meinem Artikel - Roland Keller Homepage

Transcrição

meinem Artikel - Roland Keller Homepage
Pokerface am PC
Glücksspiele: Wo im Internet Geld verdient wird
In der Schweiz wenig beachtet, in den USA ein Riesengeschäft: Glücksspiele im Internet. Eine 4Milliarden-Dollar-Industrie. Online-Poker ist ein Teil davon.
ROLAND KELLER
Poker ist zwar ein Glücksspiel, aber auch ein Sport. Einer der schnellstwachsenden, übrigens. In
den USA gibt es etwa 50 Millionen Menschen, die Poker spielen. Und es werden immer mehr. Viele
spielen Poker zu Hause, mit Freunden, Geschäftspartnern oder in bunt zusammengewürfelten
Gesellschaften, die sich fürs Pokerspielen gefunden haben. Dabei geht es, natürlich, um Geld. Um
mehr oder weniger Geld, das Vergnügen und die Geselligkeit haben oft Vorrang.
In den USA ist Poker das Spiel schlechthin. Darum spielt ein durchschnittlicher Spieler recht gut. Die
wenigsten Spieler spielen in «echten» Casinos. Vielleicht einmal in den Ferien in Las Vegas. Aber
regelmässig oder sogar professionell spielen im Vergleich wenige.
Ein Greenhorn hats nicht leicht
Da fliegt also ein Freizeitspieler nach Las Vegas, geht in ein Casino, setzt sich an einen Pokertisch
und spielt Poker. Die Spieler dort werden ihn sofort als «Greenhorn» (unerfahrener Spieler)
entlarven. Wenn er Glück hat, verliert er nur wenig oder gewinnt sogar ein bisschen. Das ist die
Ausnahme. Poker hat nämlich nur etwa dreissig Prozent mit Glück zu tun. Der Rest ist Können. Die
regelmässigen Pokerspieler in Casinos warten nur darauf, bis so ein Spieler auftaucht. Schliesslich
verdienen einige ihren Lebensunterhalt mit Poker. Und da viele Casino-Neulinge ihre Fähigkeiten
massiv überschätzen, sind sie das willkommene Futter für diese Pokerhaie. Also meiden solche
Spieler die Casinos besser.
Trockenübungen
Eine andere Möglichkeit bietet das Internet mit seinen Spielzeuggeld-Pokerspielen. Dort kann man
üben. Und üben. Manche Online-Poker-Casinos bieten Gratisturniere mit Geldpreisen von bis zu
1000 Dollar an. Da kann es schon mal vorkommen, dass mehr als 2000 Spieler um einen der ersten
15 Gewinnränge spielen. Die Lust wird geweckt, nicht mehr nur mit Spielzeuggeld zu spielen,
sondern mit richtigem Geld. Mittlerweile beherrscht man das Spiel ja. Glaubt man. Die Casinos
wissen, warum sie Gratisspiele anbieten. So werden die Spieler fürs Geldspiel «angefixt». Immerhin
kursieren Geschichten von Spielern, die sich an einem Online-Turnier mit kleinem Einsatz von
Turnier zu Turnier hochgearbeitet haben und dann einen teuren Sitz an einem Life-Turnier in der
WSOP (World Series of Poker - Weltserie Poker) oder der WPT (World Poker Tour - Welt Poker
Tournee) gewonnen haben. Eintritte zu solchen Poker-Turnieren sind ohne den Gratiszutritt übers
Online-Poker teuer. Zwischen 500 und 25 000 Dollar muss aufbringen, wer teilnehmen will. Sie
finden in berühmten Casinos statt: In Hotels wie dem Binion's Horseshoe oder dem Bellagio in Las
Vegas. Aber auch in Europa finden Turniere statt, im Aviation Club de Paris zum Beispiel.
Mit Online-Poker zum Millionär
Der 27-jährige Chris Moneymaker, ein Amateurspieler aus Tennessee, hat es letztes Jahr geschafft,
durchs Internet einen Sitz am WSOP-Turnier in Las Vegas zu gewinnen. Er spielte ein PokerTurnier bei Poker Stars, einem Online-Poker-Casino, mit einem Einsatz von nur 40 Dollar und er
gewann das Turnier. Damit qualifizierte er sich für ein weiteres. Er gewann auch dieses. Der
Hauptpreis war das Eintrittsgeld plus 1000 Dollar Reisespesen (total 11 000 Dollar) zum
prestigeträchtigen WSOP-Turnier im Binion's Horseshoe in Las Vegas. Der Sieger dieses
berühmtesten aller Poker-Turniere wird Poker-Weltmeister. Er trug rund 2,5 Mio. Dollar (etwa 3,3
Mio. Franken) Preisgeld nach Hause. Chris Moneymaker hatte noch nie in einem Life-Turnier
gespielt und spielte erst seit drei Jahren Poker.
Werbung für Casinos
Nicht so bekannt ist, dass Moneymaker im Vorjahr rund 15 000 Dollar beim Pokern verspielt hatte.
Natürlich musste Chris Moneymaker während des Turniers eine Poker-Stars-Baseball-Kappe
tragen. Mittlerweile bieten fast alle Internet Casinos Poker-Turniere an. Die grossen Turniere
werden von Fernseh-Stationen wie dem Travel Channel und ESPN übertragen. Berühmte Spieler
wie Johnny Chan, Amarillo Slim, Phil Hellmuth - das Enfant Terrible des Pokers spielen mit. Frauen
sind untervertreten, aber es gibt Spitzenspielerinnen. Zum Beispiel Annie Duke, die letztes Jahr eine
halbe Million Dollar verdiente. Die Amateure scheiden meistens nach wenigen Stunden, oft auch nur
Minuten, aus. Die Zuschauer sehen die Turniere am Fernseher, bekommen Lust aufs Selberspielen
und - spielen im Internet.
Online-Poker-Webseiten: pokerstars.com, paradisepoker.com, truepoker.com, partypoker.com,
pokermillion.com, ultimatebet.com, planetpoker.com, royalvegaspoker.com, absolutepoker.com
Pokerturnier
Jede volljährige und mündige Person kann an einem Pokerturnier teilnehmen. Je nach Turnier spielt
man verschiedene Varianten von Poker, wobei Texas Hold'em No Limit vorwiegt. Mit dem
Eintrittsgeld erkauft sich der Spieler eine für alle Spieler gleiche Menge von Spielchips. Gespielt wird
bis ein einziger Spieler alle Chips gewonnen hat. Letztes Jahr waren es noch 800 Turnierteilnehmer.
Bei der diesjährigen WSOP (World Series of Poker/ Weltserie des Pokers) im Binions Horseshoe in
Las Vegas schon 2576. Jede teilnehmende Person musste einen Eintrittspreis von 10 000 Dollar
bezahlen. Etwa ein Fünftel der Teilnehmer hatte das Turniergeld beim Online-Poker-Spielen
gewonnen. Am 28. Mai 2004 stand der Sieger fest: Greg Raymer aus Connecticut, USA. Preisgeld:
fünf Millionen Dollar. Qualifiziert durch ein Online-Turnier bei Poker Stars für 160 Dollar. (rk)