als - Logo Medienbüro Dunkhase

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POWERSELLING | 7
Die Erfolge der
Generation Ebay
Leben mit und vom Online-Handel: Wir haben Menschen
besucht, die sich diesen Traum erfüllt haben. Fazit: Wer
viel Arbeit investiert, hat gute Chancen
I
n den Regalen stapeln sich Rattanmöbel, Stoßdämpfer und Espressomaschinen, Organizer, Fernseher, DVD-Spieler
und Miss-Piggy-Figuren. Ein buntes
Sammelsurium von Waren, die aus den
normalen Vertriebswegen herausgefallen
sind und nun darauf warten, bei Ebay versteigert zu werden. Wir sind in der Lagerhalle der Limal GmbH, einem Internetunternehmen der Generation Ebay. „Ich
habe bewusst klein angefangen und versuche, die Fehler der New Economy zu ver-
Limal-Auktion
Der Herr der Reste:
Andreas Voswinckel
in seinem Lager
in Neumünster bei
Hamburg
FOTO: FRANK SIEMERS FÜR TOMORROW
Name: Andreas Voswinckel
Geschäftsidee: Restposten
Bewertungsprofil: 13 000
Positive Bewertungen: 99,5 %
Website: www.limal.de
ªUm hohe Preise zu
erzielen, m ssen wir
st ndig Angebot und
Nachfrage im Auge
behalten, die Preisentwicklung verfolgen
und Produkte speziell
promoten, wenn sie nicht
so gut laufen
meiden“, sagt Firmengründer Andreas
Voswinckel aus Hamburg. Von der Glitzerwelt der einstigen Start-ups ist seine Firma
denn auch ähnlich weit entfernt wie
Deutschland von der Vollbeschäftigung.
Aber sie schafft Jobs: Voswinckel und seine
13 Mitarbeiter gehören zu den mehr als
10000 Deutschen, die nach Ebay-Schätzungen ihren Lebensunterhalt überwiegend
mit dem Handel bei Ebay bestreiten.
Der 31-jährige gelernte Schifffahrtskaufmann hat sich nach der Insolvenz seines letzten Arbeitgebers selbstständig
gemacht. Seine Geschäftsidee ist ebenso
einfach wie genial: Voswinckel verkauft Waren im Auftrag von Handelsunternehmen
und Herstellern auf Kommissionsbasis.
„Den meisten Unternehmen fehlt es an den
personellen wie logistischen Voraussetzungen, ihre Restposten abzusetzen“, erklärt Voswinckel. So können PDAs oder
Handys, die von Kunden zurückgegeben
werden, nicht mehr über die normalen Vertriebswege verkauft werden. „Früher wurden diese Geräte einfach verschrottet, dabei
sind sie häufig vollkommen intakt; 70 Prozent der Geräte werden aufgrund von Bedienungsfehlern zurückgegeben.“ Heute
sorgt Voswinckel dafür, dass sie nicht in der
Schrottpresse landen, sondern bei Ebay.
Die zweite Bezugsquelle von Voswinckel sind Handelsunternehmen. Was bei Aldi, Lidl & Co. aus dem Programm genommen wurde, findet über Online-Auktionen
seine Abnehmer. Dem Endkunden gegenüber tritt nicht der Besitzer der Ware als
Verkäufer auf, sondern Limal. Für seine
Dienstleistung bekommt Voswinckel eine
Provision zwischen 10 und 25 Prozent ¸
POWERSELLING | 7
Die Erfolge der
Generation Ebay
Leben mit und vom Online-Handel: Wir haben Menschen
besucht, die sich diesen Traum erfüllt haben. Fazit: Wer
viel Arbeit investiert, hat gute Chancen
I
n den Regalen stapeln sich Rattanmöbel, Stoßdämpfer und Espressomaschinen, Organizer, Fernseher, DVD-Spieler
und Miss-Piggy-Figuren. Ein buntes
Sammelsurium von Waren, die aus den
normalen Vertriebswegen herausgefallen
sind und nun darauf warten, bei Ebay versteigert zu werden. Wir sind in der Lagerhalle der Limal GmbH, einem Internetunternehmen der Generation Ebay. „Ich
habe bewusst klein angefangen und versuche, die Fehler der New Economy zu ver-
Limal-Auktion
Der Herr der Reste:
Andreas Voswinckel
in seinem Lager
in Neumünster bei
Hamburg
FOTO: FRANK SIEMERS FÜR TOMORROW
Name: Andreas Voswinckel
Geschäftsidee: Restposten
Bewertungsprofil: 13 000
Positive Bewertungen: 99,5 %
Website: www.limal.de
"Um hohe Preise zu
erzielen, müssen wir
ständig Angebot und
Nachfrage im Auge
behalten, die Preisentwicklung verfolgen
und Produkte speziell
promoten, wenn sie nicht
so gut laufen"
meiden“, sagt Firmengründer Andreas
Voswinckel aus Hamburg. Von der Glitzerwelt der einstigen Start-ups ist seine Firma
denn auch ähnlich weit entfernt wie
Deutschland von der Vollbeschäftigung.
Aber sie schafft Jobs: Voswinckel und seine
13 Mitarbeiter gehören zu den mehr als
10000 Deutschen, die nach Ebay-Schätzungen ihren Lebensunterhalt überwiegend
mit dem Handel bei Ebay bestreiten.
Der 31-jährige gelernte Schifffahrtskaufmann hat sich nach der Insolvenz seines letzten Arbeitgebers selbstständig
gemacht. Seine Geschäftsidee ist ebenso
einfach wie genial: Voswinckel verkauft Waren im Auftrag von Handelsunternehmen
und Herstellern auf Kommissionsbasis.
„Den meisten Unternehmen fehlt es an den
personellen wie logistischen Voraussetzungen, ihre Restposten abzusetzen“, erklärt Voswinckel. So können PDAs oder
Handys, die von Kunden zurückgegeben
werden, nicht mehr über die normalen Vertriebswege verkauft werden. „Früher wurden diese Geräte einfach verschrottet, dabei
sind sie häufig vollkommen intakt; 70 Prozent der Geräte werden aufgrund von Bedienungsfehlern zurückgegeben.“ Heute
sorgt Voswinckel dafür, dass sie nicht in der
Schrottpresse landen, sondern bei Ebay.
Die zweite Bezugsquelle von Voswinckel sind Handelsunternehmen. Was bei Aldi, Lidl & Co. aus dem Programm genommen wurde, findet über Online-Auktionen
seine Abnehmer. Dem Endkunden gegenüber tritt nicht der Besitzer der Ware als
Verkäufer auf, sondern Limal. Für seine
Dienstleistung bekommt Voswinckel eine
Provision zwischen 10 und 25 Prozent ¸
POWERSELLING | 9
Name: Diana Grimme
Geschäftsidee: Abendkleider
Bewertungsprofil: 7000
Positive Bewertungen: 99,8 %
Webshop: www.laras-dreamland.com
ªWer in den Ebay-Handel
einsteigen will, sollte
Kontakt zu anderen
Powersellern suchen und
sich das Ganze mal
anschauen. Viele haben
v llig falsche
Vorstellungen von dem
Aufwand
Models und
Macherin:
Diana
Grimme
mit Kandidatinnen
zur Wahl
der „Miss
Hamburg“
¸ des Verkaufserlöses. Dafür bietet er einen
Rundumservice an: Die Unternehmen liefern die Waren in seine 3000 Quadratmeter
große Lagerhalle, und Voswinckel kümmert sich um den Rest – vom Einstellen der
Artikel über die Zahlungsabwicklung bis
zum Versand. Damit erwirtschaftet er einen
Jahresumsatz von fast drei Millionen Euro.
Obwohl erst seit Februar 2003 am Start, darf
sich Limal seit August Platin-Powerseller
nennen – für Ebayer so etwas wie der Ritterschlag.
Mehr als 5000 Powerseller – eingeteilt
in die Kategorien Bronze, Silber, Gold und
Platin – sind in Deutschland registriert. Powerseller heißen bei Ebay Profis, die den
weltweiten Marktplatz mit seinen 114 Millionen registrierten Mitgliedern, davon über
11 Millionen in Deutschland, für ihr Geschäft nutzen. Um sich mit dem Powerseller-Logo schmücken zu dürfen, muss man
sich zur Einhaltung der Ebay-Grundsätze
und der Powerseller-AGB verpflichten und
ein bestimmtes Handelsvolumen vorweisen: Für Bronze mindestens 3000 Euro oder
300 verkaufte Artikel monatlich, für Platin
150000 Euro bzw. 5000 Artikel.
Bis zum Platin ist es für Alexander Gerber, 30, noch ein weiter Weg. Gerber ist Verkaufsagent und handelt im Auftrag von
Privatkunden. Verkaufsagenten sind der
neueste Schlager bei Ebay, schließlich lebt
halb Deutschland nach wie vor ohne Internetanschluss, das sind potenziell verlorene
Ebay-Kunden. Als die Verkaufsagenten-Idee
vor einem Jahr durch die Presse ging, kratzte Gerber sein letztes Geld zusammen und
gründete im Oktober 2003 den ersten EbayShop Leipzigs. Angefangen hat er auf acht
Quadratmetern, mittlerweile ist sein Ladengeschäft in der Nordstraße 45 auf 80
Quadratmeter expandiert. Hierher bringen
Gerbers Kunden Waren jeder Art, die er unter seinen Ebay-Namen „wohnflyer“ und
„tcb-30“ ins Netz stellt. Besonders gut gehen DDR-Nostalgika wie zum Beispiel Uhren und Kameras „made in GDR“, die überwiegend von Japanern gekauft werden. Eine
Ich-AG im Zeitalter der Globalisierung.
E
igentlich sollten Verkaufsagenten Internetmuffeln den Zugang zu Online-Auktionen ermöglichen. Die Praxis sieht allerdings anders aus, zumindest bei Gerber:
„Das Merkwürdige ist, dass die meisten
meiner Kunden sehr wohl einen Internetanschluss haben und ihre Auktionen genau
beobachten. Einige versuchen sogar, den
Auktionspreis durch eigene Gebote in die
Höhe zu treiben, was natürlich illegal ist.“
Seine Kunden „haben in der Regel keine
Lust oder keine Zeit, ihre Waren selbst zu
verkaufen. Manchen fehlt die Digitalkamera, anderen ist der Versand zu aufwendig,
insbesondere bei vielen Artikeln.“ Für seine Dienste nimmt Gerber 20 Prozent vom
Verkaufserlös plus Ebay-Gebühren. Als
klassisches Ein-Mann-Unternehmen wickelt er von der Akquise übers Einstellen
der Artikel bis zum Versand alles allein ab.
In der Regel arbeitet er 13 bis 15 Stunden
täglich – ein typischer Powerseller-Arbeitstag. Im ersten Monat blieben ihm gerade
mal 200 Euro auf dem Konto, mittlerweile
kommt er ganz gut über die Runden: „Ich
kann davon leben, reich werde ich damit
aber nicht.“
Während Gerber und Voswinckel relativ neu im Geschäft sind, führt Alexandra
Kriete aus dem ostfriesischen Edewecht
nach Ebay-Maßstäben schon ein Traditionsgeschäft. Die 34-Jährige ist Powersellerin der ersten Stunde und bereits seit 2000
im Geschäft. Dabei ist die ehemalige
Kosmetikerin eher zufällig zum Online- ¸
FOTO: FRANK SIEMERS FÜR TOMORROW
Laras Dreamland
POWERSELLING | 9
Name: Diana Grimme
Geschäftsidee: Abendkleider
Bewertungsprofil: 7000
Positive Bewertungen: 99,8 %
Webshop: www.laras-dreamland.com
"Wer in den Ebay-Handel
einsteigen will, sollte
Kontakt zu anderen
Powersellern suchen und
sich das Ganze mal
anschauen. Viele haben
völlig falsche
Vorstellungen von dem
Aufwand"
Models und
Macherin:
Diana
Grimme
mit Kandidatinnen
zur Wahl
der „Miss
Hamburg“
¸ des Verkaufserlöses. Dafür bietet er einen
Rundumservice an: Die Unternehmen liefern die Waren in seine 3000 Quadratmeter
große Lagerhalle, und Voswinckel kümmert sich um den Rest – vom Einstellen der
Artikel über die Zahlungsabwicklung bis
zum Versand. Damit erwirtschaftet er einen
Jahresumsatz von fast drei Millionen Euro.
Obwohl erst seit Februar 2003 am Start, darf
sich Limal seit August Platin-Powerseller
nennen – für Ebayer so etwas wie der Ritterschlag.
Mehr als 5000 Powerseller – eingeteilt
in die Kategorien Bronze, Silber, Gold und
Platin – sind in Deutschland registriert. Powerseller heißen bei Ebay Profis, die den
weltweiten Marktplatz mit seinen 114 Millionen registrierten Mitgliedern, davon über
11 Millionen in Deutschland, für ihr Geschäft nutzen. Um sich mit dem Powerseller-Logo schmücken zu dürfen, muss man
sich zur Einhaltung der Ebay-Grundsätze
und der Powerseller-AGB verpflichten und
ein bestimmtes Handelsvolumen vorweisen: Für Bronze mindestens 3000 Euro oder
300 verkaufte Artikel monatlich, für Platin
150000 Euro bzw. 5000 Artikel.
Bis zum Platin ist es für Alexander Gerber, 30, noch ein weiter Weg. Gerber ist Verkaufsagent und handelt im Auftrag von
Privatkunden. Verkaufsagenten sind der
neueste Schlager bei Ebay, schließlich lebt
halb Deutschland nach wie vor ohne Internetanschluss, das sind potenziell verlorene
Ebay-Kunden. Als die Verkaufsagenten-Idee
vor einem Jahr durch die Presse ging, kratzte Gerber sein letztes Geld zusammen und
gründete im Oktober 2003 den ersten EbayShop Leipzigs. Angefangen hat er auf acht
Quadratmetern, mittlerweile ist sein Ladengeschäft in der Nordstraße 45 auf 80
Quadratmeter expandiert. Hierher bringen
Gerbers Kunden Waren jeder Art, die er unter seinen Ebay-Namen „wohnflyer“ und
„tcb-30“ ins Netz stellt. Besonders gut gehen DDR-Nostalgika wie zum Beispiel Uhren und Kameras „made in GDR“, die überwiegend von Japanern gekauft werden. Eine
Ich-AG im Zeitalter der Globalisierung.
E
igentlich sollten Verkaufsagenten Internetmuffeln den Zugang zu Online-Auktionen ermöglichen. Die Praxis sieht allerdings anders aus, zumindest bei Gerber:
„Das Merkwürdige ist, dass die meisten
meiner Kunden sehr wohl einen Internetanschluss haben und ihre Auktionen genau
beobachten. Einige versuchen sogar, den
Auktionspreis durch eigene Gebote in die
Höhe zu treiben, was natürlich illegal ist.“
Seine Kunden „haben in der Regel keine
Lust oder keine Zeit, ihre Waren selbst zu
verkaufen. Manchen fehlt die Digitalkamera, anderen ist der Versand zu aufwendig,
insbesondere bei vielen Artikeln.“ Für seine Dienste nimmt Gerber 20 Prozent vom
Verkaufserlös plus Ebay-Gebühren. Als
klassisches Ein-Mann-Unternehmen wickelt er von der Akquise übers Einstellen
der Artikel bis zum Versand alles allein ab.
In der Regel arbeitet er 13 bis 15 Stunden
täglich – ein typischer Powerseller-Arbeitstag. Im ersten Monat blieben ihm gerade
mal 200 Euro auf dem Konto, mittlerweile
kommt er ganz gut über die Runden: „Ich
kann davon leben, reich werde ich damit
aber nicht.“
Während Gerber und Voswinckel relativ neu im Geschäft sind, führt Alexandra
Kriete aus dem ostfriesischen Edewecht
nach Ebay-Maßstäben schon ein Traditionsgeschäft. Die 34-Jährige ist Powersellerin der ersten Stunde und bereits seit 2000
im Geschäft. Dabei ist die ehemalige
Kosmetikerin eher zufällig zum Online- ¸
FOTO: FRANK SIEMERS FÜR TOMORROW
Laras Dreamland
10 | POWERSELLING
M
it der Ebay-Existenz ist für Alexandra
Kriete „ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich hätte nie daran geglaubt, dass das
so gut läuft.“ Im Sommer hat sie eine neue
Lagerhalle mit angegliedertem Bürotrakt
bezogen. Mittlerweile macht sie einen Umsatz im siebenstelligen Bereich und beschäftigt sechs fest angestellte Mitarbeiter.
Nur eins lässt sich die Chefin nicht nehmen: Kundenanfragen beantwortet sie persönlich. „Da lass ich keinen ran. Gute Kundenbeziehungen sind das A und O einer
erfolgreichen Ebay-Existenz.“ Mit einem Bewertungsprofil von über 36 000 ist Alexandra Kriete, die bei Stammkunden die Waren
auch schon mal vor Zahlungseingang verschickt, ein Ebay-Schwergewicht. Das Bewertungsprofil bezieht sich auf die Anzahl
der positiven Bewertungen von unterschiedlichen Kunden. Insgesamt hat Kriete
mehr als 70 000 positive Bewertungen.
Es sind vornehmlich Profihändler wie
Alexandra Kriete, die dafür sorgen, dass
Ebay wächst und wächst. Mehr als 20 000
Shops bieten auf der deutschen Ebay-Seite
Waren an, 27 Prozent des Handelsvolumens
wird nicht mehr mit Versteigerungen erzielt, sondern durch Sofortkauf zu Festpreisen – ein Indiz für kommerziellen Handel. Was als virtueller Flohmarkt begann,
ist längst auf dem Weg zum Online-Kaufhaus.
Dass Ebay auf die Karte Profihandel
setzt, ist aus Unternehmenssicht leicht verständlich. Das Geschäft mit Privatverkäufern hat seine natürlichen Grenzen, schließlich kann man seinen Dachboden nur
einmal leer räumen. Zumindest lassen sich
mit Hobbyhändlern nicht die Wachstumszahlen erreichen, die Ebay braucht, um seine Börsenbewertung zu rechtfertigen (siehe Seite 90). Wachsen kann Ebay vor allem
mit Profiverkäufern, die das Unternehmen
denn auch mit allerlei Weiterbildungsangeboten umwirbt.
Seit 2002 weihen in der Ebay University
Profis wie Marion von Kuczkowski, Vorzeige-Powersellerin und Buchautorin („Powerselling mit Ebay“), Neulinge in die Geheimnisse der Community ein. Zusammen
mit den Industrie- und Handelskammern
veranstaltet Ebay eintägige Workshops, in
denen Existenzgründern die kaufmännischen und juristischen Grundlagen vermittelt werden. Selbstständigkeit liegt im
Trend, gerade in Zeiten hoher Arbeitslosenzahlen und fehlender Jobperspektiven.
Gemeinsam mit „Teamarbeit für Deutschland“, einer Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, unterhält
Ebay die Website www.selberhandeln.de mit
Tipps zur Online-Existenzgründung. Ebay
statt Hartz IV.
Seine Weiterbildungsaktivitäten betreibt Ebay nicht ganz uneigennützig, denn
das Unternehmen verdient in jedem Fall
mit: bis zu fünf Prozent vom Verkaufspreis
plus Einstellgebühren plus Zahlungen für
Extras wie die Platzierung unter den TopAngeboten. Dass immer mehr Profis ihr
Glück versuchen, ist zwar im Interesse von
Ebay, verschärft aber den Konkurrenzdruck
unter den Powersellern.
Dass die Luft dünner geworden ist,
kann auch Raphael Knoche aus dem schwäbischen Hechingen bestätigen: „Wenn ich
das letzte Jahr mit diesem vergleiche, liegen
schon Welten dazwischen.“ Der Jungunternehmer verkauft über Ebay und seinen
Webshop www.onando.de Zubehör für Handys und Digitalkameras, vor allem Akkus
und Datenkabel. Nach einer Lehre als Großund Einzelhandelskaufmann und anschließendem Zivildienst ist Knoche Anfang 2003
voll bei Ebay eingestiegen. Heute ist seine
Trade-Company – gemessen am Bewer-
Carparts
Name: Bernd Fink
Geschäftsidee: Tuningteile
Bewertungsprofil: 42 000
Positive Bewertungen: 98,3 %
Webshop: www.carparts-online.de
"Immer wieder tauchen
Konkurrenten auf, die
sich in der Regel aber
nur ein paar Monate
halten. Auf lange
Sicht werden sich bei
Ebay nur die Großen
behaupten"
tungsprofil von über 110 000 – der zweitgrößte Ebay-Händler Europas. Rund 10 000
Transaktionen wickeln Knoche und seine
sieben Mitarbeiter monatlich ab – nicht
schlecht für einen 21-Jährigen, dessen Karriere buchstäblich im Kinderzimmer begann.
Eine Bilderbuchkarriere hat auch Diana
Grimme hingelegt. Die 32-jährige Bremerin
verkauft unter dem Namen „Laras Dreamland“ Abendkleider und Brautmoden. Patin ihres Shops war die Videospielheldin
Lara Croft, und ähnlich viel Power legt auch
Diana Grimme an den Tag. Dabei hat auch
sie klein angefangen, nämlich am heimischen Kleiderschrank. Nachdem der geplündert und versteigert war, graste sie
Flohmärkte und Secondhandläden nach
Damenbekleidung ab. Der nächste Schritt
war, selbst in die Produktion einzusteigen:
Die ersten 100 Kleider wurden in der Türkei
hergestellt, heute lässt Laras Dreamland
auch in den USA, Kanada, Taiwan, Hongkong und Polen produzieren und verkauft
ausschließlich Neuware.
Vom Erfolg wurde Grimme „förmlich
überrannt“. Im März 2002 kündigte sie
ihren sicheren Marketing-Job bei Tchibo,
auch ihr Mann Jens, im fest angestellten Leben Kfz-Meister, ist mittlerweile hauptberuflich Ebayer. Laras Dreamland verkauft
sowohl Stangenware als auch abgeänderte
Konfektion, wofür die Kundinnen ihre Maße
in ein Webformular eintragen müssen. Wer
eine echte Maßanfertigung will, muss sich
in ihren Showroom in Stuhr bei Bremen
bemühen. „Ursprünglich wollten wir kein
Ladengeschäft. Durch den Showroom ¸
Auf der Überholspur:
Bernd Fink ist der größte
Tuninghändler bei Ebay
FOTO: SABINE BUNGERT FÜR TOMORROW
¸ Handel gekommen. Nach der Geburt ihrer Tochter und einer Kinderpause wollte
sie nicht in ihren erlernten Beruf zurück
und machte sich mit einem Schnäppchenmarkt selbstständig. Als der Laden nicht
mehr lief, brachte ein Bekannter sie auf die
Idee, ihr Lager bei Ebay zu versteigern. Mit
umwerfendem Erfolg. Über ihren EbayShop „Kriete Sonderposten aus aller Welt“
vertreibt sie seither Waren aller Art – vom
Kuschelbär bis zum Motorroller.
Anders als der Hamburger Voswinckel
kauft Alexandra Kriete die Waren ein und
dann auf eigene Rechnung weiter. Zu ihren
Bestsellern gehören künstlerische Porzellanpuppen, die sie der überwiegend weiblichen Kundschaft über Auktionen anbietet: „Unsere Damen steigern gerne. Wegen
des Nervenkitzels.“ Andere Produkte, wie
zum Beispiel Handys, gehen nach ihren Erfahrungen besser als Sofortkauf: „Junge
Leute wollen ihre Waren meist so schnell
wie möglich.“
BLINDES MAGAZIN | 11
10 | POWERSELLING
M
it der Ebay-Existenz ist für Alexandra
Kriete „ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich hätte nie daran geglaubt, dass das
so gut läuft.“ Im Sommer hat sie eine neue
Lagerhalle mit angegliedertem Bürotrakt
bezogen. Mittlerweile macht sie einen Umsatz im siebenstelligen Bereich und beschäftigt sechs fest angestellte Mitarbeiter.
Nur eins lässt sich die Chefin nicht nehmen: Kundenanfragen beantwortet sie persönlich. „Da lass ich keinen ran. Gute Kundenbeziehungen sind das A und O einer
erfolgreichen Ebay-Existenz.“ Mit einem Bewertungsprofil von über 36 000 ist Alexandra Kriete, die bei Stammkunden die Waren
auch schon mal vor Zahlungseingang verschickt, ein Ebay-Schwergewicht. Das Bewertungsprofil bezieht sich auf die Anzahl
der positiven Bewertungen von unterschiedlichen Kunden. Insgesamt hat Kriete
mehr als 70 000 positive Bewertungen.
Es sind vornehmlich Profihändler wie
Alexandra Kriete, die dafür sorgen, dass
Ebay wächst und wächst. Mehr als 20 000
Shops bieten auf der deutschen Ebay-Seite
Waren an, 27 Prozent des Handelsvolumens
wird nicht mehr mit Versteigerungen erzielt, sondern durch Sofortkauf zu Festpreisen – ein Indiz für kommerziellen Handel. Was als virtueller Flohmarkt begann,
ist längst auf dem Weg zum Online-Kaufhaus.
Dass Ebay auf die Karte Profihandel
setzt, ist aus Unternehmenssicht leicht verständlich. Das Geschäft mit Privatverkäufern hat seine natürlichen Grenzen, schließlich kann man seinen Dachboden nur
einmal leer räumen. Zumindest lassen sich
mit Hobbyhändlern nicht die Wachstumszahlen erreichen, die Ebay braucht, um seine Börsenbewertung zu rechtfertigen (siehe Seite 90). Wachsen kann Ebay vor allem
mit Profiverkäufern, die das Unternehmen
denn auch mit allerlei Weiterbildungsangeboten umwirbt.
Seit 2002 weihen in der Ebay University
Profis wie Marion von Kuczkowski, Vorzeige-Powersellerin und Buchautorin („Powerselling mit Ebay“), Neulinge in die Geheimnisse der Community ein. Zusammen
mit den Industrie- und Handelskammern
veranstaltet Ebay eintägige Workshops, in
denen Existenzgründern die kaufmännischen und juristischen Grundlagen vermittelt werden. Selbstständigkeit liegt im
Trend, gerade in Zeiten hoher Arbeitslosenzahlen und fehlender Jobperspektiven.
Gemeinsam mit „Teamarbeit für Deutschland“, einer Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, unterhält
Ebay die Website www.selberhandeln.de mit
Tipps zur Online-Existenzgründung. Ebay
statt Hartz IV.
Seine Weiterbildungsaktivitäten betreibt Ebay nicht ganz uneigennützig, denn
das Unternehmen verdient in jedem Fall
mit: bis zu fünf Prozent vom Verkaufspreis
plus Einstellgebühren plus Zahlungen für
Extras wie die Platzierung unter den TopAngeboten. Dass immer mehr Profis ihr
Glück versuchen, ist zwar im Interesse von
Ebay, verschärft aber den Konkurrenzdruck
unter den Powersellern.
Dass die Luft dünner geworden ist,
kann auch Raphael Knoche aus dem schwäbischen Hechingen bestätigen: „Wenn ich
das letzte Jahr mit diesem vergleiche, liegen
schon Welten dazwischen.“ Der Jungunternehmer verkauft über Ebay und seinen
Webshop www.onando.de Zubehör für Handys und Digitalkameras, vor allem Akkus
und Datenkabel. Nach einer Lehre als Großund Einzelhandelskaufmann und anschließendem Zivildienst ist Knoche Anfang 2003
voll bei Ebay eingestiegen. Heute ist seine
Trade-Company – gemessen am Bewer-
Carparts
Name: Bernd Fink
Geschäftsidee: Tuningteile
Bewertungsprofil: 42 000
Positive Bewertungen: 98,3 %
Webshop: www.carparts-online.de
ªImmer wieder tauchen
Konkurrenten auf, die
sich in der Regel aber
nur ein paar Monate
halten. Auf lange
Sicht werden sich bei
Ebay nur die Gro§en
behaupten
tungsprofil von über 110 000 – der zweitgrößte Ebay-Händler Europas. Rund 10 000
Transaktionen wickeln Knoche und seine
sieben Mitarbeiter monatlich ab – nicht
schlecht für einen 21-Jährigen, dessen Karriere buchstäblich im Kinderzimmer begann.
Eine Bilderbuchkarriere hat auch Diana
Grimme hingelegt. Die 32-jährige Bremerin
verkauft unter dem Namen „Laras Dreamland“ Abendkleider und Brautmoden. Patin ihres Shops war die Videospielheldin
Lara Croft, und ähnlich viel Power legt auch
Diana Grimme an den Tag. Dabei hat auch
sie klein angefangen, nämlich am heimischen Kleiderschrank. Nachdem der geplündert und versteigert war, graste sie
Flohmärkte und Secondhandläden nach
Damenbekleidung ab. Der nächste Schritt
war, selbst in die Produktion einzusteigen:
Die ersten 100 Kleider wurden in der Türkei
hergestellt, heute lässt Laras Dreamland
auch in den USA, Kanada, Taiwan, Hongkong und Polen produzieren und verkauft
ausschließlich Neuware.
Vom Erfolg wurde Grimme „förmlich
überrannt“. Im März 2002 kündigte sie
ihren sicheren Marketing-Job bei Tchibo,
auch ihr Mann Jens, im fest angestellten Leben Kfz-Meister, ist mittlerweile hauptberuflich Ebayer. Laras Dreamland verkauft
sowohl Stangenware als auch abgeänderte
Konfektion, wofür die Kundinnen ihre Maße
in ein Webformular eintragen müssen. Wer
eine echte Maßanfertigung will, muss sich
in ihren Showroom in Stuhr bei Bremen
bemühen. „Ursprünglich wollten wir kein
Ladengeschäft. Durch den Showroom ¸
Auf der Überholspur:
Bernd Fink ist der größte
Tuninghändler bei Ebay
FOTO: SABINE BUNGERT FÜR TOMORROW
¸ Handel gekommen. Nach der Geburt ihrer Tochter und einer Kinderpause wollte
sie nicht in ihren erlernten Beruf zurück
und machte sich mit einem Schnäppchenmarkt selbstständig. Als der Laden nicht
mehr lief, brachte ein Bekannter sie auf die
Idee, ihr Lager bei Ebay zu versteigern. Mit
umwerfendem Erfolg. Über ihren EbayShop „Kriete Sonderposten aus aller Welt“
vertreibt sie seither Waren aller Art – vom
Kuschelbär bis zum Motorroller.
Anders als der Hamburger Voswinckel
kauft Alexandra Kriete die Waren ein und
dann auf eigene Rechnung weiter. Zu ihren
Bestsellern gehören künstlerische Porzellanpuppen, die sie der überwiegend weiblichen Kundschaft über Auktionen anbietet: „Unsere Damen steigern gerne. Wegen
des Nervenkitzels.“ Andere Produkte, wie
zum Beispiel Handys, gehen nach ihren Erfahrungen besser als Sofortkauf: „Junge
Leute wollen ihre Waren meist so schnell
wie möglich.“
BLINDES MAGAZIN | 11
12 | POWERSELLING
POWERSELLING | 13
Bikesworld
Namen: Lothar Dölle, Roland Buchmann
Geschäftsidee: Fahrradverkauf
Bewertungsprofil: 12 000
Positive Bewertungen: 99,6 %
Webshop: www.bmsport.de
ªErfolg kann man bei
Ebay nur haben, wenn man
in der Lage ist, auf
Dauer den niedrigsten
Preis anzubieten — und
trotzdem noch Gewinn
zu machen
¸ bekommen die Kundinnen aber das Gefühl: ,Hey, euch gibt es wirklich‘.“ Eine Präsenz im realen Leben ist für Internethändler
wichtig, besonders wenn sie teure Produkte verkaufen. Deshalb ist Laras Dreamland auch Sponsor der „Miss Deutschland“Wahl. Im schnelllebigen Internetgeschäft
vermittelt dies ein Gefühl von Kontinuität.
E
Servicekonzept: Lothar Dölle (links) und Roland Buchmann setzen auf die Vernetzung von online und offline. Die Räder ihrer Eigenmarke werden zwar im Web
bestellt, können aber in Testcentern abgeholt und dabei eingestellt werden
Das Ebay-Bewertungssystem, mit dem
Käufer und Verkäufer sich gegenseitig benoten, ist die vertrauensbildende Maßnahme im anonymen Online-Handel. Diana
Grimme von Laras Dreamland, mit 99,8 Prozent positiven Bewertungen voll im grünen
Bereich, findet das System zwar prinzipiell
gut, meldet aber Zweifel an dessen Aussagekraft an: „Von den negativen Bewertungen, die ich bekommen habe, sind in meinen Augen lediglich zwei gerechtfertigt.
Andererseits gibt es positive Bewertungen
von Kundinnen, die eigentlich etwas zu
bemängeln gehabt hätten.“
Früher konnten Powerseller offensichtlich unbegründete negative Bewertungen von Ebay löschen lassen. Dies ist
heute nur noch im Einverständnis mit dem
Käufer möglich. Was eigentlich zu mehr
Transparenz führen sollte, verführt manche
Profihändler dazu, das „Einverständnis“
mit einem Hinweis auf mögliche Prozesskosten zu erzwingen. Die können schnell in
den vierstelligen Bereich gehen, wenn ein
Verkäufer den Käufer wegen einer unbegründeten negativen Bewertung verklagt.
Ein Problem mit schlechten Bewertungen kennt Joachim Kranz, 55, aus Bacharach
am Rhein nicht. Er hat die Traumnote 100
Prozent positiv. Trotzdem nimmt Kranz
jede der vier negativen Bewertungen, die er
im Verlauf seiner Ebay-Existenz erhalten
hat (vier von mehr als 11 000), persönlich.
„Man kann sich nur wundern, aus welchen
Gründen die Leute schlechte Bewertungen
abgeben.“ Kranz arbeitet für eine Softwarefirma und betreibt nebenbei unter dem EbayNamen „teldix“ den Flaggenversand-kranz.
FOTOS: BM SPORT
in Problem, mit dem die meisten Powerseller zu kämpfen haben und das
von Anfängern gern unterschätzt wird, sind
die saisonalen Schwankungen. „Wer sagt,
dass das Geschäft im Sommer nicht
schlechter läuft, lügt“, meint Diana Grimme, deren Umsatz in den Ferienmonaten
um 80 bis 90 Prozent einbricht. Neben ihrem Ebay-Shop betreibt sie unter www.larasdreamland.com einen Internetshop, der rund
40 Prozent ihres Umsatzes ausmacht. Trotzdem glaubt sie nicht, dass es „in den nächsten fünf Jahren ohne Ebay geht“.
Während Laras Dreamland Frauenträume erfüllt, findet man bei Bernd Fink alles,
was Männerherzen höher schlagen lässt:
vom Style-Tankdeckel für den Audi TT über
die Scheinwerfer „Angels Eyes“ für den
Honda Civic bis zum Chromteilset für den
Golf IV. Der 38-jährige Bochumer, im früheren Leben Gebrauchtwagenhändler, betreibt bei Ebay den Shop „Autotuning
Carparts Online“ und ist nach eigenen Angaben der einzige Platin-Powerseller im Bereich Autotuning. Rund 4000 Transaktionen
wickeln Fink und seine vier Mitarbeiter im
Monat ab, der Umsatz beläuft sich auf mehr
als zwei Millionen Euro jährlich.
Autotuner gelten in Ebay-Kreisen als
schwierige Kundschaft. „Besonders Anfänger“, so Fink, „geben oft vorschnell negative
Bewertungen ab, obwohl der Fehler in
Wirklichkeit bei ihnen liegt.“ Ein Problem,
mit dem viele Powerseller zu kämpfen haben. Um sich Powerseller zu nennen, muss
man mindestens 98 Prozent positive Bewertungen vorweisen können. Da viele
Kunden um die Macht der Bewertungen
wissen, gehört auch Erpressung zum Geschäft. Motto: Wenn ihr dies und das nicht
macht, bewerte ich euch negativ.
Auch das Flaggengeschäft unterliegt saisonalen Schwankungen: Während der Fußball-WM 2002 schnellte der Preis für
Deutschlandfahnen in die Höhe, bei der EM
2004 lagen sie wie Blei im Regal. Monat für
Monat bringen Kranz und seine Lebensgefährtin Ingrid rund 650 Päckchen zur Post.
„Über den Stundenlohn sollte man lieber
nicht nachdenken“, räumt Kranz ein, für
den der Flaggenversand ein bezahltes Hobby ist. Auch Ebay-Neulingen rät er zur Vorsicht: „Ich würde erst mal klein anfangen
und nicht alles auf eine Karte setzen.“
Alles auf eine Karte gesetzt haben Lothar Dölle, 39, und Roland Buchmann, 41.
Anfang 2003 gaben sie ihre sicheren Jobs
auf und machten sich mit der BM Sport
Internet AG selbstständig. Dölle, ein ehemaliger IT-Spezialist bei der Luftwaffe,
brachte das technische Know-how mit,
Buchmann die Branchenkenntnis. Über ihre Ebay-Präsenz „Bikesworld“ verkaufen sie
Fahrräder, die unter dem Markennamen
Bikegigant in Norddeutschland hergestellt
werden. Im Durchschnitt erzielen sie einen
Preis von 600 Euro, mehr als 10 000 Fahrräder haben sie bereits verkauft.
Dölle und Buchmann haben den virtuellen Handel ins wirkliche Leben verlängert. Neben dem Firmensitz in Fellheim
(bei Memmingen) haben sie ein Netz von
15 Testcentern in ganz Deutschland aufgebaut. „Try before buy“ heißt das System,
das es den Kunden ermöglicht, Fahrräder
Probe zu fahren, abzuholen und bar oder
per EC-Karte zu bezahlen. „Gerade bei hochpreisiger Ware möchten viele Kunden
sichergehen, was sie erwerben“, sagt Dölle.
Powerseller wie Bikesworld zahlen EbayGebühren im hohen fünfstelligen Bereich
– monatlich. „Wir könnten das Geld natürlich auch in Online-Werbung stecken, was
sich unmittelbar in den Verkaufszahlen
niederschlägt. Aber der normale Endkunde
geht halt zu Ebay, weil man dort immer
noch den niedrigsten Preis findet.“ Die
Gebühren sind unter Powersellern ein großes Thema. Als Quasi-Monopolist kann
Ebay die Preise diktieren, jede Erhöhung
schmerzt, denn die Gewinnmargen sind
niedrig. „Man kann nicht mehr nur von
Ebay leben“, meint Dölle. Mit ihrem Internetshop www.bmsport.de haben sie sich ein
zweites Standbein aufgebaut, das mittlerweile rund ein Drittel zum Firmenumsatz
beiträgt.
Ein zweiter Punkt, der vielen Powersellern Sorgen macht, sind die großen Hersteller und Versandunternehmen, die Ebay
als Kunden umwirbt. Allerdings wachsen
auch bei den Großen die Bäume nicht in
den Himmel. Als der Quelle Versand vor einem Jahr in den Ebay-Handel einstieg, verkündete Marketingvorstand Gebhard
Stemmler vollmundig: „Es sollte uns gelingen, in einem Jahr der größte Powerseller bei Ebay zu sein. Wir sind eben Profis in
diesem Geschäft und haben ein großes Sortiment.“ Von ihrem Ziel sind die Profis noch
weit entfernt: Mit einem Bewertungsprofil
von 7000 ist Quelle ein kleiner Fisch.
Für traditionelle Unternehmen ist es
nicht leicht, mit Powersellern wie Diana
Grimme zu konkurrieren, die mit Engagement und Idealismus ans Werk gehen.
Trotz 13-Stunden-Tag und Sieben-Tage-Woche hat die Laras-Dreamland-Chefin den
Schritt in die Selbstständigkeit „aus ganzem Herzen nicht einen Tag bereut“. Sie
kann es sich nicht vorstellen, in ein normales Angestelltenverhältnis zurückzukehren.
Auch Neueinsteigern macht sie Mut: „Der
Markt ist jung. Mit der richtigen Idee, dem
richtigen Produkt und viel Einsatz kann
man bei Ebay immer noch Erfolg haben.“ Q
Den Autor Gerke Dunkhase erreichen Sie unter
[email protected]
12 | POWERSELLING
POWERSELLING | 13
Bikesworld
Namen: Lothar Dölle, Roland Buchmann
Geschäftsidee: Fahrradverkauf
Bewertungsprofil: 12 000
Positive Bewertungen: 99,6 %
Webshop: www.bmsport.de
"Erfolg kann man bei
Ebay nur haben, wenn man
in der Lage ist, auf
Dauer den niedrigsten
Preis anzubieten — und
trotzdem noch Gewinn
zu machen"
¸ bekommen die Kundinnen aber das Gefühl: ,Hey, euch gibt es wirklich‘.“ Eine Präsenz im realen Leben ist für Internethändler
wichtig, besonders wenn sie teure Produkte verkaufen. Deshalb ist Laras Dreamland auch Sponsor der „Miss Deutschland“Wahl. Im schnelllebigen Internetgeschäft
vermittelt dies ein Gefühl von Kontinuität.
E
Servicekonzept: Lothar Dölle (links) und Roland Buchmann setzen auf die Vernetzung von online und offline. Die Räder ihrer Eigenmarke werden zwar im Web
bestellt, können aber in Testcentern abgeholt und dabei eingestellt werden
Das Ebay-Bewertungssystem, mit dem
Käufer und Verkäufer sich gegenseitig benoten, ist die vertrauensbildende Maßnahme im anonymen Online-Handel. Diana
Grimme von Laras Dreamland, mit 99,8 Prozent positiven Bewertungen voll im grünen
Bereich, findet das System zwar prinzipiell
gut, meldet aber Zweifel an dessen Aussagekraft an: „Von den negativen Bewertungen, die ich bekommen habe, sind in meinen Augen lediglich zwei gerechtfertigt.
Andererseits gibt es positive Bewertungen
von Kundinnen, die eigentlich etwas zu
bemängeln gehabt hätten.“
Früher konnten Powerseller offensichtlich unbegründete negative Bewertungen von Ebay löschen lassen. Dies ist
heute nur noch im Einverständnis mit dem
Käufer möglich. Was eigentlich zu mehr
Transparenz führen sollte, verführt manche
Profihändler dazu, das „Einverständnis“
mit einem Hinweis auf mögliche Prozesskosten zu erzwingen. Die können schnell in
den vierstelligen Bereich gehen, wenn ein
Verkäufer den Käufer wegen einer unbegründeten negativen Bewertung verklagt.
Ein Problem mit schlechten Bewertungen kennt Joachim Kranz, 55, aus Bacharach
am Rhein nicht. Er hat die Traumnote 100
Prozent positiv. Trotzdem nimmt Kranz
jede der vier negativen Bewertungen, die er
im Verlauf seiner Ebay-Existenz erhalten
hat (vier von mehr als 11 000), persönlich.
„Man kann sich nur wundern, aus welchen
Gründen die Leute schlechte Bewertungen
abgeben.“ Kranz arbeitet für eine Softwarefirma und betreibt nebenbei unter dem EbayNamen „teldix“ den Flaggenversand-kranz.
FOTOS: BM SPORT
in Problem, mit dem die meisten Powerseller zu kämpfen haben und das
von Anfängern gern unterschätzt wird, sind
die saisonalen Schwankungen. „Wer sagt,
dass das Geschäft im Sommer nicht
schlechter läuft, lügt“, meint Diana Grimme, deren Umsatz in den Ferienmonaten
um 80 bis 90 Prozent einbricht. Neben ihrem Ebay-Shop betreibt sie unter www.larasdreamland.com einen Internetshop, der rund
40 Prozent ihres Umsatzes ausmacht. Trotzdem glaubt sie nicht, dass es „in den nächsten fünf Jahren ohne Ebay geht“.
Während Laras Dreamland Frauenträume erfüllt, findet man bei Bernd Fink alles,
was Männerherzen höher schlagen lässt:
vom Style-Tankdeckel für den Audi TT über
die Scheinwerfer „Angels Eyes“ für den
Honda Civic bis zum Chromteilset für den
Golf IV. Der 38-jährige Bochumer, im früheren Leben Gebrauchtwagenhändler, betreibt bei Ebay den Shop „Autotuning
Carparts Online“ und ist nach eigenen Angaben der einzige Platin-Powerseller im Bereich Autotuning. Rund 4000 Transaktionen
wickeln Fink und seine vier Mitarbeiter im
Monat ab, der Umsatz beläuft sich auf mehr
als zwei Millionen Euro jährlich.
Autotuner gelten in Ebay-Kreisen als
schwierige Kundschaft. „Besonders Anfänger“, so Fink, „geben oft vorschnell negative
Bewertungen ab, obwohl der Fehler in
Wirklichkeit bei ihnen liegt.“ Ein Problem,
mit dem viele Powerseller zu kämpfen haben. Um sich Powerseller zu nennen, muss
man mindestens 98 Prozent positive Bewertungen vorweisen können. Da viele
Kunden um die Macht der Bewertungen
wissen, gehört auch Erpressung zum Geschäft. Motto: Wenn ihr dies und das nicht
macht, bewerte ich euch negativ.
Auch das Flaggengeschäft unterliegt saisonalen Schwankungen: Während der Fußball-WM 2002 schnellte der Preis für
Deutschlandfahnen in die Höhe, bei der EM
2004 lagen sie wie Blei im Regal. Monat für
Monat bringen Kranz und seine Lebensgefährtin Ingrid rund 650 Päckchen zur Post.
„Über den Stundenlohn sollte man lieber
nicht nachdenken“, räumt Kranz ein, für
den der Flaggenversand ein bezahltes Hobby ist. Auch Ebay-Neulingen rät er zur Vorsicht: „Ich würde erst mal klein anfangen
und nicht alles auf eine Karte setzen.“
Alles auf eine Karte gesetzt haben Lothar Dölle, 39, und Roland Buchmann, 41.
Anfang 2003 gaben sie ihre sicheren Jobs
auf und machten sich mit der BM Sport
Internet AG selbstständig. Dölle, ein ehemaliger IT-Spezialist bei der Luftwaffe,
brachte das technische Know-how mit,
Buchmann die Branchenkenntnis. Über ihre Ebay-Präsenz „Bikesworld“ verkaufen sie
Fahrräder, die unter dem Markennamen
Bikegigant in Norddeutschland hergestellt
werden. Im Durchschnitt erzielen sie einen
Preis von 600 Euro, mehr als 10 000 Fahrräder haben sie bereits verkauft.
Dölle und Buchmann haben den virtuellen Handel ins wirkliche Leben verlängert. Neben dem Firmensitz in Fellheim
(bei Memmingen) haben sie ein Netz von
15 Testcentern in ganz Deutschland aufgebaut. „Try before buy“ heißt das System,
das es den Kunden ermöglicht, Fahrräder
Probe zu fahren, abzuholen und bar oder
per EC-Karte zu bezahlen. „Gerade bei hochpreisiger Ware möchten viele Kunden
sichergehen, was sie erwerben“, sagt Dölle.
Powerseller wie Bikesworld zahlen EbayGebühren im hohen fünfstelligen Bereich
– monatlich. „Wir könnten das Geld natürlich auch in Online-Werbung stecken, was
sich unmittelbar in den Verkaufszahlen
niederschlägt. Aber der normale Endkunde
geht halt zu Ebay, weil man dort immer
noch den niedrigsten Preis findet.“ Die
Gebühren sind unter Powersellern ein großes Thema. Als Quasi-Monopolist kann
Ebay die Preise diktieren, jede Erhöhung
schmerzt, denn die Gewinnmargen sind
niedrig. „Man kann nicht mehr nur von
Ebay leben“, meint Dölle. Mit ihrem Internetshop www.bmsport.de haben sie sich ein
zweites Standbein aufgebaut, das mittlerweile rund ein Drittel zum Firmenumsatz
beiträgt.
Ein zweiter Punkt, der vielen Powersellern Sorgen macht, sind die großen Hersteller und Versandunternehmen, die Ebay
als Kunden umwirbt. Allerdings wachsen
auch bei den Großen die Bäume nicht in
den Himmel. Als der Quelle Versand vor einem Jahr in den Ebay-Handel einstieg, verkündete Marketingvorstand Gebhard
Stemmler vollmundig: „Es sollte uns gelingen, in einem Jahr der größte Powerseller bei Ebay zu sein. Wir sind eben Profis in
diesem Geschäft und haben ein großes Sortiment.“ Von ihrem Ziel sind die Profis noch
weit entfernt: Mit einem Bewertungsprofil
von 7000 ist Quelle ein kleiner Fisch.
Für traditionelle Unternehmen ist es
nicht leicht, mit Powersellern wie Diana
Grimme zu konkurrieren, die mit Engagement und Idealismus ans Werk gehen.
Trotz 13-Stunden-Tag und Sieben-Tage-Woche hat die Laras-Dreamland-Chefin den
Schritt in die Selbstständigkeit „aus ganzem Herzen nicht einen Tag bereut“. Sie
kann es sich nicht vorstellen, in ein normales Angestelltenverhältnis zurückzukehren.
Auch Neueinsteigern macht sie Mut: „Der
Markt ist jung. Mit der richtigen Idee, dem
richtigen Produkt und viel Einsatz kann
man bei Ebay immer noch Erfolg haben.“ Q
Den Autor Gerke Dunkhase erreichen Sie unter
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