen erkennbar missverstanden hat, ergibt dies keine Befangenheit; anderes ist der Fall, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Sachverständige aus eigenem »Gerechtigkeitsempfinden« heraus einer Partei »helfen« will und deshalb die Überschreitung vornimmt. 3.4.2. Befangenheit verneint OLG Dresden 17.9.2003 - 11 W 1062/03, BauR 2004, 1337: Bezeichnet der gerichtliche Sachverständige eine objektiv vorhandene Mängelerscheinung, deren Vorhandensein ein verständiger Mensch nicht ernsthaft bestreiten kann als »unstreitig«, stellt dies keinen Befangenheitsgrund dar. OLG München 4.7.2005 - 1 W 1010/05, VersR 2006, 1709: Daraus, dass der Sachverständige einige bestrittene Behauptungen nicht unter dem Gliederungspunkt »Klagen der Patientin«, sondern unter »Vorgeschichte« mitteilt, ergibt sich noch keine Befangenheit, wenn in seinen weiteren Ausführungen klar wird, dass es sich um einseitiges Vorbringen handelt. OLG Celle 12.10.2005 - 14 W 31/05, IBR 2006, 64: Beschränken sich die rechtlichen Ausführungen des insoweit gerichtlich nicht befragten Sachverständigen auf die Wiedergabe des Inhaltes einer VOB-Regelung sowie darauf, dass seiner rechtlichen Ansicht nach die Leistungsbeschreibung den in dieser VOB-Regelung genannten Anfor de run gen nicht entspricht, begründet dies noch keine Befangenheit. OLG Naumburg 10.10.2006 - 10 W 72/06, OLGR 2007, 376: Vermeintliche Unzulänglichkeiten des Gutachtens, vermeintliche fehlende Fortbildung und/oder behauptete fachliche Unkenntnis des Sachverständigen treffen beide Parteien in gleicher Weise; sie können lediglich dazu führen, dass die Ergänzung oder Erläuterung des Gutachtens erforderlich wird, eine Ablehnung des Sachverständigen als befangen rechtfertigen sie grundsätzlich nicht. (ebenso OVG Berlin-Brandenburg 21.5.2007 - 4 L 17.05, www.juris.de; OLG Köln 26.7.2007 - 2 W 58/07, OLGR 2008, 361; OLG Saarbrücken 17.10.2007 - 5 W 255/07, IBR 2008, 55; OLG Celle 29.11.2007 - 5 W 103/07, BauR 2008, 1187; OLG Koblenz 27.2.2009 - 4 W 121/09, www. ibr-online.de; OLG Schleswig 30.9.2009 - 16 W 109/09, IBR 2010, 1038; BayLSG 6.4.2009 - L 2 B 385/08 V, BeckRS 2009, 66928; BayLSG 1.9.2009 - L 2 B 1015/08 U, IBR 2010, 365; LG Bielefeld 9.12.2009 - 3 O 557/04, IBR 2011, 1024; BayLSG 1.2.2010 - L 2 R 663/09 B, BeckRS 2010, 67977; BayLSG 8.2.2010 - L 2 U 201/09 B, BeckRS 2010, 67978; LG Heidelberg 15.2.2010 - 7 OH 12/05, www.ibr-online. de; LG München I 9.9.2010 - 13 T 8628/10, DWW 2011, 15; AG Duisburg-Hamborn 28.9.2010 - 23 C 232/09, WuM 2010, 639; OLG Köln 8.11.2010 -19 W 33/10, BauR 2011, 1061; BayLSG 10.2.2011 - L 2 R 1025/10 B, www.juris.de; OLG München 14.2.2011 - 1 W 211/11, MedR 2011, 281; BayLSG 7.4.2011 - L 2 SF 43/11 B, www.juris.de; AG Geilenkirchen 14.4.2011 - 10 C 83/10, IBR 2012, 1046; BayLSG 10.5.2011 - L 2 SF 44/11 B, www.juris.de; BayLSG 13.7.2011 - L 2 KR 37/11 B. BeckRS 2011, 76501; BGH 27.9.2011 - X ZR 142/08, NJW-RR 2011, 1555; BayLSG 2.11.2011 - L 2 U 226/11 B, www.juris.de; BayLSG 14.2.2012 - L 2 U 399/11 B, www.juris.de; OLG Köln 25.7.2012 - 19 W 17/12, IBR 2012, 742; LSG Berlin-Brandenburg 23.8.2012 - L 27 P 42/12 B AB, www.juris.de; AG Neuss 6.12.2012 - 75 C 805/12, IfS Informationen 3/2013, 8; LSG Berlin-Brandenburg 22.1.2013 - L 13 SF 248/12 B AB, www.juris.de; OLG Koblenz 24.1.2013 - 4 W 645/12, GuG 2014, 51; OLG Celle 23.3.2013 - 10 WF 372/10, GuG 2013, 383; LSG Berlin-Brandenburg 12.6.2013 - L 13 SF 51/13 B AB, www.juris.de; BayLSG 24.9.2013 - L 2 SF 98/13 B, www.juris.de; LSG NRW 11.10.2013 - L 11 KR 423/13 B, www justiz.nrw.de; OLG Brandenburg 18.11.2013 - 11 W 47/13, www.juris.de; OLG Düsseldorf 10.3.2014 I-26 16/13 (AktE), NZG 2014, 791; LG Krefeld 4.4.2014 - 3 O 358/12, IfS Informationen 2/2014, 10; BayLSG 29.4.2014 - L 15 SF 60/14 AB, www.gesetze-bayern.de; BayLSG 10.6.20114 - L 2 SF 50/14 AB, BeckRS 2014, 70238) OLG München 13.4.2007 - 1 W 1194/07, BeckRS 2007, 06673: Wie weitgehend ein Sachverhalt bestritten ist und wie ein juristischer Vortrag zu verstehen ist, ist häufig auch unter Juristen nicht eindeutig; diesbezügliche Missverständnisse oder Fehler des Sachverständigen, der nicht Jurist ist, rechtfertigen nicht ohne Weiteres die Besorgnis seiner Befangenheit. (ebenso AG Duisburg-Hamborn 28.9.2010 - 23 C 232/09, WuM 2010, 639) | 24 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLG München 23.8.2007 - 1 W 1717/07, BeckRS 2007, 14746: Die Tatsache, dass sich der gerichtliche Sachverständige nicht der Beurteilung der Partei anschließt, ist kein Hinweis auf seine Unparteilichkeit, sondern liegt in der Natur der Sache; der Partei ist unbenommen, sich mit der Begutachtung über das Anbringen von Ergänzungsfragen oder im Rahmen der persönlichen Anhörung des Sachverständigen auseinanderzusetzen. (ebenso AG Duisburg-Hamborn 28.9.2010 - 23 C 232/09, WuM 2010, 639) OLG Frankfurt 21.11.2007 - 19 W 74/07, www.ibr-online. de: Beantwortet der Sachverständige Fragen des Beweisbeschlusses, die nicht an ihn gerichtet sind, und beruht dieses Verhalten offensichtlich auf einem bei ihm vorhandenen Irrtum, ergibt dies noch keine Befangenheit. OLG Saarbrücken 6.12.2007 - 5 W 267/07, Der Bausachverständige 4∙2008, 78: Wird der gerichtliche Sachverständige befragt, ob die Feuchtigkeitsschäden für einen Laien erkennbar waren, und teilt er daraufhin in seinem Gutachten mit: »Ein durch Feuchtigkeit belasteter Kellerraum ist nicht für jeden ein entscheidender Hinderungsgrund für den Kauf. Es muss nur vorher darüber aufgeklärt werden.«, bewegt er sich im Bereich der – auszulegenden – Beweisfrage und ist allein deshalb noch nicht befangen. LG Ansbach 11.7.2008 - 5 O 1578/00, nicht veröffentlicht (bestätigende Beschwerdeentscheidung: OLG Nürnberg 29.10.2008 - 2 W 1845/08, nicht veröffentlicht): Spricht der gerichtliche Sachverständige, der Angaben zu der technischen und rechnerischen Richtigkeit von Architektenhonorarberechnungen machen soll, Rechtsfragen an, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Bearbeitung und Auslegung dieses Beweisthemas stehen, ergibt sich da raus keine Befangenheit. OLG Schleswig 4.8.2008 - 16 W 85/08, IBR 2009, 1130: Aus vereinzelten und nicht geglückten Formulierungen im Gutachten (»spekulativ«, »Ausforschung«) sind Zweifel an der Unparteilichkeit und an der Unvoreingenommenheit noch nicht abzuleiten. OLG Bamberg 12.8.2008 - 4 W 38/08, OLGR 2008, 851: Der Umstand, dass ein in einer Arzthaftungssache tätiger Sachverständiger erst in seinem schriftlichen Gutachten offenbart, dass er bestimmte – in der gutachterlichen Ausarbeitung im Einzelnen erläuterte und ausgewertete – Behandlungsunterlagen unmittelbar bei dem beklagten Arzt angefordert hat, begründet für sich genommen noch nicht die Besorgnis der Befangenheit. OLG Schleswig 3.9.2008 - 16 W 91/08, IBR 2009, 1131: Es stellt keine im Sinne einer Befangenheit bedeutsame Miss achtung des Neutralitätsgebotes dar, wenn ein Sachverständiger Unterlagen, die ihm eine Partei zugeleitet hat, in dem Gutachtentext nur referiert und diese nicht auch beifügt. OVG Mecklenburg-Vorpommern 22.4.2009 - 2 L 360/02, IBR 2010, 1060: Ein Ablehnungsgrund ergibt sich nicht daraus, dass der Sachverständige im Gutachtentext nicht aufführt, wer an den Untersuchungen vor Ort neben dem Sachverständigen teilgenommen hat; denn derartige Angaben sind nicht notwendiger Bestandteil des Gutachtens. OLG Schleswig 25.8.2009 - 16 W 95/09, IBR 2010, 1035: Geht der Sachverständige bei einem offen formulierten Beweisbeschluss aufgrund des Vortrags der Parteien von falschen Anknüpfungstatsachen aus, scheidet eine darauf gestützte Ablehnung wegen Befangenheit aus. BayLSG 1.9.2009 - L 2 B 1115/08 R, BeckRS 2009, 74555: Die Ablehnung des Sachverständigen ist unbegründet, wenn bloß seine aus dem Gutachten vermeintlich ersichtliche mangelnde Qualifikation geltend gemacht wird; denn nicht ausreichender Sorgfalt bzw. beschränkter Kompetenz eines Sachverständigen sehen sich die Parteien grundsätzlich in gleicher Weise ausgesetzt; eine Voreingenommenheit zuungunsten einer Partei lässt sich daraus in der Regel nicht ableiten. (ebenso BayLSG 1.9.2009 - 2 SF 36/09 B, BeckRS 2009, 74564; BayLSG 8.2.2010 - L 2 U 201/09 B, BeckRS 2010, 67978) OLG Schleswig 30.9.2009 - 16 W 109/09, IBR 2010, 1038: Gibt das Gericht dem Sachverständigen auf, er solle bei seiner Begutachtung die Erklärungen und Aussagen aus einem Verhandlungs termin berücksichtigen, so liegt kein Ablehnungsgrund vor, wenn der Sachverständige diese richterliche Vorgabe befolgt und auch eine Bewertung vornimmt. OLG Dresden 18.12.2009 - 4 W 1282/09, GesR 2010, 136: Wird in einem Arzthaftungsprozess die Klage sowohl auf Behandlungsfehler als auch auf die Verletzung der Aufklärungspflicht gestützt, kann die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen nicht daraus abgeleitet werden, dass dieser sich zu der Aufklärung äußert, obwohl die an ihn gerichtete Beweisfrage sich allein auf Behandlungsfehler bezieht. (OLG München 21.3.2011 - 1 W 110/11, BeckRS 2011, 06707. A.A. OLG Oldenburg 13.11.2007 - 5 W 133/07, OLGR 2008, 262; OLG München 28.4.2008 - 24 W 122/08, GesR 2008, 502; OLG Nürnberg 6.10.2008 - 5 W 790/08, DS 2009, 74; LG Bielefeld 30.6.2009 - 5 O 526/05, nicht veröffentlicht; LG Nürnberg-Fürth 3.2.2011 - 11 O 9707/09, r + s 2011, 180) OLG Hamm 28.1.2010 - 1 W 82/09, GesR 2010, 247: Die Mitteilung des ärztlichen Sachverständigen im Gutachten, dass der Kläger sich die Ablehnung einer vielversprechenden ärztlichen Behandlung selbst zuzuschreiben habe, und seine zusätzliche schriftliche Formulierung, dass es »Spekulation« sei, die Ursache dafür zu benennen, ergibt noch keine Befangenheit. OLG Hamm 23.3.2010 - 3 WF 43/10, FamRZ 2010, 1265: Teilt der in einem familiengerichtlichen Verfahren eingesetzte psychologische Sachverständige in dem Gutachten | 25 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 betreffend einen Verfahrensbeteiligten mit: »Über die Ausschöpfung rechtlicher Mittel ist es ihm gelungen, sich in aggressiver Weise durchzusetzen.«, offenbart dies nicht eine einseitige und vorgefasste innere Einstellung gegenüber dieser so beschriebenen Partei; nach dem Kontext ist unter »Aggressivität« die innere Bereitschaft zu einer aktiven He rangehensweise mit Einschaltung von Rechtsanwalt und Gericht zu verstehen. OLG Rostock 27.5.2010 - 3 W 99/09, BeckRS 2010, 22988: Der Umstand, dass der Sachverständige seine Begutachtung in knapper textlicher Form bringt, ist nicht geeignet, seine Befangenheit zu belegen; Fragen, die das Gutachten aus Sicht der Partei noch offenlässt, können durch die Wahrnehmung der Parteirechte gem. § 411 Abs. 4 ZPO (= Ergänzung und Erläuterung des Gutachtens) beantwortet werden. LG München I 9.9.2010 - 13 T 8628/10, DWW 2011, 15: Verweigert der mit der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete beauftragte gerichtliche Sachverständige die Nennung von Namen und Anschriften der Mieter der ansonsten bezüglich Ausstattung und Lage genau beschriebenen Vergleichswohnungen, weil er die Zustimmung dieser Mieter dazu nicht erreichen konnte, ergibt dies nicht seine Befangenheit. (Gleiches dürfte für den zu üblichen Preisen befragten Sachverständigen gelten, der die Namen der dazu von ihm befragten Unternehmen nicht preisgibt, weil er mit diesen Vertraulichkeit vereinbart hat.) OLG München 16.9.2010 - 1 W 2046/10, www.ibr-online.de: Allein daraus, dass das schriftliche Gutachten noch Fragen offenlässt, ergibt sich keine Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen. Mängel der Begutachtung können nur dann Befangenheit rechtfertigen, wenn sie als gegeben unterstellt nach Art und Häufung den Eindruck einer Vorein ge nom menheit des gerichtlichen Sachverständigen erwe cken. (ebenso OLG München 14.2.2011 - 1 W 211/11, MedR 2011, 281) AG Duisburg-Hamborn 28.9.2010 - 23 C 232/09, WuM 2010, 639: Verweist der Sachverständige zu einer Beweisfrage ohne eigene Prüfung auf den Vortrag einer Partei, ergibt sich jedenfalls dann kein Anhaltspunkt für seine Voreingenommenheit, wenn ein zeitlich nach der Fassung dieser Beweisfrage von einer Partei eingehend und substantiiert gebrachter weiterer Vortrag der anderen Partei nicht mehr bestritten worden ist und die Auffassung rechtfertigen konnte, dieser Beweispunkt sei nun nicht mehr streitig. BayLSG 22.11.2010 - L 2 SF 271/10 B, BeckRS 2010, 75950: Wie das Gutachten bzw. Einzelheiten in dem Gutachten zu bewerten sind, obliegt dem entscheidenden Gericht im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung und kann nicht in ein Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit vorgezogen werden. AG Neuss 14.12.2010 - 90 C 1384/10, IfS Informationen 3/2011, 15: Die Verwendung des Wortes »angeblich« beinhaltet nicht zwingend, dass der Sachverständige Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage einer Partei hat; wollte der Sachverständige mit der Verwendung dieses Wortes nur zum Ausdruck bringen, dass nach Angaben der Partei die entsprechenden Unterlagen nicht vorgelegen haben, ist ein Ablehnungsantrag ohne Erfolg. OLG Brandenburg 14.12.2010 - 12 W 54/10, BeckRS 2011, 00403: Äußert der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Anhörung, dass er das Zuwarten des beklagten Arztes mit weiterer Behandlung »sogar für kriminell« halte, und bringt er auf die Rüge dieser Formulierung sofort eine Entschuldigung, ergibt seine dann gebrachte Formulierung: »Ich selbst finde den Umstand, dass hier … nicht reagiert wurde, unverständlich. … Man könnte nur spekulieren, ob es schlampig war oder einfach nur nicht gemacht wurde, oder ob ein Arzt mit Absicht gehandelt hat.« keine Befangenheit. Insbesondere in Arzthaftungssachen ist der Gerichtssachverständige nämlich gehalten, Fehler und Missstände beim Namen zu nennen und insoweit auch hinsichtlich des Ausmaßes ohne Rücksichtnahme klar und eindeutig Stellung zu beziehen. LG Stuttgart 17.1.2011 - 1 T 1/11, BeckRS 2011, 02314: Wird in einer Wohnungseigentumssache der medizinische Sachverständige gerichtlich befragt, ob der klagende Wohnungseigentümer während der Eigentümerversammlungen der Hilfe einer Begleitperson bedarf, ergibt sich daraus, dass dieser Sachverständige auf den Inhalt des Schwerbehinderten gesetzes verweist, keine Befangenheit; denn es ist zu berücksichtigen, dass diese Beweisfrage rechtliche Implikationen aufweist und eine Beantwortung auch rechtliche Überlegungen des Sachverständigen nahelegt. BGH 6.4.2011 - 2 StR 73/11, StraFo 2011, 274: Unterlässt der Sachverständige die Mitteilung, woraus die von ihm dem Gutachten zugrunde gelegten Umstände sich ergeben, begeht er einen handwerklichen formalen Fehler, der ohne zusätzliche Umstände nicht die Besorgnis der Befangenheit begründet. OVG Hamburg 27.4.2011 - 1 So 15/11, IfS Informationen 3/2011, 9: Daraus, dass der psychiatrische Sachverständige nicht seine Mitschrift über den Inhalt des mit der von ihm untersuchten Person geführten Explorationsgespräches vorlegt, ergibt sich kein Schluss auf Befangenheit dieses Sachverständigen. OLG Köln 13.7.2011 5 U 91/09, www.justiz.nrw.de: Erklärt der betreffend behauptete Arztfehler (Vorwurf ärztlicher Behandlungsfehler und unzureichender Risikoaufklärung im Zusammenhang mit Tetanusimpfungen) gerichtlich eingesetzte Sachverständige bei seiner mündlichen gerichtlichen Anhörung: »Stellen Sie sich vor, wo es hinführen würde, wenn der Arzt hier verurteilt würde. Dann würde kein Arzt mehr impfen.«, ergibt sich daraus jedenfalls dann keine Befangenheit, wenn er zuvor seine Sorge um den Ausbruch von Tetanusinfektionen eingehend zum Ausdruck gebracht und auch dargelegt hat, dass Impfungen grundsätzlich nur geringe Risiken beinhalten; seine Aussagen müssen insgesamt gewertet werden. | 26 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLG Celle 8.8.2011 - 6 W 172/11, nicht veröffentlicht: Teilt der Sachverständige in dem Gutachtentext ungefragt mit, dass die »Planungsfunktion und die daraus abgeleiteten Anforderungen« von einer der beteiligten Parteien zu erfüllen sei, liegt in dieser einmaligen Äußerung betreffend eine ihm nicht zustehende rechtliche Feststellung noch kein hinreichender Befangenheitsgrund. KG 16.8.2011 - 5 U 23/04, Magazindienst 2011, 796: Geht es in einem Rechtsstreit um den Inhalt von Publikationen betreffend die Wirkung ärztlicher Präparate und äußert der Sachverständige zum Abschluss einer nachvollziehbaren und sachlichen Begründung, die in diesen Publikationen betreffend die Wirksamkeit für die Krankheitssituationen gezogenen Schlüsse seien »entweder wissenschaftlich naiv oder - wenn wie im vorliegenden Fall daraus Schlussfolgerungen für den kranken Menschen gezogen werden - verantwortungslos«, handelt es sich um deutlich formulierte Kritik seitens des Sachverständigen, die Teil eine sachlich begründeten Auseinandersetzung ist und noch keine Befangenheit begründet. OLG Köln 12.9.2011 - 5 W 28/11, IBR 2012, 53: Ist der gerichtliche Sachverständige sachlich der Auffassung des Privatgutachters, darf er seine Übereinstimmung in einzelnen und allen maßgeblichen Punkten zum Ausdruck bringen, ohne hierdurch den eine Befangenheit begründenden Eindruck zu erwecken, im Lager der den Privatgutachter beauftragenden Partei zu stehen. LSG Berlin-Brandenburg 5.10.2011 - L 13 SF 359/11 B, www. juris.de: Der von der Partei aus dem abgelieferten Gutachten abgeleitete angebliche Mangel an Sachkunde des Sachverständigen kann zwar sein Gutachten entwerten, genügt aber für sich allein noch nicht für die berechtigte Annahme der Befangenheit. (ebenso OVG NRW 18.9.2007 - 19 E 826/06, BeckRS 2007, 26721; OLG Naumburg 25.5.2012 - 10 U 43/11, BeckRS 2012, 21441) BayLSG 2.11.2011 - L 2 U 226/11 B, www.juris.de: Hat der in einem sozialgerichtlichen Verfahren eingesetzte gerichtliche Sachverständige den Auftrag zur Klärung erhalten, ob bei dem Kläger unfallunabhängige Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bestanden, hat er auch die Pflicht, die Biografie des Klägers einzubeziehen, sodass sich daraus die Befangenheit nicht ergibt. OLG Köln 23.11.2011 - 5 W 40/11, GesR 2012, 172: Ein Sachverständiger, der lediglich irrtümlich das Beweisthema unzutreffend erfasst und deshalb ungefragt mit seinen Feststellungen über die durch den Beweisbeschluss vorgegebenen Beweisfragen hinausgeht, ver stößt aus der Sicht einer vernünftigen Partei nicht gegen seine Neutralitätspflicht. OLG Köln 9.1.2012 - 5 W 43/11, IBR 2012, 1284/5: Fehlen hinreichende richterliche Weisungen i.S.d. § 404a Abs. 3 ZPO betreffend die Behandlung streitigen Vorbringens, rechtfertigt die Würdigung von Zeugenaussagen durch den Sachverständigen nicht zwangsläufig seine Ablehnung als befangen. OLG Naumburg 2.5.2012 - 10 W 14/12, BeckRS 2012, 21444: Sachliche Fehler des Sachverständigen vermögen einen Ablehnungsantrag in aller Regel nicht zu stützen; der Vortrag einer Partei, das Gutachten sei fehlerhaft, weil der Sachverständige der Lehre von Oswald folge, indem er einen Baumangel als »Unregelmäßigkeit« bezeichnet und damit eine dem Gesetz nicht bekannte rechtliche Einordnung vornehme, ist für § 406 ZPO ohne Bedeutung. OLG München 5.3.2012 - 1 W 2346/11, www.juris.de: Äußert sich der zu einem ärztlichen Operationsfehler befragte gerichtliche Sachverständige ungefragt auch noch dazu, dass sich in den ihm vorliegenden Unterlagen keine Einverständniserklärung für die Operation befindet, ergibt dies in der Regel noch keine Befangenheit; ein solcher Sachverständiger ist nämlich nicht mit allen juristischen Details des Arzthaftungsrechts vertraut. OLG Stuttgart 12.6.2012 - 10 W 19/12, IBR 2012, 679: Die Überschreitung des Gutachtenauftrags durch den gerichtlichen Sachverständigen (hier: Überdehnung der Beweisfragen oder eigenmächtige Bearbeitung nicht gestellter Beweisfragen) beinhaltet nur die – gegebenenfalls zum Verlust des Vergütungsanspruchs führende – Unzulänglichkeit der Begutachtung; sie rechtfertigt nicht die Ablehnung dieses Sachverständigen als befangen, weil davon alle Verfahrens beteiligten gleichermaßen betroffen sind. (bestätigend BGH 11.4.2013 - VII ZB 32/12, IBR 2013, 381. Ebenso OLG Köln 25.7.2012 - 19 W 17/12, IBR 2012, 743) OLG Naumburg 14.8.2012 - 10 W 39/12, IBR 2013, 56: Weil es bei der Begutachtung im Bereich »Leistungen und Honorare von Architekten« nicht selten erforderlich ist, dass ein Sachverständiger in Einzelfragen rechtliche Bewertungen abgibt, begründet ein solches Tun durchweg nicht die Besorgnis der Befangenheit. OLG Karlsruhe 14.9.2012 - 13 W 93/12, IBR 2012, 678: Ein Sachverständiger, dem im Beweisbeschluss nicht ausreichend deutlich gemacht wird, von welchen Feststellungen er bei der Begutachtung ausgehen soll, ist nicht bereits deshalb befangen, weil er eine eigene Beweiswürdigung vornimmt; dies gilt jedenfalls dann, wenn er an dem vorhergegangenen Teil der Beweisaufnahme teilgenommen hat. (ebenso OLG München 27.2.2006 - 1 W 907/06, www.juris. de: Stützt sich die Mitteilung des gerichtlichen Sachverständigen, dass im ärztlichen Aufklärungsgespräch bestimmte präoperative Schädigungen angesprochen worden seien, nicht nur auf die Behauptung des Beklagten, sondern auch auf die Aussagen von Zeugen und des Klägers selbst, liegt hierin keine eine Befangenheit rechtfertigende unzulässige Beweiswürdigung und auch keine zur Befangenheit führende einseitige, in vorwerfbarer Weise zu Lasten des Klägers erfolgte Wahrunterstellung durch den Sachverständigen.) OLG Brandenburg 20.3.2013 - 12 W 1/13, IBR 2013, 499: Ein Sachverständiger macht sich nicht dadurch befangen, dass er Nachfragen zu seinem Gutachten nicht beantwortet, sondern als »hypothetische Fragen« einstuft, deren Beantwortung in dem Verfahren nicht erforderlich sei. | 27 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 LSG Berlin-Brandenburg 27.3.2013 - L 27 SF 8/13 B AB, BeckRS 2013, 68822: Eine Weigerung des Sachverständigen, Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen und dem Gutachtenauftrag entsprechend zu bewerten, kann die Annahme der Befangenheit begründen; diese Weigerung ergibt sich aber nicht bereits daraus, dass der Sachverständige ausdrücklich in Aussicht stellt, er werde weitere medizinische Befunde, die ihm aber bisher nicht vorliegen, einer kritischen Würdigung unterziehen. OLG Naumburg 11.6.2013 - 10 W 29/13, IBR 2014, 50: Weil die Aufgabe des gerichtlichen Sachverständigen darin besteht, das Gericht aufgrund spezieller eigener Fachkunde darin zu unterstützen, aus einem Sachverhalt zutreffende Rückschlüsse zu ziehen, ergeben sich aus vom Sachverständigen vorgenommenen subjektiven Wertungen, Schluss folgerungen und Hypothesen keine Gründe für eine Befangenheit des Sachverständigen. LSG Berlin-Brandenburg 16.12.2013 - L 1 SF 268/13 B AB, BeckRS 2014, 66510: Die Ausführungen in einem Gutachten, bestimmte Aussagen der begutachteten Person seien »Schutzbehauptungen«, rechtfertigen jedenfalls dann nicht die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen, wenn dieser gemäß dem gerichtlichen Auftrag auch gehalten war, sich zu den Einwendungen dieser Person zu äußern. »Es ist Aufgabe des Sachverständigen, seine Auffassung ungeschminkt darzustellen.« OLG Naumburg 12.12.2013 - 10 W 43/13, IBR 2014, 380 = IMR 2014, 264: Gelangt der mit der Bewertung einer Immobilie beauftragte Sachverständige zu der Auffassung, dass die ihm gerichtlich vorgegebene Anwendung der Vergleichswertmethode aufgrund in seinem Gutachten dann konkret offengelegter Besonderheiten des Falls (hier: eine nicht ausreichende Menge an Vergleichsobjekten) zu keinem tragfähigen Ergebnis führt, so begründet es nicht seine Befangenheit, wenn er sogleich eigenständig die Ertragswertmethode wählt und die Vergleichswertmethode nur zur Überprüfung seine so gewonnenen Ergebnisses heranzieht; durch dieses Vorgehen eröffnet er nämlich dem Gericht die Möglichkeit, sich mit der von ihm bevorzugten anderen Bewertungsmethode auseinanderzusetzen und dann eine eigene Entscheidung zu treffen. BayLSG 27.1.2014 - L 2 SF 89/13 B, BeckRS 2014, 70239: Ein Befangenheitsgrund kann darin liegen, dass der Sachverständige substantiierten Vortrag einer Partei gänzlich unberücksichtigt lässt; hierfür genügen aber inhaltliche Ausführungen; der Sachverständige braucht den Vortrag der Partei nicht wörtlich zu zitieren. OLG Karlsruhe 13.2.2014 - 7 W 10/14, www.juris.de: Wird der medizinische Sachverständige in dem Beweisbeschluss befragt, über welche Risikofaktoren der Kläger konkret aufzuklären war, und äußert sich der Sachverständige in seinem Gutachten umfassend zusätzlich zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob der konkrete Patient tatsächlich aufgeklärt worden ist sowie ob dieser sich im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung in einem relevanten Entscheidungskonflikt befunden hätte, kann diese Überschreitung des gerichtlichen Auftrags ausnahmsweise Befangenheit dann nicht begründen, wenn ein rechtlich nicht geschulter Sachverständiger aufgrund der Formulierung des Beweisbeschlusses, den Eindruck gewinnen konnte, er solle den gesamten streitigen Sachverhalt und damit sämtliche Umstände der Aufklärung prüfen. OLG Köln 19.3.2014 - 19 W 6/14, www.ibr-online.de: Verwendet der Sachverständige in seinem Gutachten die Formulierung »nicht so extrem« und auch noch »!!!«, ergibt sich allein daraus noch keine Befangenheit. BVerwG 3.6.2014 - 2 B 105.12, www.bverwg.de: Bewertet der psychiatrische gerichtliche Sachverständige in einem Verfahren, in dem es um die Klärung der Dienstunfähigkeit eines Gymnasiallehrers geht, die Einwendungen dieser von ihm untersuchten Person als Ausdruck von Querulantentum und äußert er zusätzlich, diese Person habe psychische Störungen bewusst »dissimuliert« und somit Ärzte und Therapeuten getäuscht, bewegen sich diese sachverständigen Äußerungen im zulässigen Rahmen des Gutachtenauftrags und offenbaren insbesondere keine Voreingenommenheit. 3.4.3. Befangenheit bejaht OLG Hamburg 5.3.2004 - 8 W 41/05, MDR 2004, 906: Befangenheit liegt vor, wenn der gerichtliche Sachverständige eine rechtliche Würdigung einseitig zu Lasten einer Partei vornimmt (hier: die Klägerin sei nicht beweisfällig und die Klage deshalb begründet). OLG München 4.7.2005 - 1 W 1010/05, VersR 2006, 1709: Bringt der Sachverständige über seine gutachterlichen Angaben zu der von ihm als fachlich nicht ordnungsgemäß eingestuften Werkleistung der Verfahrenspartei hinaus zusätzliche und für die Beantwortung der Beweisfrage unter keinem Gesichtspunkt erforderliche nachteilige Wertungen, (»Leidensweg der Patientin … vertröstet«), bezeichnet er die ärztliche Dokumentationsweise als »verwunderlich« und wirf er dem Arzt schließlich einen Verstoß gegen die »ärztliche Ethik« vor, kann daraus Befangenheit abgeleitet werden. LG Hamburg 6.10.2005 - 325 OH 10/05, nicht veröffentlicht: Formuliert der gerichtliche Sachverständige, der einen gelieferten und eingebauten Gegenstand auf Funktion untersuchen soll: »Da sich der Lieferant dieser Torsteuerung bisher nicht sehr kooperativ verhalten hat, würde ich dringend empfehlen, eine andere Fachfirma … zu beauftragen.«, ergibt dies seine Befangenheit. LG Mönchengladbach 9.12.2005 - 5 T 496/05, NZV 2006, 159: Macht ein Sachverständiger, der ein Gutachten nur zur Schadenshöhe erstatten soll, bewusst Ausführungen, die nicht die Schadenshöhe sondern den Haftungsgrund betreffen (»Abschließend sei – auch wenn die aufgeworfene Beweisfrage konkret nur auf die Schadenshöhe abzielt – darauf hingewiesen, dass aufgrund des Schadensbildes an der Fahrertür des Klägerfahrzeugs davon auszugehen ist, dass die Tür – wie bereits erwähnt – nach vorne überdehnt | 28 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 wurde. Bei einem parallel zur Längsachse des Kraftfahrzeugs gerichteten Anstoß von hinten nach vorne ist davon auszugehen, dass die Tür zum Anstoßzeitpunkt bereits zum überwiegenden Teil geöffnet war.«), kann er deshalb wegen Besorgnis der Befangenheit erfolgreich abgelehnt werden. von Tatsachenbefunden, stellt er ferner negative neue Behauptungen auf oder überschreitet er den gerichtlichen Auftrag, führt dies jedenfalls dann zur Besorgnis der Befangenheit, wenn dies ausschließlich zu Lasten derselben Partei geht. LG Essen 1.3.2006 - 25 KLs 38/05, StV 2006, 52: Befragt der in einem Strafverfahren mit der Erstellung eines Gutachtens zur Ermöglichung einer richterlichen Glaubwürdigkeitsbeurteilung beauftragte Sachverständige in Betracht kommende Zeugen informatorisch und verwertet er die Ergebnisse dieser Befragung in seinem vorbereitend dem Gericht präsentierten Gutachten, rechtfertigt dies seine Befangenheit. OLG Oldenburg 13.11.2007 - 5 W 133/07, OLGR 2008, 262: Äußert sich ein Sachverständiger zu Aufklärungspflichten, obwohl das Verfahren nicht die Verletzung solcher Pflichten betrifft und er auch nicht in dem Beweisthema nach Aufklärung gefragt worden ist, kann dies Befangenheit begründen. (ebenso OLG München 28.4.2008 - 24 W 122/08, GesR 2008, 502; OLG Nürnberg 6.10.2008 - 5 W 790/08, DS 2009, 74; LG Bielefeld 30.6.2009 - 5 O 526/05, nicht veröffentlicht; LG Nürnberg-Fürth 3.2.2011 - 11 O 9707/09, r + s 2011, 180; OLG Koblenz 24.1.2013 - 4 W 645/12, GuG 2014, 51; a.A. OLG Dresden 18.12.2009 - 4 W 1282/09, GesR 2010, 136; OLG München 21.3.2011 - 1 W 110/11, BeckRS 2011, 06707) LG Nürnberg-Fürth 5.9.2006 - 6 OH 8403/02, IBR 2007, 1042: Verwertet der Sachverständige in seinem Gutachten ihm seitens einer Partei unmittelbar überlassene Unterlagen, ohne diese Herkunft spätestens im Gutachtentext offenzulegen, ergibt sich seine Befangenheit. (ebenso OLG Naumburg 17.2.2010 - 10 W 13/10, DS 2011, 40) LG Düsseldorf 5.4.2007 - 11 O 331/04, nicht veröffentlicht: Der Sachverständige überschreitet die Grenzen der Sachlichkeit und erweckt Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit, wenn er im Gutachtentext formuliert: »Vielleicht findet sich ja jemand im Gericht oder ein Gutachter, der dem Patienten sagt, dass eine weitere Verfolgung seiner Interessen nur zu mehr Kosten führt und nicht zum gewünschten Erfolg … die Versicherung verhält sich in ihrer Vertragstreue leider völlig korrekt und dies ist selbst einem juristischen Laien wie mir nach dem Studium der Akte klar.« OLG Saarbrücken 18.4.2007 - 5 W 90/07-29, IBR 2007, 406: Ein gerichtlicher Sachverständiger, der Beweisfragen als »nicht relevant« einstuft und zusätzlich bezüglich vorgelegter Privatgutachten auf ein Anstellungsverhältnis dieser Sachverständigen zu einem von einer Partei mitfinanzierten Institut verweist, ist befangen. LSG NRW 4.6.2007 - L 1 B 7/07 AL, BeckRS 2009, 59506: Bringt der in einem gerichtlichen Verfahren betreffend Zahlung der Winterbauumlage an Trockenbauer gerichtlich eingesetzte Sachverständige in seinem Gutachtentext zum Ausdruck, ihm als dem Vorsitzenden des Deutschen Stuckgewerbebundes seien alle Trockenbauer grundsätzlich »ein Dorn im Auge«, begründet diese für die gutachterliche Äußerung unter keinem Gesichtspunkt erforderliche berufspolitische Wertung seine Befangenheit. OLG Jena 2.8.2007 - 1 WF 203/07, FamRZ 2008, 284: Geht der gerichtliche Sachverständige mit seinen Feststellungen über den ihm erteilten Auftrag hinaus, rechtfertigt dies einen Ablehnungsantrag. Gleiches gilt, wenn er den Parteien oder dem Richter den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung des Rechtsstreits weist. LG Gera 12.9.2007 - 5 T 341/07, IBR 2007, 1361: Unterlässt der Sachverständige systematisch die Erhebung OLG Saarbrücken 11.3.2008 - 5 W 42/08, NJW-RR 2008, 1087: Das Befangenheitsgesuch ist begründet, wenn der Sachverständige seinen Gutachterauftrag dadurch überschreitet, dass er eine dem Gericht vorbehaltene Beweiswürdigung vornimmt und dieser Beurteilung nicht die vorgegebenen Anknüpfungstatsachen zugrunde legt. (a.A. LG Erfurt 24.4.2009 - 1 T 155/09, www.juris.de) OLG Koblenz 7.8.2008 - 4 W 467/08, MDR 2008, 1298: Bezeichnet der Sachverständige den Antragsgegner des selbstständigen Beweisverfahrens, in dem die Ursache eines Schadens geklärt werden soll, als »Verursacher« sowie den Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners als »PV Gegenseite« und führt er zusätzlich aus, dass nach dem »vehementen Bestreiten« der Verursachung »leider« weitere Maßnahmen erforderlich sind, ist aufgrund dieser Formulierungen seine Ablehnung wegen Befangenheit begründet. OLG Karlsruhe 15.8.2008 - 9 W 39/08, IBR 2008, 693: Formuliert der Sachverständige betreffend eine seitens des Klägers vorgelegte Liste der Unzulänglichkeiten des Begutachtungsgegenstandes, dass diese Aufzählung nur dazu diene, »den kleinen Mangel weiter unsinnig zu dramatisieren«, belegt dies seine Befangenheit. OLG Nürnberg 24.11.2008 - 2 W 2246/08, BauR 2009, 1624: Formuliert der Sachverständige in seinem Gutachten betreffend seitens einer Partei noch vorgelegte Unterlagen wie folgt: » … der nachgeschobene Beweisversuch … ignoriert somit in unverständlicher Weise die Inhalte der vorgelegten Planung« und » … zusammenfassend muss somit das Schreiben vom … aufgrund seiner inhaltlichen Fehler als völlig untauglicher Beweisversuch bezeichnet werden«, ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte für seine Befangenheit. OLG Schleswig 22.5.2009 - 16 W 57/09, IBR 2010, 1033: Ein Sachverständiger ist befangen, wenn er bei seiner Gutachtenerstellung eigenmächtig über die ihm durch den Beweisbeschluss und den Gutachtenauftrag gezogene | 29 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Grenzen hinausgeht und den Prozessbeteiligten den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung des Rechtsstreits weist. (ebenso OLG Celle 25.5.2010 - 13 Verg 7/10, IBR 2010, 527) LG Leipzig 9.9.2009 - 3 HK O 4523/06, BauR 2010, 123: Äußert der Sachverständige sich mehrfach mit negativer Wertung zu Lasten derselben Partei, kann daraus der Ausfluss einer unsachlichen Grundhaltung und mithin Befangenheit hergeleitet werden. OLG Karlsruhe 9.11.2009 - 14 W 43/09, DS 2010, 194: Die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen kann sich daraus ergeben, dass ihm bei Aufnahme und Auswertung des Sachverhalts in für eine Partei auch bei objektiver Sicht der Dinge wichtigen Punkten Fehler unterlaufen, die in starkem Maße auf mangelnde Sorgfalt deuten. OLG Celle 25.5.2010 - 13 Verg 7/10, IBR 2010, 527: Geht der Sachverständige eigenmächtig über die ihm durch den Beweisbeschluss gezogenen Grenzen hinaus und verweist er die Verfahrensbeteiligten in unzulässiger Weise auf den von ihm für richtig gehaltenen Weg, ergibt sich daraus eine unsachliche Grundhaltung und damit Befangenheit. OLG Rostock 5.10.2010 - 3 W 153/10, IBR 2011, 179: Nimmt der Sachverständige in seinem Gutachten ungefragt rechtliche Würdigungen vor und lässt er insbesondere Äußerungen einfließen, die den Eindruck vermitteln können, er wolle Aussagen über die streitige Rechtsfrage zu Einstandspflichten und Verantwortlichkeiten treffen, überschreitet er eigenmächtig die Grenzen seines Gutachtenauftrages und offenbart Befangenheit. LG Stuttgart 17.1.2011 - 1 T 1/11, BeckRS 2011, 02314: Äußert der medizinische Sachverständige, dem gerichtlich die zwischen den Parteien streitige Frage gestellt worden ist, ob der klagende Wohnungseigentümer während der Wohnungseigentümerversammlungen eine Begleitperson benötigt, »dass die Eigentümerversammlung eigentlich auch ohne gerichtliche Entscheidung imstande sein sollte, einem in die Struktur der Versammlung nur wenig eingreifenden Wunsch eines der Eigentümer zu entsprechen«, kann dieses aus Sicht der anderen Wohnungseigentümer nicht mehr als pointierte Zusammenfassung des Beweisergebnisses betrachtet werden, sondern stellt eine Missbilligung des Verhaltens der Beklagten sowohl in der Eigentümerversammlung als auch ihrer streitbaren Haltung in diesem Rechtsstreit dar; mit dieser persönlichen Kritik bezieht der Sachverständige eine seine Ablehnung als befangen begründende Position für den klagenden Wohnungseigentümer und gegen die Beklagten. OLG Rostock 8.4.2011 - 3 W 29/11, IBR 2012, 1286: Als Ablehnungsgrund kommt ein unangemessenes Verhalten zu Lasten einer Partei in Betracht, das sich in allgemein abfälligen oder ironischen Äußerungen oder abwertender Kritik des Sachverständigen gegenüber der Prozessführung einer Partei äußert. KG 25.10.2011 - 13 WF 195/11, www.juris.de: Bringt der in einem familienrechtlichen Verfahren zur Beant- wortung der Frage, welche Umgangsregelung im Interesse des Kindes angezeigt erscheint, eingesetzte gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten auch noch Therapieempfehlungen an die Kindesmutter betreffend ihre sexuelle Orientierung, rechtfertigt dies die Ablehnung wegen Befangenheit. OLG Naumburg 30.12.2011 - 10 W 69/11, IBR 2012, 368: Ein Sachverständiger, der prüfen soll, ob eine bestimmte medizinische Operation unter Beachtung der fachmedizinischen Leitlinien und nach den Regeln der ärztlichen Kunst durgeführt worden ist, sich dann in seinem schriftlichen Gutachten ungefragt aber auch noch damit auseinandersetzt, ob der Patient hinreichend informiert worden ist, und insoweit auf die Unvollständigkeit der Aufklärungsdokumentation hinweist sowie sich schließlich noch mit der Höhe des geforderten Schmerzensgeldes befasst, offenbart seine Befangenheit. OLG Celle 11.9.2012 - 11 W 43/12, MDR 2012, 1309: Die Wortwahl »unerheblich und ignorant« in einem Gutachten beinhaltet eine abfällige und abwertende Kritik des Sachverständigen an der Verteidigung der Partei, die verständliche Zweifel an der Unparteilichkeit wecken kann. LSG NRW 2.7.2012 - L 17 U 30/06, www.juris.de: Misstrauen gegen die Unparteilichkeit ist gerechtfertigt, wenn der Sachverständige ungefragt über die durch den Beweisbeschluss vorgegebenen Beweisfragen hinausgeht und vom Auftrag klar nicht umfasste Fragen beantwortet; er verletzt so nämlich seine Neutralitätspflicht. LG Schweinfurt 16.1.2013 - 23 O 1182/04, nicht veröffentlicht: Bringt der Sachverständige in seiner gutachterlichen Äußerung mehrere Unterstellungen, die jede zu Lasten derselben Partei gehen, ohne auf den dazu in der Akte enthaltenen Vortrag dieser Partei einzugehen, ergibt sich aus dieser Häufigkeit die berechtigte Besorgnis seiner Befangenheit. BayLSG 20.3.2013 - L 2 SF 1/13 B, www.juris.de: Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung stellt die Bestimmung der Kausalität einen wesentlichen Teil des Gutachtens dar, sodass sich aus – von der Partei als fehlerhaft eingestuften – Erklärungen des Sachverstän digen zur Kausalität und insbesondere seiner Einschätzung einer »Gelegenheitsursache« keine Befangenheit ergeben kann. OLG Düsseldorf 26.3.2013 - 21 W 57/12, IBR 2013, 382: Bezeichnet der gerichtliche Sachverständige das Prozessverhalten einer Partei als »irreführend«, »Störfaktor«, »Spekulation und nachträglich unbewiesene Behauptung« sowie »unrichtige und irreführende Versicherung« und äußert er ferner, die Partei möge doch bei der Wahrheit bleiben und nicht falsche Fakten vortragen, offenbart er seine Befangenheit. OLG Brandenburg 20.6.2013 - 11 W 9/13, www.ibr-online. de: Überschreitet der Sachverständige seinen Gutachtenauftrag signifikant, ist dies als gewichtiger Hinweis auf den berechtigten Verdacht fehlender Neutralität anzusehen; | 30 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 dadurch entsteht nämlich der Eindruck, dass der Sachverständige sich bewusst von den Vorgaben der ihm gestellten Aufgabe gelöst hat, weil er diese nicht als hinreichend umfassend betrachtet. Angriffen gegen ihn (»fehlende fachliche Eignung … Unkenntnis … schlampige und oberflächliche Arbeit«) betreffend diesen Anwalt eine Strafanzeige wegen Beleidigung ankündigt. LG Augsburg 4.10.2013 - 6 O 4683/09, nicht veröffentlicht: Wird der gerichtliche Sachverständige befragt, ob an bestimmten Gegenständen eingetretene Schäden mit den in einem vorgelegten Privatgutachten angegebenen Geldbeträgen zu bemessen sind, hat er das Vorhandensein der Schäden für sein Gutachten zu unterstellen; führt er auch noch nach erneuter richterlicher Weisung, einen bestimmten Zustand zu unterstellen, stattdessen aus, er könne nur das beurteilen, was er bei seiner Ortsbesichtigung feststelle, der Grad einer üblichen Abnutzung fließe in die Bewertung ein, rechtfertigt dieses Verhalten die Befangenheit des Sachverständigen. (Anmerkung des Verfassers: Es erscheint zweifelhaft, ob hier Befangenheit angenommen werden kann. Diese könnte allenfalls gegeben sein, wenn der Verdacht offenbar worden wäre, dass der Sachverständige hier einseitig zu Lasten einer Partei vorging. Indes offenbart dieses hier ersichtliche Verhalten des Sachverständigen allenfalls die fehlerhafte Auffassung betreffend die Erledigung seines Auftrags, die darin bestand, er könne nur das bewerten, was er sehe; diese fehlerhafte Auffassung kann allenfalls zu der Unverwertbarkeit und NichtVergütungsfähigkeit seiner gelieferten Leistung führen.) OLG München 20.6.2006 - 1 W 1727/06, www.juris.de: Formuliert der gerichtliche Sachverständige zu Erklärungen seitens einer Partei in seiner Stellungnahme u.a.: »… und wird auch durch Nachmessen nicht länger.«, ergibt sich daraus noch keine seine Befangenheit begründende Voreingenommenheit. OLG München 31.3.2014 - 10 W 32/14, DAR 2014, 273: Wird ein Sachverständiger vom Gericht beauftragt, ein fachmedizinisches Gutachten zu erstellen und eventuell erforderliche Zusatzgutachten aus anderen medizinischen Fachrichtungen von sich aus einzuholen, begründet es die Besorgnis seiner Befangenheit, wenn er über sein medizinisches Fachgebiet hinaus eine Begutachtung nach Aktenlage vornimmt, anstelle andere Fachmediziner beizuziehen. 3.5. Reaktionen des Sachverständigen 3.5.1. Grundsätze OLG Naumburg 10.10.2006 - 10 W 72/06, OLGR 2007, 376: Ein gerichtlicher Sachverständiger hat auch bei harter und penetranter Kritik an seiner Tätigkeit durch eine Partei seine Neutralität und Unabhängigkeit zu bewahren, andernfalls kann sich Befangenheit ergeben. (ebenso LG Düsseldorf 2.9.2010 - 9 OH 10/08, BauR 2011, 1535) BayLSG 24.1.2012 - L 2 SF 385/11 B, NZS 2012, 519: Kein Ablehnungsgrund ist die scharfe Reaktion eines Sachverständigen, welche durch massive Angriffe eines Beteiligten gegen Leistung und Person des gerichtlichen Sachverständigen provoziert wurde. 3.5.2. Befangenheit verneint LG Traunstein 3.6.2002 - 4 T 271/02, 4 T 335/02, NZV 2003, 241: Ein Sachverständiger ist nicht wegen Befangenheit abzulehnen, wenn er nach schriftlich erhobenen ehrenrührigen OLG München 20.2.2007 - 1 W 885/07, DS 2007, 151: Bringt die Partei gegen ein Gutachten im Ton vollkommen unangemessene und im Grenzbereich der Formalbeleidigung und üblen Nachrede liegende Angriffe, ergibt eine darauf gebrachte scharfe Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen keine Anhaltspunkte für seine Befangenheit. Ein Sachverständiger ist nicht verpflichtet, sein Gutachten honorar gleichsam als Schmerzensgeld für im Prozess hinzunehmende Verunglimpfungen anzusehen, von ihm kann nicht die Bedachtsamkeit eines unterkühlten Juristen erwartet werden. OLG Schleswig 6.9.2007 - 16 W 80/07, BauR 2007, 1944: Im Rahmen einer mündlichen Anhörung bei einem Streit unter Sachver ständigen ist die Einstufung der Äußerung eines Privatsachverständigen als »Quatsch« noch kein Anlass dafür, an der Unvoreingenommenheit des gerichtlichen Sachverständigen zu zweifeln; dies gilt jedenfalls bei einer einmaligen verbalen Entgleisung in der mündlichen Anhörung. OLG Schleswig 4.2.2008 - 16 W 13/08, IBR 2009, 1129: Zwar wäre wünschenswert gewesen, wenn der gerichtliche Sachverständige die schriftliche Mitteilung des Verfahrensbevollmächtigten einer Partei betreffend diesen Sachverständigen und sein Gutachten: »Jeder Sachverständige in Bausachen sollte im Stande sein, mithilfe eines Lineals bei Feststellung des Maßstabs für eine Grundrisszeichnung genau nachzumessen, wie die Stufe in den Plan eingezeichnet ist.« ohne Kommentar übergangen hätte; formuliert der Sachverständige stattdessen: »Ob die polemischen Ausführungen ... dienlich sind, möchte der Unterzeichner nicht kommentieren.«, belegt dies noch keine Befangenheit. OLG Frankfurt 12.3.2008 - 19 W 11/08, BauR 2008, 1499: Die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen ergibt sich nicht schon daraus, dass der Sachverständige in seinem schriftlichen Ergänzungsgutachten zu erkennen gibt, dass er beleidigende Äußerungen einer Partei in Bezug auf sein Ausgangsgutachten als beleidigend versteht. OLG Koblenz 3.4.2009 - 6 U 858/04, IBR 2010, 1355: Ist ausgeschlossen, dass der gerichtliche Sachverständige in dem noch nicht beendeten Rechtsstreit mit der Ergänzung seines Gutachtens beauftragt oder zur mündlichen Erläuterung geladen werden wird, ergibt sich aus der Annahme eines Privatgutachterauftrages für eine Partei keine Befangenheit. | 31 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLG Schleswig 21.4.2009 - 16 W 40/09, www.ibr-online.de: Es rechtfertigt nicht die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen, wenn dieser innerhalb der ihm gesetzten Frist keine Stellungnahme zu dem ihm gerichtlich übersandten Befangenheitsantrag abgibt. OLG München 25.5.2009 - 1 W 1262/09, www.ibr-online. de: Teilt der Sachverständige in der ergänzenden Stellungnahme mit, dass sich nach seiner Meinung die anwaltlich ausdrücklich einer bestimmten Seite des Textes des Gutachtens zugeschriebene Frage auf eine andere Seite des Textes des Gutachtens bezieht, ergibt sich daraus kein Anzeichen für Voreingenommenheit oder Gereiztheit des Sachverständigen dergestalt, dass Befangenheit gegeben ist. BayVGH 15.6.2009 - 22 C 09.1146, BeckRS 2009, 26291: Verwendet der Sachverständige in seiner Stellungnahme zu einem gegen ihn gerichteten Befangenheitsgesuch die Formulierungen »willkürlich«, »abwegig« und »oberflächlich und falsch recherchiert«, überschreitet er zwar das Maß der gebotenen Zurückhaltung, die bei solchen Stellungnahmen wünschenswert und zweckmäßig ist; diese Mitteilungen sind aber noch nicht derart unsachlich und verletzend, dass sie eine Ablehnung begründen können. LG Regensburg 13.8.2009 - 1 HKO 497/05, DS 2010, 36: Daraus, dass der Sachverständige eine in dem Text seines Gutachtens in Bezug genommene Excel-Tabelle einem Verfahrensbevollmächtigten nicht binnen der von diesem Verfahrensbevollmächtigten ihm gesetzten Frist per E-Mail übersendet, ergibt sich keine Befangenheit: Inwieweit Unterlagen des Sachverständigen, die zur Ermittlung von im Gutachten festgestellten Beträgen dienen, den Beteiligten herauszugeben sind, entscheidet das Gericht im Rahmen der in § 404a ZPO normierten richterlichen Leitungsfunktion. BayLSG 1.9.2009 - L 2 B 1015/08 U, IBR 2010, 365: Teilt der Anwalt einer Partei auf das Gutachten des ärztlichen Sachverständigen sinngemäß dem Gericht mit: Der Sachverständige könne offensichtlich nicht die vorhandenen Röntgenbilder richtig beurteilen; er, der Anwalt, wolle diesen Sachverständigen zu seiner Ausbildung und Sachkunde befragen; für den Fall, dass der Sachverständige dann wider Erwarten die Bilder richtig interpretiere, sei erwiesen, dass dieser zuvor ein falsches Gutachten erstellt habe; insgesamt ergebe sich, dass dem Sach verständigen die notwendige Qualifikation fehle oder dieser bewusst zum Nachteil der Partei vorgegangen sei, so ergibt sich aus der Antwort des Sachverständigen: Er wolle diese Fragen zu seiner Qualifikation als medizinischer Sachverständiger »gern« beantworten, nachdem dieser Bevollmächtigte seine Qualifikation als Anwalt dargelegt habe, noch keine Befangenheit. Insoweit handelt es sich um eine verständliche Reaktion des gerichtlichen Sachverständigen auf die scharfen Angriffe durch diesen Verfahrensbevollmächtigten. OLG Dresden 14.1.2010 - 4 W 20/10, www.ibr-online.de: Äußert der medizinische Sachverständige in seinem ergänzenden Gutachten, das von der Beklagten vertretene Verständnis des Operationsberichts kennzeichne »entweder eine völlig absurde und abenteuerliche Vorstellung der Beklagten bezüglich offener Bauchchirurgie oder eine bewusste Verleugnung besseren Wissens und entbehrt dann jeder Sachargumentation«, bewegt sich diese Mitteilung an der Grenze desjenigen, was von einem unvoreingenommenen Sachverständigen erwartet werden kann; indes sind diese Formulierungen nicht als persönliche Herabwürdigung zu werten, sondern bloß dahin, dass den Ärzten ein grober Verhandlungsfehler unterlaufen wäre, wenn sie tatsächlich in dem anwaltlich geschilderten Sinne vorgegangen wären. BayLSG 23.2.2010 - L 2 KR 201/09 B, BeckRS 2010, 70348: Bei der Wortwahl in der Stellungnahme des Sachverständigen auf Einwände eines Beteiligten sind dem Sachverständigen in gewissem Umfang emotionale Äußerungen zuzugestehen; eine einzelne geringfügig neben einer sachlichen Äußerung gelegene Kritik seitens des Sachverständigen ist gegenüber klar polemisch aufzufassenden Äußerungen des Rechtsanwalts ausnahmsweise noch nicht beachtlich. OLG Brandenburg 8.7.2010 - 12 W 17/10, BeckRS 2010, 17185: Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen ergibt sich noch nicht daraus, dass er gegen einen von einer Partei privat als Sachverständiger eingeschalteten Berufskollegen, der in seiner Stellungnahme zu dem Gerichtsgutachten formuliert hat, dieses »basiert auf falschen Annahmen und Tatsachen, steht in unaufhebbarer Diskrepanz zu der Aktenlage und verstößt gegen die ethischen und fachärztlichen Standards der Neurochirurgie«, bei dem Präsidenten der Ärztekammer betreffend diese Wortwahl eine Beschwerde anbringt und um die Einleitung von Konsequenzen ersucht. LG Düsseldorf 2.9.2010 - 9 OH 10/08, BauR 2011, 1535: Beschäftigt sich der Sachverständige sowohl in dem Ergänzungsgutachten als auch in der Stellungnahme zum Befangenheitsgesuch objektiv und sachlich mit den an ihn gestellten Fragen, ergibt sich daraus, dass er stellenweise zum Ausdruck bringt, sich durch die Ergänzungsfragen angegriffen zu fühlen, noch keine Befangenheit. AG Duisburg-Hamborn 28.9.2010 - 23 C 232/09, WuM 2010, 639: Der Sachverständige, der auch unter Berücksichtigung der gegen sein Gutachten gebrachten Einwände an seinen Feststellungen und Wertungen festhält, ist allein deshalb nicht befangen. OLG Köln 8.11.2010 - 19 W 33/10, BauR 2011, 1061: Wurde der gerichtliche Sachverständige bei gleichzeitiger Vorlage eines entgegenstehenden Privatgutachtens von einer Partei (mit Vorwürfen wie: mangelnde Motivation zur gründlichen Prüfung, spekulativ, fabulierend, Meinungsmache, beharrliche Verweigerungshaltung, Begutachtung ohne die gebotene Ernsthaftigkeit und Sachkunde, fachliche Inkompetenz) heftig angegriffen, ergibt seine dann vorgenommene Einstufung dieser privatgutachterlichen Ausführungen als fachlich dilettantisch verbunden mit der Erklärung, diesem Privatgutachter fehlten elementare Fachkenntnisse, noch keine Befangenheit. | 32 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLG Hamm 24.1.2011 - 1 W 4/11, IBR 2011, 492: Bezeichnet der gerichtliche Sachverständige in einem Ergänzungsgutachten die Methodik eines ihm zur Stellungnahme vorgelegten Privatgutachtens als »grober Unfug«, begründet dies ohne weitere Umstände noch nicht seine Besorgnis der Befangenheit. OVG Hamburg 27.4.2011 - 1 So 15/11, IfS Informationen 3/2011, 9: Bezeichnet der gerichtliche Sachverständige einen anwaltlichen Einwand gegen seine gutachterliche Äußerung als »wenig realitätsgerecht«, offenbart diese seine ungeschickte Interpretation und Wortwahl noch nicht die Abwertung des Prozessvertreters in dem Maße, dass Befangenheit des Sachverständigen anzunehmen ist. LG Würzburg 17.8.2011 - 92 O 928/09, www.ibr-online.de Befangenheit liegt vor, wenn der Sachverständige unsachlich auf Einwendungen gegen sein Gutachten reagiert, etwa indem er Einwände unbesehen abqualifiziert und sich zu dem Gutachten ausschließlich wie folgt äußert: »Ich hatte im Rahmen meines Gutachtens dem üblichen Standard zufolge versucht, die Arbeit nachvollziehbar zu erstellen bzw. auszuarbeiten. Das Nachfassen diesbezüglich des privat beauftragten Gutachters … ist so nicht gerechtfertigt gewesen. Ich sehe seine Arbeit eher als destruktiv an.« OLG Koblenz 14.9.2011 - 4 W 396/11, IBR 2011, 673: Verlangt der gerichtliche Sachverständige von einer Partei Schadensersatz mit der Begründung, er habe während der Bearbeitungszeit seiner Stellungnahme für das Ablehnungsgrund nicht gewinnbringend tätig sein kön nen, ergibt sich daraus keine feindselige Einstellung des Sachverständigen. (ebenso Vorinstanz LG Mainz 14.7.2011 - 2 O 133/08, www. ibr-online.de) OLG München 18.11.2011 - 1 W 1768/11, BauR 2012, 547: Ein Sachverständiger darf auf provokante Angriffe oder persönliche Vor würfe einer Partei angemessen reagieren; wirft die Partei dem ärztlichen Sachverständigen Desinteresse an dem Befinden der Patientinnen und mangelnde Fachkompetenz vor, ergibt sich aus der darauf abgegebenen Erklärung des Sachverständigen: »Der Gutachter ist erstaunt über die Sicherheit, mit der der Anwalt der Klagepartei als medizinischer Laie zu der Feststellung kommt, dass …. Diese Behauptung zeugt von gravierender medizinischer Unkenntnis und steht im Widerspruch zu der persönlichen Erfahrung des Gutachters.« keine Befangenheit; Gleiches gilt für die Formulierung des Sachverständigen: »Auch die ständig vom Anwalt in unterschiedlichster sprachlicher Variation wiederholten Behauptungen bzw. Fragen ändern nichts an den gutachterlichen Schlussfolgerungen im konkreten Fall.« OLG München 12.1.2012 - 1 W 2183/11, www.juris.de: Widerspricht sich ein Sachverständiger oder ändert er bei seiner mündlichen Befragung rasch seine Meinung, ist dies ausschließlich eine Sache der Bewertung seiner fachlichen Äußerung; aus einem solchen Verhalten ergibt sich aber kein vernünftiger Anlass für Zweifel an seiner Unbefangenheit. OLG München 26.3.2012 - 1 W 260/12, www.ibr-online.de: Ein Befangenheitsgrund kann sich nicht daraus ergeben, dass der Sachverständige nach Stellung eines ihm auch bekannt gewordenen Befangenheitsgesuches und vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung an seinem Gutachten weiterarbeitet - oder dies nicht tut; § 47 ZPO, wonach der abgelehnte Richter vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur noch Handlungen vornehmen darf, die keinen Aufschub gestatten, findet auf Sachverständige keine Anwendung. OLG Naumburg 28.3.2012 - 10 W 10/12, BauR 2013, 137: Bei der Auseinandersetzung des gerichtlichen Sachverständigen mit den Ausführungen eines Privatgutachters ist entscheidend, ob sich die Äußerungen des gerichtlichen Sachverständigen noch im Bereich der Sachlichkeit verhalten oder bereits die Grenze zu einer persönlichen Herabsetzung überschritten wird; verwendet der gerichtliche Sachverständige betreffend das gegen sein Gutachten vorgelegte Privatgutachten neben fachlichen Argumenten die Formulierungen »parteiliche Fokussierung« und »plakative Betrachtungen« sowie verweist er ferner auf die Emeritierung des Privatgutachters, ergibt dies noch keine Befangenheit. OLG Karlsruhe 11.4.2012 - 14 W 46/11, VersR 2013, 77: Verwendet der Sachverständige, dem vorgeworfen worden ist, er arbeite gemeinsam mit einer Partei gegen die andere, die andere Partei werde so »regelrecht ausgespielt«, daraufhin Formulierungen wie »anwaltliche Fantasie«, »Spekulation« und »Mut- und Böswilligkeit«, ergibt dies insge samt noch nicht seine Befangenheit. OLG Naumburg 14.8.2012 - 10 W 39/12, IBR 2013, 56: Stuft der Sachverständige im Rahmen eines Streits um Vergütung für seine Stellungnahme zu einem Ablehnungsgesuch dieses Gesuch als prozesstaktisch veranlasst ein, führt dies noch nicht zu seiner Befangenheit; deshalb sind diese Ausführungen des Sachverständigen noch hinzunehmen: »Der Klägeranwalt ist ausweislich seines Briefbogens Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass er Kenntnis darüber hat, dass die Bearbeitung der angegebenen Punkte zu dem unabdingbaren Leistungssoll eines Honorar-Sachverständigen gehört. Die Behauptung der Behandlung von Rechtsfragen ist daher ausschließlich taktischer Natur. Umfangreiche – nicht gerechtfertigte – Vorwürfe einer Partei legen die Arbeit des Sachverständigen lahm, wenn sich dieser ohne Vergütung mit umfangreichen Schriftsätzen auseinandersetzen muss, statt seiner wirtschaftlich notwendigen und vergüteten Sachverständigentätigkeit nachzugehen. Wenn Rechtsvertreter bei derartigen »Befangenheitsanträgen« nicht mehr ökonomisch denken müssten, würde ihnen ein vortreffliches Instrument an die Hand gegeben, um missliebige Sachverständige auf dem Umweg über einen Befangenheitsantrag in ihrem Tun zu behindern.« OLG Hamm 1.3.2013 - I-32 W 01/13, IBR 2013, 1069: Ein Sachverständiger begründet nicht dadurch seine Befangenheit, dass er in seiner schriftlichen Stellungnahme zu einem Befangenheitsgesuch überflüssige Ausführungen bringt, sofern diese Ausführungen sachlich abgefasst sind. | 33 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLG Stuttgart 2.5.2013 - 7 W 24/13, VersR 2014, 521: Reagiert der Sachverständige auf formal nicht zu beanstandende Formulierungen, die jedoch auf der beigelegten Meta-Ebene nichts anderes transportieren als den Vorwurf mangelnder Kompetenz, als die Nicht-Einhaltung scheinbar selbstständigen Standards und/oder als den Gebrauch unzureichender Sorgfalt bei der Gutachtenerstellung (»wird den geforderten … Anforderungen nicht gerecht«, »trifft keine nachvollziehbaren Feststellungen«, »eine nachvollziehbare Begründung hierfür lässt sich dem Gutachten … nicht entnehmen«, »Der Gutachter … lässt die Instrumente und Kriterien der ICF außen vor.«, »Leitlinien, welche … in dem Ergänzungsgutachten keinen Anklang finden«, »Der Gutachter beharrt darauf …«) enthalten, mit der Mitteilung, dass er die prozessual zweifelsfrei zulässigen und statthaften Zweifel dieser Partei für unstatthaft halte, ergibt dies noch keine Befangenheit. Äußert der Sachverständige darüber hinaus in einem Abschnitt »grundsätzliche Gedanken zu Rechtsstreitigkeiten bei Berufsunfähigkeitssversicherungsansprüchen«, dass beklagte Versicherer insbesondere in Streitigkeiten um die Quantifizierung der Berufsunfähigkeit ein ihnen nicht passendes Gutachten in jüngerer Zeit vermehrt mit dem Vorwurf unzureichender Begründung angreifen, obwohl ihnen doch bekannt sei, dass die gelieferte gutachterliche Einschätzung nicht auf Parteilichkeit oder Voreingenommenheit zurückgehe, sondern ein Ausfluss des in langjähriger Berufs- und Gutachtererfahrung gewonnenen Erfahrungswissens sei, ergibt auch diese – nach der Einschätzung des Gerichts inhaltlich zutreffende – Mitteilung keine Veranlassung für die Annahme einer beachtlichen Voreingenommenheit dieses Sachverständigen. OLG Karlsruhe 10.7.2013 - 12 W 32/13, MDR 2013, 930: Reagiert der ärztliche Sachverständige auf die Äußerung einer Partei, er sei Lobbyist der Tabakindustrie, mit der Erklärung, er werde sich gegen diese Behauptung auch außerhalb des Gerichtssaals zur Wehr setzen, begründet dies noch nicht die Besorgnis seiner Befangenheit. OLG Zweibrücken 2.8.2013 - 4 W 53/13, IBR 2013, 712: Beantwortet der Sachverständige die im Anschluss an eine verbale Auseinandersetzung über seine etwaigen Beziehungen zu den Parteien die Frage des Prozessbevollmächtigten, ob er diese Fragen nach den Beziehungen als »anmaßend« empfinde, mit »ja«, so ergibt sich aus dieser Antwort keine Befangenheit. In dieser »ja«-Antwort kann keine unangemessene Reaktion gesehen werden, weil das Wort »anmaßend« von dem Prozessbevollmächtigten stammte und der Sachverständige die Fragen nach seinen Beziehungen zu den Parteien bereits beantwortet hatte. OLG Stuttgart 10.10.2013 - 3 W 48/13, www.ibr-online.de: Die aus einer Aktennotiz des Sachverständigen erkennbare und auf eventuelle Beleidigungen seitens einer Partei zurückgehende persönliche Verärgerung des Sachverständigen lässt jedenfalls dann nicht zwingend auf seine Befangenheit schließen, wenn die Partei in unzulässiger Weise direkten Kontakt zu dem Sachverständigen aufgenommen hat. Denn der Sachverständige als professionell tätiger Gutachter ist ohne Weiteres in der Lage, eine persönliche Verärgerung aufgrund eventueller Beleidigung der Prozessparteien von der fachlichen Beantwortung der Beweisfrage zu trennen. OLG Brandenburg 18.11.2013 - 11 W 47/13, IBR 2014, 242: Teilt der gerichtliche Sachverständige einleitend in der bei ihm aufgrund von Einwänden gegen sein Gutachten angeforderten ergänzenden Stellungnahme mit, er beantworte diese Zusatzfragen »als Hilfe zur Überwindung der Verständnisschwierigkeiten des Mitarbeiters der … Kanzlei« des Prozessbevollmächtigten einer Partei und gebe dabei Fakten an, die »hätten bekannt sein müssen«, handelt es sich jedenfalls dann um noch hinnehmbare Äußerungen, wenn diese Partei das bisherige Gutachten insgesamt als unbrauchbar, falsch unvollständig und nicht nachvollziehbar bezeichnet hat. OLG Schleswig 26.11.2013 - 16 W 116/13, IBR 2014, 512: Ergibt sich dem gerichtlichen Sachverständigen aus den in der mündlichen Anhörung ihm seitens eines Prozessbevollmächtigten gestellte und wiederholenden Fragen, dass dieser Prozessbevollmächtigte mit den Antworten nicht vollständig einverstanden ist, und ist der Sachverständige der Auffassung, diese Frage bereits in dem schriftlichen Gutachten beantwortet zu haben, ergibt seine nun in der mündlichen Anhörung gebrachte Mitteilung: »Man sollte meine Gutachten durchlesen!« keine Befangenheit. LG Saarbrücken 17.1.2014 - 12 O 233/08, www.ibr-online.de: Wird der gerichtliche Sachverständige mit einem zweiten seitens derselben Partei gegen ihn gerichteten Befangenheitsgesuch konfrontiert, in dem ihm erneut vorgeworfen wird, dass seine Ergebnisse »in diametralem Widerspruch zu allen anderen von den Klägerinnen eingeholten Privatgutachten … stehen«, das »zweifellos falsche« Ergebnis seines Gutachtens sei nur mit seiner Parteilichkeit zu begründen, ergibt sich daraus, dass dieser Sachverständige in seiner nun folgenden schriftlichen Erklärung per »Vorbemerkung« mitteilt, es erscheine ihm »wesentlich, darauf hinzuweisen«, dass die Klägerin im zugrunde liegenden Fallgeschehen ein gravierendes Fehlverhalten eingeräumt habe und auch deshalb sein Gutachtenergebnis nachvollziehbar ist, keine Befangenheit. Dass der gerichtliche Sachverständige sich angesichts eines solchen Angriffs in der Sache wehrt, ist eine dem Gericht verständliche und nicht zu beanstandende Reaktion. OLG Düsseldorf 10.3.2014 - I-26 W 16/13 (AktE), NZG 2014, 791: Teilt der gerichtlich Sachverständige mit, für die Erstellung des bei ihm erbetenen Ergänzungsgutachtens sei das »Aufarbeiten« der Ausführungen in der gegen sein Gutachten von einem anderen gebrachten Studie, die »Darlegung der methodischen und materiellen Mängel der Studie«, insbesondere die Gegenüberstellung der Ergebnisse mit anderen Studien, »die die … Argumente widerlegen«, die »Fehlerbehebung« und dieser vorgelegten Studie und die Darlegung, dass das von ihm vorgestellte Vorgehen »bei konsequenter Durchführung« seine Argumentation stützte, die »Widerlegung« der Kritikpunkte in den Ausführungen, das »Aufarbeiten« der Kritikpunkte und die »Widerlegung falscher Behauptungen« notwendig, kann dem nicht im Sinne der berechtigten Annahme einer begründeten Befangenheit entnommen werden, dass dieser gerichtliche Sachverständige bereits einseitig festgelegt ist oder in jedem Fall an dem Ergebnis seines Erstgutachtens festhalten und | 34 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 sich mit den Einwendungen nicht ausschließlich sachbezogen auseinandersetzen wird. BayLSG 24.1.2014 - L 2 SF 249/13 AB, BeckRS 2014, 67994: Ein Erfordernis für die im Rahmen der Stellungnahme zu einem gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuch gebrachte Mitteilung des gerichtlichen Sachverständigen: »Grundsätzlich ist es wenig zielführend, auf die hypothetischen medizinischen Angaben im Schreiben des Klägers einzugehen. Der Kläger ist als medizinischer Laie zu betrachten, seine Argumentation ist geprägt von medizinischem Halbwissen.« dürfte unter keinem Gesichtspunkt gegeben sein; diese Mitteilung begründet aber auch nicht die Befangenheit. 3.5.3. Befangenheit bejaht LG Berlin 23.5.2002 - (518) 70 Js 1087/97 Ls Ns 10/02, StV 2002, 476: Weist der in einem Strafverfahren im Rahmen der Glaubwürdigkeitsbegutachtung eingesetzte gerichtliche Sachverständige ihm in der Hauptverhandlung gemachte Vorhalte der methodisch nicht korrekten Arbeitsweise als nicht berechtigt zurück und teilt er dem Verteidiger in einem nachfolgend mit diesem geführten Telefonat mit, dass er die Kritik im Rahmen einer Supervision mit Dritten thematisiert habe, er halte die gebrachten Einwände jetzt doch für begründet und werde seine Arbeit in Zukunft anders gestalten, rechtfertigt dies die Ablehnung der Befangenheit des Sachverständigen in diesem noch nicht abgeschlossenen Strafverfahren. OLG Celle 5.5.2003 - 1 W 9/03, GesR 2003, 354: Ist in einem Arzthaftungsprozess die Frage streitig, ob eine ärztliche Risikoaufklärung erfolgt ist, und äußert der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachtentext, die Aufklärung sei erfolgt, weil sie dokumentiert sei, und erklärt er diese Äußerung in seiner Stellungnahme zu dem Befangenheitsgesuch damit, dass er alles andere als völlig abwegig ansehe, rechtfertigt sich dann aus der Sicht des Patienten die Besorgnis der Befangenheit. OLG Hamm 11.5.2006 - 32 W 30/05, IBR 2007, 50: Beurteilt der gerichtliche Sachverständige das betreffend sein dem Gericht vorgelegtes Gutachten dann angebrachte Privatgutachten als »wissentlich falsch« und »Fakten verdreht, um Gericht zu täuschen«, führt dies zur erfolgreichen Ablehnung des Sachverständigen. KG 6.9.2007 - 12 W 52/07, MDR 2008, 528: Der Sachverständige, der in seiner Stellungnahme zu dem auf sein Gutachten gebrachten Vortrag des Prozessbevollmächtigten einer Partei die Formulierung »Unverschämtheit« verwendet und zusätzlich schreibt, dass »der Brief des Prozessbevollmächtigten … als völlig absurd und inkompetent zu bewerten« sei, ist befangen; solche Formulierungen lassen sich auch nicht damit rechtfertigen, dass der Prozessbevollmächtigte zuvor betreffend die Arbeit des Sachverständigen mitgeteilt hatte: »Soweit der Sachverständige außerhalb seines Fachgebiets Unfallfolgen annimmt, ist das Gutachten wertlos und ohne jeden Beweiswert.«. OLG Saarbrücken 11.3.2008 - 5 W 42/08, NJW-RR 2008, 1087: Führt der gerichtliche Sachverständige in seiner schriftlichen Stellungnahme zu einem Befangenheitsgesuch betreffend das zwischenzeitlich eingeholte Gutachten eines privaten Sachverständigen aus, dass dieser private Sachverständige »leidlicher Kfz-Ingenieur« sein möge, von Kunststoffen aber »nicht die geringste Ahnung« habe, behandelt er die Partei-Einwendungen nicht mit der gebotenen Sachlichkeit und offenbart Befangenheit. OLG Karlsruhe 15.8.2008 - 9 W 39/08, IBR 2008, 693: Äußert der gerichtliche Sachverständige, dass das auf das gerichtliche Gutachten vorgelegte Privatgutachten nur dazu diene, den vorhandenen kleinen Mangel »unsinnig zu dramatisieren«, offenbart er mit dieser überzogenen Äußerung seine Befangenheit. OLG Brandenburg 5.11.2008 - 12 W 41/08, MDR 2009, 288: Ein Sachverständiger, der in seiner Stellungnahme zu einem Ablehnungsgesuch den im Kern zutreffenden Einwand, er habe bereits zuvor im Auftrag der Antragsgegnerin mehrere Gutachten erstellt, als »abstrakte Lüge« und »Verleumdung« bezeichnet, sich also unwahr äußert, kann deshalb erfolgreich wegen Befangenheit abgelehnt werden. OLG Köln 21.12.2008 - 5 W 58/08, VersR 2009, 1287: Selbst eine aus fachlicher Sicht offensichtlich unzutreffende Auffassung einer Partei ist durch den Sachverständigen sachlich zu beurteilen; bezeichnet der Sachverständige den Vortrag der Partei als »frech«, ist Befangenheit gegeben. OLG Frankfurt 12.1.2009 - 8 W 78/08, GesR 2009, 502: Ein gerichtlicher Sachverständiger darf sich gegen Angriffe einer Partei in Bezug auf seine Feststellungen grundsätzlich auch in akzentuierter Form verteidigen; äußert sich der Sachverständige aber mit diesen Formulierungen: »Offenbar kommt es der Antragstellerin bei fehlender medizinischer Begründbarkeit ihres Anliegens nun auch darauf an, die juristischen, mir im Einzelnen natürlich nicht geläufigen Möglichkeiten auszuloten. … Mir zu unterstellen, ich wolle in die Prozessführung eingreifen und mich damit auf fachfremdes Gebiet begeben, ist schlichtweg hanebüchen, aber offenbar für die Replik … wichtig.«, liegt Befangenheit vor. OLG Koblenz 19.5.2009 - 4 W 150/09, www.ibr-online.de: Der Sachverständige, der eine Partei ohne hinreichende Begründung einer vorsätzlichen Täuschungshandlung bezichtigt, offenbart Befangenheit. LG Flensburg 12.8.2009 - 6 OH 13/08, www.ibr-online.de: Ein Sachverständiger, der streitige Tatsachen ohne Untersuchung als wahr unterstellt und in seiner Stellungnahme zu einem Befangenheitsgesuch sein Vorgehen als zum Vorteil einer Partei wertet, kann deshalb wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. LG Bielefeld 9.12.2009 - 3 O 557/04, IBR 2011, 1024: Die berechtigte Besorgnis, der Sachverständige werde sich künftig Vorgaben des Gerichts betreffend Ergänzung oder | 35 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Nachbesserung seines Gutachtens widersetzen, kann seine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen. OLG Hamm 20.1.2010 - 1 W 85/09, DS 2010, 156: Verbalagressive Formulierungen des Sachverständigen wie »… stellt einen interessanten Cocktail aus subtiler Faktenverfälschung auf der Basis nachlässiger Lektüre und Verständnisunfähigkeit, geradezu vorsätzlicher Verständnislosigkeit für ausführlich erläuterte … Zusammenhänge, nicht substantiierte Behauptungen zu … Unterlagen und einer Argumentation unter der nicht statthaften Anwendung des ex post Wissens dar«, »… Strategie der Falschbehauptung durch Faktenverdrehung«, »… ob hinter der sinnentstellenden Vermengung der drei Befundregionen Ignoranz, Inkompetenz oder Vorsatz steht«, »… völliger Unsinn« und »… stellt in der persönlichen, über 20-jährigen Erfahrung des Gutachters … in seiner mangelnden Faktenorientierung und analytischer Flachheit, seinem dröhnenden Wortgestus und des alles Sachliche erstickenden logorrhoischen Wortschwalls ein Unikat anwaltlicher Tätigkeit dar« überschreiten in der Gesamtheit die Grenze der noch angemessenen deutlichen Reaktion auf wiederholt vorgebrachtes scharfes Vorbringen dieses Verfahrensbevollmächtigten. OLG Dresden 25.1.2010 - 9 U 2258/05, IBR 2010, 1283: Mehrere sprachliche und unsachliche Herabwürdigungen enthaltende Entgleisungen des Sachverständigen (»irrelevant«, »ignoriert bestimmte Umstände«, »einem aufmerksamen Leser wäre das nicht entgangen«, »Berechnungen des Rechtsanwalts … wieder einmal unbrauchbar«, »rhetorische Doubletten« und »höchst selektive Auswahl von Teilargumenten aus den verschiedenen Gutachten … subjektiv und voreingenommen«) begründen die Befangenheit; sie können unter keinem Gesichtspunkt als noch adäquate Reaktion auf provokante Fragestellungen gerechtfertigt sein. LG Hamburg 21.6.2010 - 317 OH 23/07, IBR 2011, 1021: Bezeichnet der gerichtliche Sachverständige die Bitte einer Partei, den von ihm nachgeforderten weiteren Vorschuss auf seine Vergütung näher darzulegen, als »Bestandteil eines Verfahrensstils, welchen der Sachverständige an dieser Stelle mit Entschiedenheit missbilligt,«, äußert der Sachverständige darüber hinaus: »Die Einbeziehung des Sachverständigen in Verfahrensfragen und Verfahrensabläufe bedeutet nicht nur eine Verzögerung des Prozesses, sondern ist möglicherweise auch juristisch bedenklich.«, er sei auch der Auffassung, »dass die Antragstellerin durch permanente verfahrenshemmende Interventionen den Sachverständigen zur Wiedereinarbeitung in die Gerichtsakte bewegt und in Verfahrensfragen involviert«, belegt er seine Befangenheit. LG Kleve 24.8.2010 - 6 T 71/09, MDR 2010, 1419: Geht der Sachverständige, nachdem ein gegen ihn gerichtetes Befangenheitsgesuch der einen Partei bereits zurückgewiesen worden ist, in seiner gerichtlich in Auftrag gegebenen nachfolgenden ergänzenden Stellungnahme mit keinem Wort auf die konkreten Fachfragen und Einwände derselben Partei ein, sondern äußert er mit Hinweis auf seine langjährige Tätigkeit als Handwerksmeister und als vereidigter Sachverständiger allein, dass er diese wiederholten Fragen und Einwände als persönlichen Angriff gegen seine Person ansieht, ergibt sich jetzt seine Befangenheit. OLG Düsseldorf 15.12.2010 - 12 W 55/10, BauR 2011, 2009: Verbalagressive Reaktionen des Sachverständigen in seinem Ergänzungsgutachten auf Kritik seitens eines Rechtsanwalts können die Besorgnis der Befangenheit begründen. Teilt der Rechtsanwalt in seiner Stellungnahme zum Gutachten mit, dieses sei »nicht verwertbar«, da der Sachverständige die gestellten Fragen »nicht im Ansatz« beantworte, der Sachverständige habe »seine eigene Feststellungspflicht nicht beachtet«, sind die Mitteilungen des Sachverständigen, dieser anwaltliche Vortrag stelle »in offensichtlicher Unkenntnis, wie sich Schätzkosten im vorliegenden Fall substantiiert ermitteln lassen, den untauglichen Versuch« dar, »die Arbeit des Sachverständigen in Misskredit zu bringen«, verbunden mit der von dem Sachverständigen verwendeten Formulierung: »Der Sachverständige empfiehlt der anwaltlichen Vertretung der Antragstellerin, sich mit den rechtlichen Folgen der Kostenproblematik rechtzeitig, intensiver und klar verständlich auseinanderzusetzen.«, kann darauf Befangenheit abgeleitet werden. LG München 26.10.2011 - 13 T 18596/11, WuM 2012, 153: Ein Sachverständiger kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn er sich ohne Anlass unsachlich über eine Partei des Verfahrens äußert, die von ihren prozessualen Rechten Gebrauch macht; dies gilt auch dann, wenn diese Äußerung des Sachverständigen (»Die Beantragung meiner Anhörung ist nichts anderes als ein persönlicher Racheakt gegen meine Person, da dem Kläger meine Gutachten – so auch in anderen Prozessen – nicht ins Konzept passen.«) in einem anderen Verfahren mit denselben Beteiligten gefallen ist. OLG Frankfurt 23.2.2012 - 15 W 35/11, BeckRS 2012, 5586: Bezeichnet der gerichtliche Sachverständige die von der Partei oder ihrem Prozessbevollmächtigten zu einer medizinischen Frage vorgetragene Meinung als »schlichtweg lachhaft«, bezeichnet er die zu seinem Gutachten geäußerte Kritik als »schlichtweg rufschädigend«, teilt er ferner mit: »Mir ist leider bekannt, dass in einem Gerichtsverfahren ein Rechtsanwalt so ziemlich alles schreiben darf, sonst hätte ich andere Konsequenzen ziehen müssen.« Und äußert er weiter, sich »durch viele Aussagen des Herrn Rechtsanwaltes verunglimpft« zu fühlen, überschreitet er die Grenzen des Gebots der Sachlichkeit sowie der Distanz und belegt seine Befangenheit. OLG Stuttgart 28.2.2012 - 10 W 4/12, IBR 2012, 298: Der zu Planungs- und Überwachungsfehlern eines Architekten gerichtlich befragte Sachverständige, der ohne Vornahme einer Bodenöffnung allein aufgrund einer vorgelegten Rechnung des Estrichlegers zu dem Ergebnis gelangt, es liege kein Mangel vor, offenbart jedenfalls dadurch seine Befangenheit, dass er in seiner Stellungnahme zu der Beanstandung dieses Vorgehens nur mitteilt, der Partei stehe jederzeit frei, die Öffnung der Fußböden nachträglich durchzuführen; diese Antwort des Sachverständigen vermittelt einer vernünftig denkenden Partei nämlich den Eindruck, dass dieser | 36 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Sachverständige zu einer eigenen objektiven Klärung nicht bereit ist. AG Düsseldorf 19.4.2012 - 34 C 11852/10, nicht veröffentlicht: Bezeichnet der gerichtliche Sachverständige das in einem Privatgutachten, welches auf sein gerichtliches Gutachten vorgelegt worden ist, dargestellte Vorgehen dieses Privatgutachters als »willkürlich« und »wahrscheinlich, um sein Ziel zu erreichen,« ohne diese Einstufung nachvollziehbar und sachlich zu belegen, offenbart er seine Befangenheit. LSG NRW 6.8.2012 - L 17 U 645/11, www.justiz.nrw.de: Bringt der Sachverständige, der von dem Rechtsanwalt einer Partei, der zusätzlich ausgebildeter Arzt ist, als »Kollege« bezeichnet wurde, Ausführungen im Umfang beinahe einer Schreibseite dazu, warum sich dieser Prozessbevollmächtigte nicht als Kollege bezeichnen könne und führt er zusätzlich aus, dieser Verfahrensbevollmächtigte wische die Befunde nach dem Motto: »Es kann nicht sein, was nicht sein darf.« vom Tisch und ersetze die erhobenen Befunde durch seine Behauptungen, sind die Grenzen einer sachlichen Auseinandersetzung überschritten mit der Folge des Vorliegens von Befangenheit. OLG Oldenburg 4.9.2012 - 12 W 203 und 203/12, nicht veröffentlicht: Formuliert der zu Bodengegebenheiten nach stattgefundenem Moorabbau befragte Sachverständige die Beweisthemen um, indem er nicht erfragte Hinweise zur Sanierung bringt, und benutzt er zusätzlich bertreffend Einwände gegen seine gutachterlichen Feststellungen Formulierungen wie »unsinnig«, »nicht akzeptabel«, »nicht hilfreich«, »jeder, der sich wirklich mit solchen Fragen beschäftigt hat«, werde ihm zustimmen, und bringt er auch noch die Mitteilung, dass er »auf die Befindlichkeiten des Herrn RA … nicht eingehe, da diese zur fachlichen Bewertung nicht zielführend sind«, ergibt sich insgesamt seine Befangenheit. LSG NRW 27.11.2012 - L 17 U 30/06, www.juris.de: Liefert der Sachverständige im Anschluss an den Termin seiner mündlichen Anhörung, in dem nach ihm auch ein anderer Sachverständiger gehört worden ist und sich dann gegensätzlich zu seinen Auffassungen geäußert hat, dem Gericht ungefragt eine schriftliche Stellungnahme, in der er betreffend die Ausführungen des anderen Sachverständigen die Formulierungen »medizinisch in keiner Weise nachzuvollziehen … um es vorsichtig zu formulieren … absurd … einfach medizinisch in keiner Weise begründbar«, begründet dies seine Befangenheit. OLG Köln 3.12.2012 - 17 W 141/12, IBR 2013, 115: Abwertende Äußerungen des Sachverständigen gegen den Prozessbevollmächtigten einer Partei (»Ich kann nicht beurteilen, wie häufig Frau Rechtsanwältin … Mandanten in Bauprozessen vertreten hat, was Grundkenntnisse in der Baupraxis voraussetzen würde. … Richtig ist vielmehr, dass Frau Rechtsanwältin … die Abläufe, Gegebenheiten und Zwänge des realen Baugeschehens, u.a. bei Großbaustellen, aufgrund unzureichender berufsbedingter Erfahrung nicht bewerten und zuordnen kann. … Es hat den Anschein, dass verschiedene logische und materialtechnische Gegebenheiten, die auf einfachster Grundlage erklärt wurden, anscheinend nicht verstanden worden sind.«) können einen Befangenheitsantrag begründen. LG Schweinfurt 16.1.2013 - 23 O 1182/04, nicht veröffentlicht: Trifft der Sachverständige in seiner ergänzenden schriftlichen Stellungnahme mehrere Äußerungen, die eine vernünftig denkende Partei als einseitige Unterstellungen zu ihren Lasten verstehen kann, ergibt dies jedenfalls dann die Befangenheit des Sachverständigen, wenn dadurch der Eindruck entsteht, dieser Sachverständige sei von vorneherein nicht bereit, seine Ausführungen im Ausgangsgutachten auf die von dieser Partei dagegen gebrachten Einwände hin zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. LG Cottbus 14.2.2013 - 6 OH 13/09, nicht veröffentlicht: Beklagt sich der Sachverständige in einem Schreiben an das Gericht ohne Erkennbarkeit einer konkreten Behinderung über das Verhalten einer Partei, kann daraus eine zur Besorgnis der Befangenheit führende Aversion des Sachverständigen gegen diese Partei herausgelesen werden. OLG Nürnberg 11.4.2013 - 13 W 616/13, IBR 2013, 498: Der Sachverständige darf auf heftige Angriffe seitens einer Partei durchaus mit Schärfe reagieren. Beantwortet der gerichtliche Sachverständige im Termin seiner mündlichen Anhörung die Frage des Prozessbevollmächtigten, (ob es technisch möglich sei, einen 30 cm breiten Streifen aus den Paneelen herauszuschneiden), und teilt er, nachdem ihm dieselbe Frage von demselben Antragsteller noch mehrfach gestellt wird, schließlich wörtlich mit: »Ihre wiederholte Fragerei geht mir auf die Nerven. Ich kann auch gehen.« (anstelle darauf hinzuweisen, dass er diese Frage bereits beantwortet habe, oder zurückzufragen, welche Unklarheiten noch bestehen), und beklatscht er zusätzlich einen dann gestellten Befangenheitsantrag mit lächelndem Gesicht, überschreitet er die Grenzen der ihm noch zu tolerierenden angemessenen Reaktion mit der Folge des Begründetseins dieses Befangenheitsantrages. LSG NRW 28.1.2014 - L 8 R 1000/13 B, www.justiz.nrw.de: Äußert sich der gerichtliche Sachverständige auf die Befangenheitsablehnung mit: »völlig falsch«, »Hätte die Klagevertretung mein Gutachten gelesen bzw. auch verstanden«, »Ferner moniert die Klagevertretung meine gutachterliche Bewertung der durchgeführten Röntgenaufnahmen der HWS und LWS. Aus dem Briefkopf der Klagevertretung ist nicht zu entnehmen, dass die Klagevertretung über eine abgeschlossene Ausbildung als Arzt verfügt, speziell auch mit Kenntnissen in der Röntgendiagnostik. Ferner lagen der Klagevertretung die Röntgenbilder im Original nicht vor. Somit ist der erhobene Vorwurf gutachterlich als vollständig unqualifiziert zurückzuweisen.« und »Ein verständiger Blick in das Gutachten des Kollegen … durch den Klägervertreter hätte helfen können, dieser ist Facharzt für Nervenheilkunde, also ein voll ausgebildeter Neurologe mit weiterer Zusatzausbildung. Der Einwand der Klagevertretung zeugt von vollständiger Unkenntnis.« geht über eine noch hinnehmba- | 37 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 re und vertretbare Reaktion hinaus; die Gesamtheit dieser Äußerungen und insbesondere der Vorwurf, der Klägervertreter habe das Gutachten nicht gelesen und die Bezeichnungen »vollständig unqualifiziert« und »vollständige Unkenntnis« berechtigen zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit. OLG Stuttgart 30.7.2014 - 8 W 388/13, IBR 2014, 581: Tippt sich der gerichtliche Sachverständige im Verlauf seiner durch den Prozessbevollmächtigten druckvoll vorgenommenen Befragung mit dem Zeigefinger an die Schläfe (= VogelZeigen), belegt dies seine Befangenheit 3.7. Ablehnungsverfahren 3.7.1. Prozessuale Gegebenheiten OLG Köln 10.5.2002 - 5 W 47/02, www.juris.de: Die ablehnende Partei macht die Umstände der Befangenheit nicht hinreichend glaubhaft, wenn sie ihre Behauptung, der Sachverständige habe sich in einer näher dargelegten Weise unangemessen und unsachlich verhalten, allein mit der eigenen eidesstattlichen Versicherung belegt und der abgelehnte Sachverständige in seiner daraufhin gebrachten Stellungnahme angibt, dieses gerügte Verhalten sei nicht vorgefallen, und mit einer eigenen eidesstattlichen Versicherung stützt. 3.6. Sachverständiger Zeuge/Privatgutachter + Befangenheit BGH 13.2.1962 - VI ZR 110/61 und VI ZR 141/61, VersR 1962, 450: Der Umstand, dass ein Sachverständiger ein privates Gutachten für eine Partei erstattet hat, stellt nicht notwendig und in jedem Fall einen Ablehnungsgrund dar. OLG Jena 28.11.2007 - 5 W 573/07, MDR 2008, 587: Ein als sachverständiger Zeuge geladener, vorgerichtlich als Privatgutachter tätig gewesener Sachverständiger kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, soweit er jetzt als Sachverständiger bei der Beantwortung der Beweisfragen tätig werden soll. OLG Celle 11.6.2009 - 6 U 10/09, www.ibr-online.de: Ein erfolgreich als befangen abgelehnter Sachverständiger kann als sachverständiger Zeuge nur noch zu seinen tatsächlichen Beobachtungen – hier an der zur Zeit seiner Besichtigung noch vorhandenen Anlage – gehört werden; seine fachlichen Folgerungen aus diesen Beobachtungen dürfen nicht berücksichtigt werden, denn diese beruhen nicht auf seiner Wahrnehmung sondern auf seiner Bewertung die aufgrund der erfolgreichen Ablehnung außen vor zu bleiben hat. BGH 18.3.2010 - 3 StR 426/09, NStZ-RR 2010, 210: Ein erfolgreich wegen Befangenheit abgelehnter Sachverständiger darf über die von ihm im Rahmen seines Auftrags (hier: Erstellung eines aussagepsychologischen Gutachtens) ermittelten Tatsachen als Zeuge vernommen werden; damit ist auch die ergänzende Inaugenscheinnahme der auf Tonband aufgezeichneten Explorationsgespräche, die der abgelehnte Sachverständige mit dem kindlichen Opfer geführt hat, zulässig. OLG Hamburg 9.6.2011 - 13 U 36/10, IBR 2011, 620: Wird ein sachverständiger Zeuge ad hoc zum Sachverständigen ernannt und zur mündlichen Gutachtenerstattung aufgefordert, ist ein Ablehnungsgesuch vor seiner Vernehmung zu stellen. OLG Celle 21.1.2005 - 3 W 6/05, IBR 2005, 296: Ergibt sich einer Partei Veranlassung für die Annahme, dass bei dem gerichtlich bestimmten Sachverständigen Umstände vorliegen könnten, die eine Befangenheit rechtfertigen, hat sie Erkundigungen anzustellen, ob der Ablehnungsgrund tatsächlich besteht; unterlässt sie eine ihr zumutbare Prüfung, verliert sie ihr auf solche Umstände stützbares Ablehnungsrecht. BGH 23.5.2006 - VI ZB 29/05, IBR 2006, 525: Ist der Streithelfer aufgrund des Widerspruchs der unterstützten Partei im selbstständigen Beweisverfahren an der Geltendmachung eines eigenen Befangenheitsgesuchs gehindert, kann er sein Ablehnungsgesuch noch im Hauptsacheverfahren bringen, sofern er darin Partei ist. OLG Düsseldorf 10.8.2006 - 2 U 120/02, DS 2007, 355: Jedenfalls eine Gewerbetreibende Partei hat im Internet nach möglichen Verbindungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zur gegnerischen Partei zu forschen. Kommt sie mit von vorneherein erkennbaren Umständen nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO, ist ein auf solche Gegebenheiten gestützter Befangenheitsantrag verfristet (= verspätet). (ebenso KG 16.8.2011 - 5 U 23/04, Magazindienst 2011, 796 betreffend einen in der Forschung an der Hochschule tätigen ärztlichen Sachverständigen und seine Publikationen) OLG Brandenburg 6.9.2006 - 11 W 36/06, BeckRS 2006, 12569: Äußert sich die Hauptpartei weder zu dem Gutachten noch zu dem Ablehnungsgesuch des Streithelfers, ist dies als konkludente Billigung des Gutachtens zu werten; das Ablehnungsgesuch des Streithelfers steht damit im Widerspruch zu dem erkennbaren Willen der Hauptpartei und ist deshalb unzulässig. OLG Köln 15.12.2006 - 22 U 93/06, BauR 2007, 1786: Über ein Ablehnungsgesuch gegen einen gerichtlichen Sachverständigen, der bereits im selbstständigen Beweisverfahren ernannt worden ist, hat das Gericht zu entscheiden, das ihn ernannt hat. Ist das selbstständige Beweisverfahren beendet, geht die Zuständigkeit der Entscheidung über ein danach gestelltes Ablehnungsgesuch auf das Gericht der Hauptsache über. (ebenso OLG Brandenburg 19.12.2006 - 12 W 26/06, www. juris.de) | 38 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 KG 22.1.2007 - 12 W 4/07, IfS Informationen 2/2008, 15: Weist das Landgericht als Berufungsgericht den Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen zurück, ist eine hiergegen gerichtete Beschwerde unzulässig. (ebenso BVerwG 22.7.2010 - 2 B 128/09, BeckRS 2010, 52448) OLG Hamm 5.2.2007 - 6 W 5/07, IBR 2007, 1103: Neben einem Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen ist der Antragsteller auch im selbstständigen Beweisverfahren nicht gehalten, gleichzeitig mit dem Befangenheitsantrag seine weiteren Ergänzungsfragen zu stellen. OLG Düsseldorf 11.6.2007 - 21 W 19/07, IBR 2007, 455: Fachliche Äußerungen die ein vom gerichtlichen Sachverständigen hinzugezogener Untersachverständiger bringt und die der gerichtliche Sachverständige mangels eigenen Fachwissens sich nicht zu eigen machen kann, sind, sofern bei diesem Untersachverständigen die Besorgnis der Befangenheit gegeben ist, in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 406 ZPO nicht verwertbar. OLG Naumburg 7.8.2007 - 9 U 53/07, DS 2008, 112: Hat das Gericht entgegen § 406 Abs. 4 ZPO über das Ablehnungsgesuch gegen den gerichtlichen Sachverständigen nicht durch Beschluss, sondern erst in den Gründen seines Urteils entschieden, ist das Berufungsgericht an der Verwendung dieses Beweisergebnisses jedenfalls dann nicht gehindert, wenn die sofortige Beschwerde gegen einen das Befangenheitsgesuch zurückweisenden Beschluss keinen Erfolg gehabt hätte. OVG Münster 18.9.2007 - 19 E 826/06, BeckRS 2007, 26721: Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts über die Ablehnung des Sachverständigen ist die Beschwerde grundsätzlich statthaft. § 146 Abs. 1 VwGO findet nämlich keine Anwendung auf die Ablehnung von Sachverständigen. (ebenso OVG Hamburg 27.4.2011 - 1 So 15/11, IfS Informationen 3/2011, 9) BAG 22.7.2008 - 3 AZB 26/08, BAGE 127, 173: Gegen eine Entscheidung des Arbeits- oder Landesarbeitsgerichts über ein gegen den Sachverständigen gerichtetes Ablehnungsgesuch ist in entsprechender Anwendung der für die Entscheidung über Richter geltenden Regelung des § 49 Abs. 3 ArbGG kein Rechtsmittel gegeben. OLG Naumburg 12.8.2008 - 10 W 46/08, nicht veröffentlicht: Raum für eine Befangenheitsentscheidung besteht erst, wenn das Gericht den Sachverständigen konkret ausgewählt hat; allein die richterliche Ankündigung, einen bestimmten Sachverständigen aussuchen zu wollen, genügt noch nicht. OLG Köln 19.8.2008 - 5 W 39/08, www.justiz.nrw.de: Zur Glaubhaftmachung eines behaupteten Befangenheitumstandes ist das Beweisangebot »Vernehmung des bei der Untersuchung anwesenden Ehemannes« ungeeignet, weil eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, unstatthaft ist. BGH 23.9.2008 - X ZR 135/04, MDR 2009, 217: Ist der das Ablehnungsgesuch anbringenden Partei bekannt, dass die Gewinnung des Sachverständigen wegen der Besonderheit des Falles außergewöhnliche Schwierigkeiten bereitet, kann es die Prozessförderungspflicht ausnahmsweise gebieten, frühzeitig zumutbare Nachforschungen darüber anzustellen, ob ein Ablehnungsgrund in Betracht kommt. LSG Schleswig-Holstein 14.1.2010 - L 8 B 227/09 SF, NZS 2010, 352: Nach Instanz-beendender Entscheidung in der Hauptsache kann das Sozialgericht den Verfahrensfehler, der in der unterbliebenen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen liegt, nicht mehr heilen. In diesem Fall ist aufgrund eingelegter Beschwerde das Landessozialgericht zuständig für die Entscheidung über ein weiterhin zulässiges Ablehnungsgesuch. BayLSG 24.2.2010 - L 2 U 356/08, BeckRS 2010, 70311: Die Behauptung einer Partei, der gerichtliche Sachverständige stehe in einem Beratungsverhältnis zur anderen Partei, reicht zur Glaubhaftmachung eines Ablehnungsgrundes nicht aus, wenn der Sachverständige und diese andere Partei ein solches Beratungsverhältnis verneinen. BGH 21.10.2010 - V ZB 210/09, www.ibr-online.de: Die erforderliche Glaubhaftmachung des Ablehnungsgrundes ist bereits gegeben, wenn bei der gebotenen richterlichen Würdigung mehr für das Vorliegen der von dem Ablehnenden behaupteten und eidesstattlich versicherten Umstände spricht als dagegen. Sieht sich der Tatrichter bei seiner anschließend vorzunehmenden Würdigung weder zur Bejahung noch zur Verneinung der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Ablehnungsgrundes in der Lage (non liquet), führt dies nicht dazu, dass von der Besorgnis der Befangenheit auszugehen ist. (entschieden für ein gegen einen Rechtspfleger gerichtetes Befangenheitsgesuch) OLG Brandenburg 15.11.2010 - 11 W 3/10, BeckRS 2010, 29951: Bei der richterlichen Klärung der für die Ablehnung des Sachverständigen gebrachten Gründe ist ohne Bedeutung, ob die dazu vorgetragenen Umstände vom Gegner bestritten werden; vielmehr hat das mit dem Ablehnungsantrag befasste Gericht eine eigenständige Würdigung der Gegebenheiten vorzunehmen. Es ist undenkbar, dass durch Nichtbestreiten ein in Wahrheit nicht gegebener Umstand »unstreitig« und damit ein Ablehnungsgrund geschaffen wird. OLG Köln 15.11.2010 - 2 Ws 738 + 739/10, BeckRS 2011, 0125: Eine Beschwerde gegen die gerichtliche Entscheidung, mit der in einem Strafverfahren ein den gerichtlichen Sachverständigen betreffendes Befangenheitsgesuch zurückgewiesen wird, ist unzulässig. (ebenso KG 3.9.2001 - 5 Ws 518/01, www.juris.de) BayLSG 19.11.2010 - L 2 SF 164/10 B, www.juris.de: Ein erneuter Befangenheitsantrag, der lediglich Vortrag | 39 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 enthält, über den bereits entschieden worden ist, ist unzulässig; zulässig bleibt nur ein auf eine neue Sach- und Rechtslage gestützter Antrag. OLG Köln 23.2.2011 - 2 Ws 87/11, NStZ-RR 2011, 315: Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren kann ein Befangenheitsgesuch gegen einen Sachverständigen bis zum Schluss der Hauptverhandlung gestellt werden; der Antragsteller ist nicht verpflichtet, das Ablehnungsgesuch unverzüglich nach Kenntnisnahme des Gutachtens anzubringen. Das gilt auch für das Vollstreckungsverfahren. BGH 6.4.2011 - 2 StR 73/11, BGHR StPO § 74 Befangenheitsantrag 1: Anders als bei einer Richterablehnung prüft das Revisionsgericht in Strafsachen nicht nach Beschwerdegrundsätzen, sondern nach revisionsrechtlichen Grundsätzen, ob dem Ablehnungsgrund ohne Verfahrensfehler und mit zureichender Begründung stattgegeben worden ist; hierbei ist das Revisionsgericht an die vom Tatrichter festgestellten Tatsachen gebunden und kann keine eigenen Feststellungen treffen. BGH 3.5.2011 - 1 StR 699/10, BGHR StPO § 74 Befangenheitsantrag 1: Der Antrag auf Ablehnung eines gerichtlichen Sachverständigen wegen Befangenheit ist generell bedingungsfeindlich. KG 25.7.2011 - 15 W 51/11, BauR 2012, 536: Die Glaubhaftmachung eines Befangenheitsgrundes ist entgegen § 406 Abs. 3 1. Halbsatz ZPO dann nicht erforderlich, wenn es sich um ausdrücklich von der Gegenpartei bestätigten und damit um unstreitigen Sachverhalt handelt; diese Bestätigung ersetzt im Parteienprozess quasi die Glaubhaftmachung. BVerwG 22.12.2011 - 2 B 87/11, www.juris.de: Nach § 557 Abs. 2 ZPO, der über § 173 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden ist, unterliegen die dem Endurteil vorausgehenden Entscheidungen nicht der Beurteilung des Revisionsgerichts, wenn sie unanfechtbar sind; ein solcher Vorentscheid, der nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden kann, ist gegeben, wenn ein Oberverwaltungsgericht nach § 98 VwGO i.V.m. § 406 ZPO die Ablehnung des Sachverständigen für unbegründet erklärt. OLG München 6.2.2012 - 31 Wx 31/12, FGPrax 2012, 92: Für die sofortige Beschwerde nach erfolgloser Ablehnung des Sachverständigen im FamFG-Verfahren ist der Einzelrichter zuständig. OLG Naumburg 25.5.2012 - 10 U 43/11, BeckRS 2012, 21441: Wird über die Ablehnung eines Sachverständigen unrichtig nicht mit Beschluss, sondern im die Instanz abschließenden Urteil entschieden, ist dieses wegen des Verfahrensfehlers nur dann anfechtbar, wenn eine sofortige Beschwerde nach § 406 Abs. 5 ZPO gegen einen ablehnenden Beschluss gemäß § 406 Abs. 4 ZPO Erfolg gehabt hätte. Eine entsprechende Prüfung kann das Berufungsgericht selbst vornehmen. BayLSG 9.10.2012 - L 15 VJ 2/08, www.juris.de: Die Anhörung eines Sachverständigen zu dem gegen ihn gerichteten Befangenheitsgesuch ist grundsätzlich nicht erforderlich; § 44 Abs. 3 ZPO, wonach der abgelehnte Richter sich über den Ablehnungsgrund zu äußern hat, gilt nicht entsprechend. (Anmerkung des Verfassers: Demgegenüber wird die Auffassung vertreten, dass der abgelehnte Sachverständige anzuhören sei, weil der Verlust seines Vergütungsanspruchs im Raum steht.) OLG Karlsruhe 14.11.2012 - 8 W 62/12, www.ibr-online.de: Hat der frühere Beklagte sich in der Sache eingelassen und keinen Befangenheitsantrag gestellt, muss der Rechtsnachfolger sich dies zurechnen lassen. OLG Düsseldorf 5.2.2013 - I-23 U 185/11, BauR 2013, 1283: Das Berufungsgericht ist zur Entscheidung über eine in erster Instanz nicht beschiedene Ablehnung des Sachverständigen zuständig. OLG Saarbrücken 23.7.2013 - 6 UF 126/13, IBR 2013, 1329: Das Gericht darf in seiner Endentscheidung ein Gutachten eines mit substantiierten, also nicht klar rechtsmissbräuchlich angebrachten, Gründen abgelehnten Sachverständigen nicht verwerten, ohne zuvor die Befangenheitsablehnung beschieden zu haben. OLG München 25.7.2013 - 1 U 615/13, IBR 2014, 187: Wird der im Zusammenhang der Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen gestellte Befangenheitsantrag noch in diesem Anhörungstermin zurückgewiesen und dann die persönliche Anhörung des Sachverständigen sogleich fortgesetzt, kann die Partei, die bloß noch sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung anbringt, sich aber nicht mehr an der mündlichen Anhörung weiter beteiligt, diesen Sachverständigen nachfolgend nicht mehr wegen behaupteter Unrichtigkeit des Gutachtens in Regress nehmen. LSG Berlin Brandenburg 16.12.2013 - L 1 SF 268/13 B AB, www.juris.de: Entscheidungen der Sozialgerichte über die Ablehnung des Sachverständigen sind jedenfalls seit der Neufassung des § 172 Abs. 2 SGG (»… Beschlüsse … über die Ablehnung von … Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.«) nicht mehr anfechtbar. Die Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrags auf Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit, die vor der zum 23.10.2013 in Kraft getretenen Änderung des § 172 Abs. 2 SGG eingereicht wurde, bleibt ausnahmsweise auch nach der erfolgten Rechtsänderung statthaft und ist in der Sache zu entscheiden. OLG Brandenburg 14.2.2014 - 11 W 47/13, www.juris.de: Gegen einen Beschluss, mit dem eine sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung eines Befangenheitsgesuches betreffend einen gerichtlichen Sachverständigen in einem selbstständigen Beweisverfahren zurückgewiesen wird, ist eine Anhörungsrüge statthaft. OLG München 31.3.2014 - 10 W 32/14, DAR 2014, 273: Enthält der über das Ablehnungsgesuch entscheidende Be- | 40 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 schluss keine echte Begründung, sondern nur die Mitteilung, dass es die vorgetragenen Gründe nicht rechtfertigen, den Sachverständigen als befangen anzusehen und Zweifel an seiner Unparteilichkeit anzunehmen, und den zusätzlichen Hinweis, dass der Sachverständige in seiner Stellungnahme zum Befangenheitsgesuch erklärt habe, nicht befangen zu sein, kann dieser Beschluss bei seiner Anfechtung keinen Bestand haben; dieser Beschluss wird nämlich dem Anspruch der ablehnenden Partei auf rechtliches Gehör nicht ansatzweise gerecht. OLG Karlsruhe 7.4.2014 - 9 W 28/13, www.juris.de: Ist in dem die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsantrag zurückweisenden Beschluss des Beschwerdegerichts versehentlich die zu Lasten des Beschwerdeführers gehende Kostenentscheidung unterblieben, kann dies in entsprechender Anwendung des § 321 ZPO ergänzt werden. Wurde der zu ergänzende Beschluss nicht förmlich zugestellt, sondern den Parteien nur formlos mitgeteilt, wird keine Frist für den Ergänzungsantrag in Gang gesetzt; die zweiwöchige Frist des § 321 Abs. 2 ZPO gilt in diesem Fall nicht. BayLSG 29.4.2014 - L 15 SF 60/14 A 13, BeckRS 2014, 69324: Hat der in erster Instanz beauftragte Sachverständige den in der zweiten Instanz ihm erteilten weitergehenden gerichtlichen Gutachtenauftrag zurückgegeben, weil er seine Gutachtertätigkeit zwischenzeitlich beendet hat und nun auch nicht mehr über die Infrastruktur für die Erledigung der Arbeiten verfügt und ist diese Rückgabe gerichtlich akzeptiert worden, fehlt einem dann gebrachten Befangenheitsgesuch das Rechtsschutzbedürfnis. 3.7.2. Ablehnungsfrist BGH 15.3.2005 - VI ZB 74/04, IBR 2005, 350: Ergibt sich der Grund zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, läuft im allgemeinen die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab, wenn sich die Partei zur Begründung des Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muss. (ebenso LSG NRW 4.6.2007 - L 1 B 7/07 AL, www.justiz.nrw. de; OLG Saarbrücken 8.11.2007 - 5 W 287/07-100, OLGR 2008, 269; LG Mühlhausen 11.1.2008 - 6 O 413/06, www. juris.de; OLG Saarbrücken 11.3.2008 - 5 W 42/08, NJW-RR 2008, 1087; OLG Köln 19.8.2008 - 4 W 10/08, JMinBl NRW 2009, 17; OLG Nürnberg 6.10.2008 - 5 W 790/08, DS 2009, 74; LG Leipzig 9.9.2009 - 3 HK O 4523/06, BauR 2010, 123; OLG Bremen 17.9.2009 - 3 W 19/09, MDR 2010, 48; OLG Dresden 14.1.2010 - 4 W 20/10, www.ibr-online.de; OLG Köln 24.2.2010 - 20 W 3/10, IBR 2010, 478; BayLSG 5.4.2011 - L 2 SF 307/10 B, www.juris.de; BayLSG 7.4.2011 L 2 SF 43/11 B, www.juris.de; BGH 15.9.2011 - X ZR 142/08, NJW-RR 2011, 1555; BayLSG 11.10.2011 - L 2 SF 234/11 B, NZS 2012, 160; BayLSG 2.11.2011 - L 2 U 226/11 B, www. juris.de; BayLSG 2.11.2011 - L 2 U 226/11 B, www.juris.de; OLG München 16.11.2011 - 1 W 1720/11, BauR 2012, 547; OLG Koblenz 23.1.2012 - 4 W 13/12, nicht veröffentlicht; OLG Naumburg 2.5.2012 - 10 W 14/12, IBR 2012, 743; OLG Naumburg 4.9.2012 - 25 W 200/12, BauR 2013, 137; OLG Koblenz 24.1.2013 - 4 W 645/12, GuG 2014, 51; OLG Düsseldorf 26.3.2013 - 21 W 57/12, IBR 2013, 382. A.A. LG Saarbrücken 27.9.2007 - 2 O 32/05, zfs 2008, 86; OLG Stuttgart 11.6.2012 - 7 W 48/12, BauR 2012, 1692; OLG Köln 3.12.2012 - 17 W 141/12, IBR 2013, 115) OLG Saarbrücken 9.10.2007 - 5 W 253/07, IBR 2008, 1000: Finden sich Gründe für die Befangenheit des Sachverständigen schon im Verlaufe des selbstständigen Beweisverfahrens, muss bereits in diesem Verfahren die Ablehnung angebracht werden; unterlässt die Partei die Ablehnung, ist die später im Hauptsacheverfahren gebrachte und nur auf diese Umstände gestützte Ablehnung verspätet. BGH 5.2.2008 - VIII ZB 56/07, NJW-RR 2008, 800: Tritt der Ablehnungsgrund, auf den sich eine Partei beruft, in der mündlichen Verhandlung zu Tage, muss das Ablehnungsgesuch spätestens bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden; will der Prozessbevollmächtigte darüber erst nachdenken oder sich mit der Partei besprechen, ob die Umstände hinreichend schwergewichtig sind, muss er zu diesem Zweck eine Unterbrechung der mündlichen Verhandlung beantragen. (so entschieden für die Ablehnung des Richters; ebenso LSG Rheinland-Pfalz 5.10.2009 - L 1 SF 21/09, BeckRS 2010, 65360) KG 12.6.2008 - 22 U 64/07, NZV 2009. 142: Bei Verwertung eines schriftlichen Gutachtens aus einem anderen Verfahren gemäß § 411a ZPO (= »geborgtes Gutachten«) startet die Ablehnungsfrist erst mit der Beschlussfassung betreffend diese Verwertung. Fehlt ein förmlicher Beschluss, beginnt die Frist ab dem Erkennbar-Werden der beabsichtigten Verwertung. OLG Köln 19.8.2013 - 5 W 39/08, www.justiz.nrw.de: Ergeben sich die vermeintlichen Gründe für die Befangenheit bereits bei der persönlichen Untersuchung, müssen die Gründe binnen angemessener Prüfungs- und Überlegungsfrist - hier vier bis sechs Wochen - angebracht werden. Daran ändert auch nichts, dass die vom Sachverständigen untersuchte Partei rechtsunkundig ist; sie muss sich um Klärung bemühen. (Anmerkung des Verfassers: Gleiches gilt für Umstände, die sich während des vom Sachverständigen durchgeführten Ortstermins ergeben.) OLG Bamberg 12.8.2008 - 4 W 38/08, VersR 2009, 1427: Ergibt sich der Grund zur Ablehnung eines Sachverständigen aus dem Inhalt seines schriftlichen Gutachtens, darf die (verlängerte) Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO gleichwohl nicht ausgeschöpft werden, wenn es zur Begründung des Ablehnungsgesuchs, etwa weil es um die Umstände einer erst im Gutachten mitgeteilten Kontaktaufnahme mit dem Prozessgegner geht, keines Rückgriffs auf den sonstigen – fachbezogenen – Inhalt des Gutachtens bedarf. Dies gilt insbesondere, wenn die betroffene Partei schon wenige Tage nach der Übersendung des Gutachtens auf das | 41 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Vorliegen eines möglichen Befangenheitsgrundes hingewiesen hat sowie ferner der ablehnungswilligen Partei die von ihr verlangte »Auskunft« des Sachverständigen bereits mehrere Wochen vor Ablauf der verlängerten Frist nach § 411 Abs. 4 ZPO zugegangen ist. OLG Köln 19.8.2008 - 4 W 10/08, JMinBl NRW 2009, 17: Ein nach der vom Sachverständigen betreffend die Einwände gegen sein Gutachten abgegebenen Stellungnahme gebrachter Befangenheitsantrag ist regelmäßig verspätet, wenn die tragenden Gesichtspunkte für diesen Befangenheitsantrag schon zeitlich vor der Stellungnahme erkennbar waren. OLG Brandenburg 18.12.2008 - 12 W 59/08, DS 2009, 77: Wird das Befangenheitsgesuch auf Umstände gestützt, die ihre Ursache nicht in einer Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens haben, ist der Sachverständige unverzüglich abzulehnen und nicht binnen der gesetzten Frist zur Stellungnahme zum Gutachten. (ebenso BayLSG 1.2.2010 - L 2 R 663/09 B, BeckRS 2010, 67977) OLG Köln 21.12.2008 - 5 W 58/08, VersR 2009, 1287: Eine Partei kann einen Sachverständigen nicht mehr ablehnen, wenn sie sich, ohne den ihr bekannten Befangenheitsgrund (Äußerung des Sachverständigen in seiner mündlichen Anhörung: »… so kann ich dies nur als frech bezeichnen«) geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Sachanträge gestellt hat. VGH München 23.2.2009 - 11 B 07.30511, www.juris.de: Fühlte sich die Partei aufgrund des Verhaltens des gerichtlichen Sachver ständigen gemäß ihren Angaben »verängs tigt und gedemütigt«, weshalb sie zur Verarbeitung der mit dem gerichtlichen Sachverständigen behauptetermaßen gemachten Negativerfahrungen noch am selben Tag einen Psychiater aufsuchen musste, hat eine darauf gestützte Befangenheitsablehnung unverzüglich zu erfolgen; eine nach anwaltlicher Beratung in einem späteren Verfahrensstadium angebrachte Ablehnung mit dieser Begründung ist verspätet, weil bei unterstellter Richtigkeit des Eindrucks der Partei sich bereits im Rahmen einer Parallelwertung in der Laiensphäre sofort der Eindruck der Voreingenommenheit aufdrängen musste. OLG Brandenburg 7.7.2009 - 12 W 25/09, www.ibr-online. de: Ist weder ersichtlich, noch von der Partei geltend gemacht, dass ihr eine längere Prüfungs- und Überlegungszeit hätte zugebilligt werden müssen, ist ein später als zwei Wochen nach Kenntnis vom Ablehnungsgrund gebrachter Ablehnungsantrag nicht mehr unverzüglich eingegangen. OLG Celle 13.10.2009 - 1 W 20/09, nicht veröffentlicht: Ergeben sich die zur Begründung des Befangenheitsgesuches vorgetragenen Tatsachen auch einem Laien ohne Weiteres bei der Lektüre des Gutachtens und bedarf es keiner inhaltlichen Auseinandersetzung mit der sachverständigen Äußerung, muss das darauf gestützte Ablehnungsgesuch unverzüglich gebracht werden; in diesem Fall ist die Ablehnungsfrist nicht mit der des § 411 Abs. 4 ZPO identisch, in- nerhalb der eine Partei sachliche Einwendungen gegen das Gutachten erheben kann. OLG Karlsruhe 9.11.2009 - 14 W 43/09, DS 2010, 194: Der Lauf der Frist zur Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit beginnt frühestens mit seiner Ernennung, weil zuvor eine Ablehnung nicht möglich ist. LG Heidelberg 15.2.2010 - 7 OH 12/05, www.ibr-online.de: Ein Befangenheitsgesuch, das sich auf einen Sachverhalt stützt, zu dem diese Partei bereits Stellung genommen hat, kommt zu spät. BayLSG 10.3.2010 - L 2 VS 14/09 B, BeckRS 2010, 70312: Wird das Befangenheitsgesuch auf Umstände der von dem Sachverständigen durchgeführten Untersuchungssituation gestützt, aber erst nach Bekanntgabe des Gutachtens angebracht, kommt es nicht mehr rechtzeitig. (ebenso OLG Naumburg 11.6.2013 - 10 W 29/13, IBR 2014, 50) LG München I 9.9.2010 - 13 T 8628/10, DWW 2011, 15: Hat der mit der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete gerichtlich beauftragte Sachverständige vor Erstattung des Gutachtens auch zur Kenntnis der Parteien angekündigt, die Vergleichsobjekte nicht mit der genauen Anschrift zu benennen, kann eine erst nach Eingang des Gutachtens gebrachte Ablehnung nicht auf diese unterbliebene Identifizierung der Vergleichsobjekte gestützt werden. BayLSG 22.11.2010 - L 2 SF 271/10 B, BeckRS 2010, 70312: Wird der Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit auf ein Verhalten gestützt, welches der Sachverständige anlässlich einer ärztlichen Untersuchung der ihn dann ablehnenden Partei gezeigt haben soll, muss der Antrag innerhalb von zwei Wochen nach dem Untersuchungstag angebracht werden. (a.A. OLG Köln 19.8.2008 - 5 W 39/08, www.justiz.nrw.de: vier bis sechs Wochen) OLG Hamm 17.8.2011 - 32 W 15/11, MDR 2011, 118: Ein Verschulden i.S.d. § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO ist nicht anzunehmen, wenn die Partei noch innerhalb der Zwei-WochenFrist konkrete Bedenken hinsichtlich der Unparteilichkeit des vom Gericht bestimmten Sachverständigen anmeldet und sich hieraus innerhalb vom Gericht dazu bestimmter Fristen eine Korrespondenz entwickelt; die dann innerhalb dieser Frist gebrachten weiteren Einwände sind insbesondere nicht verspätet. BayLSG 2.11.2011 - L 2 U 226/11 B, www.juris.de: Gemäß § 118 Abs. 1 SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der ZPO anzuwenden; das gilt insbesondere für die Frist des § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO. OLG Frankfurt 23.2.2012 - 15 W 35/11, BeckRS 2012, 5586: Der ablehnenden Partei ist nach dem Bekanntwerden der die Befangenheit etwa begründenden Tatsachen eine den Umständen des jeweiligen Einzelfalles angepasste angemessene, die Einholung rechtlichen Rats einschließende Prüfungsund Überlegungsfrist zuzubilligen. | 42 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLG Stuttgart 11.6.2012 - 7 W 48/12, BauR 2012, 1692: »Unverzüglich« bedeutet, dass bei einem einfach gelagerten Sachverhalt (hier: behauptete Äußerung des Sachverständigen bei ärztlicher Untersuchung der Partei) ein behaupteter Befangenheitsgrund gegen den Sachverständigen binnen fünf Tagen geltend zu machen ist. OLG Frankfurt 3.9.2012 - 3 W 44/12, www.ibr-online.de: Der Rechtsgedanke des § 43 ZPO (Verlust des Rechtes zur Befangenheitsablehnung des Richters, sobald sich die Partei, ohne den Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder sonstige Anträge gestellt hat,) gilt auch im Rahne der Befangenheitsablehnung bezüglich des gerichtlichen Sachverständigen; dabei ist ohne Bedeutung, dass § 406 ZPO nicht ausdrücklich auf § 43 ZPO verweist. Geht es um Geschehnisse während einer mündlichen Verhandlung kommt es auf die Kenntniserlangung der nicht anwesenden Partei selbst nicht an; die Kenntnis des anwesenden Prozessbevollmächtigten von Befangenheitsgründen wirkt gegen die Partei. (ebenso betreffend den Verlust eines gegen den Richter anbringbaren Befangenheitsgrundes OLG Düsseldorf 17.2.2010 - 11 W 89/09, MDR 2010, 517: Das Einreichen eines die mündliche Verhandlung vorbereitenden Schriftsatzes kann als Einlassen in eine Verhandlung zur Sache im Sinne des § 43 ZPO zu werten sein und zum Verlust des Ablehnungsrechts führen; inhaltlich erforderlich sind Ausführungen in der Streitsache selbst, durch die auf die Sachbehandlung durch den Richter oder dessen Entscheidungsfindung in der Sache Einfluss genommen werden soll.) OLG Düsseldorf 5.2.2013 - I-23 U 185/11, BauR 2013, 1283: Ein Ablehnungsantrag erst 25 Tage nach Kenntnis des behaupteten Ablehnungssachverhalts kommt nicht unverzüglich und ist deshalb unzulässig. OLG Hamm 28.2.2013 - I-32 W 01/13, IBR 2013, 383: Zur Einhaltung der Frist des § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO sind die Ablehnungsgründe nicht binnen einer kalendermäßigen Frist, sondern grundsätzlich unverzüglich (§ 121 Abs. 1 S. 1 BGB) nach ihrem Bekanntwerden geltend zu machen; diese Frist ist schuldhaft versäumt, wenn eine Partei in Kenntnis möglicher Ablehnungsgründe ihr Ablehnungsgesuch mehrere Wochen zurückstellt, um die Stellungnahme der Gegenseite zu einem unterbreiteten Vergleichsangebot abzuwarten. OLG Brandenburg 20.3.2013 - 12 W 1/13, IBR 2013, 499: Wird der Befangenheitsantrag mit dem Vorwurf begründet, der Sachverständige wolle beharrlich Fragen nicht beantworten, und wird der Sachverständige daraufhin zunächst gerichtlich zur Nachbesserung, also zur Beantwortung der gestellten Fragen, aufgefordert, ist ein erst nach erfolgloser Nachbesserung gestellter neuer Antrag nicht verspätet. OLG Düsseldorf 26.3.2013 - 21 W 57/12, IBR 2013, 382: Längere Zeit zurückliegende - und damit verfristete - Umstände, ebenso solche Gegebenheiten, die für sich gesehen die Annahme der Befangenheit nicht begründen können, können verbunden mit einem später hinzutretenden Geschehen in der Gesamtschau die Befangenheit des Sachverständigen begründen. VG Düsseldorf 5.11.2013 - 13 K 8014/11, www.justiz.nrw. de: Die die Ablehnung des Sachverständigen als befangen aussprechende Partei muss konkret darlegen und glaubhaft machen, wann sie von dem Umstand, aus dem sie die Befangenheit ableitet, Kenntnis erlangt hat. Hatte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers auch schon in anderen Verfahren darauf berufen, dass dieser gerichtliche Gutachter häufig von dem Beklagten privat als Sachverständiger beauftragt werde, ist dieses bereits länger vorhandene Wissen seines Verfahrensbevollmächtigten dem Kläger bei der Prüfung der Unverzüglichkeit zuzurechnen. LG Saarbrücken 17.1.2014 - 12 O 233/08, www.juris.de: Ist der mögliche Befangenheitsgrund (hier: geschäftliche und private Kontakte des Sachverständigen zu einer am Verfahren beteiligten Person) in tatsächlicher Hinsicht einfach zu erfassen und ohne Weiteres zu erkennen, ist ein Zuwarten von 12 Tagen bis zur Stellung des Befangenheitsgesuches nicht mehr eine unverzügliche Reaktion. 3.7.3. Streitwert/Rechtsanwaltsvergütung/Kosten der Beschwerde OLG München 28.5.2010 - 5 W 1403/10, MDR 2010: Der Beschwerdewert betreffend die Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen ist gemäß § 3 ZPO mit einem Drittel des Hauptsachestreitwertes anzusetzen. (ebenso BGH 15.12.2003 - II ZB 32/03, AGS 2004, 159; OLG Düsseldorf 8.9.2004 - 5 W 36/04, MDR 2005, 474; OLG Saarbrücken 9.1.2007 - 5 W 298/06, OLGR 2007, 160; OLG Brandenburg 15.7.2008 - 11 W 24/08, IBR 2009, 54; OLG Düsseldorf 17.10.2008 - 5 W 41/08, OLGR 2009, 334; OLG Dresden 14.1.2010 - 4 W 20/10, www.ibr-online.de; OLG Köln 25.7.2011 - 15 W 51/11, BauR 2012, 536OLG München 11.8.2011 - 1 W 1385/11, www.juris. de; OLG München 17.8.2011 - 32 W 15/11, www.juris. de; OLG Koblenz 14.9.2011 - 4 W 396/11, IBR 2011, 673; LG München I 26.10.2011 - 13 T 18596/11, BeckRS 2011, 25616; OLG Naumburg 26.10.2011 - 10 W 21/11, BauR 2012, 843; OLG Hamm 2.12.2011 - 1 W 111/11, IfS Informationen 3/2012, 12; OLG Naumburg 30.12.2011 - 10 W 69/11, IBR 2011, 368; OLG Bremen 9.1.2012 - 3 W 28/11, GuG 2013, 59; OLG Naumburg 28.3.2012 - 10 W 10/12, BauR 2013, 137; OLG Naumburg 2.5.2012 - 10 W 14/12, IBR 2012, 743; OLG Köln 25.7.2012 - 19 W 17/12, www. ibr-online.de; OLG Nürnberg 22.8.2012 - 13 W 764/12, IBR 2012, 617; OLG Hamm 8.11.2012 - 32 W 24/12, IBR 2013, 114; OLG Saarbrücken 18.12.2012 - 5 W 430/12, IBR 2013, 186; OLG Koblenz 24.1.2013 - 4 W 645/12, GuG 2014, 51; OLG Brandenburg 20.3.2013 - 12 W 1/13, IBR 2013, 499; OLG Naumburg 11.6.2013 - 10 W 29/13, IBR 2014, 50; OLG Zweibrücken 2.8.2013 - 4 W 53/13, IBR 2013, 712: »etwa 1/3 des Hauptsachestreitwertes«; OLG Stuttgart 10.10.2013 - 3 W 48/13, www.ibr-online.de; BayLSG 19.11.2013 - L 2 SF 121/13 B, www.juris.de; OLG Schleswig 26.11.2013 - 16 W 116/13, IBR 2014, 512; OLG Stuttgart 14.1.2014 - 10 W 43/13, IBR 2014, 312; OLG Karlsruhe 13.2.2014 - 7 W 10/14, www.juris.de; OLG Hamm 26.3.2014 - 32 W 6/14, www.jus tiz.nrw.de; LG Münster 28.3.2014 – 5 T 87/14, BeckRS 2014, 09714; OLG Karlsruhe 7.4.2014 - 9 W 28/13, www.juris.de. | 43 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 A.A. OLG Frankfurt 12.1.2009 - 8 W 78/08, OLGR 2009, 574: voller Wert der Hauptsache; OLG Düsseldorf 6.10.2005 - 5 W 25/05, BauR 2005, 1972: beim selbstständigen Beweisverfahren wegen der besonderen Bedeutung der Sachverständigenstellung in diesem Verfahren voller Streitwert; OLG Bremen 11.8.2014 - 5 W 26/14, www.ibr-online.de: voller Streitwert. OLG Köln 10.5.2002 - 5 W 47/02, www.juris.de; OLG Köln 4.12.2009 - 5 W 26/09, www.juris.de: OLG Köln 23.11.2011 - 5 W 40/11, GesR 2012, 172: 50 % des Streitwertes der Hauptsache; ebenso OLG Karlsruhe 14.9.2012 - 13 U 93/12, BeckRS 2012, 19296; OLG Karlsruhe 8.3.2012 - 13 W 13/12, GesR 2012, 422: mindestens die Hälfte. OLG Celle 8.8.2011 - 6 W 172/11, nicht veröffentlicht: beim selbstständigen Beweisverfahren 10 % des Streitwertes der Hauptsache.) OLG Celle 7.6.2010 - 2 W 147/10, zfs 2010, 641: Die Ablehnung von Sachverständigen gehört gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG zu den Neben- oder Abwicklungstätigkeiten eines Rechtszuges oder des Verfahrens, sodass ein gesonderter Gebührenanspruch des Rechtsanwalts nicht besteht; dies gilt aber nicht für das Beschwerdeverfahren, dem vertretenden Rechtsanwalt erwächst da ein Anspruch auf Erstattung einer 0,5-Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 VV-RVG. OVG Hamburg 27.4.2011 - 1 So 15/11, IfS Informationen 3/2011, 9: Der Beschluss, mit dem die Beschwerde gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts betreffend die Befangenheit des Sachverständigen zurückgewiesen wird, bedarf keiner Streitwertfestsetzung, weil sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) ergibt. OLG Jena 14.3.2012 - 4 W 132/12, BauR 2012, 1150: Das Zwischenverfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen wirkt sich auf die die Festsetzung des Gebührenstreitwertes des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens nicht aus. OLG Nürnberg 22.8.2012 - 13 W 764/12, IBR 2012, 617: Weil die Frage der Befangenheit eines Sachverständigen nicht das Verhältnis zwischen den Parteien betrifft, sind die Kosten, welche aus der erfolgreichen Ablehnung eines Sachverständigen erwachsen, einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens Bestandteil der Kosten des Rechtsstreits, über die in der den Rechtsstreit beendenden Entscheidung zu befinden ist. 3.8. Befangenheit und Bezahlung des Sachverständigen 3.8.1. Rechtsprechung für die bis zum 31.7.2013 stattgefundenen Heranziehungen OLG Hamburg 5.3.2004 - 8 W 41/04, MDR 2004, 906: Äußert der Sachverständige im Gutachten, die Klägerin sei keinesfalls beweisfällig und die Klage sei berechtigt, bewirkt er seine auf diese Erklärung gestützte und erfolgreiche Befangenheitsablehnung grob fahrlässig mit der Folge, dass er für seine Tätigkeit keine Bezahlung erhält. LG Wuppertal 21.11.2006 - 6 T 650/06, VersR 2007, 1675: Grobes und zu dem Verlust des Vergütungsanspruchs führendes Verschulden betreffend das Ausscheiden als befangen liegt vor, wenn der Sachverständige ohne vorherige Offenlegung und Beteiligung der Parteien eine Besprechung mit dem von einer Partei vorprozessual beauftragten Sachverständigen durchführt, um Feststellungen hinsichtlich der ihm unterbreiteten Beweisfrage zu treffen; insoweit handelt es sich nämlich um ein Außer-Acht-Lassen elementarer Grundsätze der Berufsausbildung eines Sachverständigen und damit um einen gravierenden Regelverstoß. OLG Nürnberg 6.2.2007 - 2 W 192/07, BauR 2007, 766: Ein als befangen ausgeschiedener Sachverständiger hat einen Anspruch auf Vergütung, wenn sein Gutachten im weiteren Verlauf des Verfahrens verwertet wird; wird nur ein Teil des Gutachtens des befangenen Sachverständigen verwertet oder wird das neue Gutachten wegen der verwendeten Teile seines Gutachtens preiswerter, hat der befangene Sachverständige einen Anspruch auf einen dann zu schätzenden Teil seiner JVEG-Vergütung. OLG Celle 5.9.2007 - 6 W 82/07, IBR 2007, 655: Unterlässt es ein Sachverständiger, einen Mitarbeiter, den er nicht nur für untergeordnete Tätigkeiten einsetzen will, nach geschäftlichen Beziehungen zu den Parteien zu befragen, und stellt sich später heraus, dass der Mitarbeiter enge Beziehungen zu einer Partei unterhält, ist das Gutachten unverwertbar; dem Sachverständigen steht dafür Vergütung nicht zu, weil er die Unverwertbarkeit grob fahrlässig herbeigeführt hat. OLG Stuttgart 11.9.2007 - 10 W 23/07, MDR 2007, 1456: Der im Rahmen des Ablehnungsverfahrens angehörte Sachverständige erhält JVEG-Entschädigung als Zeuge, wenn seine Anhörung für eine sachgerechte Entscheidung über die Ablehnungsbeschwerde zwingend erforderlich gewesen und er wie ein Zeuge zu eigenen Wahrnehmungen gehört worden ist. KG 21.9.2007 - 4 W 35/07, DS 2008, 75: Verheimlicht der Sachverständige, dass er nachträglich technische Informationen von der einen Partei erhalten hat und erweckt er durch Verwendung dieser Informationen in einem Gutachten den Eindruck der eigenen gutachterlichen Ermittlung und Prüfung, bewirkt er seine darauf gestützte erfolgreiche Befangenheitsablehnung in grob fahrlässiger Weise mit der Folge des Verlustes seines Vergütungsanspruchs. OLG Jena 2.6.2008 - 4 W 198/08, IBR 2008, 696: Äußert sich der zu behaupteten Fehlern einer ärztlichen Behandlung befragte Sachverständige ungefragt über ärztliche Aufklärung und wird er deshalb erfolgreich als befangen abgelehnt, liegt noch keine den Anspruch auf Vergütung ausschließende grobe Fahrlässigkeit vor, denn in Arzthaftungsprozessen sind die Bereiche Behandlungsfehler und Aufklärungspflichtverletzung nicht scharf abgrenzbar. (a.A. LG Nürnberg-Fürth 3.2.2011 - 11 O 9707/09, r + s 2011, 180; OLG Koblenz 24.1.2013 - 4 W 645/12, GuG 2014, 51) | 44 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 BGH 24.6.2008 - X ZR 100/05, IBR 2008, 697: Der Gerichtssachverständige erhält mangels gesetzlicher Grundlage für Stellungnahmen zu Ablehnungsgesuchen keine Vergütung. (ebenso KG 26.1.2010 - 19 AR 2/09, IBR 2010, 1288; OLG Celle 28.6.2012 - 2 W 171/12, IBR 2012, 485. OLG Naumburg 14.8.2012 - 10 W 39/12, IBR 2013, 56; LG Bad Kreuznach 4.1.2013 - 1 T 1/13, IfS Informationen 3/2013, 25: Das gilt auch, wenn der Sachverständige richterlich zu einer Stellungnahme aufgefordert wurde.) OLG München 3.7.2008 - 11 W 2846/06, www.ibr-online. de: Wird der Sachverständige wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, verliert er seinen Vergütungsanspruch nur, wenn er die dadurch verursachte Unverwertbarkeit seines Gutachtens grob fahrlässig bewirkt hat; möglicherweise missverständliche Äußerungen des Sachverständigen beinhalten noch keine grobe Fahrlässigkeit. (ebenso KG 26.1.2010 - 19 AR 2/09, IBR 2010, 1288; OLG Dresden 29.3.2010 - 3 W 319/10, DS 2011, 34) OLG Rostock 16.7.2008 - 2 W 31/08, BauR 2008, 1941: Bei der Entgegennahme des gerichtlichen Auftrags hat der Sachverständige auf möglicherweise bei ihm vorliegende Befangenheitsgründe hinzuweisen; versäumt er dies und wird er deshalb wegen Befangenheit abgelehnt mit der Folge der Unverwertbarkeit seines Gutachtens, verwirkt er seinen Vergütungsanspruch selbst dann, wenn ihm nur einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. (ebenso LG Karlsruhe 29.7.2008 - 3 OH 15/05, IfS Informationen 1/2009, 19) OLG Düsseldorf 18.11.2008 - 10 W 196/07, BauR 2009, 703: Bricht der Sachverständige die Vorarbeiten am Gutachten ab, weil er befürchtet, wegen Befangenheit abgelehnt zu werden, und verweigert er nach Zurückweisung eines Befangenheitsgesuches die Fortführung seiner Sach verständigenleistung, wird er für seine nicht verwertbaren Teilleistungen nicht vergütet. OLG Nürnberg 24.11.2008 - 2 W 2246/08, BauR 2009, 1624: Grob fahrlässig verursachte und damit die Vergütung ausschließende Umstände der Befangenheit sind gegeben, wenn das Verhalten des Sachverständigen als eine ungewöhnlich große Sorgfaltspflichtverletzung zu werten ist, mithin er dasjenige nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen; diese Voraussetzungen liegen noch nicht vor, wenn die Befangenheit des Sachverständigen sich daraus ergibt, dass dieser unberechtigt eine Beweiswürdigung ihm vorgelegter Unterlagen durchgeführt hat. OLG Schleswig 12.1.2009 - 1 Ws 8/09, BauR 2009, 1190: Soll der Sachverständige auf Anforderung des Gerichts eine dienstliche Äußerung zu einem Ablehnungsgesuch abgeben, erhält er eine Entschädigung, die in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Bezahlung von Zeugen gemäß § 19 JVEG seinem Zeitaufwand entspricht. OLG Köln 5.2.2009 - 17 W 260/08, IBR 2009, 1333: Wird in einem Befangenheitsgesuch fachliche Kritik geäu- ßert, mit der sich der Sachverständige dann zwingend auseinandersetzt, erhält er für diese Leistung, die einem Ergänzungsgutachten entspricht, eine Vergütung als Sachverständiger. OLG Naumburg 25.6.2009 - 12 W 50/09, BauR 2009, 1636: Ergibt sich die Befangenheit des Sachverständigen und damit die Unver wert barkeit seines Gutachtens daraus, dass dieser sich an mehreren Stellen seines Gutachtens eine ihm nicht zustehende Beurteilung der Glaubhaftigkeit streitigen Parteivortrags anmaßt und streitiges Vorbringen zugunsten einer Partei als bewiesen erachtet, liegt zum Verlust des Vergütungsanspruchs führende grobe Fahrlässigkeit vor. OLG Bremen 6.7.2009 - 3 U 6/07, BauR 2009, 1942: Den Verlust des Vergütungsanspruchs auslösende grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn die erfolgreiche Befangenheitsablehnung sich daraus ergibt, dass der Sachverständige den Ortstermin in Anwesenheit nur einer Partei und ohne Einladung der anderen durchgeführt hat. (ebenso LG Bad Kreuznach 8.10.2009 - 3 OH 7/08, www. ibr-online.de; OLG Koblenz 8.12.2009 - 14 W 769/09, DS 2010, 157) OLG Stuttgart 8.7.2009 - 8 W 279/09, BauR 2010, 1111: Die den Verlust des Vergütungsanspruchs begründende grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich eines begründeten Ablehnungsgesuchs trifft den Sachverständigen, der die erforderliche Sorgfalt bei der Gutachtenerstattung in ungewöhnlich großem Maße verletzt und nicht dasjenige beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. OLG Koblenz 1.12.2009 - 14 W 788/09, JurBüro 2010, 96: Hat der Befangenheitsantrag gegen einen Sachverständigen Erfolg, steht der Partei kein eigenes Antragsrecht auf Rückforderung der dem Sachverständigen bereits ausgezahlten Vergütung zu; dieses Recht hat allein die Staatskasse. Die Stellungnahme des Vertreters der Staatkasse zu einem solchen Parteibegehren kann als Antrag auf gerichtliche Festsetzung nach § 4 JVEG gewertet werden. OLG Koblenz 8.12.2009 - 14 W 769/09, DS 2010, 157: Gutachterliche Leistungen eines als befangen ausgeschiedenen Sachverständigen werden honorierbar, wenn ein anderer gerichtlicher Sachverständiger sie in Kosten einsparender Weise verwertet oder wenn sie von den Parteien zur Basis eines Vergleichs gemacht worden sind. OLG Naumburg 7.1.2010 - 5 W 1/10, IBR 2011, 1074: Der gerichtliche Sachverständige, der wegen der im Gutachten ungefragt gelieferten Darstellung eigener rechtliche Bewertungen oder seines persönlichen Gerechtigkeitsempfindens als befangen aus dem Rechtsstreit ausscheidet, verliert aufgrund so offenbarter grober Fahrlässigkeit seinen Vergütungsanspruch. OLG Dresden 29.3.2010 - 3 W 319/10, DS 2011, 34: Erhält der Sachverständige vom Gericht »Gelegenheit zur Äußerung« zum Befangenheitsgesuch einer Partei, die ihn wegen fachlicher Gut ach ten mängel und »wissentlich | 45 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 falscher Darstellung selbst einfachster Sachverhalte« abgelehnt hat, verdient er für seine daraufhin eingereichte gutachterliche Stellungnahme keine Bezahlung; denn diesem Sachverständigen geht es in erster Linie darum, die im Raum stehende Frage einer Befangenheit auszuräumen und sich dadurch die bisher verdiente Vergütung möglichst zuverlässig zu erhalten. OLG Dresden 10.5./23.8.2010 - 9 U 2258/05, www.ibr-online.de: Verbale Angriffe seitens des Sachverständigen, die wegen ihres Ausmaßes und ihrer Heftigkeit das Ausscheiden dieses Sachverständigen als befangen und damit die Unverwertbarkeit seines Gutachtens verursachen, indizieren in der Regel das Vorliegen eines grob fahrlässigen und den Wegfall der Vergütung bewirkenden Verhaltens. OLG Dresden 15.6.2010 - 3 W 549/10, IBR 2010, 1301: Ergibt sich dem mit der Entscheidung über den Wegfall des Vergütungsanspruchs befassten Gericht, dass die Stattgabe des Ablehnungsantrags nicht vertretbar war, kommt der Wegfall des Vergütungsanspruchs nicht in Betracht; denn das zur Entscheidung über den Verlust der Vergütung berufene Gericht ist nicht an die Einschätzung des über die Befangenheit entscheidenden Gerichts gebunden. LG Kleve 6.10.2010 - 3 O 262/09, GesR 2011, 32: Beruht die erfolgreiche Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen darauf, dass dieser die Parteien als »Prozesshansel« bezeichnet und zusätzlich ausgeführt hat, seine infolge der Betätigung als gerichtlicher Sachverständiger entstehenden finanziellen Verluste überstiegen den Prozessstreitwert, hat er den Befangenheitsgrund grob fahrlässig mit der Folge bewirkt, dass sein Vergütungsanspruch entfällt. OLG Schleswig 12.5.2011 - 9 W 132/10, www.ibr-online: Im Interesse einer funktionierenden Rechtspflege zur inneren Unabhängigkeit des Sachverständigen erscheint notwendig, dem Sachverständigen grundsätzlich den Vergütungsanspruch zu erhalten. Der gerichtliche Sachverständige verwirkt deshalb seinen JVEG-Vergütungsanspruch nur, wenn die von ihm erbrachte Leistung unverwertbar ist und er diese Unverwertbarkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet hat. Allein die Nichtbeantwortung einer Beweisfrage beinhaltet keine derart ungewöhnlich schwerwiegende Pflichtverletzung des Sachverständigen. LG München 8.6.2011 - 8 O 15689/01, nicht veröffentlicht: Der gerichtliche Sachverständige, der Handaufzeichnungen von dem in derselben Sache zuvor abgelehnten Sachverständigen anfordert in der Annahme, diese Handaufzeichnungen seien allein aufgrund eines technischen Versehens dieses früheren Sachverständigen oder des Gerichts nicht zur Akte gelangt, handelt nicht grob fahrlässig, sodass er bei auf dieses Verhalten gestützter erfolgreicher Ablehnung seinen Anspruch auf Zahlung der Vergütung nicht verliert. OLG Karlsruhe 3.8.2011 - 14 W 18/11, www.ibr-online.de: Der Sachverständige, der erfolgreich abgelehnt worden ist, weil er in seinem Ortstermin gegenüber der die von ihm zu untersuchenden Bauschäden weiterhin bestreitenden Partei geäußert hat, diese könne »nicht alles wegschwätzen« und »Was glauben Sie eigentlich, warum hier zwei Verfahren angestrengt werden?«, handelt grob fahrlässig mit der Folge des Verlustes seines Vergütungsanspruchs. OLG Köln 8.9.2011 - 5 W 34/11, JurBüro 2012, 36: Bei der gebotenen Beurteilung der Wertigkeit des Pflichtenverstoßes eines Sachverständigen als grob fahrlässig oder vorsätzlich ist entsprechend der Regelung des § 839a BGB ein hoher Maßstab anzulegen, um die gebotene innere Unabhängigkeit des Sachverständigen zu bewahren. Bezeichnet der gerichtliche Sachverständige, der zu seinem Fachgebiet der Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde befragt worden ist, die Einwände des Beklagten, der Facharzt für Anästhesie ist, als der »populärwissenschaftlichen Laienphantasie« entstammend, als »abstruse Behauptungen oder Darlegungen ohne jeden medizinischen Realitätsbezug« und »Scheinargumente«, führt er zusätzlich aus, dass »keines der angeführten Argumente in irgendeiner Weise nachvollzogen« werden könnte, und moniert er gleichzeitig, dass dieser Fall ein Verfahren sei, in dem die Klägerin Prozesskostenhilfe erhalte und der Beklagte daran erinnert werden sollte, dass »im Interesse der deutschen Steuerzahler … die Kosten nicht in unendliche Höhen« getrieben werden sollten, offenbaren diese verbalen Entgleisungen seine Befangenheit; weil seine fachlichen Ausführungen im Übrigen aber nicht fehlerhaft waren und außerdem nicht anzunehmen ist, dass sich die in Arzthaftungssachen und deren rechtlichen Grundlagen erfahrene Kammer davon beeinflussen lässt, reichen diese Ausführungen nicht für den zusätzlichen Verlust des Vergütungsanspruchs. (a.A. OLG Rostock 3.9.2013 - 7 W 6/13, JurBüro 2013, 651) OLG Nürnberg 8.9.2011 - 8 U 2204/08, zfs 2012, 206: Ein grob fahrlässiges, zum Entfallen des Vergütungsanspruchs führendes Verhalten des erfolgreich abgelehnten medizinischen Sachverständigen kann darin liegen, dass er das mit der inhaltlichen Klärung der Beweisfrage in keinem Zusammenhang stehende Verhalten des Prozessbevollmächtigten einer Partei unsachlich würdigt oder sich vorwurfsvoll zur Lebensführung einer Prozesspartei äußert, ohne hierzu Feststellungen getroffen zu haben. OLG Köln 12.9.2011 - 5 W 28/11, IBR 2012, 53, 234: Die Äußerung des gerichtlichen Sachverständigen betreffend Einwände des Prozessbevollmächtigten des Beklagten, dass dieser »durch Wortklaubereien im Stile eines Winkeladvokaten von der Kernproblematik abzulenken versuche«, genügt jedenfalls dann nicht für die Annahme der den Verlust des Vergütungsanspruchs auslösenden groben Fahrlässigkeit oder des Vorsatzes, wenn es sich insoweit um eine Reaktion auf fachliche und teils persönliche Angriffe gegen die Begutachtung und den Sachverständigen handelte und der Sachverständige seine vorausgegangenen Stellungnahmen stets sachlich abgefasst hatte. OLG Naumburg 30.12.2011 - 10 W 69/11, MDR 2012, 802: Aus der Begründetheit eines Ablehnungsgesuches folgt nicht zugleich, dass dem Sachverständigen die Vergütung für seine Tätigkeit zu versagen ist; die für Verlust der Vergütung vorausgesetzten Umstände von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit sind nicht anzunehmen, wenn ein medizinischer | 46 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Sachverständiger den Gutachtenauftrag missversteht und sich ungefragt auch zur Dokumentation und zu Fragen des Schmerzensgeldes äußert. OLG Köln 9.1.2012 - 5 W 43/11, IBR 2012, 1284/5: Legt der medizinische Sachverständige streitiges Vorbringen seiner Begutachtung zugrunde und würdigt er zusätzlich angebotene Zeugenaussagen, ergibt dies jedenfalls dann nicht zwingend die für den Wegfall seines Vergütungsanspruchs erforderliche grobe Fahrlässigkeit, wenn dieses Verhalten des Sachverständigen darauf gründet, dass dieser Sachverständige richterlich nicht hinreichend gemäß § 404a Abs. 3 ZPO auf die von ihm zugrunde zu legenden Tatsachen hingewiesen worden ist. OLG Hamburg 4.4.2012 - 4 W 25/12, DS 2013, 150: Der Vergütungsanspruch des gerichtlichen Sachverständigen ist nur dann verwirkt, wenn ausreichende Feststellungen für einen vorsätzlichen oder mindestens grob fahrlässigen Pflichtenverstoß des Sachverständigen getroffen werden. AG Düsseldorf 19.4.2012 - 34 C 11852/10, nicht veröffentlicht: Bewirkt der Sachverständige seine Befangenheit dadurch, dass er dem Verfasser eines gegen sein gerichtliches Gutachten erstelltes und vorgelegtes Gutachten ohne nähere Belege Willkür und unsachliche Arbeitsweise vorwirft, verletzt er seine gutachterlichen Pflichten grob fahrlässig mit der Folge der Versagung einer Vergütung. OLG Koblenz 20.11.2012 - 14 W 622/12, IBR 2013, 1071 Lässt die Staatskasse ihren Rückforderungsanspruch gegen den die Befangenheit grob fahrlässig herbei geführt habenden, deshalb erfolgreich abgelehnten und dennoch bezahlten Sachverständigen anschließend verjähren, liegt darin ein grobes gerichtliches Versäumnis i.S.d. §§ 21 GKG, 66 KostO, das im Verhältnis zu den Parteien die Nichterhebung dieser verauslagten Kosten zur Folge hat; es ist nicht die Aufgabe der Parteien oder ihrer Bevollmächtigten, die Beachtung gerichtlicher Pflichten zu überwachen oder gar die Staatskasse auf die drohende Verjährung des Rückforderungsanspruchs hinzuweisen. LG Köln 26.4.2013 - 5 OH 14/08, BauR 2013, 1906: Mit den Belangen der geordneten Rechtspflege ist nicht vereinbar, dass der Sachverständige in jedem Fall seiner erfolgreichen Ablehnung als befangen auch den Vergütungsanspruch verliert; jedenfalls betreffend im Verlauf der Sachverständigenbetätigung auftretender Umstände ergibt sich diese Rechtsfolge erst bei Vorliegen einer ungewöhnlich groben Pflichtverletzung durch den Sachverständigen. Wird das erstellte schriftliche Gutachten des Sachverständigen umfänglich und aus seiner Sicht unberechtigt sowie inhaltlich unzutreffend kritisiert und äußert dieser Sachverständige sich dann zwar mit nicht sachlicher, aber jedenfalls noch auf den Fall bezogener Formulierung, überschreitet er die Grenze zur groben Fahrlässigkeit noch nicht. OLG Koblenz 8.7.2013 - 14 W 372/13, MDR 2013, 1064: Es erscheint bereits zweifelhaft, ob Befangenheit des graphologischen Sachverständigen daraus abgeleitet werden kann, dass dieser zur Vorbereitung seines Ergänzungsgutachtens vor ihm gefertigte Schriftproben einer Partei und ihrer Angehörigen einholt, ohne dazu die gegnerische Partei zu laden; in diesem Verhalten liegt aber allenfalls ein ungeschicktes Vorgehen und kein zum Wegfall des Vergütungsanspruch führendes grobes Fehlverhalten des Sachverständigen. OLG Rostock 3.9.2013 - 7 W 6/13, JurBüro 2013, 651: Versieht der gerichtliche Sachverständige die Akte mit kommentierenden Randbemerkungen wie »NEIN«, »stimmt nicht«, »Blödsinn«, »völliger Blödsinn« auf den klägerischen Schriftsätzen und »Gut« auf einem Schriftsatz der Beklagtenseite und sind nicht irgendwelche Angriffe gegen ihn vorhergegangen, liegt grob fahrlässiges Verhalten des insoweit als befangen ausgeschiedenen Sachverständigen vor. OLG Köln 30.9.2013 - 17 W 71/13, nicht veröffentlicht: Will eine Partei von der Belastung mit Kosten für das Gutachten eines mit Erfolg abgelehnten Sachverständigen befreit werden, kann sie dies nur mit der Kostenerinnerung nach § 66 GKG und nicht schon in dem allein zwischen der Landeskasse und dem Sachverständigen ablaufenden JVEGVergütungsverfahren verfolgen. OLG Stuttgart 30.7.2014 - 8 W 388/13, IBR 2014, 581: Zeigt der gerichtliche Sachverständige während seiner mündlichen Befragung durch den Rechtsanwalt diesem den Vogel (durch Tippen mit dem Zeigefinger an die Stirn), bewirkt er seine dann kommende Ablehnung als befangen grob fahrlässig mit der Folge des Verlustes seines Vergütungsanspruchs; das ist selbst dann nicht anders zu sehen, wenn der Rechtsanwalt den Sachverständigen vehement in der Weise befragt hat, dass er dieselbe Frage mehrfach stellte. 3.8.2. Neues JVEG Für die ab dem 1.8.2013 erteilten gerichtlichen Gutachtenaufträge ist in § 8a Abs. 1 JVEG dies geregelt: »Der Anspruch auf Vergütung entfällt, wenn der Berechtigte es unterlässt, der heranziehenden Stelle unverzüglich solche Umstände anzuzeigen, die zu seiner Ablehnung durch einen Beteiligten berechtigen, es sei denn, er hat die Unterlassung nicht zu vertreten.« Im Hinblick auf diese gesetzliche Neuregelung lässt sich nachfolgende und noch zu der Zeit der Geltung des Vorgängerrechts ergangene Entscheidung künftig nicht mehr halten: OLG Karlsruhe 21.8.2013 - 19 W 45/12, IfS Informationen 5/2013, 23: Der Sachverständige, der nicht darauf hinweist, dass er in den Jahren 1991 bis 1996 bei der Klägerin und in den Jahren 1996 bis 1999 bei Tochterunternehmen der Klägerin beschäftigt war, handelt insoweit jedenfalls dann nicht grob fahrlässig, wenn er nachfolgend für mehrere unmittelbare Mitbewerber der Klägerin tätig war. (Anmerkung des Verfassers: Hier offenbart sich die Unrichtigkeit der Ausführungen der Gesetzesbegründung, diese Neuregelung enthalte keine Verschlechterungen, sondern bloß die gesetzliche Neuregelung der von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Auffassung.) | 47 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Dies ist in § 8a Abs. 2 JVEG geregelt: »Der Berechtigte erhält eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist, wenn er … 3. im Rahmen der Leistungserbringung grob fahrlässig oder vorsätzlich Gründe geschaffen hat, die einen Beteiligten zur Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit berechtigen; … . Soweit das Gericht die Leistung berücksichtigt, gilt sie als verwertbar.« (Anmerkung des Verfassers: Diese gesetzliche Neuregelung verlangt jedenfalls nach ihrem Wortlaut - anders als die einhellige bisherige Rechtsprechung - kein Ablehnungsgesuch und auch kein Ablehnungsverfahren; das Vorliegen eines vorsätzlich oder grob fahrlässig vom Sachverständigen verursachten Ablehnungsgrundes genügt; auch insoweit ergibt sich nun eine Schlechterstellung gegenüber dem Vorgängergesetz.) 3.8.3. Befangenheit und § 839a BGB OLG Hamm 14.1.2014 - 9 U 231/13, BauR 2014, 1330: Ein wegen Befangenheit des Sachverständigen unverwertbares Gutachten ist kein unrichtiges Gutachten im Sinne des § 839a BGB, kann also nicht zu einer Haftung dieses Sachverständigen führen. 4. Taktische Hinweise Die Praxis zeigt, dass bisweilen – von den professionellen Verfahrensbeteiligten auch so erkannt – klar unsachliche, also von vornherein unbegründete, aber mit annähernd ehrenrührigen Inhalten gespickte Befangenheitsanträge angebracht werden. Diese bezwecken über die im Abschnitt 1.3. dieses Textes bereits vorgestellte Arbeitsstrategie des voraussichtlichen »2. Siegers« hinaus, durch eine so »herausgekitzelte« überzogene Reaktion des dazu Stellung nehmenden Sachverständigen jedenfalls nachfolgend einen klaren Befangenheitsgrund hinzukriegen. Der erfahrene Richter, zu dessen Aufgaben auch gehört, für den Ehrenschutz seines von ihm hinzugezogenen Sachverständigen zu sorgen (Ulrich Der gerichtliche Sachverständige 12. A. 2007 Rdn. 254), holt in der Regel in solchen Fällen schon keine Stellungnahme des Sachverständigen ein, sondern trifft sogleich die das nicht schlüssige Gesuch zurückweisende Entscheidung. Die bisweilen vertretene Auffassung, dass dem Sachverständigen von vorneherein rechtliches Gehör zu gewähren sei (Musielak/Huber ZPO, 11. A. 2014 § 406 Rdn. 17), ist allein für schlüssige Ablehnungsanträge richtig, denn nur bei solchen läuft der Sachverständige das Risiko des zukünftigen Verlustes seines Vergütungsanspruchs; vielmehr ist der Sachverständige nur anzuhören, soweit dies für die Prüfung der Begründetheit des Gesuches erforderlich ist (SG Halle 13.2.2014 - S 4 SF 10/14 AB, www. juris.de: In einem Ablehnungsverfahren gegen einen Sachverständigen ist es nicht verfahrensfehlerhaft, wenn zu unsubstantiierten Vorwürfen gegen diesen Sachverständigen von diesem keine Äußerung eingeholt wird. Kühl NZS 2003, 579, 580). Obwohl es im Rechtsstreit grundsätzlich nicht um die Befindlichkeiten des Sachverständigen geht, dürfte ferner eine Anhörung wegen der Rechtsbetroffenheit des Sachverständigen geboten sein, wenn das Persönlichkeitsrecht oder die berufliche Betätigung dieses Sachverständigen berührt sind (PG/Katzenmeier ZPO 6. A. 2014 § 406 Rdn. 22) oder sein Vergütungsanspruch ernsthaft gefährdet ist. Wird der Sachverständige um eine – ihm nach der überwiegenden Auffassung nicht zu bezahlende – Stellungnahme zum Befangenheitsantrag ersucht, sollte er auf solche »Tretminen-Anträge« nicht hereinfallen und also nüchtern, sachlich, gelassen und knapp antworten. Eine Erklärung des Sachverständigen darüber, ob er sich für befangen hält, verbietet sich; denn die Entscheidung über seine Befangenheit ist allein eine rechtliche, die dem Richter obliegt (OLG München 31.3.2014 - 10 W 32/14, DAR 2014, 273: Für die Antwort auf die Frage, ob Befangenheit des Sachverständigen besteht, ist völlig ohne Bedeutung, ob dieser sich für befangen hält oder nicht). Ergeben sich Zweifel an der Unvoreingenommenheit des gerichtlichen Sachverständigen, ohne dass ein Ablehnungsgesuch gestellt worden ist, oder ist der Befangenheitsantrag allein aufgrund Fristversäumung unzulässig, kann Befangenheit gleichsam mittelbar bedeutsam in dem Sinne bleiben, dass das bisherige Gutachten wegen dieser Umstände von seinem Gehalt her nur eingeschränkt oder gar nicht verwendbar ist. Ein unmittelbar über Befangenheit nicht mehr anzubringender Umstand kann, sofern er hinreichend gesichert ist, zur Beeinträchtigung – gegebenenfalls zum Ausschluss – des Beweiswertes eingeführt werden und so bei der Beweiswürdigung Beachtung finden (BGH 12.3.1981 - IVa ZR 108/80, NJW 1981, 2010; Kühl NZS 2003, 579, 581). In einem solchen Fall kann sich dem Gericht Veranlassung zur Einholung eines neuen Gutachtens gemäß § 412 Abs. 1 ZPO ergeben (OVG Münster 6.2.2012 - 1 A 1337/10, NVwZ-RR 2012, 575). Unter diesem Gesichtspunkt kann dann trotz eines zurückgewiesenen Befangenheitsantrags der Verlust des Vergütungsanspruchs in Betracht kommen. Dies wird in der Praxis von Richtern bisweilen übersehen, weshalb die Verfahrensbevollmächtigten hierauf hinweisen müssen. Ferner scheidet der befangene Sachverständige nur als Beweismittel »Sachverständiger« aus. Er kann zu seinen tatsächlichen technischen Erkenntnissen – aber nur sofern diese noch streitig sind – als sachverständiger Zeuge, der dann als Zeuge zu entschädigen ist, gehört werden. Die Verwertung der von dem abgelehnten Sachverständigen ermittelten Befundtatsachen ist auch in einem Strafverfahren zulässig. Kontakt/Information Professor Ulrich war mehr als zwei Jahrzehnte lang Vorsitzender Richter am Landgericht in Dortmund. Er ist Honorarprofessor für das Fach »Ziviles Baurecht« an der Hochschule Bochum; von ihm stammen u.a. das 2007 in der 12. Auflage erschienene Handbuch »Der gerichtliche Sachverständige« und das 2008 veröffentlichte Werk »Selbstständiges Beweisverfahren mit Sachverständigen«. Im ZPO-Kommentar Prütting/Gehrlein bearbeitet er die Vorschriften zum selbstständigen Beweisverfahren. Vors. RiLG a.D. Professor Jürgen Ulrich Am Elsebad 28, 58239 Schwerte; Tel.: 02304/7 88 11 | 48 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Die Rechtsprechung aus den Jahren 2002–2013 zur Haftung des Gerichtssachverständigen nach § 839a BGB Der Autor Dr. Felix Lehmann Vorsitzender Richter am Landgericht Kiel Inhalt 1. Anwendungsbereich des § 839a BGB 1.1. Persönlicher Anwendungsbereich 1.1.1. Aktivlegitimation 1.1.1.1. LG Köln (Urteil vom 27. Oktober 2004, Az.: 28 O 157/04): Zwangsversteigerungsverfahren: Keine Haftung aus § 839a BGB! 1.1.1.2. BGH (Urteil vom 9. März 2006, Az.: III ZR 143/05): Ersteigerer als Verfahrensbeteiligter i.S.d. § 839a Abs. 1 BGB! 1.1.1.3. LG Köln (Urteil vom 11. Dezember 2009, Az.: 32 O 263/06): Ersteigerer ist Verfahrensbeteiligter i.S.d. § 839a Abs. 1 BGB! 1.1.2. Passivlegitimation 1.1.2.1. OLG Celle (Beschluss vom 5. Mai 2009, Az.: 4 U 26/09): Beweisaufnahme ist Voraussetzung für Inanspruchnahme eines Sachverständigen nach § 839a BGB! 1.1.2.2. OLG Hamm (Urteil vom 7. Juni 2010, Az.: 6 U 213/10): Anspruch nach § 839a BGB setzt gerichtliche Bestellung des Sachverständigen voraus! 1.2. Zeitlicher Anwendungsbereich 1.2.1. L G Köln (Urteil vom 7. Januar 2004, Az.: 28 O 330/03): Keine Anwendbarkeit des § 839a BGB bei Gutachtenerstellung vor dem 1. August 2002 1.2.2. L G Heilbronn (Urteil vom 24. Juni 2005, Az.: 1 O 92/05) – Kein Anspruch nach § 839a BGB bei Eintritt des schädigenden Ereignisses vor dem 31. Juli 2002! 1.2.3. O LG Celle (Beschluss vom 5. Mai 2009, Az.: 4 U 26/09): Anwendbarkeit des § 839a BGB in einem über zwei Instanzen geführten Zivilrechtsstreit! 1.2.4. O LG Hamm (Urteil vom 17. Oktober 2011, Az.: 17 U 39/11) – Kein Anwendbarkeit des § 839a BGB bei schädigendem Ereignis vor dem 1. August 2002! 1.2.5. OLG Koblenz (Beschluss vom 6. August 2012, Az.: 5 W 420/12) – Vor dem 2. Schuldrechtsmodernisierungsgesetz nur Haftung des Gerichtssachverständigen nach § 826 BGB 1.3. Verhältnis zu anderen Anspruchsgrundlagen 1.3.1. OLG Koblenz (Beschluss vom 6. Juni 2005, Az.: 5 U 687/05): Keine persönliche Haftung des von einer Berufsgenossenschaft mit einer Untersuchung beauftragten Arztes nach § 839a BGB! 1.3.2. OLG Koblenz (Beschluss vom 14. Juli 2006, Az.: 10 U 1685/05): Voraussetzungen der zivilrechtlichen Haftung des Sachverständigen 1.3.3. OLG Celle (Beschluss vom 5. Mai 2009, Az.: 4 U 26/09): Gerichtsgutachter haftet nur noch nach § 839a BGB! 1.3.4. OLG Stuttgart (Urteil vom 20. Dezember 2011, Az.: 6 U 107/11): Kein Anspruch eines Dritten gegen Schiedsgutachter wegen eines falschen Gutachtens! 54 54 54 2. Anspruchsvoraussetzungen des § 839a BGB 2.1. Unrichtigkeit des Gutachtens 2.1.1. OLG Rostock (Beschluss vom 21. März 2006, Az.: 8 U 113/05): Sachverständigenhaftung nur bei grob falschem oder offenkundig unrichtigem Gutachten! 2.1.2. KG Berlin (Urteil vom 3. Dezember 2007, Az.: 24 U 71/07): Gutachterhaftung wegen Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit eines Wertgutachtens im Zusammenhang mit einem Zwangsversteigerungsverfahren! 2.1.3. OLG München (Beschluss vom 18. Juni 2008, Az.: 1 U 2044/08): Keine Haftung nach § 839a BGB bei medizinisch wissenschaftlich vertretbarer Einschätzung des Gerichtssachverständigen! 60 60 | 49 54 55 55 55 55 56 57 57 57 58 58 58 58 58 59 59 59 60 61 63 10 Jahre – Der Bausachverständige Festschrift BauSV 1/2015 2.1.4. O LG Rostock (Urteil vom 27. Juni 2008, Az.: 5 U 50/08): Haftung des im Zwangsversteigerungsverfahren zur Grundstücksbewertung bestellten Sachverständigen! 63 2.1.5. L G Bochum (Urteil vom 9. Juli 2008, Az.: 6 O 33/08): Anforderungen an den Sachvortrag zur Behauptung der Erstellung eines unrichtigen Gutachtens! 64 2.1.6. O LG Saarbrücken (Urteil vom 23. Oktober 2008, Az.: 8 U 487/07): Kein Schadensersatzund Schmerzensgeldanspruch trotz Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf Grund einer falschen Diagnose! 64 2.1.7. L G Karlsruhe (Urteil vom 18. Februar 2009, Az.: 6 O 48/06): Haftung eines Sachverständigen für Immobilienbewertungen für Fehler in einem vom Zwangsversteigerungsgericht eingeholten Gutachten und Fehlbeurteilung des Umfangs von Feuchtigkeitsschäden in einem verwahrlosten Keller eines Einfamilienreihenhauses! 65 2.1.8. A G München (Urteil vom 24. September 2010, Az.: 22 C 817/09): Kein Anspruch nach § 839a BGB bei angeblicher Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Gutachter! 65 2.1.9. O LG Köln (Urteil vom 8. Dezember 2010, Az.: 2 U 8/10): Haftung des gerichtlich bestellten Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer im Zwangsversteigerungsverfahren! 65 2.1.10. L G Oldenburg (Urteil vom 23. März 2011, Az.: 13 O 3477/07): Kein unrichtiges Gutachten trotz Nichtberücksichtigung von Baumängeln durch Verkehrswertgutachter! 65 2.1.11. L G Berlin (Urteil vom 13. Juli 2011, Az.: 23 O 350/10): Voraussetzungen für ein unrichtiges Verkehrswertgutachten65 2.1.12. O LG Jena (Urteil vom 7. November 2012, Az.: 2 U 135/12) : Unrichtiges Gutachten wegen Nichtberücksichtigung einer DIN und Anwendung falscher Messmethodik 66 2.1.13. O LG Hamm (Hinweisbeschluss vom 12. August 2013, Az.: 9 U 235/12): Keine hinreichende Darlegung eines unrichtigen Gutachtens! 66 2.1.14. BGH (Urteil vom 10. Oktober 2013, Az.: III ZR 345/12): Haftung des gerichtlichen Sachverständigen: Unrichtiges Verkehrswertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren 67 2.1.15. O LG Hamm (Beschluss vom 22. Oktober 2013, Az.: 9 U 235/12): Darlegungslast der klagenden Partei 69 2.2. Verschulden 69 2.2.1. Grobe Fahrlässigkeit 69 2.2.1.1. Sinn und Zweck der Haftungsbeschränkung 69 2.2.1.1.1. AG Kandel (Urteil vom 9. Oktober 2009, Az.: 2 C 20/09): Haftungsbeschränkung soll Tätigkeit der gerichtlich bestellten Sachverständigen erleichtern! 69 2.2.1.1.2. OLG Köln (Urteil vom 8. September 2011, Az.: 5 W 34/11): § 839a BGB soll innere Unabhängigkeit des Gerichtssachverständigen bewahren 70 2.2.1.2. Abweichung von anderen Gutachten 70 2.2.1.2.1. LG Kiel (Urteil vom 14. Dezember 2006, Az.: 5 O 232/05): Keine grobe Fahrlässigkeit bei unterschiedlichen fachlichen Auffassungen. 70 2.2.1.2.2. LG Bochum (Urteil vom 9. Juli 2008, Az.: 6 O 33/08): Abweichen von anderen Gutachten ist nicht ausreichend für grobe Fahrlässigkeit! 71 2.2.1.2.3. LG Koblenz (Urteil vom 10. Dezember 2009, Az.: 1 O 356/09) - Sachverständige: Keine Haftung ohne hinreichenden Vortrag zum Verschulden! 71 2.2.1.2.4. OLG Köln (Urteil vom 30. Januar 2012, Az.: 5 U 222/11) – Keine grobe Fahrlässigkeit trotz Abweichens von anderen Gutachten! 72 2.2.1.2.5. LG Wiesbaden (Urteil vom 27. September 2013, Az.: 2 O 12/12): Keine grobe Fahrlässigkeit bei Uneinigkeit verschiedener Sachverständiger! 72 2.2.1.3. Sonstige Fälle 74 2.2.1.3.1. OLG Celle (Beschluss vom 6. Mai 2004, Az.: 4 U 30/04): Keine grobe Fahrlässigkeit trotz unterbliebener Besichtigung bei Wertgutachten 74 2.2.1.3.2. OLG Koblenz (Beschluss vom 14. Juli 2006, Az.: 10 U 1685/05): Voraussetzungen der zivilrechtlichen Haftung des Sachverständigen 75 2.2.1.3.3. KG Berlin (Beschluss vom 10. Januar 2007, Az.: 12 W 61/06): Keine grobe Fahrlässigkeit trotz unterlassener Fahrzeugbesichtigung! 76 2.2.1.3.4. OLG Schleswig (Urteil vom 5. Juli 2007, Az.: 14 U 61/06): Feststellung von Baumängeln keine Sachverständigenpflicht bei Verkehrswertgutachten! 77 2.2.1.3.5. OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 2. Oktober 2007, Az.: 19 U 8/07): Sachverständigenhaftung wegen eines grob fehlerhaften anthropologischen Vergleichsgutachtens zur Täteridentifizierung nach einem Bankraub 78 | 50 10 Jahre – Der Bausachverständige Festschrift BauSV 1/2015 2.2.1.3.6. OLG Saarbrücken (Urteil vom 23. Oktober 2008, Az.: 8 U 487/07): Kein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch trotz Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf Grund einer falschen Diagnose! 80 2.2.1.3.7. OLG Celle (Beschluss vom 5. Mai 2009, Az.: 4 U 26/09): Darlegungslast des Klägers hinsichtlich eines grob fahrlässig fehlerhaften Gutachtens! 80 2.2.1.3.8. OLG Hamm (Urteil vom 16. Juni 2009, Az.: 9 U 239/08): Keine Herabsetzung der Substantiierungslast des Anspruchstellers bei Haftungsanspruch gegen gerichtlich bestellten Sachverständigen! 80 2.2.1.3.9. LG Ulm (Urteil vom 6. November 2009, Az.: 3 O 261/09): Haftung des gerichtlich bestellten Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer im Zwangsversteigerungsverfahren bei Billigung des Sachverständigenvorgehens durch das Gericht! 81 2.2.1.3.10. LG Köln (Urteil vom 11. Dezember 2009, Az.: 32 O 263/06): Grobe Fahrlässigkeit des Verkehrswertgutachters bei falscher Angabe des Baujahres und drohender Rückbauverpflichtung!81 2.2.1.3.11. OLG Brandenburg (Urteil vom 11. März 2010, Az.: 5 U 204/08): Keine Haftung des Gerichtssachverständigen trotz falscher Angaben im Verkehrswertgutachten! 82 2.2.1.3.12. OLG München (Urteil vom 21. Mai 2010, Az.: 1 U 3611/09): Grob fahrlässiges Handeln bei Gutachtenerstattung über Heizungsbauleistungen durch unzutreffende Anwendung einer DIN-Vorschrift! 82 2.2.1.3.13. LG Kiel (Beschluss vom 8. Juni 2010, Az.: 17 O 79/10): Schadensersatz gegen Gerichtssachverständigen: Nur bei grober Fahrlässigkeit! 83 2.2.1.3.14. OLG München (Urteil vom 29. Juli 2010, Az.: 1 U 5314/09): Haftung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen wegen der angeblich fehlerhaften Erstellung eines Gutachtens im Arzthaftungsprozess nach Komplikationen in Folge einer Blinddarmentzündung!83 2.2.1.3.15. OLG Köln (Urteil vom 8. Dezember 2010, Az.: 2 U 8/10): Haftung des gerichtlich bestellten Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer! 83 2.2.1.3.16. LG Berlin (Urteil vom 13. Juli 2011, Az.: 23 O 350/10): Keine grobe Fahrlässigkeit trotz fehlender Untersuchungen des Verkehrswertgutachters! 84 2.2.1.3.17. LG Frankenthal (Urteil vom 6. Oktober 2011, Az.: 8 O 79/10: Ungeprüfte Übernahme der Empfehlung eines Wirtschaftsverbandes! 84 2.2.1.3.18. OLG Jena (Urteil vom 7. November 2012, Az.: 2 U 135/12) – Unzutreffende Angaben in der Sachverständigenanhörung! 84 2.2.1.3.19. OLG Celle (Urteil vom 31. Juli 2013, Az.: 4 U 15/13): Grobe Fahrlässigkeit des Sachverständigen wegen nicht bedachter Möglichkeit der Bodenkontamination 84 2.2.2. Vorsatz 85 2.3. Ergehen einer unrichtigen Entscheidung 85 2.3.1. OLG Nürnberg (Beschluss vom 7. März 2011, Az.: 12 W 456/11): Nach Prozessvergleich keine Inanspruchnahme des Gerichtssachverständigen nach § 839a BGB möglich! 85 2.3.2. OLG Köln (Hinweisbeschluss vom 29. August 2012, Az.: 5 U 104/12): Keine direkte Haftung auf Grund eines falschen Gutachtens gemäß § 839a BGB! 85 2.4. Kausalität Gutachten / Entscheidung 86 2.4.1. L G Bonn (Beschluss vom 19. September 2006, Az.: 10 O 77/06): Erfolgsaussicht eines Anspruchs auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Falschbegutachtung in einem Sorgerechts- bzw. Umgangsverfahren 86 2.4.2. O LG München (Beschluss vom 19. Juli 2011, Az.: 1 W 999/11): Keine Kausalität der gutachterlichen Stellungnahme für die Entscheidung! 86 2.4.3. O LG Jena (Urteil vom 7. November 2012, Az.: 2 U 135/12) – Unrichtiges Gutachten war kausal für die falsche Gerichtsentscheidung! 87 2.5. Schaden 87 2.5.1. O LG Köln (Urteil vom 8. Dezember 2006, Az.: 20 U 133/04): Schadensersatz wegen Fehler im Wertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren 87 2.5.2. O LG Köln (Urteil vom 8. Dezember 2010, Az.: 2 U 8/10): Haftung des gerichtlich bestellten Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer! 88 2.5.3. O LG Jena (Urteil vom 7. November 2012, Az.: 2 U 135/12) – Schadensersatzanspruch gegen Gerichtsgutachter umfasst auch Verfahrens- und Gutachterkosten! 89 | 51 10 Jahre – Der Bausachverständige Festschrift BauSV 1/2015 2.6. Kausalität Entscheidung / Schaden OLG Schleswig (Urteil vom 10. April 2012, Az: 11 U 18/10): Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zur haftungsausfüllenden Kausalität bei Inanspruchnahme eines Gerichtssachverständigen durch einen Grundstücksersteigerer wegen eines fehlerhaften Verkehrswertgutachtens 89 3. § 839a Abs. 2 BGB 3.1. Unterlassenes Rechtsmittel OLG Düsseldorf (Beschluss vom 24. Juni 2013, Az.: 8 U 45/13): Keine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen bei unterlassener Einlegung von Rechtsmitteln im Ausgangsprozess! 3.2. Unterlassener Befangenheitsantrag gegen Gerichtssachverständigen LG Regensburg (Urteil vom 29. August 2012, Az. 1 O 2552/11): Kein Haftungsanspruch gegen Gerichtssachverständigen bei unterlassenem Befangenheitsantrag! 3.3. Anträge nach §§ 411 Abs. 3, 4, 412 ZPO 3.3.1. O LG Brandenburg (Urteil vom 20. Juli 2006, Az.: 5 U 168/05): Haftungsausschluss wegen eines unrichtigen Gutachtens bei unterbliebenem Antrag auf Ladung zur mündlichen Anhörung! 3.3.2. B GH (Beschluss vom 5. Juli 2007, Az.: III ZR 240/06): Antrag auf mündliche Erläuterung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens als »Rechtsmittel«! 3.3.3. A G München (Urteil vom 19. November 2009, Az.: 281 C 34656/08): Haftung des Gerichtssachverständigen nur nach erfolglosen Rechtsmitteln im Vorprozess! 3.3.4. L G Koblenz (Urteil vom 10. Dezember 2009, Az.: 1 O 356/09): Kein Anspruch gegen Gerichtsgutachter bei unterlassener Rechtsmitteleinlegung! 3.3.5. O LG Hamm (Beschluss vom 2. November 2010, Az.: 6 U 131/10): Unterlassene Rechtsmitteleinlegung bei Unterbleiben des Antrags auf mündliche Anhörung des Sachverständigen vor Gericht! 3.3.6. O LG Köln (Urteil vom 27. März 2012, Az.: 4 U 11/11: Kein Haftungsanspruch bei unterlassenem Antrag auf Anhörung des Sachverständigen! 3.3.7. O LG München (Beschluss vom 29. Juni 2012, Az.: 1 U 943/12): Kein Haftungsanspruch bei fehlendem Antrag auf Gutachtenerläuterung bzw. Einholung eines »Obergutachtens«! 3.3.8. O LG München (Urteil vom 25. Juli 2013, Az.: 1 U 615/13): Unterlassene Befragung des Sachverständigen bei dessen mündlicher Anhörung als unterlassene Rechtsmitteleinlegung 3.4. Einholung eines Privatgutachtens OLG Celle (Urteil vom 10. November 2011, Az.: 13 U 84/11): Einholung eines Privatgutachtens erforderlich zum Nachweis der Fehlerhaftigkeit des Gerichtsgutachtens als Rechtsmittel bei der Schadensabwendungspflicht! 3.5. Gänzliche Verhinderung des Schadens BVerfG (Beschluss vom 22. Februar 2011, Az.: 1 BvR 409/09): Gänzliche Verhinderung des Schadens durch Rechtsmittel erforderlich bei § 839 Abs. 3 BGB! 89 89 4. § 254 BGB LG Karlsruhe (Urteil vom 18. Februar 2009, Az.: 6 O 48/06): Mitverschulden des Ersteigerers bei Vertrauen auf ein länger zurückliegendes Gutachten und Verzicht auf eine eigene Besichtigung des Versteigerungsobjekts! 96 5. Strafrechtliche Konsequenzen unrichtiger Gutachten OLG Düsseldorf (Beschluss vom 31. März 2008, Az.: 1 Ws 167/07): Beihilfe zum versuchten Prozessbetrug durch falsches Gutachten? 97 89 89 90 90 90 90 91 92 92 93 93 94 94 95 95 96 96 96 97 6. Verfahrensfragen 97 6.1. O LG Frankfurt a.M. (Beschluss vom 17. Februar 2003, Az.: 2 W 49/02): Selbstständiges Beweisverfahren gegen den gerichtlich bestellten Sachverständigen: Zulässigkeit der Einholung eines Gutachtens zu demselben Beweisthema 97 6.2. O LG Schleswig (Beschluss vom 13. April 2004, Az.: 16 W 7/04): Selbstständiges Beweisverfahren unzulässig bei fehlender Kausalität zwischen Gutachten und Entscheidung 98 6.3. O LG Frankfurt a.M. (Urteil vom 15. Juli 2004, Az.: 1 U 78/01): Ausschluss des Sachverständigen nach Streitverkündung98 6.4. B GH (Beschluss vom 16. September 2004, Az.: III ZB 33/04): Rechtliches Interesse an Feststellung im selbstständigen Beweisverfahren 99 6.5. O LG Celle (Beschluss vom 24. August 2005, Az.: 7 W 86/05): Unzulässige Streitverkündung gegen den bestellten Gerichtssachverständigen 99 | 52 10 Jahre – Der Bausachverständige Festschrift BauSV 1/2015 6.6. O LG Koblenz (Beschluss vom 28. September 2005, Az.: 12 U 251/05): Streitverkündung und Zustellung an den Gutachter sind unzulässig! 6.7. O LG Celle (Beschluss vom 14. November 2005, Az.: 7 W 117/05): Zustellung ungeprüfter Streitverkündung an gerichtlich bestellten Sachverständigen 6.8. O LG Bamberg (Beschluss vom 28. Dezember 2005, Az.: 8 W 37/05): Kein selbstständiges Beweisverfahren parallel zum Hauptsacheverfahren 6.9. O LG Bamberg (Beschluss vom 9. Januar 2006, Az.: 4 U 186/05): Unzulässigkeit der Streitverkündung an den vom Gericht beauftragten Sachverständigen! 6.10. B GH (Urteil vom 12. Januar 2006, Az.: VII ZR 207/04): Beitritt des Sachverständigen nach Streitverkündung kein gesetzlicher Ausschließungsgrund! 6.11. O LG Stuttgart (Beschluss vom 22. März 2006, Az.: 6 W 7/06): Streitverkündung an den gerichtlich bestellten Sachverständigen unzulässig! 6.12. L G Stuttgart (Beschluss vom 10. Juli 2006, Az.: 10 T 126/06): Unzulässigkeit der Streitverkündung an den gerichtlich bestellten Sachverständigen! 6.13. L G München (Beschluss vom 21. Juli 2006, Az.: 1 U 3851/06): Streitverkündung gegenüber dem gerichtlich bestellten Sachverständigen 6.14. B GH (Beschluss vom 27. Juli 2006, Az.: VII ZB 16/06): Streitverkündung gegenüber dem im selben Rechtsstreit bestellten gerichtlichen Sachverständigen 6.15. B GH (Beschluss vom 28. Juli 2006, Az.: III ZB 14/06): Rechtliches Interesse für Beweisantrag im selbstständigen Beweisverfahren zur Vorbereitung eines Sachverständigenhaftpflichtprozesses? 6.16. O LG Brandenburg (Beschluss vom 6. September 2006, Az.: 11 W 36/06): Zulässigkeit der Streitverkündung gegenüber dem gerichtlich bestellten Sachverständigen in einem selbstständigen Beweisverfahren 6.17. B GH (Beschluss vom 19. Dezember 2006, Az.: VIII ZB 49/06): Mietrechtsstreit: Zulässigkeit der Streitverkündung gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen 6.18. A G Hagen/Westfalen (Urteil vom 5. Juli 2007, Az.: 10 C 84/07): Unzulässigkeit der Zustellung einer auf Änderung gutachterlicher Äußerungen in einem rechtshängigen Verfahren gerichteten Klage 6.19. O VG Münster (Beschluss vom 26. Mai 2006, Az.: 4 B 310/06): Widerruf der öffentlichen Bestellung eines Sachverständigen wegen mangelhaften Gutachten | 53 100 102 103 103 104 105 105 106 107 108 109 110 110 111 10 Jahre – Der Bausachverständige Festschrift BauSV 1/2015 Die nachfolgende Beitragsreihe enthält einen umfassenden Überblick über die in den Jahren 2002 bis 2013 ergangene Rechtsprechung zur Haftung des Gerichtssachverständigen nach § 839a BGB. Bei allen Entscheidungen werden zunächst nach der Überschrift der Leitsatz bzw. die Leitsätze wiedergegeben. Danach werden die entscheidenden, interessantesten Passagen der Entscheidungen zitiert. 1. Anwendungsbereich des § 839a BGB 1.1. Persönlicher Anwendungsbereich 1.1.1. Aktivlegitimation 1.1.1.1. LG Köln (Urteil vom 27. Oktober 2004, Az.: 28 O 157/04): Zwangsversteigerungsverfahren: Keine Haftung aus § 839a BGB! Leitsatz der Entscheidung: Der sachliche Anwendungsbereich des § 839a BGB ist bei einer auf § 74a Abs. 5 ZVG gestützten Verkehrswertermittlung im Zwangsversteigerungsverfahren nicht eröffnet. Aus den Gründen: »2. Die durch Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 mit § 839a BGB geschaffene eigenständige Anspruchsgrundlage findet auf die Haftung des Beklagten in mehrfacher Hinsicht keine Anwendung. a. Der sachliche Anwendungsbereich der eigenständigen Anspruchsgrundlage für die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen ist bei einer auf § 74a Abs. 5 ZVG gestützten Verkehrswertermittlung im Zwangsversteigerungsverfahren nicht eröffnet. Dabei mag es im Ausgangspunkt durchaus zutreffen, dass der gerichtliche Sachverständige, wenn er denn ausnahmsweise als Amtsträger tätig wird, unbeschadet der Zwecksetzung der gerichtlichen Wertermittlung im Zwangsversteigerungsverfahren prinzipiell auch drittgerichtete Pflichten wahrnimmt, die es rechtfertigen mögen, den Ersteigerer in den Schutzbereich seiner Amtspflichten (BGH BauR 2003, 860, 861) einzubeziehen. Die bestehenden konstruktiven Unterschiede rechtfertigen es jedoch nicht, diese Grundsätze auf die Haftung aus § 839a BGB zu übertragen. Während § 839 BGB auf die Verletzung von hoheitlichen Pflichten und deren Schutzrichtung abstellt und den Sachverständigen in die Haftung nimmt, wenn und soweit er (ausnahmsweise) als Amtsträger tätig wird, knüpft § 839a BGB daran an, dass einem Verfahrensbeteiligten Schaden durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die ihrerseits auf einem unrichtigen Gutachten beruht. Der verletzten drittgerichteten Amtspflicht im Rahmen des § 839 BGB entspricht in § 839a BGB nicht die Gutachtenerstattung, sondern die (durch ein objektiv unrichtiges Gutachten fehlgesteuerte) gerichtliche Entscheidung. Für deren nachteilige Auswirkungen hat der Sachverständige als eigentlicher Veranlasser der Fehlentscheidung einzustehen, wenn und soweit der Schaden im Wege der Einlegung von Rechtsmitteln nicht abgewandt werden kann. Eine Fehlsteuerung der gerichtlichen Entscheidung in diesem Sinne setzt aber zwingend voraus, dass die gerichtliche Entscheidung sich mit dem Gutachten auseinandersetzt und ihm zumindest teilweise folgt und dass außerdem die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, dass die Entscheidung ohne das Gutachten oder bei anderem Inhalt und Ergebnis weniger ungünstig für den betreffenden Verfahrensbeteiligten ausgefallen wäre (Palandt-Tho- mas, BGB, 62. Auflage, § 839a Rn. 4). Es geht also, wie im Übrigen auch die Bezugnahme auf § 839 Abs. 3 BGB belegt, darum, dass demjenigen, der von einer objektiv fehlerhaften, in der Regel aber dem Richterprivileg des § 839 Abs. 2 BGB unterfallenden gerichtlichen Entscheidung betroffen ist, die Möglichkeit eingeräumt wird, sich mit seinen Ansprüchen an denjenigen zu halten, der durch die Erstattung eines fehlerhaften Gutachtens die Ursache der Fehlentscheidung gesetzt hat und deshalb als deren mittelbarer Veranlasser angesehen wenden kann. Daraus folgt aber zugleich, dass der Sachverständige nur haftet, wenn und soweit ein Verfahrensbeteiligter durch eine gerichtliche Entscheidung betroffen wird. Diese Voraussetzungen wären hier auch dann nicht gegeben, wenn man – entgegen den nachstehend erörterten weiteren Bedenken – den zeitlichen Anwendungsbereich der Norm als eröffnet ansehen wollte. Eine Kausalität der fehlerhaften Begutachtung für die gerichtliche Entscheidung ist nicht ersichtlich. Soweit es um die Festsetzung des Verkehrswerts durch das Vollstreckungsgericht geht (§ 74a Bs. 3 ZVG), mag eine eigenständige Wertung des Gerichts anhand des Sachverständigengutachtens stattfinden. In Bezug auf diese Entscheidung ist der Kläger als Ersteigerer allerdings nicht als Verfahrensbeteiligter im Zwangsversteigerungsverfahren anzusehen (Zeller/Stöben, ZVG, 14. Aufl. § 9 Anm. 3.8). Hinsichtlich der Erteilung des Zuschlags fehlt es nicht nur an einer Verfahrensbeteiligung i.S.d. § 9 ZVG, sondern darüber hinaus auch an einer Entscheidung, welche sich mit dem Gutachten auseinandersetzt, die durch das Gutachten fehlgeleitet worden sein kann und die bei anderem Inhalt oder anderem Ergebnis anders ausgefallen wäre. Denn der gerichtliche Zuschlag richtet sich ausschließlich nach dem Meistgebot, § 81 Abs. 1 ZVG; eine Würdigung der Wertfeststellung durch den Sachverständigen findet dabei nicht statt. Das Gericht hält darüber hinaus allerdings auch an der mit Verfügung vom 21.09.2004 zum Ausdruck gebrachten Auffassung fest, wonach in zeitlicher Hinsicht kein Raum für die Anwendung der Haftungsnorm auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt gegeben ist, weil der Beklagte das streitgegenständliche Gutachten vor Inkrafttreten des § 839a BGB abgegeben hatte. Die bei Inkrafttreten der Norm erlassenen Überleitungsvorschriften rechtfertigen eine Anwendung des Haftungstatbestandes entgegen der Annahme des Klägers nicht. »Schädigendes Ereignis« im Sinn der – eine Vielzahl von Einzeltatbeständen betreffenden – Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB kann im Falle des § 839a BGB nicht der Zeitpunkt der Ersteigerung bzw. der Erlass des Zuschlagsbeschlusses sein, sondern nur das Verhalten, an das die Haftung anknüpft. Sieht man dieses haftungsbegründende Verhalten vorliegend darin, dass, wie oben ausgeführt worden ist, durch die Erstellung eines fehlerhaften Gutachtens das Risiko einer gerichtlichen Fehlentscheidung gesetzt wird, so kann es nur auf den Zeitpunkt ankommen, in dem sich der Haftende des unrichtigen Gutachtens in dem Sinne begeben hatte, dass eine solche Fehlentscheidung drohte. Nach allgemein geltenden Grundsätzen, die letztlich Ausprägungen des aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 2 GG) folgenden Gesichtspunkts des Vertrauensschutzes sind, ist es nämlich unzulässig, eine Schadensersatzpflicht an ein | 54 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Verhalten oder Unterlassen zu knüpfen, dessen haftungsrechtliche Relevanz dem Betroffenen noch gar nicht bewusst sein konnte. Dies gilt insbesondere dann, wenn es – wie hier – gerade um eine rechtliche Konstruktion geht, die eine »Fernwirkung« beinhaltet, indem sie den für eine gerichtliche Fehlentscheidung nur mittelbar Verantwortlichen mit einer Haftung für die Auswirkungen belegt, die seine fehlerhafte Einschätzung auf das Handeln Dritter in der Zukunft hat. Gerade in einem solchen Fall muss sichergestellt sein, dass dem Betroffenen die haftungsrechtliche Relevanz seines Fehlverhaltens bewusst oder doch jedenfalls erkennbar ist. Das wäre aber nicht mehr der Fall, wenn eine Haftung allein daran geknüpft würde, dass sich die Rechtsgutverletzung nach einer Verschärfung der gesetzlichen Haftungstatbestände in Gestalt einer gerichtlichen Fehlentscheidung realisiert.« 1.1.1.2. BGH (Urteil vom 9. März 2006, Az.: III ZR 143/05): Ersteigerer als Verfahrensbeteiligter i.S.d. § 839a Abs. 1 BGB! Leitsatz der Entscheidung: Zur Sachverständigenhaftung des Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer im Zwangsversteigerungsverfahren. Aus den Gründen: »2. Mit Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, dass die Kläger als Meistbietende hier »Verfahrensbeteiligte« im Sinne des § 839a BGB gewesen sind (vgl. in diesem Sinne auch BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - VI ZR 312/03 = VersR 2003, 1049, 1050). Zwar zählten sie nicht zu den nach § 9 ZVG am Verfahren förmlich Beteiligten; indessen ist es zulässig und geboten, den Beteiligtenbegriff im Sinne des § 839a BGB über eine formalisierte, streng prozessrechtliche Betrachtung hinaus zu erweitern (Staudinger/Wurm a.a.O. Rn. 24). a) Für das hier in Rede stehende Verfahren der Zwangsversteigerung kann insoweit auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die von der Rechtsprechung zu der Frage entwickelt worden sind, wie im Rahmen der bei der gerichtlichen Wertfestsetzung wahrzunehmenden Amtspflichten der Kreis der geschützten »Dritten« im Sinne der Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) zu bestimmen ist. Insoweit hat der Senat insbesondere bereits entschieden, dass diese Amtspflichten zugunsten des Ersteigerers drittgerichtet sein können. Es mag zwar zutreffen, dass die gerichtliche Wertermittlung und -festsetzung in erster Linie einer Verschleuderung des Grundbesitzes entgegenwirken und die Einhaltung der Untergrenze von 7/10 des Grundstückswerts gewährleisten soll. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass auch die Interessen des Ersteigerers geschützt werden, und zwar nicht nur im Wege eines bloßen Reflexes, sondern durch Einbeziehung in die insoweit bestehenden drittgerichteten Amtspflichten. Der Ersteigerer darf, selbst wenn ihm keine Mängelgewährleistungsansprüche zustehen, in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, dass das Gericht bei der Festsetzung des Grundstückswerts, die die Grundlage für die Höhe des Gebots bildet, mit der erforderlichen Sorgfalt verfahren ist (Senatsurteil vom 6. Februar 2003 - III ZR 44/02 = VersR 2003, 1535, 1536 m.w.N.). b) Diese Grundsätze hat der Senat auf die Haftung des vom Gericht mit der Wertermittlung beauftragten Gutachterausschusses übertragen, die sich – anders als hier, wo es um die Haftung eines privaten Grundstückssachverständigen geht – nicht nach § 839a BGB, sondern nach Amtshaftungsgrundsät- zen richtet. Der Senat hat dazu entschieden, dass in dem gleichen Umfang wie die vom Gericht selbst bei der Wertfestsetzung wahrzunehmenden Amtspflichten auch diejenigen des mit der Wertermittlung beauftragten Gutachterausschusses drittgerichtet sind (Senatsurteil vom 6. Februar 2003 a.a.O). Der Senat sieht keine durchgreifenden Bedenken dagegen, die Gesichtspunkte, die für die Einbeziehung des Ersteigerers in den Kreis der amtshaftungsrechtlich geschützten Dritten maßgeblich sind, für die hier zu beurteilende Frage heranzuziehen, ob der Ersteigerer Verfahrensbeteiligter im Sinne der Sachverständigenhaftung nach § 839a BGB ist (a.A. Wagner/Thole a.a.O. S. 277 f). Insbesondere begründet die hier in Rede stehende Wertermittlung durch einen privaten Sachverständigen in gleicher Weise ein schutzwürdiges Vertrauen des Ersteigerers zumindest dahin, dass bei der Ermittlung ihrer Grundlagen sachgemäß und korrekt verfahren ist.« 1.1.1.3. LG Köln (Urteil vom 11. Dezember 2009, Az.: 32 O 263/06): Ersteigerer ist Verfahrensbeteiligter i.S.d. § 839a Abs. 1 BGB! Leitsatz der Entscheidung: Der Ersteigerer in einem Zwangsversteigerungsverfahren ist Verfahrensbeteiligter i.S.d. § 839a Abs. 1 BGB. Aus den Gründen: »1. Das Gericht schließt sich der Auffassung des Bundesgerichtshofes an, wonach der Kläger als Meistbietender Verfahrensbeteiligter im Sinne des § 839a BGB ist. Der Begriff des Verfahrensbeteiligten ist in Anlehnung an § 839 BGB ähnlich dem des Dritten zu bestimmen. Die Pflichten des Sachverständigen sind auf den Erwerber gerichtete Amtspflichten, da dieser in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen darf, dass die Festsetzung des Grundstückswertes als Grundlage des Gebots pflichtgemäß ermittelt worden ist (vgl. BGH Urteil vom 09.03.06, Az.: III ZR 143/05).« 1.1.2. Passivlegitimation 1.1.2.1. OLG Celle (Beschluss vom 5. Mai 2009, Az.: 4 U 26/09): Beweisaufnahme ist Voraussetzung für Inanspruchnahme eines Sachverständigen nach § 839a BGB! Leitsätze der Entscheidung: 1. Die Inanspruchnahme eines Sachverständigen nach § 839a BGB setzt in jedem Fall voraus, dass eine Beweisaufnahme stattgefunden hat. 2. Hierfür ist im Verwaltungsgerichtsverfahren nicht ausreichend, dass das Verwaltungsgericht die Klage mit der Begründung abweist, der Kläger habe sich zu dem von der beklagten Partei in Bezug genommenen Gutachten nicht hinreichend erklärt, weil es sich dabei um Parteivortrag und keine Beweisaufnahme handelt. Aus den Gründen: »4. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der im Verwaltungsgerichtsverfahren entstandenen, streitgegenständlichen Kosten besteht nicht. Denn eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass er das seinerzeit in diesem Verfahren erörterte Gutachten des Beklagten vom 14. Juli | 55 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2000, das er in dem Zivilverfahren gegen den Eigentümer B. erstattet hat, nicht eingebracht hat, sondern dieses vielmehr Gegenstand des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheides der Stadt Neustadt vom 2. Oktober 2003 war und auch der Eigentümer B. sich in seinem handschriftlichen Schreiben vom 5. November 2003 auf das Gutachten berufen hat. Dies hilft jedoch nicht weiter. Auch im Verwaltungsgerichtsverfahren erfolgt die Beweisaufnahme dadurch, dass das Verwaltungsgericht den Sachverständigen entweder ernennt oder aber sein Gutachten im Wege des Urkundsbeweises verwertet (vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 96 Rdnrn. 3 und 10, § 98 Rdnr. 15 a). Erforderlich ist aber auf jeden Fall, dass das Verwaltungsgericht deutlich gemacht hat, dass eine Beweisaufnahme erfolgen soll (Kopp/Schenke, a.a.O., § 98 Rdnr. 6). Eine derartige Vorgehensweise ergibt sich weder aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2005 noch aus dem am selben Tag verkündeten Urteil. Dort hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Kläger habe unter Berücksichtigung des Gutachtens des hiesigen Beklagten vom 14. Juli 2000 wiederum nicht substantiiert darlegen können, dass seinem Grundstück Gefahren durch Vernässung oder Überschwemmung drohen, die ein grundrechtsverträgliches Maß überschreiten können. Hieraus ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht das Gutachten des Beklagten vom 14. Juli 2000 keineswegs die Inbezugnahme des Gutachtens als Beweisaufnahme gewertet hat, sondern offensichtlich als Parteivortrag, zu dem sich der Kläger nicht genügend erklärt hat. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Beklagte als gerichtlich bestellter Sachverständiger tätig geworden ist oder das Gericht das Gutachten im Wege des Urkundsbeweises verwertet hat.« 1.1.2.2. OLG Hamm (Urteil vom 7. Juni 2010, Az.: 6 U 213/10): Anspruch nach § 839a BGB setzt gerichtliche Bestellung des Sachverständigen voraus! Leitsätze der Entscheidung: 1. Ein Anspruch nach § 839a BGB kann nur gegen einen gerichtlich bestellten Sachverständigen geltend gemacht werden. 2. Nach den Regelungen der Zivilprozessordnung kann nur eine natürliche Person zum Sachverständigen bestellt werden. 3. Die dienst- oder arbeitsrechtliche bzw. gesellschaftsrechtliche Stellung des Sachverständigen hat nichts mit seiner zivilprozessualen Stellung zu tun. 4. Die Verwendung eines Firmenbriefkopfs durch den Sachverständigen ist nicht geeignet, das bezeichnete Unternehmen – gesetzeswidrig – zum Sachverständigen zu erheben. Aus den Gründen: »§ 839a BGB setzt voraus, dass (1) ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, (2) vorsätzlich oder grob fahrlässig, (3) ein unrichtiges Gutachten erstattet hat. Zweifelhaft ist schon, ob die Beklagten überhaupt gerichtlich bestellte Sachverständige waren. Zwar hat das Landgericht Osnabrück im Berufungsverfahren des Vorprozesses (2 S 362/05; Az. des AG Bersenbrück: 14 C 315/04) mit Beweisbeschluss vom 12.12.2005 (Bl. 157 der Beiakten Bd. I) zum Sachverständigen »das Diplom-Ingenieurbüro T und C, N« bestimmt. Zum Sachverständigen kann allerdings grundsätzlich nur eine natürliche Person bestimmt werden, nicht ein Institut (Zöller-Greger ZPO 28. Aufl. § 402 Rdn. 6). Das ergibt sich aus dem grundsätzlichen Verweis in § 402 ZPO auf die Anwendbarkeit der Vorschriften über den Zeugenbeweis. Zeugen können auch nur natürliche Personen sein. Das kann aber letztlich dahinstehen. Selbst wenn man den landgerichtlichen Beweisbeschluss dahingehend auslegen wollte, dass die Herren T und C beide als Sachverständige bestellt worden wären (was eher fern liegt), würde sich daraus für ihre Haftung nichts ergeben, denn diese haben im Vorprozess kein Gutachten – weder ein richtiges noch ein unrichtiges – erstattet. Vielmehr ist nach Erlass des oben genannten landgerichtlichen Beweisbeschlusses der im Sachverständigenbüro der Beklagten beschäftigte Sachverständige Dipl.-Ing. H2 mit Wissen und Billigung, bzw. im weiteren Verlauf des Vorprozesses auch auf ausdrückliche Veranlassung, des Gerichts tätig geworden. Er hat mit zwei Schreiben an das Landgericht vom 25.01.2006 den Eingang der Akten bestätigt und einen Antrag auf Erhöhung des Stundensatzes gestellt (Bl. 163 und 165 Bd. I der Beiakten). Diesem Begehren hat die damalige Beklagte und jetzige Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 15.02.2006 zugestimmt (Bl. 169 Bd. I der Beiakten). Das schriftliche Gutachten hat der Sachverständige H2 am 26.07.2006 erstattet und allein und persönlich gezeichnet. Er wurde auch vom Landgericht namentlich mit der Erstattung eines Ergänzungsgutachtens am 02.10.2006 beauftragt (Bl. 18 Bd. II der Beiakten). Dieses hat er – allein und persönlich unterzeichnend – unter dem 09.02.2007 vorgelegt. Schließlich wurde er mit Verfügung vom 18.07.2007 (Bl. 38 Bd. II der Beiakten) zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Osnabrück geladen und hat dort am 12.09.2007 sein mündliches Gutachten erstattet (Bl. 59 Bd. II der Beiakten). Eine Mitwirkung der Beklagten an der Begutachtung im Vorprozess hat somit in keiner Weise stattgefunden. Es ist noch nicht einmal bekannt, wie der Begutachtungsauftrag bürointern an Dipl.-Ing. H2 gelangt ist. Als Sachverständiger ist jedenfalls allein dieser tätig geworden. b) Dass der Sachverständige H2 seine Schreiben unter dem Briefkopf »T & C« vorgelegt hat, ändert an dieser Bewertung nichts. Die dienst- oder arbeitsrechtliche bzw. gesellschaftrechtliche Stellung des Sachverständigen hat nichts mit seiner zivilprozessualen Stellung zu tun. Ein Sachverständiger mag Dienste oder Arbeitsleistungen für einen Dienstherrn oder Arbeitgeber erbringen oder selbst Gesellschafter einer Gesellschaft sein. Das ändert aber nichts daran, dass die Regelungen der Zivilprozessordnung nur seine Bestellung zum Sachverständigen als natürliche Person gestatten. Er hat auch seine Gutachten persönlich erstattet und gezeichnet. Die Verwendung eines Firmenbriefkopfs durch den Sachverständigen ist nicht geeignet, das Institut, eine Gesellschaft etc. – gesetzeswidrig – zum Sachverständigen zu erheben. c) Die von der Klägerin beantragte »Rubrumsberichtigung« (statt »T und C« sollte der »Dipl.-Ing. H« als Beklagte geführt werden) schied aus, denn es liegt hier keine offensichtliche Fehlbezeichnung vor, die auf diesem Wege korrigiert werden könnte. Es ist nicht offensichtlich, dass wer »T & C« schreibt, »H« meint. Da die Beklagten und auch Dipl.- Ing. H2 einem Parteiwechsel auf Beklagtenseite nicht zugestimmt haben, schied auch dies (wenn man den Antrag auf Rubrumsberichtigung dahingehend auslegen wollte) aus. d) Die Beklagten sind auch nicht etwa insoweit als Sachverständige im Vorprozess tätig geworden, als sie zur Begutachtung, wer aus ihrem Büro als Sachverständiger in Frage käme, bestellt worden wären. Zum einen ist das keine Frage einer Begutachtung, sondern der bloßen Sachverständigenauswahl im | 56 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Sinne von § 404 ZPO, welche im Vorfeld der eigentlichen Gutachtenerstattung liegt. Zum anderen steht einer solchen Annahme auch die Formulierung der Beweisfragen im Beweisbeschluss des Landgerichts Osnabrück entgegen.« 1.2. Zeitlicher Anwendungsbereich 1.2.1. LG Köln (Urteil vom 7. Januar 2004, Az.: 28 O 330/03): Keine Anwendbarkeit des § 839a BGB bei Gutachtenerstellung vor dem 1. August 2002 Leitsätze der Entscheidung: 1. § 839a BGB ist auf Gutachten, die vor dem 1. August 2002 abgegeben worden sind, nicht anwendbar. 2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anwendbarkeit des § 839a BGB im Sinne der Übergangsvorschrift des Artikel 229 § 8 EGBGB ist hinsichtlich des schädigenden Ereignisses nicht die Entscheidung des Gerichts, sondern die Erstellung und Abgabe des Gutachtens. Aus den Gründen: »Der Kl. steht kein Anspruch aus § 839a BGB gegen die Bekl. zu, da diese Vorschrift erst zum 01.08.2002 in Kraft getreten ist. Nach der Übergangsvorschrift des Artikel 229 § 8 EGBGB ist sie anwendbar, wenn das schädigende Ereignis nach dem 31.07.2002 eingetreten ist. Dies ist im vorliegenden Fall nicht der Fall. Es ist allerdings zweifelhaft, wie der Begriff des »schädigenden Ereignisses” in der Vorschrift des Artikel 229 § 8 EGBGB zu verstehen ist. Die Kl. ist der Ansicht, zum schädigenden Ereignis gehöre auch die gerichtliche Entscheidung, die hier in dem Zuschlagsbeschluss vom 12.12.2002 zu sehen sei. Dieser Ansicht kann allerdings nicht gefolgt werden. Artikel 229 § 8 EGBGB ist keine Übergangsvorschrift, die speziell auf die Vorschrift des § 839a BGB zugeschnitten ist; sie ist vielmehr die allgemeine Überleitungsvorschrift, die aus Anlass des zweiten Gesetzes zur Änderung schadensatzrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 in das EGBGB eingeführt worden ist. Der Begriff des schädigenden Ereignisses muss daher für jede der geänderten Vorschriften konkret bestimmt werden. Für die Vorschrift des § 839a BGB bedeutet dies, dass die gerichtliche Entscheidung, die allerdings für die Haftung des Sachverständigen konstitutiv ist, nicht zum schädigenden Ereignis im Sinne dieser Vorschrift gehört. Zunächst ist festzuhalten, dass sich das Verschulden des Sachverständigen nur auf die fehlerhafte Erstattung des Gutachtens, jedoch nicht auf die gerichtliche Entscheidung erstreckt. Die gerichtliche Entscheidung gehört damit nicht zum Haftungstatbestand im engeren Sinne, sondern stellt eine weitere, objektive Bedingung der Haftung dar. Es liegt nahe, unter dem schädigenden Ereignis nur die schädigende Handlung des verantwortlichen Sachverständigen zu sehen, die jedenfalls dann abgeschlossen ist, wenn der Sachverständige das Gutachten erstellt hat und aus seinen Händen gibt. Dies war im vorliegenden Fall jedenfalls vor dem 01.08.2002 der Fall, da das Gutachten erst an diesem Tag bei Gericht eingegangen ist. Ob unter Umständen auf einen noch früheren Zeitpunkt, zum Beispiel auf die Erstellung des Gutachtens, abzustellen wäre, bedarf daher im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Ausschlaggebend für diese Bewertung ist die Motivation des Gesetzgebers, der mit der Übergangsvorschrift des Artikel 229 § 8 EGBGB bewusst eine Regelung schaffen wollte, die es den betroffenen Kreisen ermöglicht, sich auf die neue Haftungs- lage einzustellen (BT-Drucksache 14/7552, Seite 80; Kilian, VersR 2003, VERSR Jahr 2003 Seite 683 ff.). Träfe die von der Kl. vertretene Ansicht zu, so wäre es möglich, dass auch Gutachten, die Jahre vor dem In-Kraft-Treten der Regelung des § 839a BGB erstattet worden sind, noch zu einer Haftung des Sachverständigen führen würden. Zu denken wäre beispielsweise an die erstinstanzliche Erstattung eines Gutachtens, wenn der Rechtsstreit erst nach mehreren Instanzen rechtskräftig entschieden wird. Im Übrigen wäre es auch sehr zweifelhaft, ob eine derartige Rückwirkung der Regelung längst abgeschlossener Sachverhalte verfassungsrechtlich zulässig wäre. Im Ergebnis ist daher unter der schädigenden Handlung nur das Verhalten des Sachverständigen, nicht aber der Schadenseintritt bei dem Geschädigten zu verstehen. § 839a BGB ist daher im vorliegenden Fall aus zeitlichen Gründen nicht anzuwenden, es bedarf daher keiner abschließenden Entscheidung, ob die Vorschrift auf Fälle wie den vorliegenden überhaupt einschlägig ist. Sie ist für Fälle geschaffen worden, in denen einem Beteiligten durch eine rechtskräftige Entscheidung, die ihrerseits auf einem fehlerhaften Gutachten beruht, ein materieller Schaden entsteht, den er wegen der Rechtskraft der Entscheidung nicht anders beseitigen kann. Der vorliegende Fall ist anders gelagert, da hier zwischen der Entscheidung (Zuschlag an die Kl.) und dem Gutachten der Sachverständigen noch eine weitere Zwischenstufe lag, nämlich die freie Entscheidung der Kl., für das fragliche Grundstück zu bieten. Sie war daher nicht in der Situation einer Prozesspartei, die sich ohne materielle Verluste – wenn überhaupt – dem gerichtlichen Verfahren nicht entziehen kann und daher keine Möglichkeit hat, ein durch ein fehlerhaftes Gutachten entstandenen Schaden von sich abzuwenden. Da § 839a BGGB nicht anwendbar ist, ist der Fall nach dem vor In-Kraft-Treten dieser Vorschrift geltenden Recht zu beurteilen. Die Bekl. ist nicht vereidigt worden, sodass eine Haftung nur nach § 826 BGB wegen sittenwidriger Schädigung in Frage käme. Hierfür hat die Kl. jedoch nichts vorgetragen.« 1.2.2. LG Heilbronn (Urteil vom 24. Juni 2005, Az.: 1 O 92/05) – Kein Anspruch nach § 839a BGB bei Eintritt des schädigenden Ereignisses vor dem 31. Juli 2002! Leitsätze der Entscheidung: 1. Gegen den im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens vom Gericht bestellten Wertgutachter bestehen Ansprüche weder auf vertraglicher Basis noch auf Grundlage der §§ 839, 823 BGB. 2. Eine »Vereidigung« i.S. der Falschaussage-Delikte (§§ 153 ff. StGB) liegt erst dann vor, wenn dies durch Gerichtsbeschluss angeordnet wird; die Berufung auf den allgemein geleisteten Eid reicht hierfür nicht aus. Aus den Gründen: »Schadensersatzansprüche des Kl. aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung scheiden ebenfalls aus. Gerichtliche Sachverständige werden, auch wenn sie öffentlich bestellt sind, durch die gerichtliche Beauftragung nicht Beamte im haftungsrechtlichen Sinne und haften daher, wenn sie schuldhaft ein unrichtiges Gutachten erstatten nicht gem. § 839 BGB (BGH a.a.O.). Die für die Haftung gerichtlicher Sachverständiger mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften eingeführte eigenständige Anspruchsgrundlage des § 839a BGB, ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da das | 57 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 schädigende Ereignis vor dem 31.07.2002 eingetreten ist (Artikel 229 § 8 EGBGB Artikel 229 § 8 Absatz I EGBGB). Der Kl. hat das Grundstück bereits am 21.05.2002 ersteigert.« 1.2.3. OLG Celle (Beschluss vom 5. Mai 2009, Az.: 4 U 26/09): Anwendbarkeit des § 839a BGB in einem über zwei Instanzen geführten Zivilrechtsstreit! Leitsatz der Entscheidung: Für die Anwendbarkeit des § 839a BGB ist bei einem über zwei Instanzen geführten Rechtsstreit auf die zeitlich zuletzt ergangene, verfahrensabschließende gerichtliche Entscheidung abzustellen. Aus den Gründen: »Anwendung findet § 839a BGB gem. Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB, wenn das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist als schädigendes Ereignis die gerichtliche Entscheidung anzusehen, jedenfalls nicht das Sachverständigengutachten (BGH NJW 2003, 2825, 2826 und NJW 2004, 3488, 3489, wo auf den Zeitpunkt der Ersteigerung abgestellt wird; in NJW 2006, 1733, 1734 spricht der BGH von der »schadensstiftenden« gerichtlichen Entscheidung). Hiervon offenbar abweichend wird als schädigendes Ereignis die Vornahme der zum Schadensersatz verpflichtenden Handlung angesehen (Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl., Art. 229 § 8 EGBGB Rdnr. 2 m.w.N.). bb) Der Senat ist mit dem Bundesgerichtshof der Ansicht, dass Anknüpfungspunkt für die Entscheidung über die Anwendbarkeit des § 839a BGB die gerichtliche Entscheidung ist. Diese ist letztlich das – vermeintlich – schädigende Ereignis, weil nur dann die Kausalität für die eine Vollstreckung ermöglichende Entscheidung gegeben ist, wodurch dem Verletzten Nachteile entstehen können (und nicht aus dem Gutachten!). Stützt sich die gerichtliche Entscheidung hingegen nicht auf das Gutachten, gibt es schon mangels Kausalität keine Anspruchsgrundlage und es bedarf keiner auf das schädigende Ereignis bezugnehmenden Überleitungsvorschrift. Die o.a. gegenteilige Ansicht, die sich zur Begründung auf andere Änderungen im Schadensersatzrecht stützt, vermag jedenfalls für die Anwendung des § 839a BGB keine Argumente beizubringen, weshalb es anders sein sollte. Bei einem über zwei Instanzen geführten Rechtsstreit kommt als schadensstiftendes Ereignis nur die zeitlich zuletzt ergangene, verfahrensabschließende gerichtliche Entscheidung in Betracht. Erst ab diesem Zeitpunkt steht fest, ob eine sich auf das vermeintlich unrichtige Gutachten stützende Entscheidung ergangen, ein schädigendes Ereignis also eingetreten ist. Abgesehen davon korrespondiert diese Anknüpfung mit dem dem Verletzten gem. § 839a Abs. 2 BGB drohenden Haftungsausschluss, wenn er nicht gem. § 839 BGB analog von einem Rechtsmittel Gebrauch macht.« 1.2.4. OLG Hamm (Urteil vom 17. Oktober 2011, Az.: 17 U 39/11) – Kein Anwendbarkeit des § 839a BGB bei schädigendem Ereignis vor dem 1. August 2002! Leitsatz der Entscheidung: § 839a BGB ist nicht anwendbar, wenn das schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist. Aus den Gründen: »1. Den Klägern steht nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts kein Anspruch auf Zahlung von 120.000,00 € aus § 839a BGB zu. Wie die Kläger mit der Berufung nicht mehr in Abrede stellen, findet die Vorschrift keine Anwendung, weil sie zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Gutachteneinreichung bei Gericht noch nicht existierte. Gem. Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB ist die Vorschrift nur dann anzuwenden, wenn das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist. Das ist hier nicht der Fall. Eine analoge Anwendung der Norm ist mangels planwidriger Regelungslücke nicht möglich.« 1.2.5. OLG Koblenz (Beschluss vom 6. August 2012, Az.: 5 W 420/12) – Vor dem 2. Schuldrechtsmodernisier ungsgesetz nur Haftung des Gerichtssachverständigen nach § 826 BGB Leitsatz der Entscheidung: Für eine Falschbegutachtung vor Inkrafttreten des Schuldrechtmodernisierungsgesetzes haftet ein gerichtlicher Sachverständiger nur unter den Voraussetzungen des § 826 BGB. Aus den Gründen: »Es steht außer Streit, dass die von der Antragstellerin erhobenen Vorwürfe an ein Verhalten des Antragsgegners anknüpfen, das vor dem – am 01.08.2002 (vgl. Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB) beginnenden – Geltungszeitraum des § 839a BGB liegt. Damit können die geltend gemachten Ansprüche allein auf der Grundlage des § 826 BGB durchgesetzt werden. Dessen Voraussetzungen hat die angefochtene Entscheidung zutreffend verneint.« 1.3. Verhältnis zu anderen Anspruchsgrundlagen 1.3.1. OLG Koblenz (Beschluss vom 6. Juni 2005, Az.: 5 U 687/05): Keine persönliche Haftung des von einer Berufsgenossenschaft mit einer Untersuchung beauftragten Arztes nach § 839a BGB! Leitsätze der Entscheidung: 1. Ein Arzt, der von der Berufsgenossenschaft zur Klärung eines sozialrechtlichen Anspruchs mit der Begutachtung eines Mitglieds beauftragt wurde, haftet dem Patienten weder deliktisch noch vertraglich auf Schadensersatz, weil es sich bei derartigen Untersuchungen um eine hoheitliche Tätigkeit handelt. 2. Insofern ist im Verhältnis der Parteien untereinander weder für § 839 BGB noch für die Vorschrift des § 839a BGB Raum. 3.Eine analoge Anwendung von § 839a BGB scheidet mangels einer Regelungslücke aus. Aus den Gründen: »Das führt, was mögliche deliktische Ansprüche des Klägers betrifft, zur Anwendung von § 839 BGB, Art. 34 GG und damit zu einer persönlichen Haftungsbefreiung zu Lasten der Bau-Berufsgenossenschaft (BGHZ 49, 108, 113; BGH BauR 2003, 860, 861; Sprau in Palandt, BGB, 64. Aufl., § 839 Rn. 135; vgl. auch BGHZ 121, 161, 167). Insofern ist im Verhältnis der Parteien untereinander weder für § 823 BGB noch für die Vorschrift des § 839a BGB Raum (BGH BauR 2003, 860, 862), deren analoge | 58 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Heranziehung des Landgericht erwogen hat. Daneben scheidet aber auch eine Einstandspflicht der Beklagten auf vertraglicher Grundlage aus. Im Hinblick darauf kann dahinstehen, ob deren Beauftragung durch die Bau-Berufsgenossenschaft – wie die Berufung in Auseinandersetzung mit der gegenläufigen Ansicht des Landgerichts meint – Schutzwirkungen zu Gunsten des Klägers entfaltete und ob derartige Schutzwirkungen auch insoweit gegeben sein können, als die Verletzung am Zeigefinger des Klägers berührt war, auf die es für die Bau-Berufsgenossenschaft gar nicht ankam. Die Überleitungsnorm des Art. 34 GG bewirkt nämlich, dass jedwede – und nicht etwa nur eine deliktische – Eigenhaftung des im behördlichen Auftrag handelnden Sachwalters entfällt (Sprau a.a.O. § 839 Rn. 16).« 1.3.2. OLG Koblenz (Beschluss vom 14. Juli 2006, Az.: 10 U 1685/05): Voraussetzungen der zivilrechtlichen Haftung des Sachverständigen Leitsatz der Entscheidung: Zur Sachverständigenhaftung nach § 839a oder – daneben – § 826 BGB. Aus den Gründen: »Ein Anspruch der Kläger ergibt sich jedoch auch nicht nach dem – im Falle der Unanwendbarkeit des § 839a BGB dann einzig als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden – § 826 BGB. Danach setzt eine Haftung eines Sachverständigen voraus, dass nachgewiesen werden kann, dass dieser sein Gutachten vorsätzlich falsch erstellt und damit einer Partei vorsätzlich sittenwidrig einen Schaden zugefügt hat. Dabei ist erforderlich, dass der Sachverständige bei der Erstellung des Gutachtens leichtfertig und gewissenlos und mindestens mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Die Erstattung eines fehlerhaften Gutachtens reicht dafür nicht aus. Hinzutreten muss vielmehr, dass sich der Sachverständige etwa durch nachlässige Ermittlungen zu den Grundlagen seines Auftrags oder gar durch »ins Blaue« gemachte Angaben der Gutachtenaufgabe leichtfertig entledigt und damit eine Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Adressaten des Gutachtens und den in seinem Informationsbereich stehenden Dritten an den Tag gelegt hat, die angesichts der Bedeutung, die das Gutachten für deren Entschließungen hatte, und der von ihm in Anspruch genommenen Kompetenz als gewissenlos bezeichnet werden muss (BGH NJW 2003, 2825 m.w.N.). Nach dem festgestellten Sachverhalt sind solche besonderen Umstände, die die Erledigung des Gutachtenauftrags durch die Beklagte als sittenwidrig erscheinen lassen könnten, nicht gegeben. Die Beklagte hat in ihrem Gutachten ausdrücklich darauf hingewiesen, was Grundlage ihrer Wohnflächenberechnung war und damit die nicht durch eigene Ermittlungen gesicherte Wohnflächenangabe hinreichend kenntlich gemacht. Die fehlerhafte Angabe eines tatsächlich nicht vorhandenen Kanalanschlusses kann aufgrund der bereits dargestellten Umstände nicht als leichtfertig, gewissenlos oder rücksichtslos im vorgenannten Sinne angesehen werden. Eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB scheitert schon daran, dass sie mit einem unrichtigen Verkehrswertgutachten keines der in dieser Norm genannten Rechtsgüter, sondern lediglich das Vermögen verletzt haben kann. Da kein Zahlungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte begründet ist, steht ihnen auch kein Anspruch auf Ersatz eines wegen Zahlungsverzugs entstandenen Schadens zu.« 1.3.3. OLG Celle (Beschluss vom 5. Mai 2009, Az.: 4 U 26/09): Gerichtsgutachter haftet nur noch nach § 839a BGB! Leitsatz der Entscheidung: Nach Inkrafttreten des § 839a BGB kommt nach dem Willen des Gesetzgebers eine Haftung des Sachverständigen aus anderen Gründen, etwa gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den §§ 154, 163 StGB, nicht mehr in Betracht (vgl. BT-Drs. 14/7752, S. 28). 1.3.4. OLG Stuttgart (Urteil vom 20. Dezember 2011, Az.: 6 U 107/11): Kein Anspruch eines Dritten gegen Schiedsgutachter wegen eines falschen Gutachtens! Leitsätze der Entscheidung: 1. Im Rahmen der Grundsätze des Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter fehlt es an der Schutzbedürftigkeit des Dritten, wenn diesem eigene vertragliche Ansprüche – gleich gegen wen – mit einem zumindest gleichwertigen Inhalt zustehen. 2. Derartige inhaltsgleiche Ansprüche sind auch solche auf Anpassung der von einem Sachverständigen als Schiedsgutachter im Sinne der §§ 317, 319 BGB bestimmten Leistung. 3. Neben diesem – vom Dritten gegen den eigenen Vertragspartner zu richtenden – Anpassungsverlangen ist für eine Haftung des Sachverständigen nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter kein Raum. 4. Der Sachverständige haftet dem Dritten für ein von ihm erstattetes (unterstellt) unrichtiges Gutachten daneben auch nicht aufgrund von § 311 Abs. 3 BGB. 5. Die Grundsätze einer Störung der Geschäftsgrundlage im Hinblick auf einen gemeinsamen offenen Kalkulationsirrtum (BGB § 313 Abs. 2) führen zu keinem anderen Ergebnis. Aus den Gründen: »bb) Nach dem weiteren eigenen Sachvortrag der Klägerin fehlt es indes an der für eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter erforderlichen Schutzbedürftigkeit der Klägerin. Eine Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich eines Vertrages ist nach der Rechtsprechung des BGH abzulehnen, wenn ein Schutzbedürfnis des Dritten nicht besteht. Ein Drittschutz ist danach im Allgemeinen ausgeschlossen, wenn dem Dritten eigene vertragliche Ansprüche – gleich gegen wen – zustehen, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen Inhalt haben wie diejenigen Ansprüche, die ihm über eine Einbeziehung in den Schutzbereich eines Vertrages zukämen (BGH v. 15.02.1978 - VIII ZR 47/77 = BGHZ 70, 327; BGH v. 02.07.1996 - X ZR 104/94 = BGHZ 133, 168 = NJW 1996, 2927; BGH v. 08.06.2004 - X ZR 283/02 = NJW 2004, 3420; BGH v. 22.07.2004 - IX ZR 132/03 = NJW 2004, 3630). Unter Zugrundelegung dessen ist vorliegend festzustellen, dass die Klägerin eigene gleichwertige vertragliche Ansprüche gegenüber der B. Leasing GmbH hat, welche auf die Anpassung der jeweiligen Kaufverträge in Bezug auf die Höhe der einzelnen Kaufpreise gerichtet sind.« | 59 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2. Anspruchsvoraussetzungen des § 839a BGB 2.1. Unrichtigkeit des Gutachtens 2.1.1. OLG Rostock (Beschluss vom 21. März 2006, Az.: 8 U 113/05): Sachverständigenhaftung nur bei grob falschem oder offenkundig unrichtigem Gutachten! Leitsatz der Entscheidung: Eine Haftung des gerichtlich bestellten Sachverständigen gem. § 839a BGB kommt nur in Betracht, wenn sein Gutachten grob falsch oder offenkundig unrichtig ist. Aus den Gründen: »1. Zunächst einmal ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger – auch in der Berufungsbegründung und den folgenden Schriftsätzen – nichts zum Verschulden des Beklagten vorgetragen hat. Gem. § 839a BGB haftet der Sachverständige nur für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit und dieser schwerwiegende Vorwurf – Vorsatz dürfte von vornherein ausscheiden – versteht sich nicht von selbst. Grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, dass der Beklagte die bei der Erstellung seines Gutachtens erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und dasjenige nicht beachtet hat, was im vorliegenden Fall jedem einleuchten musste. Bei grober Fahrlässigkeit müssen zudem subjektive Momente hinzukommen, die eine gesteigerte Vorwerfbarkeit begründen (Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. § 277 Rdnr. 5). Alleine daraus, dass der Beklagte zwei Sachverständigengutachten erstellt hat, wobei das zweite in einigen wenigen Fragen von den Feststellungen eines Privatgutachters abweicht, während der Kläger den ihm günstigen Teil der Gutachten akzeptiert, ergibt sich der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens des Beklagten nicht ohne Weiteres. Unterschiedliche fachliche Auffassungen zu einzelnen Punkten unter Sachverständigen sind in der gerichtlichen Praxis nicht ungewöhnlich und geben keinen Grund zu der Annahme, der Sachverständige habe grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet. Hinzu kommt, worauf bereits der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, dass das Landgericht und das Oberlandesgericht in der Ursprungssache keinen Grund gesehen haben, die Gutachten des Beklagten in Zweifel zu ziehen, sodass der Kläger näher hätte erläutern müssen, warum auch die Gerichte nicht nur übersehen haben sollen, dass sie ihrer Entscheidung in Teilen unrichtige Gutachten zu Grunde legen, sondern dass dies auch jedem, also auch den entscheidenden Richtern, aufgrund naheliegender Überlegungen hätte einleuchten müssen. 2. Abgesehen davon aber hat das Landgericht zu Recht festgestellt, dass die Begutachtung des Beklagten nicht »grob falsch« bzw. »falsch« gewesen ist. Zwar hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil eine unzutreffende Terminologie verwendet, weil § 839a BGB ein »unrichtiges« Gutachten voraussetzt, es ist indes nicht zu besorgen, dass es damit die Anforderungen an die Fehlerhaftigkeit zu Lasten des Klägers zu hoch angesetzt hat. Die Unrichtigkeit des Gutachtens kann sich – ähnlich wie bei § 412 ZPO – zum einen daraus ergeben, dass der Sachverständige von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht oder dass er aus den Befundtatsachen unvertretbar falsche Schlüsse zieht (Palandt/Sprau BGB, 65. Aufl. § 839a, Rdnr. 3). Beide Voraussetzungen hat das Landgericht zu Recht verneint. 2.1 Der Kläger rügt zum einen, dass sich der Beklagte nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, welche Statik für sein Bauvorhaben maßgeblich gewesen ist und er lediglich auf eine später aus Gefälligkeit gefertigte ungeprüfte Statik vom 16.11.1998 abgestellt habe. Dieser Vorwurf trifft nicht zu, vielmehr hat der Beklagte in dem vom Kläger kritisierten zweiten Gutachten vom 19.12.2002 unstreitig darauf hingewiesen, dass die Parteien darüber im Streit liegen, welche Statik letztendlich gelten sollte. Diesen Streit oder darüber zu entscheiden, welche Bedeutung die nachträgliche ergänzende Statik hatte, war nicht Aufgabe des Beklagten, sondern oblag der Bewertung durch das Gericht. 2.2 Der Beklagte hat darüber hinaus den Sachverhalt auch insoweit aufgeklärt, als er unstreitig ausgeführt hat, dass die Beklagte des Ursprungsverfahrens eine Stahlarmierung nicht eingebaut hatte (S. 14 des Gutachtens vom 19.12.2002). 2.3 Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes meint der Kläger, allein das Fehlen der Stahlarmierung entgegen der von ihm, dem Kläger, für maßgeblich gehaltenen Statik hätte der Beklagte als Sachverständiger als Baumangel kennzeichnen müssen. Mit dieser Rüge verkennt der Kläger die Aufgabe des Beklagten im Ursprungsverfahren, der als Sachverständiger nur zur Klärung von Tatsachen, nicht aber zur Klärung von Rechtsfragen aufgerufen ist (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl. § 402, Rdnr. 1), sodass auch hierauf die Berufung nicht erfolgreich gestützt werden kann. 2.4 Auch die Ausführungen des Beklagten unter 5.4.3 des Gutachtens vom 19.12.2002 sind nicht unrichtig i.S.v. § 839a BGB gewesen. Die – festgestellte – fehlende statische Bewehrung und die daraus zu ziehende Folgerung für die Standfestigkeit des Gebäudes hat der Beklagte vielmehr in Übereinstimmung mit den schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen ... entschieden. Dieser Sachverständige, ein Architekt, hat ausführlich und nachvollziehbar dargestellt, warum es bei dem Bauvorhaben des Klägers einer statischen Bewehrung nicht bedurfte, mithin das Gutachten des Beklagten richtig war. Die Ausführungen des Privatsachverständigen ..., auf dessen Gutachten sich der Kläger stützt, und der ohne nähere Begründung festgestellt hat, die Abweichung der Bauausführung von der Gebäudestatik stelle einen erheblichen Mangel dar, da das Fundament so nicht die erforderlichen Lasten aufnehmen könne, hat der Sachverständige ... hingegen nicht bestätigt. 2.5 Es macht das Gutachten des Beklagten auch nicht »offenkundig unrichtig, weil unvollständig«, dass der Beklagte auf die jetzt im Verfahren vom Kläger aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen ... problematisierte Unterscheidung zwischen der konstruktiven und der statischen Bewehrung nicht eingegangen ist. Zwar war ausweislich des Beweisbeschlusses vom 27.06.2002 in der Ursprungssache dem Beklagten auferlegt worden, unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens ... festzustellen, ob das Fundament gemäß Planung hergestellt worden ist und der Privatsachverständige hatte u.a. festgestellt, dass weder eine Korbbewehrung noch eine Einzelstabbewehrung – also die vermisste konstruktive Bewehrung – vorhanden war. Deswegen ist das Gutachten des Beklagten aber nicht unrichtig gewesen, denn es hat zu der Frage der konstruktiven Bewehrung gar nicht Stellung bezogen. Die jetzt diskutierte Unterscheidung hat im Ausgangsverfahren weder für den sachverständig beratenen Kläger noch für das Gericht eine Rolle gespielt und auch der Beklagte hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Er hat lediglich – richtig – festgestellt, dass eine Stahlarmierung nicht vorhanden ist. Zur fehlenden konstruktiven Bewehrung brauchte der Beklagte ohne besondere Aufforderung nicht Stellung zu beziehen, zumal das an dem Ergebnis nicht einmal etwas | 60 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 geändert hätte. Zutreffend ist das Landgericht nämlich mit dem Sachverständigen ... davon ausgegangen ist, dass auch eine konstruktive Bewehrung als zusätzliche Sicherung nicht erforderlich gewesen ist. 2.6 Schließlich macht es auch das Gutachten des Beklagten nicht unrichtig, dass der Sachverständige ... in der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2005 die Auffassung vertreten hat, der Beklagte hätte sich zur Frage der konstruktiven Bewehrung äußern müssen, wenn ihm die Statik des Statikers ... vom 23.10.1998 bei der Abfassung des Gutachtens vorgelegen hätte. Auch hierbei handelt es sich um die Beantwortung einer allein vom Gericht zu beurteilenden Rechtsfrage, wohingegen die Auffassung des Sachverständigen lediglich eine eigene Meinungsäußerung des Sachverständigen zu einer Rechtsfrage (ist das Gutachten unrichtig i.S.v. § 839a BGB ?) darstellt. Der Sachverständige hatte ausschließlich zu den in sein Wissen gestellten fachlichen Fragen des Beweisbeschlusses vom 19.05.2004 Stellung zu nehmen, nämlich ob die Aussagen des Beklagten im Ursprungsverfahren, das Streifenfundament bedürfe keiner Bewehrung, die ungleichmäßige Lagerfuge ermögliche nicht das Eindringen von Feuchtigkeit und die Bodenplatte sei praktisch wasserdicht, nach dem Stand der Wissenschaft und Technik vertretbar oder auch nicht vertretbar waren. Die Frage, wie sich der Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen hätte äußern müssen, fiel nicht in das Beweisthema des Sachverständigen ... . Soweit man diesem Berufungsvorbringen des Klägers inzidenter entnehmen wollte, er habe auch rügen wollen, dass der Beklagte den Sachverhalt unvollständig dargestellt hat, indem er auf die fehlende konstruktive Bewehrung nicht hingewiesen hat, die sich für einen Fachmann aus der Statik vom 23.10.1998 ergab, musste das Landgericht auch insoweit nicht von einem unrichtigen Gutachten ausgehen. Wie oben unter 2.5 bereits dargestellt war der Beklagte nach der Problematik einer fehlenden konstruktiven Bewehrung in dem Beweisbeschluss nicht gefragt worden und in Anbetracht dessen, dass auch der Sachverständige ... das Fehlen einer solchen Bewehrung für nicht mangelhaft gehalten hat, musste der Beklagte nicht von sich aus auf diese Frage eingehen.« 2.1.2. KG Berlin (Urteil vom 3. Dezember 2007, Az.: 24 U 71/07): Gutachterhaftung wegen Richtigkeit bzw. Unrichtigkeit eines Wertgutachtens im Zusammenhang mit einem Zwangsversteigerungsverfahren! Leitsätze der Entscheidung: 1. Wohnungseigentum und Teileigentum unterscheiden sich nur durch die vom teilenden Eigentümer in der Teilungserklärung bzw. der dieser angeschlossenen Gemeinschaftsordnung oder von den Miteigentümern durch Vereinbarung getroffene Zweckbestimmung und durch die bauliche Ausgestaltung der betroffenen Räume. 2. Um verschiedene – möglichst weitgehende – Nutzungsmöglichkeiten zuzulassen, ohne dass es der im Falle nachträglicher Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt erforderlichen Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf, ist es möglich, eine Bestimmung der Nutzungsart in der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung zu unterlassen. Es besteht ebenfalls die Möglichkeit, eine Sondereigentumseinheit (ausdrücklich) zur gemischten oder alternativen Nutzung, nämlich zur Nutzung zu Wohnzwecken und/oder nicht zu Wohnzwecken, zu bestimmen. 3. Die Auslegung der Zweckbestimmung einer Sondereigentumseinheit als »Gewerbewohnung« kann ergeben, dass sowohl eine gewerbliche Nutzung als auch eine Nutzung als Wohnung zulässig ist. Aus den Gründen: »A. Zutreffend hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten auf Schadensersatz nach § 839a Abs. 1 BGB als allein in Betracht kommender Anspruchsgrundlage verneint. Nach dieser Norm ist ein vom Gericht ernannter Sachverständiger, der vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Vorliegend hat der Beklagte, welcher im Auftrag des Amtsgerichts Potsdam im Zwangsversteigerungsverfahren nach einem früheren Wertgutachten die weiteren Wertgutachten Nr. 11722003 vom 27.01.2004 (Anlage K 3) und Nr. 0373-2004 vom 15.04.2004 (Anlage K 4) betreffend Räumlichkeiten in der Gemarkung K., welche mit Beschluss des Amtsgerichts Potsdam vom 04.07.2005 – 2 K 452/03 – im Zwangsversteigerungstermin vom selben Tag der Klägerin aufgrund eines Höchstgebots von 92.500,- € zugeschlagen worden sind (Anlage K 2), jedenfalls nicht grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten – auf dem der Zuschlagbeschluss beruht – erstattet. Unrichtig ist ein Gutachten insbesondere dann wenn es – etwa aufgrund fehlerhafter oder unvollständiger Befunderhebung – von einem unzutreffendem Sachverhalt ausgeht, soweit dieser nicht durch das Gericht vorgegeben ist (Sprau in Palandt, BGB, 66. Aufl., 2007, § 839a Rdnr. 3). Unter grober Fahrlässigkeit ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine besonders schwere Sorgfaltspflichtverletzung zu verstehen, welche dann vorliegt, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn also ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte. Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich um eine subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit des § 276 Abs. 1 BGB erheblich übersteigt (BGH NJW 1992, 3236, Rdnr. 12 nach juris) wobei auch subjektive, in der Person des Handelnden begründete Umstände zu berücksichtigen sind (BGH NJW 2005, 981, Rdnr. 16 nach juris). B. Hiernach fällt dem Beklagten jedenfalls keine grob fahrlässige Erstattung eines unrichtigen Gutachtens zur Last. 1. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass der Beklagte bei Erstattung seiner zur Akte gereichten Gutachten – und insbesondere bei Erstattung des zu einem Verkehrswert der sodann der Klägerin zugeschlagenen Räumlichkeiten von 145.000,- € kommenden Gutachtens Nr. 0373-2004 vom 15.04.2004, welches gegenüber dem Gutachten Nr. 1172-2003 vom 27.01.2004 berichtigte Größenangaben enthielt und der Zwangsversteigerung zugrunde lag (vgl. den Zuschlagbeschluss vom 04.07.2005 sowie das Protokoll des Zwangsversteigerungstermins vom 04.07.2005 – Anlage K 2 –) – von einer Nutzung der Räumlichkeiten als Wohnung ausgehen durfte. Die von der Klägerin erworbenen Räumlichkeiten gehören einer Eigentumsanlage an, hinsichtlich derer mit Teilungserklärung vom 12.11.1996 zur UR-Nr. ... der Notarin ... (Anlage K 5) Wohnungs- und Teileigentum begründet worden ist, wobei es sich bei diesen Räumlichkeiten der Klägerin um die mit Nr. 4 | 61 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 (bzw. Nr. IV gemäß der Nachtragsverhandlung vom 20.05.1997 zur UR-Nr. ... der Notarin ... – Anlage K 6 –) bezeichnete Sondereigentumseinheit handelt. Diese Einheit Nr. 4. war vom Amtsgericht Potsdam im ursprünglichen Gutachtenauftrag als »Wohnungseigentum« bezeichnet worden. In der Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 17.10.1996 des Landkreises P. ist sie als »nicht zu Wohnzwecken dienende(n) Räume – Gewerberäume(n)« benannt; im Aufteilungsplan sind drei der – mit Flur – sieben Räumlichkeiten der Einheit Nr. 4 mit dem handschriftlichen Vermerk »Gewerbe« versehen (beides der Teilungserklärung vom 12.11.1996 zur UR-Nr. ... der Notarin ... – Anlage K 5 – beigeschlossen). In der Teilungserklärung und in der Nachtragsverhandlung wird – jeweils in § 2 – die Einheit Nr. 4 (bzw. IV) als »Gewerbewohnung« bestimmt, während andere Einheiten als »Wohnung und Kellerraum« oder »Laden und Nebenraum« bestimmt werden. Hiernach handelt es sich bei der Einheit Nr. 4 – auch – um eine Wohnung. Wohnungseigentum nach § 1 Abs. 2 WEG und Teileigentum nach § 1 Abs. 3 WEG unterscheiden sich nur dadurch, dass sie unterschiedliche Gegenstände haben; ihre Rechtsqualität ist dieselbe (Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., 2003, § 1 Rdnr. 15). Während Wohnungseigentum aus einem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum in Verbindung mit Sondereigentum an einer Wohnung besteht, ist Teileigentum ein Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum in Verbindung mit Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen. Wohnungseigentum und Teileigentum unterscheiden sich daher nur durch die vom teilenden Eigentümer in der Teilungserklärung (§ 8 WEG) bzw. der dieser angeschlossenen Gemeinschaftsordnung oder von den Miteigentümern durch Vereinbarung (§ 3 WEG) getroffene Zweckbestimmung und die bauliche Ausgestaltung der betroffenen Räume (Pick, a.a.O., Rdnr. 26; Briesemeister in Weitnauer, WEG, 9. Aufl., 2005, § 1 Rdnr. 39; Förth in Riecke/Schmid, WEG, 2005, § 1 Rdnr. 16). Auch die Verbindung von Wohnungseigentum und Teileigentum zu einem gemischten Wohnungseigentum und Teileigentum in der Hand eines Berechtigten ist möglich (Pick, a.a.O., Rdnr. 24; LG Koblenz NZM 1998, 676 m.w.N.; BayObLG NJW 1960, 2100; Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8. Aufl., 2007, § 1 Rdnr. 19 hinsichtlich einer Verbindung einer Praxis mit einer Wohnung oder einer Werkstatt bzw. eines Ladens mit einer Wohnung; so wohl auch Briesemeister, a.a.O.). Da eine Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt eine Änderung des durch die Gemeinschaftsordnung festgelegten Gebrauchs und folglich eine Inhaltsänderung im Sinne von § 5 Abs. 4 WEG darstellt und damit jeweils der Zustimmung aller Eigentümer bedarf, es den Miteigentümern bzw. dem teilenden Eigentümer aber zuzubilligen ist, dem jeweiligen Sondereigentümer eine möglichst große Flexibilität hinsichtlich der Nutzung seines Sondereigentums zu verschaffen, kann eine Bestimmung der Nutzungsart in der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung auch gänzlich unterbleiben (LG Koblenz, a.a.O.). Um verschiedene – möglichst weitgehende – Nutzungsmöglichkeiten zuzulassen, ohne dass es der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf, muss es daher auch möglich sein, eine Sondereigentumseinheit (ausdrücklich) zur gemischten oder alternativen Nutzung, nämlich zur Nutzung zu Wohnzwecken und/ oder nicht zu Wohnzwecken, zu bestimmen. Aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NJW-RR 1993, 149), dem ein Sachverhalt zugrunde lag, in welchem eine Sondereigentumseinheit in der Teilungserklärung ausdrücklich als Wohnung bezeichnet worden war, die Wohnungseigentümer indes einen Eigentümerbeschluss des Inhalts getroffen hatten, dass sie mit einer Nutzung der Wohnung als Blumenladen einverstanden sind, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Das in diesem Zusammenhang weiter erfolgte Zitat (»BayObLG in RPfleger 1982/15«) ist unergiebig. Unter der angegebenen Stelle finden sich lediglich mehrere Leitsätze des Bayerischen Obersten Landesgerichts, welche keinen Bezug zur vorliegenden Fallgestaltung erkennen lassen. Im Falle einer gemischten Nutzung muss das Grundbuchamt – entsprechend der überwiegenden Nutzung – grundsätzlich entscheiden, ob es ein Wohnungseigentums-Grundbuch anlegt oder ein Teileigentums-Grundbuch (Pick, a.a.O., Rdnr. 29). Ob eine Zweckbestimmung – und wenn ja welche – hinsichtlich einer bestimmten Sondereigentumseinheit getroffen worden ist, ist durch Auslegung der Grundbucheintragung zu ermitteln. Dabei ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn der Eintragung sowie der darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergeben. Umstände außerhalb dieser Urkunden dürfen zur Ermittlung von Inhalt und Umfang eines Grundstücksrechts nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind (vgl. hierzu Senat, Wohnungseigentümer 2007, 71, Rdnr. 6 m.w.N.). Vorliegend ist die Einheit Nr. 4 in der Teilungserklärung und in der Nachtragsverhandlung als »Gewerbewohnung« bestimmt. In Anbetracht des Umstandes, dass andere Sondereigentumseinheiten in der Teilungserklärung ausdrücklich als »Wohnung und Kellerraum« oder »Laden und Nebenraum« bestimmt worden sind, entspricht es der nächstliegenden Bedeutung des im Grundbuch Eingetragenen nicht, dass es sich dabei nur um ein zufällig gewähltes Wort ohne Inhalt und ohne rechtliche Bedeutung handelt (vgl. OLG Hamm NJW-RR 93, 186, Rdnr. 21 nach juris für den Fall der Bezeichnung einer Sondereigentumseinheit in einer Teilungserklärung als »Einfamilienhaus«). Es ist vielmehr eine Zweckbestimmung dahingehend anzunehmen, dass für die »Gewerbewohnung« sowohl eine gewerbliche Nutzung als auch eine Nutzung als Wohnung zulässig ist. Eine Nutzung auch als Wohnung steht auch in Übereinstimmung mit der baulichen Ausgestaltung der Einheit Nr. 4, welche über Küche und Bad verfügt. Dem steht nicht entscheidend entgegen, dass im Aufteilungsplan drei der – mit Flur – sieben Räumlichkeiten mit dem handschriftlichen Vermerk »Gewerbe« versehen sind. Zum einen sind andere Räume dieser Einheit mit dem handschriftlichen Vermerk »Küche« bzw. »Bad« versehen, was auf eine Wohnnutzung hindeutet; zum anderen hat die notariell beurkundete ausdrückliche Erklärung der Miteigentümer in den jeweiligen § 2 der genannten Urkunden Vorrang gegenüber einem bloßen handschriftlichen Schlagwort im Aufteilungsplan. Nicht von durchschlagender Bedeutung ist auch die Angabe in der Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 17.10.1996 des Landkreises P., bei der Einheit Nr. 4 handele es sich um nicht zu Wohnzwecken dienende Räume – Gewerberäume. Die nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WEG der Eintragungsbewilligung beizufügende Abgeschlossenheitsbescheinigung hat die Funktion, dem Grundbuchgericht die Beachtung des in § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG normierten Abgeschlossenheitserfordernisses urkundlich zu belegen und dem Grundbuchgericht die Prüfung bautechnischer und baurechtlicher Fragen zu ersparen; sie trifft indes keine Aussage über die baurechtlich zulässige Nutzung (Schneider in Riecke/Schmid, a.a.O., § 7 Rdnr. 99 | 62 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 m.w.N.). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch das Grundbuchgericht von einer Nutzung der Einheit Nr. 4 sowohl zu Wohnzwecken als auch zu sonstigen Zwecken ausgegangen ist, da es – ohne sich für das eine oder das andere zu entscheiden – ein »Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch« für die Einheit Nr. 4 angelegt hat (vgl. Anlage K 7). Dass eine hiernach zulässige Wohnnutzung der Einheit Nr. 4 – welche von der Klägerin ja auch tatsächlich praktiziert wird – aus anderen, insbesondere öffentlich-rechtlichen Gründen nicht möglich wäre, ist nicht zu ersehen. So hat der Landkreis P. – Amt für Recht und Bauaufsicht mit Schreiben vom 11.12.2003 (Anlage K 9 = Bl. 57 d. A.) die Gemeinde K. im Gegenteil darauf hingewiesen, dass allein eine fehlende Bezahlung einer vertraglich vereinbarten Stellplatz-Ablösesumme den Erlass einer Nutzungsuntersagung nicht rechtfertigt. Die Nichterwähnung einer zusätzlich möglichen – allenfalls werterhöhend wirkenden – gewerblichen Nutzung stellt keinen der Klägerin nachteiligen Fehler dar.« 2.1.3. OLG München (Beschluss vom 18. Juni 2008, Az.: 1 U 2044/08): Keine Haftung nach § 839a BGB bei medizinisch wissenschaftlich vertretbarer Einschätzung des Gerichtssachverständigen! der stattgehabten Operationsmethode bei zu tiefer Schnittführung zu einer Asymmetrie des Afters kommen kann, hat der Sachverständige an dieser Stelle allerdings auch, womit sich der Kläger nicht auseinandersetzt, klargestellt, dass ein derartiger Befund beim Kläger bei den Nachuntersuchungen nicht festgestellt wurde. Im Übrigen wäre auch nicht ersichtlich, worin die Entscheidungserheblichkeit dieses Gesichtspunktes bestehen könnte. Die vom Kläger vorgelegte ärztliche Bescheinigung vom 07.04.2008 ist gegenüber der gerichtlichen Begutachtung durch Prof. Dr. J. ohne prozessuale Relevanz. Sie fällt zudem, abgesehen davon, dass offen bleibt, ob die Fragestellung, unter der die Bescheinigung erstellt wurde, der hier relevanten entspricht, in Relation zur gerichtlichen Begutachtung knapp, nichtssagend und begründungslos aus.« 2.1.4. OLG Rostock (Urteil vom 27. Juni 2008, Az.: 5 U 50/08): Haftung des im Zwangsversteigerungsverfahren zur Grundstücksbewertung bestellten Sachverständigen! Leitsatz der Entscheidung: Medizinisch wissenschaftlich vertretbare Einschätzungen des Gutachters sind auch richtig im Sinne von § 839a BGB. Leitsatz der Entscheidung: Bei der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens im Zwangsversteigerungsverfahren haben Baumängel nur Bedeutung für die Festsetzung des Verkehrswertes selbst; der Ersteigerer kann insoweit nicht auf die Vollständigkeit des Gutachtens vertrauen. Aus den Gründen: »Der Senat weist nochmals darauf hin, dass es im Haftungsprozess gegen den Sachverständigen nicht darauf ankommt, ob dem behandelnden Arzt ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Die Berufung beschäftigt sich weiterhin in nicht unerheblichem Umfang mit der Frage, ob der Kläger im Krankenhaus B. kunstgerecht behandelt wurde. Einer Haftung des Beklagten aus § 839a BGB steht jedoch entgegen, dass der hiesige Sachverständige Prof. Dr. J. alle Aussagen der streitgegenständlichen Begutachtung durch den Beklagten als medizinisch vertretbar eingestuft hat. Medizinisch wissenschaftlich vertretbare Einschätzungen des Gutachters sind auch richtig im Sinne von § 839a BGB. Dies gilt auch für die Frage, ob eine körperliche Untersuchung des Klägers durch den Beklagten veranlasst war. Der Sachverständige Prof. Dr. J. hat überzeugend dargelegt, dass eine körperliche Untersuchung des Klägers keinen nennenswerten Erkenntnisgewinn erbracht hätte. Der Senat hält im Anschluss an den Sachverständigen Prof. Dr. J. auch daran fest, dass das von diesem in Bezug genommene histologisch-pathologische Untersuchungsergebnis des Instituts für Pathologie von hohem objektivierbarem Beweiswert ist. Der Kläger vermag der Feststellung des Pathologen, dass im Resektat keine Anteile quergestreifter Skelettmuskulatur vorhanden sind, nichts entgegenzuhalten. Der Senat weist in diesem Zusammenhang auch nochmals darauf hin, dass der Sachverständige Prof. Dr. J. dargelegt hat, dass es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass ein Schnitt geführt wurde, der zwar einerseits nicht kunstgerecht war, andererseits aber – vgl. das pathologische Untersuchungsergebnis – nicht zu einer irregulären Gewebeentfernung geführt hat. Lediglich theoretisch mögliche völlig unwahrscheinliche Umstände bedürfen keines Ausschlusses. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass der Sachverständige bei der Anhörung vom 04.12.2007 ausgeführt hat, dass es bei Aus den Gründen: »Da es sich bei Verkehrswertgutachten letztlich um gutachterliche Schätzungen des Marktverhaltens handelt, kann zudem eine exakte Feststellung eines bestimmten Betrages »X« als Verkehrswert nicht gefordert werden. Soweit die Klägerin meint, der Bundesgerichtshof habe in der Entscheidung vom 09.03.2006 - Az.: III ZR 143/05 - im anderslautenden Sinne entschieden, vermag dem der Senat nicht zu folgen. Der Bundesgerichtshof stellt in der Entscheidung vielmehr fest, dass geringere Abweichungen im Verkehrswert jedenfalls keine Auswirkungen auf die Höhe der Gebote haben dürften. Nach der Rechtsprechung sind Abweichungen innerhalb eines gewissen Toleranzrahmens hinzunehmen und führen nicht per se zur Unrichtigkeit der Wertermittlung (Schleswig-Holstein. OLG, MDR 2008, 25; dort: Abweichung von 12,5 % innerhalb der Toleranz). Auch ist zu beachten, dass die Feststellung von Baumängeln als solche nicht zur Sachverständigenpflicht gehört. Denn durch ein Verkehrswertgutachten im Rahmen der Zwangsversteigerung soll der Verkehrswert zu einem bestimmten Stichtag festgestellt werden. Nur hierauf bezieht sich die Pflicht des Sachverständigen, denn aufgrund seiner Feststellungen wird der Verkehrswert vom Gericht im Beschlusswege festgesetzt. Es kommt deshalb allein darauf an, ob dieser Verkehrswert richtig ist. Baumängel haben nur Bedeutung für die Feststellung des Verkehrswertes, als diese gemäß § 23 Abs. 3 der WertV zu berücksichtigen sind; die Feststellungen im Gutachten haben hingegen keine eigenständige Außenwirkung dergestalt, dass sich ein Ersteigerer auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der festgestellten Baumängel und Bauschäden und deren kostenmäßige Bewertung berufen oder verlassen kann (Schleswig-Holstein. OLG, Urteil vom 06.07.2007, MDR 2008, 25). Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, dass es sich bei der Verkehrswertermittlung um eine Schätzung handelt und auch die Baumängel und Bauschäden danach bewertet werden, wel- | 63 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 chen Einfluss sie auf den Kreis potenzieller Erwerber haben; so wirken sich geringfügige Mängel zum einen gar nicht auf den Verkehrswert aus, zugleich sind Mängel auch in der allgemeinen Einschätzung des Objekts stillschweigend enthalten (Schleswig-Holstein. OLG, a.a.O.). Auch können bei der Berechnung des Verkehrswertes die tatsächlichen Kosten einer Mängelbeseitigung nicht schlicht vollständig im Wege des Abzugs in Ansatz gebracht werden. Denn das Verkehrswertgutachten spiegelt lediglich den Immobilienmarkt wider; dieser nimmt bei Mängeln und Bauschäden aber regelmäßig Abschläge vor, die mit den Beseitigungskosten nicht regelmäßig oder gar zwingend übereinstimmen (vgl. Schleswig-Holstein. OLG, a.a.O.). 2. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte grob fahrlässig die von der Klägerin gerügten Mängel, soweit deren Existenz durch die Beweisaufnahme bestätigt wurde, nicht festgestellt und in ihre Bewertung eingestellt hat. Denn der Senat hat nach Einholung des Sachverständigengutachtens nicht feststellen können, dass das Gutachten hierdurch unrichtig im o.g. Sinne ist. Nach der Einschätzung des Sachverständigen wirken sich die von der Klägerin gerügten Mängel, soweit sie durch sein Gutachten bestätigt wurden, nur geringfügig auf den Verkehrswert aus. Nach seinen Berechnungsmethoden, die er in der mündlichen Verhandlung noch einmal ausführlich erörtert hat, sind Abzüge in Höhe von ca. 6.000,– € gerechtfertigt. Im Verhältnis zum von der Beklagten ermittelten Verkehrswert von 146.000,– € ergibt dies eine Differenz von unter 5 %.« 2.1.5. LG Bochum (Urteil vom 9. Juli 2008, Az.: 6 O 33/08): Anforderungen an den Sachvortrag zur Behauptung der Erstellung eines unrichtigen Gutachtens! Leitsatz der Entscheidung: Die Geltendmachung von Schadensersatz gegen einen Sachverständigen wegen Erstellung eines unrichtigen Gutachtens gemäß § 839a BGB erfordert eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens und einen substantiierten Vortrag zu einem vorsätzlichen bzw. grob fahrlässigen Handeln des Sachverständigen. Aus den Gründen: »Demnach erscheint es der Kammer zweifelhaft, ob allein die pauschale Wiederholung des Vortrags aus dem Vorprozess und die Bezugnahme auf die Ausführungen seines Privatgutachters ohne neue Einwände, ohne neue Aspekte und ohne Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Berufungsgerichts ausreicht, einen schlüssigen Vortrag zur Begründung der Unrichtigkeit des Gutachtens des Beklagten annehmen zu können, wenn dessen Ausführungen von dem OLG voll bestätigt und die entgegenstehenden Ausführungen des Privatgutachters nur als Vermutung, Spekulation oder unzulässige Umkehrschlüsse bezeichnet worden sind. Dies gilt erst Recht, wenn das OLG einen Antrag gemäß § 412 ZPO aus diesem Grunde zurückgewiesen hat. Letztlich muss diese Frage hier nicht abschließend entschieden werden, sodass sich in diesem Rahmen die Frage der Einräumung der im Termin beantragten Stellungnahmefrist zu dieser ersten Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch noch nicht stellt. 2. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Voraussetzung eines erstellten unrichtigen Gutachtens des Beklagten durch die pauschale Bezugnahme des Klägers auf die Ausfüh- rungen in den drei entgegenstehenden Privatgutachten von Dr. S zumindest schlüssig dargelegt sein würden, fehlt es dann in jedem Fall an dem notwendigen Vortrag zu der weiteren Voraussetzung einer denkbaren Haftung des Beklagten. Gemäß § 839a BGB setzt eine Haftung für ein unrichtiges Gutachten nämlich weiter voraus, dass der Beklagte dann auch vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig gehandelt hätte. Die diesbezüglichen Voraussetzungen können nach dem Vortrag des Klägers nicht festgestellt werden, denn dazu fehlt jeglicher und erst Recht hinreichend konkreter Sachvortrag des Klägers.« 2.1.6. OLG Saarbrücken (Urteil vom 23. Oktober 2008, Az.: 8 U 487/07): Kein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch trotz Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf Grund einer falschen Diagnose! Leitsatz der Entscheidung: Unterlässt ein gerichtlich bestellter Sachverständiger die Abklärung der von ihm gestellten Diagnose durch den Einsatz einer apparativen Diagnostik zu erhärten, so liegt gleichwohl kein fehlerhaftes Gutachten vor, wenn der Sachverständige ausdrücklich darauf hinweist, dass es sich bei seiner gutachterlichen Einschätzung lediglich um eine Verdachtsdiagnose handele, und die apparative Diag nostik nicht geeignet war, die Verdachtsdiagnose zweifelsfrei zu widerlegen. Aus den Gründen: »cc. Ausgehend von diesen Ausführungen des Beklagten im Rahmen seiner mündlichen Gutachtenerstattung kann entgegen der Auffassung des Landgerichtes nicht von einem unrichtig erstellten Gutachten ausgegangen werden. (a) Zwar hat der Beklagte die von dem Sachverständigen Prof. Dr. N. zur Abklärung der Diagnose einer hirnorganischen Störung mit Anfallsäquivalent für erforderlich gehaltene apparative Diagnostik nicht durchgeführt. Ein fehlerhaftes Gutachten liegt aber deshalb nicht vor, weil der Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es sich lediglich um eine Verdachtsdiag nose handele. Dies ergibt sich aus seinen Ausführungen im Rahmen der Anhörung durch den Senat und insbesondere im Schriftsatz vom 09.07.2007 (dort S. 3 ff., Bl. 324 ff.), denen der Kläger nicht entgegengetreten ist. Bestätigt wird dies auch durch die Ausführungen der Strafkammer in ihrem Urteil vom 08.04.2003 (Bl. 112 ff.). Dort heißt es auf S. 16 (Bl. 119 R), dass nach Auffassung des Sachverständigen die von den Zeuginnen angegebenen Serien von Wiederholungen der Verhaltensweisen des Angeklagten im Sinne von anfallartigen Kontrollverlusten im Sinne von Anfallsäquivalenten »mit hoher Wahrscheinlichkeit« auf eine organische Grundlage zurückzuführen seien. Es liege eine krankhafte seelische Störung im Sinne des § 20 StGB vor, die sich »wahrscheinlich« als Folge einer frühkindlichen Hirnschädigung in Anfallsäquivalenten äußere. Diese »Schlussfolgerung« des Sachverständigen, dass es sich bei der Symptomatik des Angeklagten »am ehesten« um eine krankhafte seelische Störung, gekennzeichnet durch anfallartige Kontrollverluste, auf organischer Grundlage handele, sei nachvollziehbar und angesichts der Angaben der Zeuginnen plausibel. Aus diesen Formulierungen wird deutlich, dass der Beklagte eine apparative Diagnostik nicht durchgeführt hat und dies der Strafkammer gegenüber auch nicht so dargestellt hat. | 64 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 (b) Insoweit stehen seine Erläuterungen im Einklang mit der Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. N., der bei seiner Anhörung bestätigt hat (S. 3 des Protokolls vom 12.06.2007, Bl. 334), dass der Gedanke an eine hirnorganische Ursache mit Anfallsäquivalent nachvollziehbar sei. Die weitergehenden Ausführungen des Sachverständigen, wonach im Jahre 2002 an die Diagnose von Anfallsäquivalenten aber andere Anforderungen gestellt worden seien, als es der Beklagte getan habe, dass insbesondere eine apparative Abklärung habe erfolgen müssen, führt im Streitfall nicht zu der Feststellung einer Unrichtigkeit des mündlichen Gutachtens des Beklagten.« 2.1.7. LG Karlsruhe (Urteil vom 18. Februar 2009, Az.: 6 O 48/06): Haftung eines Sachverständigen für Immobilienbewertungen für Fehler in einem vom Zwangsversteigerungsgericht eingeholten Gutachten und Fehlbeurteilung des Umfangs von Feuchtigkeitsschäden in einem verwahrlosten Keller eines Einfamilienreihenhauses! Leitsätze der Entscheidung: 1. Nur wenn der Verkehrswertsachverständige im Verlauf seiner Tätigkeit auf Baumängel hindeutende Indizien stößt, muss er das auftraggebende Zwangsversteigerungsgericht – etwa durch einen textlichen Hinweis im Gutachten – hierauf aufmerksam machen. Ob dies auch dann gilt, wenn der Verkehrswert richtig festgestellt wurde, kann dahinstehen. 2. Behelfsmaßnahmen der Bewohner zur Trockenlegung des Kellers muss der Verkehrswertsachverständige nur dann in seinem Gutachten erwähnen, wenn sie ihm bekannt waren oder – trotz vorhandener Unordnung – hätten auffallen können und müssen. 3. Es ist nicht Aufgabe eines Sachverständigen für Immobilienbewertungen, aus der vorgefundenen und im Gutachten hinreichend dokumentierten Situation Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Denn die jeweilige Bausituation ist stichtagsbezogen zu sehen und nicht auf die Zukunft ausgerichtet. 2.1.8. AG München (Urteil vom 24. September 2010, Az.: 22 C 817/09): Kein Anspruch nach § 839a BGB bei angeblicher Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Gutachter! Leitzsatz der Entscheidung: Ein Anspruch nach § 839a BGB scheidet aus, wenn der Anspruchssteller lediglich eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch den Gutachter rügt, nicht aber die Unrichtigkeit des Gutachtens darlegt. Aus den Gründen: »2. Auch ein Anspruch gemäß § 839a BGB kommt vorliegend nicht in Betracht. Bereits die Klägerin stellte wiederholt klar, dass das vom Beklagten erstellte Gutachten inhaltlich nicht in Frage gestellt wird. Das Gericht hat auch keinerlei Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit des vom Beklagten erstatteten Gutachtens.« 2.1.9. OLG Köln (Urteil vom 8. Dezember 2010, Az.: 2 U 8/10): Haftung des gerichtlich bestellten Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer im Zwangsversteigerungsverfahren! Leitsatz der Entscheidung: Ein von einem Sachverständigen erstattetes Gutachten ist unrichtig im Sinne von § 839a BGB sowohl wenn der Sachverständige von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht, als auch wenn er aus dem Sachverhalt falsche Schlüsse zieht. Aus den Gründen: »Ein von einem Sachverständigen erstattetes Gutachten ist unrichtig, wenn es nicht der objektiven Sachlage entspricht (MünchKomm/Wagner, BGB, 5. Aufl. 2009, § 839a Rdn. 17). Dies ist sowohl der Fall, wenn der Sachverständige von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht, als auch dann, wenn er aus dem Sachverhalt falsche Schlüsse zieht (Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl. 2010, § 839a Rdnr. 3; Bayerlein, Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 4. Aufl. 2008, § 34 Rdnr. 15).« 2.1.10. LG Oldenburg (Urteil vom 23. März 2011, Az.: 13 O 3477/07): Kein unrichtiges Gutachten trotz Nichtberücksichtigung von Baumängeln durch Verkehrswertgutachter! Leitsätze der Entscheidung: 1. Bei einem Verkehrswertgutachten handelt es sich um eine Schätzung, die das Marktverhalten wiedergeben soll. Eine exakte Feststellung eines bestimmten Betrages als Verkehrswert kann daher nicht gefordert werden. 2. Bei der Marktwertermittlung soll der Wert ermittelt werden, der im üblichen Geschäftsverkehr ohne Berücksichtigung besonderer Umstände erzielt wird. Es sind nur solche Punkte zu berücksichtigen, die bei einer Besichtigung augenfällig sind und mindestens einen gravierenden Anfangsverdacht begründeten. 3. Die Feststellung von Baumängeln und -schäden gehört nicht zu den eigentlichen Pflichten eines Sachverständigen bei Verkehrswertgutachten. Deren Nichtberücksichtigung führt dann zu einem unrichtigen Gutachten, wenn eine tolerierbare Abweichung des festgestellten vom tatsächlichen Verkehrswert nicht mehr gegeben ist. 2.1.11. LG Berlin (Urteil vom 13. Juli 2011, Az.: 23 O 350/10): Voraussetzungen für ein unrichtiges Verkehrswertgutachten Leitsatz der Entscheidung: Ein im Sinne von § 839a BGB unrichtiges Verkehrswertgutachten liegt vor, wenn das Gutachten, etwa aufgrund fehlerhafter oder unvollständiger Befunderhebung, von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht und wenn dieser unzutreffende Sachverhalt (zu Lasten des Erwerbers) Eingang in die Wertermittlung gefunden hat. | 65 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2.1.12. OLG Jena (Urteil vom 7. November 2012, Az.: 2 U 135/12) : Unrichtiges Gutachten wegen Nichtberücksichtigung einer DIN und Anwendung falscher Messmethodik Leitsatz der Entscheidung: Ein unrichtiges Gutachten liegt vor, wenn der Gerichtssachverständige eine maßgebliche DIN unberücksichtigt lässt und eine falsche Messmethodik anwendet. Aus den Gründen: »2. Der Beklagte hat in dem selbstständigen Beweisverfahren unrichtige Gutachten erstattet und in dem Hauptsacheverfahren 1 O 1187/04 unzutreffende Angaben bei seiner Anhörung am 12.04.2005 getätigt. a) Seinerzeit hat er ausgeführt, die DIN 18201 habe er für sein Gutachten nicht berücksichtigt, weil sie im vorliegenden Fall nicht maßgeblich sei. Dies trifft jedoch nach den Ausführungen des Gutachters Prof. … nicht zu (vgl. Seite 4 f. und 9 f. seines Gutachtens vom 12.02.2008). In der DIN 18201 ist u.a. in Abschnitt 4.3 festgeschrieben, dass bei den Passungsberechnungen »zeit- und lastabhängige Verformungen einbezogen werden« müssen. Insoweit kritisiert der Gutachter, dass im Gutachten des Beklagten vom 26.11.2002 keine »bewusste Beurteilung der baulichen oder baustofflichen Ausgangssituation« erfolgt sei. Allerdings könne es aufgrund »einer möglicherweise nur als unmaßgeblich oder geringfügig eingeschätzten Größenordnung von nachträglich eingetretenen Verformungen [...] noch nachvollziehbar sein, dass die gemäß DIN 18201 ausgesprochene Nichteinbeziehung dieser Verformungsanteile unberücksichtigt bleibt« (Seite 10 des Gutachtens vom 12.02.2008). Damit bringt Prof. … zum Ausdruck, dass der Beklagte entgegen der DIN 18201 nicht geprüft habe, ob und in welchem Umfang es fünf Jahre nach der Fertigstellung zu nutzungsbedingten Verformungen gekommen sei, es aber nicht auszuschließen sei, dass diese Verformungen so geringfügig seien, dass sie für die Pfützenbildung keine Relevanz hätten. b) Einen klaren Mangel sieht Prof. … in der Messmethodik des Beklagten. So habe der Beklagte die Höhenmessung falsch durchgeführt. Diese sei »ohne das erforderliche ‚Stichmaß-Verständnis’ sowohl in den Flächen als auch an den Rändern erfolgt« (S. 10). Der Beklagte habe in seinem Gutachten vom 26.11.2002 die gemäß DIN 18202 heranzuziehenden Ebenheitstoleranzen »falsch« ausgelegt (S. 6). Richtigerweise müssten die Bewertungen des aufgenommenen Nivellement-Rasters auf der Festlegung von »Stichmaßen als Grenzwerte in Millimeter bei unterschiedlichen Messpunktabständen basieren«(S. 6).« 2.1.13. OLG Hamm (Hinweisbeschluss vom 12. August 2013, Az.: 9 U 235/12): Keine hinreichende Darlegung eines unrichtigen Gutachtens! Leitsatz der Entscheidung: Zu den Voraussetzungen der Inanspruchnahme eines gerichtlichen medizinischen Sachverständigen nach § 839a BGB. Aus den Gründen: »Die Berufung der Klägerin ist nach einstimmiger Überzeugung des Senats unbegründet. Der Klägerin steht ein auf § 839a BGB – der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage – gestützter Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten nicht zu. Die mit Wirkung zum 01.08.2002 eingefügte Vorschrift des § 839a BGB ist vorliegend anwendbar. Gemäß § 8 Absatz 1 EGBGB ist die Vorschrift einschlägig, wenn das schädigende Ereignis nach dem 31.07.2002 eingetreten ist. Schädigendes Ereignis in diesem Sinne ist die Einreichung des schriftlichen bzw. die Erstattung des mündlichen gerichtlichen Gutachtens. Zwar hat der Beklagte sein erstes schriftliches Gutachten bereits unter dem 31.10.1996 erstellt und dieses unter dem 17.04.1998 schriftlich ergänzt. Der Beklagte hat aber nach dem Stichtag 31.07.2002 unter dem 12.05.2003 dem Landgericht ein weiteres schriftliches Ergänzungsgutachtens vorgelegt, dass sich eingehend mit der Problematik der Sicherheitsabstände nach Tumorexzisionen und damit mit Blick auf die geltend gemachte Aufklärungspflichtverletzung mit der Frage des Vorliegens einer echten Behandlungsalternative neben der gewählten Operationsmethode befasst. Mit der Erstattung eines weiteren mündlichen Ergänzungsgutachtens ist der Beklagte im Zuge des Berufungsverfahrens durch das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht beauftragt worden. Dieses Ergänzungsgutachten hat der Beklagte am 29.11.2008 erstattet. Gemäß § 839a Absatz 1 BGB ist ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, der vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet, demjenigen Verfahrensbeteiligten zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesem durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Das von dem Sachverständigen erstellte Gutachten ist unrichtig, wenn es nicht der objektiven Sachlage entspricht. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Sachverständige unrichtige Tatsachenfeststellungen trifft oder fehlerhafte Schlussfolgerungen zieht oder eine Sicherheit vorspiegelt, obwohl nur ein Wahrscheinlichkeitsurteil möglich ist (vgl. Staudinger-Wöstmann, BGB, Stand 2012, § 839a, Rn. 9f; MünchKomm-Wagner, BGB, 5. Aufl. 2009, § 839a Rn. 17). Die Klägerin hat bereits nicht schlüssig dargelegt, dass das von dem Beklagten erstattete Gutachten hinsichtlich der Frage, ob Tatsachen vorgelegen haben, die eine Aufklärungspflichtverletzung begründen konnten, unrichtig gewesen ist. Nach der Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ist die Wahl der Behandlungsmethode primär Sache des Arztes. Gibt es indessen mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden, die wesentlich unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen aufweisen, besteht mithin eine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten, dann muss diesem nach entsprechend vollständiger ärztlicher Aufklärung die Entscheidung überlassen bleiben, auf welchem Wege die Behandlung erfolgen soll und auf welches Risiko er sich einlassen will (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.1987 - BGH Aktenzeichen VI ZR 65/87 -, BGHZ 102, Seite 17, 22 und Urteil vom 15.03.2005 - VI ZR 313/03 -, NJW 2005, Seite 1718; OLG Naumburg, Urteil vom 15.03.2012 - Aktenzeichen 1 U 83/11 -, juris). Insoweit steht nicht die therapeutische Aufklärung des Patienten (Sicherungsaufklärung), sondern die dem Patienten als Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag geschuldete Selbstbestimmungsaufklärung (Risikoaufklärung) im Mittelpunkt. Hieran anknüpfend hätte es seitens der Klägerin der Darlegung bedurft, dass im Zeitpunkt der Operation Anfang Februar 1990 neben der von den Behandlern durchgeführten Exzision mit größerem Sicherheitsabstand mit der Schmalexzision eine ebenso medizinisch indizierte und übliche Behandlungsmethode zur Entfernung eines malignen Melanoms zur Verfügung stand, und dies von dem Beklagten in seinem Gutachten verkannt oder unzutreffend dargestellt worden ist. Nur in diesem | 66 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Fall hätte die Klägerin von den Behandlern auf die Möglichkeit einer Schmalexzision und über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt werden müssen. Dahingehende Tatsachen hat die Klägerin nicht vorgetragen.« 2.1.14. BGH (Urteil vom 10. Oktober 2013, Az.: III ZR 345/12): Haftung des gerichtlichen Sachverständigen: Unrichtiges Verkehrswertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren Leitsätze der Entscheidung: 1. Bei der Haftung des Sachverständigen für ein unrichtiges Verkehrswertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren ist zu berücksichtigen, dass dieses der Feststellung des Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts dient und gerade auch in dieser Hinsicht, also bezüglich des festgestellten Verkehrswerts, »unrichtig« sein muss. 2. Baumängel und Bauschäden haben in diesem Zusammenhang insoweit Bedeutung, als sie sich auf den Verkehrswert auswirken. Anders als der speziell mit der Feststellung von Baumängeln beauftragte – und diesbezüglich besonders sachkundige – Gutachter darf sich der Verkehrswertgutachter im Allgemeinen mit der Inaugenscheinnahme des Versteigerungsobjekts begnügen und muss erst dann weitere Ermittlungen zu etwaigen Mängeln anstellen oder entsprechende Hinweise geben, wenn hierzu nach den Umständen des konkreten Falls Anlass besteht. 3. Bei der Ermittlung des Verkehrswerts eines (bebauten) Grundstücks sind kleinere Diskrepanzen zwischen dem vom Regressgericht festgestellten und dem vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert unvermeidbar; sie dürfen nicht ohne Weiteres zu Lasten des Sachverständigen gehen. 4. Grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass der Gutachter unbeachtet gelassen hat, was jedem Sachkundigen einleuchten muss, und dass seine Pflichtverletzung schlechthin unentschuldbar ist. Maßgebend ist hierbei nicht der Sorgfaltsmaßstab eines Bauschadensachverständigen, sondern der Sorgfaltsmaßstab eines Verkehrswertgutachters. Aus den Gründen: »a) Unrichtig ist ein Sachverständigengutachten, wenn es nicht der objektiven Sachlage entspricht; dies ist insbesondere der Fall, wenn es von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgeht oder aus dem festgestellten Sachverhalt falsche Schlüsse zieht (s. OLG Rostock, OLGR 2006, 803; OLG Saarbrücken, OLGR 2009, 196, 197; OLG Köln, Urteil vom 8. Dezember 2010 - 2 U 8/10, BeckRS 2011, 25253; vgl. auch Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 839a Rn. 3; MünchKommBGB/Wagner, 6. Aufl., § 839a Rn. 17; Bamberger/Roth/Reinert, BGB, 3. Aufl., § 839a Rn. 5; Staudinger/Wöstmann, BGB [2013], § 839a Rn. 9; Erman/Hecker, BGB, 13. Aufl., Rn. 4). Für das Verkehrswertgutachten nach § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG ist zu berücksichtigen, dass es der Feststellung des Verkehrswerts des Versteigerungsobjekts dient und gerade auch in dieser Hinsicht, also bezüglich des festgestellten Verkehrswerts, »unrichtig« sein muss (OLG Schleswig, DS 2008, 32 f; OLG Ros tock, DS 2008, 386, 387; Hintzen in Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 14. Aufl., § 74a Rn. 71). Mit der Wertermittlung und -festsetzung soll vornehmlich der »Verschleuderung« des Grundbesitzes entgegengewirkt werden (s. dazu Senatsurteil vom 6. Februar 2003 a.a.O.; BGH, Beschluss vom 18. Mai 2006 a.a.O.; OLG Rostock DS 2008, 386, 387; Hintzen a.a.O. § 74a Rn. 32). Baumängel und Bauschäden haben in diesem Zusammenhang insoweit Bedeutung, als sie sich auf den Verkehrswert auswirken (vgl. § 194 BauGB, § 3 Abs. 2, § 5 Abs. 5 Satz 2, § 24 WertV 98; s. auch OLG Schleswig a.a.O. S. 33; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387 f; Hintzen a.a.O. § 74a Rn. 71). Anders als der speziell mit der Feststellung von Baumängeln beauftragte – und diesbezüglich besonders sachkundige – Gutachter darf sich der Verkehrswertgutachter im Allgemeinen mit der Inaugenscheinnahme des Versteigerungsobjekts begnügen und muss erst dann weitere Ermittlungen zu etwaigen Mängeln anstellen oder entsprechende Hinweise geben, wenn hierzu nach den Umständen des konkreten Falls Anlass besteht (s. dazu eingehend OLG Naumburg, Urteil vom 3. August 2005 - 11 U 100/04, juris Rn. 30, 34; vgl. auch OLG Schleswig a.a.O. S. 32 f; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387). Da der Zutritt zum Versteigerungsobjekt nicht erzwungen werden kann, ist es nicht immer vermeidbar, dass das Gutachten auf der Grundlage unvollständiger oder ungesicherter Tatsachen oder aufgrund von Unterstellungen erstattet werden muss, wobei dies im Gutachten freilich kenntlich zu machen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - VI ZR 312/02, NJW 2003, 2825, 2827; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387; Hintzen a.a.O. § 74a Rn. 51, 71; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 74a Anm. 10.5 und 10.6). Weiterhin zu beachten ist, dass der Verkehrswert eines (bebauten) Grundstücks regelmäßig nur annäherungsweise und nicht exakt im Sinne einer mathematischen Genauigkeit ermittelt werden kann. Sowohl die Wahl der Wertermittlungsmethode als auch die Ermittlung selbst unterliegen notwendig wertenden Einschätzungen, die nicht geeignet sind, die Gewissheit zu vermitteln, das Objekt werde bei einer Veräußerung genau den ermittelten Wert erzielen (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2008 - V ZB 129/07, NJW-RR 2008, 1741, 1742 Rn. 11). Dementsprechend sind mehr oder weniger unterschiedliche Ergebnisse – in gewissen Toleranzen – unvermeidbar (BGH, Urteil vom 2. Juli 2004 - V ZR 213/03, BGHZ 160, 8, 14; s. auch OLG Schleswig a.a.O. S. 34; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387), sodass kleinere Diskrepanzen zwischen dem vom Regressgericht festgestellten und dem vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert nicht – jedenfalls nicht ohne Weiteres – zu dessen Lasten gehen (vgl. dazu OLG Schleswig a.a.O.; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387 ff; OLG Köln a.a.O.; MünchKommBGB/Wagner a.a.O. § 839a Rn. 17; Hintzen a.a.O. § 74a Rn. 71). Die Erheblichkeit oder Unerheblichkeit einer Schätzungsabweichung darf dabei allerdings nicht schematisch nach einem bestimmten Prozentsatz beurteilt werden, sondern ist nach den besonderen Umständen des einzelnen Falls zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 1. April 1987 - IVa ZR 139/85, NJW-RR 1987, 917). b) Diese Maßgaben hat das Berufungsgericht verkannt. Es hat seine Würdigung allein auf das Gutachten eines Bauschadenssachverständigen ohne Fachkunde eines Verkehrswertgutachters gestützt, sich dementsprechend nur mit der Frage der zutreffenden Darstellung der vorhandenen oder zu vermutenden Baumängel befasst und hierbei den – maßgeblichen – Punkt der (Un-)Richtigkeit des Verkehrswerts und seiner Ermittlung durch den Beklagten aus dem Blick verloren. aa) Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen zur Unrichtigkeit des vom Beklagten ermittelten Verkehrswerts des Objekts – zum maßgeblichen Stichtag (11. Februar 2003) – getroffen hat. Soweit es um die vom Sachverständigen H. beschriebenen | 67 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Feuchtigkeits- und Fäulnisschäden geht, ist deren Auswirkung auf den Verkehrswert (zum Ermittlungsstichtag) ungeklärt. Aus den mutmaßlichen Sanierungskosten (s. dazu Gutachten SV H. vom 5. Juli 2005, S. 52, 53, 54, 64-65, 73-74, 76) ergibt sich kein zwingender Schluss auf eine entsprechende Minderung des Verkehrswerts (vgl. § 24 WertV 98; s. dazu auch OLG Schleswig a.a.O. S. 33; OLG Rostock, DS 2008, 386, 387 f). Der Sachverständige H. hat von sich aus wiederholt darauf hingewiesen, dass er als Sachverständiger für Schäden an Gebäuden keine Fachkunde für Fragen der Verkehrswertermittlung besitze (Schreiben vom 21. Juli 2009, S. 2; Gutachten vom 7. Juli 2010, S. 5), was der Beklagte im Verfahren auch gerügt hat. Der Sachverständige E. hat sich lediglich zu dem Verkehrswert des Grundstücks zum Stichtag am 19. Juli 2011, als vom Wohnhaus nur noch Teile der Grundmauer und der Bodenplatte vorhanden waren (Gutachten vom 24. August 2011, S. 4, 15, 21), beziehungsweise zu dem reinen Bodenwert am 11. Februar 2003 (Ergänzungsgutachten vom 27. Februar 2012, S. 11) geäußert, nicht aber zum Verkehrswert des (bebauten) Grundstücks am 11. Februar 2003. bb) Hinsichtlich der Richtigkeit der Beschreibung von Baumängeln im Gutachten des Beklagten hat sich das Berufungsgericht – anders als das Landgericht – nicht damit auseinandergesetzt, dass der Beklagte in seinem Gutachten ausdrücklich auf das Vorhandensein von »Feuchtigkeitsschäden, Putzschäden, Unterhaltungsstau« (S. 12, 13) sowie darauf hingewiesen hatte, dass Baumängel nur insoweit aufgenommen worden seien, »wie sie zerstörungsfrei, das heißt offensichtlich erkennbar waren« (S. 5), und dass er für Bauschäden, Unterhaltungsstau und Modernisierungserfordernisse immerhin eine Verkehrswertminderung um 20.500 € vorgenommen hatte (S. 20). Ob der vom Sachverständigen H. vermisste weitergehende Hinweis auf einen Verdacht auf Fäulnis- und weitergehende Feuchtigkeitsschäden (s. Gutachten vom 5. Juli 2005, S. 48 ff., 74; Ergänzungsgutachten vom 7. September 2005, S. 5 ff.) auch im Rahmen eines Verkehrswertgutachtens nach § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG hätte erteilt werden müssen und sein Fehlen die Unrichtigkeit der hierin enthaltenen Angaben zu begründen vermag, ist nicht ausreichend dargelegt. Der Sachverständige H. ist – dies gilt auch hier – Sachverständiger für Bauschäden, nicht für Verkehrswertermittlung. Er hat darauf hingewiesen, dass die Feststellung von Baumängeln in einem noch bewohnten Haus Schwierigkeiten bereiten kann (Gutachten vom 5. Juli 2005, S. 54-55) und dass die Fäulnisschäden und die Schäden am Fachwerk nicht ohne Bauteilöffnung beziehungsweise »nicht direkt und nicht offensichtlich« zu erkennen gewesen seien (Ergänzungsgutachten vom 7. September 2005, S. 5, 6). 3. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe grob fahrlässig gehandelt, ist von Rechtsfehlern beeinflusst. Das Berufungsgericht hat seine Würdigung allein auf das Gutachten eines Bauschadensachverständigen ohne Fachkunde eines Verkehrswertgutachters gestützt und wesentliche Umstände nicht berücksichtigt. a) Grobe Fahrlässigkeit erfordert einen in objektiver Hinsicht schweren und in subjektiver Hinsicht nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Diese Sorgfalt muss in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und es muss dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es muss eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegen, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (s. etwa BGH, Urteile vom 8. Juli 1992 - IV ZR 223/91, BGHZ 119, 147, 149; vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01, NJW 2003, 1118, 1119; vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, NJW 2006, 1271, insoweit in BGHZ 163, 351 nicht abgedruckt; vom 11. Juli 2007 - XII ZR 197/05, NJW 2007, 2988, 2989 Rn. 15 und vom 17. Februar 2009 - VI ZR 86/08, NJW-RR 2009, 812, 813 Rn. 10, jeweils m.w.N.). Dieser Maßstab gilt gleichermaßen für die Haftung des Sachverständigen nach § 839a BGB; der Gutachter muss unbeachtet gelassen haben, was jedem Sachkundigen hätte einleuchten müssen, und seine Pflichtverletzung schlechthin unentschuldbar sein (s. OLG Schleswig, DS 2008, 32, 33; OLG Saarbrücken, OLGR 2009, 196, 198; OLG Köln, BeckRS 2011, 25253; vgl. auch OLG Celle, DS 2010, 32, 33 und OLG Rostock, OLGR 2006, 803, die allerdings – entgegen der Ansicht des erkennenden Senats – darauf abstellen wollen, dass die Unrichtigkeit des Gutachtens jedermann, also auch den entscheidenden Richtern, auf Grund naheliegender Überlegungen hätte einleuchten müssen). Die Beschränkung der Haftung des vom Gericht beauftragten Gutachters dient der inneren Freiheit, derer er bedarf, um sein Gutachten unabhängig und ohne Druck eines möglichen Rückgriffs erstatten zu können (s. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7752 S. 28; Bamberger/Roth/Reinert a.a.O. § 839a Rn. 8; Palandt/Sprau a.a.O. § 839a Rn. 3). Freilich kann es im Einzelfall gerechtfertigt sein, von einem bestimmten äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des damit einhergehenden objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und eine gesteigerte subjektive Vorwerfbarkeit zu schließen (s. dazu allgemein BGH, Urteile vom 8. Juli 1992 a.a.O. S. 151 und vom 29. Januar 2003 a.a.O.; zu § 839a BGB: OLG Celle a.a.O.; MünchKommBGB/Wagner a.a.O. § 839a Rn. 35, zu sehr auf objektive Umstände abstellend freilich Rn. 18). Allgemein unterliegt die Beurteilung des (Nicht-)Vorliegens grober Fahrlässigkeit der tatrichterlichen Würdigung, die mit der Revision nur beschränkt angreifbar und vom Revisionsgericht nur dahin zu überprüfen ist, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (s. etwa BGH, Urteile vom 29. Januar 2003 a.a.O.; vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, BGHZ 163, 351, 353; vom 11. Juli 2007 a.a.O. Rn. 16 und vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 9 m.w.N.). Die Darlegung und der Nachweis eines (mindestens) grob fahrlässigen Verschuldens des gerichtlichen Sachverständigen obliegen dem Geschädigten (OLG Saarbrücken a.a.O. S. 197; Erman/Hecker a.a.O.; Staudinger/Wöstmann a.a.O. § 839a Rn. 28; MünchKommBGB/Wagner a.a.O. § 839a Rn. 35). b) Nach diesen Maßstäben erweist sich die Würdigung des Berufungsgerichts als fehlerhaft. Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung des Verschuldens des Beklagten den erforderlichen Bezug auf die Unrichtigkeit der Verkehrswertermittlung außer Acht gelassen, wesentliche Umstände nicht berücksichtigt und von der gebotenen Hinzuziehung eines geeigneten, nämlich einschlägig fachkundigen, Sachverständigen abgesehen. aa) Für die Beurteilung, ob der Beklagte im konkreten Fall grob fahrlässig gehandelt hat, hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass auch von außen massive Feuchtigkeitsschäden zu erkennen und geradezu »mit Händen zu greifen« gewesen seien, dass der Beklagte auf die Möglichkeit (das ernste Risiko) von Fäulnisschäden und weitergehenden Feuchtigkeitsschäden habe schließen müssen und dass die Feststellung eines »befriedigenden« Gebäudezustands grob verharmlosend gewesen sei. bb) Dabei hat es nicht beachtet, dass nicht der Sorgfaltsmaßstab eines Bauschadenssachverständigen – wie hier etwa derje- | 68 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 nige des Sachverständigen H. – zugrunde zu legen ist, sondern der Sorgfaltsmaßstab eines Verkehrswertgutachters. Denn im vorliegenden Fall geht es um die Frage der grob fahrlässigen Erstellung eines unrichtigen Verkehrswertgutachtens. Bezüglich der Verkehrswertermittlung fehlte es dem Sachverständigen H. indes nach eigener Angabe an der nötigen Fachkunde, wie es der Beklagte im Verfahren auch gerügt hat. Dass das Berufungsgericht insoweit über eigene Sachkunde verfügt hätte, ist weder im Berufungsurteil dargetan noch sonst erkennbar. Um den Grad des Verschuldens eines Sachverständigen zuverlässig beurteilen zu können, bedarf es vielfach – und so auch hier – der Hinzuziehung eines Sachverständigen für das betroffene Fachgebiet; dessen Einschätzung ist für den Tatrichter zwar nicht bindend, doch muss er sich hiermit nachvollziehbar auseinandersetzen (vgl. zur Beurteilung eines Behandlungsfehlers als »grob«: BGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - VI ZR 139/10, NJW 2012, 227, 228 Rn. 9 m.w.N.). Daran fehlt es hier, weil das Berufungsgericht in Bezug auf die Frage, ob der Beklagte (mindestens) grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet hat, überhaupt keinen Verkehrswertsachverständigen hinzugezogen hat.« 2.1.15. OLG Hamm (Beschluss vom 22. Oktober 2013, Az.: 9 U 235/12): Darlegungslast der klagenden Partei Leitsatz der Entscheidung: Die klagende Partei muss die Umstände, die die Unrichtigkeit des gerichtlichen Gutachtens und die grobe Fahrlässigkeit des Gutachters begründen sollen, darlegen und unter Beweis stellen. Aus den Gründen: »Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme der Klägerin in deren Schriftsatz vom 25.09.2013 fest. Die ergänzende Stellungnahme der Klägerin gibt lediglich Anlass zu den nachstehenden Ausführungen. Die Entscheidung der Frage, ob eine Behandlungsmethode als eine übliche anzusehen ist und daher hierüber von dem behandelnden Arzt aufzuklären ist, obliegt nicht dem medizinischen Sachverständigen, sondern dem erkennenden Gericht, das diese Frage auf der Grundlage der von dem medizinischen Sachverständigen vermittelten Tatsachen zu entscheiden hat. Auch mit ihrer ergänzenden Stellungnahme zeigt die Klägerin nicht auf, welche von dem Beklagten in seiner Eigenschaft als gerichtlicher Gutachter dem damaligen Prozessgericht unterbreiteten Tatsachen und Feststellungen unzutreffend gewesen sind, bzw. welche Tatsachen der Beklagte unberücksichtigt gelassen hat, die zu einer der Klägerin günstigeren Betrachtung geführt hätten. Beweiserleichterungen kommen der Klägerin vorliegend nicht zugute. Bei der Inanspruchnahme eines gerichtlichen Sachverständigen, der im vorausgegangenen Arzthaftungsprozess des Klägers gegen den behandelnden Arzt als Gutachter tätig gewesen war, ist die Substantiierungslast des Klägers im Schadensersatzprozess aus § 839a BGB anders als im Arzthaftungsprozess nicht herabgesetzt. Die Klägerin muss also die Umstände, die die Unrichtigkeit des gerichtlichen Gutachtens und die grobe Fahrlässigkeit des Gutachters begründen sollen, darlegen und unter Beweis stellen (vgl. Senat, U. v. 16.06.2009 - 9 U239/08 -, OLGR Hamm 2009, 827). Den Vortrag der Klägerin in deren Schriftsatz vom 25.09.2013 zugrunde gelegt, sind die seitens der Klägerin gegenüber dem Beklagten erhobenen Vorwürfe offensichtlich unbegründet. Mehrfach betont die Klägerin, der Beklagte habe in seinen Gutachten ausgeführt, dass im Operationszeitpunkt Anfang 1990 keine belastbaren Erkenntnisse dafür existierten, dass die weite Exzision das Risiko von Rezidiven oder Satellitenmetastasen gegenüber der Schmalexzision minderte. Wenn der Beklagte vor diesem Hintergrund erläutert, die Entscheidung für den bisherigen Standard der großen Exzision in weiten Teilen der klinischen Praxis sei neben der gleichzeitig in diversen Universitätskliniken praktizierten Schmalexzision eine Glaubenssache gewesen, hat der Beklagte dem erkennenden Gericht einen zutreffenden Überblick über die klinische Praxis vermittelt. Es oblag auf dieser Grundlage dem erkennenden Gericht im Patientenprozess darüber zu entscheiden, ob über die Schmalexzision als eine übliche Behandlungsmethode seitens des behandelnden Arztes aufzuklären war. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, der Bundesgerichtshof habe ihre Nichtzulassungsbeschwerde zu Unrecht zurückgewiesen. Die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde beruht darauf, dass die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin keine Tatsachen aufzeigt, wonach die Schmalexzision im Zeitpunkt des Eingriffs bereits üblich war. Zu einem solchen ergänzenden Vortrag war die Klägerin auch im Arzthaftungsprozess angehalten, nachdem die Feststellungen des Sachverständigen zur Überzeugung der Tatsachengerichte ergeben hatten, dass die Schmalexzision Anfang 1990 keine übliche Behandlungsmethode gewesen ist. Angesichts dessen besteht kein Bedürfnis zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung.« 2.2. Verschulden 2.2.1. Grobe Fahrlässigkeit 2.2.1.1. Sinn und Zweck der Haftungsbeschränkung 2.2.1.1.1. AG Kandel (Urteil vom 9. Oktober 2009, Az.: 2 C 20/09): Haftungsbeschränkung soll Tätigkeit der gerichtlich bestellten Sachverständigen erleichtern! Leitsatz der Entscheidung: Durch die Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz soll der Gerichtsgutachter seine Tätigkeit ohne den Druck eines möglichen Rückgriffs der Parteien ausüben können. Aus den Gründen: »Eine Übertragung der Grundsätze des JVEG für die Vergütung gerichtlicher Sachverständiger auf Privatgutachter ist gerade nicht angebracht. Der Anwendungsbereich des JVEG ist auf den § 1 JVEG genannten Verfahren beschränkt. Eine Übertragung auf Privatgutachter steht schon der Umstand entgegen, dass für Privatgutachter im Unterschied zum gerichtlichen Sachverständigen, die zu den Parteien nicht im Vertragsverhältnis stehen, dem Auftraggeber nach allgemeinen Regeln als auch vertragsrechtlich haftet, während eine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen der Sonderregelung des § 839a BGB unterliegt, die die Haftung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt hat, damit der Sachverständige, der nach der Verfahrensordnung (§ 407 ZPO, § 570 StPO) regelmäßig zur Übernahme der Begutachtung verpflichtet ist, eine Tätigkeit ohne den Druck eines möglichen Rückgriffs der Parteien ausüben kann.« | 69 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2.2.1.1.2. OLG Köln (Urteil vom 8. September 2011, Az.: 5 W 34/11): § 839a BGB soll innere Unabhängigkeit des Gerichtssachverständigen bewahren Leitsatz der Entscheidung: Bei der Haftung eines Gerichtssachverständigen ist nach § 839a BGB ein hoher Maßstab anzulegen, um die gebotene innere Unabhängigkeit des Sachverständigen zu bewahren. Aus den Gründen: »Bei der Beurteilung der Wertigkeit des Pflichtenverstoßes eines Sachverständigen als grob fahrlässig oder vorsätzlich ist allerdings entsprechend der Regelung des § 839a BGB ein hoher Maßstab anzulegen, um die gebotene innere Unabhängigkeit des Sachverständigen zu bewahren. Dies würde hier freilich voraussetzen, dass die Äußerungen des Sachverständigen nicht nur verbale Entgleisungen darstellen, sondern auch in der Sache gegenüber den Einwänden des Beklagten nicht haltbar sind. Nur dann könnte angenommen werden, dass der Sachverständige sich mit seinen Äußerungen grob pflichtwidrig oder vorsätzlich einem – erfolgreichen – Befangenheitsgesuch ausgesetzt hätte und damit seinen Vergütungsanspruch verwirkt hätte. Allerdings fehlt dem Senat – und wohl auch dem Landgericht – die erforderliche medizinische Sachkunde, um zu beurteilen, ob die Äußerungen des Sachverständigen nicht möglicherweise im Kern zutreffen, was seine Ausführungen durchaus in einem anderen, milderen Licht erscheinen lassen würde. Das scheint auch nicht ausgeschlossen, da der Beklagte als Facharzt für Anästhesie gegen das Gutachten des Sachverständigen Einwände erhoben hat, die nicht seinen Fachbereich betreffen, sondern den des Gutachters als Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde. Treffen die Ausführungen des Sachverständigen in der Sache indes zu, kann eine grobe oder gar vorsätzliche Pflichtwidrigkeit nicht festgestellt werden.« 2.2.1.2. Abweichung von anderen Gutachten 2.2.1.2.1. LG Kiel (Urteil vom 14. Dezember 2006, Az.: 5 O 232/05): Keine grobe Fahrlässigkeit bei unterschiedlichen fachlichen Auffassungen. Leitsätze der Entscheidung: 1. Unterschiedliche fachliche Auffassungen zu einzelnen Punkten unter Sachverständigen sind in der gerichtlichen Praxis nicht ungewöhnlich und geben keinen Grund zu der Annahme, ein Sachverständiger habe grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet. 2. Der Vorwurf, das Landgericht habe eine falsche Beweiswürdigung vorgenommen, kann zum einen eine grobe Fahrlässigkeit des Sachverständigen nicht begründen und ist zum anderen eine im vorgesehenen Instanzenzug und nicht im Rahmen des § 839a BGB zu klärende Frage. Aus den Gründen: »Vorsätzliches Handeln des Sachverständigen scheidet aus. Grobe Fahrlässigkeit kann nach dem klägerischen Vortrag nicht bejaht werden. Grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, dass der Beklagte die bei der Erstellung seines Gutachtens erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und dasjenige nicht beachtet hat, was im vorliegenden Fall jedem einleuchten musste. Zudem müssen subjektive Momente hinzukommen, die eine gesteigerte Vorwerfbarkeit begründen (vgl. OLG Rostock, Beschluss vom 21.03.2006, IBR 2006, S. 406 unter Hinweis auf Palandt-Heinrichs, BGB-Kommentar, 65. Aufl., § 277, Rdnr. 5). Allein aus der Tatsache, dass der Beklagte zum Teil von den Feststellungen des Privatgutachters abweicht, ergibt sich der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens nicht ohne Weiteres. Unterschiedliche fachliche Auffassungen zu einzelnen Punkten unter Sachverständigen sind in der gerichtlichen Praxis nicht ungewöhnlich und geben keinen Grund zu der Annahme, der Sachverständige habe grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet (vgl. OLG Rostock, a.a.O.). Hinzu kommt, dass das Landgericht und das Oberlandesgericht in der Ursprungssache keinen Grund gesehen haben, die Gutachten des Beklagten in Zweifel zu ziehen, sodass der Kläger näher hätte erläutern müssen, warum auch die Gerichte nicht nur übersehen haben sollen, dass sie ihrer Entscheidung in Teilen unrichtige Gutachten zugrunde legen, sondern dass dies auch jedem, also auch den entscheidenden Richtern, aufgrund naheliegender Überlegungen hätte einleuchten müssen (vgl. hierzu ebenfalls OLG Rostock, a.a.O.). Unerheblich ist hierbei der Vorwurf der falschen Beweiswürdigung durch das Landgericht, denn diese ist allein im vorgesehen Instanzenzug zu überprüfen und nicht im Rahmen des § 839a BGB. Der Beklagte hat sich in seinem Ergänzungsgutachten ausführlich mit dem Gutachten des Sachverständigen auseinandergesetzt und ist auf die Einwände des Klägervertreters in seinem Gutachten eingegangen. Er hat den Reparaturweg zum Ersetzen des Endstückes des Rahmenlängsträgers beschrieben, hat ausdrücklich erklärt, es handele sich hierbei um den fachgerechten und auch wirtschaftlich vernünftigen Reparaturweg und auf Seite 9 seines Ergänzungsgutachtens differenziert, welche Bauteile der selbsttragenden Karosserie beschädigt wurden. Außerdem hat er sich mit der Frage der Wiederherstellung des vom Hersteller gefertigten Zustandes auseinandergesetzt. Der Hinweis des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2004, dass der Schaden anders einzustufen wäre, wenn der Rahmenlängsträger beschädigt wäre, zeigt eindeutig, dass der Sachverständige sich intensiv mit dieser Frage beschäftigt hat. Der Sachverständige hat in seiner mündlichen Erörterung ausdrücklich erklärt, dass weitergehende Beschädigungen des Rahmenlängsträgers auf den ihm vorgelegten Fotos nicht zu erkennen seien, sodass er eine weitergehende Beschädigung des Rahmenlängsträgers nicht feststellen könne. Bei dieser intensiven Auseinandersetzung des Beklagten insbesondere mit der Frage der Beschädigung des Rahmenlängsträgers kann nicht festgestellt werden, dass der Sachverständige schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat. Hierfür spricht auch der nochmals erfolgte ausdrückliche Hinweis des Sachverständigen am Ende seines Ergänzungsgutachtens darauf, dass das Gutachten bezüglich der Beurteilung des Schadensumfanges und des fachgerechten Reparaturweges falsch sei. Die Auseinandersetzung im letzten Absatz des Ergänzungsgutachtens mit der Frage, ob es für eine Neupreisabrechnung erheblich sei, ob der reparierte Bereich mit dem Fertigungszustand zu vergleichen sei, ist eine Rechtsfrage. Weder die Tatsache, ob der Sachverständige noch, wie er diese beantwortet hat, kann als grob fahrlässig angesehen werden. Denn die Beantwortung von Rechtsfragen ist in jedem Fall Aufgabe des Gerichts. Der Vorwurf der Klägerin, das Landgericht habe eine falsche Beweiswürdigung vorgenommen, kann eine grobe Fahrlässig- | 70 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 keit des Sachverständigen nicht begründen. Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht auseinanderzusetzen. Dieses hat dargelegt, dass es keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der im ersten Rechtszug festgestellten Tatsachen habe und eine erneute Tatsachenfeststellung nicht notwendig sei. Der Vorwurf der Klägerin, der Beklagte habe es grob fahrlässig unterlassen, die Anknüpfungstatsachen ordnungsgemäß aufzunehmen, er hätte insbesondere das Fahrzeug nachbesichtigen müssen, führt ebenfalls nicht zu einer groben Fahrlässigkeit. Weder aus dem Gutachten des Beklagten noch aus seiner ergänzenden Stellungnahme, noch aus seinen mündlichen Erörterungen ergibt sich, dass ihm die Besichtigung des Fahrzeugs gefehlt habe. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar und setzt sich sowohl mit sämtlichen Einwendungen der Klägerseite auseinander, als auch mit dem Gutachten. Zu berücksichtigen ist weiter, dass sich aus dem Beweisbeschluss weder ergibt, dass das Fahrzeug besichtigt werden kann, noch, dass es besichtigt werden sollte. Die Frage der Nachbesichtigung ist weder in der ersten noch in der zweiten Instanz erörtert worden. Bereits aus diesem Grunde scheidet grobe Fahrlässigkeit aus, da sie voraussetzt, dass der Sachverständige das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Weder die in der ersten und zweiten Instanz beteiligten Richter noch die in diesen Instanzen tätig gewesenen Prozessbevollmächtigten haben auf die Möglichkeit der Besichtigung hingewiesen. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass die Notwendigkeit einer Nachbesichtigung jedem hätte einleuchten müssen. Nach alledem kann eine grobe Fahrlässigkeit des Beklagten nicht festgestellt werden. Die Klage ist abzuweisen.« 2.2.1.2.2. LG Bochum (Urteil vom 9. Juli 2008, Az.: 6 O 33/08): Abweichen von anderen Gutachten ist nicht ausreichend für grobe Fahrlässigkeit! Leitsatz der Entscheidung: 1. Allein aus der Tatsache, dass der Sachverständige mit seinen Ausführungen von den Feststellungen des Privatgutachters abgewichen ist, ergibt sich der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens nicht ohne Weiteres. 2. Unterschiedliche fachliche Auffassungen zu einzelnen Punkten unter Sachverständigen sind in der gerichtlichen Praxis durchaus häufig und nicht ungewöhnlich; sie geben keinen Grund zu der Annahme, der Sachverständige habe objektiv grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet. Aus den Gründen: »Selbst wenn man unterstellen würde, dass das Gutachten unrichtig ist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Allein aus der Tatsache, dass der Beklagte mit seinen Ausführungen von den Feststellungen des Privatgutachters des Klägers abgewichen ist, ergibt sich der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens nicht ohne Weiteres. Unterschiedliche fachliche Auffassungen zu einzelnen Punkten unter Sachverständigen sind in der gerichtlichen Praxis durchaus häufig und nicht ungewöhnlich; sie geben keinen Grund zu der Annahme, der Sachverständige habe objektiv grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet (vgl. dazu : OLG Rostock OLG-Rep. 2006, 803 ff.; LG Kiel - Urteil vom 14.12.2006 - Az. 5 O 232/05 (juris Rdnr. 22)). Zudem hat sich der Beklagte mit den entgegenstehenden Ausführungen des Privatgutachters S sowohl in seinem schriftlichen Gutachten als auch bei beiden Anhörungen eingehend auseinandergesetzt und seine Ausführungen nachvollziehbar begründet. Angesichts dieser intensiven Auseinandersetzung des Beklagten mit den entgegenstehenden Ausführungen des Privatgutachters S kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat und seine Ausführungen objektiv in besonders schwerwiegender Weise fehlerhaft sind. Jedenfalls hätte es dazu entsprechenden Vortrages bedurft. Hinzu kommt, dass sowohl das Landgericht als auch insbesondere das Oberlandesgericht in dem Vorprozess keinen Grund gesehen haben, die Gutachten des Beklagten in Zweifel zu ziehen, sodass der Kläger schon hätte näher erläutern müssen, warum auch die Gerichte nicht nur übersehen haben sollen, dass sie ihrer Entscheidung in Teilen unrichtige Ausführungen des Beklagten zugrunde legen, sondern dass dies auch jedem, also auch den entscheidenden Richtern, aufgrund naheliegender Überlegungen hätte einleuchten müssen (vgl dazu: OLG Rostock OLG-Rep. 2006, 803 ff.; LG Kiel - Urteil vom 14.12.2006 - Az. 5 O 232/05 (juris Rdnr. 22)). Dies gilt in diesem Fall um so mehr, als das OLG Hamm in der Entscheidung vom 17.02.2006 eingehend begründet hat, warum es gerade die Ausführungen des Beklagten für überzeugend angesehen hat, während es in den entgegenstehenden Ausführungen des bei der 2. Anhörung sogar anwesenden Privatgutachters S keinen Grund gesehen hat, die Ausführungen des Beklagten in Zweifel zu ziehen, weil diesen lediglich Vermutungen oder Spekulationen zugrunde liegen oder diese auf unzulässigen Umkehrschlüssen beruhen würden. Demnach hat das OLG Hamm trotz der abweichenden gutachterlichen Ausführungen des Beklagten und des Privatgutachters nicht einmal Veranlassung gesehen, das beantragte weitere Gutachten einzuholen. Dies wäre jedoch zwingende Voraussetzung gewesen, wenn diese Ausführungen des Beklagten objektiv so grob fehlerhaft gewesen wären, wie der Kläger (pauschal ohne nähere Begründung) meint und sich dies jedem – und damit zwangsläufig erst Recht den Mitgliedern eines Fachsenates für Arzthaftungsfragen – hätte aufdrängen müssen. Aus welchem Grunde sich dies deshalb bei diesen Ausführungen des OLG Hamm in dem Berufungsurteil jedem hätte aufdrängen müssen, dass sie in grober Weise falsch sein sollen, ist weder ersichtlich noch ansatzweise konkret begründet worden.« 2.2.1.2.3. LG Koblenz (Urteil vom 10. Dezember 2009, Az.: 1 O 356/09) - Sachverständige: Keine Haftung ohne hinreichenden Vortrag zum Verschulden! Leitsätze der Entscheidung: 1. Der Kläger muss Tatsachen vortragen, aus denen sich ergibt, dass der Sachverständige vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet hat. 2. Allein aus der Tatsache, dass der Gerichtsgutachter mit seinen Ausführungen teilweise zu einem anderen Ergebnis als der von einer Partei eingeschaltete Privatgutachter gelangt, ergibt sich der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens nicht. Aus den Gründen: »Weiter hat die Klägerin ein hinreichendes Verschulden des Beklagten nicht substantiiert dargetan. Gemäß § 839a Abs. 1 BGB setzt eine Haftung für ein unrichtiges Gutachten nämlich voraus, dass der Beklagte vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig gehandelt hat. | 71 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Vorsätzliches Handeln des Beklagten ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Aber auch grobe Fahrlässigkeit lässt sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen. Grobe Fahrlässigkeit setzt zunächst in objektiver Hinsicht voraus, dass der Beklagte die bei der Erstellung seines Gutachtens erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und dasjenige nicht beachtet hat, was im vorliegenden Fall jedem habe einleuchten müssen. Hinzukommen müssen außerdem subjektive Momente, die eine gesteigerte Vorwerfbarkeit begründen (OLG Rostock, OLGR Rostock 2006, 803; OLG Koblenz, OLGR Koblenz 2007, 198; Palandt-Grüneberg, BGB, 69. Auflage 2010, § 277 Rn. 5). Diese Voraussetzungen können dem Vortrag der Klägerin nicht entnommen werden. Die Klägerin hat insoweit lediglich vorgetragen, dass der Einsatz des Mitarbeiters ebenso wie die nicht erfolgte Offenlegung seiner Fachkompetenz durch den Beklagten »unentschuldbar« sei. Dies ist in dieser pauschalen Form nicht aussagekräftig; es ist nicht dargetan, warum das beanstandete Verhalten des Beklagten unentschuldbar sein soll bzw. warum hier die aus objektiven und insbesondere auch subjektiven Elementen bestehende grobe Fahrlässigkeit bei der Erstellung des – vermeintlich – unrichtigen Gutachtens vorliegen. Wenn das Gesetz aber für eine Haftung eines Gutachters derart verschärfte Anforderungen an den subjektiven Tatbestand stellt, muss der Kläger dazu entsprechend Tatsachen vortragen, aus denen sich diese Voraussetzungen ergeben sollen (LG Bochum, MedR 2009, 95). Daran fehlt es hier. Selbst wenn man unterstellen würde, dass das Gutachten unrichtig ist, führt dies zu keiner anderen Beurteilung der Verschuldensvoraussetzungen des § 839a Abs. 1 BGB. Allein aus der Tatsache, dass der Beklagte mit seinen Ausführungen teilweise zu einem anderen Ergebnis als der von der Klägerin nunmehr eingeschaltete Privatgutachter Prof. Dr. Dipl.-Ing. ... gelangt ist, ergibt sich der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens nicht. Unterschiedliche fachliche Auffassungen zu einzelnen Punkten unter Sachverständigen sind in der gerichtlichen Praxis nämlich durchaus häufig und nicht ungewöhnlich; sie geben keinen Grund zu der Annahme, der Sachverständige habe objektiv grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet (OLG Rostock, OLGR Rostock 2006, 803). Hinzu kommt, dass sowohl das Amtsgericht Andernach als auch insbesondere das Landgericht Koblenz in dem Vorprozess keinen Grund gesehen haben, die Gutachten des Beklagten in Zweifel zu ziehen, sodass die Klägerin schon hätte näher erläutern müssen, warum auch die Gerichte nicht nur übersehen haben sollen, dass sie ihrer Entscheidung in Teilen unrichtige Ausführungen des Beklagten zugrunde legen, sondern dass dies auch jedem, also auch den entscheidenden Richtern, aufgrund naheliegender Überlegungen hätte einleuchten müssen (OLG Rostock, OLGR Rostock 2006, 803 ff.). 2.2.1.2.4. OLG Köln (Urteil vom 30. Januar 2012, Az.: 5 U 222/11) – Keine grobe Fahrlässigkeit trotz Abweichens von anderen Gutachten! Leitsätze der Entscheidung: 1. Die Abweichung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von den Bewertungen anderer Sachverständiger ist für sich genommen kein ausreichender Hinweis auf eine Fehlerhaftigkeit oder ein grob fahrlässiges Vorgehen. 2. Letzteres kann nicht angenommen werden, wenn der Sachverständige die Abweichung schlüssig und nachvollziehbar begründet hat. Aus den Gründen: »Dass ein medizinisches Sachverständigengutachten von den Bewertungen anderer Sachverständiger – hier denjenigen von Prof. Dr. H., Dr. K. und Prof. Dr. G. – abweicht, ist für sich genommen kein ausreichender Hinweis auf eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens oder gar ein grob fahrlässiges Vorgehen. Letzteres kann nicht angenommen werden, wenn der Sachverständige die Abweichung schlüssig und nachvollziehbar begründet hat. So liegt es hier. Der Beklagte hat dargelegt, welche klinischen und labor-chemischen Befunde grundsätzlich auf eine Endokarditis hinweisen, welche dieser Befunde hiervon im Behandlungsfall des Ehemanns der Klägerin fehlten (vgl. Bl. 223, 225, 226 der Beiakte 9 O 90/08 LG Aachen) und dass die vorhandenen Befunde demzufolge bei einer Betrachtung ex ante unspezifisch und nicht richtungsweisend für eine Endokarditis waren. Er hat ferner nachvollziehbar darauf aufmerksam gemacht, dass die Symptome Fieber, Durchfälle und Beschwerden im Mittel- und Oberbauch – auch noch nach der unauffälligen Stuhluntersuchung bei den anschließenden Vorstellungen des Ehemanns der Klägerin am 22.9.2003 und 26.9.2003 – auf eine Krankheitsursache im Bauchraum hinwiesen, während die kurze Zeit zuvor, nämlich im Juli 2003, erfolgte kardiologische Kontrolluntersuchung keinen auffälligen Befund ergeben hatte (vgl. Bl. 312 der Beiakte).« 2.2.1.2.5. LG Wiesbaden (Urteil vom 27. September 2013, Az.: 2 O 12/12): Keine grobe Fahrlässigkeit bei Uneinigkeit verschiedener Sachverständiger! Leitsätze der Entscheidung: 1. Grobe Fahrlässigkeit i.S.d. § 839a Absatz I BGB liegt nicht vor, wenn verschiedene Sachverständige und Fachleute desselben Fachgebietes keine Einigkeit über die zu beurteilende Frage erzielen können. 2. Der Geschädigte hat auch dann ein Rechtsmittel i.S.d. § 839a BGB i.V.m. § 839 Absatz III BGB unterlassen, wenn er es im Vorprozess versäumt hat, Einwendungen gegen das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten hinreichend zu konkretisieren und deshalb einen Antrag auf Einholung eines Obergutachtens nicht nachgekommen wird. 3. Hierfür ist es gegebenenfalls auch zumutbar, dass der Geschädigte einen Privatgutachter beauftragt. Aus den Gründen: »Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.974,50 € weder aus § 280 BGB i.V. m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter noch aus § 839a Absatz 1 BGB zu. Auch andere deliktsrechtliche Ansprüche bestehen nicht. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von 5.974,50 € aus § 280 Absatz I BGB i.V.m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter zu, da bereits kein vertragliches Rechtsverhältnis zwischen dem Gericht und dem gerichtlich bestellten Sachverständigen besteht (vgl. Palandt/Sprau, § 839a, Randnummer 2), in dessen Schutzbereich die Klägerin einbezogen sein könnte. Der Beklagte ist vielmehr kraft hoheit- | 72 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 lichem Auftrag mit der Erstellung eines Gutachtens betraut worden. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zahlung von 5.974,50 € aus § 839a BGB zu. Nach dieser Vorschrift kann ein Verfahrensbeteiligter Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf einem unrichtigen Gutachten beruht, das ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig erstattet hat. Insoweit kann letztlich dahinstehen, ob das vom Beklagten im Rahmen des amtsgerichtlichen Verfahrens erstellte Gutachten inhaltlich unrichtig ist. Jedenfalls fehlt es an der erforderlichen groben Fahrlässigkeit. Darüber hinaus scheitert der Anspruch auch an dem Haftungsausschluss des § 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Absatz 3 BGB. Grobe Fahrlässigkeit i.S.d. Vorschrift liegt vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt als Sachverständiger in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste (BGH, NJW-RR 2011, NJW-RR Jahr 2011 Seite 1055). Maßstab ist das für einen ordentlichen Sachverständigen im jeweiligen Fachgebiet maßgebende Pflichtenprogramm (Thüringer OLG, Urteil vom 07.11.2012 - OLG Jena Aktenzeichen 2U13512 2 U 135/12 - Rz. 42 zit. nach juris). Dies ist jedoch vorliegend nicht feststellbar. Hinsichtlich der Beweisfragen 2 und 6 streiten die Parteien um die Frage, welche DIN zur Beurteilung der Beweisfragen anzuwenden ist. Dabei ist der Beklagte von der DIN 18202 ausgegangen, die Klägerin meint, die DIN 18065 sei als speziellere Norm anzuwenden und der Verstoß gegen die Prüfung der spezielleren DIN stelle einen Kardinalfehler dar. Nach den Ausführungen des Sachverständigen C ist für die Beurteilung der Beweisfrage 2 sowohl DIN 18202 als auch DIN 18065 heranzuziehen, wobei er anlässlich der mündlichen Anhörung ausgeführt hat, in beiden Regelwerken seien verschiedene Sachverhalte nicht erfasst, sodass es sich insgesamt um ein sehr schwieriges Feld handele. Insbesondere die zulässige Neigung der Podestplatte sei nirgends vorgeschrieben, sondern es gebe nur eine Vorschrift zu Neigungen von Stufen. Die DIN 18065 sei aus seiner Sicht zwar spezieller, gebe aber keine Maximalneigung vor. Die DIN 18202 sei ebenfalls zu berücksichtigen, wobei zusätzlich zu beachten sei, dass das Podest im Außenbereich geneigt sein müsse. Danach sind für den Untergurt und die Podestplatte zwei getrennte Sollwerte zu ermitteln. Für die Sollwertermittlung des Untergurts gelte, dass dieser waagerecht zur Podestplatte verlaufen muss. Der Sollwert der Podestplatte wird nach den Ausführungen des Sachverständigen nach DIN 18065 ermittelt. Dabei sei DIN 18065 als speziellere Norm vor DIN 18202 anwendbar, da in Abschnitt 8 der DIN die Toleranzen bei Treppen geregelt seien für das Steigungsmaß und für den Neigungswinkel zwischen den einzelnen Stufen. Der Sachverständige addiert beide Toleranzwerte und kommt auf eine Gesamttoleranzdifferenz von 25,5 mm. Nach der vorliegenden Stellungnahme des Bundesverbands Metall – Vereinigung Deutscher Metallhandwerke – durch den Geschäftsführer Technik, Herrn E (Bl. 140 d.A.) ist die DIN 18065 dagegen überhaupt nicht anwendbar auf Podeste, die auf einen Treppenlauf folgen. Der Sachverständige C hat auf Vorhalt dessen anlässlich der mündlichen Anhörung angegeben, auch er habe für seine Betrachtung die DIN 18202 herangezogen. Auch er gibt zu, dass die DIN 18065 kein Maß enthält, wie eine Neigung des Podestes zu gestalten ist. Schließlich liegt dem Gericht die Stellungnahme des vom Kläger beauftragten Privatsachverständigen D vor, der der Auffassung ist, zur Beurteilung einer Treppenkonstruktion hätte der Beklagte unbedingt auf die DIN 18065 für Gebäudetreppen verweisen müssen. Insgesamt liegt damit eine Situation vor, in der selbst verschiedene Sachverständige und Fachleute für das Metallhandwerk keine Einigkeit darüber erzielen können, welche DIN-Normen Anwendung finden. Aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen, das insoweit vom Geschäftsführer Technik der Vereinigung Deutscher Metallhandwerke gestützt wird, lässt sich zumindest schließen, dass die DIN 18202 für die Beurteilung der Podestplatte grundsätzlich zu beachten war, d. h. die Einschätzung des Privatsachverständigen D, dass allein die DIN 18065 heranzuziehen sei, nicht zutrifft. Insoweit teilt das Gericht im Übrigen die Bedenken des Beklagten an der Qualifikation des Privatsachverständigen insofern, als dieser als Sachverständiger für das Tischlerhandwerk tätig ist. Darüber ist der gerichtliche Sachverständige offenbar davon ausgegangen, die DIN 18065, die Vorschriften für die Neigung von Treppenstufen enthält, sei entsprechend auf Podeste anzuwenden. Die Podest platte ist allerdings formal keine Stufe, was auch aus dem auszugsweise vorliegenden Inhaltsverzeichnis der DIN 18065, erkennbar wird (Bl. 136 d.A.). Die DIN 18065 unterscheidet zwischen Stufen, Austrittstufe und Podesten. Abschnitt 8.6 der DIN 18065 regelt allein die Neigung der Stufen. Die Podeste sind damit selbst nicht Gegenstand der DIN 18065, sodass aus Sicht des Gerichts diese DIN-Norm zum einen nicht als speziellere Norm zwingend heranzuziehen war und zum anderen die Nichtbeachtung keinen Kardinalfehler des Sachverständigen darstellen kann. Die Spezialität einer DIN kann sich gegenüber einer anderen DIN nur ergeben, wenn in ihr konkurrierende Inhalte geregelt werden, was vorliegend offenbar nicht der Fall war. Ein grob fahrlässiges Verhalten ist auch nicht im Hinblick auf die Beweisfrage 3 des ursprünglichen Beweisbeschlusses festzustellen. Der Sachverständige C ist in seinem Gutachten zu der Feststellung gekommen, dass die Oberfläche der Handlaufteile den betreffenden Kriterien zur visuellen Beurteilung entspricht und die Einschätzung des Beklagten in seinem Gutachten insoweit nicht zutrifft. Er bezieht sich insoweit auf das Fachregelwerk Metall, Fachblatt Fenster und Fassaden und sieht die am Handlauf vorhandenen Spuren als halbzeugbedingte Unebenheiten an, die durch Walzen verursacht wurden (vgl. S. 5 der mündlichen Anhörung). Als Betrachtungsabstand sei im Rahmen des genannten Regelwerks für außenliegende Bauteile eine Entfernung von 5 m anzunehmen. Selbst wenn dies zutrifft, erscheint die Bewertung des Beklagten anhand des Fachregelwerks Metall, Ziff. 1.194.2, nämlich die Beurteilung anhand der gebrauchsüblichen Bedingungen (vgl. S. 5 unten der mündlichen Anhörung) zumindest ebenso plausibel. Zum einen stellt der Handlauf einer Treppe weder ein Fenster- noch ein Fassadenelement dar. Auch der Betrachtungsabstand von 5 m überzeugt für ein Teil, das in der vereinbarten Verwendung täglich unter einem Abstand von weniger als 1 m betrachtet zu werden pflegt, nicht. Insoweit ist ohnehin zu beachten, dass der Abstand lediglich in der Regel Anwendung findet, d.h. Ausnahmen für besonders sichtbare Teile durchaus zulässt. Auch hier vermag das Gericht letztlich nicht zu erkennen, dass der Beklagte eine eindeutig speziellere Regelung nicht herangezogen hat, da schon nicht erkennbar ist, | 73 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 warum die Normen für Fenster und Fassaden Anwendung finden sollen. Hinsichtlich der Beweisfrage 6 geht der gerichtlich bestellte Sachverständige C mit dem Beklagten im Ergebnis von einem Mangel aus, sodass sich die Prüfung der groben Fahrlässigkeit ohnehin erübrigt. Bezüglich der Rostbildung (Beweisfrage 8) war eine sachverständige Bewertung eines Fehlverhaltens des Beklagten nicht angezeigt. Zum einen fehlt es insoweit an schlüssigem Vortrag. Zum anderen ist dieser verspätet. In der Klageschrift hat die Klägerin ein Fehlverhalten des Beklagten hinsichtlich dieses Punktes nicht ausdrücklich behauptet. Eine solche Behauptung ergab sich auch nicht aus dem Gesamtzusammenhang der Klageschrift. Zwar ist auf S. 2 und 3 der Klageschrift auch der Punkt 8 des Beweisbeschlusses des Amtsgerichts erwähnt. Auf S. 2 finden sich jedoch lediglich Ausführungen zum Inhalt des Gutachtens des Beklagten ohne eine Bewertung vorzunehmen. Auf S. 3 der Klageschrift ist lediglich die Beschreibung des Urteils erster Instanz enthalten. Auch das zur Substantiierung der Klage herangezogene Privatgutachten des Sachverständigen D enthält keine Stellungnahme zur Ziff. 8. Weitere Darlegungen zu einem behaupteten Fehlverhalten des Beklagten im Hinblick auf Ziff. 8 des Beweisbeschlusses finden sich nicht, sodass dieser Aspekt auch nicht Gegenstand des Beweisbeschlusses im hiesigen Verfahren sowie Gegenstand der Beurteilung durch den Sachverständigen geworden ist. Von der Klägerin wurden anlässlich der mündlichen Anhörung diesbezüglich auch keine Fragen an den Sachverständigen gestellt. Erstmals im Schriftsatz vom 05.06.2013 stellte die Klägerin fest, dass es bislang an Feststellungen zur sachverständigen Bewertung des Beklagten zur Ziff. 8 des Beweisbeschlusses des Amtsgerichts ermangele. Dieser Vortrag ist jedoch zum einen unsubstantiiert und unschlüssig, da weder ersichtlich ist, welcher Verstoß dem Beklagten konkret vorgeworfen wird noch warum dem eine grobe Fahrlässigkeit zugrunde liegen soll. Der Vortrag ist im Übrigen verspätet gemäß § 296 Absatz 2 ZPO und damit zurückzuweisen. Denn die Klägerin war gehalten, sämtliche Angriffe gegen das vom Beklagten erstellte Sachverständigengutachten im Rahmen der Klage bzw. der dem Beweisbeschluss vorangegangenen Schriftsätze vorzubringen. Nachdem sich in der Klageschrift überhaupt keine Anhaltspunkte für die Behauptung eines diesbezüglichen Fehlverhaltens finden, war kein Hinweis des Gerichts nach § 139 ZPO angezeigt, da die Hinweispflicht nicht dazu dient, den Prozessstoff, über den die Parteien disponieren können, inhaltlich zu erweitern. Der neue Vortrag nach Anhörung des Sachverständigen im Juni 2013 stellt einen Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht des § 282 ZPO dar. Dieser Verstoß beruht auch auf grober Nachlässigkeit, da für die Klägerin spätestens mit Erlass des Beweisbeschlusses im hiesigen Verfahren erkennbar war, dass das Gericht keinen Vortrag zu Ziff. 8 des ursprünglichen Beweisbeschlusses erkennen vermochte. Spätestens in diesem Verfahrensstadium hätte sich aufdrängen müssen, dass dieser Aspekt noch nicht vorgetragen worden war und eine Erweiterung des Beweisbeschlusses wäre noch ohne zeitliche Verzögerung möglich gewesen. Dagegen würde die Zulassung des verspäteten Vortrags im jetzigen Stadium den Rechtsstreit verzögern, da aufgrund des Bestreitens des Beklagten eine erneute Beweisaufnahme erforderlich wäre, der Rechtsstreit aber ansonsten entscheidungsreif ist. Darüber hinaus scheitert ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auch an der Vorschrift des § 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB. Rechtsmittel im Sinne dieser Vorschrift sind die von der ZPO vorgesehenen Rechtsbehelfe, die es einer Partei ermöglichen, gegen das ihrem Dafürhalten nach fehlerhafte Gutachten vorzugehen und dessen Abänderung zu bewirken (OLG München, Urteil vom 25.07.2013 - Aktenzeichen 1U61513 1 U 615/13, Rz. 26 - zit. nach juris). Die Partei muss daher sämtliche zur Korrektur des als unrichtig angesehenen Sachverständigengutachtens zur Verfügung stehenden innerprozessualen Rechtsbehelfe ausschöpfen (OLG München, a.a.O.). Der Bundesgerichtshof hat in seinen Entscheidungen vom 28.07.2006 und 05.07.2007 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass insoweit etwa an Gegenvorstellungen und Hinweise auf die Unrichtigkeit des Gutachtens (vgl. § ZPO § 411 Abs. ZPO § 411 Absatz 4 ZPO), an Anträge, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden, und an formelle Beweisanträge auf Einholung eines neuen (Ober-)Gutachtens (§ 412 ZPO) zu denken ist (BGH, NJW-RR 2006, Seite 1454; BauR 2007, Seite 1852). Vorliegend ist schon nicht erkennbar, dass die Klägerin im Vorprozess bereits erstinstanzlich einen Antrag auf Einholung eines Obergutachtens gestellt hätte. Darüber hinaus fehlt es insgesamt an einer Substantiierung der Einwendungen, beispielsweise durch Vorlage der Regelwerke und ggf. der Einholung eines Privatgutachtens. Aus dem Urteil des Landgerichts Wiesbaden als Berufungsgericht ist erkennbar, dass die Klägerin ihre bereits damals geäußerten Einwände gegen die Anwendung der DIN 18202 nicht ausreichend substantiiert hat, sodass das Berufungsgericht in seinem Urteil (UA Bl. 6) entscheidend darauf abgestellt hat, dass z.B. Vorgaben nach der Fachliteratur nicht näher konkretisiert und dem Sachverständigen bei der Anhörung kein entsprechender Vorhalt gemacht wurden. Aus diesem Grund wurde auch der im Rahmen der Berufung gestellte Antrag auf Einholung eines Obergutachtens zurückgewiesen. Letztlich kann eine Partei, die einem unrichtigen Gutachten begegnen will, es nicht mit formalen Anträgen belassen, sondern muss diese auch inhaltlich so fassen, dass die geäußerten Einwendungen für den Sachverständigen und das Gericht erkennbar sind, bei einer Anhörung zur Sprache kommen (OLG München, a.a.O., Rz. 27) und so ggf. die Voraussetzungen für die Einholung eines Obergutachtens geschaffen werden. Soweit die Partei hierzu nicht selbst in der Lage ist, mag es im Einzelfall erforderlich sein, einen Privatsachverständigen zu beauftragen um so fachlich qualifizierte Einwendungen gegen ein Gutachten vorzutragen. Dies hat die Klägerin vorliegend unterlassen, sodass es im Erstprozess aus diesen Gründen nicht zur weiteren Aufklärung der Frage der Mangelhaftigkeit des Werkes gekommen ist. Der darin liegende Verstoß gegen § 839 Absatz 3 BGB erfolgte auch schuldhaft, da der anwaltlich beratenen Klägerin die hohen Anforderungen an die Einholung eines Obergutachtens nach § 412 ZPO bekannt gewesen sein mussten.« 2.2.1.3. Sonstige Fälle 2.2.1.3.1. OLG Celle (Beschluss vom 6. Mai 2004, Az.: 4 U 30/04): Keine grobe Fahrlässigkeit trotz unterbliebener Besichtigung bei Wertgutachten Leitsätze der Entscheidung: 1. Auch nach der Einführung von § 839a BGB verbleibt es dabei, dass gegen den mit einem Wertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren beauftragten Sachverständigen vertragliche oder vertragsähnliche Ansprüche der Verfahrensbeteiligten nicht bestehen. 2. Sieht der Sachverständige von einer Besichtigung des | 74 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Versteigerungsobjekts ab, weil ihm z.B. der Zutritt nicht gestattet wird, und weist er im Gutachten ausdrücklich darauf hin, können Ansprüche nach § 839a BGB nicht auf die unterbliebene Besichtigung gestützt werden. Aus den Gründen: »2. Mit Recht hat das LG einen Anspruch nach dem hier allein in Betracht kommenden § 839a BGB verneint. Dabei hat das LG die Frage offen gelassen und bereits zu Gunsten der Kl. positiv unterstellt, ob der Zuschlagsbeschluss zu Gunsten der Kl. als Meistbietende überhaupt eine gerichtliche Entscheidung i.S. von § 839a BGB darstellt, die auf dem Gutachten des Bekl. als Wertgutachter beruht. Das kann theoretisch zweifelhaft sein, weil jedenfalls unmittelbar die gerichtliche Entscheidung, deren Vorbereitung das Wertgutachten dient, die gerichtliche Festsetzung des Verkehrswerts und die darauf beruhende Bestimmung des Mindestgebots ist und nicht der Zuschlag, der sich bei die Versteigerungsbedingungen erfüllenden Geboten nach dem Meistgebot richtet und dann unabhängig von der Wertfestsetzung ist. Der Senat lässt auch dahingestellt, ob das LG konsequent argumentiert, wenn es einerseits zu Gunsten der Kl. unterstellen will, dass der Zuschlagsbeschluss doch eine gerichtliche Entscheidung sei, die auf dem Wertgutachten i.S. des § 839a BGB beruht, dann aber andererseits die Kausalität der Wertfestsetzung für den Zuschlag verneint, weil das Gebot der Kl. i.H. von 197.000 € 60,04 % des vom Bekl. festgestellten Verkehrswertes betrug und damit das 5/10 Mindestgebot von 164.050 € deutlich überstieg. Der Senat neigt zwar auch dieser Auffassung zu, sieht aber andererseits, dass die Bieter im Zwangsversteigerungsverfahren sich bei der Abgabe von Geboten zumindest bei der Höhe auch am sachverständig ermittelten Verkehrswert orientieren, es könnte deshalb problematisch sein, einerseits ein »Beruhen« des Zuschlagsbeschlusses auf dem Wertgutachten zu bejahen, dann aber andererseits die Kausalität zwischen Wertgutachten und Zuschlagsbeschluss jedenfalls dann zu verneinen, wenn der Zuschlag auf Grund von Geboten erfolgt, die das Mindestgebot übersteigen. Denn dann hinge die Haftung des Wertgutachters für unrichtige Gutachten in der Praxis von der Höhe der späteren Gebote ab, auf deren Grundlage der Zuschlag erteilt wird. Ob das eine sachgerechte Differenzierung wäre, würde der Senat nicht im Verfahren nach § 522 Absatz II ZPO entscheiden, weil diese Frage von grundsätzlicher Bedeutung sein könnte. Der Senat unterstellt deshalb im Gegensatz zum LG zu Gunsten der Kl. auch, dass die Klage nicht an einer fehlenden Kausalität zwischen dem Gutachten des Bekl. und dem Zuschlagsbeschluss scheitert. Entscheidend ist vielmehr, dass das LG mit Recht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Bekl. in seinen Ausführungen auf Seite 7/8 des Urteils auch auf der Grundlage des von den Kl. vorgetragenen Sachverhalts verneint hat. Dabei lässt der Senat wiederum offen, ob die Kl. überhaupt hinreichend vorgetragen haben, dass das Gutachten des Bekl. objektiv in dem Sinne unrichtig war, dass der Verkehrswert zu hoch angesetzt worden sei. Immerhin haben die erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kl. in ihrer damaligen Eigenschaft als Bevollmächtigte der Versteigerungsschuldnerin das Gutachten des Bekl. im Beschwerdeverfahren mit der Begründung angegriffen, er habe im Gegenteil den Wert zu niedrig bemessen. Jedenfalls fehlt es an einem die Haftungsvoraussetzungen des § 839a BGB erfüllenden Grad des Verschuldens. Ein vorsätzlich unrichtiges Gutachten behaupten auch die Kl. nicht; dafür wäre auch nichts ersichtlich. Ob der Bekl. einfach fahrlässig gehandelt hat, kann dahingestellt bleiben, weil einfache Fahrlässigkeit für eine Haftung nach § 839a BGB nicht genügt. Dass der Bekl. aber die ihm obliegende Sorgfalt in grober Weise vernachlässigt hätte, haben die Kl. nicht dargetan. Ohne Erfolg machen sie geltend, eine grobe Fahrlässigkeit liege darin, dass der Bekl. die Lagerhalle auch bei der Erstattung des Ergänzungsgutachtens nicht besichtigt habe. Der BGH hat bereits in seiner Entscheidung (BGH, NJW 2003, Seite 2825 = NZM 2003, Seite 728 = NZBau 2003, NZBAU Jahr 2003 Seite 564) zu dieser Frage auf die Problematik hingewiesen, die für Wertgutachter im Zwangsversteigerungsverfahren bei der Besichtigung des Objekts besteht. Er hat deshalb für geboten erachtet, dass der Sachverständige dann, wenn er ohne Besichtigung Anknüpfungstatsachen für sein Gutachten unterstellt, dies im Gutachten auch kenntlich machen muss (BGH, NJW 2003, Seite 2825, 2827, linke Spalte). Dem hat aber der Bekl. in seinem Gutachten entsprochen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er die Lagerhalle von innen nicht besichtigt habe. So heißt es im Gutachten vom 24.06.2002 zur Erläuterung der Ortsbesichtigung vom 17.06.2002: »Trotz des Schreibens vom 03.06.2002 mit der Ankündigung und der Bitte um Teilnahme an der Ortsbesichtigung öffnete auch nach mehrmaligem Läuten niemand. Die Ortsbesichtigung fand ohne Teilnehmer statt, die Gebäude konnten nicht betreten werden.« Die Bewertung der Lagerhalle beruhte daher – wie aus dem Gutachten erkenntlich war – auf den dem Sachverständigen vorliegenden schriftlichen Unterlagen (Baubeschreibung pp.) und dem äußeren Eindruck. In seinem Nachtrag vom 17.09.2002 zum Gutachten hat der Bekl. lediglich das Wohngebäude, was ihm nunmehr im Beschwerdeverfahren von der beschwerdeführenden Vollstreckungsschuldnerin gestattet wurde, nicht aber die Lagerhalle besichtigt. Die Nichtbesichtigung der Halle können die Kl. dem Bekl. aber schon deswegen nicht als grobe Nachlässigkeit anlasten, weil es seinerzeit allein darum ging, ob der Sachverständige den Wert zu niedrig angesetzt hatte. Sein Hinweis, das Merkmal »Thermohalle” habe er bereits in seiner abstrakten Bewertung zu Grunde gelegt, war deshalb geeignet, jedenfalls die Entscheidungsgrundlage für die bisherige Bewertung der Lagerhalle beizubehalten. Dass der Bekl. bei dieser damals bestehenden Entscheidungssituation etwa grob fahrlässig bezüglich der Halle von einer Besichtigung Abstand genommen hätte, erscheint daher abwegig. Im Übrigen konnten die Kl. den Wertgutachten des Bekl. entnehmen, dass die Bewertung der Lagerhalle ohne Besichtigung von innen erfolgt ist und mussten deshalb mit den Unwägbarkeiten, die sie jetzt zur Grundlage ihrer Schadensersatzforderung machen, von vornherein rechnen.« 2.2.1.3.2. OLG Koblenz (Beschluss vom 14. Juli 2006, Az.: 10 U 1685/05): Voraussetzungen der zivilrechtlichen Haftung des Sachverständigen Leitsatz der Entscheidung: Maßstäbe für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit im Rahmen des § 839a BGB. Aus den Gründen: »Der Beklagten kann ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln nicht vorgeworfen werden. Vorsatz ist dabei das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolges; der Handelnde muss den rechtswidrigen Erfolg vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben, ohne ihn jedoch gewünscht oder | 75 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 beabsichtigt haben zu müssen. Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Es sind keine Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Handeln der Beklagten dargetan oder sonst ersichtlich. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Den Handelnden muss dabei auch in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden treffen. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann die teilweise unrichtige Gutachtenerstattung der Beklagten nicht als grob fahrlässig angesehen werden. Hinsichtlich der Wohnflächenangabe ergibt sich aus dem Gutachten deutlich, dass die Beklagte die Wohnfläche nicht selbst vollständig nachgemessen hatte, sondern auf der Grundlage von Plänen errechnet hatte, die von ihr stichprobenartig überprüft worden waren. Indem die Beklagte diese Umstände explizit in ihrem Gutachten erwähnte, erfüllte sie die verkehrserforderliche Sorgfalt. Diese erfordert nicht, dass der Sachverständige alle Angaben in seinem Gutachten selbst ermittelt oder überprüft hat, da ihm dies oftmals mangels Einverständnis des Grundstückseigentümers oder wegen der örtlichen Gegebenheiten nicht möglich ist und er deshalb auf schriftliche Unterlagen oder mündliche Angaben anderer Personen vertrauen muss; dem Sachverständigen obliegt in derartigen Fällen jedoch der ausdrückliche Hinweis darauf, dass sich seine Wertermittlung nicht auf selbst gewonnene Erkenntnisse stützt. Der von der Beklagten in das Gutachten aufgenommene Hinweis ist insoweit als ausreichend anzusehen. Die unrichtige Angabe eines Kanalanschlusses beruht auch nicht auf einem grob fahrlässigen Handeln der Beklagten. Diese hat dargelegt, dass es sich dabei um einen von ihr nicht bemerkten Druckfehler gehandelt habe; ein Kanalanschluss sei bei der späteren Wertfestsetzung auch nicht berücksichtigt worden, da sie die Versorgungs- und Entwässerungsanlagen mit nur 6.000 DM bewertet habe. Die Kläger, die für sämtliche Voraussetzungen des § 839a BGB darlegungs- und beweispflichtig sind, vermochten diese Darstellung der Beklagten nicht hinreichend zu entkräften. Der Umstand, dass »Kanalanschluss« auf Seite 5 des Gutachtens angegeben ist, rechtfertigt nicht den Rückschluss, diese falsche Angabe beruhe auf grober Fahrlässigkeit. Das Gutachten zeigt von seinem übrigen Inhalt her, dass die Beklagte nicht vorhandene, Wert bildende Faktoren mit dem Zusatz »kein« aufnahm (z.B. Seite 5 »keine Grenzbebauung«, »keine Gehwege«). Ihre Behauptung, die Angabe »Kanalanschluss« sei ein Druckfehler, ist mithin nachvollziehbar, als es hätte richtig heißen müssen »kein Kanalanschluss«. Dieses Versehen kann nicht als so schwerwiegend angesehen werden, dass es die dargestellten Anforderungen der groben Fahrlässigkeit erfüllt. Insbesondere ist erklärlich, dass der Beklagten als Fachkraft die unterlassene Angabe eines fehlenden Kanalanschlusses auf Seite 5 des Gutachtens nicht auffiel, da sie auf Seite 26 bei der Wertermittlung – jedenfalls nach ihrem unwiderlegten Verständnis – einen Kanalanschluss nicht berücksichtigt hatte. Der Beklagten kann daher nur einfache Fahrlässigkeit bei der Erstattung ihres teilweise unrichtigen Gutachtens vorgeworfen werden, was indes für eine Haftung gemäß § 839a BGB nicht ausreicht. Andere Anspruchsgrundlagen kämen wegen der Spezialität des § 839a BGB im Falle seiner Anwendbarkeit nicht in Betracht.« 2.2.1.3.3. KG Berlin (Beschluss vom 10. Januar 2007, Az.: 12 W 61/06): Keine grobe Fahrlässigkeit trotz unterlassener Fahrzeugbesichtigung! Leitsatz der Entscheidung: Gelangt der Sachverständige allein aufgrund des Schadensbildes der ihm vorliegenden Fotos – ohne mögliche Gegenüberstellung der unfallbeteiligten Fahrzeuge – zu dem Ergebnis, es lasse sich nicht feststellen, welches Fahrzeug den Fahrstreifen gewechselt habe, und billigt das auftraggebende Gericht diese Vorgehensweise, so handelt er nicht grob fahrlässig im Sinne des § 839a BGB, wenn er eine Gegenüberstellung der Fahrzeuge unterlässt. Aus den Gründen: »Der Antragsgegner hat in seinem Gerichtsgutachten vom 4. April 2003 die Behauptung eines unfallursächlichen Fahrstreifenwechsels des seinerzeitigen Beklagten nicht bestätigt, sondern ist auf Grundlage der ihm vorgelegten Fotos zu dem Ergebnis gelangt, aufgrund der Beschädigungen an den Fahrzeugen lasse sich nicht feststellen, welches Fahrzeug den Fahrstreifen gewechselt habe. Dass dieses Ergebnis auf Grundlage des vorliegenden Materials, also vornehmlich der zunächst vorliegenden Fotos, unzutreffend war, behauptet auch der Anspruchsteller nicht. Es ist aber auch nicht ersichtlich, dass eine Rekonstruktion des Unfalls durch Gegenüberstellung des noch vorhandenen Klägerfahrzeuges, auf die sich nunmehr der Sachverständige Prof. R. bezogen hat, seinerzeit in einer Weise geboten war, dass dem Antragsgegner ein grob fahrlässiges Unterlassen vorzuwerfen ist. Nach § 404a Abs. 1 ZPO obliegt es dem Gericht, die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen zu erteilen. Dies folgt daraus, dass der Sachverständige nur Gehilfe des Gerichts bei der Auswertung ihm vorgegebener Tatsachen durch die aus seinem Fachwissen hergeleiteten Bewertungen, Schlussfolgerungen und Hypothesen ist, die das Gericht sodann im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu würdigen hat (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Auflage 2007, § 404a ZPO, Rn. 1 m.w.N.). Im Rahmen dieser Leitung des Sachverständigen ist vor dem Landgericht seinerzeit die Frage einer möglichen Gegenüberstellung der Fahrzeuge erörtert worden, wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt. Dabei hat die auf Verkehrsunfallsachen spezialisierte Berufungskammer des Landgerichts ausdrücklich zur Kenntnis genommen, dass der Sachverständige D. seine gutachterlichen Feststellungen ohne Gegenüberstellung der Fahrzeuge getroffen hat und hat dies ebenso ausdrücklich gebilligt. Nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung der Ausführungen des Antragstellers in den Anwaltsschriftsätzen vom 14. Mai und 21. August 2003 hat das Landgericht seinerzeit keine Veranlassung gesehen, eine weitergehende Begutachtung und Gegenüberstellung zu veranlassen. Damit hat das Landgericht die Vorgehensweise des Antragsgegners bei der Gutachtenerstellung ausdrücklich gebilligt. Dies schließt es aus, dem an die Anordnungen des Landgerichts gebundenen Antragsgegner den haftungsbegründenden Vorwurf grober Fahrlässigkeit durch unzureichenden Aufwand bei der Begutachtung zu machen: Er hat sich im Rahmen dessen gehalten, was das Landgericht von ihm verlangt hat.« | 76 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2.2.1.3.4. OLG Schleswig (Urteil vom 5. Juli 2007, Az.: 14 U 61/06): Feststellung von Baumängeln keine Sachverständigenpflicht bei Verkehrswertgutachten! Leitsätze der Entscheidung: 1.) Für die sachliche Richtigkeit eines Verkehrswertgutachtens im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens kommt es nur darauf an, ob der Verkehrswert richtig geschätzt worden ist, wobei Abweichungen von 12,5 % sich noch im tolerablen Rahmen halten. 2.) Die Feststellung von Baumängeln gehört nicht zur Sachverständigenpflicht, sie haben im Rahmen eines solchen Gutachtens nur Bedeutung für die Feststellung des Verkehrswertes, weshalb sich ein Ersteigerer insoweit nicht auf die Richtigkeit und Vollständigkeit des Gutachtens berufen oder verlassen kann. Aus den Gründen: »§ 839a BGB ist die zutreffende Anspruchsgrundlage auch für Schadensersatzansprüche des Ersteigerers im Verfahren der Zwangsversteigerung, wenn der Zuschlagsbeschluss auf einem unrichtigen Wertgutachten beruht. Dabei muss der entstandene Vermögensschaden in den Schutzbereich der verletzten Sachverständigenpflicht fallen (vgl. BGH WuM 2006, S. 262/263). Soweit der Kläger meint, dass die Sachverständige an dem ersteigerten Objekt vorhandene (Bau-) Mängel nicht festgestellt bzw. nicht richtig bewertet habe, vermag dies der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Durch ein Verkehrswertgutachten im Rahmen der Zwangsversteigerung soll der Verkehrswert zu einem bestimmten Stichtag festgestellt werden. Nur hierauf bezieht sich die Pflicht des Sachverständigen. Denn aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen wird der Verkehrswert vom Gericht im Wege des Beschlusses festgesetzt. Es kommt deshalb allein darauf an, ob dieser Verkehrswert richtig ist. Dagegen gehört die Feststellung von Baumängeln und Bauschäden nicht zu der Sachverständigenpflicht. Diese sind zwar gemäß § 21 Abs. 3 der WertV zu berücksichtigen. Bedeutung haben sie jedoch lediglich für die Feststellung des Verkehrswertes. Sie haben keine eigenständige Außenwirkung dergestalt, dass sich der Ersteigerer im Rahmen einer Zwangsversteigerung auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der festgestellten Baumängel und Bauschäden und deren kostenmäßige Bewertung berufen kann. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass es sich bei der Verkehrswertermittlung um eine Schätzung handelt und auch die Baumängel und Bauschäden danach bewertet werden, welchen Einfluss sie auf den Kreis potenzieller Erwerber haben. So wirken sich geringfügige Mängel zum einen gar nicht auf den Verkehrswert aus, zum anderen sind Mängel auch in der allgemeinen Einschätzung des Objektes stillschweigend enthalten. Falls das Gutachten und damit der Verkehrswert unrichtig sind, kommt eine Haftung des Sachverständigen nur dann in Betracht, wenn die fehlerhafte Feststellung auf grober Fahrlässigkeit beruht. Grob fahrlässig handelt jemand, der die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, ihm also nachgewiesen wird, dass er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder nicht beachtet hat, die ihm in der konkreten Situation hätten einleuchten müssen. Bei einem Sachverständigen kommt es dabei darauf an, was einem Sachkundigen sofort in den Sinn kommt (vgl. Münchner Kommentar - Grundmann, BGB, 5. Aufl., § 276 Rnr. 94 m.w.N.). 1. a.) Nach den überzeugenden schriftlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen können der Beklagten hin- sichtlich der Feststellung und Bewertung der einzelnen von dem Kläger gerügten Baumängel keine Fehler nachgewiesen werden. Danach war es zwar für die Beklagte erkennbar, dass die Treppe zum Spitzboden zu kurz war. Im Rahmen der Wertermittlung handelt es sich jedoch dabei nur um einen kleineren Schönheitsfehler, der sich nicht auf den Verkehrswert auswirkt. Bei den zu kurz geratenen und unfachmännisch verlegten Dielen im Obergeschoss handelt es sich ebenfalls um einen kleineren Schönheitsfehler, der sich nicht auf den Verkehrswert auswirkt. Ein Großteil möglicher Erwerber würde die Dielen mit Auslegwaren abdecken, sodass dieser Mangel nicht augenscheinlich wird. Die beanstandete Abdeckung des Abluftrohres im Obergeschoss wird auch von dem gerichtlichen Sachverständigen weder als laienhaft noch als undekorativ bewertet. Diese Einschätzung wird durch die Lichtbilder Anlage F zum Gutachten bestätigt. Der Sachverständige hat zwar festgestellt, dass die Trennwand zwischen Kinder- und Elternschlafzimmer einen Versprung aufweist, der von einem Sachverständigen auch bemerkt worden wäre. Ein ausdrücklicher Hinweis auf diesen Versprung wird von dem Sachverständigen allerdings nicht als erforderlich angesehen. Seiner Meinung nach würde lediglich allgemein ausgeführt werden, dass zwischen Planbestand (Bauakten der Bauordnungsbehörde) und den örtlichen Gegebenheiten im Detail Abweichungen bestehen. Im Übrigen hat die Trennwandgestaltung zwischen den Zimmern keinerlei Auswirkungen auf den Verkehrswert, zumindest keine wesentliche wertrelevante oder messbare Auswirkung. Zu den weiteren von dem Kläger gerügten Mängeln unter Ziff. II. 5) - 12) des Beweisbeschlusses vom 1. September 2006 (Bl. 196 ff. d.A.) weist der Sachverständige nach, dass in dem beanstandeten Gutachten die normalen Herstellungskosten mit einem niedrigeren Basiswert gerechnet worden waren. Zudem sei eine Wertminderung wegen Alters berücksichtigt worden. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ist es daher nicht sachgerecht, bezüglich der Fragen II 5) - 8) und 10) - 12) einen zusätzlichen höheren Abschlag vorzunehmen. Die Vorgehensweise der Beklagten ist insoweit nicht zu beanstanden. Die Position 9) wird von dem Sachverständigen als gegenstandslos angesehen, da die Außenanlagen sehr maßvoll mit lediglich 8.018,00 € im Gutachten berücksichtigt wurden. Hinsichtlich der von der Beklagten vorgenommenen Wertminderung unter anderem wegen der Risse im Erkerbereich (Ziffer III. des Beweisbeschlusses) kommt der Sachverständige zu dem überzeugenden Ergebnis, dass die von der Beklagten gewählte Vorgehensweise und Schätzung des Abschlags in Höhe von pauschal 4.000,00 € angemessen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bereits eine Wertminderung wegen Alters vorgenommen wurde und die normalen Herstellungskosten maßvoll in Ansatz gebracht worden sind. Der Sachverständige weist darauf hin, dass es nicht korrekt wäre, die Höhe der tatsächlichen Kosten zur Baumängel- und Bauschädenbeseitigung voll in Ansatz zu bringen. Denn das Verkehrswertgutachten soll lediglich den Immobilienmarkt widerspiegeln, also aus dem Marktverhalten Rückschlüsse auch bezüglich der Beurteilung von Baumängeln und Bauschäden ziehen. In der Regel würden Abschläge gebildet, die sich nicht auf die Höhe der Kosten, die tatsächlich entstanden seien, belaufen würden.« | 77 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2.2.1.3.5. OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 2. Oktober 2007, Az.: 19 U 8/07): Sachverständigenhaftung wegen eines grob fehlerhaften anthropologischen Vergleichsgutachtens zur Täteridentifizierung nach einem Bankraub Leitsatz der Entscheidung: Zu den Voraussetzungen der Haftung eines Gerichtssachverständigen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und Freiheitsentziehung auf Schmerzensgeld wegen Erstattung eines objektiv falschen anthropologischen Vergleichsgutachtens, das in einem Strafprozess zur Verurteilung des (unschuldigen) Angeklagten zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe führte. Aus den Gründen: »1. In der Rechtssprechung ist anerkannt, dass ein in einem gerichtlichen Verfahren tätiger Gutachter für eine Verletzung der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter dann – und nur dann – haftet, wenn die Verletzung auf einer Falschbegutachtung beruht und das Gutachten in grob fahrlässiger Weise oder vorsätzlich falsch erstellt wurde (BVerfG NJW 1979, 305; BGH NJW 1974, 312; OLG Schleswig NJW 1995, 791). Grobe Fahrlässigkeit ist etwa dann gegeben, wenn der Gutachter naheliegende Überlegungen nicht beachtet und/oder bei der Begutachtung Umstände bei der Befunderhebung und -auswertung nicht berücksichtigt, deren Beachtung nach den wissenschaftlichen Regeln der Begutachtung erwartet werden konnten, dies insbesondere im Hinblick auf die weitreichende Bedeutung und die schwerwiegenden Folgen seines Gutachtens in einem Strafprozess für den Angeklagten. Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil den Beurteilungsmaßstab des groben Verschuldens zutreffend herausgearbeitet und konkrete Umstände der Gutachtenerstattung des Beklagten diesem Maßstab zugeordnet. Die Feststellung dieser Umstände hat es rechtsfehlerfrei aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen der Beweiswürdigung abgeleitet. Der Senat schließt sich im Wesentlichen den tragenden Gründen der Entscheidung an und macht sich diese zu Eigen. 2. Der Senat sieht dabei allerdings eine grob fahrlässig verursachte Fehlerhaftigkeit der Gutachtenerstattung nicht bereits in dem schriftlichen Gutachten des Beklagten vom 12.11.1992 begründet. Insbesondere liegt eine Fehlerhaftigkeit dieses Gutachtens nicht bereits in dem von dem Beklagten verwendeten methodischen Ansatz, den der Beklagte bei seiner Gutachtenerstattung zu Grunde gelegt hat. Insoweit lässt sich auch nach dem Gutachten des Sachverständigen C feststellen, dass es zum Zeitpunkt der Gutachtenerstattung durch den Beklagten noch keine schriftlich fixierten Empfehlungen der Gesellschaft für Anthropologie oder anderer forensischer Wissenschaften gab, gegen die der Beklagte verstoßen haben könnte. Vielmehr wird dem Beklagten vom Sachverständigen C attestiert, dass sich der Beklagte prinzipiell an die Grundsätze und formalen und strukturellen Verfahrensweisen einer Identitätsbegutachtung gehalten hat und sich keine hinreichenden Hinweise dafür finden, dass das unzutreffende Ergebnis seiner Begutachtung auf grundlegende Methodenverstöße der Befunderhebung zurückzuführen ist (Gutachten S. 47). Daher kann auch offenbleiben, ob die von dem Sachverständigen D anhand des ihm zur Verfügung stehenden Lichtbildmaterials herausgearbeiteten Ausschlusskriterien gegen eine Täterschaft des Klägers zutreffen und diese dementsprechend von dem Beklagten verkannt wur- den. Eine Fehlerhaftigkeit des schriftlichen Gutachtens ist den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen C folgend, jedoch darin zu sehen, dass der Beklagte das als Ergebnis seiner anthropologischen Vergleichsbegutachtung verwendete Prädikat der Übereinstimmung der Tätermerkmale mit denen des Klägers als »mit sehr großer Wahrscheinlichkeit … ein und dieselbe Person« nicht näher erläutert hat, insbesondere die in dem Prädikat nach den wissenschaftlichen Standards enthaltenen Unsicherheitsintervalle nicht kenntlich gemacht hat, sondern eine gleichsam mathematische Sicherheit der Beurteilung vorgeben hat. Ferner ist das schriftliche Gutachten auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den auch zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung bestehenden wissenschaftlichen Standard in der Anthropologie insofern nicht beachtet hat, als er – den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen D zufolge – im vorliegenden Falle einer sog. Vorselektion, nämlich einer Auswahl des vermeintlichen Täters allein auf Grund seiner auffallenden optischen Ähnlichkeit, wie dies im Falle des Klägers auf Grund seiner außergewöhnlichen körperlichen Statur der Fall war, nicht die Frage der möglichen Ausschlusskriterien in den Vordergrund der anthropologischen Vergleichsbegutachtung gestellt, sondern sein Augenmerk auf die Ähnlichkeitsmerkmale gelegt und dass er vor allem auch nicht auf die aus dieser besonderen Situation resultierenden Unsicherheitsfaktoren für eine positive Ähnlichkeitsfeststellung hingewiesen hat. In seinem schriftlichen Gutachten vom 12.11.1992 hat der Beklagte ausgeführt, dass »sich bei gegebener Personenverschiedenheit erfahrungsgemäß der Täter und der Tatverdächtige nicht nur in einigen wenigen Kriterien, sondern grundsätzlich in der überwiegenden Mehrzahl der erfassbaren Merkmale eindeutig unterscheiden. Das heißt aber auch gleichsam, dass einige wenige Merkmalsverschiedenheiten kein Argument gegen eine Personenverschiedenheit sind, zumal solche Diskrepanzen erfahrungsgemäß externen Faktoren unterliegen«. Ohne nähere Begründung wird dann nach einer Feststellung der diversen Merkmalsübereinstimmungen festgestellt, »dass keine Merkmalsverschiedenheiten … festzustellen sind. Das heißt, vornehmlich die Tatsache, dass sich beide (Tatverdächtiger und Täter) in keinem einzigen diagnostisch bedeutsamen Merkmal unterscheiden, weist schon mehr als deutlich darauf hin, dass es sich bei dem Täter und dem Beschuldigten sehr wahrscheinlich um ein und dieselbe Person handelt.« Er durfte sich jedoch unter Beachtung der wissenschaftlichen Standards, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht mit der Feststellung begnügen, dass nicht übereinstimmende Merkmale keine Ausschlusskriterien darstellten, weil diese durch mimische oder haltungstechnische Unterschiede bedingt sein könnten. Immerhin hat der Sachverständige D auf der Grundlage dieses methodischen Ansatzes vier Ausschlusskriterien erkannt. Die damit gegebene Fehlerhaftigkeit des schriftlichen Gutachtens ist nach Auffassung des Senats allerdings noch nicht so schwerwiegend, dass sie eine grob fahrlässige Falschbegutachtung zu begründen vermögen. 3. Die grob fahrlässige Fehlerhaftigkeit der anthropologischen Vergleichsbegutachtung des Beklagten folgt jedoch daraus, dass er in der Hauptverhandlung vor der Strafkammer des Landgerichts Nürnberg/Fürth – abweichend von seiner vorsichtigeren Bewertung in seinem schriftlichen Gutachten und zusätzlich zu den bereits aufgezeigten Fehlern – nicht mehr nur eine »sehr hohe Wahrscheinlichkeit« der Täterschaft des Klägers angenommen hat, sondern – wenn auch unter Beibehaltung der im schriftlichen Gutachten gewählten Formulierung des | 78 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Ähnlichkeitsprädikats – der Strafkammer das Bild einer von Restzweifeln befreiten Sicherheit vermittelte, indem er eine quasi 100 %-ige Sicherheit für eine Täterschaft des Klägers bejahte.. Davon, dass der Beklagte sich in dieser Weise im Rahmen seiner mündlichen Gutachtenerstattung in der Hauptverhandlung vor der Strafkammer geäußert hat, ist der Senat überzeugt. Dies folgt zum einen bereits aus der – vom Beklagten auch nicht als fehlerhafte Darstellung gerügten – Begründung des Strafurteils durch die erkennende Strafkammer und zum anderen aus den Aussagen der Zeugen Z1 und Z2. a) Die Ausführungen in der Urteilsbegründung lassen zunächst deutlich erkennen, dass der Beklagte in seiner mündlichen Gutachtenerstattung das zur Identitätsbeurteilung verwendete Prädikat »mit sehr großer Wahrscheinlichkeit« mit nicht näher erläuterten Prozentzahlen verknüpft hat, ohne deren Stellenwert deutlich zu machen, insbesondere deutlich zu machen, dass es sich dabei nicht um mathematische Wahrscheinlichkeiten handelt. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des Sachverständigen C, der überzeugend ausgeführt hat, dass die Wahrscheinlichkeitsprädikate in einem anthropologischen Vergleichsgutachten keine mathematische Wahrscheinlichkeit begründen können und dass dieser für die Überzeugungsbildung eines Strafrichters wesentliche Umstand offengelegt und auf die unabänderlichen Grenzen der angewendeten Methode hingewiesen werden muss. Der Beklagte hat dabei nicht nur die Wahrscheinlichkeit im Bereich von über 98 % angesiedelt, sondern darüber hinaus eine quasi 100 %i-ge Sicherheit angenommen und lediglich aus rein formalen Gründen von der Vergabe dieses Prädikats abgesehen. Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte expressis verbis das ursprüngliche Wahrscheinlichkeitsprädikat nicht aufgegeben hat, wie dies auch die Formulierung der Strafkammer auf Seite 35 des Strafurteils zeigt. Entsprechend ist darüber, dass der Beklagte ausdrücklich das Prädikat »Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit« nicht vergeben hat, kein Beweis zu erheben. Grob fehlerhaft bleibt jedoch die aus den Urteilsgründen und den Zeugenaussagen sich ergebende Darstellung des Gutachtens, dass dieses Prädikat nur aus rein formalen Gründen nicht vergeben werden könne. Die von dem Sachverständigen D eingehend erläuterten Unsicherheitsfaktoren, die gerade im Falle einer Vorselektion zu beachten sind, finden bei dieser Darstellung keine Beachtung, obwohl dem Beklagten klar sein musste, dass bei der Darstellung einer rein formalen geringfügigen Unsicherheit ein entscheidender Einfluss auf die richterliche Würdigung des Beweis ergebnisses nicht auszuschließen ist, ein solcher vielmehr eher naheliegt. Die Aufgabe der im schriftlichen Gutachten noch erkennbaren vorsichtigeren Beurteilung der Identitätswahrscheinlichkeit durch den Beklagten spiegelt sich vielmehr gerade auch darin wider, dass er der Kammer gegenüber geäußert hat, dass für ihn an der Täterschaft des Klägers keinerlei Zweifel bestünden, obwohl ihm bewusst gewesen sein musste, dass Identitätsgutachten immer nur eine Schätzung zur Frage der Identität einer Person darstellen, die auf einer sehr subjektiven Interpretation und damit auf einem schwer bestimmbaren Maß an Subjektivität gründen, wie dies der Sachverständige C in seinem Gutachten überzeugend ausgeführt hat. Zudem hat er der Strafkammer auch mit seiner weiteren Formulierung, es sei nach seiner Berufserfahrung unvorstellbar, dass eine andere Person in Betracht kommen könne, eine objektiv nicht vorhandene Täter identität suggeriert, ohne vorhandene Zweifel, die einer morphologischen Vergleichsbegutachtung stets und insbesondere in Fällen einer Vorselektion innewohnen, deutlich zu machen. Dazu gehört auch, dass der Beklagte bekundete, keinerlei Merkmalsabweichungen zwischen dem Täter und dem Kläger feststellen zu können, ohne sich auch insoweit auf eine nähere Erläuterung einzulassen. Die Darstellung seines Identifikationsergebnisses in der Hauptverhandlung lässt mithin die von den beiden Gutachtern C und D für erforderlich gehaltene Differenzierung und Erläuterung der Wahrscheinlichkeitsprädikate ebenso vermissen, wie die Darstellung gegebener Zweifel zu Merkmalen, die der Sachverständige D als Ausschlussmerkmale herausgearbeitet hat. Auch wenn offenbleiben kann, ob die positive Feststellung von Ausschlusskriterien durch den Sachverständigen D im Ergebnis zutreffend ist, so handelt es sich doch jedenfalls um Merkmale, hinsichtlich derer es bei der Erstattung eines anthropologischen Vergleichsgutachtens einer sehr differenzierten Darstellung bedurft hätte. Um eine fehlerhafte Gutachtenerstattung handelt es sich – auch und gerade weil es sich bei der anthropologischen Vergleichsbegutachtung um eine Wissenschaft handelt, die vornehmlich auf die Erfahrungen des Gutachters abstellt –, wenn ein Gutachter zu diesen von einem anderen Sachverständigen festgestellten eindeutigen Ausschlussmerkmalen keine – eventuell überwindbaren – Zweifel aufkommen lässt oder offenbart. Wenn aber durchaus Zweifel angezeigt sind, muss der Gutachter diese Zweifel auch deutlich machen, dies auch dann, wenn er letztlich kein Ausschlussmerkmal erkennt oder annimmt. Darin, dass er solche Zweifel nicht hatte oder diese jedenfalls bei seiner mündlichen Gutachtenerstattung in der Hauptverhandlung nicht dargelegt und nicht näher erläutert hat, ist ebenfalls eine Fehlerhaftigkeit des Gutachtens des Beklagten zu sehen. Dies ist vor allem begründet in der Abhängigkeit des Gerichts von dem eingeholten Sachverständigengutachten. Das Gericht kann auf die Plausibilität und Nachvollziehbarkeit des Gutachtens nur dann als Entscheidungsgrundlage abstellen, wenn dieses auch die im Prozess der Findung des Ergebnisses des Gutachtens aufgetretenen Erwägungen sowie die Grenzen der wissenschaftlichen Erkenntnismöglichkeiten deutlich macht. Stattdessen hat der Beklagte nach den Darlegungen im Urteil der Strafkammer offenbar jegliche Zurückhaltung aufgegeben und eine nahezu 100 %-ige Wahrscheinlichkeit der Täteridentität attestiert, die entsprechend auch, wie das Gutachten des Sachverständigen D hinsichtlich der Ausschlusskriterien nahelegt, Unsicherheiten hinsichtlich einzelner Merkmale unterdrückt. Dabei dürfte die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens auch bereits in dem Ansatz des Beklagten liegen, dass eine Vielzahl von Übereinstimmungen bereits hinreichend sei zur Bestimmung der Identität. Das Hauptaugenmerk des Beklagten lag ersichtlich nicht in der Prüfung von Ausschlussmerkmalen, wie sie der Sachverständige D gerade im Hinblick auf die stattgefundene Vorselektion, die ihre Ursache in der außergewöhnlichen körperlichen Statur des Klägers hatte, vorgenommen hat. Für eine über das Prädikat »sehr wahrscheinlich identisch« hinausgehende Vergleichsbegutachtung, wie sie der Beklagte faktisch in der Hauptverhandlung dargestellt hat, wäre im Übrigen das vorliegende Bildmaterial, wie der Sachverständige D ausgeführt hat (Bl. 355 d.A.), nicht geeignet gewesen.« | 79 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2.2.1.3.6. OLG Saarbrücken (Urteil vom 23. Oktober 2008, Az.: 8 U 487/07): Kein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch trotz Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf Grund einer falschen Diagnose! Leitsatz der Entscheidung: Hat ein Sachverständiger deutlich gemacht, dass es sich bei seiner Diagnose einer krankhaften seelischen Störung um eine Verdachtsdiagnose handelt, dass es sich allerdings bei der bei dem Begutachteten auftretenden Symp tomatik jedenfalls um eine die Steuerungsfähigkeit beeinträchtigende Störung der Impulskontrolle handele, die als schwere seelische Abartigkeit eingestuft werden könne und hat er das Strafgericht damit in die Lage versetzt, die Frage der Erheblichkeit i.S.d. § 21 StGB in eigener Verantwortung zu beantworten, ist nicht von grober Pflichtwidrigkeit auszugehen. Aus den Gründen: »Diese Stellungnahme lässt eine grobe Pflichtwidrigkeit nicht erkennen, denn der Beklagte hat deutlich gemacht, dass es sich bei seiner Diagnose einer krankhaften seelischen Störung, die sich wahrscheinlich als Folge einer frühkindlichen Hirnschädigung in Anfallsäquivalenten äußere, um eine Verdachtsdiagnose handelt, dass es sich allerdings bei der bei dem Kläger auftretenden Symptomatik bei fehlender hirnorganischer Verursachung jedenfalls um eine die Steuerungsfähigkeit beeinträchtigende Störung der Impulskontrolle handele, die das Leben des Klägers mit ähnlichen Folgen wie die von ihm für wahrscheinlich gehaltene hirnorganische Störung belaste, weshalb sie als schwere andere seelische Abartigkeit eingestuft werden könne. Dabei hat der Beklagte nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, aufgrund welcher Anknüpfungstatsachen er zu den von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gelangt ist, und damit das Strafgericht in die Lage versetzt, die Frage der Erheblichkeit im Sinne des § 21 StGB in eigener Verantwortung zu beantworten. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte subjektiv vorwerfbar ein unrichtiges Gutachten erstattet haben sollte. Er hat dem Strafgericht die von ihm erhobenen Anknüpfungstatsachen dargelegt und die von ihm hieraus gezogenen Schlussfolgerungen plausibel und nachvollziehbar erklärt. Dabei hat er auch auf das Erfordernis weiterer Untersuchungen hingewiesen. Ein grob pflichtwidriges, subjektiv vorwerfbares Verhalten ist dabei nicht erkennbar.« 2.2.1.3.7. OLG Celle (Beschluss vom 5. Mai 2009, Az.: 4 U 26/09): Darlegungslast des Klägers hinsichtlich eines grob fahrlässig fehlerhaften Gutachtens! Leitsatz der Entscheidung: Sind Gerichte in zwei Instanzen dem – angeblich fehlerhaften – Sachverständigengutachten gefolgt, bedarf es einer eingehenden Darlegung der grob fahrlässigen Fehlerhaftigkeit des Gutachtens; dazu gehört, dass der Kläger erläutern muss, warum auch die Gerichte nicht nur übersehen haben sollen, dass sie ihrer Entscheidung in Teilen unrichtige Gutachten zugrunde legen, sondern dass dies auch jedem, also auch den entscheidenden Richtern, aufgrund naheliegender Überlegungen hätte einleuchten müssen. Aus den Gründen: »b) Die Haftung eines Sachverständigen nach § 839a BGB erfordert nicht nur die Erstattung eines unrichtigen Gutachtens. Voraussetzung ist ferner, dass die Erstattung des Gutachtens vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgte. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Eine besonders schwere Sorgfaltspflichtverletzung liegt nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben worden sind und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte. Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich um eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit des § 276 Abs. 1 BGB erheblich übersteigt (Staudinger-Wurm, BGB, Bearbeitungsstand: Februar 2007, § 839a, Rdnr. 12 m.w.N.). Der Nachweis grober Fahrlässigkeit wird dadurch erleichtert, dass der Bundesgerichtshof es dem Tatrichter erlaubt, »vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und gesteigerte Vorwerfbarkeit [zu schließen]« (BGHZ 119, 147, 151; BGH VersR 1989, 582, 584). In geeigneten Fällen soll sich deswegen aus dem objektiv schwerwiegenden Fehler des Gutachtens eine gravierende Pflichtverletzung des Gutachters ableiten lassen (MüKo-Wagner, BGB, 5. Aufl., § 839a, Rdnr. 35). Sind allerdings die Gerichte in zwei Instanzen dem Sachverständigengutachten gefolgt, bedarf es einer eingehenden Darlegung der grob fahrlässigen, also jedem einleuchtenden Fehlerhaftigkeit des Gutachtens. Der Kläger muss also erläutern, warum auch die Gerichte nicht nur übersehen haben sollen, dass sie ihrer Entscheidung in Teilen unrichtige Gutachten zugrundelegen, sondern dass dies auch jedem, also auch den entscheidenden Richtern, aufgrund naheliegender Überlegungen hätte einleuchten müssen (OLG Rostock, Baurecht 2006, 1337, 1338). Bei dieser Argumentation darf natürlich die Gefahr eines Zirkelschlusses nicht außer Acht bleiben, da ansonsten eine Haftung des Sachverständigen nach § 839a BGB überhaupt nicht in Betracht kommt.« 2.2.1.3.8. OLG Hamm (Urteil vom 16. Juni 2009, Az.: 9 U 239/08): Keine Herabsetzung der Substantiierungslast des Anspruchstellers bei Haftungsanspruch gegen gerichtlich bestellten Sachverständigen! Leitsätze der Entscheidung: 1. Bei der Inanspruchnahme eines gerichtlichen Sachverständigen, der im vorausgegangenen Arzthaftungsprozess des Klägers gegen den behandelnden Arzt als Gutachter tätig gewesen war, ist die Substantiierungslast des Klägers im Schadensersatzprozess aus § 839a BGB anders als im Arzthaftungsprozess nicht herabgesetzt. 2. Der Kläger muss also die Umstände, die eine grobe Fahrlässigkeit des Gutachters begründen sollen, darlegen und unter Beweis stellen. Aus den Gründen: »c) Das Landgericht hat die Klage zu Recht wegen jedenfalls unzureichender Darlegung einer dem Beklagten vorzuwerfenden groben Fahrlässigkeit bei der Bewertung der Operationsmetho- | 80 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 de oder dem »Übersehen« der Querfortsatzfraktur abgewiesen. Deren abstrakten Voraussetzungen sind in dem angefochtenen Urteil zutreffend umschrieben: Der Beklagte müsste bei der Erstellung seines Gutachtens die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und dasjenige nicht beachtet haben, was im vorliegenden Fall jedem einleuchten musste. Dabei muss ihn auch in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden treffen. Nicht diese rechtliche Wertung, sondern die sie ausfüllenden Tatsachen musste der Kläger für die Schlüssigkeit seiner Klage substantiiert vortragen. Mit dem Gutachten I hat er jedoch nur vermeintliche Fehler des Gutachtens des Beklagten dargelegt, nicht, dass sie jenem unterlaufen seien, weil er bestimmte, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellte, und auch nicht, wodurch er seine Sorgfaltspflicht in besonders schwerem Maß verletzte. Die vom Kläger reklamierte Herabsetzung der Substantiierungspflicht insoweit entsprechend den Rechtsprechungsgrundsätzen für Arzthaftungsprozesse, ist nicht veranlasst. Die Rechtfertigung für eine maßvolle Herabsetzung im Arzthaftungsprozess besteht darin, dass vom Patienten regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden kann; BGH MDR 2004, 1184/1185. Soweit es aber nicht mehr um detaillierte Kenntnis von medizinischen Vorgängen geht, sondern um anzuwendende Untersuchungsmethoden und Begutachtungskriterien, kann von einem Kläger erwartet werden, dass er die vermeintlichen Nachlässigkeiten oder Unterlassungen des Sachverständigen benennt und nicht nur auf bloße Abweichungen des Ergebnisses zu einem anderen Gutachten hinweist. Dass Sachverständigengutachten zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, ist nicht ungewöhnlich und rechtfertigt allein nicht den Schluss auf eine auch subjektiv grobe Sorgfaltslosigkeit eines Gutachters. Zu bezeichnen, was an dem Vorgehen des angegriffenen Gutachters als das was jedem einleuchtet entgegenstehend beanstandet oder welche ganz naheliegende Überlegung vermisst wird, überfordert die Partei selbst dann nicht, wenn es um medizinische Begutachtungen geht. Zu Recht weist die Berufungserwiderung darauf hin, dass die Herabsetzung der Substantiierungslast im Arzthaftungsprozess die Fragen des objektiven Behandlungsfehlers betrifft, während es hier um die Ausfüllung von Verschuldensmaßstäben geht. Anders als bei einem Behandlungsfehler ist dazu keine Kenntnis von medizinischen Vorgängen im Detail gefordert.« nicht, da jedenfalls ein grob fahrlässiges Handeln des Beklagten bei der Erstattung seines Gutachtens nicht erkennbar ist. Der Sachverständige wird, auch wenn § 74a ZVG dies nicht ausdrücklich erwähnt, durch das Vollstreckungsgericht entsprechend den Beweiserhebungsvorschriften der §§ 402 ff. ZPO herangezogen (BGH MDR 2003, 1180). Nach § 404a Abs. 1 ZPO obliegt es dem Gericht, die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen zu erteilen. Dies folgt daraus, dass der Sachverständige nur Gehilfe des Gerichts bei der Auswertung ihm vorgegebener Tatsachen durch die aus seinem Fachwissen hergeleiteten Bewertungen, Schlussfolgerungen und Hypothesen ist, die das Gericht sodann im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu würdigen hat, ohne an die Feststellungen des Sachverständigen gebunden zu sein (KG vom 10.01.2007, 12 W 61/06, NZV 2007, 462 und Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 18. Auflage, § 74a Rdnr. 7.8). Das Gericht entscheidet daher in eigener Verantwortung, ob es die von einem Sachverständigen getroffenen Feststellungen für ausreichend erachtet oder ergänzende Ermittlungen verlangt. Vor diesem Hintergrund kann einem Sachverständigen nicht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit durch unzureichenden Aufwand bei der Begutachtung gemacht werden, wenn das Gericht die vom Sachverständigen offengelegte Vorgehensweise als ausreichend erachtet und damit billigt. Dann hat sich der Sachverständige im Rahmen dessen gehalten, was das Gericht von ihm verlangt hat (KG, a.a.O.). Darüber hinausgehende Pflichten obliegen ihm nicht. Vorliegend hat der Beklagte auf Seite 12 seines schriftlichen Gutachtens – wie auch die Kläger einräumen – offensichtlich erkennbar darauf hingewiesen, dass die in die Baubeschreibung aufgenommene Dachbedeckung wegen einer vorhandenen Schneedecke aus dem Baugesuch entnommen wurde. Auf dieser Grundlage wäre es dem Amtsgericht ohne Weiteres möglich gewesen, den Sachverständigen anzuweisen, die tatsächlich vorhandene Dachbedeckung zu ermitteln. Dass es davon abgesehen hat, kann sich nicht zu Lasten des Beklagten auswirken. Aus welchen Gründen der Beklagte bei der Dachbedeckung auf das Baugesuch zurückgegriffen hat und ob die tatsächliche Dachbedeckung beim Besichtigungstermin erkennbar gewesen wäre, ist nicht relevant, da sich damit in Zusammenhang stehende mögliche Versäumnisse aus den vorgenannten Gründen nicht auf die gerichtliche Entscheidung ausgewirkt haben.« 2.2.1.3.9. LG Ulm (Urteil vom 6. November 2009, Az.: 3 O 261/09): Haftung des gerichtlich bestellten Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer im Zwangsversteigerungsverfahren bei Billigung des Sachverständigenvorgehens durch das Gericht! 2.2.1.3.10. LG Köln (Urteil vom 11. Dezember 2009, Az.: 32 O 263/06): Grobe Fahrlässigkeit des Verkehrswertgutachters bei falscher Angabe des Baujahres und drohender Rückbauverpflichtung! Leitsatz der Entscheidung: Einem Sachverständigen kann bei der Erstellung eines Gutachtens für die Festsetzung des Verkehrswerts nach § 74a Abs. 5 ZVG nicht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit gemacht werden, wenn das Gericht die vom Sachverständigen offengelegte Vorgehensweise (hier: Bestimmung der Art des Dachbelags eines Hauses allein nach den Angaben im Baugesuch) billigt. Aus den Gründen: »(2) Einer weiteren Klärung der Auswirkungen des vorhandenen Dachbelags auf den Verkehrswert bedurfte es indes Leitsatz der Entscheidung: Ein Verkehrswertgutachter handelt grob fahrlässig, wenn er das falsches Baujahr angibt und sein Gutachten keinerlei Hinweise auf den teilweise bauordnungsrechtswidrigen Zustand des Gebäudes enthält. Aus den Gründen: »2. Grob fahrlässig verursachte Fehler des Gutachtens Das Gutachten des Beklagten ist fehlerhaft, soweit das Baujahr mit 1966 angegeben wird. Tatsächlich wurde das Gebäude 1957 errichtet, wobei 1966 ein Umbau und 1973 ein kleinerer und 1992/93 ein weiterer Umbau und der Anbau des Wintergartens erfolgten. Dies ist aus dem Gutachten so nicht ersicht- | 81 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 lich. Soweit sich der Beklagte darauf beruft, ein fiktives Baujahr angesetzt zu haben, kann ihm nicht gefolgt werden. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen S setzt der Ansatz eines fiktiven Baujahres eine Modernisierung oder Teilmodernisierung des Gebäudes voraus. Dass das angesetzte Baujahr fiktiv ist, ist dem Gutachten bereits nicht zu entnehmen. Darüber hinaus, so der Sachverständige S, fehle es an einer (teilweisen) Erneuerung der Haustechnik, die als Modernisierung anzusehen und zum Ansatz eines fiktiven Baujahres hätte führen können. Dieser Fehler ist von dem Beklagten grob fahrlässig verursacht worden. Denn wie der Sachverständige S ausführt, lässt sich das tatsächliche Alter durch die obligatorische Bauakteneinsicht ohne Weiteres ermitteln. Im Rahmen seiner Anhörung hat der Sachverständige S den Blick in die Bauakte unmissverständlich als Kardinalspflicht bezeichnet, wobei diese im vorliegenden Fall zwar primär durch einen bauordnungsrechtswidrigen Zustand veranlasst, aber auch ohne einen solchen, so der Sachverständige S, von jedem Sachverständigen zu erwarten gewesen wäre. Weiterhin fehlerhaft ist das Gutachten insoweit, als es keinerlei Hinweis zu der Tatsache enthält, das Teile der Garage und des Wintergartens bauordnungsrechtswidrig, namentlich ohne Baugenehmigung und ohne Baulast im Bauwich errichtet worden sind, und auch nicht baugenehmigungsfähig sind. Auch dies hat die Beweisaufnahme zu Gunsten des Klägers ergeben. Diesen bauordnungsrechtswidrigen Zustand hat der Sachverständige S nach Einsichtnahme in die Bauakte festgestellt. Angesichts der drohenden Möglichkeit einer Rückbauverpflichtung hätte der Beklagte diesen wertbildenden Faktor aber in seinem Gutachten erwähnen und berücksichtigen müssen. Diesen Fehler hat der Beklagte ebenfalls grob fahrlässig verursacht. Der Beklagte hätte zur Gutachtenerstellung Einsicht in die Bauakte müssen. Dass dies grundsätzlich zu erwarten gewesen wäre, wurde bereits im Zusammenhang mit dem Baujahr dargestellt und gilt sinngemäß auch hier. Erschwerend kommt hinzu, dass insbesondere, so der Sachverständige S, aufgrund einer Ortsbesichtigung, die der Beklagte nach eigenen Angaben durchgeführt haben will, für ihn hätte erkennbar sein müssen, dass die Bebauung sich teilweise im Bauwich befindet. Wäre er nicht ohnehin schon zur Einsichtnahme in die Bauakte verpflichtet gewesen, hätte er spätestens aufgrund der erkennbar im Bauwich errichteten Bebauung die Bauakten einsehen müssen, um sich von der Rechtmäßigkeit der Bebauung zu überzeugen.« 2.2.1.3.11. OLG Brandenburg (Urteil vom 11. März 2010, Az.: 5 U 204/08): Keine Haftung des Gerichtssachverständigen trotz falscher Angaben im Verkehrswertgutachten! Leitsätze der Entscheidung: 1. Der Sachverständige, der im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens ein Verkehrswertgutachten nach § 194 BauGB für ein Grundstück mit Einfamilienhaus erstellt, ist nicht verpflichtet, Bauteilöffnungen vorzunehmen, um die Beschaffenheit der Wandkonstruktion zu ermitteln. Eine visuelle Überprüfung der Immobilie ist ausreichend. 2. Es liegt keine grobe Fahrlässigkeit nach § 839a BGB vor, wenn der Sachverständige im Wertgutachten die Bauweise der Wände mit »konventionelles Ziegelmauerwerk« angibt, obwohl es sich tatsächlich um eine Holzständerkonstruktion handelt, die lediglich mit einer massiven Vorsatzschale versehen wurde, was für den Sachverständigen jedoch nicht erkennbar war. 3. Der Sachverständige ist nicht verpflichtet, für die Wertbestimmung der Immobilie die Bauakte beim Bauamt einzusehen. 2.2.1.3.12. OLG München (Urteil vom 21. Mai 2010, Az.: 1 U 3611/09): Grob fahrlässiges Handeln bei Gutachtenerstattung über Heizungsbauleistungen durch unzutreffende Anwendung einer DIN-Vorschrift! Leitsätze der Entscheidung: 1. Eine grobe Fahrlässigkeit nach § 839a BGB setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. 2. Wird einem gerichtlich bestellten Sachverständigen vorgeworfen, bei der Begutachtung einer Heizungsanlage eine DIN-Vorschrift unzutreffend angewendet zu haben, eine bestimmte Vorlauftemperatur als Regel der Technik dargestellt zu haben, sowie die Funktionsfähigkeit der eingebauten Handtuchtrockner allein aufgrund theoretischer Überlegungen verneint zu haben, so vermag dies keinen groben Pflichtenverstoß zu begründen. Aus den Gründen: »I. Eine grobe Fahrlässigkeit nach § 839a BGB setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Eine besonders schwere Sorgfaltsverpflichtung liegt nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße verletzt wurde, wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben worden sind und dasjenige ungeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte. Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich um eine subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit des § 276 Abs. 1 BGB erheblich übersteigt. Der Nachweis grober Fahrlässigkeit wird allerdings dadurch erleichtert, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Tatrichter erlaubt ist, vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtenverstoß auf innere Vorgänge und gesteigerte Vorwerfbarkeit zu schließen. In geeigneten Fällen kann sich deswegen aus den objektiv schwerwiegenden Fehlern des Gutachtens eine gravierende Pflichtverletzung des Gutachters ableiten lassen (vgl. dazu OLG Celle, Beck RS 2009 86279). II. Unter Anwendung dieser Grundsätze war ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten nicht festzustellen. Dem Beklagten ist vorzuwerfen, eine DIN-Vorschrift unzutreffend angewendet zu haben, eine bestimmte Vorlauftemperatur als Regel der Technik dargestellt zu haben, sowie die Funktionsfähigkeit der eingebauten Handtuchtrockner allein aufgrund theoretischer Überlegungen verneint zu haben. 1. Es ist zunächst einmal zu bemerken, dass der Sachverständige sich auf eine DIN-Vorschrift bezogen hat und seine Auslegung der DIN-Vorschrift unter Bezugnahme auf die Wörter »für sich« anscheinend auch das Gericht erster Instanz und wohl auch das Oberlandesgericht im Bezugsverfahren überzeugt hat, obgleich die weiteren DIN-Vorschriften, dass für Zusatzheizkörper nicht notwendigerweise ein zweiter Heizkreis geschaltet werden muss, Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Erörterung vor dem Landgericht und auch Akteninhalt war. Auch wenn der Senat der Auslegung der DIN-Vorschrift des Be- | 82 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 klagten nicht zu folgen vermag, kann allein die fehlerhafte Auslegung der DIN-Vorschrift noch nicht den Vorwurf eines groben Pflichtverstoßes rechtfertigen. Es handelt sich insoweit um einen Auslegungsfehler bzw. Interpretationsfehler des Sachverständigen, der zuviel in diese DIN-Vorschrift hineininterpretiert hat. Es ist zu berücksichtigen, dass die Auslegung von Rechtsvorschriften bzw. Industrienormen nicht das primäre Tätigkeitsfeld eines Sachverständigen ist, sondern Auslegungen von Normen und Vorschriften gewisse Schwierigkeiten aufweisen. Alleine die fehlerhafte Interpretation einer Norm durch ein unzutreffendes Verständnis des Bezugs der Wörter »für sich«, vermag nach Auffassung des Senats noch keinen groben Pflichtenverstoß zu begründen. Dabei war zu beachten, dass die Auslegung der Vorschrift sowohl dem erkennenden Landgericht als offensichtlich auch dem Berufungsgericht eingeleuchtet haben.« 2.2.1.3.13. LG Kiel (Beschluss vom 8. Juni 2010, Az.: 17 O 79/10): Schadensersatz gegen Gerichtssachverständigen: Nur bei grober Fahrlässigkeit! 1. Nach § 839a BGB ist ein gerichtlicher Sachverständiger, der vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. 2. Sind die Gerichte in zwei Instanzen dem Gutachten des Sachverständigen gefolgt, bedarf es einer eingehenden Darlegung der grob fahrlässigen, also jedem einleuchtenden Fehlerhaftigkeit des Gutachtens. 2.2.1.3.14. OLG München (Urteil vom 29. Juli 2010, Az.: 1 U 5314/09): Haftung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen wegen der angeblich fehlerhaften Erstellung eines Gutachtens im Arzthaftungsprozess nach Komplikationen in Folge einer Blinddarmentzündung! Leitsätze der Entscheidung: 1. Ein Gerichtssachverständiger, der in einem Arzthaftungsprozess ein falsches Gutachten erstattet, handelt grob fahrlässig, wenn er die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. 2. Den Handelnden muss außerdem auch in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden treffen. 3. Für die Frage, ab welchem Zeitpunkt (hier: Komplikationen nach einer Blinddarmoperation) ein Computertomogramm hätte erstellt werden müssen, also ab wann das weitere Abwarten der Ärzte ein mit dem Facharztstandard nicht mehr vereinbares, pflichtwidriges Unterlassen darstellt, spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle. Von Bedeutung sind der klinische Befund, der konkrete Verlauf, der genaue Zeitpunkt der Revisionsoperation und die Beurteilung der sonstigen Parameter (Temperatur, Leukozyten, konkrete Beschwerden). 4. Besteht nur eine geringe zeitliche Differenz (hier: ein Tag) zwischen der Meinung des Gerichtssachverständigen und der Beurteilung des Sachverständigen in dem folgenden Schadensersatzprozess nach § 839a BGB, so kann diese Fehleinschätzung nicht als grob fehlerhaft angesehen werden. Aus den Gründen: »Dass die Begutachtung des Beklagten in diesem Punkt grob fehlerhaft gewesen wäre, kann der Senat jedoch nicht feststellen. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Den Handelnden muss auch in subjektiver Hinsicht ein schweres Verschulden treffen (vgl. Palandt, BGB, 69. Aufl., Rn. 5 zu § 277 BGB m.w.N.). Die Voraussetzungen für die Annahme einer groben Fahrlässigkeit sind vorliegend nicht gegeben. Für die Frage, ab welchem Zeitpunkt ein CT hätte erstellt werden müssen, also ab wann das weitere Abwarten der Ärzte ein mit dem Facharztstandard nicht mehr vereinbares, pflichtwidriges Unterlassen darstellt, spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle. Von Bedeutung sind der klinische Befund, der konkrete Verlauf, der genaue Zeitpunkt der Revisionsoperation und die Beurteilung der sonstigen Parameter (Temperatur, Leukozyten, konkrete Beschwerden). Im Zentrum der Begutachtung stehen damit wertende Einschätzungen, die einer gewissen Bandbreite unterliegen. Die Beurteilung des Beklagten, erst am Morgen des 20.03.1998 sei die Schwelle zum Behandlungsfehler überschritten worden und nicht bereits im Laufe des 19.03.1998 lässt sich nicht als derart falsch und fernliegend qualifizieren, wie dies für den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nötig wäre. Die zeitliche Differenz zwischen der Meinung des Beklagten und des Sachverständigen Prof. Dr. R. liegt in einer Größenordnung von maximal einem Tag. Der Sachverständige Prof. Dr. R. hat hierzu erklärt, dass er aus fachlicher Sicht die Einschätzung des Beklagten nicht als abwegig oder grob falsch ansehen würde. Dementsprechend kann auch der Senat die Einschätzung des Beklagten, es sei vertretbar gewesen, den 19.03.1998 noch abzuwarten, aber am Morgen des 20.03.1998 hätte ein CT gemacht werden müssen, nicht als grob fehlerhaft werten.« 2.2.1.3.15. OLG Köln (Urteil vom 8. Dezember 2010, Az.: 2 U 8/10): Haftung des gerichtlich bestellten Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer! Leitsatz der Entscheidung: Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich großem Maße verletzt und, bezogen auf die Sachverständigentätigkeit, das unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Fall jedem Sachverständigen des entsprechenden Sachgebiets hätte einleuchten müssen. Aus den Gründen: »Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich großem Maße verletzt und das unbeachtet gelassen hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH NJW 1994, 2023; KG WuM 2008, 165); unter »jeder« ist in diesem Zusammenhang nicht jede beliebige Person, sondern ein Sachverständiger des entsprechenden Sachgebiets zu verstehen (Bayerlein a.a.O. Rdn. 35).« | 83 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2.2.1.3.16. LG Berlin (Urteil vom 13. Juli 2011, Az.: 23 O 350/10): Keine grobe Fahrlässigkeit trotz fehlender Untersuchungen des Verkehrswertgutachters! 2.2.1.3.18. OLG Jena (Urteil vom 7. November 2012, Az.: 2 U 135/12) – Unzutreffende Angaben in der Sachverständigenanhörung! Leitsätze der Entscheidung: 1. Es ist nicht grob fahrlässig, wenn ein Gutachter aufgrund eines vorliegenden Anschlusszwangs ohne weitere Untersuchungen davon ausgeht, dass auch das begutachtete Grundstück an die Kanalisation angeschlossen ist. 2. Anders kann dies nur liegen, wenn der Anspruchsteller Tatsachen vorträgt, nach denen es sich aufdrängt, dass dem Anschlusszwang nicht Folge geleistet wurde. Leitsatz der Entscheidung: Der gerichtliche Sachverständige, der im selbstständigen Beweisverfahren nach § 485 ZPO ein unrichtiges Gutachten erstattet und im anschließenden Hauptsacheverfahren bei seiner Anhörung unzutreffende Angaben macht, handelt grob fahrlässig im Sinne von § 839a BGB. 2.2.1.3.17. LG Frankenthal (Urteil vom 6. Oktober 2011, Az.: 8 O 79/10: Ungeprüfte Übernahme der Empfehlung eines Wirtschaftsverbandes! Leitsätze der Entscheidung: 1. Wenn der Bausachverständige vor dem Gericht eine völlig unnötige Maßnahme der Mängelbeseitigung als erforderlich bezeichnet, überschreitet er die Grenzen einer nur einfach fahrlässigen fehlerhaften Gutachtenserstattung. 2. Er kann nicht damit gehört werden, sich auf die Empfehlungen eines Wirtschaftsverbandes verlassen zu haben, denn es hätte zu seinen elementaren Pflichten als Sachverständiger gehört, diese Empfehlungen zu hinterfragen und auf ihre Richtigkeit und Aussagekraft für den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt zu überprüfen. 3. Wenn er dies nicht getan hat, dann hat er auch in subjektiver Hinsicht grob fahrlässig gehandelt, denn er hat sich damit letztlich seines Gutachtenauftrages entledigt, indem er Empfehlungen eines Wirtschaftsverbandes übernommen hat, anstatt eine eigene gutachterliche Aussage zu finden und zu treffen. Aus den Gründen: »Nach den Ausführungen des Sachverständigen ... ist beim Beklagten nach diesen Grundsätzen von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Der Sachverständige hat auf die Frage des Gerichts, ob es zur Mängelbeseitigung betreffend die Risse erforderlich war, die Stuttgarter Mauerscheiben zu kürzen, geantwortet: »Um Gottes Willen, nein«. Er hat es auf weitere Frage als »auf keinen Fall vertretbar« bezeichnet, in Hinblick auf die aufgetretenen Risse eine nachträgliche Kürzung der Mauerscheiben zu fordern. Damit ist aus Sicht des Gerichts der Klägerin der ihr obliegende Nachweis grober Fahrlässigkeit beim Beklagten gelungen, denn dieser hat vor dem PfOLG Zweibrücken in »auf keinen Fall vertretbarer« Weise eine völlig unnötige Maßnahme der Mängelbeseitigung für erforderlich bezeichnet und damit die Grenzen einer nur einfach fahrlässigen fehlerhaften Gutachtenserstattung überschritten. Der Beklagte kann insoweit, wie ausgeführt, auch nicht damit gehört werden, sich auf die Empfehlungen der »GALA-Bau« verlassen zu haben, denn es hätte zu seinen elementaren Pflichten als Sachverständiger gehört, diese Empfehlungen zu hinterfragen und auf ihre Richtigkeit und Aussagekraft für den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt zu überprüfen. Wenn der Beklagte dies nicht getan hat, dann hat er auch in subjektiver Hinsicht grob fahrlässig gehandelt, denn er hat sich damit letztlich seines Gutachtensauftrages entledigt, indem er Empfehlungen eines Wirtschaftsverbandes übernommen hat, anstatt eine eigene gutachterliche Aussage zu finden und zu treffen.« Aus den Gründen: »4. Der Beklagte hat auch grob fahrlässig gehandelt. Hierfür erforderlich ist eine Pflichtverletzung, die nicht nur in objektiver, sondern auch in subjektiver Hinsicht besonders schwer wiegt. Maßstab ist das für einen ordentlichen Sachverständigen im jeweiligen Fachgebiet maßgebende Pflichtenprogramm (Wagner/ Thole, FPR 2003, 521, 522). a) Soweit sich der Beklagte darauf beruft, er habe nicht grob fahrlässig gehandelt, weil der Sachverständige Prof. … als Fachhochschullehrer gegenüber einem »normalen« Gutachter zu strenge Maßstäbe anlege, geht sein Berufungsangriff ins Leere. Es muss von jedem Gerichtssachverständigen, der von einem Gericht mit der Prüfung beauftragt wird, ob ein Estrich ordnungsgemäß verlegt worden ist, erwartet werden, dass er die einschlägigen DIN-Vorgaben kennt und die erforderlichen Messungen fehlerfrei vornimmt. Dass der Sachverständige … hier ein Sonderwissen hätte, lässt sich seinen Ausführungen nicht entnehmen. b) Die korrekte Vornahme von Toleranzmessungen stellt das Grundhandwerkszeug eines Sachverständigen dar. Vorliegend hat der Beklagte nicht aufgrund eines Versehens einen Messfehler vorgenommen, sondern methodisch falsch gearbeitet. Dass der Beklagte dasjenige außer Acht gelassen hat, was jedem Sachverständigen in der betreffenden Situation hätte einleuchten müssen, wird auch dadurch dokumentiert, dass der Beklagte unberücksichtigt ließ, dass zwischen der Fertigstellung des Estrichs und der Begutachtung bereits einige Jahre vergangen waren, von daher die Frage im Raum stand, ob Verformungen nicht nutzungsbedingt waren. Es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb der Beklagte weder im selbstständigen Beweisverfahren noch bei seiner Anhörung im Termin vom 12.04.2005 von sich aus darauf hingewiesen hat, dass die Pfützenbildungen auch dann verbleiben würden, wenn die Unebenheiten im Estrich beseitigt wären, weil der Unterbau des Fußbodens – vom Kläger nicht zu verantworten – waagerecht ausgeführt war.« 2.2.1.3.19. OLG Celle (Urteil vom 31. Juli 2013, Az.: 4 U 15/13): Grobe Fahrlässigkeit des Sachverständigen wegen nicht bedachter Möglichkeit der Bodenkontamination Leitsatz der Entscheidung: Beachtet ein Sachverständiger bei der Bewertung des Verkehrswerts eines Grundstücks nicht, dass der Boden wegen einer in unmittelbarer Nachbarschaft betriebenen Chemiefabrik kontaminiert sein könnte, ist die Bewertung falsch und der Sachverständige handelt grob fahrlässig. | 84 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2.2.2. Vorsatz Zur vorsätzlichen Erstattung eines unrichtigen Sachverständigengutachtens liegen dem Verfasser keine Entscheidungen vor. 2.3. Ergehen einer unrichtigen Entscheidung 2.3.1. OLG Nürnberg (Beschluss vom 7. März 2011, Az.: 12 W 456/11): Nach Prozessvergleich keine Inanspruchnahme des Gerichtssachverständigen nach § 839a BGB möglich! Leitsätze der Entscheidung: 1. § 839a BGB statuiert eine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen für Schäden, die einem Verfahrensbeteiligten auf Grundlage eines unrichtigen Gutachtens des Sachverständigen durch eine gerichtliche Entscheidung entstehen. 2. Eine solche gerichtliche Entscheidung liegt nicht vor, wenn die Parteien unter dem Eindruck eines unrichtigen Gutachtens des Sachverständigen das gerichtliche Verfahren durch Prozessvergleich beenden. 3. Die Motivation für den Vergleichsschluss spielt insoweit keine Rolle. Aus den Gründen: »a) Aufgrund dieser Bestimmung ist ein vom Gericht ernannter Sachverständiger, der vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch die gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. § 839a BGB erfordert somit einen zweiaktigen Geschehensablauf, nämlich zum einen ein unrichtiges Gutachten, das Eingang in eine unrichtige gerichtliche Entscheidung gefunden hat, zum anderen diese unrichtige gerichtliche Entscheidung, die ihrerseits den Schaden herbeiführt (BGH, Beschluss vom 28.07.2006 - III ZB 14/06, MDR 2007, 290; Urteil vom 09.03.2006 - III ZR 143/05, BGHZ 166, 313). b) Soweit die Beschwerde thematisiert, die Antragstellerin sei – im Hinblick auf die im Vorprozess ihr gegenüber erfolgte Streitverkündung und ihren daraufhin erfolgten Streitbeitritt – als »Verfahrensbeteiligte« im Sinne des § 839a BGB anzusehen, kann dies dahinstehen. c) Jedenfalls ist der von der Antragstellerin behauptete Schaden (die Verpflichtung der Antragstellerin zur Rückzahlung des an O. K. gezahlten Kaufpreises und zur Rücknahme des Motorrads) nicht durch eine unrichtige gerichtliche Entscheidung herbeigeführt worden, sondern durch den von der Antragstellerin mit ihrem damaligen Prozessgegner O. K. vor dem Oberlandesgericht Celle geschlossenen Prozessvergleich (Anlage A7). Ein derartiger Vergleich stellt, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, keine gerichtliche Entscheidung im Sinne des § 839a BGB dar. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien eindeutig ergibt (Bundestags-Drucksache 14/7752, Seite 28), sollten nach dem Willen des Gesetzgebers von der Ersatzpflicht des § 839a BGB Fälle anderweitiger, nicht durch gerichtliche Entscheidung erfolgter Erledigung ausgeschlossen sein, namentlich die Fallkonstellation, »dass sich die Parteien unter dem Eindruck eines unrichtigen Gutachtens vergleichen«. Dazu wird ausgeführt, im Falle eines solchen Vergleichs »wäre der Nachweis, dass dieses Gutachten auf die Motivation der Parteien eingewirkt hat, nur schwer zu erbringen« (Bundestags-Drucksache 14/7752, Seite 28). In diesem Fall nehmen die betroffenen Parteien von ihrem bisherigen Rechtsschutzbegehren Abstand und verzichten auf eine streitige Gerichtsentscheidung. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, einen derartigen Vergleich als gerichtliche Streitentscheidung zu betrachten (BGH, Urteil vom 09.03.2006 - III ZR 143/05, BGHZ 166, 313; Wagner in: MünchKomm-BGB, 5. Aufl. § 839a Rn. 20 m.w.N.; Palandt/Sprau, BGB 70. Aufl. § 839a Rn. 4; Staudinger/Wurm, BGB Neubearb. 2007 § 839a Rn. 19; Wagner, NJW 2002, 2049, 2062 f.). Keine Rolle spielt insoweit, aus welchen Motiven es zum Vergleichsschluss gekommen ist. Selbst wenn, wie die Beschwerde vorträgt, das Oberlandesgericht Celle infolge der Bindungswirkung der gegenüber der Antragstellerin erfolgten Streitverkündung (§§ 74 Abs. 3, 68 ZPO) von einer Haftung der Antragstellerin als seinerzeitiger Beklagter ausgegangen wäre und eine entsprechende Rechtsauffassung geäußert hätte, würde dies keine andere Beurteilung rechtfertigen. Zudem ist die Motivation der Prozessparteien für den Vergleichsschluss wie auch die Ursächlichkeit des Gutachtens hierfür regelmäßig nur schwer nachzuweisen. Auf die diesbezüglichen, vom Senat geteilten Ausführungen des Landgerichts wird verwiesen.« 2.3.2. OLG Köln (Hinweisbeschluss vom 29. August 2012, Az.: 5 U 104/12): Keine direkte Haftung auf Grund eines falschen Gutachtens gemäß § 839a BGB! Leitsatz der Entscheidung: Unmittelbare Folgen eines unrichtigen Gutachtens werden von der Vorschrift des § 839a BGB grundsätzlich nicht erfasst. Aus den Gründen: »1. Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht einen immateriellen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 839a BGB verneint. Nach dieser Vorschrift ist der Sachverständige nämlich nur zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Einen solchen Schaden macht die Klägerin offensichtlich jedoch nicht geltend. Sie behauptet vielmehr, zu den von ihr nunmehr beklagten Beeinträchtigungen, für die sie das Schmerzensgeld fordert, sei es schon allein aufgrund des unrichtigen Gutachtens der Beklagten gekommen. Eine solche unmittelbare Folge eines unrichtigen Gutachtens wird von der Vorschrift des § 839a BGB grundsätzlich nicht erfasst. Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, ob die Vorschrift des § 839a BGB auf Gutachten anzuwenden ist, die in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren eingeholt werden, die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Frankenthal vom 10.12.2008 (Blatt 94 ff. GA) auf dem Gutachten der Beklagten »beruht« und ob die Ersatzpflicht gemäß § 839a Abs. 2 und 3 BGB hier schon deshalb ausscheidet, weil die Klägerin nicht in der zulässigen Form ein Klageerzwingungsverfahren gegen die Einstellungsverfügung gemäß § 172 StPO durchgeführt hat. Letzteres wäre freilich der Fall, wenn die Klägerin ihr Klagebegehren auch darauf gestützt hätte, dass die auf dem Gutachten beruhende Einstellungsverfügung bei ihr zu den geltend gemachten Beeinträchtigungen geführt hätte. Zwar hätte ein Klageerzwingungsverfahren gemäß 172 ZPO nicht einen Schadensersatzanspruch zum Gegenstand gehabt. Jedoch hätte, was Sinn und Zweck der Vorschriften des § 839a Abs. 2 und | 85 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 3 BGB ist, ein Schaden, der der Klägerin durch eine auf einem unrichtigen Gutachten beruhende Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft entstanden sein könnte, vermieden werden können.« 2.4. Kausalität Gutachten / Entscheidung 2.4.1. LG Bonn (Beschluss vom 19. September 2006, Az.: 10 O 77/06): Erfolgsaussicht eines Anspruchs auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Falschbegutachtung in einem Sorgerechts- bzw. Umgangsverfahren Leitsatz der Entscheidung: Folgt ein Gericht den Empfehlungen eines Gutachters nicht, besteht kein Schadensersatzanspruch aus § 839a BGB, da in dessen Rahmen nur der Schaden zu ersetzen ist, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Aus den Gründen: »1. Soweit die Antragsteller einen Anspruch auf ein angemessenes Schmerzensgeld von nicht unter 2.000,00 € bzw. 5.000,00 € begehren, haben die entsprechenden Klageanträge zu 1. und 2. aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ein Anspruch aus § 839a BGB scheitert bereits an der Kausalität des behaupteten immateriellen Schadens. Selbst wenn man mit den Antragstellern davon ausgeht, dass der Sachverständige C hier grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet hat, so ist im Rahmen des § 839a BGB nur der Schaden zu ersetzen, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Grundsätzlich werden von § 839a BGB auch immaterielle Schäden erfasst (Palandt, 64. Aufl. zu § 839a BGB Rdnr. 4 und 5). Ausweislich der beiden Beschlüsse des Amtsgerichts in den Verfahren 45 F ... /99 und 45 F ... /00 folgte das Amtsgericht den Empfehlungen des Gutachters C nicht, auch nicht teilweise. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Entscheidung ohne das Gutachten oder bei einem anderen Inhalt oder Ergebnis weniger ungünstig für die Antragsteller ausgefallen wäre. Bezüglich der Sorgerechtsentscheidung wurde das gemeinsame Sorgerecht aufgehoben und das alleinige Sorgerecht der Antragstellerin übertragen mit der Begründung, dass diese Regelung derzeit dem Wohl des Kindes am meisten entspreche. Ferner heißt es dazu im Beschluss (Bl. 359 d.A. 45 F ... /99): »Diese Entscheidung steht im Widerspruch zu der von dem Sachverständigen abgegebenen Empfehlung, das elterliche Sorgerecht auf einen Amtspfleger zu übertragen, der sich aber auch dafür ausgesprochen hat, das Kind weiter bei der Mutter zu lassen. Auch wenn das Gericht von der Sachverständigenempfehlung abweicht, bestand keine Veranlassung, die Unverwertbarkeit des Gutachtens festzustellen und ein neues weiteres Gutachten einzuholen. Der Sachverständige mag nicht über die wissenschaftlich fundierten Kenntnisse verfügen wie der Direktor einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, erscheint dies aber auch in diesem Verfahren nicht erforderlich. Die von dem Sachverständigen getroffenen Feststellungen decken sich mit den von dem Gericht anlässlich der verschiedenen Termine gewonnenen Erkenntnissen, und dies wird als eine ausreichende Grundlage für eine Entscheidung gesehen. Das Ge- richt teilt die von dem Sachverständigen C geäußerten Zweifel an der Erziehungsgeeignetheit der Kindesmutter, ohne dass es notwendig erscheint, eine medizinische Wertung hinsichtlich der Persönlichkeitsstruktur der Kindesmutter vorzunehmen. Trotz der Bedenken hinsichtlich der Erziehungsgeeignetheit der Kindesmutter kann aber der von dem Sachverständigen insoweit aufgezeichneten Lösungsmöglichkeit, die sowohl von der Kindesmutter als auch von dem Kindesvater abgelehnt wird, nämlich die Übertragung des Sorgerechts auf einen Pfleger bzw. Vormund, nicht gefolgt werden. ...« Daraus folgt eindeutig, dass das Gericht weder dem Lösungsvorschlag des Gutachters gefolgt ist, noch das die von der Antragstellerin gerügten Feststellungen zur Persönlichkeitsstruktur und Erziehungseignung der Mutter Eingang in diese Entscheidung gefunden haben. Insoweit lässt sich ein Anspruch auf § 839a BGB mangels Kausalität jedenfalls nicht begründen. Auch bezüglich des Beschlusses zum Umgangsrecht des Vaters mit dem gemeinsamen Sohn F beruht die Entscheidung nicht auf den Empfehlungen des Sachverständigen C , der zunächst ca. fünf begleitete Umgangskontakte stattfinden lassen wollte, sondern das Gericht bildete sich selbst ein Urteil aufgrund richterlicher Anhörung der Verfahrensbeteiligten (s. S. 6 und 7 des Umgangsrechtsbeschlusses vom 24.11.2003; Az.: 45 F ... /00). Das Gericht kommt darin zu dem Ergebnis, dass eine Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin behaupteten Unrichtigkeiten und fachlichen Angriffen auf das Gutachten nicht erforderlich sei, da diese für die Entscheidung unerheblich seien. Der Beschluss beruht im Folgenden auf den Erkenntnissen des Gerichts zum bisherigen Verlauf der Umgangsregelung und den persönlichen Eindrücken, die sich jedoch zum Teil mit den gutachterlichen Feststellungen decken. Auch insoweit fehlt daher die Kausalität zwischen den behaupteten immateriellen Schäden und der gerichtlichen Entscheidung. Die von den Antragstellerin im Gutachten C gerügten Feststellungen waren für das Gericht ausweislich des Beschlusses nicht in der Form erheblich, dass die getroffene Umgangsregelung von gerade diesen Feststellungen abhängig gemacht wurde.« 2.4.2. OLG München (Beschluss vom 19. Juli 2011, Az.: 1 W 999/11): Keine Kausalität der gutachterlichen Stellungnahme für die Entscheidung! Leitsatz der Entscheidung: Eine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen gemäß § 839a BGB kommt nicht in Betracht, wenn die behauptete fehlerhafte gutachterliche Stellungnahme nicht entscheidungserheblich war, die Klage vielmehr wegen fehlender objektiver Beweismittel abgewiesen wurde. Aus den Gründen: »4. Soweit die Antragstellerin die beabsichtigte Klage auf § 839a BGB stützt, teilt der Senat die Beurteilung des Landgerichts, wonach die Klageabweisung nicht auf der behaupteten fehlerhaften gutachterlichen Stellungnahme der Antragsgegner zu 3) oder 4) beruht. Die Klage wurde deshalb abgewiesen, weil die Klägerin gegenüber der Versorgungsverwaltung und dem Gericht nicht mit ausreichender Sicherheit beweisen konnte, dass sie im Jahr 1992 Opfer einer Gewalttat geworden ist. Maßgeblich waren dabei für die Sozialgerichte die stark abweichenden Schilderungen der Klägerin vom 15.12.1992 und 16.12.1992, die lange Zeitdauer zwischen der behaupteten Straftat und dem Antrag auf Entschädigung, die Auswertung | 86 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 der Ermittlungs- bzw. Strafakten und die ernsthafte Möglichkeit anderer Ursachen für aktuelle Gesundheitsstörungen (vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30.06.2009, S. 1012). Eine wie auch immer geartete ärztliche Begutachtung war nicht geeignet, dieser Beweisproblematik auf Seiten der Klägerin, die sich auf keinerlei objektive Beweismittel stützen konnte, zu überwinden, da – wie bereits das Sozialgericht München auf S. 13 zutreffend ausgeführt hat – ärztliche Gutachten nur über medizinische Fragen Auskunft geben können, nicht darüber, ob sich ein Ereignis im Jahr 1992 in der behaupteten Weise zugetragen hat oder nicht. Diese Frage war im Übrigen auch nicht Gegenstand der Begutachtung seitens der Antragsgegner zu 3) und 4). Soweit die Antragstellerin meint, sie hätte mit ihrer Klage Erfolg gehabt, wenn sich die Antragsgegner zu 3) und 4) nicht geweigert hätten, ein Glaubwürdigkeitsgutachten zu erstatten, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Erholung des beantragten Glaubwürdigkeitsgutachtens hat das Landessozialgericht mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um einen unzulässigen Ausforschungsantrag handele und der Antragstellerin nach dem Gesetz weitere Beweiserleichterungen nicht zukommen würden. Auch dies macht deutlich, dass für das Gericht die fachlichen Stellungnahmen der Antragsgegner zu 3) und 4) nicht entscheidungserheblich waren.« 2.4.3. OLG Jena (Urteil vom 7. November 2012, Az.: 2 U 135/12) – Unrichtiges Gutachten war kausal für die falsche Gerichtsentscheidung! Leitsatz der Entscheidung: Voraussetzung für einen Anspruch nach § 839a BGB ist, dass das unrichtige Gutachten eines Gerichtssachverständigen kausal für eine falsche Gerichtsentscheidung war. Aus den Gründen: »3. Es bestand auch der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen den gutachterlichen Feststellungen des Beklagten und dem Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 28.06.2005. a) Die Kammer hat aufgrund der Messungen des Beklagten angenommen, dass die »Toleranzbereiche an mehreren Messpunkten in allen drei Garagen überschritten [seien], sodass das Werk [des Klägers] insoweit mangelhaft« sei. Sie ist auch – ohne allerdings § 13 Nr. 6 VOB/B a.F. namentlich zu benennen – davon ausgegangen, dass dem Kläger kein Recht zustand, die Nachbesserung wegen Unverhältnismäßigkeit zu verweigern. Hierbei hat sie die vom Beklagten veranschlagten voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 11.000,– € ins Verhältnis zur voraussichtlichen Pauschalvergütung gesetzt (Seite 7 des Urteils, Bl. 139 des Verfahrens 1 O 1187/04). Es ist davon auszugehen, dass das Landgericht zu einer anderen Bewertung gekommen wäre, wenn ihm aufgrund einer zutreffenden gutachterlichen Stellungnahme bekannt gewesen wäre, dass in den Garagen nur ganz wenige DIN-widrige und zudem lediglich geringfügige Toleranzabweichungen vorhanden waren, die mit einem Kostenaufwand von 450,– bis 500,– € netto – so die Schätzung des Sachverständigen Prof. … auf Seite 7 seines Ergänzungsgutachtens vom 31.10.2008 – zu beseitigen gewesen wären. b) Allerdings hat die Kammer in ihrem Urteil vom 28.06.2005 auch erläutert, »dass nach den Feststellungen des [Beklagten], die vom [Kläger] nicht angegriffen worden [seien], in der linken Garage ein Gegengefälle zur Wand hin ausgeführt worden« sei, das »unabhängig von der Frage, ob ein – nicht vom Beklagten zu vertretender – Ausschreibungsfehler darin lieg[e], dass kein Gefälleanstrich ausgeschrieben [worden sei], als handwerklicher Fehler des Beklagten anzusehen« sei. Entgegen der Ansicht des Beklagten berühren diese Darlegungen in den Urteilsgründen die Ursächlichkeit zwischen den fehlerhaften gutachterlichen Ausführungen des Klägers und dem Urteil des Landgerichts Mühlhausen jedoch nicht. Die Kammer hat bei der Zuerkennung des Kostenvorschusses nicht danach unterschieden, welcher Betrag voraussichtlich für die Beseitigung der streitgegenständlichen Unebenheiten in allen drei Garagen erforderlich ist und welche Kosten voraussichtlich anfallen werden, um das fehlerhaft ausgeführte Gegengefälle in Ordnung zu bringen. Vielmehr hat sich das Landgericht in seinem Urteil vom 28.06.2005 an den 11.000,– € orientiert, die der Beklagte auf Seite 12 seines Gutachtens vom 26.11.2002 (Anlage K O9 im Verfahren 1 O 1187/04, dort Bl. 24 R) angesetzt hat. Dort wurden Kosten für sämtliche Unebenheiten und damit auch für das nicht gesondert erwähnte Gegengefälle ausgewiesen. Dies wird durch die Kos tenaufstellung belegt (Gutachten S. 10 bis 12). Dementsprechend hat der Sachverständige Prof. … in seinem Gutachten auch die gesamten Mangelbeseitigungskosten auf der Basis der vom Beklagten vorgenommenen Messungen ermittelt. Von daher hat das Landgericht auch sämtliche Mangelbeseitigungskos ten in Ansatz gebracht, ohne dass für das »Gegengefälle« noch ein weiterer Betrag anzusetzen wäre. Somit war das Gutachten des Beklagten in vollem Umfang ursächlich für den Schaden, den der Kläger durch das Vorverfahren erlitten hat. c) Zutreffend ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass der Kläger im Vorprozess auch nicht unter einem anderen Gesichtspunkt zur Vorschusszahlung verurteilt worden wäre, wenn der Kammer seinerzeit ein fehlerfreies Sachverständigengutachten vorgelegen hätte. Denn nur dann wäre die Kausalität ausgeschlossen, wenn sich das unzutreffende Gutachten hinwegdenken ließe, ohne dass die Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt anders ausgesehen hätte, d.h. wenn das Gericht den jetzigen Kläger im Vorprozess auch auf Grund eines richtigen Gutachtens verurteilt hätte (Wagner/Thole, FPR 2003, 521, 523). Dem Kläger hat es – obgleich Fachmann – nicht oblegen, die Werkbestellerin darauf hinzuweisen, dass es aufgrund der ebenen Unterkonstruktion zu Pfützenbildungen kommen könnte. Es bedurfte keines solchen Hinweises, da die Ausschreibung der Bauleistung durch ein Planungsbüro erfolgte, lediglich für 44 qm ein Gefälleestrich vorgesehen war und im Übrigen dem Kläger für die übrigen 210 qm die Wahl gelassen wurde, ob er den schwimmenden Estrich »waagerecht oder in leichtem Gefälle verlegt« (siehe im Einzelnen Anlage K 7, Bl. 93).« 2.5. Schaden 2.5.1. OLG Köln (Urteil vom 8. Dezember 2006, Az.: 20 U 133/04): Schadensersatz wegen Fehler im Wertgutachten im Zwangsversteigerungsverfahren Leitsatz der Entscheidung: Die Rückrechnung eines Mitbieters ist zur Bestimmung eines entstandenen Schadens nicht geeignet, wenn sich nicht feststellen lässt, dass diese Berechnung auch dem konkreten Bieterverhalten im Versteigerungstermin zu Grunde lag. | 87 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Aus den Gründen: »Den Klägern steht ein Schadensersatzanspruch aus § 839a BGB, der einzigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, wegen der behaupteten Fehler des vom Beklagten im Zwangsversteigerungsverfahren erstatteten Wertgutachtens nicht zu. Die Beweisaufnahme hat nicht mit der erforderlichen Sicherheit ergeben, ob überhaupt und wenn ja in welcher Höhe den Klägern durch die behaupteten Fehler des Gutachtens ein Schaden entstanden ist. Die Kläger machen als Schaden geltend, dass sie das Grundstück bei richtiger Begutachtung zu einem niedrigeren Preis hätten ersteigern können, weil in diesem Fall auch die anderen Mitbieter nur bis zu einem entsprechend niedrigeren Betrag geboten hätten. Diese Behauptung hat sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Die Zeugin T und der Zeuge M konnten letztlich keine zuverlässigen Angaben dazu machen, bis zu welchem Betrag sie geboten hätten, wenn in dem Gutachten ein niedrigerer Wert festgesetzt und der Überbau sowie die – aus Sicht der Kläger – zutreffende Zahl der Stellplätze genannt worden wäre. Es lässt sich insbesondere nicht feststellen, dass ein um etwa 10.000,00 € niedrigerer Verkehrswert sich auf das Bieterverhalten überhaupt ausgewirkt hätte. Der Aussage des Zeugen M kann nicht entnommen werden, dass er in diesem Fall nur einen niedrigeren Betrag geboten hätte. Der Zeuge hat bekundet, dass er das Gutachten gar nicht eingesehen habe. Seiner Aussage lässt sich auch nicht entnehmen, von welchen objektiven Kriterien sein Bieterverhalten abhängig war. Seine allgemeine Einschätzung, bei einem niedrigeren Verkehrswert und Kenntnis von einer »Überbauproblematik« hätte er weniger geboten, reicht zur Feststellung auch nur eines Mindestschadens nicht aus. Das Gleiche gilt letztlich auch für die Aussage der Zeugin T. Diese hat sich zwar bemüht, den Wert der zwei Stellplätze, die nach dem Vortrag der Kläger zu Unrecht in dem Gutachten angegeben sind, entsprechend zu bewerten. Dabei handelte es sich aber erkennbar um eine Rückrechnung, die keine hinreichenden Rückschlüsse auf ihr tatsächliches Bieterverhalten zulässt. Die Vernehmung der Zeugin T hat ergeben, dass die Kläger sich vor ihrer Aussage mit ihr in Verbindung gesetzt haben. Sie haben ihr mit Schreiben vom 16.09.2006 (GA 159) Auszüge aus dem Gutachten des Beklagten überlassen und ihr mitgeteilt, dass nach ihrer Auffassung das Gutachten deshalb falsch sei, weil dort 8 statt vorhandener 6 Stellplätze ausgewiesen seien und auf eine Überbauproblematik nicht hingewiesen sei. Auf dieser Grundlage hat sich die Zeugin bemüht, nachträglich die Stellplätze zu bewerten, indem sie errechnet hat, welche Kosten bei einer Finanzierung des auf die beiden Stellplätze entfallenden Ertragswertes angefallen wären. Dabei ist sie von folgendem Gedankengang ausgegangen: Der Betrag von 554.000,00 €, bis zu dem die Eheleute T geboten haben, wird zu 100 % finanziert, wobei der jährliche Reinertrag – also die Mieteinnahmen – ausreichen muss, um Zins und Tilgung aufzubringen. Der Reinertrag belief sich laut Gutachten auf 35.562,00 €. Dies entspricht einer Rate von ca. 6,42 % (35.562,00 : 554.000 x 100). Die Stellplatzmiete beläuft sich auf monatlich 20,00 €, jährlich mithin 480,00 €. Eine Verringerung der jährlichen Darlehensraten um 480,00 € führe bei dem Zinssatz von 6,42 % zu einer Darlehenssumme von 547.508,85 €. Wegen der Einzelheiten wird auf die von der Zeugin zur Akte gereichte Berechnung Bezug genommen (GA 161). Diese Rückrechnung ist zur Bestimmung des entstandenen Schadens nicht geeignet. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass diese Berechnung auch dem konkreten Bieterverhalten der Zeugen T im Versteigerungstermin zu Grunde lag. Die Zeugin hat zunächst nämlich ausgesagt, dass sie grundsätzlich immer einen Prozentsatz von 70 % bis 80 % des Ertragswertes bieten, das wären im vorliegenden Fall bis 523.200,00 € gewesen (80 % von 654.000,00 €), sie seien allerdings höher gegangen, weil ihnen das Objekt besonders gefallen habe. Ob und in welcher Höhe die Zeugen T sich seinerzeit ein Limit gesetzt haben, konnte die Zeugin nicht mehr angeben. Damit ist aber der von der Zeugin nachträglich erstellten Berechnung die Basis entzogen. Ihre Berechnung erweist sich darüber hinaus auch deshalb als zum Nachweis des Schadens ungeeignet, weil der Zinssatz von 6,42 % nicht den damaligen Bedingungen entspricht, zu denen sie ein Darlehen bekommen hätten. Vielmehr errechnet sich dieser Zinssatz allein aus der Relation zwischen dem Gebot und dem jährlichen Reinertrag und stellt damit lediglich einen theoretischen Rechnungsposten dar. Die Aussage der Zeugin beruht daher auf einer rein hypothetischen Rückrechnung. Zu ihrem tatsächlichen Bietverhalten konnte die Zeugin keine verlässlichen Angaben mehr machen, sodass sich nicht feststellen lässt, wie sich eine andere Begutachtung auf ihr Gebot ausgewirkt hätte. Vielmehr zeigt ihre Aussage, dass sie dieses Objekt gerne haben wollte und daher eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für ihr Bieterverhalten in diesem Fall letztlich nicht ausschlaggebend war, sondern sie ohnehin höher geboten haben, als es ihrer Grundregel (70 – 80 % des Verkehrswertes) entspricht. Auf dieser Grundlage lässt sich ein Schaden daher nicht verlässlich feststellen. Auch für die Schätzung eines Mindestschadens fehlen konkrete Anhaltspunkte.« 2.5.2. OLG Köln (Urteil vom 8. Dezember 2010, Az.: 2 U 8/10): Haftung des gerichtlich bestellten Wertgutachters gegenüber dem Ersteigerer! Leitsätze der Entscheidung: 1. Zum ersatzfähigen Schaden im Sinne des § 839a BGB gehört jeder durch das unrichtige Gutachten und die darauf beruhende gerichtliche Entscheidung adäquat verursachte und in den Schutzbereich der verletzten Sachverständigenpflicht fallende Vermögensschaden. 2. Der Schadensersatz soll die Vermögenslage herstellen, die eingetreten wäre, wenn der Grundstückswert korrekt ermittelt worden wäre. 3. Der Geschädigte hat nicht nur einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als wenn er das begutachtete Objekt nicht ersteigert hätte. 4. Dem Geschädigten bleibt es weiter vom Ansatz her unbenommen, geltend zu machen, dass er bei korrekter Wertfestsetzung das Grundstück zu einem niedrigeren Meistgebot hätte ersteigern können. 5. Den Differenzbetrag kann er als Schadensersatz beanspruchen. 6. Dies gilt auch dann, wenn das zum Zuge gekommene Meistgebot unter dem Verkehrswert liegt (vgl. BGH, 9. März 2006, III ZR 143/05 = BGHZ 166, 313). | 88 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 2.5.3. OLG Jena (Urteil vom 7. November 2012, Az.: 2 U 135/12) – Schadensersatzanspruch gegen Gerichtsgutachter umfasst auch Verfahrens- und Gutachterkosten! Leitsatz der Entscheidung: Der Anspruch nach § 839a BGB umfasst neben dem Streitgegenstand des Primärverfahrens ebenfalls die dort entstandenen Verfahrens- und Gutachterkosten. Aus den Gründen: »6. Dem Kläger ist auch ein Schaden in Höhe von 23.209,63 € entstanden, wie er vom Landgericht im angefochtenen Urteil festgestellt wurde. Er resultiert aus den klageweise geltend gemachten 23.804,63 €, abzüglich der 595,– € brutto an Mangelbeseitigungskosten, die der Sachverständige Prof. … auf Seite 7 seiner ergänzenden Stellungnahme vom 31.10.2008 im Schätzungswege ermittelt hat. a) Der Kläger ist vom Landgericht Mühlhausen im Verfahren 1 O 1187/04 verurteilt worden, an den Werkbesteller 11.000,– € nebst Zinsen zu zahlen. Hieraus resultieren die 12.410,15 €, die der Kläger in seiner Schadensaufstellung (Bl. 15) als »Zahlung des Urteilsbetrags d. d. Kläger« aufgelistet und durch Kontoauszug vom 06.12.2005, Bl. 318, belegt hat. Bei den 11.000,– € handelt es sich um Vorschusskosten im Sinne des § 637 Abs. 3 BGB. Ein solcher Vorschuss ist zweckgebunden. Kann oder will der Werkbesteller nicht nachbessern, ist er gehalten, den Vorschuss alsbald zurückzuzahlen (Palandt-Sprau, BGB, 70. Aufl., § 637 Rn. 10 und 11). Die Klägervertreterin hat dazu im Termin vom 10.10.2012 zu Protokoll erklärt, dass ihr eine Rechnung des … vorliege, wonach die Sanierungsarbeiten durchgeführt und gegenüber dem … mit einem Betrag in Höhe von 17.316,77 € abgerechnet worden seien. Dies zugrunde gelegt, kommt kein Rückzahlungsanspruch des Klägers gegen den … e.V. in Betracht, der Einfluss auf den streitgegenständlichen Schaden haben könnte. b) Soweit der Kläger auf Seite 15 der Klageschrift weitere 11.394,48 € als zusätzliche Schäden wegen Verfahrens- und Gutachterkosten geltend gemacht hat, hat der Beklagte diese Positionen nicht in Abrede gestellt.« 2.6. Kausalität Entscheidung / Schaden OLG Schleswig (Urteil vom 10. April 2012, Az: 11 U 18/10): Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zur haftungsausfüllenden Kausalität bei Inanspruchnahme eines Gerichtssachverständigen durch einen Grundstücksersteigerer wegen eines fehlerhaften Verkehrswertgutachtens Leitsätze der Entscheidung: 1. Nimmt ein Grundstücksersteigerer den Sachverständigen wegen eines grob fahrlässig erstatteten fehlerhaften Verkehrswertgutachtens in Anspruch, ist im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität zu prüfen, ob der Ersteigerer bei korrekter Verkehrswertermittlung tatsächlich von der Immobilienersteigerung Abstand genommen hätte. 2. Hierzu muss der Anspruchsteller im Rahmen der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast jedenfalls seine Kalkulation offenlegen aus der sich ergibt, dass der Erwerb – ausgehend vom tatsächlichen Grundstückswert – wirtschaftlich uninteressant gewesen sein könnte. Aus den Gründen: »Im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität ist anhand des Maßstabs des § 287 ZPO zu beurteilen, ob die Klägerin tatsächlich von der Ersteigerung der Immobilie Abstand genommen hätte. Eine entsprechende Feststellung kann der Senat auf Grundlage des Vortrags der Klägerin nicht treffen. Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, dass ihre Motivation für die Abgabe des Meistgebots von 153.000 € der Umstand gewesen sei, dass ein Verkehrswert von 260.000 € festgesetzt worden sei, sie eine Immobilie folglich für rund 59 % des festgesetzten Verkehrswertes habe erwerben können. Diese Erwägung genügt auch unter Zugrundelegung des Beurteilungsmaßstabs des § 287 ZPO nicht aus, um feststellen zu können, dass die Klägerin bei korrekter Verkehrswertermittlung durch den Beklagten von der Abgabe eines Gebotes im Zwangsversteigerungsverfahren Abstand genommen hätte. […] Die Klägerin hätte jedenfalls ihre Kalkulation offenlegen müssen, wie der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2012 ausdrücklich hervorgehoben hat. Aus dieser hätte sich u.U. ergeben können, dass der Erwerb der Immobilie – ausgehend von einem tatsächlichen Verkehrswert von 189.000,00 € – gut 19 % unter diesem Verkehrswert für sie wirtschaftlich uninteressant gewesen sein könnte. Auch hat sie zu weiteren Kriterien für ihre Erwerbsentscheidung keinerlei Ausführungen gemacht. Im Gegenteil erklärte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dass sie entsprechenden Vortrag trotz der Hinweise des Landgerichts und des Senats im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.03.2006 (NJW 2006, 1733) nicht für erforderlich halte.« 3. § 839a Abs. 2 BGB 3.1. Unterlassenes Rechtsmittel OLG Düsseldorf (Beschluss vom 24. Juni 2013, Az.: 8 U 45/13): Keine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen bei unterlassener Einlegung von Rechtsmitteln im Ausgangsprozess! Leitsätze der Entscheidung: 1. Ein medizinischer Sachverständiger kann gemäß § 839a BGB erst dann wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Erstellung eines unrichtigen Gutachtens in Anspruch genommen werden, wenn im Rahmen des ursprünglich geführten Arzthaftungsprozesses sämtliche Einwendungen gegen die Richtigkeit seines Gutachtens vorgetragen worden sind. 2. Dazu gehört auch die Einlegung der zur Verfügung stehenden Rechtsmittel. Aus den Gründen: »Nach § 839a BGB kann sich ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger ersatzpflichtig machen, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet und dadurch einen Schaden herbeiführt; die Geltendmachung eines solchen Anspruchs ist allerdings nach der Gesetzessystematik nicht zulässig, wenn es der Geschädigte schuldhaft versäumt, die vermeintlich fehlerhafte gutachterliche Stellungnahme in dem Ausgangsprozess durch Einlegung eines Rechtsmittels korrigieren zu lassen. Mit Recht und aus zutreffenden Erwägungen ist das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, | 89 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 dass diese Haftungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind : 1) Die Klägerin hat zwar in dem ursprünglichen Rechtsstreit in zulässiger Weise den Versuch unternommen, die aus ihrer Sicht unrichtigen Schlussfolgerungen des Sachverständigen durch Einlegung der Berufung gerichtlich überprüfen zu lassen; ihr ist aber das Fehlverhalten ihres damaligen Prozessbevollmächtigten, der es unterlassen hat, gegen ein seine Partei belas tendes Versäumnisurteil fristgerecht Einspruch einzulegen, zuzurechnen. Auf diese Weise wurde die vorrangige Korrektur der angeblich fehlerhaften Stellungnahme in dem Ausgangsprozess vereitelt. Den in der Berufungsbegründung vertretenen Standpunkt, es sei einer Partei nicht zuzumuten, die Unrichtigkeit der Begutachtung durch ein voraussichtlich erfolgloses Rechtsmittel weiterzuverfolgen, teilt der Senat nicht. Tatsächlich besteht in der zweiten Instanz häufig Veranlassung dazu, eine gutachterliche Wertung durch eine ergänzende Anhörung des Sachverständigen zu prüfen. Die Klägerin kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, ihr Anwalt sei krankheitsbedingt und deshalb unverschuldet an der Wahrnehmung ihrer prozessualen Rechte gehindert gewesen. Der Senat hat bereits in dem Ausgangsprozess durch Beschluss vom 07.10.2010 im Einzelnen begründet, dass die bescheinigte mittelgradige bis schwere Depression des seinerzeit beauftragten Rechtsanwalts Dr. Verhasselt diesen nicht daran gehindert hat, seine anwaltlichen Pflichten zu erfüllen. 2) Mit Recht hat die erstinstanzliche Zivilkammer in der angefochtenen Entscheidung zudem darauf hingewiesen, dass die Klägerin ein zumindest grob fahrlässiges Fehlverhalten des Beklagten bei Erfüllung seines Gutachterauftrages nicht schlüssig dargelegt hat; diesbezügliche Gesichtspunkte werden auch in der Berufungsbegründung nicht vorgetragen.« 3.2. Unterlassener Befangenheitsantrag gegen Gerichtssachverständigen LG Regensburg (Urteil vom 29. August 2012, Az. 1 O 2552/11): Kein Haftungsanspruch gegen Gerichtssachverständigen bei unterlassenem Befangenheitsantrag! Leitsatz der Entscheidung: Ein Haftungsanspruch nach § 839a Abs. 1 BGB scheidet aus, wenn es der Kläger im Ausgangsverfahren versäumt hat, einen Befangenheitsantrag gegen den Gerichtssachverständigen zu stellen. Aus den Gründen: »2. Nach Auffassung des Gerichtes ist nämlich ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten im Hinblick auf § 839a Absatz 2 BGB deshalb ausgeschlossen, weil es der Kläger im Vorprozess unterlassen hatte, den Beklagten (erfolgreich) wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 406 ZPO abzulehnen: a) Legt man den Sachvortrag des Klägers als richtig zugrunde, hätte sich der Beklagte in seiner mündlichen Anhörung am 26.02.2008 selber zum Richter gemacht, weil er geäußert hatte, dass dem Kläger keine Entschädigung zustehe. Nach eigenem Vortrag des Klägers sei diese negative Einstellung des Sachverständigen gegenüber ihm wesentlich ausschlaggebendes Motiv für die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens gewesen, daraus will der Kläger gröbste Fahrlässigkeit mit der Tendenz zum Vorsatz herleiten. b) Macht sich ein Sachverständiger aber selber zum Richter, ist dies ein Ablehnungsgrund im Sinne des § 406 Absatz 1 Satz 1 ZPO (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 30.12.2011, MDR 2012, 802, 803 links unten). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass ein Ablehnungsantrag gegen den Sachverständigen aufgrund dieser Äußerung erfolgreich gewesen wäre, weshalb das Gericht sodann ein erneutes Sachverständigengutachten eines anderen Sachverständigen hätte einholen müssen. c) Unterstellt man weiter den Klägervortrag als richtig, dass das Sachverständigengutachten des Beklagten grob falsch gewesen wäre, ist davon auszugehen, dass dieses Ergebnis im neuen Sachverständigengutachten eines anderen Sachverständigen korrigiert worden wäre.« 3.3. Anträge nach §§ 411 Abs. 3, 4, 412 ZPO 3.3.1. OLG Brandenburg (Urteil vom 20. Juli 2006, Az.: 5 U 168/05): Haftungsausschluss wegen eines unrichtigen Gutachtens bei unterbliebenem Antrag auf Ladung zur mündlichen Anhörung! Leitsätze der Entscheidung: 1. Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, dann ist eine Haftung aus § 839a Abs. 1 BGB ausgeschlossen, wenn ein Prozessbeteiligter es versäumt, im laufenden Verfahren einen Antrag auf Ladung des Sachverständigen gem. §§ 397 Abs. 1, 402, 411 Abs. 4 S. 1 ZPO zur mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens in der mündlichen Verhandlung zu stellen, nachdem das Gericht mitgeteilt hatte, für eine Anhörung von Amts wegen keine Veranlassung zu sehen. 2. Der Verfahrensbeteiligte hat dadurch seine Möglichkeit zur Befragung des Sachverständigen und damit zur Vermeidung eines Urteils auf der Grundlage einer Falschbegutachtung nicht ausgeschöpft und deswegen i.S.d. §§ 839a Abs. 2, 839 Abs. 3 BGB ein Rechtsmittel nicht gebraucht. Aus den Gründen: »Die Berufung der Klägerin hat dagegen allein deswegen keinen Erfolg, weil sie es durch fehlenden Gebrauch eines Rechtsmittels schuldhaft versäumt hat, den durch eine mögliche Falschbegutachtung entstandenen Schaden abzuwenden (§§ 839a Abs. 2, 893 Abs. 3 BGB). 1. Bei dem Einwand aus § 839a Abs. 2 BGB i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB handelt es sich um eine schon von Amts wegen zu berücksichtigende Ausprägung des Mitverschuldenseinwandes. Sinn und Zweck der Regelung ist die Absicherung des Vorrangs des Primär- vor dem Sekundärrechtsschutz entgegen dem Motto des »Dulde und Liquidiere«. Durch die uneingeschränkte Bezugnahme in § 839a Abs. 2 BGB auf die Regelung in § 839 Abs. 3 BGB ist grundsätzlich im Anwendungsbereich des § 839a BGB von dem zu § 839 Abs. 3 ZPO im Amtshaftungsrecht entwickelten Rechtsmittelbegriff auszugehen. Entgegen von der Klägerin zitierten vereinzelten Stimmen in der Literatur, die den Rechtsmittelbegriff auf die förmlichen Rechtsbehelfe beschränken wollen (Soergel/Vinke, § 839 BGB Rn. 218) ist der Begriff des Rechtsmittels nicht technisch in der Weise, dass er nur die in Verfahrensvorschriften vorgesehenen und den prozesstechnischen Begriff eines Rechtsmittels unterfallenden Behelfes, wie etwa Berufung, Revision oder Beschwer- | 90 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 de, erfasst, sondern weit zu verstehen. Darunter fallen demnach alle Rechtsbehelfe, die sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und nach gesetzlicher Ordnung ihre Beseitigung oder Berichtigung bezwecken und ermöglichen (BGHZ 123, 1, 7; 137, 11, 23). Im Anwendungsbereich des § 839a Abs. 1 BGB ist allerdings die Besonderheit zu berücksichtigen, dass dessen Verletzungstatbestand zweiaktig ausgestaltet ist. Der Schaden tritt nicht schon durch das unrichtige Gutachten ein, sondern erst durch die daraufhin ergehende, materiell-rechtlich falsche Entscheidung des Gerichts (MünchKomm/Wagner, 4. Aufl., § 839a BGB Rn. 30). Gerade wegen dieser zweiaktigen Ausgestaltung des Verletzungstatbestandes ist aber der Geschädigte gehalten, bereits im laufenden Verfahren die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, die die jeweiligen Verfahrensordnungen bereitstellen, um von vornherein zu verhindern, dass das falsche Gutachten von dem Gericht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht wird (MünchKomm/Wagner, a.a.O.; Staudinger/Wurm, 13. Bearb. 2002, § 839a BGB Rn. 6, Jaeger/Luckey MDR 2002, 1168, 1172; Thole, MEDSACH 2006, 93, 97; Kilian VersR 2003, 683, 687). Dem Geschädigten obliegt es danach im Zivilprozess, von seinen in § 411 Abs. 4 ZPO verankerten Rechten Gebrauch zu machen (MünchKomm/Wagner, a.a.O.).« 3.3.2. BGH (Beschluss vom 5. Juli 2007, Az.: III ZR 240/06): Antrag auf mündliche Erläuterung des gerichtlichen Sachverständigengutachtens als »Rechtsmittel«! Leitsätze der Entscheidung: 1. Ein Antrag, den gerichtlichen Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden, ist ein »Rechtsmittel« im Sinne des § 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB. 2. Zur Ursächlichkeit zwischen der Unterlassung eines solchen Antrags und dem Schadenseintritt. Aus den Gründen: »b) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Klägerin für verpflichtet gehalten, aufgrund des auch bei der Sachverständigenhaftung geltenden Vorrangs des Primärrechtsschutzes (§ 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB) durch Einlegung von Rechtsmitteln auf eine Korrektur des ihrer Meinung nach unrichtigen Sachverständigengutachtens hinzuwirken. Wie der Senat bereits entschieden hat, kommen als »Rechtsmittel« insbesondere auch solche Behelfe in Betracht, die sich unmittelbar gegen das fehlerhafte Gutachten selbst richten und die bestimmt und geeignet sind, eine auf das Gutachten gestützte instanzbeendende gerichtliche Entscheidung zu verhindern. Der Senat hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass insoweit etwa an Gegenvorstellungen und Hinweise auf die Unrichtigkeit des Gutachtens (vgl. § 411 Abs. 4 ZPO), an Anträge, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden, und an formelle Beweisanträge auf Einholung eines neuen (Ober-)Gutachtens (§ 412 ZPO) zu denken ist (Senatsbeschluss vom 28. Juli 2006 - III ZB 14/06 = NJW-RR 2006, 1454 f Rn. 11 m.w.N.). In ähnlichem Sinne hat der Senat bereits früher entschieden, dass als Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB, die einem betroffenen Ehegatten gegen eine fehlerhafte Auskunft zu Gebote stehen, die ein Rentenversicherungsträger – einem gerichtlichen Sachverständigen vergleichbar – im familiengerichtlichen Verfahren zum Versorgungsausgleich erteilt hat, auch Einwen- dungen in Betracht kommen, die im Rahmen des familiengerichtlichen Verfahrens gegen die Richtigkeit der Auskunft erhoben werden (Senatsurteil BGHZ 137, 11, 22 ff). c) Hieran hält der Senat auch bei voller Würdigung der von der Revision vertretenen gegenteiligen Auffassung fest. Gerade der vorliegende Fall, in welchem die Klägerin darauf verzichtet hatte, die im Vorprozess ergangene Hauptsacheentscheidung des Kammergerichts mit dem Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde anzugreifen – anscheinend deshalb, weil sie keine hinreichend Erfolg versprechenden Revisionszulassungsgründe nach neuem Revisionsrecht aufzeigen konnte –, zeigt, dass es um so dringlicher geboten ist, sämtliche zur Korrektur des unrichtigen Sachverständigengutachtens zur Verfügung stehenden innerprozessualen Behelfe schon vor Abschluss der jeweiligen Instanz auszuschöpfen. d) Der Revision kann ferner nicht darin gefolgt werden, dass ein derartiger Antrag von vornherein aussichtslos gewesen wäre. Das Gericht ist auf Antrag einer Partei unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO gemäß §§ 402, 397 Abs. 1 ZPO zur Vorladung des Sachverständigen verpflichtet (BGHZ 6, 398, 400 f.; BGH, Urteil vom 7. Oktober 1997 - VI ZR 252/96 = NJW 1998, 162, 163). Die mündliche Befragung und Erläuterung wäre ein taugliches Mittel gewesen, entweder die Mängel des Gutachtens in befriedigender Weise zu beheben oder diese Mängel so deutlich hervortreten zu lassen, dass dem Gericht die Überzeugung von der Unbrauchbarkeit des Gutachtens vermittelt wurde. Dies gilt auch bei voller Würdigung des Umstandes, dass die Klägerin, unterstützt durch einen Privatgutachter, bereits schriftsätzlich ausführliche Gegenvorstellungen zu dem Gutachten erhoben und der Sachverständige schriftlich darauf erwidert hatte. Die unmittelbare persönliche Konfrontation im Austausch von Rede und Gegenrede in Anwesenheit des Gerichts stellte gleichwohl ein effektives zusätzliches Instrument der Wahrheitsfindung dar. e) Auch ein Ursachenzusammenhang zwischen der unterbliebenen Anhörung des Sachverständigen und dem Schaden lässt sich hier nicht verneinen. Zwar hat der Senat bereits entschieden, dass bei der Frage, welchen Verlauf die Sache genommen hätte, wenn der Rechtsbehelf eingelegt worden wäre, nicht ohne Weiteres – wie bei der Prüfung der Ursächlichkeit einer Amtspflichtverletzung – zugrunde zu legen ist, wie über den Rechtsbehelf richtigerweise hätte entschieden werden müssen. Auch bei einem Antrag, der zu einer gerichtlichen Entscheidung führen soll, muss die Rechtspraxis in der in Rede stehenden Frage zu dem Zeitpunkt in Betracht gezogen werden, in dem der Rechtsbehelf hätte angebracht werden müssen, wenn er den Eintritt des Schadens hätte verhindern sollen (Senatsurteil BGHZ 156, 294, 299 f. m.w.N.). Gleichwohl wird bei einer gerichtlichen Entscheidung die wirkliche Rechtslage grundsätzlich eine größere Rolle spielen. Dementsprechend ist mangels entgegengesetzter Anhaltspunkte hier davon auszugehen, dass bei pflichtgemäßem Vorgehen des Kammergerichts die Verwertbarkeit des fehlerhaften Gutachtens als Grundlage für die der Klägerin ungünstige klageabweisende Entscheidung im Vorprozess beseitigt worden wäre. Dies reicht für den Nachweis einer Ursächlichkeit der Rechtsmittelversäumung für den Schaden aus. Eine weitergehende Prognose darüber, wie der Vorprozess mutmaßlich im Ergebnis ausgefallen wäre, ist – anders als bei einer dem Schadensersatz anspruch gegen den Sachverständigen stattgebenden Entscheidung – nicht erforderlich. | 91 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 3.3.3. AG München (Urteil vom 19. November 2009, Az.: 281 C 34656/08): Haftung des Gerichtssachverständigen nur nach erfolglosen Rechtsmitteln im Vorprozess! Leitsatz der Entscheidung: 1. Ein Sachverständiger kann nur dann auf Schadensersatz wegen eines im Prozess erstellten unrichtigen Gutachtens verklagt werden, wenn im Prozess mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht wurde, gegen das für falsch gehaltene Gutachten vorzugehen. 2. Der Antrag auf Einholung eines »Obergutachtens« nach § 412 ZPO ist ein »Rechtsmittel« im Sinne des § 839a Abs. 2 BGB i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB. Aus den Gründen: »Ein Sachverständiger kann im Rahmen eines Folgeverfahrens nur in Anspruch genommen werden, wenn im Rahmen des Ausgangsverfahrens mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht wurde, gegen das für falsch gehaltene Gutachten vorzugehen. Es gilt ebenso wie bei § 839 III BGB der Grundsatz des Vorrangs des Primärrechtsschutzes. Der Geschädigte ist gehalten, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln gegen die von ihm für falsch gehaltene Entscheidung vorzugehen. Wer sich nicht gegen eine falsche Entscheidung im Ausgangsverfahren wehrt, ist mit einem Schadensersatzanspruch im Folgeprozess ausgeschlossen. Zweck der Bestimmung ist, dass verschiedene Ansichten am besten im Ausgangsprozess geklärt werden sollen und dass verhindert werden soll, dass im Ausgangsverfahren die falsche Partei gewinnt mit der Folge, dass die Streitfragen im Folgeverfahren erneut aufgerollt werden müssen und dann im zweiten Durchgang aufgrund der Rechtskraftwirkung des Ausgangsverfahrens statt zu Lasten einer Partei zu Lasten der Staatskasse. Diese für die Amtspflichtverletzung entwickelten Grundsätze gelten über § 839a II BGB genauso für den gerichtlichen Sachverständigen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Anhörung Ergänzungsfragen gestellt, aber keinen Antrag nach § 412 ZPO auf Begutachtung durch einen weiteren Sachverständigen gestellt. Der BGH hat in den Entscheidungen vom 05.07.08, BGHZ 1173, 98 ff. und vom 28.07.2006, NJW-RR 2006, 1932 ff., ausgeführt, dass als Rechtsmittel u.a. in Betracht kommt ein formeller Beweisantrag auf Einholung eines neuen (Ober-) Gutachtens nach § 412 ZPO. Der Kläger argumentiert dahingehend, er habe durch Einlegung von Rechtsmitteln auf eine Korrektur des seiner Meinung nach unrichtigen Sachverständigengutachtens hingewirkt. Er habe beantragt, den Sachverständigen zur Erläuterung des Gutachtens zu laden und er habe dem Gutachter die Möglichkeit zur Korrektur in der Einvernahme gegeben und ihm mit einem Privatgutachten konfrontiert. Bei diesem Vorgehen handelt es sich zwar auch um ein Rechtsmittel, aber dies reicht nicht aus. Der BGH benennt mehrere Rechtsmittel, aber lässt offen, ob alle versucht werden müssen. Selbst wenn man nicht der Meinung sein sollte, dass alle Rechtsmittel versucht werden müssen, obwohl hierfür der Zweck des § 839 III BGB spricht, ist zumindest zu verlangen, dass die erfolgsversprechendsten Rechtsmittel versucht werden müssen. Gegen ein für in fachlicher Hinsicht für falsch gehaltenes Gutachten ist der Antrag auf Erholung eines weiteren Gutachtens eines weiteren Sachverständigen das Mittel erster Wahl. Gerade in der vorliegenden Konstellation, in der dem Kläger bereits damals ein Privatgut- achten vorlag, von dem er meint, hiermit die Unrichtigkeit des Gerichtsgutachtens belegen zu können, wäre es geradezu klassisch, ein Obergutachten zu beantragen. Der Kläger kann nicht erwarten, dass das Gericht ohne Obergutachten das Privatgutachten für überzeugender hält als das Gutachten des gerichtlich ausgewählten Sachverständigen. Ein Antrag auf Obergutachten wäre das effektivste und das einzige Rechtsmittel mit Erfolgsaussichten gewesen. Dagegen war nicht zu erwarten, dass die eingelegte Berufung etwas am Ergebnis ändern wird, da der eingeschränkte Prüfungsumfang nach § 529 I ZPO gilt. Die Nichtbeantragung eines Obergutachtens unterblieb fahrlässig, da dieser Antrag einer sorgfältigen Prozessführung entsprochen hätte. Insbesondere entschuldigt den Kläger dessen Vorbringen zu einem Überraschungsurteil nicht. Nach § 311 IV ZPO ist es der gesetzlich vorgesehene Regelfall, dass das Urteil in dem Termin verkündet wird, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird. Selbst wenn das Amtsgericht einen Verkündungstermin festgesetzt hätte statt gleich ein Urteil zu verkünden, wäre ein Vorbringen nach § 296a ZPO nicht mehr möglich gewesen. Es ist ein selbst unter Anwälten verbreiteter Irrtum, man könne den Zeitraum nach Schluss der mündlichen Verhandlung bis zum Verkündungstermin noch für Schriftsätze nutzen. Dem ist nicht so. Vielmehr gilt gemäß § 282 I ZPO, dass jede Partei in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so zeitig vorzubringen hat, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Der Kläger hätte den Antrag auf ein Obergutachten bereits nach Vorliegen des schriftlichen Gutachtens stellen können, spätestens aber in der mündlichen Verhandlung stellen müssen.« 3.3.4. LG Koblenz (Urteil vom 10. Dezember 2009, Az.: 1 O 356/09): Kein Anspruch gegen Gerichtsgutachter bei unterlassener Rechtsmitteleinlegung! Leitsatz der Entscheidung: Gemäß § 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht des Sachverständigen dann nicht ein, wenn es der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Aus den Gründen: »Im Übrigen hat es die Klägerin insoweit aber auch schuldhaft versäumt, sich mittels Rechtsbehelfen, die sich unmittelbar gegen den beanstandeten Gutachtenfehler richten und die bestimmt und geeignet sind, eine auf das Gutachten gestützte gerichtliche Entscheidung zu verhindern, zur Wehr zu setzen. Gemäß §§ 839a Abs. 2 i.V.m. 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht des Sachverständigen aber dann nicht ein, wenn es der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Im vorliegenden Fall war der Klägerin aber spätestens seit der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 17.05.2006 bekannt, dass die Arbeiten wie das Messen des Überstandes, das Ausbauen und Abdrehen bzw. Reinigen des Sitzes der Wirbelkammern und schließlich das Einbauen der Wirbelkammern nicht durch den Beklagten persönlich, sondern durch dessen Mitarbeiter ... ausgeführt worden sind. Es hätte dem Kläger daraufhin oblegen, sich etwa durch Gegenvorstellungen oder formelle Beweisanträge auf Einholung eines Obergutachtens (Staudinger-Wurm, BGB, Neubearbeitung 2007, § 839a Rn. 27) gegen die Verwer- | 92 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 tung des in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.05.2006 oder in dem Verhandlungstermin vor dem Berufungsgericht vom 22.05.2007 von dem Beklagten mündlich erstatteten Sachverständigengutachtens in einem Urteil zur Wehr zu setzen. Soweit sich die Klägerin auf einen Verstoß des Beklagten gegen die ihm aufgrund § 407a Abs. 2 ZPO obliegenden Pflichten erstmals im vorliegenden Haftungsprozess beruft, muss sie sich insoweit gemäß § 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB ein mitwirkendes Verschulden, welches ohne Abwägung gemäß § 254 BGB zum völligen Haftungsausschluss des Beklagten führt (Palandt-Sprau, BGB, 69. Auflage 2010, § 839 Rn. 68), entgegenhalten lassen.« 3.3.5. OLG Hamm (Beschluss vom 2. November 2010, Az.: 6 U 131/10): Unterlassene Rechtsmitteleinlegung bei Unterbleiben des Antrags auf mündliche Anhörung des Sachverständigen vor Gericht! Leitsatz der Entscheidung: Zu den Rechtsmitteln i.S.v. § 839a Abs. 2, 839 Abs. 3 BGB gehören nicht nur die gegen die gerichtliche Entscheidung statthaften Rechtsbehelfe, sondern auch alle in der jeweiligen Instanz gegebenen Behelfe, die sich unmittelbar gegen ein für fehlerhaft gehaltenes Gutachten selbst richten und die bestimmt und geeignet sind, eine auf dieses Gutachten gestützte instanzbeendende Entscheidung zu verhindern. Hierzu zählt auch ein Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen vor Gericht nach § 411 Abs. 4 ZPO. Aus den Gründen: »3. Schließlich ist auch eine Ersatzpflicht der Beklagten nach §§ 839a Abs. 2, 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin hat es unterlassen, einen etwaigen Schaden durch Rechtsmittel im Sinne dieser Vorschriften abzuwenden. Zu den Rechtsmitteln gehören nicht nur die gegen die gerichtliche Entscheidung statthaften Rechtsbehelfe, sondern auch alle in der jeweiligen Instanz gegebenen Behelfe, die sich unmittelbar gegen das fehlerhafte Gutachten selbst richten und die bestimmt und geeignet sind, eine auf das Gutachten gestützte instanzbeendende Entscheidung zu verhindern. Hierzu zählt auch ein Antrag auf mündliche Anhörung des Sachverständigen vor Gericht nach § 411 Abs. 4 ZPO. Das Gericht ist auf Antrag einer Partei unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO gem. §§ 402, 397 Abs. 1 ZPO zur Vorladung des Sachverständigen verpflichtet. Die mündliche Befragung und Erläuterung wäre ein taugliches Mittel gewesen, entweder die Mängel des Gutachtens in befriedigender Weise zu beheben oder diese Mängel so deutlich hervortreten zu lassen, dass dem Gericht die Überzeugung von der Unbrauchbarkeit des Gutachtens vermittelt wurde (vgl. BGH DS 2007, 306 f.; BGH NJW-RR 2006, 1454; MünchKomm-BGBWagner 5. Aufl. Rdn. 31). Das ist hier nicht geschehen, worauf sich auch die Beklagten im vorliegenden Verfahren zu Recht berufen haben. Das schriftliche Gutachten der Beklagten aus dem Verfahren LG Bielefeld 4 O 32/06 ist dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25.09.2006 zugegangen (Bl. 100 d. BA). Innerhalb der vom Gericht verlängerten Stellungnahmefrist nahm die jetzige und damalige Klägerin zu dem Gutachten Stellung. Darin wird kritisiert, dass die Beklagten von einer hinreichenden Aufklärung der Klägerin ausgegangen seien, dass das alternative TVT-Verfahren nicht nur weniger invasiv anmute, sondern weniger invasiv sei und die von den Beklagten angeführte Gefahr wegen des »blinden« Vorgehens, nicht rechtfertige, einfach von diesem Verfahren abzurücken. Die zweite Operation sei nicht indiziert gewesen, sodass es unerheblich sei, ob das Bauchdeckenhämatom als Folge auch bei ihrer ordnungsgemäßen Durchführung aufgetreten wäre. Beweis wurde jeweils angetreten durch Einholung eines »Obergutachtens« bzw. hinsichtlich der Aufklärungsfrage durch Vernehmung einer Zeugin. Weder aus diesem Schriftsatz noch sonst bis zum Erlass des erstinstanzlichen Urteils ist ein Antrag nach § 411 Abs. 4 ZPO erkennbar. Der Beweisantritt durch Einholung eines »Obergutachtens« ersetzt dies nicht. Ein weiteres Gutachten kann nach § 412 ZPO eingeholt werden, wenn das Gericht das Gutachten für ungenügend erachtet oder wenn ein Sachverständiger nach Erstattung des Gutachtens mit Erfolg abgelehnt ist. Letzteres lag nicht vor. Das Gericht des Vorprozesses hat das Gutachten nicht für ungenügend erachtet, was sich eben an der Nichteinholung eines weiteren Gutachtens zeigt. Um dem Gericht ggf. den Eindruck des (behaupteten) Ungenügens des eingeholten Gutachtens zu vermitteln, wäre ein Antrag nach § 411 Abs. 4 ZPO der angemessene Weg gewesen, der aber hier gerade nicht beschritten wurde.« 3.3.6. OLG Köln (Urteil vom 27. März 2012, Az.: 4 U 11/11: Kein Haftungsanspruch bei unterlassenem Antrag auf Anhörung des Sachverständigen! Leitsätze der Entscheidung: 1. Wegen des auch bei der Sachverständigenhaftung geltenden Vorrangs des Primärschutzes (§ 839a Abs. 2 i.V. mit § 839 Abs. 3 BGB) setzt die Inanspruchnahme voraus, dass durch Einlegung von Rechtsmitteln auf eine Korrektur des vermeintlich unrichtigen Sachverständigengutachtens im Hauptprozess (hier in einem Umgangsverfahren) hinzuwirken ist. 2. Als »Rechtsmittel« im Sinne der Norm ist auch der »Antrag auf Anhörung des Sachverständigen« zu verstehen. Aus den Gründen: »Schließlich scheitert ein Schadensersatzanspruch der Kläger auch an §§ 839a Abs. 2, 839 Abs. 3 BGB. Die Kläger beantragten weder in erster noch in zweiter Instanz die Anhörung der Sachverständigen (Beklagten), um so mögliche Widersprüche aufzuklären. Die Kläger waren jedoch gehalten, aufgrund des auch bei der Sachverständigenhaftung geltenden Vorrangs des Primärschutzes (§ 839a Abs. 2 in Verbindung mit § 839 Abs. 3 BGB) durch Einlegung von Rechtsmitteln auf eine Korrektur des ihrer Meinung nach unrichtigen Sachverständigengutachtens hinzuwirken. Als »Rechtsmittel« im Sinne der Norm ist auch der »Antrag auf Anhörung des Sachverständigen« zu verstehen. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 05.07.2007 - III ZR 240/06 - (FamRZ 2007, 1632 bis 1634) entschieden, dass ein Antrag, den gerichtlichen Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden, ein »Rechtsmittel« im Sinne des § 839a Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 839 Abs. 3 BGB sei. Dieser Meinung ist gerade im Hinblick auf den Vorrang des Primärschutzes zu folgen. So können sich die Kläger auch nicht darauf berufen, dass davon auszugehen sei, dass die mündliche Befragung und Erläuterung des Gutachtens kein taugliches Mittel sei, entweder die Mängel des Gutachtens in befriedigender Weise zu beheben oder diese Mängel so deutlich hervortreten zu lassen, dass dem Gericht die Überzeugung von der Unbrauchbarkeit des Gutachtens vermittelt würde. Dies gilt | 93 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 auch bei voller Würdigung des Umstandes, dass die Kläger, unterstützt durch einen Privatgutachter, bereits schriftsätzlich ausführliche Gegenvorstellungen zu dem Gutachten erhoben und ein Obergutachten beantragt hatten. Die unmittelbare persönliche Konfrontation im Austausch von Rede und Gegenrede in Anwesenheit des Gerichts stellt nämlich ein effektives zusätzliches Instrument der Wahrheitsfindung dar (vgl. BGH a.a.O.). So wäre das OLG gehalten gewesen, auf Antrag die Sachverständige (Beklagte) zur mündlichen Erläuterung ihres Gutachtens zu laden. Der Klägerin zu 1 ist der Vorwurf in zweifacher Hinsicht zu machen, da sie auch im Berufungsverfahren – aus welchen Gründen auch immer – nicht die Erläuterung des Gutachtens beantragte.« 3.3.7. OLG München (Beschluss vom 29. Juni 2012, Az.: 1 U 943/12): Kein Haftungsanspruch bei fehlendem Antrag auf Gutachtenerläuterung bzw. Einholung eines »Obergutachtens«! Leitsätze der Entscheidung: 1. Bei dem gemäß § 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB auch bei der Sachverständigenhaftung geltenden Vorrang des Primärrechtsschutzes kommen als Rechtsmittel auch solche Behelfe in Betracht, die sich unmittelbar gegen das fehlerhafte Gutachten selbst richten und die bestimmt und geeignet sind, eine auf das Gutachten gestützte instanzbeendende gerichtliche Entscheidung zu verhindern. Dazu zählen insbesondere Gegenvorstellungen und Hinweise auf die Unrichtigkeit des Gutachtens, Anträge, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens zu laden und formelle Beweisanträge auf Einholung eines neuen Gutachtens. 2. Macht der Kläger von den ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen keinen Gebrauch, obwohl es ihm ohne Weiteres möglich war, sondern verlässt er sich ungeachtet der Tatsache, dass die Rechtsbehelfe auch ohne einen Hinweis des Gerichts erhoben hätten werden können, darauf, dass das Gericht einen entsprechenden Hinweis erteilen werde, muss er sich vorhalten lassen, nicht den sichersten Weg zur Durchsetzung seiner Bedenken gegen das Sachverständigengutachten gewählt zu haben und erfüllt somit die Voraussetzung eines vorwerfbaren Nichtgebrauchs der zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe. Aus den Gründen: »Es konnte dahingestellt bleiben, ob die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen einer Haftung des Beklagten erfüllt sind, da der Kläger nicht den auch bei der Sachverständigenhaftung geltenden Vorrang des Primärrechtsschutzes (§ 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB) beachtet hat. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass als Rechtsmittel insbesondere auch solche Behelfe in Betracht kommen, die sich unmittelbar gegen das fehlerhafte Gutachten selbst richten und die bestimmt und geeignet sind, eine auf das Gutachten gestützte instanzbeendende gerichtliche Entscheidung zu verhindern. Dazu sind insbesondere Gegenvorstellungen und Hinweise auf die Unrichtigkeit des Gutachtens, Anträge, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des Gutachtens zu laden und formelle Beweisanträge auf Einholung eines neuen Gutachtens zu zählen (vgl. dazu BGH BauR 2007, 1774; BGH NJW-RR 2006, 1454). Der Kläger hat nicht dargelegt und belegt, dass er entsprechende Rechtsbehelfe gegen das nach seiner Auffassung unzu- treffende Gutachten eingelegt hat. Auch in der Berufungsschrift hat der Kläger keine geeigneten Schriftsätze vorgelegt. Soweit der Kläger eine Berufungsbegründung vom 14.02.2008 vorgelegt hat, betrifft diese nicht das Bezugsverfahren (Landgericht München I 10 O 7574/08), sondern einen weiteren zwischen dem Kläger und dem Zahnarzt Dr. M. geführten Rechtsstreit, der von dem Amtsgericht erstinstanzlich entschieden worden war. Wie aus der Berufungsschrift hervorgeht, hatte das Amtsgericht kein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Beschluss des Landgerichts München I in dem Bezugsverfahren vom 19.08.2009 belegt lediglich, dass ein schriftliches Ergänzungsgutachten in Auftrag gegeben wurde. Damit hat der Kläger jedoch nicht den Nachweis geführt, dass er nach Erhalt des Ergänzungsgutachtens die oben aufgeführten Rechtsbehelfe gegen das Gutachten ergriffen hat. Dem als Anlage K 13 vorgelegten Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 14.12.2010 kann entnommen werden, dass der Kläger die mündliche Anhörung des Sachverständigen nach Erhalt des Ergänzungsgutachtens nicht beantragt und auch sonst keine weiteren Einwendungen gegen das Gutachten erhoben hat. In dem Beschluss heißt es, dass nicht nachvollziehbar ist, warum die vom Kläger gegen das vom Erstgericht erholte Sachverständigengutachten des Dr. W. erhobenen Einwendungen nicht in ers ter Instanz vorgebracht wurden, obwohl das Erstgericht hierzu ausdrücklich Gelegenheit gegeben hatte.« 3.3.8. OLG München (Urteil vom 25. Juli 2013, Az.: 1 U 615/13): Unterlassene Befragung des Sachverständigen bei dessen mündlicher Anhörung als unterlassene Rechtsmitteleinlegung Leitsätze der Entscheidung: 1. Der Antrag, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden, ist ein Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB. 2. Die Partei darf es aber nicht mit der Vorladung des Sachverständigen bewenden lassen, sondern sie muss die Möglichkeiten, die dieser ihr eröffnet, auch durch Ausübung ihres Fragerechts nutzen. 3. Wenn die Partei bei der Anhörung des Sachverständigen völlig passiv bleibt, lässt sie den von ihr gegen das inkriminierte Gutachten erhobenen Rechtsbehelf faktisch ins Leere laufen. 4. Die Partei ist jedoch verpflichtet, sämtliche zur Korrektur des Sachverständigengutachtens zur Verfügung stehenden innerprozessualen Rechtsbehelfe in der jeweiligen Instanz auszuschöpfen. Aus den Gründen: »3. Mit diesem Verhalten hat der Kläger einen Rechtsbehelf im Sinne von § 839a Abs. 2 BGB i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB versäumt. Rechtsmittel im Sinne dieser Vorschriften sind die von der Zivilprozessordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe, die es der Partei ermöglichen, gegen das ihrem Dafürhalten nach fehlerhafte Gutachten vorzugehen und dessen Abänderung zu bewirken (Palandt-Sprau, 72. Auflage, Rdnr. 5 zu § 839a BGB m.w.N.; Staudinger-Wurm, Rdnr. 27 zu § 839a). Die Partei muss deshalb sämtliche zur Korrektur des als unrichtig angesehenen Sachverständigengutachtens zur Verfügung stehenden innerprozessualen Rechtsbehelfe ausschöpfen. Es soll im Sinne des Primärrechtschutzes verhindert werden, dass rechtskräftig abgeschlossene Verfahren als Sachverständigenhaftungsprozesses neu | 94 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 aufgerollt werden (OLG Celle, Urteil vom 10.11.2011, 13 U 84/11, Rdnr. 16). Insbesondere ist die Partei auch gehalten, dem Sachverständigen, wenn dieser vom Gericht zur Anhörung geladen ist, bei der Anhörung die Fragen und Einwendungen, die die Partei gegen die Richtigkeit der bisherigen Begutachtung erhebt, vorzulegen (so ausdrücklich OLG Celle, a.a.O., Rdnr. 30). Diese Verpflichtung gilt unabhängig davon, ob dem Sachverständigen die Einwände der Partei gegen das Gutachten schon anderweitig, insbesondere aus vorangegangenem innerprozessualem Schriftverkehr, bekannt waren (BGH, Urteil vom 05.07.2007, III ZR 240/06, Rdnr. 10). Wenn auch der Bundesgerichtshof bisher nur entschieden hat, dass der Antrag, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden, ein Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB ist, kann, wie vom OLG Celle bereits ausdrücklich entschieden, kein Zweifel daran bestehen, dass es die Partei nicht mit der Vorladung des Sachverständigen bewenden lassen darf, sondern sie die Möglichkeiten, die dieser ihr eröffnet, auch durch Ausübung ihres Fragerechts nutzen muss. Die Partei selbst ist vor allen anderen Prozessbeteiligten dazu prädes tiniert, ihre gegen die bisherige Begutachtung gefassten Bedenken dem Sachverständigen selbst in Frageform vorzutragen, zu erläutern und vorzuhalten. Wenn die Partei bei der Anhörung des Sachverständigen völlig passiv bleibt, lässt sie den von ihr gegen das inkriminierte Gutachten erhobenen Rechtsbehelf faktisch ins Leere laufen. Der Kläger war jedoch verpflichtet, sämtliche zur Korrektur des Sachverständigengutachtens zur Verfügung stehenden innerprozessualen Rechtsbehelfe in der jeweiligen Instanz auszuschöpfen (BGH, a.a.O., Rdnr. 9). 4. Das vorgenannte Versäumnis erfolgte schuldhaft im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB. Der Klägervertreter hatte keinerlei prozessuale Handhabe oder Berechtigung dafür, die Befragung der Sachverständigen im Termin vom 31.07.2008 zu verweigern. Das Landgericht hatte den unzulässigen und unbegründeten (vgl. Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 10.10.2008) Befangenheitsantrag gegen die Sachverständige noch im Termin vom 31.07.2008 zurückgewiesen und durfte deshalb auch in Anbetracht der vom Kläger zu Protokoll erhobenen Beschwerde ohne Weiteres anschließend die Anhörung der Sachverständigen durchführen. Entgegen der Einschätzung des Klägers war das Landgericht nicht gehalten, zuvor die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Beschwerde herbeizuführen (vgl. §§ 406 Abs. 1, 47 Abs. 2 ZPO). Der Standpunkt der Berufung liefe auf das prozessual offenkundig kontraproduktive Ergebnis hinaus, dass der Kläger die ihm unliebsame Anhörung der Sachverständigen mittels eines unzulässigen und unbegründeten Befangenheitsantrags gegen die Sachverständige hätte verhindern können. Darüber hinaus hätte eine Vertagung auch erhebliche (überflüssige) zusätzliche Verfahrenskosten verursacht. Wenn der Klägervertreter angesichts dieser eindeutigen Rechtslage dennoch keine Fragen an die Sachverständige gestellt hat, handelte er schuldhaft, was sich der Kläger gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. 5. Die Beklagte muss beweisen, dass das Versäumnis des Klägers schadensursächlich geworden ist (Palandt-Sprau, 72. Auflage, Rdnr. 73 zu § 839 BGB, Rdnr. 6 zu § 839a BGB). Indes ist der Senat davon überzeugt, dass das Versäumnis des Klägervertreters, unterstellt, dass das Sachverständigengutachten tatsächlich grob fahrlässig fehlerhaft war, ursächlich dafür geworden ist, dass es zu keiner Abänderung des Gutachtens (und einem für den Kläger günstigeren Urteil) gekommen ist. Der Sachverständige ist verpflichtet, sein Gutachten unpartei- isch nach bestem Wissen und Gewissen zu erstellen. Er vermittelt dem Gericht die diesem fehlende spezifische Fachkunde. Der Sachverständige steht als Vermittler von Fachwissen neutral zwischen den Parteien. Der Senat ist davon überzeugt, zumal der Sachverständige auch ein fundamentales Eigeninteresse daran haben muss, sich nicht der Gefahr der Haftung gemäß § 839a Abs. 1 BGB auszusetzen, dass die Beklagte, wenn ihr vom Klägervertreter am 31.07.2008 Vorhalte gemacht worden wären, die eine grob fahrlässige Fehlerhaftigkeit der bisherigen Begutachtung belegt hätten, also hätten erkennen lassen, dass die Sachverständige bei der bisherigen Begutachtung die verkehrsübliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß dadurch verletzt hat, dass sie schon einfachste und naheliegende fachliche Überlegungen nicht angestellt und das nicht beachtet hatte, was jedem eingeleuchtet hätte, sich solchen ohne Weiteres einleuchtenden Erwägungen und Einwendungen gegen das Gutachten nicht verschlossen und ihr Gutachten entsprechend geändert hätte. Zudem ist der Senat davon überzeugt, dass entsprechende Fragen und Vorhaltungen auch dem Landgericht Augsburg, unabhängig von einer Korrektur des Gutachtens durch die Sachverständige selbst, die Überzeugung vermittelt hätten, dass die bisherige Begutachtung keine ausreichende Entscheidungsgrundlage abgibt. Folglich kann dem Einwand der Berufung, dass eine Befragung der Sachverständigen durch die Klagepartei nichts erbracht hätte, nicht gefolgt werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 05.07.2007, III ZR 240/06, Rdnr. 10–12).« 3.4. Einholung eines Privatgutachtens OLG Celle (Urteil vom 10. November 2011, Az.: 13 U 84/11): Einholung eines Privatgutachtens erforderlich zum Nachweis der Fehlerhaftigkeit des Gerichtsgutachtens als Rechtsmittel bei der Schadensabwendungspflicht! Leitsatz der Entscheidung: Als Rechtsmittel im Sinne von § 839a Abs. 2 BGB i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB ist auch die Einholung eines Privatgutachtens zu dem Zwecke anzusehen, die angebliche Fehlerhaftigkeit des Gerichtsgutachtens gegenüber dem erkennenden Gericht aufzuzeigen. Aus den Gründen: »Nach dieser Maßgabe hat es der Kläger versäumt, durch Einlegung von Rechtsmitteln auf eine Korrektur des angeblich unrichtigen Sachverständigengutachtens des Beklagten im Vorverfahren hinzuwirken. aa) Das beruht bereits darauf, dass der Kläger kein Privatgutachten zur Widerlegung des Gutachtens des Beklagten eingeholt hat. Die Einholung eines Privatgutachtens zu dem Zwecke, die angebliche Fehlerhaftigkeit des Gerichtsgutachtens aufzuzeigen, ist als Rechtsmittel im Sinne des § 839a Abs. 2 BGB i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB anzusehen (vgl. in diesem Zusammenhang MünchKommBGB/ Wagner, 5. Aufl., § 839a Rn. 33, wonach im Rahmen der Frage der Erkennbarkeit der Fehlerhaftigkeit des Gerichtsgutachtens keine Obliegenheit bestehen soll, die Expertise des gerichtlichen Sachverständigen durch einen Privatgutachter überprüfen zu lassen). (1) Der Bundesgerichtshof hat in den vorgenannten Entscheidungen zu den Rechtsmitteln im Sinne der genannten Vorschrif- | 95 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 ten ausdrücklich auch einen formellen Beweisantrag auf Einholung eines neuen Gutachtens im Sinne von § 412 Abs. 1 ZPO genannt. Ein derartiger Antrag hat nach der Erfahrung des Senats allerdings in aller Regel nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn eine Partei einem ihr ungünstigen gerichtlichen Sachverständigengutachten ein Privatgutachten entgegenhält, das Fehler des Gerichtsgutachtens aufzeigt. Ohne ein derartiges Privatgutachten stellt sich die diesbezügliche Situation in der Praxis nach der Erfahrung des Senats in aller Regel wie folgt dar: Das Gericht, das regelmäßig von den dem Gutachten zu Grunde liegenden (technischen) Fragen keine (vertieften) Kenntnisse hat, kann das Gerichtsgutachten allenfalls daraufhin überprüfen, ob es in sich schlüssig und widerspruchsfrei ist. Sind diese Voraussetzungen gegeben, wird das Gericht in der Praxis in aller Regel auch dann keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 412 Abs. 1 ZPO sehen, wenn die (anwaltlich vertretene) Partei, die durch das Gerichtsgutachten beschwert ist, dem Sachverständigen im Rahmen seiner Anhörung – ohne eigene gutachterliche Unterstützung notwendigerweise ebenfalls eher laienhafte – Vorhalte macht und der Sachverständige hiernach an seinen schriftlichen Ausführungen festhält. Anders stellt sich die Situation dagegen dar, wenn die durch das gerichtliche Gutachten beschwerte Partei sich gegen dieses mit einem Privatgutachten zur Wehr setzt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist nämlich vom Tat richter besondere Sorgfalt gefordert, wenn eine Partei ein Privatgutachten vorlegt, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht. Er darf in diesem Fall – wie auch im Fall sich widersprechender Gutachten zweier gerichtlich bestellter Sachverständiger – den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt. Einwände, die sich aus einem Privatgutachten gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergeben, muss das Gericht ernst nehmen. Es muss ihnen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären. Wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige weder durch schriftliche Ergänzung seines Gutachtens noch im Rahmen seiner Anhörung die sich aus dem Privatgutachten ergebenden Einwendungen auszuräumen vermag, muss der Tatrichter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Sachaufklärung gem. § 412 ZPO ein weiteres Gutachten einholen (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2011 - IV ZR 190/08, zitiert nach juris, Tz. 5; BGH, Beschluss vom 18. Mai 2009 - IV ZR 57/08, zitiert nach juris, Tz. 7; ähnlich: BGH, Beschluss vom 27. Januar 2010 - VII ZR 97/08, zitiert nach juris, Tz. 9).« 3.5. Gänzliche Verhinderung des Schadens BVerfG (Beschluss vom 22. Februar 2011, Az.: 1 BvR 409/09): Gänzliche Verhinderung des Schadens durch Rechtsmittel erforderlich bei § 839 Abs. 3 BGB! Leitsatz der Entscheidung: Die Schadensersatzpflicht darf gemäß § 839 Abs. 3 BGB nur dann vollumfänglich verneint werden, wenn die Einlegung eines gebotenen Rechtsbehelfs den Eintritt des Schadens gänzlich verhindert. Aus den Gründen: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Schadensersatzpflicht gemäß § 839 Abs. 3 BGB nur dann vollumfänglich verneint werden, wenn die Einlegung eines gebotenen Rechtsbehelfs den Eintritt des Schadens gänzlich verhindert hätte. Wenn die Einlegung eines Rechtsbehelfs erst von einem bestimmten Zeitpunkt an weitere Schäden verhindert hätte, entfällt der Schadensersatzanspruch nur für diese späteren Schäden, bleibt jedoch für die bereits vorher entstandenen bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1986 - III ZR 77/84 -, NJW 1986, S. 1924; speziell für eine Amtshaftungsklage wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen: OLG München, Beschluss vom 10. August 2006 - 1 W 1314/06 -, NJW 2007, S. 1986). Für die Kausalität zwischen der Nichteinlegung des Rechtsbehelfs und dem Schadenseintritt ist der Schädiger beweispflichtig (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02 -, NJW 2004, S. 1241 <1242>; Urteil vom 11. März 2010 - III ZR 124/09 -, NJW-RR 2010, S. 1465). Bei der Frage, welchen Verlauf die Sache genommen hätte, wenn der Rechtsbehelf eingelegt worden wäre, ist grundsätzlich auch zu berücksichtigen, wie nach der wirklichen Rechtspraxis entschieden worden wäre (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02 -, NJW 2004, S. 1241 <1242>). 4. § 254 BGB LG Karlsruhe (Urteil vom 18. Februar 2009, Az.: 6 O 48/06): Mitverschulden des Ersteigerers bei Vertrauen auf ein länger zurückliegendes Gutachten und Verzicht auf eine eigene Besichtigung des Versteigerungsobjekts! Leitsätze der Entscheidung: Zum Mitverschulden der Ersteigerer einer Immobilie könnte das Vertrauen auf das zum Zeitpunkt der Ersteigerung schon zwei Jahre alte Gutachten über ein leerstehendes Gebäude und der Verzicht auf eine Besichtigung von innen, sofern diese möglich war, führen. Aus den Gründen: »4. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass selbst bei Bejahung einer Haftung des Beklagten im Grunde nach ein Mitverschulden der Klägerin gemäß § 254 BGB anzunehmen gewesen wäre, das die Haftung bis auf Null hätte reduzieren können. Das Mitverschulden der Klägerin könnte dabei auf folgende Umstände gestützt werden. Die Klägerin hätte mehr in Betracht ziehen müssen, dass zum Zeitpunkt der Ersteigerung die Begutachtung schon zwei Jahre zurücklag und dass das Haus infolge des zwischenzeitlichen Leerstandes gelitten haben könnte. Die Klägerin hat das Haus, obwohl dies möglich war (Zeugenaussage E., Protokoll vom 30.05.2008, Seite 9) vor Ersteigerung auch nicht von innen besichtigt. Die im Gutachten des Beklagten zumindest ansatzweise vorhandenen Hinweise auf Feuchteschäden im Kellerbereich hat die Klägerin offensichtlich nicht ausreichend beachtet. Schon aus dem Gutachten selbst ergibt sich, dass die dortigen Feststellungen für Bauschäden keinen abschließenden Charakter haben (vgl. dortige Seite 15, ganz unten, AH 917).« | 96 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 5. Strafrechtliche Konsequenzen unrichtiger Gutachten 6. Verfahrensfragen OLG Düsseldorf (Beschluss vom 31. März 2008, Az.: 1 Ws 167/07): Beihilfe zum versuchten Prozessbetrug durch falsches Gutachten? Leitsätze der Entscheidung: 1. Voraussetzung für einen (versuchten) Betrug zum Nachteil des Auftraggebers durch eine Handwerkerrechnung ist, dass entweder nicht erbrachte Leistungen aufgeführt werden oder eine »krasse Überhöhung« insgesamt oder in einzelnen Positionen vorliegt. 2. Die Schwelle zur Strafbarkeit wird erst bei einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung überschritten. 3. Ein auffälliges Missverhältnis liegt vor, wenn mindes tens das Doppelte der üblichen Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB berechnet wird. 4. Bestätigt ein Sachverständiger eine »krass überhöhte« Handwerkerrechnung als übliche Vergütung, kommt eine Verurteilung wegen Beihilfe zum (versuchten) Prozessbetrug in Betracht. Aus den Gründen: »3. Das tatsächliche Vorbringen in der Antragsschrift rechtfertigt auch nicht den Vorwurf, der Beschuldigte habe ein Aussagedelikt begangen. a) Konkrete und überprüfbare Anhaltspunkte für vorsätzliches Handeln (§§ 153 bis 155, 15 StGB) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der offensichtliche Fehler im schriftlichen Gutachten zur Angemessenheit der Materialpreise zeugt von nachlässiger Arbeit, besagt aber nichts zur Frage des Vorsatzes. Der Blick auf den ebenfalls offensichtlichen Fehler im eigenen Vorbringen des Antragstellers verdeutlicht das. In seiner Nachkalkulation (Seiten 38 f. und 83 der Antragsschrift) hat er zu seinen Gunsten die Mehrwertsteuer »vergessen«. Bei sonst gleichem Rechenwerk standen dem Kläger in jedem Fall 112,80 € (16 % von 705 €) mehr zu, als der Antragsteller einräumt. Den Vorwurf, damit habe er vorsätzlich falsch vorgetragen, würde der Antragsteller aber entschieden und im Zweifel zu Recht zurückweisen. b) Bei einem etwaigen fahrlässigen Falscheid (§§ 163 Abs. 1, 154 Abs. 1, 155 Nr. 2 StGB) war gemäß § 163 Abs. 2 Satz 1 StGB Straflosigkeit eingetreten. Die Frage, ob das schriftliche Gutachten eines Sachverständigen überhaupt eine Aussage im Sinne der §§ 153 f. StGB darstellt (so Lenckner, in: Schönke/ Schröder, StGB, 27. Aufl. [2006], vor § 153 Rdnr. 22; anderer Ansicht Fischer, StGB, 55. Aufl. [2008], Rdnr. 3; LK-Ruß, 12. Aufl. [1999], Rdnr. 4; SK-Rudolphi [Stand 1999], Rdnr. 2; MK-Müller [2005], Rdnr. 8; alle zu § 153 und mwN; unter haftungsrechtlichem Gesichtspunkt vgl. OLG Düsseldorf NJW 1986, 2891 und OLGR 2005, 533; OLG Rostock OLGR 2001, 194; OLG Hamburg OLGR 2001, 57; OLG Stuttgart BauR 2006, 712), braucht nicht vertieft zu werden. Jedenfalls hat der Beschuldigte bei seiner mündlichen Anhörung (unter Berufung auf seinen allgemein geleisteten Eid) am 9. Oktober 2006 die unklaren, missverständlichen oder falschen Angaben in seinem schriftlichen Gutachten klargestellt oder berichtigt. Die Berichtigung war rechtzeitig, §§ 163 Abs. 2 Satz 1, 158 Abs. 2 StGB, denn das Amtsgericht hat in seinem anschließenden Urteil den üblichen (s.o. unter 2.) Restwerklohn zugesprochen, und Anzeige hat der Antragsteller erst im November 2006 erstattet.« 6.1. OLG Frankfurt a.M. (Beschluss vom 17. Februar 2003, Az.: 2 W 49/02): Selbstständiges Beweisverfahren gegen den gerichtlich bestellten Sachverständigen: Zulässigkeit der Einholung eines Gutachtens zu demselben Beweisthema Leitsätze der Entscheidung: 1. Beabsichtigt die unterlegene Partei eines Rechtsstreits, einen Regressprozess gegen den gerichtlichen Sachverständigen zu führen, fehlt ihrem Antrag, ein gerichtliches Gutachten im selbstständigen Beweisverfahren durch einen anderen Sachverständigen zu demselben Beweisthema einzuholen, nicht das Rechtsschutzbedürfnis. 2. Denn zwischen den Parteien des nachfolgenden Regressprozesses gegen den ersten Sachverständigen und den Parteien des Ausgangsrechtsstreits besteht keine Parteiidentität. Aus den Gründen: »Die zulässige Beschwerde ( § 567 Abs. 1 Satz 2 ZPO) ist in der Sache auch begründet. Der Antragsteller begehrt die Begutachtung über den Zustand einer Sache. Er will von einem neuen Sachverständigen festgestellt wissen, dass das Grundstück ..........2 a durch Abgrabungen eine Gefahr für sein Grundstück darstelle, da zu befürchten sei, dass Boden abwandern werde, und dass eine vorhandene Florsteinwand ihre Stütze verlieren könnte. Dieses Begehren betrifft den Zustand einer Sache (§ 485 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Vorliegend hat der Antragsteller auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung, da durch das Abgraben eines tiefergelegenen Grundstücks durchaus Boden von einem höhergelegenen Grundstück abwandern oder abbrechen kann. Im Übrigen ist die Voraussetzung des rechtlichen Interesses im Rahmen des § 485 ZPO weit auszulegen (s. Hartmann bei Baumbach, 61. Aufl. 2003, Anm. 8 zu § 485 m.w.N.). Der Antragsteller begehrt die Beweissicherung, um einen sonst erforderlichen Rechtsstreit gegen den Antragsgegner zu vermeiden. Zwar liegt ein Sachverständigengutachten im Verfahren vor dem Amtsgericht Schlüchtern - Az.: C 764/96 - vor. Es betrifft dieselben Beweisfragen wie das vorliegend beantragte Sachverständigengutachten. Doch betraf das dortige Verfahren andere Parteien als im vorliegenden Beweissicherungsverfahren. Dort war zwar auch der jetzige Antragsteller Partei, jedoch richtete sich sein Begehr gegen seinen Nachbarn, der nunmehr nicht mehr Partei ist. § 412 ZPO findet auf diesen Fall keine Anwendung, da nicht in ein und demselben Verfahren mit denselben Parteien über denselben Streitgegenstand ein weiteres Gutachten erstattet werden soll (anders in den Entscheidungen OLG Düsseldorf, Baurecht 1997, S. 515 – 517; OLG Report Düsseldorf 1998, S. 160; OLG Hamm, Baurecht 2000, S. 1372; BayObLG in NJW-RR 2608). Die Beantragung des Beweissicherungsverfahrens ist vorliegend deshalb auch keine Umgehung des § 412 ZPO durch Beantragung des Verfahrens nach § 585 ZPO. Denn dem Antragsteller ist es unbenommen, gegen den Antragsgegner in einem ordentlichen Verfahren Schadensersatz gemäß § 839a BGB zu begehren. Wenn aber ein ordentliches Verfahren nicht ausgeschlossen ist, dann muss auch ein Beweissicherungsverfahren zuvor gemäß § 485 ZPO zulässig sein. Die Entscheidung | 97 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 in dem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht in Schlüchtern bindet das Landgericht Hanau im vorliegenden Verfahren nicht, da dort andere Parteien betroffen waren. Sinn und Zweck des § 485 ZPO ist es unter anderem neben einer Beweissicherung auch einen Prozess zu vermeiden. Somit gebietet die Intension des § 485 ZPO seine weite Auslegung aus prozessökonomischen Gründen (s. dazu auch Hartmann a.a.O., Anm. 2 vor § 485). Da soweit erkennbar die Frage, ob der Antrag auf ein Beweissicherungsverfahren gegen einen Sachverständigen eines früheren Rechtsstreits mit anderen Beteiligten über die bereits dort begutachtete Beweisfrage (identische Beweisfrage) wegen der §§ 412 und 355 ZPO verbietet, dem Antrag gemäß § 485 ZPO im zweiten Verfahren stattzugeben, höchstrichterlich noch nicht entschieden worden ist, wird vorliegend wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache und der Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Ziff. 1 + 2 ZPO) die Rechtsbeschwerde zugelassen.« 6.2. OLG Schleswig (Beschluss vom 13. April 2004, Az.: 16 W 7/04): Selbstständiges Beweisverfahren unzulässig bei fehlender Kausalität zwischen Gutachten und Entscheidung Leitsatz der Entscheidung: Ein rechtliches Interesse im Sinne des § 485 Abs. 2 ZPO an der Durchführung des beantragten selbständigen Beweisverfahrens ist zu verneinen, wenn eine Anspruchsgrundlage für einen behaupteten Schadensersatzanspruch zwar theoretisch denkbar ist, aber nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers ganz offensichtlich nicht gegeben sein kann. Aus den Gründen: »b) Entgegen der Ansicht der Antragsteller kommt auch eine Haftung des Antragsgegners nach § 839a BGB nicht in Betracht, weil der geltend gemachte Schaden nicht vom Schutzbereich dieser Norm erfasst wird. Zwar ist den Antragstellern einzuräumen, dass eine Anwendbarkeit dieser Norm nach Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB nicht aus Gründen ihrer zeitlichen Geltung ausgeschlossen ist. Der Schaden der Antragsteller war in der Tat erst mit dem Zuschlag vom 30. August 2002 eingetreten, also nach dem für das schädigende Ereignis maßgeblichen Stichtag vom 1. August 2002 im Sinne der Übergangsregelung in Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB. Auch trifft zu, dass die vorgelegte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20. Mai 2003 (abgedruckt: VersR 2003, 1049) so verstanden werden könnte, als hielte der Bundesgerichtshof § 839a BGB für Fälle der vorliegenden Art für einschlägig. Indes ist § 839a BGB nicht einschlägig, womit sich der Bundesgerichtshof nicht befassen musste und auch nicht befasst hat. Eine Haftung der Antragsgegner wegen des behaupteten Fehlers nach § 839a BGB scheidet nämlich nach richtiger Ansicht schon deshalb aus, weil die gerichtliche Entscheidung, nämlich der Zuschlag vom 30. August 2002, nicht auf dem angeblich falschen Wertgutachten des Antragsgegners beruht. Das Wertfestsetzungsverfahren nach dem ZVG ist als selbstständiges Nebenverfahren ausgestaltet. Der Zuschlagsbeschluss wird nicht dadurch materiell unrichtig, dass zuvor der Wert des Grundstücks falsch festgesetzt worden ist. § 74a Abs. 5 Satz 4 ZVG schließt eine Anfechtung des Zuschlags wegen einer unrichtigen, aber rechtskräftigen Wertfestsetzung ausdrücklich aus. Folglich beruht lediglich der rechtskräftige Wertfestset- zungsbeschluss, nicht aber der Zuschlagsbeschluss auf dem angeblich falschen Wertgutachten des Antragsgegners. Erst der Zuschlagsbeschluss kann aber zu einem Schaden der Antragsteller geführt haben. Folglich richtet sich im Verhältnis zwischen Ersteigerer und gerichtlich bestelltem privaten Sachverständigen dessen Haftung weiterhin allein nach der allgemeinen Deliktsnorm des § 826 BGB (zu allem eingehend Wagner und Thole, VersR 2004, 275 ff.). Dass die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 826 BGB gegeben sein könnten, behaupten aber auch die Antragsteller nicht.« 6.3. OLG Frankfurt a.M. (Urteil vom 15. Juli 2004, Az.: 1 U 78/01): Ausschluss des Sachverständigen nach Streitverkündung Leitsatz der Entscheidung: Mit Beitritt als Streitgehilfe ist der Sachverständige entsprechend der für Richter geltenden Bestimmung des § 41 ZPO kraft Gesetzes von einer weiteren Mitwirkung als Sachverständiger ausgeschlossen. Aus den Gründen: »Der wesentliche Verfahrensmangel ist darin zu sehen, dass das erstinstanzliche Verfahren nach dem Beitritt des Sachverständigen S als Streithelfer der Kläger unter dessen weiterer Beteiligung als Sachverständiger fortgesetzt wurde und dass mit dessen sachverständiger Beratung das angefochtene Urteil ergangen ist. Denn seit seinem Beitritt als Streitgehilfe der Kl. war der Sachverständige S entsprechend der für Richter geltenden Bestimmung des § 41 ZPO kraft Gesetzes von einer weiteren Mitwirkung als Sachverständiger ausgeschlossen (Zöller, ZPO, 24. Aufl. § 41 Rdnr. 6; MünchKomm, ZPO, 2000, § 41, Rdnr. 16; Stein-Jonas, 1993, § 41 Rdnr. 7). Das Vordergericht war daher von Gesetzes wegen verpflichtet, das weitere Verfahren ohne den Streithelfer S als Sachverständigen durchzuführen. Wegen dieses wesentlichen Verfahrensfehlers, der auf Grund der weiteren sachverständigen Beratung des LG durch den Streithelfer S das angefochtene Urteil betrifft, war die Zurückverweisung des Rechtsstreits geboten. Der Senat weist ferner darauf hin, dass das angefochtene Urteil auch insoweit an einem erheblichen Mangel leidet, als es nicht hinreichend nachvollziehbar macht, woraus sich der zugesprochene Gesamtbetrag im Einzelnen ergibt. Die bloße Bezeichnung einzelner Mangelpunke macht dies wegen fehlender Benennung der dazu jeweils zu Grunde gelegten Beträge nicht hinlänglich nachvollziehbar, sodass es der Entscheidung an der zu Gebote stehenden Klarheit fehlt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der unter Ziffern 38 ff. genannten Mangelpunkte sowie in Anbetracht dessen, dass die gegebene, sehr pauschal auf den Sachverständigen Bezug nehmende Begründung eine hinreichende Auseinandersetzung mit den dagegen erhobenen Parteieinwänden vermissen lässt. Eine nähere, ins Einzelne gehende Begründung war auch in Anbetracht dessen erforderlich, dass der Gutachter teilweise von Parteivorgaben und von Schätzungen ausgegangen ist. Das Vordergericht wird gehalten sein, derartige Mängel bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits zu vermeiden.« | 98 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 6.4. BGH (Beschluss vom 16. September 2004, Az.: III ZB 33/04): Rechtliches Interesse an Feststellung im selbstständigen Beweisverfahren Leitsätze der Entscheidung: 1. In dem selbstständigen Beweisverfahren auf Begutachtung durch einen Sachverständigen (§ 485 Absatz II ZPO) ist der Sachvortrag des Antragstellers hinsichtlich des Hauptanspruchs, zu dessen Geltendmachung die Begutachtung dienen soll, grundsätzlich nicht auf seine Schlüssigkeit oder Erheblichkeit zu prüfen. 2. Ausnahmen können etwa gelten, wenn von vornherein ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht erkennbar ist. Aus den Gründen: »Eine ganz offensichtliche Aussichtslosigkeit des Rechtsschutzbegehrens, zu dessen Vorbereitung das hier in Rede stehende selbstständige Beweisverfahren dienen soll, kann hier nicht festgestellt werden. a) Die Ast. berühmen sich eines Anspruchs gegen den Ag., weil dieser als gerichtlich bestellter Sachverständiger in einem Zwangsversteigerungsverfahren grob fahrlässig ein Wertgutachten falsch erstellt habe. Es seien gröbste Mängel des Hauses übersehen worden, sodass ein Wert von 248.000 € statt richtigerweise von allenfalls 190.000 € ermittelt worden sei. Das AG habe den Verkehrswert auf der Basis des falschen Gutachtens mit 248.000 € festgesetzt, woraufhin sie, die Ast., das Grundstück für 195.500 € ersteigert hätten. Wäre der Verkehrswert auf Grund eines zutreffenden Wertgutachtens mit etwa 190.000 € festgesetzt worden, hätten sie das Grundstück für einen beträchtlich niedrigeren Betrag als 195.000 € ersteigert. b) Auf der Grundlage dieses Vorbringens hat das BeschwGer. einen Schadensersatzanspruch der Ast. gegen den Ag. nach § 839a BGB in Betracht gezogen. Diese Bestimmung ist durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 (BGBl. I, 2674) in das BGB eingefügt worden und schafft eine systematisch im Umfeld der Amtshaftung angesiedelte Haftung des gerichtlichen Sachverständigen für solche Schäden, die einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entstehen, die auf einem vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Gutachten beruht. Das BeschwGer. geht auch zutreffend davon aus, dass das hier in Rede stehende Schadensereignis – die Ersteigerung des Grundstücks – zeitlich in den Geltungsbereich dieser Bestimmung fallen kann, da es nach dem 31.07.2002 eingetreten ist (Artikel 229 § 8 Absatz I EGBGB). c) Das BeschwGer. meint, eine Haftung des Ag. wegen des behaupteten Fehlers nach § 839a BGB scheide schon deshalb aus, weil die gerichtliche Entscheidung, nämlich der Zuschlag vom 30.08.2002, nicht auf dem angeblich falschen Wertgutachten beruhe. Das Wertfestsetzungsverfahren nach dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung sei als selbstständiges Nebenverfahren ausgestaltet. Der Zuschlagsbeschluss werde nicht dadurch materiell unrichtig, dass zuvor der Wert des Grundstücks falsch festgesetzt worden sei. § 74a Absatz V 4 ZVG schließe eine Anfechtung des Zuschlags wegen einer unrichtigen, aber rechtskräftigen Wertfestsetzung ausdrücklich aus. Folglich beruhe lediglich der rechtskräftige Wertfestsetzungsbeschluss, nicht aber der Zuschlagsbeschluss auf dem angeblich falschen Wertgutachten des Ag. Erst der Zuschlagsbeschluss könne aber zu einem Schaden der Ast. geführt haben. d) Mit dieser Argumentation verläßt das BeschwGer. die ihm im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens zustehende eingeschränkte Prüfungskompetenz, ob ein rechtliches Interesse der Ast. an der begehrten Tatsachenfeststellung anzunehmen ist. Die vom BerGer. erörterten Gesichtspunkte betreffen rechtsgrundsätzliche Fragen zum Umfang der Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a BGB. Dementsprechend hat auch der BGH in zwei noch zum früheren Recht ergangenen Entscheidungen für vergleichbare Fallkonstellationen in Betracht gezogen, dass nach neuem Recht eine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a BGB eintreten könne (Senat, NVwZ-RR 2003, Seite 401 = NZM 2003, Seite 411 = VersR 2003, Seite 1535 f.; Urt. des VI. Zivilsenats, NJW 2003, Seite 2825 f. = VersR 2003, Seite 1049 f.). Das selbstständige Beweisverfahren ist – wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt – nicht dazu geeignet, diese Fragen abschließend zu entscheiden; vielmehr nimmt der angefochtene Beschluss in unzulässiger Weise die Hauptsache vorweg.« 6.5. OLG Celle (Beschluss vom 24. August 2005, Az.: 7 W 86/05): Unzulässige Streitverkündung gegen den bestellten Gerichtssachverständigen Leitsätze der Entscheidung: 1. Es spricht einiges dafür, dass die Streitverkündung an den im laufenden Verfahren gerichtlich beauftragten Sachverständigen unzulässig ist. 2. Die (sofortige) Beschwerde des Gerichtsgutachters gegen einen Beschluss, in dem der Antrag die Zustellung der Streitverkündungsschrift, für unwirksam zu erklären, zurückgewiesen wurde, ist unzulässig. Insbesondere fehlt es an einer greifbaren Gesetzwidrigkeit. Aus den Gründen: »3. Die Beschwerde des Streitverkündeten ist schließlich nicht als außerordentliche Beschwerde statthaft. Nach allgemeiner Ansicht ist eine an sich nicht eröffnete Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der »greifbaren Gesetzeswidrigkeit” als außerordentliche Beschwerde zuzulassen, wenn sich die Entscheidung des Ausgangsgerichts als grob fehlerhaft erweist (Zöller, ZPO, 23. Aufl., zu § 567 Rz. 18 ff.; Baumbach/ Lauterbach, ZPO, 60. Aufl., zu § 567 Rz. 6 ff.). Vorliegend stellt sich die Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes an den Sachverständigen indes nicht als greifbar gesetzeswidrig dar. Von dem Streitverkündeten wird in seiner Beschwerdeschrift darauf hingewiesen, dass die ihm ggü. erfolgte Streitverkündung unzulässig sei, weil er in dem Verfahren als gerichtlich beauftragter Sachverständiger tätig sei und er deshalb kein Dritter i.S.d. § 72 ZPO sei. Es spricht einiges dafür, dass dieser Einwand zutreffend ist (so auch: Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., 2005, § 72 Rz. 1). Aus der bloßen Unzulässigkeit einer Streitverkündung folgt aber nicht, dass das Gericht die Zustellung des Schriftsatzes hätte ablehnen müssen. Vielmehr gilt, dass das Gericht auch in einem selbstständigen Beweisverfahren den Streitverkündungsschriftsatz dem Betroffenen zuzustellen hat, ohne die Zulässigkeit der Streitverkündung hiervon abhängig zu machen. Enthält ein Schriftsatz eine Streitverkündungserklärung und entspricht den Anforderungen eines bestimmenden Schriftsatzes, muss dieser ohne weitergehende Prüfung gem. § 73 S. 2 ZPO dem Streitverkündeten zugestellt werden (vgl. OLG München v. 28.5.1993 - 28 W 1601/93, OLGReport München 1993, 200 = NJW 1993, 2756; OLG Celle v. 28.5.1993 - 6 W 17/93, | 99 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 OLGReport Celle 1994, 44; OLG Frankfurt BauR 2001, 677). Denn das Gericht hat nur Zustellungshilfe für die Partei zu leisten, die den Schriftsatz eingereicht hat (vgl. Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., zu § 73 Rz. 2, a.E.). Dem steht nicht entgegen, dass die Streitverkündung im Falle ihrer Zulässigkeit prozessual und materiell-rechtliche Wirkungen auslöst. Denn die bloße Zustellung des Schriftsatzes als solche hat keine Auswirkung in Bezug auf die Beurteilung der Zulässigkeit der Streitverkündung, die regelmäßig erst in einem Folgeprozess geprüft wird. In seiner Beschwerdeschrift hat der Streitverkündete weiter eingewandt, da die Streitverkündung an einen Gerichtsgutachter eine nicht hinnehmbare Einflussnahme auf das Gerichtsverfahren sei und die für die Gerichtsgutachtertätigkeit unverzichtbare Unparteilichkeit des Sachverständigen untergrabe, sei das LG gehindert gewesen, die Streitverkündungsschrift zuzustellen. Allgemein anerkannt ist auch, dass bei rechtsmissbräuchlichen Anträgen kein Anspruch des Antragstellers auf Bearbeitung und Entscheidung besteht (Zöller, ZPO, 23. Aufl., Einl. Rz. 48a). Für den Missbrauch prozessualer Befugnisse müssen aber klare und eindeutige Anhaltspunkte vorliegen (Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., vor § 3 Rz. 232). Diese lassen sich hier nicht feststellen. Zwar erweckt die von der Antragsgegnerin beantragte Streitverkündung objektiv den Eindruck, dass sie hierdurch Einfluss auf den Sachverständigen und damit auf das Beweisverfahren nehmen will. Hieraus lässt sich aber nicht zwingend herleiten, dass die Antragsgegnerin von der Möglichkeit der Streitverkündung in rechtsmissbräuchlicher Weise Gebrauch machen wollte, was für eine Ablehnung der Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes Voraussetzung gewesen wäre. Der Umstand, dass eine Streitverkündung ggü. dem gerichtlich bestellten Sachverständigen, der zur Unparteilichkeit verpflichtet ist, für diesen eine Belastung ist, reicht allein nicht aus, um die beantragte Zustellung als rechtsmissbräuchliches Vorgehen zu werten. Ein besonnener Sachverständiger, der von einem Beitritt absehen wird, wird die Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes ebenso wie ein unbegründetes Ablehnungsgesuch ohnehin nur als untauglichen Versuch werten, ihn an der Ausführung des gerichtlich erteilten Auftrags zu behindern. Die Antragsgegnerin selbst hat die Streitverkündung ggü. dem Sachverständigen damit begründet, dass sie in Bezug auf die vorliegenden Gutachten vom 20.11.2004 und 13.04.2005 Schadensersatzansprüche im Rahmen des § 839a BGB absichern wolle. Hierfür hätte es der Streitverkündung (bei unterstellter Zulässigkeit) an sich nicht bedurft. Eine zulässige Streitverkündung im selbstständigen Beweisverfahren hat zur Folge, dass dem Streitverkündeten das Ergebnis der Beweisaufnahme entsprechend § 68 ZPO in einem nachfolgenden Prozess entgegengehalten werden kann (BGH v. 05.12.1996 – VII ZR 108/95, MDR 1997, 390 = BauR 1997, 347). Vorliegend ergibt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme ausschließlich aus den Gutachten des Streitverkündeten, an die er sich unabhängig von einer etwaigen Streitverkündung festhalten lassen muss. Dass der Antragsgegnerin dies bewusst war und sie den Verweis auf § 839a BGB nur vorgeschoben hat, um die Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes an den Sachverständigen in der Hoffnung zu erreichen, dass dieser die vorgelegten Fragen unter dem Druck der Streitverkündung nicht mehr unparteiisch beantworten wird, kann indes ohne dahingehende greifbare Anhaltspunkte nicht angenommen werden. Hiergegen spricht vielmehr, dass die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 13.06.2005 vorsorglich zugleich einen Ablehnungsantrag gegen den Sachver- ständigen gestellt hat. Dies deutet darauf hin, dass sie den Sachverständigen aus dem Verfahren drängen will mit dem Ziel, dass von dem Gericht ein weiteres Gutachten eingeholt wird, und sie vor diesem Hintergrund die Streitverkündung veranlasst hat. Da die Streitverkündung allein für eine Stattgabe des Befangenheitsantrags nicht ausreichend ist, weil die bloße Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen nicht rechtfertigen kann, hat die Antragsgegnerin, die dies wohl erkannt hat, ergänzend vorgebracht, dass sie am 07.06.2006 vermeintliche Informationen erhalten habe, die Anlass zur Besorgnis der Befangenheit seitens des Sachverständigen geben würden.« 6.6. OLG Koblenz (Beschluss vom 28. September 2005, Az.: 12 U 251/05): Streitverkündung und Zustellung an den Gutachter sind unzulässig! Leitsätze der Entscheidung: 1. Die Streitverkündung an den vom Gericht beauftragten Sachverständigen ist unzulässig. 2. Die Zustellung der Streitverkündungsschrift an diesen Sachverständigen ist rechtswidrig. Aus den Gründen: »Die Streitverkündung, die einem Sachverständigen in dem Rechtsstreit erklärt wird, in dem er mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt wurde, ist nach Auffassung des Senats unzulässig, was sich aus mehreren Überlegungen ergibt. Gemäß § 72 ff. ZPO ist die Streitverkündung zunächst die Benachrichtigung eines Dritten von einem anhängigen Prozess, die auf dem Hintergrund erfolgt, dass eine der Prozessparteien geltend macht, im Falle des Prozessverlustes einen Anspruch gegen diesen Dritten erheben zu können oder einem Anspruch seitens dieses Dritten ausgesetzt zu sein. Die mit der Streitverkündung verbundene, unabhängig vom Beitritt oder Nichtbeitritt des Dritten eintretende Nebeninterventionswirkung (§ 74 Abs. 3 ZPO) verfolgt zu Gunsten des Streitverkünders den Zweck, dem Dritten in einem seinerseits mit dem Streitverkünder geführten Folgerechtsstreit den Einwand abzuschneiden, der Ursprungsprozess sei unrichtig entschieden oder schlecht geführt worden. Dabei liegt der Sinn des Instituts der Streitverkündung vorrangig darin, die streitverkündende Partei vor einem doppelten Prozessverlust zu bewahren, obwohl sie gemäß der sich im Erstprozess darstellenden Rechtslage infolge der materiellrechtlichen gegenseitigen Abhängigkeit der in beiden Prozessen geltend zu machenden Ansprüche den Folgeprozess gewinnen müsste (Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 72 Rn. 1; § 74 Rn. 7). Da die Nebeninterventionswirkung auch ohne Zutun des Streitverkündeten eintritt, greift sie gemäß § 68 2.Hs. ZPO dann nicht ein, wenn er durch die dort aufgeführten Umstände gehindert war, Angriffsoder Verteidigungsmittel geltend zu machen. Im Gegensatz zu diesem Regelungszweck der Streitverkündung ist für den Fall der Streitverkündung an einen im Erstprozess tätigen Sachverständigen bezeichnenderweise festzustellen, dass die oben dargestellten, für den Streitverkünder als Hilfe gedachten Wirkungen der Streitverkündung im Regelfall gar nicht erreicht werden können. Behauptet nämlich eine Partei, sie werde den Prozess verlieren, weil der Sachverständige ein falsches (ihr nachteiliges) Gutachten erstattet, so würde ihr die Streitverkündung gegen den Sachverständigen nur dann helfen können, wenn durch sie dem Sachverständigen verwehrt wäre, in einem Folgeprozess noch vorzubringen, sein Gutachten sei | 100 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 richtig gewesen. Gerade dies ist aber nicht der Fall, denn der Prozessverlust der streitverkündenden Partei kann nur auf der gerichtlichen Feststellung beruhen, dass das Gutachten richtig sei. Dann ist der Sachverständige aber trotz der Streitverkündung gerade nicht gehindert, dies auch im Folgeprozess zu behaupten (vgl. Rickert/König in NJW 2005, 1829). Zwar ist auch eine andere Fallgestaltung als die eben erörterte denkbar, nämlich beispielsweise die, dass eine Partei durch ein ihr günstiges gerichtliches Gutachten zu einer erheblichen Klageerweiterung bestimmt wird, gleichzeitig aber die nicht unbegründete Besorgnis hegt, das Gericht könne aufgrund eines Parteigutachtens der Gegenseite oder eines Obergutachtens dennoch zu einem dem Erstgutachten nicht entsprechenden Ergebnis kommen. Erklärt unter solchen Umständen der Kläger dem Gutachter wegen befürchteter Kostennachteile den Streit, so kann dies sinnvoll erscheinen, um ihm in einem nachfolgenden Schadensersatzprozess die Behauptung abzuschneiden, sein Gutachten sei doch richtig gewesen. Allerdings ist der Senat der Auffassung, dass bei einem solchen Sachverhalt der nicht beigetretene Sachverständige im Folgeprozess nach dem Sinn des § 68 2. Hs ZPO mit dem Einwand gehört werden müsste, ihm sei aufgrund seiner Sachverständigenstellung im Erstprozess ein Beitritt nicht zumutbar gewesen. Folgt man dieser Auffassung, würde sogar auch in einem solchen Fall die Streitverkündung gegen den Willen der Sachverständigen nicht zum Ziel führen. Ein weiteres Indiz für die Ungeeignetheit der Streitverkündung in einem Fall wie dem vorliegenden ist die Überlegung, dass diejenigen Sachverhalte, für die das Gesetz die Streitverkündung vorsieht, in der Regel nicht einen Sachverhalt erfassen, in dem – wie hier – das bei Prozessverlust zum Regressanspruch führende Geschehen (Erstattung eines falschen Gutachtens) sich überhaupt erst während des Erstprozesses vollzieht. Das vom Gesetzgeber vorgestellte Alternativverhältnis der Ansprüche (Zöller, a.a.O., § 72 Rn. 5) ist regelmäßig schon vollständig in dem Streitstoff enthalten, der als bereits abgeschlossener Lebenssachverhalt der Klageerhebung im Erstprozess zugrunde liegt. Führen die oben stehenden Erwägungen – unter der Voraussetzung, dass auch die Ausführungen zur einschränkenden Auslegung des § 68 ZPO gebilligt werden – zu der Erkenntnis, dass eine Streitverkündung gegenüber einem gerichtlich bestellten Sachverständigen die Nebeninterventionswirkung gar nicht entfalten kann, so könnte dies allerdings ohne Weiteres zu dem Schluss führen, dass im Erstprozess eine solche Streitverkündung den Sachverständigen nicht zu berühren braucht, sodass ohne Schaden für das Erstgericht und den Gutachter selbst die Streitverkündung zugestellt werden und die Prüfung ihrer Zulässigkeit sowie des Eingreifens ihrer Nebeninterventionswirkung dem Folgeprozess überlassen bleiben könnte. Nach Meinung des Senats ist eine solche Sichtweise jedoch unzutreffend und erschöpft die Problematik nicht. Im Hinblick auf den Erstprozess stellt sich nämlich die Streitverkündung an den gerichtlichen Sachverständigen als Eingriff in die ordnungsgemäße Funktion der Rechtsprechungsorgane (Art. 20 Abs. 3 GG) und somit als rechtsmissbräuchlich dar. Dies zeigt sich bereits an den eingangs erörterten Überlegungen, wonach in einem solchen Fall das Ziel der Streitverkündung von vornherein nicht erreicht werden kann und sie zudem auf einen Sachverhalt angewendet wird, für den sie nicht geschaffen wurde. Dass eine Streitverkündung unter solchen Umständen zulässig sein sollte, erscheint schon fraglich. Zudem bedeutet die Streitverkündung während des laufenden Erstprozesses einen Angriff gegen den Sachverständigen sowohl in persönlicher Hinsicht als auch bezüglich seiner Stellung als Gehilfe des Gerichts. Daran ändert es nichts, dass die Streitverkündung, wie dargelegt, in den meisten Fällen nachteilige Wirkungen für den Sachverständigen nicht entfalten kann. Diese Erkenntnis kann er jedoch nicht selbst gewinnen, sondern nur nach gründlicher juristischer Beratung unter Einbeziehung aller Umstände des einzelnen Falles. Sich zur Durchführung seiner Sachverständigenaufgabe einer Rechtsberatung zu bedienen, ist ihm jedoch nicht zumutbar. Will der Sachverständige sich angesichts des ihm angedrohten Regressprozesses frühzeitig verteidigen, so wird er demnach (evtl. auch auf Aufforderung seiner Haftpflichtversicherung) dem Rechtsstreit beitreten und verliert auf diese Weise seine unbefangene Stellung. Das Gericht ist in diesem Fall auf die erneute Einholung eines Gutachtens angewiesen, und der Sachverständige verliert seinen Vergütungsanspruch. Tritt er hingegen nicht bei, bietet er zwar den Parteien keinen Anlass, seine Neutralität zu bezweifeln; jedoch muss er nunmehr persönliche Nachteile aus der Nebeninterventionswirkung befürchten und mag (unwillkürlich) veranlasst sein, sein Gutachten mit ungebührlicher Vorsicht und Rücksichtnahme auf die Interessen des Streitverkünders zu erstatten. In beiden Fällen ist im Ergebnis die ungestörte Rechtsprechungsfunktion des Gerichts beeinträchtigt, und zwar als unmittelbare Wirkung der Streitverkündung selbst, die sich auch nicht erst im Folgeprozess zeigt, sondern bereits im Erstprozess. Zwar ist ein Sachverständiger grundsätzlich vor einer späteren Inanspruchnahme infolge der Erstellung eines Gerichtsgutachtens nicht geschützt, wie § 839a ZPO zeigt. Es ist aber nicht hinnehmbar, dass er im Zusammenhang mit seiner Ernennung als Gerichtsgutachter bereits in demjenigen Rechtsstreit Nachteile befürchten muss, in dem er bestellt ist und als unabhängiger Helfer des Gerichts tätig werden soll. Auch er muss vor unberechtigter Einflussnahme auf seine Tätigkeit geschützt werden. Diese Überlegungen führen ohne Weiteres dazu, die Meinung derjenigen Autoren für richtig zu halten, die den gerichtlich bestellten Sachverständigen schon nicht als »Dritten« im Sinne des § 72 ZPO ansehen (Böckermann in MDR 2002, 1348 und im Anschluss hieran ebenso (ohne nähere Kommentierung) Zöller, a.a.O., § 72 Rn.1; Baumbach/Lautermann/Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 72 Rn. 5; Stein-Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 72 Rn. 3; Rickert/König, a.a.O.). So wie bei genauer Betrachtung der zur Streitentscheidung berufene Richter nicht Dritter im Sinne der Vorschrift sein kann, muss dies auch für den gerichtlichen Sachverständigen gelten, dessen Aufgabe es ist, den Richter bei der Ermittlung des richtigen Sachverhalts und also im Kernbereich seiner Rechtsprechungsaufgabe zu unterstützen. Die herausragende Bedeutung seiner Stellung im Rahmen der Rechtsfindung zeigt sich allein schon daran, dass das Neutralitätsgebot für den Sachverständigen in gleicher Weise gilt wie für das Gericht. Nach allem liegt für den Senat die Unzulässigkeit der Streitverkündung gegen den gerichtlichen Sachverständigen auf Grund vielfältiger Überlegungen gewonnenes Endergebnis auf der Hand.« | 101 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 6.7. OLG Celle (Beschluss vom 14. November 2005, Az.: 7 W 117/05): Zustellung ungeprüfter Streitverkündung an gerichtlich bestellten Sachverständigen Leitsätze der Entscheidung: 1. Das Gericht hat den Streitverkündungsschriftsatz dem Betroffenen grundsätzlich ohne Prüfung der Zulässigkeit der Streitverkündung zuzustellen. 2. Dies gilt nicht, wenn die Streitverkündung gegenüber dem im Rechtsstreit tätigen Sachverständigen in der Absicht einer rechtsmissbräuchlichen Einflussnahme auf die Gutachtertätigkeit erfolgt. 3. Gegen einen Beschluss, mit dem der Antrag des Sachverständigen, die Zustellung der Streitverkündungsschrift für unzulässig zu erklären, zurückgewiesen wird, steht ihm das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu. Aus den Gründen: »2. Der Sachverständige beanstandet jedoch zu Unrecht die Zulässigkeit der Zustellung der Streitverkündungsschrift an ihn. a) Von dem Bf. wird unter anderem darauf verwiesen, die ihm gegenüber erfolgte Streitverkündung sei schon deshalb unzulässig, weil er in dem Verfahren als gerichtlich beauftragter Sachverständiger tätig und deshalb kein Dritter i.S. des § 72 ZPO sei (BGH, BeckRS 2005, BECKRS Jahr 04008; so auch Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. [2005], § 72 Rdnr. 1; Rickert/König, NJW 2005, Seite 1829). Es kann dahin stehen, ob dieser Einwand zutreffend ist. Aus der möglichen Unzulässigkeit einer Streitverkündung folgt nämlich nicht, dass das Gericht die Zustellung des Schriftsatzes hätte ablehnen müssen. Vielmehr gilt, dass das Gericht den Streitverkündungsschriftsatz dem Betroffenen zuzustellen hat, ohne die Zulässigkeit der Streitverkündung zu prüfen. Enthält ein Schriftsatz eine Streitverkündungserklärung und entspricht er den Anforderungen eines bestimmenden Schriftsatzes, muss dieser ohne weitergehende Prüfung gem. § 73 S. 2 ZPO dem Streitverkündeten zugestellt werden (vgl. OLG München, NJW 1993, Seite 2756; OLG Celle, OLG-Report 1994, Seite 44; OLG Frankfurt a.M., BauR 2001, Seite 677). Denn das Gericht hat nur Zustellungshilfe für die Partei zu leisten, die den Schriftsatz eingereicht hat (vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 73 Rdnr. 2 a.E.). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Streitverkündung im Falle ihrer Zulässigkeit prozessual und materiell-rechtliche Wirkungen auslöst. Denn die bloße Zustellung des Schriftsatzes als solche hat keine Auswirkung in Bezug auf die Beurteilung der Zulässigkeit der Streitverkündung, die regelmäßig erst in einem Folgeprozess geprüft wird. Die ZPO bürdet die Ungewissheit über die Wirksamkeit der Streitverkündung im Übrigen dem Dritten als Streitverkündungsempfänger auf (vgl. auch Senat, Beschl. v. 24.08.2005 - Aktenzeichen 7 W 86/05). b) In seiner Beschwerdeschrift hat der Streitverkündete weiter eingewandt, die Streitverkündung an einen Gerichtsgutachter stelle eine nicht hinnehmbare, letztlich rechtsmissbräuchliche Einflussnahme auf das Gerichtsverfahren dar und untergrabe die für die Gerichtsgutachtertätigkeit unverzichtbare Unparteilichkeit des Sachverständigen (so auch Rickert/König, NJW 2005, Seite 1829; Kamphausen, IBR 2005, Seite 270; Böckermann, MDR 2002, Seite 1348). Es ist allgemein anerkannt, dass bei rechtsmissbräuchlichen Anträgen kein Anspruch des Ast. auf Bearbeitung und Entschei- dung besteht (Zöller/Vollkommer, Einl. Rdnr. 48a). Für den Missbrauch prozessualer Befugnisse müssen aber klare und eindeutige Anhaltspunkte vorliegen (Stein/Jonas/Roth, Vorb. § 3 Rdnr. 232). Diese lassen sich hier nicht feststellen, auch wenn sich die Kl. durch ihre Vorgehen mit der Streitverkündung einem negativen Eindruck aussetzt. Zwar erweckt die von der Kl. vorgenommene Streitverkündung objektiv den Eindruck, dass sie hierdurch Einfluss auf den Sachverständigen und damit auf das Verfahren nehmen will. Hieraus lässt sich aber nicht zwingend herleiten, dass sie von der Möglichkeit der Streitverkündung in rechtsmissbräuchlicher Weise Gebrauch machen wollte, was für eine Ablehnung der Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes Voraussetzung gewesen wäre. Der Umstand, dass eine Streitverkündung gegenüber dem gerichtlich bestellten Sachverständigen, der zur Unparteilichkeit verpflichtet ist, für diesen eine Belastung ist, reicht allein nicht aus, um die beantragte Zustellung als rechtsmissbräuchliches Vorgehen zu werten. Ein besonnener Sachverständiger, der von einem Beitritt absehen wird, wird die Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes ebenso wie ein unbegründetes Ablehnungsgesuch ohnehin nur als untauglichen Versuch werten, ihn an der Ausführung des gerichtlich erteilten Auftrags zu behindern. Deshalb ist auch der weitere Hinweis des Sachverständigen, das Gericht habe ihm gegenüber als seinem Gehilfen eine Schutzpflicht, ohne Belang. Die Kl. hat die Streitverkündung gegenüber dem Sachverständigen damit begründet, dass sie in Bezug auf das vorliegende Gutachten möglicherweise Schadensersatzansprüche im Rahmen des § 839a BGB absichern wolle. Hierfür hätte es der Streitverkündung (bei unterstellter Zulässigkeit) nicht bedurft. Eine zulässige Streitverkündung hat zur Folge, dass dem Streitverkündeten das Ergebnis der Beweisaufnahme entsprechend § 68 ZPO in einem nachfolgenden Prozess entgegengehalten werden kann (BGHZ 134, Seite 190 = NJW 1997, Seite 859 = BauR 1997, Seite 347). Vorliegend ergibt sich das Ergebnis der Beweisaufnahme ausschließlich nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens aus den Gutachten des Streitverkündeten selbst, an dem er sich unabhängig von einer etwaigen Streitverkündung festhalten lassen muss. Dass der Ag. dies bewusst war und sie den Verweis auf § 839a BGB nur vorgeschoben hat, um die Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes an den Sachverständigen in der Hoffnung zu erreichen, dass dieser die vorgelegten Fragen unter dem Druck der Streitverkündung nicht mehr unparteiisch beantworten wird, kann indes ohne dahin gehende greifbare Anhaltspunkte nicht angenommen werden, zumal eine Streitverkündung allein für eine Stattgabe eines etwaigen Befangenheitsantrags nicht ausreichend ist, weil die bloße Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes nach allgemeiner Auffassung Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen nicht rechtfertigen kann.« | 102 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 6.8. OLG Bamberg (Beschluss vom 28. Dezember 2005, Az.: 8 W 37/05): Kein selbstständiges Beweisverfahren parallel zum Hauptsacheverfahren Leitsatz der Entscheidung: Ein rechtliches Interesse für ein selbstständiges Beweisverfahren gegen den gerichtlichen Sachverständigen ergibt sich erst nach Beendigung desjenigen Verfahrens, in dem dieser gerichtliche Sachverständige Beweismittel war. Aus den Gründen: »Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Das Landgericht hat ein rechtliches Interesse der Antragsteller an erneuter Feststellung der von ihnen behaupteten Bauwerksmängel (§ 485 Abs. 2 ZPO) verneint, weil der Antrag auf Begutachtung rechtsmissbräuchlich sei. Die Antragsteller seien als beklagte Partei im Ausgangsverfahren 32 O 607/03 LG Bayreuth, das noch nicht abgeschlossen sei, vorrangig aufgefordert, die ihrer Auffassung nach den Gutachten anhaftenden Mängel aufzuzeigen, d.h. Feststellungen und Stellungnahmen der Antragsgegner in Zweifel zu ziehen oder Umstände vorzutragen, die die bisherigen Gutachten ungenügend im Sinne des § 412 Abs. 1 ZPO erscheinen ließen. Selbst unter der Prämisse einer Entscheidung des Landgerichts Bayreuth im Verfahren 32 O 607/03, die sich auf ein grob fehlerhaftes Gutachten stützen würde, seien die Antragsteller nicht daran gehindert, vielmehr gemäß §§ 839 Abs. 3, 839a Abs. 2 BGB sogar verpflichtet, solche Mängel mit dem Rechtsmittel der Berufung geltend zu machen. Mit dem vorliegenden Antrag auf weitere Begutachtung im selbstständigen Beweisverfahren werde diese Obliegenheit von den Antragstellern in ein anderes Verfahren verlagert, obwohl die Klärung möglicher Mängel der gerichtlich in Auftrag gegebenen Gutachten im streitigen Verfahren zu erfolgen hätte. Mit der Zulassung des Antrags der Antragsteller könne überdies die Vorschrift des § 412 ZPO unterlaufen werden, nach der ein neues Gutachten im streitigen Verfahren erst nach Ausschöpfung der gebotenen Aufklärungsmöglichkeiten in Betracht komme. Schließlich sei die Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens geeignet, einen Ablehnungsgrund gegenüber den Antragsgegnern als gerichtlichen Sachverständigen des Rechtsstreits 32 O 607/03 zu provozieren, weil sich die Antragsgegner nunmehr als Parteien gegenüber den Antragstellern im selbstständigen Beweisverfahren zu verteidigen hätten. Diese Parteistellung trete in Konflikt mit der Unabhängigkeit des gerichtlich bestellten Sachverständigen, der sein Gutachten unparteiisch zu erstatten habe (§ 410 Abs. 1 ZPO). Ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller für die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens sei daher ausnahmsweise nicht gegeben. Der Senat teilt diese Auffassung des Erstgerichts und tritt den Gründen der angefochtenen Entscheidung bei. In der Beschwerdebegründung ist nicht vorgetragen, was diese Gründe entkräften könnte. Nach Beendigung des Verfahrens 32 O 607/03 LG Bayreuth wird ein rechtliches Interesse der Antragsteller an der begehrten Feststellung, sollten sie sie dann noch für erforderlich halten, nicht mehr zu verneinen sein. Das Verfahren 32 O 607/03 LG Bayreuth ist noch nicht entscheidungsreif. Das Landgericht beabsichtigt weitere Beweiser- hebungen. Dies ist seinem Hinweisbeschluss vom 25.11.2005 zu entnehmen. Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung ist noch nicht bestimmt worden. Den Verfahrensstand hat der Senat der ihm im Beschwerdeverfahren 8 W 34/05 vorliegenden Akte des Landgerichts Bayreuth 32 O 607/03 entnommen.« 6.9. OLG Bamberg (Beschluss vom 9. Januar 2006, Az.: 4 U 186/05): Unzulässigkeit der Streitverkündung an den vom Gericht beauftragten Sachverständigen! Leitsätze der Entscheidung: 1. Eine Streitverkündung an den vom Gericht beauftragten Sachverständigen ist unzulässig. 2. Wird die Streitverkündungsschrift dem Sachverständigen zugestellt und tritt dieser einer Partei bei, führt das Ablehnungsgesuch der anderen Partei dazu, dass der Sachverständige von der weiteren Mitwirkung an dem Verfahren ausgeschlossen ist. 3. Die vom Sachverständigen bisher erstatteten Gutachten bleiben verwertbar, wenn die den Sachverständigen ablehnende Partei seinen Beitritt selbst provoziert hat und ihr darauf gestützter Befangenheitsantrag infolgedessen rechtsmissbräuchlich ist. Aus den Gründen: »1. Bereits die Streitverkündung an den vom Gericht beauftragten Sachverständigen ist unzulässig (OLG Koblenz, Beschluss vom 28.09.2005, Az: 12 W 251/05; Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rdnr. 6 zu § 41 ZPO; Böckermann, MDR 2002, 1348, 1350; Rickert/König, NJW, S. 1830 f.). a) Die Streitverkündung gegenüber dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen ist schon deshalb unzulässig, weil dieser kein Dritter i.S.d. § 72 ZPO ist (Zöller-Vollkommer, a.a.O., Rdnr. 1 zu § 72 ZPO; Böckermann, a.a.O., S. 1350; Rickert/König, a.a.O., S. 1831; offengelassen von OLG Celle, Beschluss vom 14.11.2005, Az: 7 W 117/05). Für den Sachverständigen gilt hier das Gleiche wie für den Richter. Dieser kann, da der Kläger des Verfahrens Erster und der Beklagte Zweiter ist, rein numerisch auch Dritter sein. Er ist aber »notwendiger Dritter«, da es ohne ihn kein Verfahren zwischen Erstem und Zweitem gibt. Den Richter haben die zivilprozessualen Regelungen über die Streitverkündung nicht als Dritten im Auge. Ebenso verhält es sich bei dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen. Er ist als Helfer des Gerichts ebenfalls notwendiger Teil des Verfahrens und nicht außen stehender Dritter. Zudem ist der Beitritt, auf den die Streitverkündung abzielt, mit Stellung und Aufgabe des vom Gericht bestellten Sachverständigen nicht vereinbar. Diesen trifft eine Neutralitätspflicht. Unparteilichkeit ist sein oberstes Gebot. Ein rechtliches Interesse am Obsiegen einer der beiden Parteien darf er »von Amts wegen« nicht haben (Rickert/König, a.a.O., S. 1831). Hat er es ausnahmsweise dennoch, ist er – wiederum ebenso wie der Richter – vom Verfahren ausgeschlossen. b) Der vom Gesetz vorgesehene Zweck der Streitverkündung, die Nebeninterventionswirkung herbeizuführen (§§ 74, 68 ZPO), kann bei dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen ohnehin nicht verwirklicht werden. Die Beklagte hat die Streitverkündung damit begründet, wegen möglicher Fehler in den bislang erstatteten Gutachten könnten ihr Regressansprüche gegen den Streitverkündungsempfänger zustehen (Bl. 285 | 103 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 d.A.). Mit diesem Argument werden Streitverkündungen gegenüber dem Sachverständigen regelmäßig begründet (Rickert/ König, a.a.O., S. 1830). Dem vorgegebenen Ziel, einen Ersatzanspruch gemäß § 839a BGB in einem Folgeprozess gegen den Sachverständigen leichter durchsetzen zu können, dient die Streitverkündung jedoch objektiv nicht. Bezüglich des Ausgangs des (ersten) Prozesses gibt es nämlich zwei Möglichkeiten: Entweder legt das Gericht im Ausgangsverfahren seiner Entscheidung das Gutachten des Sachverständigen zugrunde und bringt damit zum Ausdruck, dass es dieses für richtig hält. Die Nebeninterventionswirkung gemäß § 68 ZPO besteht dann darin, dass der Sachverständige gegenüber der unterlegenen Partei mit der Behauptung nicht gehört wird, dass der Ausgangsprozess unrichtig entschieden worden sei. Darauf wird er sich aber, wenn das Gericht seinem Gutachten gefolgt ist, ohnehin nicht berufen. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass das Gericht des Ausgangsverfahrens dem Gutachten des Sachverständigen nicht folgt, weil es dieses als unrichtig bewertet. Dann fließt das Gutachten ohnehin nicht in die das Urteil tragenden tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Ausgangsgerichts ein, an die das Gericht im Folgeprozess gemäß § 68 ZPO gebunden wäre. In beiden Fällen nützt die Interventionswirkung dem Streitverkünder somit nichts. c) Die Streitverkündung an den gerichtlichen Sachverständigen ist zudem rechtsmissbräuchlich. Da der Streitverkündung, wie unter b) dargelegt wurde, kein schützenswertes Interesse zugrunde liegt, kann ihr Ziel nur sein, den Sachverständigen über die Androhung einer Schadensersatzklage zu einer für den Streitverkünder günstigeren Begutachtung anzuhalten oder ihn aus dem Verfahren zu drängen (Rickert/König, a.a.O., 1830). Die Streitverkündung bedeutet somit einen Angriff gegen den Sachverständigen sowohl in persönlicher Hinsicht als auch bezüglich seiner Stellung als Gehilfe des Gerichts. Der Sachverständige wird als juristischer Laie häufig nicht wissen, dass die Streitverkündung für ihn regelmäßig keine nachteiligen Wirkungen entfalten kann. Häufig wird er, wie hier, von seiner Haftpflichtversicherung zu einem Beitritt gedrängt (Rickert/König, a.a.O. S. 1829). Sich zur Durchführung seiner Sachverständigenaufgabe einer Rechtsberatung zu bedienen, ist ihm nicht zumutbar und nicht immer hilfreich. Will der Sachverständige sich angesichts des ihm angedrohten Regressprozesses frühzeitig verteidigen und tritt er infolgedessen dem Rechtsstreit bei, verliert er seine unbefangene Stellung und muss infolgedessen aus dem Prozess ausscheiden. Tritt er hingegen nicht bei, befindet er sich subjektiv unter dem Damoklesschwert der Nebeninterventionswirkung und mag (unwillkürlich) veranlasst sein, sein Gutachten mit ungebührlicher Vorsicht und Rücksichtnahme auf die Interessen des Streitverkünders zu erstatten. In beiden Fällen wird die ungestörte Rechtsprechungsfunktion des Gerichts als unmittelbare Wirkung der Streitverkündung selbst beeinträchtigt (OLG Koblenz, a.a.O.). Die Streitverkündung gegenüber einem gerichtlichen Sachverständigen stellt infolge dessen – ebenso wie die gegenüber dem erkennenden Richter – den Versuch eines rechtsstaatswidrigen Eingriffs in die Rechtspflege dar. Aufgabe der Justiz ist es, diesen Versuch eines unzulässigen Eingriffs in das Verfahren abzuwehren (Böckermann, a.a.O., S. 1351; Rickert/König, a.a.O., S. 1830). Hierzu wird deshalb weitgehend empfohlen, den die unzulässige Streitverkündung enthaltenden Schriftsatz dem Sachverständigen gar nicht erst zuzustellen (Böckermann, a.a.O., S. 1352; Rickert/König, a.a.O., S. 1831). Das OLG Koblenz erach- tet die Zustellung der Streitverkündungsschrift an den Sachverständigen sogar für rechtswidrig (OLG Koblenz a.a.O.). Nach dem Beschluss des OLG Celle vom 14.11.2005 ist das Gericht, wenn die Streitverkündung gegenüber dem Sachverständigen in der Absicht einer rechtsmissbräuchlichen Einflussnahme auf die Gutachtertätigkeit erfolgt, zur Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes zumindest nicht verpflichtet. Dabei beurteilte das OLG Celle allerdings die von der Klägerin vorgenommene Streitverkündung gegenüber dem Sachverständigen trotz des »objektiven Eindrucks«, dass sie hierdurch Einfluss auf den Sachverständigen und damit auf das Verfahren nehmen wolle, nicht als rechtsmissbräuchlich. 2. Für den Fall, dass die Streitverkündungsschrift doch zugestellt wird und der Sachverständige einer Partei beitritt, werden sein vollständiger Ausschluss aus dem Verfahren und die Unverwertbarkeit seiner bisher erstatteten Gutachten als kaum vermeidbare (Böckermann, a.a.O., 1352) bzw. zwangsläufige (Rickert/König, a.a.O., S. 1829, OLG Koblenz, a.a.O.) Folge angesehen. Wenn die Gutachten unverwertbar sind, gerät der Sachverständige auch in Gefahr, seinen Vergütungsanspruch zu verlieren (vgl. Franzki in: Bayerlein, Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 3. Aufl., 2002, § 9 Rdnr. 25 ff.; die Rspr. nimmt einen Verlust des Vergütungsanspruchs an, wenn der Sachverständige die Ablehnung vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, s. BGH, NJW 1976, 1154). Darüber hinaus kann z.B. bei Insolvenz einer Partei der Gegenseite durch das Ausscheiden des Sachverständigen und die dadurch bedingte Verzögerung des Verfahrens ein erheblicher Schaden entstehen, für den sie den Sachverständigen in Regress nehmen will. Derart gravierende Folgen an die – häufig aus Unachtsamkeit des Gerichts erfolgte – Zustellung der Streitverkündungsschrift und den – regelmäßig in Unkenntnis der Unzulässigkeit der Streitverkündung – erfolgten Beitritt des Sachverständigen zu knüpfen, dürfte mit rechtsstaatlichen Grundsätzen generell nicht vereinbar sein. Die Aufgabe des Gerichts, den unzulässigen Versuch eines Eingriffs in das Verfahren abzuwehren, besteht nämlich fort.« 6.10. BGH (Urteil vom 12. Januar 2006, Az.: VII ZR 207/04): Beitritt des Sachverständigen nach Streitverkündung kein gesetzlicher Ausschließungsgrund! Leitzsatz der Entscheidung: Tritt ein Sachverständiger dem Rechtsstreit bei, nachdem ihm der Streit verkündet worden ist, ist er nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen. Aus den Gründen: »Wie das Berufungsgericht als Beschwerdegericht in demselben Verfahren vor dem Urteil des Einzelrichters richtig entschieden hat, ist der Beitritt des Sachverständigen auf der Seite der Kläger kein gesetzlicher Ausschließungsgrund. Es bestehen erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Streitverkündung gegenüber dem Sachverständigen S. und dessen Beitritt (vgl. dazu Böckermann, MDR 2002, 1349). Darauf kommt es jedoch nicht an. Jedenfalls ist der Sachverständige durch den Beitritt nicht nach § 41 ZPO ausgeschlossen (RG JR Rspr. Nr. 1265; Musielak/ Huber, ZPO, 4. Aufl., § 406 Rdn. 3; MünchKommZPO-Damrau, 2. Aufl., § 406 Rdn. 2). Diese Regelung betrifft den Ausschluss eines Richters von der Ausübung des Richteramtes. Eine vergleichbare Regelung für den Ausschluss eines Sachverständigen | 104 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 von der Ausübung der Tätigkeit eines gerichtlich bestellten Sachverständigen enthält das Gesetz nicht. Der Sachverständige kann nach § 406 Abs. 1 ZPO wegen der Gründe, die den Ausschluss eines Richters von der Ausübung des Richteramtes vorsehen, abgelehnt werden. Das folgt daraus, dass ein Sachverständiger aus denselben Gründen – sieht man von den in § 41 Nr. 5 ZPO benannten Gründen ab – abgelehnt werden kann, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Die Gründe für den Ausschluss vom Richteramt sind gleichzeitig Gründe, den Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, § 42 Abs. 1 ZPO. Ausweislich der Entscheidung des Berufungsgerichts im Beschwerdeverfahren über das Ablehnungsgesuch hat der Beklagte den Sachverständigen S. nicht wegen des Beitritts auf der Seite der Kläger abgelehnt. Dieser Ablehnungsgrund könnte, so er überhaupt bestünde, auch nicht mehr geltend gemacht werden, § 43 Abs. 2 ZPO. Dann ist es nicht mehr möglich, die Hinzuziehung des Sachverständigen als Verfahrensfehler zu rügen oder zu behandeln (vgl. BGH, Urteil vom 6. November 1958 - III ZR 147/57, BGHZ 28, 303, 305 f.).« 6.11. OLG Stuttgart (Beschluss vom 22. März 2006, Az.: 6 W 7/06): Streitverkündung an den gerichtlich bestellten Sachverständigen unzulässig! Leitsätze der Entscheidung: 1.) Die Zulässigkeit der Streitverkündung an einen gerichtlich bestellten Sachverständigen ist nicht erst im Folgeprozess, sondern schon im laufenden Prozess zu prüfen. 2.) Die Streitverkündung an den gerichtlich bestellten Sachverständigen ist unzulässig. Aus den Gründen: »Die Streitverkündung an den gerichtlichen Sachverständigen des laufenden Prozesses ist unzulässig, weil der Sachverständige nicht Dritter im Sinne von § 72 ZPO ist (Zöller/Vollkommer, 25. Aufl. § 72 ZPO Rn. 1; Stein/Jonas/Bork, 22. Aufl. § 72 ZPO Rn. 3; Musielak/Weth, 4. Aufl. § 72 ZPO Rn. 6a). Tauglicher Streitverkündungsempfänger und damit Dritter im Sinne von § 72 ZPO kann nur derjenige sein, der gemäß §§ 66, 67 ZPO als Streitgehilfe einer Prozesspartei auftreten kann (Stein/Jonas/Bork, a.a.O.). Der vom Gericht bestellte Sachverständige kann nicht als Streithelfer auftreten, weil dies mit dem System des Zivilprozesses nicht vereinbar ist: Der Sachverständige ist Helfer des Gerichts und damit – wie der Richter selbst – notwendiger Verfahrensbeteiligter. Aufgrund dieser Funktion und der mit ihr verknüpften Verpflichtung zur Unparteilichkeit darf er naturgemäß kein rechtliches Interesse daran haben, dass eine der Prozessparteien obsiegt. 2. Bei unzulässiger Streitverkündung gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen ist schon die Zustellung der Streitverkündungsschrift unzulässig (vgl. OLG Koblenz, BauR 2006, 144, das zu dem Ergebnis kommt, dass die Zustellung rechtswidrig ist), weil sie in jedem Fall zu einer untragbaren prozessualen Situation führen würde: Tritt der Sachverständige dem Rechtsstreit auf Seiten einer Partei bei, so ist er entweder in entsprechender Anwendung von § 41 Nr. 1 ZPO von Gesetzes wegen von der Ausübung der Gutachtertätigkeit ausgeschlossen (vgl. OLG Frankfurt am Main 1 U 78/01 v. 15.7.2004, zitiert nach Volze in IBR 2005, 124), jeden- falls aber auf den Ablehnungsantrag der anderen Partei gemäß §§ 406 Abs. 1, 41 Nr. 1 ZPO oder gemäß §§ 406 Abs. 1, 42 ZPO, wegen Besorgnis der Befangenheit, vom Prozess auszuschließen; bei einem Ausschluss des Sachverständigen besteht die Gefahr, dass sein Honoraranspruch in Frage gestellt wird. Tritt er nicht bei, muss er unter dem »Damoklesschwert« der Streitverkündungswirkung, §§ 68, 74 ZPO, weiterarbeiten. Beides steht in unlösbarem Widerspruch zur prozessualen Stellung des Sachverständigen als neutralem Entscheidungshelfer des Gerichts. 3. Über die Zulässigkeit der Zustellung der Streitverkündungsschrift ist schon im laufenden Rechtsstreit und nicht erst im Regressprozess zu entscheiden. Zwar ist nach allgemeiner Meinung aus § 74 Abs. 2 ZPO abzuleiten, dass Zulässigkeit und Begründetheit der Streitverkündung in der Regel erst vom Gericht des Folgeprozesses zu prüfen sind (Zöller/Vollkommer, 25. Aufl. § 72 ZPO Rn. 1, § 73 ZPO Rn. 1, § 74 ZPO Rn. 5). Weil die den gerichtlichen Sachverständigen sowie den Prozess unzumutbar belastenden Auswirkungen der Streitverkündung bereits mit Zustellung der Streitverkündungsschrift im laufenden Prozess eintreten, ist es jedoch unerlässlich, von der Regel abzuweichen und über Zulässigkeit der Streitverkündung und Zustellung der Streitverkündungsschrift schon im laufenden Prozess zu entscheiden.« 6.12. LG Stuttgart (Beschluss vom 10. Juli 2006, Az.: 10 T 126/06): Unzulässigkeit der Streitverkündung an den gerichtlich bestellten Sachverständigen! Leitsatz der Entscheidung: 1.) Die Streitverkündung an einen vom Gericht bestellten Sachverständigen ist unzulässig. 2.) Die Streitverkündungsschrift darf ihm nicht zugestellt werden. Aus den Gründen: » In Rechtsprechung und Literatur herrscht bislang Uneinigkeit darüber, ob die Zustellung einer Streitverkündungsschrift an einen Sachverständigen vom Gericht abgelehnt werden darf oder nicht. Teilweise wird vertreten, dass die Zulässigkeit der Streitverkündung erst vom Folgegericht geprüft werden dürfe; das Gericht der Hauptsache fungiere lediglich als Zustellungsgehilfe und müsse von Amts wegen die Zustellung dieses bestimmenden Schriftsatzes gemäß §§ 73 Satz 2, 166 Abs. 2 ZPO ohne weitere Prüfung einer Zulässigkeit der Streitverkündung veranlassen (so OLG Celle, Beschluss vom 24.08.2005, BauR 2006, 140 ff.; zustimmend Ulrich, BauR 2006, S. 724, 726 f.). Die Gegenauffassung hält jedenfalls dann die Verweigerung des Hauptsachegerichts, die Streitverkündungsschrift zuzustellen, für berechtigt, wenn ausnahmsweise ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Antragstellers auf der Hand liege (in dieser Weise einschränkend OLG Celle, Beschluss vom 14.11.2005, BauR 2006, 722 ff.). Vertreten wird aber auch die Auffassung, dass eine Streitverkündung an den vom Gericht beauftragten Sachverständigen generell unzulässig sei, als rechtsmissbräuchlich angesehen werden müsse und deshalb die Streitverkündungsschrift nicht zuzustellen sei. Ihre Zustellung ist hiernach sogar rechtswidrig (so OLG Stuttgart, Beschluss v. 22.03.2006, Az. 6 W 7/06, IBR 2006, 305; OLG Koblenz, Beschluss vom 28.09.2005, BauR 2006, 144 ff.; in der Sache ebenso OLG München, Beschluss vom 29.07.2005, IBR 2006, 239; eine Streitverkündung ebenfalls ablehnend OLG Bamberg, Beschluss vom | 105 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 09.01.2006, Az. 4 U 186/05, IBR 2006, 306; zustimmend Kamphausen, BauR 2006, S. 142 ff.; ders. IBR-Online 2006, 121 – Anmerkung; ders. IBR 2006, 239 – Anmerkung; mit ausführlicher dogmatischer Begründung Böckermann, MDR 2002, 1348 ff., 1351). Im vorliegenden Fall erfolgte die Streitverkündung nach Ansicht der Kammer rechtsmissbräuchlich. Denn nach dem bisherigen Verfahrensverlauf hatte der Antragsgegnervertreter bislang zweimal vergeblich versucht, den Sachverständigen durch Befangenheitsanträge vom Verfahren auszuschließen. Als sich die Fortsetzung des Verfahrens mit demselben Sachverständigen abzeichnete, erklärte der Antragsgegnervertreter die Streitverkündung an den Sachverständigen. Zu diesem Zeitpunkt war das Verfahren nicht abgeschlossen; ganz im Gegenteil sollten weitere Ausführungen des Sachverständigen folgen. Nach Ansicht der Kammer zeigt sich an dem bisherigen Verfahrensverlauf, dass der Antragsgegnervertreter mit seiner Streitverkündung kein sachliches Ziel verfolgte. Er wollte vielmehr – gleichsam über die Hintertür der Streitverkündung – seinen bislang erfolglosen Versuchen, den Sachverständigen vom Verfahren auszuschließen, endlich zum Erfolg verhelfen. Schon aufgrund dieser besonderen Umstände war das Amtsgericht nicht dazu verpflichtet, die Streitverkündungsschrift zustellen zu lassen, sondern durfte die Zustellung wegen Rechtsmissbrauchs verweigern. Die Kammer ist weiterhin – unabhängig von der im vorliegenden Verfahren gewonnenen Überzeugung konkret rechtsmissbräuchlichen Verhaltens – der Ansicht, dass eine Streitverkündungsschrift an einen Sachverständigen auch generell nicht zuzustellen ist, weil eine solche Zustellung rechtswidrig wäre. Denn eine Streitverkündung gegenüber einem gerichtlich bestellten Sachverständigen ist ebenso wie eine Streitverkündung gegenüber einem erkennenden Richter nach Ansicht der Kammer unzulässig und widerspricht den elementaren Grundsätzen der Zivilprozessordnung (»Systemwiderspruch« nach OLG Stuttgart, a.a.O.). Mit der Streitverkündung benachrichtigt eine verfahrensbeteiligte Partei einen »Dritten« vom Schweben des Prozesses, um auf diese Weise ihre Position gegenüber dem »Dritten« zu verbessern, als nunmehr die gesetzlichen Vorschriften über die Nebeninterventionswirkung eingreifen. Als Ausgleich hierfür wird dem »Dritten« die Möglichkeit eröffnet, sich an dem schwebenden Prozess aktiv zu beteiligen, um darauf in seinem Sinne und damit parteilich Einfluss zu nehmen (zum Ganzen Stein/Jonas/Bork, 22. Auflage 2004, § 72 Rn. 1). Eine solche Position eines »Dritten« wird aber weder der erkennende Richter noch ein Sachverständiger einnehmen können. Denn dieser einseitigen Interessenvertretung widerspricht die zwingend auf Unparteilichkeit angelegte Funktion des erkennenden Richters ebenso wie des Sachverständigen. Mag zwar Letzterer nach der Zivilprozessordnung als »Beweismittel« vorgesehen sein. Mit ihm hilft sich das Gericht aber seinerseits über die fehlende eigene Sachkunde hinweg und er wird – trotz Beweismittel – zugleich »Gehilfe des Gerichts« (dazu Damrau, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 2. Auflage 2000, § 402 Rn. 2). Seine Unparteilichkeit leitet sich damit aus seiner Stellung im Rahmen des Prozesses ab und wird durch § 406 ZPO, der die Ablehnung des Sachverständigen bei Zweifeln an dieser Unabhängigkeit vorsieht, ausdrücklich manifestiert. Mit dieser Vorgabe unvereinbar ist demgegenüber die Interessenvertretung im Rahmen der Streitverkündung, die aber im Sinne einer Waffengleichheit gegenüber der einseitig, durch bloße Zustellung der Streitverkündungsschrift hergestellten Nebeninter- ventionswirkung, notwendig ist. Der Sachverständige ist deshalb nicht »Dritter« im Sinne von § 72 ZPO. Dieser offensichtliche und elementare Widerspruch führt aber, auch zur Sicherung des weiteren Verfahrensablaufs, dazu, dass eine Zustellung der Streitverkündungsschrift ausnahmsweise rechtswidrig wäre (zur weiteren dogmatischen Begründung ausführlich Böckermann, a.a.O.) und deshalb vom Amtsgericht zu Recht verweigert wurde.« 6.13. LG München (Beschluss vom 21. Juli 2006, Az.: 1 U 3851/06): Streitverkündung gegenüber dem gerichtlich bestellten Sachverständigen Leitsätze der Entscheidung: 1. Eine Streitverkündung gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen ist unzulässig. Dies folgt bereits daraus, dass der Sachverständige nicht Dritter im Sinne des § 72 ZPO ist. 2. Der Sachverständige ist Hilfsperson des Gerichts und damit notwendiger Verfahrensbeteiligter. 3. Die Unzulässigkeit der Streitverkündung zieht es nach sich, dass bereits die Streitverkündungsschrift nicht zuzustellen ist. Aus den Gründen: »Die Streitverkündung gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen ist unzulässig . 1. Dies folgt bereits daraus, dass der Sachverständige nicht Dritter im Sinne des § 72 ZPO ist. Eine Definition des Begriffs »Dritter« im Sinne dieser Vorschrift enthält die ZPO nicht. Nach dem Sinn und Zweck von § 72 ZPO können als Dritte jedoch nur außenstehende Dritte gemeint sein, welche bisher in keiner Weise in das Verfahren einbezogen sind. Hierzu gehören das Gericht als Entscheidungsträger und seine die Entscheidungsfindung unterstützenden Gehilfen nicht. Sie sind keine außenstehenden, in das Verfahren nicht involvierten Dritten sondern notwendige Verfahrensbeteiligte (so auch Rickert/König, NJW 2005, 1829/1831, Böckermann, MDR 2002, 1348/1352; OLG Bamberg vom 09.01.2006, 4 U 186/05 = OLGR Bamberg 2006, 448/451). Dies gilt insbesondere für den gerichtlichen Sachverständigen. Er vermittelt dem Gericht Fachwissen zur Beurteilung von Tatsachen und die Erkenntnis von abstrakten Erfahrungssätzen und zieht in Anwendung seines Fachwissens im Wege der Wertung aus den zugrunde liegenden Tatsachen konkrete Schlussfolgerungen. Der Sachverständige ist damit Gehilfe des Gerichts, auf den das Gericht in entsprechenden Fällen auch angewiesen ist, und als solcher zur Unparteilichkeit verpflichtet (vgl. § 410 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Allein die Stellung des Sachverständigen auf der Seite des Gerichts schließt eine Streitverkündung ihm gegenüber aus. Für ihn gilt hier das Gleiche wie für den Richter. Bei gegenteiliger Auffassung wäre sonst die mögliche Streitverkündung an einen der entscheidenden Richter – etwa wegen verzögerter Sachbearbeitung – als logische Konsequenz nicht ausgeschlossen. Zwar wäre der Richter sozusagen »notwendiger« Dritter im Verfahren, da ohne ihn kein Urteil ergehen kann; eine Unterscheidung zwischen einem notwendigen und einem nicht notwendigen Dritten enthält § 72 ZPO jedoch nicht. Dass der Sachverständige ggf. austauschbar ist, ändert an dieser Bewertung nichts. Hat das Gericht einen bestimmten | 106 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragt, ist und bleibt er die das Gericht unterstützende Hilfsperson. Diese kann ihre Hilfsfunktion lediglich in den vom Gesetz normierten Ausnahmefällen verlieren (vgl. §§ 406, 412 ZPO). Die ZPO hat vorgesehen, dass der Sachverständige als Gehilfe des Gerichts nur unter denselben Bedingungen wie ein Richter aus dem Verfahren entfernt werden kann, dann nämlich, wenn Gründe für seine Ablehnung vorliegen, die gleichfalls zur Ablehnung eines Richters berechtigen würden. Damit zeigt die Prozessordnung selbst, dass andere Wege nicht eingeschlagen werden sollen. Dies ist auch sinnvoll: die Parteien sollen sich weder ihren Richter noch ihren Sachverständigen als dessen Gehilfen aussuchen oder in seiner Überzeugungsbildung beeinflussen können. Dies wäre jedoch die Konsequenz, ließe man die Streitverkündung an den Sachverständigen zu.« 6.14. BGH (Beschluss vom 27. Juli 2006, Az.: VII ZB 16/06): Streitverkündung gegenüber dem im selben Rechtsstreit bestellten gerichtlichen Sachverständigen Leitsätze der Entscheidung: 1. Die Streitverkündung gegenüber einem gerichtlichen Sachverständigen zur Vorbereitung von Haftungsansprüchen gegen diesen aus angeblich fehlerhafter, im selben Rechtsstreit erbrachter Gutachterleistungen ist unzulässig. 2. Der Streitverkündungsschriftsatz ist nicht zuzustellen. Aus den Gründen: »3. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass die Streitverkündung an den gerichtlichen Sachverständigen unzulässig und die Zustellung der Streitverkündungsschriftsätze als rechtsmissbräuchlich zu verweigern ist. a) In Rechtsprechung (OLG Koblenz, Beschluss vom 28. September 2005 - 12 W 251/05, BauR 2006, 144) und Literatur (Böckermann MDR 2002, 1348; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 72 Rdn. 1; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 72 Rdn. 5; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 72 Rdn. 3; Rickert/König NJW 2005, 1829; Kamphausen, BauR 2006, 142; differenzierend: Ulrich, BauR 2006, 724; Weise, NJW-Spezial 2006, 165) wird teilweise angenommen, eine Streitverkündung an den gerichtlichen Sachverständigen komme während eines anhängigen Rechtsstreits nicht in Betracht. Der gerichtliche Sachverständige sei als zur Unparteilichkeit verpflichteter Helfer des Gerichts kein außenstehender Dritter im Sinne des § 72 ZPO, sondern – wie der Richter – selbst Prozessbeteiligter. Die Streitverkündung an den gerichtlichen Sachverständigen sei damit generell unzulässig. b) Der Senat hat diese Frage bisher offengelassen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Februar 2005 - VII ZB 22/04, BauR 2005, 899 = ZfBR 2005, 449), jedoch bereits im Urteil vom 12. Januar 2006 (VII ZR 207/04, BauR 2006, 716 = NZBau 2006, 239 = ZfBR 2006, 341) auf erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Streitverkündung gegenüber einem Sachverständigen in einem derartigen Fall hingewiesen. Er schließt sich nunmehr der oben a) dargestellten Rechtsauffassung an. Die Streitverkündung gegenüber einem gerichtlichen Sachverständigen zur Vorbereitung von Haftungsansprüchen gegen diesen aus angeblich fehlerhafter, im selben Rechtsstreit erbrachter Gutachterleistungen ist bereits deshalb allgemein un- zulässig, weil der Sachverständige in diesem Verfahren nicht als Dritter im Sinne des § 72 Abs. 1 ZPO behandelt werden kann. Er steht als neutraler, vom Gericht bestellter »Gehilfe des Richters« ähnlich dem Richter nicht außerhalb des Prozesses. Wie dieser ist er, um in Erfüllung seiner prozessrechtlichen Aufgabe dem Richter die notwendige Sachkunde für die Entscheidung des Rechtsstreits zu vermitteln, zur Unparteilichkeit verpflichtet und unterliegt gemäß § 406 ZPO einer vergleichbaren Regelung über die Ablehnung wegen Befangenheit. Mit dieser verfahrensrechtlichen Stellung des Sachverständigen, insbesondere der unabdingbaren Gewährleistung seiner Unabhängigkeit und Unparteilichkeit, wäre es unvereinbar, ihn als Dritten im Sinne des § 72 Abs. 1 ZPO zu behandeln und ihn aus Gründen in die Rolle eines Streitverkündungsempfängers zu versetzen, die ihren Ursprung gerade in seiner Aufgabenerfüllung im Rahmen desselben Rechtsstreits haben. Ein Beitritt nach § 74 ZPO, der ihm dann nicht verwehrt werden dürfte, müsste ihn zwangsläufig an die Seite einer Prozesspartei stellen und damit seine verfahrensrechtliche Position entgegen der im Prozessrecht vorgesehenen Aufgabenverteilung völlig verändern. Er wäre nunmehr der Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 406 ZPO ausgesetzt und könnte auf diese Weise von einer Prozesspartei nach Belieben aus dem Rechtsstreit entfernt werden. Damit wäre die Entscheidung, ob ein Sachverständiger weiter im Verfahren verbleiben soll, in die Hand der Partei gegeben und das Recht des Gerichts beeinträchtigt, den Sachverständigen pflichtgemäß auszuwählen. Diesem aus der verfahrensrechtlichen Stellung des Sachverständigen folgenden Verständnis des § 72 Abs. 1 ZPO dahin, dass er nicht als Dritter im Sinne dieser Regelung anzusehen ist, stehen auch keine höherrangigen schutzwürdigen Interessen der Prozesspartei entgegen, die eine andere Auslegung gebieten könnten. Soweit sie in besonderen Fallkonstellationen möglicherweise ein Interesse an einer Interventionswirkung nach § 68 ZPO haben sollte, das jedenfalls nicht den Hauptstreitpunkt über Richtigkeit oder Unrichtigkeit des Sachverständigengutachtens betreffen kann (vgl. dazu Rickert/König, NJW 2005, 1829), kann dies nicht dazu führen, entgegen den dargestellten verfahrensrechtlichen Grundregeln den Rechtsstreit den Gefahren auszusetzen, die aus einer faktischen Parteidisposition über den Sachverständigen resultieren würden. Vielmehr stellt sich eine Streitverkündung an den Sachverständigen regelmäßig als rechtsmissbräuchlicher Versuch dar, einen Sachverständigen, mit dessen Begutachtung die Partei nicht einverstanden ist, aus dem Rechtsstreit zu entfernen, statt die Bedenken, die gegen die gutachterliche Stellungnahme bestehen mögen, mit den insoweit vorgesehenen prozessualen Mitteln zur Geltung zu bringen. c) Die Zustellung einer Streitverkündungsschrift, die eine aus den dargelegten Gründen generell unzulässige Streitverkündung an den Sachverständigen bewirken soll, ist vom Gericht zu verweigern. Dies folgt daraus, dass eine Zustellung der Streitverkündungsschrift in derartigen Fällen bereits die Gefahren für einen ordnungsgemäßen Fortgang des Rechtsstreits heraufbeschwören würde, derentwegen die Streitverkündung selbst als unzulässig zu erachten ist. Im Falle einer Zustellung würde der Sachverständige, auch wenn die Streitverkündung als solche unzulässig ist, sich veranlasst sehen können, den Beitritt zum Rechtsstreit zu erklären und damit seine Befangenheit herbeizuführen. Damit wäre der Erfolg des regelmäßig rechtsmissbräuchlichen Vorgehens der Partei erreicht. Dem muss dadurch begegnet werden, dass es schon nicht zur Zustellung der Streitverkündungsschrift kommt.« | 107 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 6.15. BGH (Beschluss vom 28. Juli 2006, Az.: III ZB 14/06): Rechtliches Interesse für Beweisantrag im selbstständigen Beweisverfahren zur Vorbereitung eines Sachverständigenhaftpflichtprozesses? Leitsatz der Entscheidung: Ein Antrag auf Begutachtung durch einen Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren nach § 485 Abs. 2 ZPO, der der Vorbereitung eines Sachverständigenhaftpflichtprozesses nach § 839a BGB dienen soll, ist mangels eines rechtlichen Interesses grundsätzlich unzulässig, solange der Vorprozess noch nicht abgeschlossen ist und der Partei dort Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, mit denen sie eine Korrektur des ihrer Meinung nach grob fehlerhaften Gutachtens erwirken kann. Aus den Gründen: »Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die Vorinstanzen haben den Antrag zu Recht zurückgewiesen. 1. Grundlage für den Antrag auf Begutachtung durch einen Sachverständigen ist hier § 485 Abs. 2 ZPO. Eine Beweissicherung nach Absatz 1 dieser Vorschrift kommt hingegen nicht in Betracht, da die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Sie werden auch von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht. 2. Die durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) mit Wirkung vom 1. April 1991 neu gestalteten Bestimmungen über das selbstständige Beweisverfahren ermöglichen in § 485 Abs. 2 ZPO eine von einem Beweissicherungsbedürfnis, wie es etwa § 485 Abs. 1 ZPO voraussetzt, unabhängige Erhebung des Sachverständigenbeweises. Voraussetzung ist lediglich, dass der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der zu treffenden Feststellung hat; ein solches ist insbesondere (aber nicht nur) dann anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Der Begriff des »rechtlichen Interesses« ist weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeits- oder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse etwa dann verneint werden, wenn ein Rechtsverhältnis, ein möglicher Prozessgegner oder ein Anspruch nicht ersichtlich ist. Dabei kann es sich nur um völlig eindeutige Fälle handeln, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keineswegs bestehen kann (Senatsbeschluss vom 16. September 2004 - III ZB 33/04 = NJW 2004, 3488 m.w.N.). 3. Ein derartiges Interesse leiten die Antragsteller hier aus der von ihnen behaupteten groben Fehlerhaftigkeit des im Vorprozess eingeholten, ihnen ungünstigen Sachverständigengutachtens her. Die Begutachtung im selbstständigen Beweisverfahren soll daher der Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs gegen die Sachverständigen nach § 839a BGB dienen. a) Aufgrund dieser Bestimmung ist ein vom Gericht ernannter Sachverständiger, der vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet, zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch die gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. § 839a BGB erfordert somit einen zweiaktigen Geschehensablauf, nämlich ein unrichtiges Gutachten, das Eingang in eine unrichtige gerichtliche Entscheidung gefunden hat, die ihrerseits den Schaden herbeiführt (Senatsurteil vom 9. März 2006 - III ZR 143/05 = NJW 2006, 1733, für BGHZ vorgesehen; Rn. 5 m.w.N.). b) Dementsprechend kann der Schadensersatzanspruch der Antragsteller gegen die Sachverständigen derzeit noch nicht bestehen. Da der Vorprozess noch nicht abgeschlossen ist, kann das Gutachten noch nicht in die gerichtliche Entscheidung eingeflossen sein und den Schaden verursacht haben. 4. Dies hat die Folge, dass die Antragsteller aufgrund des auch bei der Sachverständigenhaftung geltenden Vorrangs des Primärrechtsschutzes (§ 839a Abs. 2 i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB) gehalten sind, durch Einlegung von Rechtsmitteln auf eine Korrektur des ihrer Meinung nach unrichtigen Sachverständigengutachtens oder der darauf beruhenden gerichtlichen Entscheidung hinzuwirken. Als »Rechtsmittel« kommen zum einen solche Behelfe in Betracht, die sich unmittelbar gegen das fehlerhafte Gutachten selbst richten und die bestimmt und geeignet sind, eine auf das Gutachten gestützte instanzbeendende gerichtliche Entscheidung zu verhindern. Zu denken ist insoweit etwa an Gegenvorstellungen und Hinweise auf die Unrichtigkeit des Gutachtens (vgl. § 411 Abs. 4 ZPO), Anträge, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden, formelle Beweisanträge auf Einholung eines neuen (Ober-) Gutachtens (§ 412 ZPO). Zum anderen fallen nach Sinn und Zweck der Neuregelung unter die Rechtsmittel auch solche gegen die gerichtliche Entscheidung, die deren Korrektur im Rechtsmittelzug erstreben (Staudinger/Wurm, BGB 13. Bearb. [2002] § 839a Rn. 6). 5. Diese mögliche Korrektur des nach Meinung der Antragsteller grob fehlerhaften Sachverständigengutachtens schon im Vorprozess selbst ist in noch höherem Maße als die nunmehr beantragte Begutachtung im selbstständigen Beweisverfahren bestimmt und geeignet, schon im Vorfeld einer streitigen Auseinandersetzung Rechtsfrieden zu stiften. Durch die erfolgreiche Einlegung eines Rechtsmittels kann und soll nämlich bewirkt werden, dass es erst gar nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung kommt, die auf dem Gutachten beruht. Damit wird dann der Eintritt eines Schadens verhindert, ohne dass es dann noch zu einem Haftpflichtprozess gegen den Sachverständigen zu kommen braucht. Deswegen ist, solange und soweit die Möglichkeit erfolgversprechenden Primärrechtsschutzes besteht, ein rechtliches Interesse an der Begutachtung im selbstständigen Beweisverfahren, wie § 485 Abs. 2 ZPO es fordert, zu verneinen (a.A. wohl OLG Frankfurt am Main, IBR 2003, 585). 6. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Vorprozess und der in Aussicht genommene Haftpflichtprozess gegen die Sachverständigen zwei verschiedene Streitgegenstände mit unterschiedlichen Parteien betreffen. Die Beweisfragen sind nämlich gleichwohl identisch. Ziel des selbstständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO ist die Entlastung der Gerichte von Prozessen, deren Streitfragen weniger rechtlicher als tatsächlicher Art sind und für deren Entscheidung daher das Fachgutachten eines Sachverständigen eine maßgebliche (oft sogar allein ausschlaggebende) Bedeutung hat, so insbesondere bei Gewährleistungs- oder Schadensersatzprozessen (Zöller/Herget, ZPO 25. Aufl. 2005 § 485 Rn. 6 m.w.N.). Dieses gesetzgeberische Ziel der Prozessökonomie würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn man zur Vorbereitung eines Haftpflichtprozesses gegen den gerichtlichen Sachverständigen eine erneute Begutachtung über dieselben Beweisfragen zulassen würde, die im Vorprozess noch gar keiner streitentscheidenden Klärung zugeführt sind.« | 108 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 6.16. OLG Brandenburg (Beschluss vom 6. September 2006, Az.: 11 W 36/06): Zulässigkeit der Streitverkündung gegenüber dem gerichtlich bestellten Sachverständigen in einem selbstständigen Beweisverfahren Leitsätze der Entscheidung: 1. Der Streithelfer kann in einem selbstständigen Beweisverfahren der Verwertung eines Sachverständigengutachtens grundsätzlich nicht widersprechen, wenn die Hauptpartei der Verwertung nicht widersprochen und auch eine Befangenheit des Sachverständigen nicht gerügt hat. Insoweit kann auch eine konkludente Billigung dadurch erfolgen, dass sich die Hauptpartei zum Gutachten nicht äußert. 2. Eine Streitverkündung gegenüber dem gerichtlich bestellten Sachverständigen in einem selbstständigen Beweisverfahren mit dem Ziel, den Sachverständigen aus dem Verfahren zu drängen und damit Einfluss auf das Beweisverfahren zu nehmen, ist grundsätzlich rechtsmissbräuchlich. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass vorgetragen wird, dass die Streitverkündung der Absicherung etwaiger Schadensersatzansprüche nach § 839a BGB dienen soll. 3. Das Interesse an einem ordnungsgemäß erstellten und inhaltlich richtigen Sachverständigengutachten stellt kein schutzwürdiges Interesse dar, weshalb eine Streitverkündung gegenüber dem Sachverständigen in einem selbstständigen Beweisverfahren grundsätzlich rechtsmissbräuchlich ist. 4. Das Gericht muss von Amts wegen dem Streitverkündeten grundsätzlich den Streitverkündungsschriftsatz zustellen, ohne vorher eine Zulässigkeitsprüfung vorzunehmen. Etwas anderes gilt, wenn die Streitverkündung eine rechtsmissbräuchliche Prozesshandlung einer Partei darstellt. Aus den Gründen: »1. Die von der Beschwerdeführerin in dem hier vorliegenden selbstständigen Beweisverfahren erklärte Streitverkündung gegenüber dem Sachverständigen W. ist rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig. Es kann dahinstehen, ob der Sachverständige, der Gehilfe des Gerichts ist, schon nicht als »Dritter« im Sinne des § 72 ZPO anzusehen ist, wozu der Senat neigt. Jedenfalls ist im vorliegenden Fall die Streitverkündung als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt vor, wenn das Recht allein zu Zwecken missbraucht wird, die zu schützen unter keinem Gesichtspunkt gerechtfertigt ist (BGH, NJW 1987, 1946), was nicht der Fall wäre, wenn (darüber hinaus) noch ein schutzwürdiges Interesse erkennbar ist (BGH, NJW 1995, 1223). Aufgrund des bisherigen Verfahrensverlaufs ist der Senat davon überzeugt, dass die Beschwerdeführerin keine weiteren Interessen verfolgt, sondern damit nur bezweckt, den Sachverständigen aus dem Verfahren herauszudrängen und damit Einfluss auf das Beweisverfahren zu nehmen. Zwar ist die Verfolgung vorrangig prozesstaktischer Ziele für sich genommen noch nicht rechtsmissbräuchlich (BGH, NJW 1987, 3138). Aber hier stellt die Streitverkündung eine über das bloße prozesstaktische Verhalten hinausgehende rechtsmissbräuchliche Handlung dar, da ein schutzwürdiges Interesse der Beschwerdeführerin an der Streitverkündung nicht erkennbar ist, vielmehr ausschließlich ein Ziel verfolgt wird, für das die Streitverkündung nicht gedacht ist. Die Beschwerdeführerin hat zwar die Streitverkündung gegenüber dem Sachverständigen damit begründet, dass sie in Bezug auf das vorliegende Gutachten vom 31. Januar 2006 Schadensersatzansprüche wegen unzutreffender und über die Beweisbeschlüsse hinausgehender Feststellungen des Gutachters im Rahmen des § 839a BGB absichern wolle. Dem kann die Streitverkündung im selbstständigen Beweisverfahren jedoch nicht dienen. Eine zulässige Streitverkündung im selbstständigen Beweisverfahren hat zur Folge, dass dem Streitverkündeten das Ergebnis der Beweisaufnahme entsprechend § 68 ZPO in einem nachfolgenden Prozess entgegengehalten werden kann (BGH, BauR 1997, 347). Das bisher erzielte Ergebnis der Beweisaufnahme ergibt sich vorliegend ausschließlich aus dem Gutachten des Sachverständigen W. vom 31. Januar 2006, an das er sich auch unabhängig von einer etwaigen Streitverkündung festhalten lassen muss. Anders als in einem ordentlichen Rechtsstreit wird im selbstständigen Beweisverfahren über Rechtsfolgen nicht entschieden; vielmehr geht es den Parteien im Vorgriff auf ein ordentliches Verfahren nur um die schnellstmögliche Feststellung von Tatsachen. Mithin kann es nicht um das – in einem ordentlichen Rechtsstreit möglicherweise vorliegende – objektiv schutzwürdige Interesse der Beschwerdeführerin gehen, sich nur mittels der Streitverkündung vor dem Einwand des Sachverständigen im Folgeprozess zu schützen, die Entscheidung im Vorprozess sei aus einem anderen, von der Unrichtigkeit des Gutachtens unabhängigen Grund richtig (vgl. Bockholdt, NJW 2006, 122). Es ist auch davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin die Wirkungslosigkeit der Streitverkündung bewusst war und sie den Verweis auf § 839a BGB nur vorgeschoben hat, um die Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes an den Sachverständigen in der Hoffnung zu erreichen, dass dieser letztendlich vom Verfahren ausgeschlossen wird. Die Beschwerdeführerin hat bereits am 15. Juni 2004 den Sachverständigen W. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Diesem Ablehnungsgesuch blieb jedoch auch in der Beschwerdeinstanz vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht (Beschluss vom 30. Dezember 2004, Az.: 11 W 93/04) der Erfolg versagt. Nunmehr hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 17. März 2006 beantragt, den Sachverständigen erneut wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Da sie auch in diesem Fall damit rechnen musste, dass ihr Befangenheitsgesuch erfolglos bleibt, hat sie im selben Schriftsatz die Streitverkündung gegenüber dem Sachverständigen erklärt. Ihre Begehren hat sie jeweils damit begründet, dass der Sachverständige unrichtige bzw. über die Beweisbeschlüsse hinausgehende Feststellungen getroffen hat. Obwohl die Beschwerdeführerin durch den mit zahlreichen Zitaten versehenen angefochtenen Beschluss auf den in Rechtsprechung und Literatur überzeugend vertretenen Standpunkt der Unzulässigkeit einer gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen erklärten Streitverkündung hingewiesen wurde, hat sie ihr Begehren weiterverfolgt, ohne auf die dagegen sprechenden Argumente einzugehen und ihr besonderes Interesse an der Streitverkündung zu verdeutlichen, was nochmals den Schluss auf einen rechtsmissbräuchlichen Zweck nahelegt. Soweit zugunsten der Beschwerdeführerin ein Interesse an einem ordnungsgemäß erstellten und inhaltlich richtigen Gutachten zu unterstellen ist, ist dies kein den Rechtsmissbrauch ausschließendes schutzwürdiges Interesse. Die Zivilprozessordnung sieht dafür andere, unmittelbarere Hilfsmittel vor. So steht der durch sachverständige Feststellungen belasteten Partei vor | 109 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 allem das sich aus § 411 Abs. 4 ZPO ergebende Recht zu, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen, was zu einer ergänzenden Befragung des Sachverständigen führt. Darüber hinaus kann sie gem. § 411 Abs. 3 ZPO die mündliche Erläuterung des schriftlichen Gutachtens durch den Sachverständigen beantragen, woraufhin das Gericht verpflichtet ist, den Sachverständigen zur Erläuterung des Gutachtens zu laden (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 411 Rn. 5a). Weiterhin bleibt der Partei in begründeten Fällen die Möglichkeit, den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, 406 ZPO. 2. Da die gegenüber dem Sachverständigen erklärte Streitverkündung rechtsmissbräuchlich ist, war das Landgericht Neuruppin auch dazu berechtigt, die Zustellung der Streitverkündungsschrift an den Sachverständigen W. zu verweigern. Gemäß § 73 S. 2 ZPO hat das Gericht üblicherweise den Streitverkündungsschriftsatz dem Betroffenen zuzustellen, ohne die Zulässigkeit der Streitverkündung zu prüfen, denn das Gericht hat nur Zustellungshilfe für die Partei zu leisten, die den Schriftsatz eingereicht hat (OLG Celle, IBR 2006, 61). Die Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit der Streitverkündung ist in der Regel dann erst vom Gericht des Folgeprozesses zu prüfen (Zöller/Vollkommer, § 72 Rn. 1). Dies gilt aber dann nicht, wenn sich, wie in diesem Fall, die Streitverkündung als Eingriff in die ordnungsgemäße Funktion der Rechtsprechung und somit als rechtsmissbräuchliche Prozesshandlung einer Partei darstellt (OLG Celle, BauR 2006, 140). Bei rechtsmissbräuchlichen Anträgen besteht kein Anspruch des Antragstellers auf Bearbeitung und Entscheidung (Zöller/Vollkommer, Einl. Rn. 48 a). Vielmehr hat das Landgericht es zu Recht abgelehnt, den Rechtsmissbrauch durch Zustellung der Streitsverkündung zu unterstützen. In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Landgericht dabei insbesondere auch die Interessen aller Beteiligten an der ungestörten Fortsetzung des Beweisverfahrens, das eine schnelle Beweissicherung ermöglichen soll, beachtet. Dieses Fortsetzungsinteresse wäre aber im Falle einer Zustellung der Streitverkündungsschrift an den Sachverständigen gefährdet: Will der Sachverständige sich angesichts des ihm angedrohten Regressprozesses frühzeitig verteidigen und tritt er dem Verfahren bei, ist er auf den Ablehnungsantrag einer Partei gemäß §§ 406 Abs. 1, 42 ZPO wegen der Besorgnis der Befangenheit vom Prozess auszuschließen. Das Gericht verliert seinen Sachverständigen und ist auf eine erneute Begutachtung angewiesen (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 413 Rn. 4, § 460 Rn. 15). Einem solchen Risiko sollte das vorliegende Verfahren, das bereits seit dem 29. Juli 1999 anhängig ist, jedoch nicht ohne beachtlichen Grund ausgesetzt werden. Der Sachverständige hat am 31. Januar 2006 ein sehr umfangreiches Gutachten über Rissbildungen an einer Vielzahl von Wohnobjekten vorgelegt, dem Beweis- und Ergänzungsbeschlüsse aus den Jahren 1999, 2000, 2001 und 2005 zugrunde lagen. Im Anschluss daran wird der Sachverständige nunmehr, wie von den Verfahrensbeteiligten beantragt, noch offene Fragen schriftsätzlich bzw. in einem Verhandlungstermin beantworten müssen. In diesem Verfahrensstadium muss das Interesse der Beschwerdeführerin an der Zustellung einer rechtsmissbräuchlichen Streitverkündungsschrift durch das Gericht gegenüber den Interessen der weiteren Beteiligten an der ungestörten Fortsetzung des selbstständigen Beweisverfahrens zurücktreten.« 6.17. BGH (Beschluss vom 19. Dezember 2006, Az.: VIII ZB 49/06): Mietrechtsstreit: Zulässigkeit der Streitverkündung gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Leitsatz der Entscheidung: Auch in Mietsachen ist die von einer Partei gegenüber einem gerichtlichen Sachverständigen erklärte Streitverkündung zur Vorbereitung von Haftungsansprüchen aufgrund im Rechtsstreit erbrachter, angeblich fehlerhafter Gutachterleistungen unzulässig; eine gleichwohl erfolgte Zustellung der Streitverkündungsschrift ist rechtswidrig. Aus den Gründen: »1. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass die von den Beklagten gegenüber dem Sachverständigen erklärte Streitverkündung unzulässig ist und dass die Zustellung der Streitverkündungsschrift rechtswidrig erfolgt ist. Die Streitverkündung gegenüber einem gerichtlichen Sachverständigen zur Vorbereitung von Haftungsansprüchen gegen diesen aus angeblich fehlerhafter, im selben Rechtsstreit erbrachter Gutachterleistungen ist, wie der Bundesgerichtshof nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat, generell unzulässig; aus diesem Grund ist die Zustellung des Streitverkündungsschriftsatzes als rechtsmissbräuchlich zu verweigern (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2006 - VII ZB 16/06, NJW 2006, 3214 unter II 3 b und c; vgl. auch bereits BGH, Urteil vom 12. Januar 2006 - VII ZR 207/04, BauR 2006, 716 unter II 1; OLG Koblenz, BauR 2006, 144; OLG München, IBR 2006, 239; OLG Celle, BauR 2006, 140; Böckermann, MDR 2002, 1348, 1350 f.).« 6.18. AG Hagen/Westfalen (Urteil vom 5. Juli 2007, Az.: 10 C 84/07): Unzulässigkeit der Zustellung einer auf Änderung gutachterlicher Äußerungen in einem rechtshängigen Verfahren gerichteten Klage Leitsatz der Entscheidung: Die Zustellung einer Unterlassungs-/Widerrufsklage an einen in einem anderen Verfahren tätigen gerichtlich bestellten Sachverständigen ist unzulässig. Aus den Gründen: »Der Bundesgerichtshof hat zurecht bereits die Zustellung der Streitverkündungsschrift für rechtswidrig erklärt, was der Gesetzgeber nunmehr aufgegriffen hat. Gleiche Erwägungen gelten für die Erhebung einer Unterlassungsklage gegen einen im Gerichtsverfahren eingeschalteten und noch tätigen Sachverständigen. Würden Klagen gegen Gerichtsbeteiligte in dieser Weise zugelassen, wäre kein Einhalt zu gebieten, etwa einen gegnerischen Prozessbevollmächtigten durch eine anderweitig erhobene Unterlassungsklage sogar seinen Vortrag untersagen zu lassen, einem Zeugen seine Aussage zu widerrufen, auf die Spitze gebracht, sogar einem Gericht zu untersagen, eine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage etwa bei Vergleichsverhandlungen weiterhin vorzunehmen, indem Klage gegen eine Gerichtsperson erhoben wird. Das dies nicht erlaubt sein kann, liegt auf der Hand. Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Begehrens des »Klägers« offenbart sich zudem in der Schlussbemerkung der Beschwerdebegründung, es ging lediglich um eine unzutreffende Zitier- | 110 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt Festschrift BauSV 1/2015 weise des in den Verfahren vor dem Amtsgericht – Familiengerichts – tätigen Gutachters, des hier als beklagte Person von der Klägerseite betrachteten Gegners.« 6.19. OVG Münster (Beschluss vom 26. Mai 2006, Az.: 4 B 310/06): Widerruf der öffentlichen Bestellung eines Sachverständigen wegen mangelhaften Gutachten Leitsätze der Entscheidung: 1. Schwerwiegende Mängel bei der Erstellung von Gutachten rechtfertigen auch unter Berücksichtigung von Art. 12 Abs. 1 GG den Widerruf der Bestellung. 2. Bedenken gegen die Eignung als Sachverständiger reichen für den Widerruf aus, ohne dass das Fehlen der Eignung feststehen muss. Aus den Gründen: »Soweit der Antragsteller die Frage aufwirft, ob es für einen Widerruf der öffentlichen Bestellung ausreiche, dass lediglich Bedenken gegen die Eignung beständen, oder ob ein Widerruf erst bei fehlender Eignung zulässig sei, ist auf den eindeutigen Wortlaut des § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO zu verweisen, der für die Bestellung – und damit auch deren Fortdauer – verlangt, dass keine Bedenken gegen die Eignung bestehen. Aus welchen Gründen mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG ein anderes Verständnis der Vorschrift geboten sein könnte, legt die Beschwerde nicht dar. Nicht berechtigt sind die Einwendungen, die der Antragsteller gegen die auf Umstände des Bestellungsverfahrens abhebenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (BA Seite 4/5) geltend macht. Das Verwaltungsgericht hat den Widerruf nicht etwa auf Tatsachen gestützt, die schon bei der Bestellung vorlagen. Es hat die damaligen Vorgänge vielmehr lediglich als Beleg dafür angeführt, dass der Antragsteller sich der bei ihm vorliegenden Defizite bewusst sein musste und deshalb die neuerlich zu Tage getretenen Nachlässigkeiten besonders schwer wögen. Gegen diese Wertung ist nichts zu erinnern. Der Senat teilt auch nicht die Auffassung des Antragstellers, dass die Bewertung seines Verhaltens als uneinsichtig (BA Seite 5 Mitte) mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht zu vereinbaren sei. Es bleibt dem Antragsteller sicherlich unbenommen, sich gegen aus seiner Sicht unberechtigte Beanstandungen der Antragsgegnerin zur Wehr zu setzen. Räumt er die gerügten Mängel aber ein, wie dies weitgehend in seinem Schreiben vom 12. Oktober 2005 geschehen ist, und macht er dennoch gleichzeitig geltend, seine Gutachten seien brauchbar und im Ergebnis nicht falsch, so spricht dies in der Tat dafür, dass er die Notwendigkeit einer sorgfältigen Gutachtenerstattung im Grunde nicht recht einsieht. Der Antragsteller meint weiter, die vom Gutachter Dr. U. beanstandeten Mängel seien nicht so gravierend, dass daraus auf seine fehlende persönliche Eignung geschlossen werden könne. Nach der gesetzlichen Regelung kommt es aber nicht auf das Fehlen der Eignung, sondern nur darauf an, ob Tatsachen vorliegen, die Bedenken gegen seine Eignung begründen. Dass Letzteres der Fall ist, ergibt sich aus der Stellungnahme des Gutachters Dr. U., die das Verwaltungsgericht auszugsweise zitiert hat (BA Seite 4). Soweit der Antragsteller vorträgt, es handele sich nicht um schwerwiegende Pflichtverletzungen, ist dies angesichts der Ausführungen des Dr. U. für den Senat nicht nachvollziehbar. Ob andere Auftraggeber mit der Arbeit des Antragstel- lers zufrieden waren und ob bisher Beschwerden über seine Tätigkeit ausgeblieben sind, ist rechtlich unerheblich, weil die dargelegten Zweifel an seiner persönlichen Eignung dadurch nicht ausgeräumt werden. Unerheblich ist auch, dass die Antragsgegnerin das vom Antragsteller vorgelegte vierte Gutachten nicht in die Eignungsüberprüfung einbezogen hat. Auch wenn aufgrund dieses Gutachtens Bedenken gegen die persönliche Eignung nicht bestehen sollten, werden die sich aus der Durchsicht der ersten drei Gutachten ergebenden Bedenken nicht ausgeräumt. Außerdem kann dem vierten vom Antragsteller vorgelegten Gutachten (Gutachten S.) im vorliegenden Zusammenhang schon deshalb keine maßgebliche Bedeutung zukommen, weil es erst am 7. November 2005 und damit während des laufenden Widerrufsverfahrens erstellt worden ist. Es liegt nahe, dass der Antragsteller unter dem Druck des Widerrufsverfahrens bei der Erstellung seines Gutachtens besondere Sorgfalt hat walten lassen. Dass dies im »normalen Tagesgeschäft« in gleicher Weise geschieht, ist damit nicht belegt. Der weitere Einwand des Antragstellers, in der Gestaltung seines Briefkopfes und seiner Visitenkarte seien jedenfalls keine schwerwiegenden Verstöße im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 1 SVO zu sehen, greift schon deshalb nicht durch, weil das Verwaltungsgericht nicht von schwerwiegenden Verstößen ausgegangen ist. Es hat lediglich ausgeführt, die aufgezeigten Gründe für die Zweifel an der erforderlichen Sorgfalt des Antragstellers würden auch bestärkt durch den Umgang mit seiner Visitenkarte, seinem Briefbogen und seiner Homepage im Internet. Die Wertung im angefochtenen Beschluss, dass das Verhalten des Antragstellers für ein erhebliches Maß an Nachlässigkeit spreche, ist nicht zu beanstanden. Weshalb sich das Verwaltungsgericht insoweit nicht innerhalb des verfassungsrechtlich vorgegebenen Rahmens bewegt haben soll, legt die Beschwerde nicht dar. Dem Antragsteller ist schließlich auch nicht zu folgen, soweit er vorträgt, das Verwaltungsgericht habe außer Acht gelassen, dass er 60 % seines Umsatzes im Rahmen der Tätigkeit als bestellter Sachverständiger erziele. Für das Verwaltungsgericht war rechtlich entscheidend, ob und in welchem Umfang der Antragsteller zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz auf die Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger wirklich angewiesen ist. Dass die Ausführungen des Antragstellers zu seinen prozentualen Umsätzen ungeeignet sind, eine Existenzgefährdung zu belegen, liegt auf der Hand.« Kontakt/Information Dr. Felix Lehmann Vorsitzender Richter am Landgericht Landgericht Kiel Schützenwall 31–35 24114 Kiel Tel.: 0431-604-1005 Fax.: 0431-604-1830 [email protected] | 111 10 Jahre – Der Bausachverständige Zurück zum Inhalt