Nichteinladung einer Partei zu einem Ortstermin

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Nichteinladung einer Partei zu einem Ortstermin
Fachbereiche
Sachverständige
Nichteinladung einer Partei zu einem Ortstermin ...
... führt nicht automatisch zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit
Hierzu wird in der Zeitschrift Baurecht
(BauR 6/2009 – Seiten 1007 bis 1008)
auf eine Entscheidung des OLG Celle vom
09.02.2009 (16 W 5/09) verwiesen.
Zur Sache:
Schützen & Erhalten · Dezember 2009 · Seite 15
Foto: Reiner Durst · www.pixelio.de
Zur Feststellung, ob und welche speziellen
Baumängel an einem Objekt vorliegen, wurde ein
Sachverständiger vom Landgericht mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Rahmen
seiner Gutachtenerstellung führte der Sachverständige drei Ortstermine am streitbefangenen
Objekt durch. Im Vorfeld des dritten Termins ist
die Einladung zur Teilnahme an die Partei der
Antragsgegner bei dieser nicht eingegangen.
Die Partei der Antragsgegner hatte aufgrund der
fehlenden Information nicht an dem 3. Ortstermin teilnehmen können. Sie nahm dieses zum
Anlass, den Sachverständigen wegen Besorgnis
der Befangenheit abzulehnen. Das Landgericht
hat den Antrag zurückgewiesen, worauf der Antragsgegner Beschwerde einlegte.
Das OLG Celle gab der Entscheidung des Landgerichts Recht, da ein Grund für die Ablehnung
des Sachverständigen nicht festzustellen sei. Es
führte zur Begründung hierzu aus:
„1. Entscheidend ist, ob vom Standpunkt der
ablehnenden Partei aus genügend objektive Gründe vorliegen, die in den Augen einer verständigen
Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit und Objektivität des Sachverständigen zu erregen.[1] Das ist vorliegend nicht der Fall.
Zwar kann die Durchführung eines Ortstermins in Anwesenheit nur einer Partei und ohne
Benachrichtigung der anderen Partei grundsätzlich die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen nach §406 ZPO rechtfertigen, wovon
auch das Landgericht zutreffend ausgegangen ist.
Der Senat unterstellt auch, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner eine Benachrichtigung vom Ortstermin am 26. 8. 2008 nicht
erhalten hat. Indessen kann nicht ausgeschlossen
werden, dass dies etwa auf einem einfachen Büroversehen entweder im Büro des Sachverständigen
oder auch in der Kanzlei des Rechtsanwalts oder
auf einem Verlust des Schreibens im Postwege
beruhte. Der Sachverständige hat dargelegt und
hinreichend belegt, er habe die Absendung der Terminsbenachrichtigung an beide Anwälte zur Post
gegeben, ebenso wie die Benachrichtigung des
Landgerichts selbst und des weiteren Gutachters
zum Zweck der Probenentnahme per Fax. Ebenso überzeugend wie der Sachverständige hat der
Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner vorgetragen, es könne ausgeschlossen werden, dass
die Terminsnachricht in der Kanzlei eingegangen
sei. Es handelt sich mithin nicht um einen Fall,
in dem der Sachverständige von der Ladung oder
Benachrichtigung einer Partei (bewusst) abgesehen und sie daher von der Teilnahme praktisch
ausgeschlossen hat. Der Senat teilt nicht die Auf-
Es schreibt
fassung der Antragsgegner, der
– nach Anhörung der Parteien
für Sie:
Sachverständige sei verpflichentscheiden. Die Antragsgegner
tet, eine Ladung zum Ortstersollten dazu dann allerdings
Dipl. Holzwirt
Georg Brückner vorsorglich vortragen, welches
min zuzustellen, auch um den
Nachweis des Zugangs erbringen
berechtigte Interesse sie darFachbereichszu können. Das mag in Einzelan haben könnten, zumal es
leiter Sachverständige
fällen gerechtfertigt oder anlediglich – wie oben zu 1. ergebracht sein. Indessen ergibt
örtert – um die Probenentnahsich aus den Vorschriften über
me an den zuvor bereits bei
den Sachverständigenbeweis Roggenkamp 7a
früheren Ortsterminen besicheine solche Pflicht nicht. Es gilt 59348 Lüdinghausen
tigten Stellen ging, bei denen
Telefon: (0 2591) 949653
vielmehr analog §357 ZPO der Telefax: (02591) 949654
sie einschließlich ihres VerfahGrundsatz der Parteiöffentlich- E-Mail: [email protected]
rensbevollmächtigten anwesend
keit bei Durchführung der Begewesen sind oder jedenfalls
weisaufnahme, zu der eben auch der Ortstermin anwesend sein konnten. Ein solches Interesse ist
eines gerichtlichen Sachverständigen gehört,[2] bisher nicht erkennbar.“
Anzumerken hierzu ist, dass es wohl gängiwobei eine formlose Ladung genügt.
Bei diesem Sachverhalt bestehen aus der ge Praxis ist, Einladungen zu Ortsterminen per
maßgeblichen vernünftigen Sicht der Partei keine Einschreiben/Rückschein oder per Fax durchzuGründe für die Annahme oder auch nur Besorgnis, führen – bei beiden Methoden hat der Sachverder Sachverständige werde nicht mit der gebote- ständige einen geeigneten Nachweis, um einem
nen Neutralität den Gutachtenauftrag erledigen Befangenheitsantrag vorzubeugen – es besteht
können. Es kommt hinzu, dass unstreitig die Not- aber keine Verpflichtung zu solch einer Dokuwendigkeit eines dritten Ortstermins zur Proben- mentation. Das Fehlen eines solchen dokumenentnahme bereits zuvor von dem Sachverständigen tarischen Nachweises schließt nicht automatisch
angesprochen worden war, allerdings noch ohne ein, dass der Sachverständige die Unparteilicheinen konkreten Termin zu benennen. Weil es nur keit und Objektivität verlassen hat. Mangelnde
noch um den augenscheinlich in Anwesenheit aller Unparteilichkeit und Objektivität müsste die
Beteiligter bereits erfassten Bereich des behaup- ablehnende Partei dem Sachverständigen im
teten Pilzbefalls ging und hier lediglich noch die Einzelnen nachweisen. Der oben genannte Fall
erforderlichen Proben durch das chemische Labor zeigt deutlich, dass es hier, auch zum Schutz
Dr. W. genommen werden sollten, um sie auf den des Sachverständigen, Grenzen gibt.
Befall des echten Hausschwamms zu untersuchen,
was der Sachverständige auch in dem Ladungsschreiben bereits angekündigt hatte, konnte er mit
Recht davon ausgehen, dass die Antragsgegner
Allen Sachverständigen und Mitgliedern des
und ihr Verfahrensbevollmächtigter ebenso wie der
DHBV und Ihren Familien sowie den Lesern
Anwalt der Antragsteller an der Teilnahme dieses
von Schützen & Erhalten wünschen wir ein froTermins kein gesteigertes Interesse haben werden.
hes Weihnachtsfest, erholsame Feiertage und
Solches wird auch mit dem Ablehnungsantrag und
ein von Gesundheit, Erfolg und Zufriedenheit
geprägtes Jahr 2010.
der Beschwerdebegründung nicht dargetan. DesGeorg Brückner
halb war hier auch nicht noch eine telefonische
und Michael
Nachfrage durch den Sachverständigen vor DurchDiehl
führung dieses Termins erforderlich, zu dem im
Übrigen auch der Anwalt der Antragsteller nicht
erschienen war. Die Eigentümer der betreffenden
Wohnung waren ersichtlich lediglich deshalb vor
Ort, um den Zugang zu ermöglichen.
2. Soweit die Antragsgegner in der Beschwerdeschrift einen weiteren Grund zur Ablehnung des
Sachverständigen in dessen Stellungnahme vom
18.12.2008 geltend machen, hat sich der Senat
damit nicht zu befassen, weil erstmals mit der
Beschwerde vorgetragene Ablehnungsgründe nicht
zu berücksichtigen sind; solche können nämlich
nicht im Ablehnungsverfahren mit der sofortigen
Beschwerde nachgeschoben werden.[3]
3. Ob aus Gründen der (nachträglichen)
Herstellung der Waffengleichheit und Parteiöffentlichkeit der Ortstermin zur Probenentnahme
zu wiederholen ist, mag das Landgericht – wie
im angefochtenen Beschluss am Ende erwogen

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