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POWERSELLING | 7 Die Erfolge der Generation Ebay Leben mit und vom Online-Handel: Wir haben Menschen besucht, die sich diesen Traum erfüllt haben. Fazit: Wer viel Arbeit investiert, hat gute Chancen I n den Regalen stapeln sich Rattanmöbel, Stoßdämpfer und Espressomaschinen, Organizer, Fernseher, DVD-Spieler und Miss-Piggy-Figuren. Ein buntes Sammelsurium von Waren, die aus den normalen Vertriebswegen herausgefallen sind und nun darauf warten, bei Ebay versteigert zu werden. Wir sind in der Lagerhalle der Limal GmbH, einem Internetunternehmen der Generation Ebay. „Ich habe bewusst klein angefangen und versuche, die Fehler der New Economy zu ver- Limal-Auktion Der Herr der Reste: Andreas Voswinckel in seinem Lager in Neumünster bei Hamburg FOTO: FRANK SIEMERS FÜR TOMORROW Name: Andreas Voswinckel Geschäftsidee: Restposten Bewertungsprofil: 13 000 Positive Bewertungen: 99,5 % Website: www.limal.de ªUm hohe Preise zu erzielen, m ssen wir st ndig Angebot und Nachfrage im Auge behalten, die Preisentwicklung verfolgen und Produkte speziell promoten, wenn sie nicht so gut laufen meiden“, sagt Firmengründer Andreas Voswinckel aus Hamburg. Von der Glitzerwelt der einstigen Start-ups ist seine Firma denn auch ähnlich weit entfernt wie Deutschland von der Vollbeschäftigung. Aber sie schafft Jobs: Voswinckel und seine 13 Mitarbeiter gehören zu den mehr als 10000 Deutschen, die nach Ebay-Schätzungen ihren Lebensunterhalt überwiegend mit dem Handel bei Ebay bestreiten. Der 31-jährige gelernte Schifffahrtskaufmann hat sich nach der Insolvenz seines letzten Arbeitgebers selbstständig gemacht. Seine Geschäftsidee ist ebenso einfach wie genial: Voswinckel verkauft Waren im Auftrag von Handelsunternehmen und Herstellern auf Kommissionsbasis. „Den meisten Unternehmen fehlt es an den personellen wie logistischen Voraussetzungen, ihre Restposten abzusetzen“, erklärt Voswinckel. So können PDAs oder Handys, die von Kunden zurückgegeben werden, nicht mehr über die normalen Vertriebswege verkauft werden. „Früher wurden diese Geräte einfach verschrottet, dabei sind sie häufig vollkommen intakt; 70 Prozent der Geräte werden aufgrund von Bedienungsfehlern zurückgegeben.“ Heute sorgt Voswinckel dafür, dass sie nicht in der Schrottpresse landen, sondern bei Ebay. Die zweite Bezugsquelle von Voswinckel sind Handelsunternehmen. Was bei Aldi, Lidl & Co. aus dem Programm genommen wurde, findet über Online-Auktionen seine Abnehmer. Dem Endkunden gegenüber tritt nicht der Besitzer der Ware als Verkäufer auf, sondern Limal. Für seine Dienstleistung bekommt Voswinckel eine Provision zwischen 10 und 25 Prozent ¸ POWERSELLING | 7 Die Erfolge der Generation Ebay Leben mit und vom Online-Handel: Wir haben Menschen besucht, die sich diesen Traum erfüllt haben. Fazit: Wer viel Arbeit investiert, hat gute Chancen I n den Regalen stapeln sich Rattanmöbel, Stoßdämpfer und Espressomaschinen, Organizer, Fernseher, DVD-Spieler und Miss-Piggy-Figuren. Ein buntes Sammelsurium von Waren, die aus den normalen Vertriebswegen herausgefallen sind und nun darauf warten, bei Ebay versteigert zu werden. Wir sind in der Lagerhalle der Limal GmbH, einem Internetunternehmen der Generation Ebay. „Ich habe bewusst klein angefangen und versuche, die Fehler der New Economy zu ver- Limal-Auktion Der Herr der Reste: Andreas Voswinckel in seinem Lager in Neumünster bei Hamburg FOTO: FRANK SIEMERS FÜR TOMORROW Name: Andreas Voswinckel Geschäftsidee: Restposten Bewertungsprofil: 13 000 Positive Bewertungen: 99,5 % Website: www.limal.de "Um hohe Preise zu erzielen, müssen wir ständig Angebot und Nachfrage im Auge behalten, die Preisentwicklung verfolgen und Produkte speziell promoten, wenn sie nicht so gut laufen" meiden“, sagt Firmengründer Andreas Voswinckel aus Hamburg. Von der Glitzerwelt der einstigen Start-ups ist seine Firma denn auch ähnlich weit entfernt wie Deutschland von der Vollbeschäftigung. Aber sie schafft Jobs: Voswinckel und seine 13 Mitarbeiter gehören zu den mehr als 10000 Deutschen, die nach Ebay-Schätzungen ihren Lebensunterhalt überwiegend mit dem Handel bei Ebay bestreiten. Der 31-jährige gelernte Schifffahrtskaufmann hat sich nach der Insolvenz seines letzten Arbeitgebers selbstständig gemacht. Seine Geschäftsidee ist ebenso einfach wie genial: Voswinckel verkauft Waren im Auftrag von Handelsunternehmen und Herstellern auf Kommissionsbasis. „Den meisten Unternehmen fehlt es an den personellen wie logistischen Voraussetzungen, ihre Restposten abzusetzen“, erklärt Voswinckel. So können PDAs oder Handys, die von Kunden zurückgegeben werden, nicht mehr über die normalen Vertriebswege verkauft werden. „Früher wurden diese Geräte einfach verschrottet, dabei sind sie häufig vollkommen intakt; 70 Prozent der Geräte werden aufgrund von Bedienungsfehlern zurückgegeben.“ Heute sorgt Voswinckel dafür, dass sie nicht in der Schrottpresse landen, sondern bei Ebay. Die zweite Bezugsquelle von Voswinckel sind Handelsunternehmen. Was bei Aldi, Lidl & Co. aus dem Programm genommen wurde, findet über Online-Auktionen seine Abnehmer. Dem Endkunden gegenüber tritt nicht der Besitzer der Ware als Verkäufer auf, sondern Limal. Für seine Dienstleistung bekommt Voswinckel eine Provision zwischen 10 und 25 Prozent ¸ POWERSELLING | 9 Name: Diana Grimme Geschäftsidee: Abendkleider Bewertungsprofil: 7000 Positive Bewertungen: 99,8 % Webshop: www.laras-dreamland.com ªWer in den Ebay-Handel einsteigen will, sollte Kontakt zu anderen Powersellern suchen und sich das Ganze mal anschauen. Viele haben v llig falsche Vorstellungen von dem Aufwand Models und Macherin: Diana Grimme mit Kandidatinnen zur Wahl der „Miss Hamburg“ ¸ des Verkaufserlöses. Dafür bietet er einen Rundumservice an: Die Unternehmen liefern die Waren in seine 3000 Quadratmeter große Lagerhalle, und Voswinckel kümmert sich um den Rest – vom Einstellen der Artikel über die Zahlungsabwicklung bis zum Versand. Damit erwirtschaftet er einen Jahresumsatz von fast drei Millionen Euro. Obwohl erst seit Februar 2003 am Start, darf sich Limal seit August Platin-Powerseller nennen – für Ebayer so etwas wie der Ritterschlag. Mehr als 5000 Powerseller – eingeteilt in die Kategorien Bronze, Silber, Gold und Platin – sind in Deutschland registriert. Powerseller heißen bei Ebay Profis, die den weltweiten Marktplatz mit seinen 114 Millionen registrierten Mitgliedern, davon über 11 Millionen in Deutschland, für ihr Geschäft nutzen. Um sich mit dem Powerseller-Logo schmücken zu dürfen, muss man sich zur Einhaltung der Ebay-Grundsätze und der Powerseller-AGB verpflichten und ein bestimmtes Handelsvolumen vorweisen: Für Bronze mindestens 3000 Euro oder 300 verkaufte Artikel monatlich, für Platin 150000 Euro bzw. 5000 Artikel. Bis zum Platin ist es für Alexander Gerber, 30, noch ein weiter Weg. Gerber ist Verkaufsagent und handelt im Auftrag von Privatkunden. Verkaufsagenten sind der neueste Schlager bei Ebay, schließlich lebt halb Deutschland nach wie vor ohne Internetanschluss, das sind potenziell verlorene Ebay-Kunden. Als die Verkaufsagenten-Idee vor einem Jahr durch die Presse ging, kratzte Gerber sein letztes Geld zusammen und gründete im Oktober 2003 den ersten EbayShop Leipzigs. Angefangen hat er auf acht Quadratmetern, mittlerweile ist sein Ladengeschäft in der Nordstraße 45 auf 80 Quadratmeter expandiert. Hierher bringen Gerbers Kunden Waren jeder Art, die er unter seinen Ebay-Namen „wohnflyer“ und „tcb-30“ ins Netz stellt. Besonders gut gehen DDR-Nostalgika wie zum Beispiel Uhren und Kameras „made in GDR“, die überwiegend von Japanern gekauft werden. Eine Ich-AG im Zeitalter der Globalisierung. E igentlich sollten Verkaufsagenten Internetmuffeln den Zugang zu Online-Auktionen ermöglichen. Die Praxis sieht allerdings anders aus, zumindest bei Gerber: „Das Merkwürdige ist, dass die meisten meiner Kunden sehr wohl einen Internetanschluss haben und ihre Auktionen genau beobachten. Einige versuchen sogar, den Auktionspreis durch eigene Gebote in die Höhe zu treiben, was natürlich illegal ist.“ Seine Kunden „haben in der Regel keine Lust oder keine Zeit, ihre Waren selbst zu verkaufen. Manchen fehlt die Digitalkamera, anderen ist der Versand zu aufwendig, insbesondere bei vielen Artikeln.“ Für seine Dienste nimmt Gerber 20 Prozent vom Verkaufserlös plus Ebay-Gebühren. Als klassisches Ein-Mann-Unternehmen wickelt er von der Akquise übers Einstellen der Artikel bis zum Versand alles allein ab. In der Regel arbeitet er 13 bis 15 Stunden täglich – ein typischer Powerseller-Arbeitstag. Im ersten Monat blieben ihm gerade mal 200 Euro auf dem Konto, mittlerweile kommt er ganz gut über die Runden: „Ich kann davon leben, reich werde ich damit aber nicht.“ Während Gerber und Voswinckel relativ neu im Geschäft sind, führt Alexandra Kriete aus dem ostfriesischen Edewecht nach Ebay-Maßstäben schon ein Traditionsgeschäft. Die 34-Jährige ist Powersellerin der ersten Stunde und bereits seit 2000 im Geschäft. Dabei ist die ehemalige Kosmetikerin eher zufällig zum Online- ¸ FOTO: FRANK SIEMERS FÜR TOMORROW Laras Dreamland POWERSELLING | 9 Name: Diana Grimme Geschäftsidee: Abendkleider Bewertungsprofil: 7000 Positive Bewertungen: 99,8 % Webshop: www.laras-dreamland.com "Wer in den Ebay-Handel einsteigen will, sollte Kontakt zu anderen Powersellern suchen und sich das Ganze mal anschauen. Viele haben völlig falsche Vorstellungen von dem Aufwand" Models und Macherin: Diana Grimme mit Kandidatinnen zur Wahl der „Miss Hamburg“ ¸ des Verkaufserlöses. Dafür bietet er einen Rundumservice an: Die Unternehmen liefern die Waren in seine 3000 Quadratmeter große Lagerhalle, und Voswinckel kümmert sich um den Rest – vom Einstellen der Artikel über die Zahlungsabwicklung bis zum Versand. Damit erwirtschaftet er einen Jahresumsatz von fast drei Millionen Euro. Obwohl erst seit Februar 2003 am Start, darf sich Limal seit August Platin-Powerseller nennen – für Ebayer so etwas wie der Ritterschlag. Mehr als 5000 Powerseller – eingeteilt in die Kategorien Bronze, Silber, Gold und Platin – sind in Deutschland registriert. Powerseller heißen bei Ebay Profis, die den weltweiten Marktplatz mit seinen 114 Millionen registrierten Mitgliedern, davon über 11 Millionen in Deutschland, für ihr Geschäft nutzen. Um sich mit dem Powerseller-Logo schmücken zu dürfen, muss man sich zur Einhaltung der Ebay-Grundsätze und der Powerseller-AGB verpflichten und ein bestimmtes Handelsvolumen vorweisen: Für Bronze mindestens 3000 Euro oder 300 verkaufte Artikel monatlich, für Platin 150000 Euro bzw. 5000 Artikel. Bis zum Platin ist es für Alexander Gerber, 30, noch ein weiter Weg. Gerber ist Verkaufsagent und handelt im Auftrag von Privatkunden. Verkaufsagenten sind der neueste Schlager bei Ebay, schließlich lebt halb Deutschland nach wie vor ohne Internetanschluss, das sind potenziell verlorene Ebay-Kunden. Als die Verkaufsagenten-Idee vor einem Jahr durch die Presse ging, kratzte Gerber sein letztes Geld zusammen und gründete im Oktober 2003 den ersten EbayShop Leipzigs. Angefangen hat er auf acht Quadratmetern, mittlerweile ist sein Ladengeschäft in der Nordstraße 45 auf 80 Quadratmeter expandiert. Hierher bringen Gerbers Kunden Waren jeder Art, die er unter seinen Ebay-Namen „wohnflyer“ und „tcb-30“ ins Netz stellt. Besonders gut gehen DDR-Nostalgika wie zum Beispiel Uhren und Kameras „made in GDR“, die überwiegend von Japanern gekauft werden. Eine Ich-AG im Zeitalter der Globalisierung. E igentlich sollten Verkaufsagenten Internetmuffeln den Zugang zu Online-Auktionen ermöglichen. Die Praxis sieht allerdings anders aus, zumindest bei Gerber: „Das Merkwürdige ist, dass die meisten meiner Kunden sehr wohl einen Internetanschluss haben und ihre Auktionen genau beobachten. Einige versuchen sogar, den Auktionspreis durch eigene Gebote in die Höhe zu treiben, was natürlich illegal ist.“ Seine Kunden „haben in der Regel keine Lust oder keine Zeit, ihre Waren selbst zu verkaufen. Manchen fehlt die Digitalkamera, anderen ist der Versand zu aufwendig, insbesondere bei vielen Artikeln.“ Für seine Dienste nimmt Gerber 20 Prozent vom Verkaufserlös plus Ebay-Gebühren. Als klassisches Ein-Mann-Unternehmen wickelt er von der Akquise übers Einstellen der Artikel bis zum Versand alles allein ab. In der Regel arbeitet er 13 bis 15 Stunden täglich – ein typischer Powerseller-Arbeitstag. Im ersten Monat blieben ihm gerade mal 200 Euro auf dem Konto, mittlerweile kommt er ganz gut über die Runden: „Ich kann davon leben, reich werde ich damit aber nicht.“ Während Gerber und Voswinckel relativ neu im Geschäft sind, führt Alexandra Kriete aus dem ostfriesischen Edewecht nach Ebay-Maßstäben schon ein Traditionsgeschäft. Die 34-Jährige ist Powersellerin der ersten Stunde und bereits seit 2000 im Geschäft. Dabei ist die ehemalige Kosmetikerin eher zufällig zum Online- ¸ FOTO: FRANK SIEMERS FÜR TOMORROW Laras Dreamland 10 | POWERSELLING M it der Ebay-Existenz ist für Alexandra Kriete „ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich hätte nie daran geglaubt, dass das so gut läuft.“ Im Sommer hat sie eine neue Lagerhalle mit angegliedertem Bürotrakt bezogen. Mittlerweile macht sie einen Umsatz im siebenstelligen Bereich und beschäftigt sechs fest angestellte Mitarbeiter. Nur eins lässt sich die Chefin nicht nehmen: Kundenanfragen beantwortet sie persönlich. „Da lass ich keinen ran. Gute Kundenbeziehungen sind das A und O einer erfolgreichen Ebay-Existenz.“ Mit einem Bewertungsprofil von über 36 000 ist Alexandra Kriete, die bei Stammkunden die Waren auch schon mal vor Zahlungseingang verschickt, ein Ebay-Schwergewicht. Das Bewertungsprofil bezieht sich auf die Anzahl der positiven Bewertungen von unterschiedlichen Kunden. Insgesamt hat Kriete mehr als 70 000 positive Bewertungen. Es sind vornehmlich Profihändler wie Alexandra Kriete, die dafür sorgen, dass Ebay wächst und wächst. Mehr als 20 000 Shops bieten auf der deutschen Ebay-Seite Waren an, 27 Prozent des Handelsvolumens wird nicht mehr mit Versteigerungen erzielt, sondern durch Sofortkauf zu Festpreisen – ein Indiz für kommerziellen Handel. Was als virtueller Flohmarkt begann, ist längst auf dem Weg zum Online-Kaufhaus. Dass Ebay auf die Karte Profihandel setzt, ist aus Unternehmenssicht leicht verständlich. Das Geschäft mit Privatverkäufern hat seine natürlichen Grenzen, schließlich kann man seinen Dachboden nur einmal leer räumen. Zumindest lassen sich mit Hobbyhändlern nicht die Wachstumszahlen erreichen, die Ebay braucht, um seine Börsenbewertung zu rechtfertigen (siehe Seite 90). Wachsen kann Ebay vor allem mit Profiverkäufern, die das Unternehmen denn auch mit allerlei Weiterbildungsangeboten umwirbt. Seit 2002 weihen in der Ebay University Profis wie Marion von Kuczkowski, Vorzeige-Powersellerin und Buchautorin („Powerselling mit Ebay“), Neulinge in die Geheimnisse der Community ein. Zusammen mit den Industrie- und Handelskammern veranstaltet Ebay eintägige Workshops, in denen Existenzgründern die kaufmännischen und juristischen Grundlagen vermittelt werden. Selbstständigkeit liegt im Trend, gerade in Zeiten hoher Arbeitslosenzahlen und fehlender Jobperspektiven. Gemeinsam mit „Teamarbeit für Deutschland“, einer Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, unterhält Ebay die Website www.selberhandeln.de mit Tipps zur Online-Existenzgründung. Ebay statt Hartz IV. Seine Weiterbildungsaktivitäten betreibt Ebay nicht ganz uneigennützig, denn das Unternehmen verdient in jedem Fall mit: bis zu fünf Prozent vom Verkaufspreis plus Einstellgebühren plus Zahlungen für Extras wie die Platzierung unter den TopAngeboten. Dass immer mehr Profis ihr Glück versuchen, ist zwar im Interesse von Ebay, verschärft aber den Konkurrenzdruck unter den Powersellern. Dass die Luft dünner geworden ist, kann auch Raphael Knoche aus dem schwäbischen Hechingen bestätigen: „Wenn ich das letzte Jahr mit diesem vergleiche, liegen schon Welten dazwischen.“ Der Jungunternehmer verkauft über Ebay und seinen Webshop www.onando.de Zubehör für Handys und Digitalkameras, vor allem Akkus und Datenkabel. Nach einer Lehre als Großund Einzelhandelskaufmann und anschließendem Zivildienst ist Knoche Anfang 2003 voll bei Ebay eingestiegen. Heute ist seine Trade-Company – gemessen am Bewer- Carparts Name: Bernd Fink Geschäftsidee: Tuningteile Bewertungsprofil: 42 000 Positive Bewertungen: 98,3 % Webshop: www.carparts-online.de "Immer wieder tauchen Konkurrenten auf, die sich in der Regel aber nur ein paar Monate halten. Auf lange Sicht werden sich bei Ebay nur die Großen behaupten" tungsprofil von über 110 000 – der zweitgrößte Ebay-Händler Europas. Rund 10 000 Transaktionen wickeln Knoche und seine sieben Mitarbeiter monatlich ab – nicht schlecht für einen 21-Jährigen, dessen Karriere buchstäblich im Kinderzimmer begann. Eine Bilderbuchkarriere hat auch Diana Grimme hingelegt. Die 32-jährige Bremerin verkauft unter dem Namen „Laras Dreamland“ Abendkleider und Brautmoden. Patin ihres Shops war die Videospielheldin Lara Croft, und ähnlich viel Power legt auch Diana Grimme an den Tag. Dabei hat auch sie klein angefangen, nämlich am heimischen Kleiderschrank. Nachdem der geplündert und versteigert war, graste sie Flohmärkte und Secondhandläden nach Damenbekleidung ab. Der nächste Schritt war, selbst in die Produktion einzusteigen: Die ersten 100 Kleider wurden in der Türkei hergestellt, heute lässt Laras Dreamland auch in den USA, Kanada, Taiwan, Hongkong und Polen produzieren und verkauft ausschließlich Neuware. Vom Erfolg wurde Grimme „förmlich überrannt“. Im März 2002 kündigte sie ihren sicheren Marketing-Job bei Tchibo, auch ihr Mann Jens, im fest angestellten Leben Kfz-Meister, ist mittlerweile hauptberuflich Ebayer. Laras Dreamland verkauft sowohl Stangenware als auch abgeänderte Konfektion, wofür die Kundinnen ihre Maße in ein Webformular eintragen müssen. Wer eine echte Maßanfertigung will, muss sich in ihren Showroom in Stuhr bei Bremen bemühen. „Ursprünglich wollten wir kein Ladengeschäft. Durch den Showroom ¸ Auf der Überholspur: Bernd Fink ist der größte Tuninghändler bei Ebay FOTO: SABINE BUNGERT FÜR TOMORROW ¸ Handel gekommen. Nach der Geburt ihrer Tochter und einer Kinderpause wollte sie nicht in ihren erlernten Beruf zurück und machte sich mit einem Schnäppchenmarkt selbstständig. Als der Laden nicht mehr lief, brachte ein Bekannter sie auf die Idee, ihr Lager bei Ebay zu versteigern. Mit umwerfendem Erfolg. Über ihren EbayShop „Kriete Sonderposten aus aller Welt“ vertreibt sie seither Waren aller Art – vom Kuschelbär bis zum Motorroller. Anders als der Hamburger Voswinckel kauft Alexandra Kriete die Waren ein und dann auf eigene Rechnung weiter. Zu ihren Bestsellern gehören künstlerische Porzellanpuppen, die sie der überwiegend weiblichen Kundschaft über Auktionen anbietet: „Unsere Damen steigern gerne. Wegen des Nervenkitzels.“ Andere Produkte, wie zum Beispiel Handys, gehen nach ihren Erfahrungen besser als Sofortkauf: „Junge Leute wollen ihre Waren meist so schnell wie möglich.“ BLINDES MAGAZIN | 11 10 | POWERSELLING M it der Ebay-Existenz ist für Alexandra Kriete „ein Traum in Erfüllung gegangen. Ich hätte nie daran geglaubt, dass das so gut läuft.“ Im Sommer hat sie eine neue Lagerhalle mit angegliedertem Bürotrakt bezogen. Mittlerweile macht sie einen Umsatz im siebenstelligen Bereich und beschäftigt sechs fest angestellte Mitarbeiter. Nur eins lässt sich die Chefin nicht nehmen: Kundenanfragen beantwortet sie persönlich. „Da lass ich keinen ran. Gute Kundenbeziehungen sind das A und O einer erfolgreichen Ebay-Existenz.“ Mit einem Bewertungsprofil von über 36 000 ist Alexandra Kriete, die bei Stammkunden die Waren auch schon mal vor Zahlungseingang verschickt, ein Ebay-Schwergewicht. Das Bewertungsprofil bezieht sich auf die Anzahl der positiven Bewertungen von unterschiedlichen Kunden. Insgesamt hat Kriete mehr als 70 000 positive Bewertungen. Es sind vornehmlich Profihändler wie Alexandra Kriete, die dafür sorgen, dass Ebay wächst und wächst. Mehr als 20 000 Shops bieten auf der deutschen Ebay-Seite Waren an, 27 Prozent des Handelsvolumens wird nicht mehr mit Versteigerungen erzielt, sondern durch Sofortkauf zu Festpreisen – ein Indiz für kommerziellen Handel. Was als virtueller Flohmarkt begann, ist längst auf dem Weg zum Online-Kaufhaus. Dass Ebay auf die Karte Profihandel setzt, ist aus Unternehmenssicht leicht verständlich. Das Geschäft mit Privatverkäufern hat seine natürlichen Grenzen, schließlich kann man seinen Dachboden nur einmal leer räumen. Zumindest lassen sich mit Hobbyhändlern nicht die Wachstumszahlen erreichen, die Ebay braucht, um seine Börsenbewertung zu rechtfertigen (siehe Seite 90). Wachsen kann Ebay vor allem mit Profiverkäufern, die das Unternehmen denn auch mit allerlei Weiterbildungsangeboten umwirbt. Seit 2002 weihen in der Ebay University Profis wie Marion von Kuczkowski, Vorzeige-Powersellerin und Buchautorin („Powerselling mit Ebay“), Neulinge in die Geheimnisse der Community ein. Zusammen mit den Industrie- und Handelskammern veranstaltet Ebay eintägige Workshops, in denen Existenzgründern die kaufmännischen und juristischen Grundlagen vermittelt werden. Selbstständigkeit liegt im Trend, gerade in Zeiten hoher Arbeitslosenzahlen und fehlender Jobperspektiven. Gemeinsam mit „Teamarbeit für Deutschland“, einer Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, unterhält Ebay die Website www.selberhandeln.de mit Tipps zur Online-Existenzgründung. Ebay statt Hartz IV. Seine Weiterbildungsaktivitäten betreibt Ebay nicht ganz uneigennützig, denn das Unternehmen verdient in jedem Fall mit: bis zu fünf Prozent vom Verkaufspreis plus Einstellgebühren plus Zahlungen für Extras wie die Platzierung unter den TopAngeboten. Dass immer mehr Profis ihr Glück versuchen, ist zwar im Interesse von Ebay, verschärft aber den Konkurrenzdruck unter den Powersellern. Dass die Luft dünner geworden ist, kann auch Raphael Knoche aus dem schwäbischen Hechingen bestätigen: „Wenn ich das letzte Jahr mit diesem vergleiche, liegen schon Welten dazwischen.“ Der Jungunternehmer verkauft über Ebay und seinen Webshop www.onando.de Zubehör für Handys und Digitalkameras, vor allem Akkus und Datenkabel. Nach einer Lehre als Großund Einzelhandelskaufmann und anschließendem Zivildienst ist Knoche Anfang 2003 voll bei Ebay eingestiegen. Heute ist seine Trade-Company – gemessen am Bewer- Carparts Name: Bernd Fink Geschäftsidee: Tuningteile Bewertungsprofil: 42 000 Positive Bewertungen: 98,3 % Webshop: www.carparts-online.de ªImmer wieder tauchen Konkurrenten auf, die sich in der Regel aber nur ein paar Monate halten. Auf lange Sicht werden sich bei Ebay nur die Gro§en behaupten tungsprofil von über 110 000 – der zweitgrößte Ebay-Händler Europas. Rund 10 000 Transaktionen wickeln Knoche und seine sieben Mitarbeiter monatlich ab – nicht schlecht für einen 21-Jährigen, dessen Karriere buchstäblich im Kinderzimmer begann. Eine Bilderbuchkarriere hat auch Diana Grimme hingelegt. Die 32-jährige Bremerin verkauft unter dem Namen „Laras Dreamland“ Abendkleider und Brautmoden. Patin ihres Shops war die Videospielheldin Lara Croft, und ähnlich viel Power legt auch Diana Grimme an den Tag. Dabei hat auch sie klein angefangen, nämlich am heimischen Kleiderschrank. Nachdem der geplündert und versteigert war, graste sie Flohmärkte und Secondhandläden nach Damenbekleidung ab. Der nächste Schritt war, selbst in die Produktion einzusteigen: Die ersten 100 Kleider wurden in der Türkei hergestellt, heute lässt Laras Dreamland auch in den USA, Kanada, Taiwan, Hongkong und Polen produzieren und verkauft ausschließlich Neuware. Vom Erfolg wurde Grimme „förmlich überrannt“. Im März 2002 kündigte sie ihren sicheren Marketing-Job bei Tchibo, auch ihr Mann Jens, im fest angestellten Leben Kfz-Meister, ist mittlerweile hauptberuflich Ebayer. Laras Dreamland verkauft sowohl Stangenware als auch abgeänderte Konfektion, wofür die Kundinnen ihre Maße in ein Webformular eintragen müssen. Wer eine echte Maßanfertigung will, muss sich in ihren Showroom in Stuhr bei Bremen bemühen. „Ursprünglich wollten wir kein Ladengeschäft. Durch den Showroom ¸ Auf der Überholspur: Bernd Fink ist der größte Tuninghändler bei Ebay FOTO: SABINE BUNGERT FÜR TOMORROW ¸ Handel gekommen. Nach der Geburt ihrer Tochter und einer Kinderpause wollte sie nicht in ihren erlernten Beruf zurück und machte sich mit einem Schnäppchenmarkt selbstständig. Als der Laden nicht mehr lief, brachte ein Bekannter sie auf die Idee, ihr Lager bei Ebay zu versteigern. Mit umwerfendem Erfolg. Über ihren EbayShop „Kriete Sonderposten aus aller Welt“ vertreibt sie seither Waren aller Art – vom Kuschelbär bis zum Motorroller. Anders als der Hamburger Voswinckel kauft Alexandra Kriete die Waren ein und dann auf eigene Rechnung weiter. Zu ihren Bestsellern gehören künstlerische Porzellanpuppen, die sie der überwiegend weiblichen Kundschaft über Auktionen anbietet: „Unsere Damen steigern gerne. Wegen des Nervenkitzels.“ Andere Produkte, wie zum Beispiel Handys, gehen nach ihren Erfahrungen besser als Sofortkauf: „Junge Leute wollen ihre Waren meist so schnell wie möglich.“ BLINDES MAGAZIN | 11 12 | POWERSELLING POWERSELLING | 13 Bikesworld Namen: Lothar Dölle, Roland Buchmann Geschäftsidee: Fahrradverkauf Bewertungsprofil: 12 000 Positive Bewertungen: 99,6 % Webshop: www.bmsport.de ªErfolg kann man bei Ebay nur haben, wenn man in der Lage ist, auf Dauer den niedrigsten Preis anzubieten — und trotzdem noch Gewinn zu machen ¸ bekommen die Kundinnen aber das Gefühl: ,Hey, euch gibt es wirklich‘.“ Eine Präsenz im realen Leben ist für Internethändler wichtig, besonders wenn sie teure Produkte verkaufen. Deshalb ist Laras Dreamland auch Sponsor der „Miss Deutschland“Wahl. Im schnelllebigen Internetgeschäft vermittelt dies ein Gefühl von Kontinuität. E Servicekonzept: Lothar Dölle (links) und Roland Buchmann setzen auf die Vernetzung von online und offline. Die Räder ihrer Eigenmarke werden zwar im Web bestellt, können aber in Testcentern abgeholt und dabei eingestellt werden Das Ebay-Bewertungssystem, mit dem Käufer und Verkäufer sich gegenseitig benoten, ist die vertrauensbildende Maßnahme im anonymen Online-Handel. Diana Grimme von Laras Dreamland, mit 99,8 Prozent positiven Bewertungen voll im grünen Bereich, findet das System zwar prinzipiell gut, meldet aber Zweifel an dessen Aussagekraft an: „Von den negativen Bewertungen, die ich bekommen habe, sind in meinen Augen lediglich zwei gerechtfertigt. Andererseits gibt es positive Bewertungen von Kundinnen, die eigentlich etwas zu bemängeln gehabt hätten.“ Früher konnten Powerseller offensichtlich unbegründete negative Bewertungen von Ebay löschen lassen. Dies ist heute nur noch im Einverständnis mit dem Käufer möglich. Was eigentlich zu mehr Transparenz führen sollte, verführt manche Profihändler dazu, das „Einverständnis“ mit einem Hinweis auf mögliche Prozesskosten zu erzwingen. Die können schnell in den vierstelligen Bereich gehen, wenn ein Verkäufer den Käufer wegen einer unbegründeten negativen Bewertung verklagt. Ein Problem mit schlechten Bewertungen kennt Joachim Kranz, 55, aus Bacharach am Rhein nicht. Er hat die Traumnote 100 Prozent positiv. Trotzdem nimmt Kranz jede der vier negativen Bewertungen, die er im Verlauf seiner Ebay-Existenz erhalten hat (vier von mehr als 11 000), persönlich. „Man kann sich nur wundern, aus welchen Gründen die Leute schlechte Bewertungen abgeben.“ Kranz arbeitet für eine Softwarefirma und betreibt nebenbei unter dem EbayNamen „teldix“ den Flaggenversand-kranz. FOTOS: BM SPORT in Problem, mit dem die meisten Powerseller zu kämpfen haben und das von Anfängern gern unterschätzt wird, sind die saisonalen Schwankungen. „Wer sagt, dass das Geschäft im Sommer nicht schlechter läuft, lügt“, meint Diana Grimme, deren Umsatz in den Ferienmonaten um 80 bis 90 Prozent einbricht. Neben ihrem Ebay-Shop betreibt sie unter www.larasdreamland.com einen Internetshop, der rund 40 Prozent ihres Umsatzes ausmacht. Trotzdem glaubt sie nicht, dass es „in den nächsten fünf Jahren ohne Ebay geht“. Während Laras Dreamland Frauenträume erfüllt, findet man bei Bernd Fink alles, was Männerherzen höher schlagen lässt: vom Style-Tankdeckel für den Audi TT über die Scheinwerfer „Angels Eyes“ für den Honda Civic bis zum Chromteilset für den Golf IV. Der 38-jährige Bochumer, im früheren Leben Gebrauchtwagenhändler, betreibt bei Ebay den Shop „Autotuning Carparts Online“ und ist nach eigenen Angaben der einzige Platin-Powerseller im Bereich Autotuning. Rund 4000 Transaktionen wickeln Fink und seine vier Mitarbeiter im Monat ab, der Umsatz beläuft sich auf mehr als zwei Millionen Euro jährlich. Autotuner gelten in Ebay-Kreisen als schwierige Kundschaft. „Besonders Anfänger“, so Fink, „geben oft vorschnell negative Bewertungen ab, obwohl der Fehler in Wirklichkeit bei ihnen liegt.“ Ein Problem, mit dem viele Powerseller zu kämpfen haben. Um sich Powerseller zu nennen, muss man mindestens 98 Prozent positive Bewertungen vorweisen können. Da viele Kunden um die Macht der Bewertungen wissen, gehört auch Erpressung zum Geschäft. Motto: Wenn ihr dies und das nicht macht, bewerte ich euch negativ. Auch das Flaggengeschäft unterliegt saisonalen Schwankungen: Während der Fußball-WM 2002 schnellte der Preis für Deutschlandfahnen in die Höhe, bei der EM 2004 lagen sie wie Blei im Regal. Monat für Monat bringen Kranz und seine Lebensgefährtin Ingrid rund 650 Päckchen zur Post. „Über den Stundenlohn sollte man lieber nicht nachdenken“, räumt Kranz ein, für den der Flaggenversand ein bezahltes Hobby ist. Auch Ebay-Neulingen rät er zur Vorsicht: „Ich würde erst mal klein anfangen und nicht alles auf eine Karte setzen.“ Alles auf eine Karte gesetzt haben Lothar Dölle, 39, und Roland Buchmann, 41. Anfang 2003 gaben sie ihre sicheren Jobs auf und machten sich mit der BM Sport Internet AG selbstständig. Dölle, ein ehemaliger IT-Spezialist bei der Luftwaffe, brachte das technische Know-how mit, Buchmann die Branchenkenntnis. Über ihre Ebay-Präsenz „Bikesworld“ verkaufen sie Fahrräder, die unter dem Markennamen Bikegigant in Norddeutschland hergestellt werden. Im Durchschnitt erzielen sie einen Preis von 600 Euro, mehr als 10 000 Fahrräder haben sie bereits verkauft. Dölle und Buchmann haben den virtuellen Handel ins wirkliche Leben verlängert. Neben dem Firmensitz in Fellheim (bei Memmingen) haben sie ein Netz von 15 Testcentern in ganz Deutschland aufgebaut. „Try before buy“ heißt das System, das es den Kunden ermöglicht, Fahrräder Probe zu fahren, abzuholen und bar oder per EC-Karte zu bezahlen. „Gerade bei hochpreisiger Ware möchten viele Kunden sichergehen, was sie erwerben“, sagt Dölle. Powerseller wie Bikesworld zahlen EbayGebühren im hohen fünfstelligen Bereich – monatlich. „Wir könnten das Geld natürlich auch in Online-Werbung stecken, was sich unmittelbar in den Verkaufszahlen niederschlägt. Aber der normale Endkunde geht halt zu Ebay, weil man dort immer noch den niedrigsten Preis findet.“ Die Gebühren sind unter Powersellern ein großes Thema. Als Quasi-Monopolist kann Ebay die Preise diktieren, jede Erhöhung schmerzt, denn die Gewinnmargen sind niedrig. „Man kann nicht mehr nur von Ebay leben“, meint Dölle. Mit ihrem Internetshop www.bmsport.de haben sie sich ein zweites Standbein aufgebaut, das mittlerweile rund ein Drittel zum Firmenumsatz beiträgt. Ein zweiter Punkt, der vielen Powersellern Sorgen macht, sind die großen Hersteller und Versandunternehmen, die Ebay als Kunden umwirbt. Allerdings wachsen auch bei den Großen die Bäume nicht in den Himmel. Als der Quelle Versand vor einem Jahr in den Ebay-Handel einstieg, verkündete Marketingvorstand Gebhard Stemmler vollmundig: „Es sollte uns gelingen, in einem Jahr der größte Powerseller bei Ebay zu sein. Wir sind eben Profis in diesem Geschäft und haben ein großes Sortiment.“ Von ihrem Ziel sind die Profis noch weit entfernt: Mit einem Bewertungsprofil von 7000 ist Quelle ein kleiner Fisch. Für traditionelle Unternehmen ist es nicht leicht, mit Powersellern wie Diana Grimme zu konkurrieren, die mit Engagement und Idealismus ans Werk gehen. Trotz 13-Stunden-Tag und Sieben-Tage-Woche hat die Laras-Dreamland-Chefin den Schritt in die Selbstständigkeit „aus ganzem Herzen nicht einen Tag bereut“. Sie kann es sich nicht vorstellen, in ein normales Angestelltenverhältnis zurückzukehren. Auch Neueinsteigern macht sie Mut: „Der Markt ist jung. Mit der richtigen Idee, dem richtigen Produkt und viel Einsatz kann man bei Ebay immer noch Erfolg haben.“ Q Den Autor Gerke Dunkhase erreichen Sie unter [email protected] 12 | POWERSELLING POWERSELLING | 13 Bikesworld Namen: Lothar Dölle, Roland Buchmann Geschäftsidee: Fahrradverkauf Bewertungsprofil: 12 000 Positive Bewertungen: 99,6 % Webshop: www.bmsport.de "Erfolg kann man bei Ebay nur haben, wenn man in der Lage ist, auf Dauer den niedrigsten Preis anzubieten — und trotzdem noch Gewinn zu machen" ¸ bekommen die Kundinnen aber das Gefühl: ,Hey, euch gibt es wirklich‘.“ Eine Präsenz im realen Leben ist für Internethändler wichtig, besonders wenn sie teure Produkte verkaufen. Deshalb ist Laras Dreamland auch Sponsor der „Miss Deutschland“Wahl. Im schnelllebigen Internetgeschäft vermittelt dies ein Gefühl von Kontinuität. E Servicekonzept: Lothar Dölle (links) und Roland Buchmann setzen auf die Vernetzung von online und offline. Die Räder ihrer Eigenmarke werden zwar im Web bestellt, können aber in Testcentern abgeholt und dabei eingestellt werden Das Ebay-Bewertungssystem, mit dem Käufer und Verkäufer sich gegenseitig benoten, ist die vertrauensbildende Maßnahme im anonymen Online-Handel. Diana Grimme von Laras Dreamland, mit 99,8 Prozent positiven Bewertungen voll im grünen Bereich, findet das System zwar prinzipiell gut, meldet aber Zweifel an dessen Aussagekraft an: „Von den negativen Bewertungen, die ich bekommen habe, sind in meinen Augen lediglich zwei gerechtfertigt. Andererseits gibt es positive Bewertungen von Kundinnen, die eigentlich etwas zu bemängeln gehabt hätten.“ Früher konnten Powerseller offensichtlich unbegründete negative Bewertungen von Ebay löschen lassen. Dies ist heute nur noch im Einverständnis mit dem Käufer möglich. Was eigentlich zu mehr Transparenz führen sollte, verführt manche Profihändler dazu, das „Einverständnis“ mit einem Hinweis auf mögliche Prozesskosten zu erzwingen. Die können schnell in den vierstelligen Bereich gehen, wenn ein Verkäufer den Käufer wegen einer unbegründeten negativen Bewertung verklagt. Ein Problem mit schlechten Bewertungen kennt Joachim Kranz, 55, aus Bacharach am Rhein nicht. Er hat die Traumnote 100 Prozent positiv. Trotzdem nimmt Kranz jede der vier negativen Bewertungen, die er im Verlauf seiner Ebay-Existenz erhalten hat (vier von mehr als 11 000), persönlich. „Man kann sich nur wundern, aus welchen Gründen die Leute schlechte Bewertungen abgeben.“ Kranz arbeitet für eine Softwarefirma und betreibt nebenbei unter dem EbayNamen „teldix“ den Flaggenversand-kranz. FOTOS: BM SPORT in Problem, mit dem die meisten Powerseller zu kämpfen haben und das von Anfängern gern unterschätzt wird, sind die saisonalen Schwankungen. „Wer sagt, dass das Geschäft im Sommer nicht schlechter läuft, lügt“, meint Diana Grimme, deren Umsatz in den Ferienmonaten um 80 bis 90 Prozent einbricht. Neben ihrem Ebay-Shop betreibt sie unter www.larasdreamland.com einen Internetshop, der rund 40 Prozent ihres Umsatzes ausmacht. Trotzdem glaubt sie nicht, dass es „in den nächsten fünf Jahren ohne Ebay geht“. Während Laras Dreamland Frauenträume erfüllt, findet man bei Bernd Fink alles, was Männerherzen höher schlagen lässt: vom Style-Tankdeckel für den Audi TT über die Scheinwerfer „Angels Eyes“ für den Honda Civic bis zum Chromteilset für den Golf IV. Der 38-jährige Bochumer, im früheren Leben Gebrauchtwagenhändler, betreibt bei Ebay den Shop „Autotuning Carparts Online“ und ist nach eigenen Angaben der einzige Platin-Powerseller im Bereich Autotuning. Rund 4000 Transaktionen wickeln Fink und seine vier Mitarbeiter im Monat ab, der Umsatz beläuft sich auf mehr als zwei Millionen Euro jährlich. Autotuner gelten in Ebay-Kreisen als schwierige Kundschaft. „Besonders Anfänger“, so Fink, „geben oft vorschnell negative Bewertungen ab, obwohl der Fehler in Wirklichkeit bei ihnen liegt.“ Ein Problem, mit dem viele Powerseller zu kämpfen haben. Um sich Powerseller zu nennen, muss man mindestens 98 Prozent positive Bewertungen vorweisen können. Da viele Kunden um die Macht der Bewertungen wissen, gehört auch Erpressung zum Geschäft. Motto: Wenn ihr dies und das nicht macht, bewerte ich euch negativ. Auch das Flaggengeschäft unterliegt saisonalen Schwankungen: Während der Fußball-WM 2002 schnellte der Preis für Deutschlandfahnen in die Höhe, bei der EM 2004 lagen sie wie Blei im Regal. Monat für Monat bringen Kranz und seine Lebensgefährtin Ingrid rund 650 Päckchen zur Post. „Über den Stundenlohn sollte man lieber nicht nachdenken“, räumt Kranz ein, für den der Flaggenversand ein bezahltes Hobby ist. Auch Ebay-Neulingen rät er zur Vorsicht: „Ich würde erst mal klein anfangen und nicht alles auf eine Karte setzen.“ Alles auf eine Karte gesetzt haben Lothar Dölle, 39, und Roland Buchmann, 41. Anfang 2003 gaben sie ihre sicheren Jobs auf und machten sich mit der BM Sport Internet AG selbstständig. Dölle, ein ehemaliger IT-Spezialist bei der Luftwaffe, brachte das technische Know-how mit, Buchmann die Branchenkenntnis. Über ihre Ebay-Präsenz „Bikesworld“ verkaufen sie Fahrräder, die unter dem Markennamen Bikegigant in Norddeutschland hergestellt werden. Im Durchschnitt erzielen sie einen Preis von 600 Euro, mehr als 10 000 Fahrräder haben sie bereits verkauft. Dölle und Buchmann haben den virtuellen Handel ins wirkliche Leben verlängert. Neben dem Firmensitz in Fellheim (bei Memmingen) haben sie ein Netz von 15 Testcentern in ganz Deutschland aufgebaut. „Try before buy“ heißt das System, das es den Kunden ermöglicht, Fahrräder Probe zu fahren, abzuholen und bar oder per EC-Karte zu bezahlen. „Gerade bei hochpreisiger Ware möchten viele Kunden sichergehen, was sie erwerben“, sagt Dölle. Powerseller wie Bikesworld zahlen EbayGebühren im hohen fünfstelligen Bereich – monatlich. „Wir könnten das Geld natürlich auch in Online-Werbung stecken, was sich unmittelbar in den Verkaufszahlen niederschlägt. Aber der normale Endkunde geht halt zu Ebay, weil man dort immer noch den niedrigsten Preis findet.“ Die Gebühren sind unter Powersellern ein großes Thema. Als Quasi-Monopolist kann Ebay die Preise diktieren, jede Erhöhung schmerzt, denn die Gewinnmargen sind niedrig. „Man kann nicht mehr nur von Ebay leben“, meint Dölle. Mit ihrem Internetshop www.bmsport.de haben sie sich ein zweites Standbein aufgebaut, das mittlerweile rund ein Drittel zum Firmenumsatz beiträgt. Ein zweiter Punkt, der vielen Powersellern Sorgen macht, sind die großen Hersteller und Versandunternehmen, die Ebay als Kunden umwirbt. Allerdings wachsen auch bei den Großen die Bäume nicht in den Himmel. Als der Quelle Versand vor einem Jahr in den Ebay-Handel einstieg, verkündete Marketingvorstand Gebhard Stemmler vollmundig: „Es sollte uns gelingen, in einem Jahr der größte Powerseller bei Ebay zu sein. Wir sind eben Profis in diesem Geschäft und haben ein großes Sortiment.“ Von ihrem Ziel sind die Profis noch weit entfernt: Mit einem Bewertungsprofil von 7000 ist Quelle ein kleiner Fisch. Für traditionelle Unternehmen ist es nicht leicht, mit Powersellern wie Diana Grimme zu konkurrieren, die mit Engagement und Idealismus ans Werk gehen. Trotz 13-Stunden-Tag und Sieben-Tage-Woche hat die Laras-Dreamland-Chefin den Schritt in die Selbstständigkeit „aus ganzem Herzen nicht einen Tag bereut“. Sie kann es sich nicht vorstellen, in ein normales Angestelltenverhältnis zurückzukehren. Auch Neueinsteigern macht sie Mut: „Der Markt ist jung. Mit der richtigen Idee, dem richtigen Produkt und viel Einsatz kann man bei Ebay immer noch Erfolg haben.“ Q Den Autor Gerke Dunkhase erreichen Sie unter [email protected]