PKO BP - Sebastian Becker
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PKO BP - Sebastian Becker
B˛rsen-Zeitung Zeitung fˇr die Finanzmärkte Ausgabe 243 vom 18.12.2015, Seite 18 GELD ODER BRIEF Regierung verunsichert PKO-BP-Aktionäre Von Sebastian Becker, Warschau ....................................................... B˛rsen-Zeitung, 18.12.2015 ,,Die Ansiedelung dieser renommierten polnischen Bank stärkt den Wirtschaftsstandort Frankfurt und unterstreicht dessen Bedeutung im internationalen Wettbewerb‘‘, hatte der Frankfurter Stadtrat Markus Frank Ende März noch voller Stolz erklärt. Vertreter der polnischen Bank PKO Bank Polski (PKO BP) wollten mit ihm die Er˛ffnung ihrer ersten Niederlassung beim westlichen Nachbarn besprechen. Die Bank sah sich auf Erfolgs- und Expansionskurs. Doch jetzt – acht Monate später – sieht die Lage bei weitem nicht mehr so freundlich aus. Der Aktienkurs der staatlich dominierten Bank ist seit Jahresanfang um fast 25 % auf 26,28 Zloty eingekracht. Das Papier geh˛rt zu den Titeln, die den h˛chsten Anteil am Warschauer Leitindex WIG 30 haben. Es zieht somit den gesamten Index nach unten. Der Handelsplatz in der polnischen Hauptstadt, welcher der gr˛ßte in Osteuropa ist, entwickelte sich deutlich schlechter als viele andere B˛rsen. Hintergrund: Die nationalkonservative Partei fˇr Recht und Gerechtigkeit (PiS) unter der Fˇhrung ihres Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski hat seit Ende Mai in Polen die Macht in Staat und Gesellschaft ˇbernommen. Dies begann mit dem Gewinn der Präsidentschaftswahlen und endete Ende Oktober mit dem hohen Sieg beim Urnengang fˇr das Parlament. Zu dem Zeitpunkt im Frˇhjahr, als sich Stadtrat Frank mit den Polen traf, war diese Entwicklung nicht vorherzusehen. Denn hier lag die damals regierende europafreundliche liberal-konservative Bˇrgerplattform PO noch in den Prognosen weit vorne. Polen hat sich politisch zwar schon stabilisiert. Es handelt sich jedoch weiter um ein Transformationsland, bei dem politische Entwicklungen eine schnelle Wendung nehmen k˛nnen. Diese Tendenz ist immer noch ein Risiko fˇr Investoren. Einfluss auf Strategie Seit dem Gewinn der Parlamentswahlen und der absoluten Übernahme der Macht durch die PiS hat die Aktie der PKO BP etwa 13 % verloID: 2015243074 ren. Es besteht die Gefahr, dass die neue Regierung versucht, auf die Strategie des Finanzdienstleisters ei- nen entscheidenden Einfluss auszuˇben. Das Unternehmen gilt als strategisch wichtig und steht deshalb im Fokus der neuen Fˇhrungsriege – ähnlich wie der staatliche Versicherer PZU. Dort l˛ste der PiSVorsitzende Kaczynski bereits den Vorstandsvorsitzende Andrzej Klesyk aus politischen Grˇnden ab – obwohl der Manager am Markt als hervorragender Fachmann galt. Die Entscheidungen von Kaczynski sind oft rational kaum nachvollziehbar und entstehen manchmal wohl aus einer Emotion heraus. Er gilt zudem als skeptisch gegenˇber Deutschland eingestellt. Entsprechend negativ k˛nnte sich die Politik der neuen Regierung auch auf die Aktivitäten der PKO BP und auf ihr neues Geschäft beim westlichen Nachbarn auswirken. Die Bank wollte sich auf Anfrage der B˛rsen-Zeitung nicht dazu äußern: ,,Wir kommentieren keine politischen Fragen‘‘, antwortete der Sprecher, Dominik Modrzejewski. Da die politische Lage angespannt ist, verhält sich auch der Markt sehr zurˇckhaltend: Von zehn Analysten, die Bloomberg befragt hat, empfehlen nur zwei das Papier zum Kauf. Fˇnf setzen es auf ,,Halten‘‘, während drei Häuser den Investoren raten, die Aktie zu veräußern. Eher gegen die Aktie spricht, dass sich die Erl˛se zwischen 2011 und 2014 schwankend entwickelt haben. Während vor zwei Jahren der Umsatz bei 12,2 Mrd. Zloty (knapp 3 Mrd. Euro) lag, betrug das Volumen im vergangenen Turnus 12,6 Mrd. Zloty (fast 3,2 Mrd. Euro). Prognosen zufolge sollen die Erl˛se im ausgehenden Jahr aber kräftig auf 10,6 Mrd. Zloty (fast 2,7 Mrd. Euro) einbrechen. Im kommenden Jahr k˛nnte es wieder besser werden: Die PKO BP soll ein Volumen von 11,3 Mrd. Zloty (2,8 Mrd. Euro) erreichen. Ähnlich sieht es mit dem Gewinn je Aktie aus: Seit 2011 hat sich die Gewinndynamik verlangsamt. Fˇr 2014 wurden je Anteilschein 2,60 Zloty bzw. 0,65 Euro ausgewiesen. 2015 soll es wahrscheinlich fˇr die Aktionäre 2,23 Zloty bzw. 0,56 Euro geben. 2015 dˇrften es gemäß der Konsensschätzung 2,32 Zloty oder 0,58 Euro sein. Eine Belastung wird jedenfalls die geplante Bankensteuer sein. Damit soll der Haushalt zusätzliche Einnahmen zwischen 5 und 6 Mrd. Zloty (1,25 bis 2 Mrd. Euro) erhalten, um kostspielige Wahlversprechen wie zusätzliches Kindergeld zu finanzieren. Ein weiteres Mittel, um Einnahmen fˇr das staatliche Budget zu generieren, sind die Dividenden von Unternehmen mit Staatsanteil. Die Regierung ist mit fast 30 % ein bedeutender Aktionär der Bank. Bisher ist nicht klar, ob und wie viel der Vorstand fˇr das laufende Jahr ausschˇtten will. Im vergangenen Jahr hat die Bank keine Dividende ausgekehrt und den gesamten Nettogewinn von 3,2 Mrd. Zloty (800 Mill. Euro) einbehalten. 2013 freuten sich die Aktionäre ˇber 0,75 Zloty oder 0,19 Euro je Aktie. Der Gewinn hatte bei fast 3 Mrd. Zloty oder 750 Mill. Euro gelegen. 2012 gab es noch 1,80 Zloty oder 0,45 Euro bei einem Gewinn von 3,7 Mrd. Zloty bzw. 925 Mill. Euro. Aktuell ist es aufgrund der hohen politischen Unsicherheit kaum m˛glich, Prognosen zu erstellen. Zunächst muss man abwarten, welche Manager die PiS in den staatlichen Unternehmen austauscht. In Polen ist es ˇblich, dass die Partei, die nach einem Regierungswechsel an die Macht gekommen ist, die alten Fˇhrungskader abl˛st und die lukrativen und einflussreichen Jobs mit ihren Gefolgsleuten besetzt. CEO ausgetauscht Am Mittwoch hat es bereits den CEO eines staatsnahen Konzerns erwischt. Der ehemalige Minister fˇr Staatsverm˛gen in der ersten Regierung der PiS, Wojciech Jasinski, wird der neue Vorstandsvorsitzende des staatlichen Ölkonzerns PKN Orlen – wie PKO BP ebenfalls ein strategisch wichtiges Unternehmen fˇr das ID: 2015243074 Land. Er l˛ste Jacek Krawiec ab, der noch von der liberal-konservativen Vorgängerregierung inthronisiert worden war. PKN Orlen ist wie PKO BP ein Schwergewicht im Warschauer WIG 30. M˛glicherweise erwägt die Regierung nun auch einen Austausch im Vorstand von PKO BP. Die konservative Tageszeitung ,,Rzeczpospolita‘‘ geht zwar davon aus, dass der jetzige Vorstandsvorsitzende Zbigniew Jagietto seinen Posten behält, weil er einen guten Draht zum neuen stellvertretenden Premier Mateusz Morawiecki hat. Dieser agierte zuvor als Chef der Bank BZ WBK. Doch sind Überraschungen in Polen immer m˛glich. Wahrscheinlich ist es am besten, wenn die Aktionäre erst einmal abwarten und sich mit Käufen zurˇckhalten.