Bericht

Transcrição

Bericht
Transportmechanismen radioaktiver
Substanzen im Arktischen Ozean
Numerische und experimentelle Studien
am Beispiel
der Barents- und Karasee
Hartmut Nies (Projektleiter)
Michael Karcher
Christian Bahe
Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie
Jan Backhaus
Ingo Harms
IfM, Universität Hamburg
mit Beiträgen von
Dirk Dethleff
GEOMAR, Kiel
Das in diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des
Bundesministeriums für Wissenschaft, Bildung, Forschung und Technologie
unter dem Förderkennzeichen 02-E-87054 gefördert. Die Verantwortung für den
Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.
2
Inhaltsverzeichnis
Kurzfassung
Abstract
9
Zusammenfassende Darstellung des Projekts
13
Einführung
13
Problemstellung
13
Vorgehensweise und Methodik
14
11
Kurzbeschreibung des Teilprojekts A
Kurzbeschreibung des Teilprojekts B
14
15
Ergebnisse
16
Fazit
17
3
Teilprojekt A
Beobachtungen und Messungen
19
I Die Hydrographie der Region
20
I.1 Der Arktische Ozean
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I.1.1 Die Topographie
I.1.2 Die Zirkulation
I.2 Die arktischen Schelfmeere
I.2.1 Die Barentssee
I.2.2 Die Karasee
I.2.2.1 Bathymetrie
I.2.2.2 Eisbildung
I.2.2.3 Flußeintrag, Temperatur und Salzgehalt
I.2.2.4 Die Strömungsverhältnisse
II Radioaktivität im Wasser, Meereis und Sediment
II.1 Quellen anthropogener Radioaktivität in der Arktis
II.1.1 Atmosphärischer 'fallout' aus Kernwaffenversuchen
II.1.2 Der Tschernobyl-Unfall
II.1.3 Europäische Wiederaufbereitungsanlagen
II.1.4 Das Atom-U-Boot ”Komsomolets”
II.1.5 Versenkung radioaktive Abfälle in Kara- und Barentssee
II.1.6 Die nukleare Nordmeerflotte Rußlands
II.1.7 Weitere Quellen für Radioaktivität in der Arktis
II.2 Daten
II.2.1 FS ”GAUSS”-Reise Nr. 261 des BSH
II.2.2 GEOMAR/MMBI-Expedition in die Karasee
II.2.3 Proben vom Atom-U-Boot-Wrack ”Komsomolets”
II.2.4 Proben aus arktischen Gewässern
II.3 Die aktuelle radioaktive Belastung
II.3.1 Nordsee
II.3.2 Europäisches Nordmeer und Barents See
II.3.3 Das Wrack des Atom-U-Bootes "Komsomolets"
II.3.4 Karasee
II.3.5 Die Murmansk – Region
II.4 Zusammenfassung
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4
Teilprojekt B
Numerische Modellierung
51
I Ausbreitung von Radioaktivität im Wasser
52
I.1 Die Zirkulationsmodelle
52
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54
56
I.1.1 Das LS-Modell (lokale Skala):
I.1.2 Das RS1- und RS2-Modell (regionale Skala)
I.1.3 Das GS-Modell (globale Skala)
I.2 Die Ausbreitungsszenarien
58
I.3 Das Szenario A
59
59
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60
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64
64
67
67
67
I.3.1 Szenario A: lokale Auswirkungen
I.3.1.1 Austauschzeiten der Buchten
I.3.1.2 Radionuklid-Konzentrationen innerhalb der Buchten
I.3.2 Szenario A: regionale Auswirkungen
I.3.2.1 Ausbreitungswege
I.3.2.2 Austauschzeiten
I.3.2.3 Radionuklid-Konzentrationen
I.3.3 Szenario A: globale Auswirkungen
I.3.3.1 Ausbreitungswege und –zeiten
I.3.3.2 Radionuklid-Konzentrationen
I. 4 Das Szenario B
I.4.1 Szenario B: lokale Auswirkungen
I.4.1.1 Anwendung stationärer Windfelder
I.4.1.1.1 Ausbreitungswege
I.4.1.1.2 Radionuklid-Konzentrationen
I.4.1.2 Anwendung realistischer Windfelder
I.4.1.2.1 Ausbreitungswege
I.4.1.2.2 Radionuklid-Konzentrationen
I.4.2 Szenario B: regionale Auswirkungen
I.4.2.1 Radionuklid-Konzentrationen
I.4.2.2 Ausbreitungswege
I.4.3 Szenario B: globale Auswirkungen
I.4.3.1 Ausbreitungswege
I.4.3.2 Radionuklid-Konzentrationen
5
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I.5 Das Szenario C
I.5.1 Ausbreitungswege und Radionuklid-Konzentrationen
86
86
I.6 Das Szenario D
89
I.7 Das Szenario E
90
91
91
93
96
I.7.1 Szenario E: globale Auswirkungen
I.7.1.1 Beobachtungen
I.7.1.2 Simulationen
I.7.2 Szenario E: regionale Auswirkungen in der Karasee
I.8 Zusammenfassung der Modellergebnisse
I.8.1 Ausbreitung und Radionuklidkonzentrationen
I.8.2 Sensitivitätsanalyse
97
97
98
II Ausbreitung von Radioaktivität durch Meereis
100
II.1 Empirische Studien
100
100
102
II.1.1 Stand der Forschung
II.1.2 Aktuelle Messungen und Beobachtungen in der Karasee
II.2 Numerische Simulationen zur Eisdrift
II.2.1 Eisdrift in der Karasee
II.2.1 Eisdrift im Arktischen Ozean
104
104
105
II.3 Quantifizierung des Exports radioaktiver Sedimente
108
II.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
109
Tabellen
111
6
Anhang
I Meßverfahren für Radioaktivität
113
I.1 Radioaktivität im Sediment
113
113
113
I.1.1 Probenentnahme und Probenvorbereitung
I.1.2 Messung der Aktivität
I.2 Radioaktivität im Meerwasser
I.2.1 Radiocaesium
I.2.1.1 Probenahme und radiochemische Trennung
I.2.1.2 Messung der Radioaktivität
I.2.2 Plutonium und Americium
I.2.2.1 Probenahme und radiochemische Trennung
I.2.2.2 Messung der Radioaktivität
I.2.3 Strontium-90
I.2.4 Tritium
115
115
115
115
116
116
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117
117
II Die numerischen Zirkulationsmodelle
118
II.1 Das Hamburg Schelf-Ozean-Modell (HAMSOM)
II.2 Das isopyknische Ozeanmodell (OPYC)
118
Liste der verwendeten Literatur
121
Liste der Veröffentlichungen des BMBF-Projekts "Karasee"
in Büchern, Journalen und Zeitschriften
128
Liste der Beiträge des BMBF-Projekts "Karasee"
zu internationalen Symposien und Konferenzen
130
Danksagung
133
7
119
8
Kurzfassung
In den letzten Jahren wurde bekannt, daß die ehemalige UdSSR ab etwa 1959 große Mengen
an radioaktiven Abfällen in flüssiger und fester Form versenkt hat. Das Material wurde
überwiegend in der Kara- und Barentssee eingebracht. Hierzu gehörten Behälter und
Container mit schwach radioaktiven Abfällen, aber auch ganze Atomreaktoren, teilweise mit
dem dazugehörigen Kernbrennstoff. Die Versenkung erfolgte in Widerspruch zu den
internationalen Regeln, insbesondere was die Art des Abfalls, den Abstand zur Küste und die
Versenkungstiefe betrifft. So wurden beispielsweise abgewrackte und beschädigte
atomgetriebene U-Boote in Nähe der Küste von Novaya Semlya in weniger als 50 m
Wassertiefe versenkt.
Internationale Arbeitsgruppen insbesondere im Rahmen der IAEO und des Arctic Monitoring
and Assessment Programme (AMAP) unternahmen zahlreiche Untersuchungen der
betroffenen Gebiete und führten auch mithilfe von Modellrechnungen Bewertungen der
zuküftigen Situation durch. Der vorliegende Bericht stellt damit einen deutschen Beitrag für
diese internationale Bewertung dar.
Im Rahmen des Vorhabens wurden zahlreiche Proben aus arktischen Meeresgebieten auf
Radioaktivität untersucht. Hierbei eingeschlossen waren auch Sediment- und Wasserproben
aus der Karasee und Proben in der Umgebung des 1989 gesunkenen Atom-U-Bootes
Komsomolets. Mithilfe von numerischen Modellen in lokaler, regionaler und globaler Skala
wurde die mögliche Verdriftung freigesetzter Radionuklide aus den Abfallbehältern.
Die experimentellen Untersuchungen zeigten, daß ein Großteil der nachweisbaren künstlichen
Radionuklide entweder aus dem globalen Fallout der oberirdischen Kernwaffentests der 50er
und 60er Jahre oder aus den früheren hohen Ableitungen der europäischen
Wiederaufbereitungsanlagen überwiegend aus Sellafield (Großbritannien) stammen. Eine
großräumige Kontamination infolge der Freisetzung aus den Abfällen war nicht
nachzuweisen. Auch in der Umgebung der Komsomolets konnte keine außergwöhnliche
Belastung des Wassers oder der Sediments durch Spalt-, Aktivierungsprodukte nachgewiesen
werden. In die Untersuchungen sind auch Plutoniumisotope eingeschlossen.
Ausbreitungsrechnungen mit den inzwischen bekannten Inventaren unter der Annahme
verschiedener Szenarien lassen aber auch in Zukunft keine hohe Kontamination der
Meeresgebiete erwarten. Unter der Annahme selbst ungünstigster Freisetzungen innerhalb
kurzer Zeit führen die Simulationsergebnisse im Bereich des europäischen Nordmeeres zu
Konzentrationen, die unterhalb der bereits jetzt bestehenden Konzentrationen liegen, die
größtenteils durch die Anlage Sellafield hervorgerufen wurden. An den Versenkungsorten in
den Buchten der Insel Novaya Semlya können erheblich höhere Konzentrationen erwartet
werden.
Der Transport von an Sediment adsorbierten Radionukliden mit dem Meereis führt zwar zu
einem schnellen Transport innerhalb weniger Jahre in die Framstraße, insgesamt spielt die
hierdurch transportierte Gesamtaktivität aber geringere Rolle gegenüber dem Transport durch
das Wasser.
Die Ergebnisse des Vorhabens lassen den Schluß zu, daß durch die versenkten Abfälle
außerhalb der Karasee keine Schäden für die Umwelt oder den Menschen zu erwarten sind.
9
10
Abstract
Transport Mechanisms of Radioactive Substances in the Arctic Ocean Modelling and Experimental Studies in the Kara and Barents Seas
In 1992, it became known to the public that the former Soviet Union had dumped large
amounts of radioactive waste in the Arctic Ocean since about 1959. The waste was dumped
into the Kara and Barents Seas in liquid and solid form, sealed in barrels or containers, as
reactor parts but also as complete ship reactors including spent fuel. Wrecks of nuclear
submarines were dumped near the coast of Novaya Semlya, in depths less than 50 m. The
dumping took place in strong contradiction to international rules and conventions.
After some confusion and overestimation of the total radioactive inventory, the amount of the
waste and the dump site locations are well known, meanwhile. International pressure and the
more open information policy of Russia helped to improve the situation. Various international
fora primarily within the IAEA and the Arctic Monitoring and Assessment Programme
(AMAP) investigated the potential consequences from these dumping practices. This report is
the German contribution to these international assessments.
The dumped objects in the Kara Sea encompass 17 nuclear ship reactors, seven of them still
carrying spent fuel. Four dump sites are located in small and shallow fjords at the east coast of
Novaya Semlya, and in the Novaya Semlya Trough, in max. depth of 420 m. The total
radioactive inventory was, at the time of dumping, 37 PBq.
During the project numerous samples from seawater and sediment were analysed on artificial
radionuclides in Arctic waters. This included samples from the Kara Sea but also samples
around the Russian nuclear submarine Komsomolets sunken in the Norwegian Sea at a depth
of about 1700 m in 1989. Numerical hydrodynamic models in local, regional and global scale
were used to predict the potential dispersion of released radionuclides from the dumped
wastes and reactors in the Kara Sea.
It could be shown that most of the detected artificial radionuclides originate both, from the
global fallout during the 50s and 60s from atmospheric weapon tests, and from former
discharges from the nuclear reprocessing plants in western Europe, primarily the Sellafield
plant in the UK. A large scale contamination from the dumped wastes or reactors in the Kara
Sea could not be ascertained. This was also the case for water and sediments close of the
sunken Komsomolets. The investigations included fission and activation products and
plutonium isotopes.
Dispersion simulations based on the inventories under the assumption of various scenarios
showed no long range contamination of adjacent sea areas. Even under the conditions of
unlikely “worst case releases” the predicted activity concentrations in the European Northern
Seas will stay below present or previous levels originating from global fallout and the
Sellafield discharges. In direct vicinity of the wastes in the bays of Novaya Semlya the
expected levels are significantly higher.
11
The total activity transported by sea ice in potentially contaminated sediments is much lower
than the transport of activity in dissolved form in water. However, this type of transport will
be within a few years to the Fram Strait.
It can be concluded from the project that the dumped radioactive waste in the Kara and
Barents Seas will cause no harm to the marine environment or man in the future.
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Zusammenfassende Darstellung des Projekts
Einführung
Der vorliegende Abschlußbericht stellt eine Bewertung der Risiken dar, die von versenkten,
radioaktiven Abfällen in der Arktis ausgehen können. Das Projekt ist ferner als deutscher
Beitrag für mehrere internationale Vorhaben anzusehen, mit denen die Problematik der Versenkung radioaktiver Abfälle durch die ehemalige UdSSR bewertet wird. Derartige internationale Projekte wurden z.B. durch die IAEA (Wien und Monaco), durch die Arktikanrainerstaaten mit ihrem Arctic Monitoring and Assessment Programme (AMAP), die
NATO (CCMS) und durch die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Norwegen und Rußland
durchgeführt. Finanziert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) unter dem Förderkennzeichen 02-E-8705.
Das Projekt, im weiteren Verlauf kurz ‚Karasee-Projekt‘ genannt, wurde in enger
Kooperation zwischen dem Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie, Hamburg (BSH)
und dem Institut für Meereskunde der Universität Hamburg (IfM-HH) realisiert. Projektleiter
war Dir & Prof Dr. H. Nies, BSH.
Vorläufige Ergebnisse eines weiteren Projektes, mit dem der Transport von Radionukliden
aus der Karasee durch Meereis untersucht wird, gehen kurz in diesen Abschlußbericht ein.
Dieses Projekt wird am GEOMAR-Forschungszentrum in Kiel durchgeführt. Es wird durch
den BMU über das Bundesamt für Strahlenschutz im Rahmen seiner Radioökologieforschung
finanziert (Förderkennzeichen StSch 4101). Darüber hinaus kam es zu einer intensiven
Zusammenarbeit mit russischen Partnerinstituten, vor allem im Bereich der Messung und
Beobachtung. Hier sind zu nennen das Khlopin Radium Institut in St. Petersburg und das
Murmansk Marine Biological Institute.
Das Projekt lieferte Ergebnisse für das International Arctic Seas Assessment Program
(IASAP) der Internationalen Atomenergie Organisation (IAEA). In diesem Zusammenhang
gab es eine Zusammenarbeit mit dem Marine Environmental Laboratory (MEL) der IAEO in
Monaco (Povinec et al., 1997).
Problemstellung
Vor einigen Jahren wurde bekannt, daß die ehemalige Sowjetunion ab etwa 1959 große
Mengen fester und flüssiger radioaktiver Abfälle in der Arktis, vor allem in der Karasee
versenkt hat. Hierzu zählten neben Behältern mit schwach radioaktiven Abfällen auch ganze
Atomreaktoren, teilweise mit dem dazugehörigen Kernbrennstoff. Die Versenkung und
Verklappung erfolgte in krassem Widerspruch zu den internationalen Regeln, insbesondere
was den Ort der Versenkung, den Abstand zur Küste und die Versenkungstiefe betrifft. So
wurden beispielsweise abgewrackte und beschädigte atomgetriebene U-Boote in relativ
kleinen Fjorden entlang der Ostküste von Novaya Semlya, in weniger als 50 m Wassertiefe
versenkt. Nach Bekanntwerden dieser Versenkungen wurde das Gesamtinventar an
Radioaktivität zunächst erheblich überschätzt. Durch den enstandenen internationalen Druck
und die offenere Informationspolitik Rußlands liegen inzwischen aber recht genaue Daten
bezüglich der Versenkungen vor.
13
In zahlreichen internationalen Projekten wurde und wird der Versuch unternommen, das
Risiko dieser Versenkungen für Mensch und Umwelt zu bewerten. Es stellt sich vor allem die
Frage, ob außer den Folgen für die unmittelbare Umgebung der Arktis auch überregionale
Konsequenzen für das Europäische Nordmeer und den Atlantischen Ozean zu erwarten sind.
In diesen Seegebieten wird ein Großteil des in Deutschland und Europa angelandeten Fisches
gefangen. Messungen haben bisher im Bereich der zentralen Karasee keine erhöhten
radioaktiven Konzentrationen im Wasser oder Sediment gezeigt. Nachweisbar sind nur der
Chernobyl-'fallout' sowie die Ableitungen von radioaktiven Abwässern aus den europäischen
Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield (Großbritannien) und La Hague (Frankreich). Tatsächlich ist die radioaktive Belastung der Barents- und Karasee derzeit sogar erheblich
geringer als beispielsweise die der Ostsee oder der Nordsee. Langfristig besteht aber die
Gefahr, daß radioaktive Substanzen aus versenkten korrodierten oder beschädigten Behältern
entweichen und über die Eis- und Meeresdynamik über große Distanzen vertrieben werden.
Das Karasee-Projekt stellt einen deutschen Beitrag zur internationalen Bewertung der Risiken
dar, hervorgerufen durch die Versenkung radioaktiver Abfälle in der Arktis.
Vorgehensweise und Methodik
Ziel des Kara See-Projekts ist die Erfassung und Bewertung der aktuellen radioaktiven
Belastung arktischer und subarktischer Gewässer sowie die Vorhersage und Bewertung
möglicher Ausbreitungswege radioaktiver Kontaminationen aus unkontrollierten
Freisetzungen. Zu diesem Zweck wurde das Kara See - Projekt in einen experimentellen
Schwerpunkt ‚Beobachtungen und Messungen‘ und einen theoretischen Schwerpunkt
‚numerische Modellierung‘ aufgeteilt. Die detaillierten Ergebnisse des Teilprojekts
Beobachtungen und Messungen sind in Teil A des Abschlußberichts dargestellt, die
Ergebnisse des Teilprojekts numerische Modellierung werden in Teil B beschrieben.
Kurzbeschreibung des Teilprojekts A (Beobachtungen und Messungen)
Das Teilprojekt A ‚Beobachtungen und Messungen‘ umfaßt eigene Messungen und deren
Analyse sowie die Hinzuziehung und Analyse anderer zugänglicher Proben oder Datensätze.
Hauptaufgabe dieses Teilprojekts ist die Bewertung der aktuellen radiologischen Situation in
der Nordsee, im europäischen Nordmeer und im Arktischen Ozean. Die Arbeiten in diesem
Teilprojekt wurden ausschließlich am BSH-Laboratorium Sülldorf durchgeführt
Während des Projektes wurde ein intensives Meßprogramm absolviert, um die gegenwärtige
Belastung durch anthropogene Radioaktivität in den Arktischen Meeren zu ermitteln. Eine
Expedition vom 15. Juni bis zum 27. Juli 1995 mit dem BSH Forschungsschiff 'GAUSS'
führte in die Nordsee, Norwegische See, Barentssee und in die Grönlandsee.
Mehrere Dienstreisen nach Moskau, St. Petersburg und Murmansk dienten der Sichtung und
Beschaffung potentiell nutzbarer Datensätze:
Aus der direkten Umgebung des Atom-U-Boot-Wracks ”Komsomolets” wurden 85
Sedimentproben aus den Jahren 1993, 1994 und 1995 analysiert.
Eine landgestützte Expedition des GEOMAR in Zusammenarbeit mit dem Murmansk
Marine Biological Institute (MMBI) im April 1997 führte direkt in die Karasee. Für das
Karasee-Projekt konnten acht Sedimentproben und drei Wasserproben analysiert werden.
14
Das V.G.Khlopin Radium Institute, St. Petersburg, und das MMBI, Murmansk, stellten
insgesamt 38 Sedimentproben (0 - 3 cm Oberfläche) aus der Karasee aus den Jahren 1993
und 1994 zur Verfügung.
Das MMBI lieferte Sediment- und Wasserproben aus den Fjorden in der direkten
Umgebung der russischen Stadt Murmansk, wo die Militärbasen der Atomflotte liegen.
Aus der Vielzahl dieser Proben konnte ein Gesamtbild der aktuellen Belastung durch
Radionuklide der relevanten Seegebiete gewonnen werden.
Kurzbeschreibung des Teilprojekts B (numerische Modellierung)
Das Teilprojekt B ‚numerische Modellierung‘ befaßte sich mit der möglichen Kontamination
durch Freisetzungen aus den obengenannten Quellen. Um die Ausbreitung von Radioaktivität
im Ozean über einen möglichst weiten Bereich zeitlicher und räumlicher Skalen zu
berücksichtigen, kamen Computermodelle zum Einsatz, wie sie derzeit in der Grundlagenund Klimaforschung innerhalb der Ozeanographie betrieben werden. Diese Arbeiten wurden,
getrennt nach den räumlichen Skalen, am IfM-HH in lokaler und regionaler, am BSH in
globaler Skala durchgeführt.
Um mögliche Ausbreitungswege von Radioaktivität im Meer zu simulieren, muß zunächst die
dreidimensionale Zirkulation der betreffenden Seegebiete bestimmt werden. Dies geschieht
mit Hilfe numerischer, hydrodynamischer Zirkulationsmodelle, sogenannten GCMs (general
circulation models), die sich innerhalb des Karasee-Projekts vor allem durch die
geographische Ausdehnung der Modellmatrix und der Größe des Modellgitters unterschieden.
Zur Anwendung kamen Modelle:
der lokalen Skala (lokale Umgebung der Versenkungsgebiete, Buchten und Fjorde) (IfMHH),
der regionalen Skala (Barents- und Karasee) (IfM-HH) und
der globalen Skala (Arktischer Ozean, europäisches Nordmeer und Nordatlantik) (BSH)
Der Modell-Antrieb bildete eine Synthese aus Wind, Gezeiten und der Dichte des
Meerwassers, die sich im Ozean aus der dreidimensionalen Verteilung von Temperatur und
Salz ergibt. Alle Modelle berücksichtigten die dynamischen und thermodynamischen
Prozesse an der Grenzschicht Ozean-Eis-Atmosphäre, die sich aus meteorologischen Daten
wie Lufttemperatur, Wind, relative Luftfeuchte, Bewölkung und Niederschlag berechnen
lassen. Außerdem fand der Frischwassereinstrom der großen sibirischen Flüsse Eingang.
Die Ausbreitung von Schadstoffen im Rahmen der Eis-Ozean-Zirkulation in der Arktis
unterliegt einer Kette von sehr unterschiedlichen physikalischen Prozessen. Die zwei
wesentlichen Ausbreitungswege betreffen zum einen die Verdriftung oder Dispersion von
Radionukliden innerhalb der Wassersäule und zum anderen den Transport von radioaktiven
Substanzen durch das treibende Meereis. Beide Ausbreitungswege werden im Teilprojekt B
behandelt.
15
Ergebnisse
Die Ergebnisse des Teilprojekts A ‚Beobachtungen und Messungen‘ bestätigten im
wesentlichen die bekannte Belastungssituation infolge der früheren und aktuellen
Einleitungen durch die nuklearen Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield, UK und La Hague,
Frankreich. Hierbei wird aber seit etlichen Jahren ein deutlicher Rückgang der Konzentration
der meisten Radionuklide beobachtet, da die Einleitungen insbesondere der Anlage Sellafield
sehr stark zurückgingen.
Die Wasserproben in der Nordsee zeigen derzeit eine geringe Belastung an dem Leitnuklid
137
Cs, die nur im Bereich des Skagerrak etwas erhöht ist. Hier gelangt kontaminiertes Wasser
aus der Ostsee, die auch heute noch durch den Chernobyl-Unfall belastet ist, in die Nordsee.
Die Wiederaufbereitungsanlage Sellafield stellt die dominante Quelle für Radioaktivität in der
Nordsee dar. Der Ausbreitungsweg folgt der vorherrschenden, durch den Nordatlantischen
Strom (Golfstrom) induzierten Strömung bis in das Europäische Nordmeer. Als zusätzliche
Quelle ist nach wie vor der ‘fallout’ aus den oberirdischen Kernwaffenversuchen bis Anfang
der sechziger Jahre im Oberflächenwasser der Ozeane durch die Radionuklide Tritium (3H),
137
Cs, 90Sr, 239,240Pu, 238Pu und 241Am nachzuweisen.
In direkter Nähe des Atom-U-Boot-Wracks ‘Komsomolets‘ sowie in der Karasee sind keine
außergewöhnlichen Belastungen gemessen worden.
In unmittelbarer Nähe der russischen Atomflotte, die in dem Fjord-Gebiet um Murmansk
liegt, ließen sich, relativ zum umgebenden Seegebiet, leicht erhöhte Aktivitäten feststellen,
die vermutlich von geringfügigen Freisetzungen aus nuklearen Anlagen stammen.
Die im Teilprojekt B, numerische Modellierung angewendeten, als realistisch anzusehenden
Freisetzungsraten führten generell zu sehr niedrigen Kontaminationsniveaus. Aufgrund der
starken Verdünnung, die ihre Ursache in dem großen Wasservolumen der Arktis hat, waren
die berechneten Konzentrationen teilweise so gering, daß sie das in der Realität bereits
bestehende Hintergrundsignal aufgrund der oberirdischen Kernwaffentests um zwei bis drei
Größenordnungen unterschreiten. Auch die Annahme von sehr unrealistischen KatastrophenSzenarien ('worst case'), d.h. die Simulation einer plötzliche Freisetzung der gesamten in der
Karasee versenkten Radioaktivität, führte im Bereich des europäischen Nordmeeres zu
maximalen Konzentrationen unterhalb der bereits bestehenden Aktivität, die größtenteils von
der WAA Sellafield bestimmt wird. Dies bestätigte u.a. ein Vergleich, bei dem die
Ausbreitung des Sellafield-Signals 'nachsimuliert' wurde. Diese Simulation diente gleichzeitig
als Methode zur Validierung der verwandten Zirkulationsmodelle.
Lediglich in der direkten Umgebung der Versenkungsgebiete, insbesondere in den Buchten
und Fjorden, kann es bei einer plötzlichen Freisetzung von Radioaktivität zu sehr hohen
Konzentrationen kommen, die eine Gefährdung von Mensch und Umwelt darstellen.
Der Transport von Radioaktivität durch Meereis ist prinzipiell möglich, im vorliegenden Fall
sogar wahrscheinlich. Verglichen mit den simulierten Transportzeiten im freien Wasser stellt
der Transport von belastetem Sediment durch die transpolare Eisdrift zumindest die schnellste
Form des Schadstoffexports aus der Arktis in Richtung Nordatlantik dar. Die Quantität des
Transportes von Radioaktivität durch Meereis ist dagegen außerordentlich schwierig
abzuschätzen, solange keine verläßlichen Zahlen über den Eisexport und die
Sedimentbelastung vorliegen. Bei Verwendung der bisher bekannten Daten ergäben sich
Konzentrationen, die die Schwelle der relativ geringen Hintergrundradioaktivität in der Arktis
und im europäischen Nordmeer nicht überschreiten. Zum jetzigen Zeitpunkt kann eine
flächenhafte, signifikante Kontamination des europäischen Nordmeeres bzw. des Nordatlantik
durch Eisexport aus Versenkungsgebieten ausgeschlossen werden.
16
Fazit
Die Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield und La Hague bilden zusammen mit dem
Chernobyl-Unfall und dem radioaktiven ‚fallout‘ der atmospherischen Atomwaffentests in
den 60er Jahren, die Hauptquelle für anthropogene Radioaktivität im Arktischen Ozean
und im europäischen Nordmeer. Im Vergleich zu diesen Einträgen liegt das
Gesamtinventar aus versenktem russischen Atommüll um mindestens eine
Größenordnung niedriger.
Die aktuelle Belastung der Nordsee und der Arktischen Meere durch anthropogene
Radioaktivität ist seit den achtziger Jahren drastisch zurückgegangen. Eine Gefährdung
der Ökosysteme oder des Menschen (indirekt, z.B. durch Fischverzehr), kann
ausgeschlossen
werden.
Eine
Freisetzung
von
Radioaktivität
aus
den
Versenkungsgebieten in der Karasee ist bisher nicht feststellbar.
Der versenkte nukleare Abfall in der Karasee spielt für die radiologische Gesamtsituation
des Arktischen Ozeans und des europäischen Nordmeers eine untergeordnete Rolle. Eine
flächenhafte, signifikante Kontamination des europäischen Nordmeeres durch Meeresströmungen oder Eisexport aus Versenkungsgebieten kann ausgeschlossen werden. Eine
durch die Versenkung von Atommüll in der Karasee bedingte Gefährdung von Menschen
oder Meeres-Ökosystemen in den subarktischen und gemäßigten Zonen der
Nordhemisphäre ist derzeit und in Zukunft nicht zu befürchten.
Eine Gefährdung aus dem nuklearen Potential der militärischen Aktivitäten bei Murmansk
und auf der Kolahalbinsel kann bisher nicht abgeschätzt werden. Diese Quellen könnten
ein vergleichsweise höheres Risiko darstellen als die versenkten atomaren Abfälle in der
Karasee, zumal ein Entsorgungskonzept für die dort zahlreich vorhandenen Reaktoren
noch nicht vorhanden ist und die Sicherheitsmöglichkeiten auf nuklear betriebenen
Schiffen vergleichsweise geringer sind als an Kernreaktoren an Land.
17
18
Teilprojekt A
Beobachtungen und Messungen
Das Teilprojekt A ‚Beobachtungen und Messungen‘ umfaßt eigene Messungen und deren
Analyse sowie die Hinzuziehung und Analyse anderer zugänglicher Proben oder Datensätze.
Hauptaufgabe dieses Teilprojekts ist die Bewertung der aktuellen radiologischen Situation in
der Nordsee, im europäischen Nordmeer und im Arktischen Ozean. Die Arbeiten in diesem
Teilprojekt wurden ausschließlich am BSH-Laboratorium Sülldorf, durchgeführt.
In Kapitel I wird zunächst eine übersichtsartige Beschreibung der arktischen Seegebiete
gegeben. Diese Beschreibung bezieht sich außschließlich auf beobachtete ozeanographische
Parameter, die sog. Hydrographie (Temperatur, Salzgehalt, Eisverhältnisse, Strömungen) und
dient dem Verständnis der physikalischen Zusammenhänge. Es werden die
ozeanographischen Besonderheiten der Region sowie die grundlegenden Strömungssysteme
erläutert.
Das Kapitel II befaßt sich mit der Beobachtung und Messung von Radioaktivität im
Meerwasser, im Sediment und im Meereis. Es werden die Quellen anthropogener
Radioaktivität aufgezeigt und die aktuelle radioaktive Belastung arktischer und subarktischer
Seegebiete anhand eigener und zur Verfügung gestellter Daten dargelegt und bewertet.
19
I Die Hydrographie der Region
Eine detaillierte Beschreibung der arktischen Seegebiete aus ozeanographischer Sicht würde
den Rahmen dieses Abschlußberichtes überschreiten. Diesbezüglich wird auf die verwendete
Literatur verwiesen, die eine Vertiefung der Thematik erlaubt.
Im folgenden wird, getrennt für die Tiefseebecken des Arktischen Ozeans und den relativ
flachen Schelfmeeren Barentssee und Karasee, eine kurze Beschreibung der Hydrographie
gegeben um dem Leser die Anwendung der Methoden und die erzielten Ergebnisse,
insbesondere die der Modellierung, verständlich zu machen.
I.1 Der Arktische Ozean
Der Arktische Ozean ist aufgrund der thermohalinen Zirkulation des Weltozean ein sehr
wichtiges Teilgebiet. Sehr bedeutsam für die Hydrographie des Arktischen Ozeans ist die
vertikale Schichtung der Wassersäule. Sie wird von der sogenannten 'Halokline' dominiert,
einer Übergangszone zwischen salzarmem und kaltem Oberflächenwasser (0 - 60 m) und
salzhaltigeren und wärmeren Zwischenwassermassen (200 - 1000 m) (siehe etwa Rudels,
1995). Die stockwerkartige Verteilung der Wassermassen prägt nicht nur die Hydrographie
der Region sondern auch die vertikale Struktur der Zirkulation. Eine ebenfalls wichtige Rolle
hierbei spielt die Topographie des Arktischen Ozeans.
I.1.1 Die Topographie
Die Topographie des Arktischen Ozeans unterteilt sich in die flachen Schelfgebiete, sowie das
Kanadische und das Eurasische Becken. Letztere werden vom Lomonossovrücken getrennt,
und sind jeweils in weitere Becken untergliedert (Abb. 1.1). Die einzige tiefe Verbindung zu
den übrigen Weltmeeren besteht durch die Framstraße mit einer Silltiefe von etwa 2800 m.
Hier findet ein bedeutender Teil des Volumenaustausches der Arktis mit dem Europäischen
Nordmeer statt. In der westlichen Framstraße verläßt kaltes und salzarmes polares Wasser die
Arktis und strömt mit dem Ostgrönlandstrom südwärts. Auf der östlichen Seite der Framstraße dringt warmes und salzreiches Wasser atlantischen Ursprunges als Verlängerung des
Norwegischen Atlantischen Stromes mit dem Westspitzbergenstrom in die Arktis ein.
Unterhalb des polaren Wassers führt der Ostgrönlandstrom Arktisches Zwischenwasser
südwärts, welches aus Wasser der Atlantischen Schicht im Arktischen Ozean und aus südlich
der Framstraße rezirkulierendem Wasser des Norwegischen Atlantischen Stromes gebildet
wird (Quadfasel et al., 1987). Ein Teil des Ostgrönlandstromes strömt dann nördlich von
Island ostwärts, der restliche Teil verläßt das Europäische Nordmeer durch die Dänemarkstraße.
20
Abb. 1.1 : Die Bathymetrie des Arktischen Ozeans
I.1.2 Die Zirkulation
Die Zirkulation an der Oberfläche des Arktischen Ozeans ist nur unzureichend direkt
vermessen. Man geht allerdings davon aus, daß sie der Zirkulation des Meereises sehr ähnlich
ist. Die wesentlichsten Strukturen der Zirkulation von Meereis und Oberflächenwasser sind
der Beaufort Wirbel und die Transpolare Drift (TPD). Während letztere Wasser und Eis aus
den sibirischen Schelfgebieten der Ostsibirischen See, der Laptevsee und der Karasee über die
polare Kappe hinweg zur Framstraße transportiert, ist der Beaufortwirbel ein antizyklonal
drehender Wirbel im Kanadischen Becken, der letztlich sowohl in den Kanadischen Archipel,
als auch in die TPD Wasser und Eis einspeist (Coachman and Barnes, 1961). Die Lage und
Intensität dieser beiden Strukturen sind sowohl saisonal, als auch von Jahr zu Jahr
Schwankungen unterworfen. So wechselt das Zirkulationsschema auf einer Zeitskala von 5 10 Jahren zwischen einem kleinen, weit westlich gelegenen Beaufortwirbel und einer weit im
kanadischen Teil der Arktis gelegenen TPD zu einem großen Beaufortwirbel, der fast das
21
gesamte Kanadische Becken einnehmen kann sowie einer weit auf der sibirischen Seite
gelegenen TPD (Abb. 1.2) (Proshutinsky und Johnson, 1997). Diese Verhältnisse lassen
erwarten, daß die TPD die wesentliche Transportroute für gelöste Schadstoffe von den
Schelfen zur Framstraße darstellt (Schlosser et al., 1995).
Abb. 1.2 : Zwei Regime der Oberflächenzirkulation und Eisdrift im Arktischen Ozean
(Proshutinsky und Johnson, 1997). Typ A korrespondiert mit Arktischer Hochdrucksituation
a) und Typ B mit vorherrschendem Tiefdruck bei Island b). Die markierten Regionen sind: 1)
Beaufort Wirbel, 2) Transpolardrift, 3) zyklonale Zirkulation in der Laptevsee, 4) Strömungen
der Barentssee, 5) Zirkulation in der Ostsibirischen See und 6) Küstenströmungen der
Karasee
Die atlantischen Wassermassen des Westspitzbergenstromes folgen nach ihrem Eindringen in
die Arktis dem sibirischen Schelfabhang ostwärts. Sie werden im östlichen Eurasischen
Becken durch Polares Oberflächenwasser und Haloklinenwasser überschichtet (Rudels et al.,
1996). Ersteres wird durch Schmelzwasser und die starken Flußwassereinträge von den
Schelfen gebildet. Die eingedrungenen Wassermassen bilden den Kern der Atlantischen
Schicht des Arktischen Ozeans, die zwischen 200 - 1000m Tiefe in allen Becken des
Arktischen Ozeans zu finden ist. Sie zirkuliert in mehreren zyklonalen Schleifen entlang der
Rückensysteme und des Schelfabhanges im Kanadischen und im Eurasischen Becken und
verläßt den Arktischen Ozean durch die Framstraße (Rudels et al., 1994). Ein zweiter Zweig
atlantischen Wassers gelangt über den Barentsschelf zusammen mit salzarmem Wasser aus
dem Norwegischen Küstenstrom in die Arktis. Hier unterliegt er starken Wärmeverlusten,
Eisbildung und -schmelze, vertikaler Vermischung und Süßwasserzufuhr von den
Kontinenten. Dies führt zur Bildung von dichten Wasserkörpern, die über dem „Sankt Anna
Trog“ zwischen Franz-Josef-Land und Svernaja Semlja in die mittleren und großen Tiefen des
Eurasischen Beckens absinken, ganz entsprechend ihrer jeweils gewonnenen Dichte (Rudels,
1995). Hier stoßen sie auf den durch die Framstraße eingedrungenen Zweig Atlantischen
Wassers. Schauer et al. (1997) schlußfolgern, daß auf diese Weise zumeist nur Wasser
gebildet wird, welches die mittleren Tiefen des Arktischen Ozeanes erreicht. Sehr dichtes
22
Wasser, welches die Wassertiefen unterhalb der Atlantischen Schicht erreichen könnte, werde
nur in wenigen kleinen Gebieten gebildet.
I.2 Die arktischen Schelfmeere
Die wesentlichen Zirkulationsmuster der eurasischen Schelfmeere sind trotz der teilweise
schlechten Datenlage recht gut bekannt. Eine vereinfachte Darstellung der
Oberflächenzirkulation ist in Abb. 1.3 zu sehen. Die gemeinsame Betrachtung von Barentsund Karasee macht deutlich, daß die beiden Schelfgebiete vor allem bezüglich der
Wechselwirkung Eis-Ozean differenziert gesehen werden müssen.
Abb. 1.3 : Schematische Oberflächenzirkulation der Arktischen Schelfmeere Barentssee und
Karasee.
I.2.1 Die Barentssee
Der Schelfsockel der Barentssee weist einige tiefe Einschnitte wie den Bäreninselgraben und
den Svyataya Anna Trog auf, in denen Tiefen von mehr als 400 m vorkommen. Flache
Schelfgebiete, mit weniger als 200 m Tiefe, sind nur in der Nähe der Landmassen oder in
Form einiger Plateaus zu finden (Zentral Bank, Svalbard Bank und Storbank). Durch diese
topographische Struktur gibt es Verbindungswege zwischen der Norwegischen See und dem
Arktischen Ozean, die trotz des vorhandenen Schelfsockels deutlich tiefer als 200 m sind.
Diese Tatsache ist für die Ausbreitung von atlantischen Wassermassen im Arktischen Ozean
von erheblicher Bedeutung.
23
Die Barentssee unterliegt einem starken, ganzjährig vorhandenen, nordatlantischen Einfluß,
wodurch Zirkulation und Hydrographie, saisonal gesehen, relativ stabil bleiben. Die
Durchströmung von warmen und salzreichen Wassermassen nordatlantischen Ursprungs läßt
die Barentssee auch im Winter nie vollständig zufrieren (Loeng, 1991). In eisfreien Gebieten
bewirkt die Anwesenheit von relativ warmem Wasser bei gleichzeitig sehr geringen
Lufttemperaturen großflächig sehr hohe Wärmeverluste (Harms, 1994; Harms, 1997a). Bei
fortschreitender Kühlung führt die einsetzende Eisbildung und das Austreten von Salzlake
während des Gefriervorgangs schließlich zu haliner Konvektion. Durch diese Umformung
werden Wassermassen nordatlantischen Ursprungs von der Oberfläche in die Tiefe gebracht
und verlassen die Schelfgebiete als salzreiches Bodenwasser (Blindheim, 1987; Midttun,
1985; Quadfasel et al., 1988; Schauer, 1995). Die direkte Frischwasserzufuhr ist gering und
beschränkt sich hauptsächlich auf Schmelzwasserabfluß vom skandinavischen und russischen
Festland, von Spitzbergen und von Novaya Semlya. Ein direkter Flußeintrag findet nur durch
den Fluß Pechora (129 km3/Jahr Frischwasserabfluß) statt. Indirekt gelangt Frischwasser bzw.
salzärmeres Wasser durch den Norwegischen Küstenstrom und über das Weiße Meer in die
Barentssee. Die Gezeiten spielen für die Transportvorgänge in der Barentssee eine
untergeordnete Rolle.
I.2.2 Die Karasee
Da die Karasee lange Zeit das Hauptversenkungsgebiet für russischen Atommüll darstellte,
wird dieses Seegebiet etwas ausführlicher beschrieben.
I.2.2.1 Bathymetrie
Die Karasee ist durch die Halbinsel Novaya Semlya von der Barentssee getrennt und daher
nur sehr schwach dem nordatlantischen Einfluß ausgesetzt. Sie ist deutlich flacher als die
Barentssee, hat einen wesentlich geringeren advektiven Wärmeimport und friert im Winter
vollständig zu. Eine topographische Besonderheit ist ein tiefer Graben östlich von Novaya
Semlya. Hier werden maximale Tiefen von 400 m in der ansonsten sehr flachen Karasee
erreicht. Der Graben ist nördlich durch einen Sill vom Svyataya (St.) Anna Trog und damit
von einer Verbindung zum Arktischen Ozean getrennt.
I.2.2.2 Eisbildung
Die Karasee ist im Winter vollständig eisbedeckt und im Sommer zu großen Teilen eisfrei.
Lediglich im Nordosten und in der zentralen Karasee können auch im Sommer Eisreste
verbleiben. Im allgemeinen ist mehrjähriges Eis aber selten anzutreffen. Die mittleren
Eisdicken liegen im Winter bei 180 - 240 cm. Die Eisdrift bewegt sich überwiegend aus der
Karasee heraus in Richtung Arktischer Ozean. Die Karasee ist mit 150 km3/Jahr Eistransport
in den Arktischen Ozean die zweitgrößte Eisexportregion nach der Laptevsee (Pavlov,
Kulakov and Stanovoy, 1993).
Eine Besonderheit der Eisbildung in der Karasee sind häufig auftretende, offene
Wasserflächen, sog. ‘Polynyas’ oder ‘flaw leads’ im Übergangsbereich zwischen Festeis und
Drifteis (Dethleff, 1995). Treten diese offenen Flächen im Winter auf, fehlt die isolierende
Eisschicht und das Meer ist an dieser Stelle einer intensiven Kühlung durch die Atmosphäre
ausgesetzt. Die Folgen für den Ozean sind hohe Wärmeverluste und eine damit verbundene
starke thermodynamische Eisbildung. Eine nennenswerte Produktion von Bodenwasser ist aus
der Karasee aber nicht bekannt (Pavlov und Pfirman, 1995).
24
I.2.2.3 Flußeintrag, Temperatur und Salzgehalt
Hydrographie und Zirkulation sind saisonal schwankend, bedingt durch das jahreszeitliche
Windfeld und den sehr bedeutenden Frischwassereintrag (Harms und Karcher, 1998a). Die
Karasee stellt das Mündungsgebiet der sibirischen Flüsse Ob und Yenisei dar, die zusammen
ein Einzugsgebiet von 5.5 Mio km2 aufweisen. Der jährliche Flußwassereintrag beträgt 1290
km3, etwa 55 % des gesamten Frischwassereintrages in die Arktis. Mehr als 80% der
Abflußmenge von Ob und Yenisey gelangen in den Monaten Juni bis September in die
Karasee (Pavlov and Pfirman, 1995). Die maximalen Abflußraten des Yenisei im Frühjahr
liegen in extrem trockenen Jahren bei etwa 60.000 m3/s. In extrem feuchten Jahren können
sich die Abflußraten dagegen auf über 130.000 m3/s verdoppeln.
Die Temperatur- und Salzgehaltsverteilungen in der Kara See zeigen eine ausgeprägte saisonale Variation. Die Wintersituation ist durch hohe Salzgehalte an der Oberfläche gekennzeichnet, die Oberflächentemperaturen liegen am Gefrierpunkt und die See ist vollständig mit
Eis bedeckt. Die Vertikalverteilung von Temperatur und Salzgehalt ist nahezu homogen, woduch eine Schichtung nur schwach bis gar nicht vorhanden ist. Im Sommer sind die Salzgehalte an der Oberfläche wesentlich geringer durch Schmelzprozesse und den starken Frischwassereintrag aus den Flüssen. Die Oberflächentemperaturen in der südlichen Kara See steigen auf bis zu 8° C und das Eis ist weitgehend abgeschmolzen. Das warme, salzarme Oberflächenwasser bildet eine leichte Deckschicht, was zu einer starken vertikalen Schichtung
führt (Milligan, 1969) (Pavlov, Kulakov and Stanovoy, 1993), (Pavlov and Pfirman, 1995).
I.2.2.4 Die Strömungsverhältnisse
In der Karastraße, der Verbindung zur Barentssee, dominiert ein ostwärts gerichteter
Oberflächenstrom von der Barentssee in die Karasee. Allerdings kann es in den
Sommermonaten auch zu einer leicht westwärts gerichteten Strömung kommen. Generell ist
der Einstrom durch die Karastraße im Sommer schwächer und im Winter stärker ausgeprägt,
was in erster Linie die saisonale Schwankung des Windfeldes wiederspiegelt. Aber auch die
saisonale Varianz des Atlantik-Einstromes in die Barents See ist hierfür von Bedeutung.
Besonders starke Strömungen werden in den nordöstlichen Teilen, entlang der sibirischen
Küste beobachtet, die durch die hohen Flußeinträge bewirkt werden. Die Geschwindikeiten
des frischwasserinduzierten Küstenstromes betragen im Sommer mehr als 80 cm/s mit einer
starken topographischen Führung. Im Winter ist die Strömung deutlich geringer, doch das
Frischwassersignal entlang der Küste bleibt stark genug, um zumindest einen mäßigen
nordostwärts gerichteten Küstenstrom anzutreiben.
Die südliche und zentrale Kara See wird von einem breitgefächerten Durchfluß von Südwest
nach Nordost dominiert. Im Vergleich zu diesem beständigen und kräftigen
Strömungsregime, sind die Stromgeschwindigkeiten entlang der Ostküste von Novaya
Semlya, wo die Versenkungsgebiete liegen, generell schwächer (< 5 cm/s) und auch variabler.
Mit Hilfe der numerischen Zirkulationsmodelle wurde auch die Rolle der Gezeit (M2Partialtide) bezüglich der Transportvorgänge in der Karasee untersucht. Hierbei zeigte sich,
daß die M2-Partialtide hauptsächlich zur Vermischung (Diffusion) beiträgt. Gezeitenströme
von mehr als 10 cm/s wurden in den Flußästuarien, nördlich der Yamal-Halbinsel und entlang
der sibirischen Küste beobachtet. Dies läßt eine stärkere Diffusion erwarten. Die Restströme
dagegen, die den advektiven Transport von radioaktiven Substanzen beeinflussen könnten,
spielen für die Transportvorgänge in der Karasee eine untergeordnete Rolle.
25
26
II Radioaktivität im Wasser, Meereis und Sediment
Im folgenden werden zunächst die Quellen anthropogener Radioaktivität aufgelistet (II.1).
Die Reihenfolge stellt hierbei keine Rangordnung dar.
Bezüglich der Belastung arktischer und subarktischer Gewässer werden dann die innerhalb
des Projekts verwendeten Datensätze sowie die Probennahme und Analyse erläutert (II.2.). Im
dritten Abschnitt (II.3) folgt eine nach Seegebieten geordnete Beschreibung der derzeitigen
radioaktiven Belastung.
Die Angaben über Radioaktivität erfolgen generell in Bq (Becquerel = Zerfälle pro Sekunde).
Weiterhin werden verwendet PBq = PetaBecquerel = 1015 Becquerel und TBq = TeraBecquerel = 1012 Becquerel. Die Radionuklid-Konzentrationen werden in Bq/m3 Seewasser
bzw. in Bq/kg Sediment angegeben.
II.1 Quellen anthropogener Radioaktivität in der Arktis
Eine Reihe von früheren und auch heute noch bestehenden Quellen anthropogener
Radioaktivität belasten das Ökosystem der Arktischen Meere. Das dominierende Radionuklid
ist hierbei das 137Cs mit einer Halbwertszeit von 30 Jahren. Tabelle 1.1 gibt eine Übersicht der
wichtigsten Quellen und deren Beiträge.
II.1.1 Atmosphärischer 'fallout' aus oberirdischen Kernwaffenversuchen
Im Zusammenhang mit Radioaktivität wird als 'fallout' der Eintrag an Radioaktivität auf die
Erdoberfläche bezeichnet, der durch die oberirdischen Kernwaffenversuche zwischen 1955
und 1966 entstanden ist. Insgesamt wurden in dieser Zeit durch die Atommächte etwa 520
Atombombentests durchgeführt.
Der Eintrag des globalen 'fallout' stellt in der Arktis die größte Quelle für anthropogene
Radioaktivität dar. Die Gesamtmenge an Radioaktivität, die durch den 'fallout' direkt in die
arktischen Meere eingetragen wurde, beläuft sich zeitkorrigiert für das Jahr 1993 auf 4,2 PBq
an 90Sr und 6,7 PBq an 137Cs (Aarkrog, 1994). Das Aktivitätsverhältnis 137Cs/90Sr im Waffen'fallout' beträgt etwa 1,5. Zusätzlich müssen diesem Inventar noch etwa 1,5 PBq an 90Sr und
0,5 PBq an 137Cs durch Abschwämmung von den Landmassen hinzugerechnet werden. Zu
diesem direkt deponiertem 'fallout' in die Arktischen Meere kam noch ein erheblicher Anteil
hinzu, der durch den Wassermassentransport aus gemäßigteren Breiten mit höheren
Depositionen eingetragen wurde.
Die Kernwaffenversuche, die in der Arktis selbst durchgeführt wurden, fanden vornehmlich
auf der sibirischen Insel Novaya Zemlya durch die frühere UdSSR statt. Hier wurden von
1955 bis 1962 insgesamt 87 oberirdische Kernwaffenversuche durchgeführt. Aarkrog (1994)
schätzt den Anteil an lokalem 'fallout' in Barents und Kara See auf etwa 5 % der hier
freigesetzten Menge und damit auf etwa 20 PBq an 90Sr und 30 PBq 137Cs.
Die Aktivitätskonzentrationen an 137Cs, die aus dem 'fallout' resultieren, werden im
Oberflächenwasser der Meere auf der Nordhalbkugel gegenwärtig auf ein Niveau zwischen 2
27
und 3 Bq/m3 geschätzt. Diese Aktivitätskonzentrationen werden als überwiegend einheitlicher
„Hintergrund“ - Wert eingestuft. Zur Charakterisierung dieser Radioaktivitäts-Quelle kann
das Verhältnis der Nuklide 137Cs zu 90Sr herangezogen werden, das einen Wert von ca. 1,5
aufweist (UNSCEAR, 1982).
II.1.2 Der Tschernobyl-Unfall
Durch den Kernreaktor-Unfall in Tschernobyl im April 1986 wurden schätzungsweise 100
PBq an 137Cs in die Atmosphäre freigesetzt. Der 'fallout' an Radioaktivität beschränkte sich
überwiegend auf die Nordhalbkugel. In die Arktis (zwischen 70° und 90° nördlicher Breite)
wurden schätzungsweise 1 PBq Radioaktivität an direktem 'fallout' eingebracht. Durch
Meeresströmungen wurden schätzungsweise weitere 5 PBq aus der Ostsee sowie der Nordsee
durch den Nordatlantischen Küstenstromes in die Arktis transportiert (MacDonald and
Bewers, 1996).
Die Kontamination aus der Tschernobyl-Katastrophe ist unter anderem durch ein
charakteristisches Verhältnis von 134Cs zu 137Cs nachzuweisen, das im Mai 1986 0,54 betrug.
Dieses Verhältnis nahm bis 1995 aufgrund der unterschiedlichen Halbwertszeiten auf einen
Wert von 0,05 ab.
II.1.3 Europäische Wiederaufbereitungsanlagen
Aus den nuklearen Wiederaufbereitungsanlagen (WAA) Sellafield (GB) und La Hague (F)
sind in der Vergangenheit und auch heute noch Einleitungen von radioaktiven Abfällen in die
Meere vorgenommen worden, die sich als Kontamination bis in die arktischen Gewässer
ausgewirkt haben. Der Ausbreitungsweg der Kontaminationen ist bei beiden Anlagen gleich.
Die Radioaktivität, die in die Nordsee gelangt (bei Sellafield aus der Irischen See um die
Nordspitze Schottlands herum, bei La Hague durch den Ärmelkanal), wird anschließend mit
dem Norwegischen Küstenstrom und mit Teilen des Nordatlantischen Stromes nordwärts in
die Arktis transportiert. Die Ausbreitung in die Barentssee und bis in die Karasee ist eindeutig
nachweisbar. In Hinsicht auf die Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme stellen die
Freisetzungen aus den WAA eine bedeutende Quelle dar, die nur noch durch den
Atomwaffen-'fallout' übertroffen wird.
Aus der Wiederaufbereitungsanlage in Sellafield wurden insbesondere seit Beginn der
siebziger bis Mitte der achtziger Jahre große Mengen radioaktiver Abwässer in die Irische See
geleitet. Das Maximum der Einleitung erfolgte in Sellafield 1975 mit 5,2 PBq an 137Cs und
0,47 PBq an 90Sr. Die gesamte freigesetzte Radioaktivität aus Sellafield summiert sich über
den historischen Freisetzungszeitraum zerfallkorrigiert für das Jahr 1992 auf 28 PBq für
137
Cs und 4,1 PBq für 90Sr (Kershaw and Baxter, 1995). Davon sind schätzungsweise 14 PBq
in die arktischen Regionen exportiert worden (Aarkrog, 1994).
Seit 1975 wurden die Freisetzungen von 137Cs aus Sellafield durch den Druck der
Öffentlichkeit kontinuierlich reduziert und liegen heute in der Größenordnung von 10 TBq
pro Jahr (MacDonald and Bewers, 1996). Ein weiterer Grund für den Rückgang ist, daß die
Zusammensetzung der radioaktiven Ableitungen stark verändert wurde und 137Cs heute nicht
mehr zu den dominierenden Radionukliden gehört.
28
Auch die französische Wiederaufbereitungsanlage La Hague an der Kanalküste entsorgte und
entsorgt ihre schwach-radioaktiven Abwässer im Ärmelkanal. Dies geschah früher allerdings
in erheblich geringerer Menge als bei Sellafield. Die Einleitungen lagen immer um
mindestens eine Größenordnung niedriger als die aus Sellafield und summieren sich,
zerfallskorrigiert auf das Jahr 1985, auf 0,76 PBq an 137Cs. Langjährige Meßrogramme in den
betroffenen Meeresgebieten bis in den Arktischen Ozean zeigen, daß die Hauptquelle der
radioaktiven Kontamination die Anlage Sellafield mit ihren Einleitungen hauptsächlich in den
siebziger Jahren war (MacDonald and Bewers, 1996).
Zur Feststellung der Quellen für Kontaminationen können Aktivitätsverhältnisse der
verschiedenen Radionuklide herangezogen werden. Das typische Verhältnis früherer SellafieldEinleitungen für 137Cs/90Sr lag vor 1985 über 5,9 und im Jahre 1976 sogar bei 11,3. Während
der Jahre 1989 bis 1992 lag dieses Verhältnis ebenfalls deutlich über 3,0 (OSPARCOM, 1997;
MAFF, 1995). Das Verhältnis im Kernwaffen-'fallout' liegt in den offenen Ozeanen dagegen bei
1,5 (siehe oben). Das Aktivitätsverhältnis 137Cs/90Sr lag bei den Einleitungen aus La Hague
früher unter 0,8 und meistens sogar unter 0,2.
Das kumulative Aktivitätsverhältnis von 238Pu/239,240Pu für Sellafield wird von Pentreath, 1986
auf 0,17 in der Mitte der Achtziger Jahre beziffert. Dieser Wert wird durch frühere
Messungen des BSH in Wasserproben um Schottland bestätigt. Das 'fallout'-Verhältnis wird
mit etwa 0,04 angegeben (UNSCEAR, 1982).
II.1.4 Das Atom-U-Boot „Komsomolets“
Im April 1989 sank in der Norwegischen See das nuklear getriebene und mit zwei
Nukleartorpedos bestückte U-Boot „Komsomolets“. Es liegt in etwa 1700 Metern Tiefe südwestlich der Bäreninsel auf der Position 73°43,4’N 13°15,8’E.
Das radioaktive Inventar des Reaktors wird auf etwa 1,5 PBq 90Sr und 2,0 PBq 137Cs geschätzt.
Die beiden Torpedos mit Nuklearsprengköpfen enthalten etwa 6,9 kg 239Pu, das entspricht 16
TBq (Yablokov et al., 1993; Joint Norwegian-Russian Expert Group, 1996; Høibråten et al.,
1997).
II.1.5 Versenkung radioaktiver Abfälle in Kara-und Barentsee
Vor einigen Jahren wurde bekannt, daß die ehemalige Sowjetunion ab etwa 1959 große
Mengen fester und flüssiger radioaktiver Abfälle in der Arktis, vor allem in der Karasee
versenkt hat (Yablokov et al., 1993). Hierzu zählten neben Behältern und Containern mit
schwach radioaktiven Abfällen auch ganze Atomreaktoren, teilweise mit dem dazugehörigen
Kernbrennstoff. Bei den versenkten Objekten handelt es sich im wesentlichen um 17
atomgetriebene Schiffsreaktoren, wovon 7 den Kernbrennstoff noch in sich tragen. Die
Hauptversenkungsgebiete sind drei Buchten entlang der Ostküste Novaya Semlyas
(Abrosimov Bucht, Stepovogo Bucht und Tzivolky Bucht) sowie der Novaya Semlya Graben
mit einer maximalen Tiefe von 420 m (siehe dazu auch Abb. 1.1, 2.1, 2.2 u. 2.3)
Das radioaktive Gesamtinventar betrug zum Zeitpunkt der Versenkungen etwa 37 PBq. Es ist
aufgrund der radioaktiven Zerfallsraten derzeit (1994) auf ca. 4.7 PBq gesunken. Die
wesentlichen Bestandteile sind 90Sr, 137Cs, 63Ni, und 241Pu. Die Menge an 137Cs wird mit etwa
1 PBq (zerfallskorrigiert auf 1994) beziffert (IAEA, 1997). Bis heute wurden in der Kara See
29
keinerlei Hinweise einer signifikanten Freisetzung von Radioaktivität aus den versenkten
Objekten beobachtet (Salbu et al., 1997). In einigen Sedimentproben aus unmittelbarer Nähe
von versenkten Objekten wurden dennoch erhöhte Radioaktivitätswerte gemessen, die auf
geringfügige Leckagen schließen lassen (Joint Norwegian Russian Expert Group, 1996).
II.1.6 Die nukleare Nordmeerflotte Rußlands
Der größte Teil der russischen Nuklearflotte, die überwiegend aus Atom-U-Booten besteht, ist
in der Umgebung von Murmansk stationiert. Im Jahr 1996 waren hier schätzungsweise 67
Atom-U-Boote im Einsatz und eine Anzahl weiterer Atom-U-Boote außer Betrieb. Hinzu
kommt eine große Anzahl von strategischen Atomraketen, die im Rahmen des START-IIAbrüstungsabkommens bis zum Jahr 2003 auf eine Anzahl von 1750 reduziert wird (Nilsen et
al., 1996). Das Gebiet um Murmank besteht aus einer Reihe von Fjorden, in denen die Flotte
auf Werften und Anlegestellen verteilt ist.
Die Verklappung flüssiger radioaktiver Abfälle in die Barentssee aus der U-Boot-Basis besteht
überwiegend aus schwach radioaktiven Abfällen. Die bis in jüngste Zeit eingebrachten Abfälle
werden hier im Meerwasser schnell auf unschädliche Konzentrationen verdünnt und konnten
bisher meßtechnisch nicht nachgewiesen werden.
II.1. 7 Weitere Quellen für Radioaktivität in der Arktis
Neben der Versenkung von Radioaktivität in der Karasee und der stationierten russischen
Nuklearflotte bei Murmansk gibt es noch andere Quellen für Radioaktivität in der Arktis.
Insbesondere ist der Eintag radioaktiver Substanzen aus den russischen Nuklearkomplexen
durch die Flußsysteme des Ob und Yenisey in die Karasee zu nennen.
Die erste Kontamination der arktischen Meeresgebiete erfolgte vermutlich in den Jahren 1949
bis 1951, als infolge der Nuklearwaffenproduktion bei Chelyabinsk etwa 100 PBq radioaktive
Abwässer in das Flußsystem Techa - Iset - Tobol - Irtysh - Ob geleitet wurden, wobei 90Sr
etwa 11,6 % und 137Cs etwa 12,2 % der Aktivität ausmachte (Aarkrog, 1994). Der Eintrag
beider Radionuklide wurde mit etwa 0,8 PBq auf 1993 zerfallskorrigiert geschätzt. Daher ist
diese Quelle in Hinsicht auf die gegenwärtige Situation von geringerer Wichtigkeit.
Trotzdem ist die Dichte von Nuklearanlagen und die große Menge von Radioaktivität, die in
der Arktischen Region konzentriert ist, beachtenswert und birgt potentielle Risiken für die
Umwelt und den Menschen. Daher liegt ein internationales Augenmerk auch auf dem
zukünftigen Freisetzungspotential und der Möglichkeit von radiologischen Konsequenzen aus
diesen Quellen.
30
II.2 Daten
II.2.1 FS „GAUSS“-Reise Nr. 261 vom 15. Juni bis 27. Juli 1995
des BSH
Das BSH unternahm im Rahmen des Projektes in der Zeit vom 15. Juni bis 27. Juli 1995 eine
Forschungsreise mit dem Forschungsschiff „GAUSS“. Diese Reise führte in die Nordsee,
Norwegische See, Barentssee und in die Grönlandsee. Während der Seereise wurden 97
Stationen angelaufen, an denen Seewasser- und Sedimentproben genommen wurden.
Insgesamt wurden 254 Wasserproben an allen 97 Stationen und 171 Sedimentproben an 20
Stationen entnommen.
An allen Stationen wurden Proben von Oberflächenwasser entweder mit dem schiffseigenen
Pumpensystem oder mit einem Kranzwasserschöpfer entnommen. Der Kranzwasserschöpfer
besteht aus einem Kranz von zwölf Niskin-Einzelschöpfern, die jeweils 30 Liter Volumen
haben und von Bord des Schiffes aus einzeln elektronisch ausgelöst (verschlossen) werden
können. Dieser Kranzwasserschöpfer wurde für Wassertiefen bis 500 m bevorzugt, in denen
aufgrund höherer Aktivitätskonzentrationen geringere Probenvolumina ausreichten. In der
Regel wurde für eine Wasserprobe der gewonnene Inhalt von vier Einzelschöpfern zu einer
Probe zusammengeführt.
Für große Wassertiefen wurden außerdem eine Anzahl von Einzelschöpfern mit einem
Einzelvolumen von bis zu 500 Litern genutzt. Diese Einzelschöpfer wurden an einem
Seriendraht bis in große Wassertiefen von über 3000 Metern gefahren und mit einem
Fallgewicht ausgelöst. Da die Aktivitätskonzentration künstlicher Radionuklide in großen
Wassertiefen sehr gering ist, wurden zur Gewinnung von Daten mit ausreichender
Genauigkeit Proben mit derart großen Volumina benötigt.
Mit dieser Ausrüstung konnten an diversen Stationen Wasserprofile in engen Tiefenschritten
beprobt werden. Pro Station konnten maximal elf Tiefen beprobt werden. Die Wassertiefen
wurden dabei einheitlich auf folgende Tiefen festgelegt: Oberfläche, 50 m, 100 m, 250 m, 500
m, 750 m, 1000 m, 1250 m, 1500 m, 2000 m, bodennah (bis zu 3280 m). Dieser große
Beprobungsumfang erlaubt eine Beurteilung der Konzentrationen repräsentativ in den
angefahrenen Meeresgebieten in allen Tiefenbereichen. Die Wasserproben wurden an Bord
aufbereitet und später im Labor auf 137Cs und 134Cs, auf Transurane (238Pu, 239/240Pu und
241
Am, insgesamt 190 Proben), sowie teilweise auf 90Sr und 3H hin analysiert.
An 20 Stationen wurden mit einem großen Kastengreifer Sedimentkerne entnommen. Die
Sedimentkerne wurden an Bord des Schiffes in 2 cm dicke Schichten zerschnitten, um
gegebenenfalls den zeitlichen Eintrag zurückverfolgen zu können. Die Länge der Kerne
beträgt zwischen 14 und 20 cm. Diese Sedimente wurden auf 137Cs, 134Cs, 60Co, 241Am und
natürliche Radionuklide hin analysiert.
31
II.2.2 GEOMAR/MMBI-Expedition im April 1997 in die Karasee
Eine landgestützte Expedition des GEOMAR in Zusammenarbeit mit dem Murmansk Marine
Biological Institute (MMBI) im April 1997 führte direkt in die Karasee. Der Stützpunkt der
Expedition lag auf der Halbinsel Yugorskiy südlich der Insel Novaya Zemlya. Von dort aus
wurden Hubschrauberflüge auf das Eis sowie Eisbegehungen vom Land aus unternommen.
Für das Karaseeprojekt konnten acht Sedimentproben (Oberfläche 0 - 3 cm) und drei
Wasserproben (Wasseroberfläche) an acht durch Eisbegehungen erreichte Stationen
gewonnen werden. Die Positionen der Stationen lagen daher sehr nahe beieinander: die
westlichste Station lag bei 69°53,4’N 60°38,6’E und die östlichste bei 69°44,0’N 62°42,4’E.
Die Sedimentproben wurden auf alle gamma-spektrometrisch erfaßbaren Nuklide untersucht.
Die Wasserproben wurden ausschließlich auf 137Cs hin untersucht, da der Probenumfang und
die Ausrüstung für die notwendige Aufbereitung für andere Radionuklide den Umfang der
geologischen Expedition gesprengt hätte.
II.2.3 Proben vom Atom-U-Boot-Wrack „Komsomolets“
Die Verbindungen zu russischen Wissenschaftlern am V. G. Khlopin Radium Institute, St.
Petersburg konnten genutzt werden, um Sedimentproben aus zahlreichen Expeditionen, die
von diesem Institut begleitet wurden, zu erhalten.
Aus der direkten Umgebung des Atom-U-Boot-Wracks „Komsomolets“ wurden 85 Sedimentproben aus den Jahren 1993, 1994 und 1995 analysiert. Diese Proben stammen von regelmäßigen Expeditionen des russischen Forschungsschiffes „KELDYSH“, das mit zwei
spezialisierten Tauch-U-Booten ausgerüstet ist, mit denen in den großen Wassertiefen (1684
m) unter anderem diese Proben entnommen wurden.
II.2.4 Proben aus arktischen Gewässern
Als Indikator für Umweltverschmutzungen werden häufig Sedimentproben herangezogen.
Daher wurden im Verlaufe des Forschungsprojektes eine große Anzahl von
Oberflächensedimenten aus der Kara See von russischen Instituten beschafft, um diese auf
Gammastrahler hin zu untersuchen.
Das V.G.Khlopin Radium Institute, St. Petersburg, und das MMBI, Murmansk, stellten
insgesamt 38 Sedimentproben (0 - 3 cm Oberfläche) aus der Karasee aus den Jahren 1993 und
1994 zur Verfügung. Die 38 Entnahmeorte sind statistisch gut über das Seegebiet verteilt, so
daß ein umfassendes Gesamtbild erstellt werden kann.
Das MMBI lieferte darüber hinaus Sediment- und Wasserproben aus den Fjorden in der
direkten Umgebung der russischen Stadt Murmansk. Die Militärbasen der Atomflotte sind in
diesem Fjordsystem verteilt. Es handelt sich bei den im Jahr 1996 gewonnenen Proben um
fünf Sedimente (0 - 3 cm Oberfläche) aus fünf Fjorden sowie drei Wasserproben von drei
Stationen. Aus diesen Proben kann die radioaktive Belastung des Gebietes mit allen wichtigen
Standorten beurteilt werden.
32
II.3 Die aktuelle radioaktive Belastung
II.3.1 Nordsee
Die Wasserproben, die in der Nordsee während der Reise mit dem FS „GAUSS“ in 1995
gewonnen wurden, zeigten eine Aktivität im Bereich zwischen 2,5 und 25,5 Bq/m3 für 137Cs.
In der flachen Nordsee (Wassertiefen um 40 Meter) wurden keine Wasserprofile beprobt,
sondern ausschließlich Oberflächenwasser analysiert, da kaum ein vertikaler
Konzentrationsgradient existiert.
Die Hauptquelle für Radioaktivität in der Nordsee ist der Auslaß der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield (UK). Die Anlage liegt an der Küste der Irischen See, aus welcher
das kontaminierte Wasser im Wesentlichen um die Nordspitze Schottlands herum in die
Nordsee strömt. Hinzu kommen Freisetzungen von Radioaktivität durch die
Wiederaufbereitungsanlage La Hague in Frankreich, von wo aus das Meerwasser durch den
Kanal in die Nordsee einfließt und sich dort mit den Kontaminationen von Sellafield mischt.
Diese Kontaminationen spiegeln sich deutlich in den Probenergebnissen wieder (Abb. 1.4).
Die maximale Aktivität, die aus dem Auslaß von Sellafield resultiert, findet sich nahe der
Orkney Inseln mit einem Wert von 13,1 Bq/m3 an 137Cs. Der Strom durch die Nordsee entlang
der britischen, französischen und schließlich friesischen Küste bewirkt eine Verdünnung und
somit Abnahme der Radioaktivität. Die Kontamination nimmt entlang dieses
Verbreitungsweges auf Werte nahe 6 Bq/m3 am Skagerrak ab. In den vergangenen Jahren
wurden die Einleitungen aus Sellafield und La Hague signifikant abgesenkt. Zu Zeiten
maximaler Freisetzungen wurden Radioaktivitätswerte gemessen, die um ein Vielfaches
höher lagen. Im Jahr 1978 wurden durch das DHI/BSH in der Nordsee Aktivitäten von über
400 Bq/m3 nahe der schottischen Küste ermittelt.
Die Konzentrationen in der Region des Skagerrak sind durch den Ausstrom von Wasser aus
der Ostsee erhöht; hier wurden Werte bis zu 25,5 Bq/m3 gemessen. In der Ostsee ist die durch
die Tschernobyl-Katastrophe verteilte Radioaktivität die dominierende Quelle. Den Ursprung
der Radioaktivität aus Tschernobyl läßt sich durch die gemessenen 134Cs - Aktivitäten
überprüfen: das Aktivitätsverhältnis 134Cs/137Cs lag zwischen 0,024 und 0,040; der
theoretische Wert lag 1995 bei einem Verhältnis von 0,05. Der Einfluß von Tschernobylkontaminiertem Seewasser ist lediglich regional, bereits vor der Norwegischen Küste läßt sich
durch das Verhältnis von 137Cs zu 90Sr (Abb. 1.5) die eindeutige Herkunft der Radioaktivität
aus Sellafield nachweisen.
Im Skagerrak wurde außerdem ein Sedimentkern von 20 cm Länge genommen. Die höchste
Aktivitätskonzentrationen mit 31,4 Bq/kg für 137Cs zeigte sich hier in der Schicht von 10 - 12
cm, während in den oberen zwei Zentimetern mit 14,3 Bq/kg eine geringere Aktivität
gemessen wurde (Abb. 1.6). In den Schichten unter 12 cm nimmt die Aktivität dann wieder
ab. Diese Verteilung spiegelt im wesentlichen die zeitlichen Änderungen der Einleitungen
von Sellafield wieder, die 1975 ihr Maximum hatten und heute wesentlich geringer sind.
Durch die vergleichsweise hohe Sedimentationsrate baute sich hier eine sehr aussagefähige
Schichtung auf. In den oberen 6 Zentimetern wurde außerdem 60Co nachgewiesen (0 - 2 cm:
1,9 Bq/kg), das vermutlich aus den ehemaligen Einleitungen dieses Nuklids aus der Anlage
La Hague oder dem ehemaligen Schwerwasserreaktor in Winfrith (UK) stammt. Andere
bedeutende Quellen in Einzugsbereich der Nordsee sind nicht bekannt.
33
Abb. 1.4:
1995.
137
Cs [Bq/m3] im Oberflächenwasser. FS Gauss-Reise 261; 15. Juni bis 27. Juli
Abb. 1.5: Aktivitätsverhältnisse von 137Cs/90Sr (rot) und Aktivitätskonzentration von Tritium
(grün) [kBq/m3] im Oberflächenwasser. FS Gauss-Reise 261.
34
Abb. 1.6: Vertikalprofile (2 cm Schichten) von 137Cs [Bq/kg] im Sediment. FS 'Gauss'-Reise
261.
II.3.2 Europäisches Nordmeer und Barentssee
Durch die globale Verteilung von Radioaktivität durch den Kernwaffen-'fallout' liegt heute in
den Meeren der nördlichen Welthalbkugel eine Aktivitätskonzentration vor, die
gewissermaßen wie eine „Hintergrund“ - Aktivität erscheint (siehe oben). Diese Aktivität
liegt derzeit etwa zwischen 2 und 2,5 Bq/m3 an 137Cs. Dies ergaben Messungen des BSH im
Jahre 1997 im Wasser des Nordostatlantiks.
Die während des Sommers 1995 ermittelten Aktivitätskonzentrationen von 137Cs geben keinen
Hinweis mehr auf die hohen Einleitungen von Sellafield vor 1985. Es gibt auch keine
Anzeichen auf weitverteilte Kontaminationen aus irgendwelchen lokalen Quellen, wie z. B.
dem versenkten Atommüll in den Aktischen Schelfmeeren. Die gemessenen Werte waren
signifikant niedriger als die von Wedekind et al. (1997) aus dem Jahre 1985.
Die Aktivitätskonzentrationen von 137Cs im Oberflächenwasser der Grönlandsee und der
Norwegischen See waren durchgängig niedrig (2,2 - 4,9 Bq/m3, Abb. 1.7 und 1.8). Die Werte
in den Tiefenbecken nahmen in den tieferen Schichten unter 1000 Metern stark ab (2,5 - 0,8
Bq/m3).
35
Abb. 1.7: Vertikalprofile von 137Cs [Bq/m3] im Meerwasser der nördlichen Nordsee und der
Norwegischen See. FS 'Gauss'-Reise 261.
Die ermittelten Aktiviäten im zentralen Teil des Europäischen Nordmeeres lagen im
Oberflächenwasser erwartungsgemäß sogar nur bei 2,3 bis 2,8 Bq/m3 von 137Cs (6 Stationen,
Abb. 1.8). Das an zwei Stationen ermittelte Aktivitätsverhältnis 137Cs/90Sr lag dabei mit 1,7 und
1,8 unter dem Wert von 2. Aus diesen Werten läßt sich der Schluß ziehen, daß in diesem Teil
des Beobachtungsgebietes keine Kontaminationen außer der Belastung aus dem Kernwaffen'fallout' mehr vorliegen. Die Profile an diesen Stationen zeigten bis zu einer Tiefe von etwa 750
bis 1000 Metern eine gute Durchmischung. Mit zunehmender Tiefe nehmen dann die
Aktivitäten deutlich ab (Abb. 1.8). An einer Station im Lofoten-Becken (70°00,0’N 01°00,0’E)
wurde an der Oberfläche ein Wert von 2,7 Bq/m3, in 750 Metern Tiefe 3,0 und in 1000 Metern
Tiefe 2,4 gemessen. Bodennah (3280 m) lag die Aktivität bei 0,9 Bq/m3. Messungen, die zehn
Jahre früher (1985) ebenfalls im Lofoten-Becken vorgenommen wurden, zeigten eine stärkere
Belastung der Region durch die Sellafield-Einträge und ein deutlich weniger durchmischtes
Profil: Oberfläche 6,1 Bq/m3, kontinuierliche Abnahme der Aktivität mit der Tiefe und
bodennah nur 0,4 Bq/m3 (Wedekind et al. , 1997).
36
Abb. 1.8: Vertikalprofile von 137Cs [Bq/m3] im Meerwasser der Grönlandsee. FS 'Gauss'Reise 261.
Die Vergleiche einiger ausgewählter Profile von 137Cs von 1995 mit denen von 1985 im BoreasBecken, im Grönland-Becken und im Lofotenbecken sind in der Abbildung 1.14 dargestellt.
Auffällig ist in allen drei Gebieten, daß die Aktivitäten in den Oberen Horizonten durch die Abnahme der Einleitungen stark zurückgegangen sind und in den unteren Horizonten durch Konvektion auf ein höheres Niveau gestiegen sind als zehn Jahre zuvor. Der starke Gradient auf
niedrigere Werte mit zunehmender Tiefe hat sich in dem Zeitraum deutlich abgeschwächt.
Die Wasserproben nahe der Norwegischen Küste zeigten hingegen gegenüber dem
Hintergrund-'fallout'-Niveau leicht erhöhte 137Cs-Werte, die in nördlicher Richtung
entsprechend dem Wassermassen-Transport im Verlauf des norwegischen Küstenstromes
abnahmen (9,6 - 3,8 Bq/m3, Abb. 1.7). Die Quellen für diese Aktivitäten sind die Ableitungen
aus Sellafield und - in geringerem Maße - kontaminiertes Seewasser aus der Ostsee. Dieses
läßt sich aus dem Aktivitätsverhältnis von 137Cs/90Sr entlang der Norwegischen Küste
erkennen, das zwischen 2,1 und 2,3 lag.
In der zentralen Barents See lagen die ermittelten Aktivitäten auf dem Niveau des erwarteten
Hintergrundes oder sehr geringfügig darüber (2,1 - 3,8 Bq/m3 an 137Cs, Abb. 1.9). Dabei traten
im vertikalen Verlauf des Profiles (maximale Beprobungstiefe der nicht so tiefen Barents See
war 350 m) keine signifikanten Unterschiede auf. Etwas höhere Werte (4,2 - 4,5 Bq/m3) wurden
in der Barents See im Oberflächenwasser des Norwegischen Küstenstromes gemessen. Diese
Beprobungsorte lagen etwas nördlich von Nordnorwegen und in der Nähe der Kola Halbinsel.
Diese gegenüber dem 'fallout'-Wert leicht erhöhten Werte sind auf die Freisetzungen aus
Sellafield zurückzuführen, wie die Aktiviätsverhältnisse 137Cs/90Sr um 2,2 zeigen. Im Vergleich
37
zu früheren Daten ist das Signal von Sellafield auch in diesem Seegebiet deutlich
zurückgegangen (Kershaw et al., 1997; Guegueniat et al., 1997).
Abb. 1.9: Vertikalprofile von 137Cs [Bq/m3] im Meerwasser der Barentssee. FS 'Gauss'-Reise
261.
In der westlichen Grönland See, nahe der Treibeisgrenze im Juli / August 1995, lagen die
Werte zwischen 3,5 und 4,9 Bq/m3 an 137Cs, also ebenfalls gegenüber dem 'fallout'-Hintergrund
geringfügig erhöht. Die hier ermittelten 137Cs/90Sr - Aktivitätsverhältnisse lagen über 2,3 und
lassen somit vermuten, daß hier Rückströmungen aus nördlicher Richtung mit Kontaminationen
aus früheren Sellafield-Einleitungen stattfinden.
Die Probenergebnisse der Transuran-Nuklide 238Pu, 239,240Pu und 241Am im Seewasser
spiegeln die Abnahme der Aktivitäten durch die Reduzierung der Einleitungen aus Sellafield
zwischen 1980 und 1990 ebenfalls deutlich wieder. Kontaminationen durch die Versenkungen
der früheren UdSSR oder aus der "Komsomolets" wurden nicht erkannt. Zur besseren Übersicht
über die Probenergebnisse für die Transuran-Nuklide wurde das Seegebiet in Boxen eingeteilt,
die in der Abbildung 1.10 dargestellt sind (Herrmann et al., 1998). Für diese Nuklide liegen
Ergebnisse aus insgesamt 190 Proben vor. Die mittlere Aktivitätskonzentration von 239,240Pu im
Oberflächenwasser betrug für das Gesamtgebiet 8,3 ± 0,7 mBq/m3 in einer Spanne von 3 bis 38
mBq/m3. Im Vergleich zu früheren Ergebnissen aus 1989 (Kershaw et al., 1997) und aus 1985
(Wedekind et al., 1997) sind diese Werte etwa um den Faktor 3 - 4 zurückgegangen.
38
Abb. 1.10: Stationsplan der FS 'Gauss'-Reise 261 mit Einteilung in Boxen
Abb. 1.11: Beispiele für Vertikalprofile von 239,240Pu-Aktivitätskonzentrationen [mBq/m3] im
Meerwasser der Norwegischen See und der Grönlandsee.
39
Im vertikalen Profil wurde allerdings ein signifikanter Anstieg der 239,240Pu - Konzentrationen in
tieferen Schichten gegenüber der Oberfläche beobachtet. In dem Seegebiet liegt die mittlere
Aktivitätskonzentration in der Schicht zwischen 100 und 750 Metern bei 14,2 ± 1,0 mBq/m3 in
einer Spanne von 6 - 46 mBq/m3. Diese Aktivitätsverteilung ist aus dem Nordatlantik bekannt,
wo höhere Aktivitäten in Schichten von 500 bis 1000 Metern gefunden werden und als 'fallout'Plutonium aus den oberirdischen Kernwaffenversuchen identifiziert werden können.
Die Abbildung 1.11 zeigt Beispiele für zwei Profile von 239,240Pu - Aktivitätskonzentrationen
aus der Norwegischen See und der Grönlandsee. Am auffälligsten ist hier die signifikante
Konzentrationsspitze in der Schicht von 100 bis 250 Metern Tiefe. Die Spitzenwerte liegen bei
46 mBq/m3 in einer Tiefe von 100 Metern in der Norwegischen See und 18 mBq/m3 in 250
Metern Tiefe in der Grönlandsee. An Stationen entlang der norwegischen Küste wurde auch ein
zweiter Peak mit Werten bis zu 26 mBq/m3 registriert, der in Tiefen von 1200 bis 1500 Metern
auftritt.
Da die Profile der oberen 500 Meter eine interessante Aktivitätsverteilung darzustellen
scheinen, wurden mittleren Konzentrationen in den Boxen (Abb. 1.10) für 238Pu, 239,240Pu und
241
Am an der Oberfläche, in 100m, 250m und 500m errechnet und in Abb. 1.12 dargestellt
(Herrmann et al., 1998). Die Abbildungen starten mit der Box 7 und zeigen die Verteilung im
Gegenuhrzeigersinn entlang dem Norwegischen Küstenstrom, dem West-Spitzbergen-Strom
und dem Ost-Grönland-Strom. Es zeigt sich als vorherrschende Tendenz, daß die
Aktivitätskonzentrationen entlang dieser Transportroute kontinuierlich abnahmen und somit
ebenfalls die Verteilung der Einleitungen aus der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield
wiederspiegeln. Diese Aussage wird durch die signifikante Abnahme des mittleren
Aktivitätsverhältnisses 238Pu/239,240Pu entlang dieses Verteilungsweges untermauert. Das
'fallout'-Verhältnis von 0,04 wird allerdings im gesamten Gebiet überschritten, mit Ausnahme
der 2000 Meter Schicht entlang der Grönländischen Küste, so daß der Schluß naheliegt, daß das
gesamte Gebiet mit Plutonium aus den Anlagen Sellafield und La Hague kontaminiert ist.
In nahezu allen Gebieten sind die mittleren Oberflächenkonzentrationen niedriger als die in der
Schicht zwischen 100 und 500 Metern Tiefe. Dies gilt besonders für das dominierende
Radionuklid 239,240Pu. Eine Ausnahme zu diesem Verteilungsmuster bilden die Boxen 13 und
14, wo die mittleren Oberflächenkonzentrationen von 241Am vergleichbar mit der in tieferen
Schichten sind. Da die Salinität im Oberflächenwasser hier auf Werte bis 32,1 PSU (Practical
Salinity Units) fällt, liegt die Vermutung nahe, daß das Abschmelzen großer Mengen an
Polareis die darin konservierten 'fallout'-Nuklide freisetzt und eine Erhöhung der Aktivitäten im
Oberflächenwasser bewirkt.
Die unterschiedliche vertikale Verteilung der Transurane in der Norwegischen See (Boxen 7 bis
9) und in der Grönlandsee (Boxen 12 bis 14) ist außergewöhnlich. In der Grönlandsee können
Konvektionsprozesse als Ursache für das Verteilungsmuster zugrunde gelegt werden. Der
Konzentrationspeak in der Norwegischen See in 1200 - 1500 Metern kann mit
Konvektionseffekten allerdings nicht erklärt werden. Unter der Annahme, daß in früheren
Jahren ein horizontaler Transport von Sellafield-kontaminatiertem Wasser in tiefere Schichten
der Grönlandsee stattgefunden hat, könnten Konvektionsereignisse und ein anschließender
horizontaler Transport mit Grönlandsee-Tiefenwasser diese relativ hohen Aktivitäten erklären.
Als ein anderer möglicher Weg kommt auch ein vertikaler, an Teilchen gebundener Transport
in Frage.
40
10
0m
100m
250m
500m
9
8
7
mBq/m3
238
Pu
6
5
4
3
2
1
0
7
8
9
10
11
12
13
14
15
30
0m
100m
250m
500m
25
239,240
Pu
mBq/m3
20
15
10
5
0
7
8
9
10
11
12
13
14
15
10
0m
100m
250m
500m
9
8
mBq/m3
7
241
Am
6
5
4
3
2
1
0
7
8
9
10
11
12
13
14
15
Abb. 1.12: Gemittelte Aktivitätskonzentrationen von Transuran-Nukliden [mBq/m3] im
Europäischen Nordmeer. Numerierung gemäß der Einteilung des Seegebietes in Boxen (s.
Abb. 1.10).
Das Tritium zeigt im europäischen Nordmeer und in der Barentssee eine weitgehend
homogene Verteilung (Abb. 1.5). Im Gegensatz zu den übrigen Nukliden stammt
anthropogenes 3H in den Weltmeeren überwiegend aus dem 'fallout' der oberirdischen
Kernwaffenversuche und nur zu einem kleineren Anteil aus Einleitungen der europäischen
Wiederaufbereitungsanlagen. Das Niveau ist gegenüber den Messungen aus 1985 (Wedekind et
al., 1997) deutlich zurückgegangen.
41
Für die Grönlandsee und das zentrale Europäische Nordmeer errechnet sich aus acht Proben ein
mittlerer Wert von 0,26 ± 0,04 kBq/m3 im Oberflächenwasser (0,20 bis 0,32 kBq/m3). Es kann
vorausgesetzt werden, daß sich dieses Niveau ausschließlich aus der Verteilung des
Kernwaffen-'fallout' ergeben hat.
Entlang der norwegischen Küste wurden höhere Werte, die in nördlicher Richtung sehr rasch
abnehmen, gemessen. Das Maximum liegt hier bei einem Wert von 1,38 kBq/m3 (Oberfläche)
in der südlichen Norwegischen See. Die Ursache liegt im Ausstrom aus der Ostsee, die 'fallout'Tritium über die Jahrzehnte konserviert hat, sowie in geringerem Maße in Einleitungen der
europäischen Wiederaufbereitungsanlagen.
In der Barentssee schließlich wurden an vier Stationen Werte zwischen 0,24 und 0,28 kBq/m3
ermittelt und liegen somit nahe dem ermittelten 'fallout'-Niveau.
Das im Gesamtgebiet ermittelte, im wesentlichen einheitliche Niveau zeigt aufgrund der
geringen Bandbreite der Aktivitätskonzentrationen keine dominante Abhängigkeit vom
Salzgehalt (Abb. 1.13). Dem Maximum von 1,38 kBq/m3 ist ein erwartungsgemäß geringerer
Salzgehalt zuzuordnen, da es durch ausströmendes Ostseewasser verursacht wurde, ansonsten
sind die Stationen mit geringeren Salzgehalten im Tritiumgehalt nicht erhöht.
Die Profile der Stationen 34 ("Komsomolets"), 58 (77°00,0’N 00°01,6’E, Grönland-Becken)
und 62 (70°00,2’N 15°03,5’E, Grönlandsee) zeigen eine kontinuierliche Abnahme des Tritium
mit zunehmender Tiefe (Abb. 1.13). Diese Verteilung wurde durch Konvektion verursacht. Dies
wird auch durch einen Vergleich von Tritiumprofilen aus 1995 und 1985 im Boreas-Becken
deutlich (Abb. 1.14), die eine gleichmäßige Abnahme des Tritium über zehn Jahre in allen
Tiefenhorizonten durch Verteilungseffekte aufzeigen.
Im Europäischen Nordmeer wurden an insgesamt 15 Stationen Sedimentkerne gewonnen
(Abb. 1.6). Die Aktivität im Oberflächensediment (0 - 2 cm) liegt dabei generell im Bereich
zwischen 3,6 und 15,8 Bq/kg für 137Cs. Die Aktivitäten nehmen aufgrund der vergleichsweise
niedrigen Sedimentationsrate in Richtung tieferer Schichten sehr schnell ab und liegen im
allgemeinen ab 10 Zentimetern schon unterhalb der Nachweisgrenze. Andere anthropogene
Radionuklide als 137Cs konnten nicht nachgewiesen werden.
Eine Ausnahme zu diesen Werten bildeten zwei Kerne, die in der Nähe der Norwegischen
Küste gewonnen wurden. Hier liegt die Aktivität von 137Cs in den oberen zwei Zentimetern bei
47,5 bzw. 48,7 Bq/kg. In tieferen Schichten nahmen hier die Aktivitäten ebenfalls schnell ab.
Diese Werte spiegeln mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kontamination durch die SellafieldEinleitungen wieder, da diese Stationen auf dem Ausbreitungsweg des kontaminierten
Seewassers aus dieser Quelle liegen. An der Station, die näher der Küste liegt, wurde auch ein
134
Cs - Wert (1,6 Bq/kg) ermittelt. Aufgrund des Verhältnisses zu 137Cs läßt sich aber nicht mit
Bestimmtheit ein Nachweis führen, ob oder zu welchem Teil Tschernobyl-Kontaminationen
hier eine Rolle spielen.
In der Barentssee wurden an fünf Stationen Sedimentproben genommen. Hier waren die
Aktivitätskonzentrationen an der Sedimentoberfläche vergleichsweise sehr gering (4,4 bis 5,8
Bq/kg). An einer Station betrug die Aktivität an der Sedimentoberfläche sogar nur 1,5 Bq/kg. In
der Sedimentschicht von 2 bis 4 cm lagen die Aktivitäten dann in der Regel etwas höher, was
auf ältere Kontaminationen aus Sellafield zurückzuführen ist.
42
Abb. 1.13: Tritium [kBq/m3] in Abhängigkeit von der Salinität im Meerwasser des
Europäischen Nordmeeres. FS 'Gauss'-Reise 261.
43
Abb. 1.14: Die Verteilung von 137Cs und Tritium in Profilen des Europäischen Nordmeeres
im Vergleich der Jahre 1985 und 1995. Auf allen Positionen nahmen die Konzentrationen bis
1995 deutlich ab.
44
II.3.3 Das Wrack des Atom-U-Bootes „Komsomolets“
Die Meßprogramme um das U-Boot-Wrack „Komsomolets“, an denen das BSH zum Teil durch
eine intensive Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern aus russischen Partnerinstituten beteiligt
war, konnten sowohl in der Wassersäule als auch im Sediment keinen Nachweis für eine
großräumige Kontamination aus dieser Quelle erbringen.
Zwar wurden durch Wissenschaftler des V. G. Khlopin Radium Institute direkt im
„Lüftungsrohr“ aus dem Reaktor hohe Konzentrationen an 137Cs und 134Cs nachgewiesen, die
hohen Konzentrationen gehen aber sehr schnell durch Verdünnung auf niedrige Werte im
Bereich des Bugs und des Hecks zurück. Das Aktivitätsverhältnis 134Cs/137Cs lag bei 0,52
(zerfallskorrigiert auf April 1989), das ist ein ähnliches Verhältnis, wie der Tschernobyl-'fallout'
aufweist.
Die spezifische Aktivität der analysierten Sedimentproben ist typisch für dieses Seegebiet. Dies
spiegeln die Werte aus den Jahren 1993, 1994 und 1995, die zwischen 1,8 und 15 Bq/kg in der
Oberfläche lagen, wieder. Die Abb. 1.15 zeigt Messungen aus dem Jahr 1995 mit Werten
zwischen 4,8 und 9,8 Bq/kg. Das Inventar liegt dann zwischen 50 und 100 Bq/m2. Auch die
zahlreichen Transurananalysen ergaben Werte, die im Sediment unter 1 Bq/kg für 239Pu und
241
Am liegen. Die Aktivitätsverhältnisse 238Pu/239Pu und 241Am/239Pu sind typisch für den
globalen 'fallout' und lassen keinen Rückschluß auf eine Freisetzung aus dem U-Boot erkennen.
Während der FS „GAUSS“-Reise 261 wurden in der Nähe des Wracks an fünf Positionen
Wasserproben und Sedimentproben gewonnen (zentral, nördlich, südlich, westlich und östlich
des Wracks). Auch hier sind keinerlei Anzeichen einer Kontamination der Umgebung aus dem
Reaktor erkennbar. Die Wasserproben stammen von der Oberfläche und aus Bodennähe. An der
Oberfläche schwankt die Aktivität zwischen 2,5 und 2,8 Bq/m3 für 137Cs. Dieser Wert stimmt
gut mit den anderen, in diesem Seegebiet vorliegenden Ergebnissen überein. In Bodennähe
(zwischen 1615 und 1680 Meter Tiefe) lagen die Werte zwischen 0,7 und 0,8 Bq/m3. Dies ist
ebenfalls ein erwarteter Wert in Wassertiefen zwischen 1500 und 2000 Metern dieser Region.
Andere Radionuklide anthropogener Herkunft konnten nicht nachgewiesen werden. Die
gamma-spektrometrischen Analysen wurden auf eine NWG von ca. 0,5 Bq/kg bezogen auf
60
Co ausgerichtet.
Auch die Sedimentanalysen dieser Reise zeigten ein typisches und statistisch ausgewogenes
Bild: in der Oberflächenschicht (0 - 2 cm) lagen die Werte für 137Cs zwischen 11,8 und 15,8
Bq/kg und - um ein Beispiel zu nennen - in der Schicht von 6 bis 8 Zentimetern zwischen 1,2
und 1,9 Bq/kg. Diese Messungen decken sich mit den Ergebnissen aus vergleichbaren
Seegebieten. Auch im Sediment wurden keine anderen Radionuklide gefunden, die auf eine
etwaige Leckage schließen ließen.
Infolge der Erfahrungen aus anderen gesunkenen Atom-U-Booten wird in dieser Quelle keine
große Gefahr für die Meeresumwelt oder die Konzentration in Fisch gesehen.
Modellrechnungen zeigen, daß austretende Radionuklide nach Norden in der Tiefe transportiert
würden. Eine Verfrachtung in die euphotische Deckschicht des Meeres und eine dortige
Anreicherung in der Nahrungskette des Meeres ist dann nur über sehr große Zeiträume möglich.
Die Gefahren insbesondere für das Plutonium aus den Waffen sind noch geringer, da erwartet
wird, daß es nach einer möglichen Freisetzung überwiegend im Sediment gebunden würde.
Plutonium weist ferner auch nur einen relativ kleinen Konzentrationsfaktor im Meeresfisch auf.
45
30'
40'
50'
13°
10'
20'
30'
40'
50'
14°
74°
74°
5,3
5,8
8,0
6,3
50'
6,7
5,5
6,3
5,8
6,0
50'
5,4
4,6
6,5
40'
40'
5,3
9,4
6,2
4,8
9,8
30'
30'
Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie, Hamburg
30'
40'
50'
13°
10'
20'
30'
40'
50'
14°
Abb. 1.15: Spezifische Aktivität 137Cs [Bq/kg] im Oberflächensediment (0-3 cm) 1995 in der
Umgebung des Atom-U-Boot-Wracks 'Komsomolets'.
46
II.3.4 Karasee
Die während der Expedition des GEOMAR und des MMBI gewonnenen Proben zeigen die
Belastungssituation in der Kara See nahe der Karastraße auf. Die Wasserproben wurden auf
137
Cs analysiert und zeigten ein Niveau zwischen 4,9 und 5,3 Bq/m3. Diese Werte spiegeln
den weiteren Verteilungsweg der Kontaminationen aus Sellafield nach dem Passieren der
südlichen Barents See wieder. Die Aktivitäten waren ebenso wie dort gegenüber dem 'fallout'Niveau nur unwesentlich erhöht.
Weitere Informationen über die Radioaktivität im Oberflächenwasser der Karasee können aus
den Ergebnissen einer norwegisch/russischen Expedition 1992 entnommen werden (Joint
Norwegian Russian Expert Group, 1996). Die ermittelte Verteilung von 137Cs zeigt auf, daß
höhere Aktivitäten (6 - 8 Bq/m3) in stärker salzhaltigem Seewasser in der Nähe der Karastraße
und entlang der Küste von Novaya Semlya auftraten. Niedrigere Werte (3 -4 Bq/m3) in weniger
salzhaltigem Wasser wurden dagegen in der Nähe der Flußmündungen registriert. Sehr ähnlich
Ergebnisse wurden auch von King et al. (1997) und Krosshavn et al. (1998) veröffentlicht. Die
Aktivitätskonzentrationen im Seewasser der Karasee können als sehr niedrig angesehen werden.
Die Radioaktivitätsmessungen an Sedimenten, die aus dieser Expedition stammen, zeigten
ebenfalls nur geringe Kontaminationen. Die Variabilität der gemessenen 137Cs - Werte ist
hoch, diese lagen in einem Bereich zwischen nur 0,33 und 20,2 Bq/kg (Dethleff et al., 1998b).
Der Mittelwert, der aufgrund der - statistisch gesehen - geringen Anzahl von Proben mit einer
hohen Standardabweichung behaftet ist, lag bei 6,7 Bq/kg für 137Cs.
Die Aktivitätskonzentrationen in den Oberflächensedimenten (0 - 3 cm) in der Karasee (Abb.
1.16) lagen in einer Spanne zwischen 1,0 und 22,1 Bq/kg an 137Cs. Diese Ergebnisse wurden
an Sedimenten ermittelt, die von russischen Partnerinstituten in den Jahren 1993 und 1994
gewonnen wurden. Die Probenahmeorte sind statistisch gut über das Seegebiet verteilt. Es ist
auffällig, daß auch diese Ergebnisse eine hohe Streuung aufwiesen, wobei sich keine örtliche,
zeitliche oder sonstige Zuweisung erkennen läßt. Die inhomogene Verteilung läßt sich
eventuell mit dem Umstand erklären, daß die Karasee ein viel variableres Strömungsregime
aufweist als beispielsweise die Barents See, und zwar insbesondere im saisonalen Bereich.
Der Mittelwert der Ergebnisse lag bei 9,3 Bq/kg (137Cs) mit einer Standardabweichung von ±
58 %. Diese Werte waren vergleichsweise niedrig, vor allem wenn man vergleichsweise die
Kontaminationen in der Irischen See oder der Ostsee herangezogen werden (BSH, 1990 and
1996; HELCOM, 1995).
An der Ostküste von Novaya Semlya, dem Versenkungsort der russischen Nuklearabfälle,
wurden keine gegenüber dem allgemeinen Niveau signifikant erhöhten Werte ermittelt. Eine
Freisetzung von Radioaktivität aus den Versenkungsgebieten war somit nicht zu erkennen.
In der Nähe der Flußmündungen der Flüsse Ob und Yenisei lagen die Ergebnisse im oberen
Bereich, was in Austrägen von kontaminierten Flußsedimenten begründet sein könnte. Die
Flußsedimente sind durch Freisetzungen aus sibirischen Wiederaufbereitungsanlagen belastet.
In einer Probe im Ästuar des Yenisei wurde eine 60Co-Aktivität von 1,5 Bq/kg nachgewiesen.
Diese Beobachtungen stimmen mit anderen Untersuchungen an den Flußmündungen von Ob
und Yenisei überein (Panteleyev, 1995).
47
Abb. 1.16: Spezifische Aktivität von 137Cs [Bq/kg] (und
Oberflächensediment (0-3 cm) der Karasee.
60
Co, sofern >0,5 Bq/kg) im
Abb. 1.17: Radioaktivität in der Murmansk Region: 137Cs, 60Co und 241Am im Meerwasser
[Bq/m3] und im Oberflächensediment [Bq/kg].
48
II.3.5 Die Murmansk Region
Die Ergebnisse der Radioaktivitätsanalysen in der Murmansk Region (Abb. 1.17) lassen eine
eingehende Beurteilung der aktuellen Situation in direkter Nähe der russischen Nuklearflotte zu.
Wie die Wasserproben wurden in den Küstengewässern der Andreeva- und Ara - Bucht sowie
an der Mündung des Murmansk Fjordes auf den 137Cs - Gehalt analysiert. Die Aktivitäten
liegen bei 4,9 / 4,7 / 8,0 Bq/m3 und somit in dem Bereich, der an dieser Stelle durch die anderen
Analysen im Rahmen des Projektes als erwartungsgemäß oder leicht darüberliegend bewertet
werden kann. Eine geringe Freisetzung aus den Nuklearbasen kann aufgrund der leicht erhöhten
Werte nicht ganz ausgeschlossen werden.
Daß aus den Militärbasen dieser Region in der Vergangenheit Freisetzungen von Radioaktivität
stattgefunden haben, läßt sich aus den Sedimentanalysen erkennen. In allen fünf Buchten, in
denen Standorte der Atomflotte zu finden sind, wurden Sedimentproben (0 - 3 cm) analysiert.
Die 137Cs - Werte sind hier teilweise etwas erhöht, aber nicht alarmierend. Außerdem ließen
sich teilweise 60Co - Aktivitäten und in der Olenaya Bucht sogar eine Kontamination mit 241Am
(3,1 Bq/kg) nachweisen, die eindeutig auf geringfügige Freisetzungen aus Nuklearanlagen
schließen lassen. Die stimmt mit Beobachtungen von Rissanen et al. (1998) überein.
Die Ura Bucht zeigt keine gegenüber dem Niveau in der übrigen Barentssee erhöhten
Aktivitätskonzentrationen (6,5 Bq/kg 137Cs, weder 60Co noch 241Am). In allen anderen Buchten
wurden jedoch erhöhte Werte registriert: 137Cs zwischen 12,3 bis 37,5 Bq/kg und 60Co zwischen
2,7 und 22,7 Bq/kg.
II.4 Zusammenfassung
Folgende Quellen kommen für die anthropogene Radioaktivität im Nordmeer sowie im
Arktischen Ozean in Betracht:
Der globale 'fallout' aus atmosphärischen Atomwaffentests der 50er und 60er Jahre.
Die Einleitungen aus der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield in England in die Irische
See.
Die Atomflotte der Russischen Republik mit ihren Stützpunkten in Murmansk.
Das Wrack des Atom-U-Boots ‘"Komsomolets"‘.
Die Versenkung von radioaktiven Abfällen durch die frühere UdSSR in der Karasee.
Anfang der 90er Jahre wurde bekannt, daß die ehemalige Sowjetunion ab etwa 1959 große
Mengen fester und flüssiger radioaktiver Abfälle in der Arktis, vor allem in der Karasee
versenkt hat. Bei den versenkten Objekten handelt es sich im wesentlichen um 17
atomgetriebene Schiffsreaktoren, wovon sieben den Kernbrennstoff noch in sich tragen. Die
Hauptversenkungsgebiete sind drei Buchten entlang der Ostküste Novaya Semlyas sowie der
Novaya Semlya Graben mit einer maximalen Tiefe von 420 m. Das radioaktive
Gesamtinventar betrug zum Zeitpunkt der Versenkungen etwa 37 PBq. Es ist aufgrund der
radioaktiven Zerfallszeit bis 1994 auf ca. 4.7 PBq gesunken. Die wesentlichen Bestandteile
sind 90Sr, 137Cs, 63Ni und 241Pu.
Während des Projektes wurde ein intensives Meßprogramm durchgeführt, um die
gegenwärtige Belastung durch anthropogene Radioaktivität in den Arktischen Meeren zu
49
ermitteln. Die Ergebnisse bestätigen die aktuelle Belastungssituation infolge der früheren und
aktuellen Einleitungen durch die WAA Sellafield und La Hague.
Die Wasserproben in der Nordsee zeigen derzeit eine Belastung zwischen 3,1 und 25,5 Bq/m3
137
Cs, wobei die hohen Aktivitäten über 20 Bq/m3 im Bereich des Skagerrak gefunden
wurden. Hier gelangt kontaminiertes Wasser aus der Ostsee, die auch heute noch durch den
Tschernobyl-Unfall belastet ist, in die Nordsee. Die Wiederaufbereitungsanlage Sellafield
stellt ansonsten die dominante Quelle für Radioaktivität in der Nordsee dar.
Das Europäische Nordmeer spiegelt ebenso wie die Barentssee den Einfluß des radioaktiven
‘fallout‘ aus den Kernwaffenversuchen wieder. Das großflächige Niveau beträgt hier etwa 2
bis 2,5 Bq/m3. Entlang der Norwegischen Küste, am Nordkap und bis in die südliche Karasee
sind erhöhte Aktivitäten (bis 8.6 Bq/m3) zu finden, die aus den Freisetzungen von Sellafield
stammen. Dieser Ausbreitungsweg folgt der vorherrschenden, durch den Nordatlantischen
Strom (Golfstrom) induzierten Strömung.
In direkter Nähe des Atom-U-Boot-Wracks 'Komsomolets' sowie in der Karasee sind keine
außergewöhnlichen Belastungen gemessen worden.
In unmittelbarer Nähe der russischen Atomflotte, die in dem Fjord-Gebiet um Murmansk
liegt, ließen sich nahe der Küste leicht erhöhte Aktivitäten (8 Bq/m3) feststellen, die
vermutlich von Freisetzungen aus diesen nuklearen Anlagen stammen.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Belastung der Nordsee und der Arktischen Meere
durch Radioaktivität seit den achtziger Jahren drastisch zurückgegangen ist. Eine Gefährdung
der Ökosysteme oder des Menschen (indirekt, z.B. durch Fischverzehr), kann ausgeschlossen
werden. Eine Freisetzung von Radioaktivität aus den Versenkungsgebieten in der Karasee ist
bisher nicht feststellbar.
50
Teilprojekt B
Numerische Modellierung
Das Teilprojekt B ‚numerische Modellierung‘ befaßt sich mit der Ausbreitung von
Radionukliden und der möglichen Kontamination bestimmter Seegebiete durch Freisetzungen
aus den obengenannten Quellen. Um die Ausbreitung von Radioaktivität im Ozean über einen
möglichst weiten Bereich zeitlicher und räumlicher Skalen zu berücksichtigen, kommen
Computermodelle zum Einsatz, wie sie derzeit in der Grundlagen- und Klimaforschung
innerhalb der Ozeanographie eingesetzt werden. Diese Arbeiten wurden, getrennt nach den
räumlichen Skalen, sowohl am BSH als auch am IfM-HH durchgeführt.
Die Ausbreitung von Schadstoffen im Rahmen der Eis-Ozean-Zirkulation in der Arktis
unterliegt einer Kette von sehr unterschiedlichen physikalischen Prozessen. Die zwei wesentlichen Ausbreitungswege betreffen zum einen die Verdriftung oder Dispersion von
Radionukliden innerhalb der Wassersäule (Kapitel 1) und zum anderen den Transport von
radioaktiven Substanzen durch das treibende Meereis (Kapitel 2).
Die physikalischen Prozesse, die beiden Ausbreitungsarten zugrunde liegen sind grundsätzlich verschieden. Während driftende Substanzen im Wasser eine kontinuierliche
Verdünnung von der Quelle ‚stromabwärts‘ erfahren, werden eingefrorene Substanzen im Eis
nahezu unverdünnt transportiert. Der Transport durch treibendes Meereis kann prinzipiell als
zweidimensional (horizontal) angesehen werden, wobei der Hauptantrieb der Wind ist. Häufig
sind die Driftgeschwindigkeiten im Verhältnis zum Wasser sehr hoch, wodurch treibendes
Meereis eine nicht unwesentliche Transportmöglichkeit für die weiträumige Verteilung von
Schadstoffen in der Arktis darstellt. Im Wasser dagegen muß die Ausbreitung grundsätzlich
dreidimensional (horizontal und vertikal) betrachtet werden, wobei die Antriebsmechanismen
sehr vielfältig sind. Beide Transportarten unterscheiden sich deshalb vor allem durch
unterschiedliche Ausbreitungsrichtungen und Verweilzeiten.
51
I Die Ausbreitung von Radioaktivität im Wasser
Bei den vorliegenden Modelluntersuchungen wurden hydrodynamische Modelle verwendet,
die in erster Linie die Zirkulation des betreffenden Seegebietes ermitteln. Das Zirkulationsfeld
wiederum dient als Antrieb für Transportmodule, die eine Ausbreitung von gelösten, sich
„konservativ“ verhaltenden Substanzen beschreiben. Diese Substanzen stehen stellvertretend
für im Wasser gelöste Radioaktivität. Im vorliegenden Fall ist dies vor allem 137Cs, da dieses
Radionuklid weitgehend in gelöster Form vorliegt und bei fast allen versenkten Objekten
einen Hauptanteil des Gesamtinventars bildet. Es stellt für den Meeresbereich auch das
dosisrelevanteste Radionuklid dar.
Bestimmte Radionuklide können allerdings nicht vollständig als im Wasser gelöst betrachtet
werden. Hierzu zählt vor allem 239Pu welches die starke Tendenz hat, sich an Schwebstoffe
oder an das Sediment anzulagern. Da 239Pu sehr toxisch ist und ebenfalls einen nicht
unwesentlichen Teil des versenkten Gesamtinventars ausmacht, werden im Rahmen der
Modelluntersuchungen auch Ausbreitungssimulationen für dieses Radionuklid durchgeführt.
Diese Modelluntersuchungen beziehen sich aber ausschließlich auf die lokale und regionale
Skala, da eine 'globale' Verdriftung von 239Pu innerhalb der Wassersäule nicht zu erwarten ist.
Ziel des Projektes ist eine Bewertung der ozeanischen Ausbreitung von Radioaktivität in der
Arktis innerhalb der kommenden Jahre oder Jahrzehnte. Die simulierten Zeiträume der
Modelle liegen deshalb, abhängig von der räumlichen Auflösung, im Bereich von Tagen oder
Monaten (lokale Auswirkungen), einigen Jahren (regionale Auswirkungen) bis hin zu einigen
Jahrzehnten (globale Auswirkungen). Diese Perioden sind im Vergleich zu nichthydrodynamischen Simulationen für radiologische Abschätzungen (Box-Modelle), die
mehrere tausend Jahre betragen (Scott et al., 1995) aber auch im Vergleich zu
Klimasimulationen, die mehrere hundert Jahre prognostizieren, recht kurz. Das liegt vor allem
daran, daß hochauflösende, hydrodynamische Berechnungen inklusive der Transportmodellierung im Vergleich zu den anderen genannten Simulationen erheblich mehr
Rechenzeit (Computerzeit) benötigen. Die ermittelten Zirkulationsfelder repräsentieren aus
geologischer und klimatologischer Sicht den heutigen Zustand der Arktis. Sie sind u.U. nicht
repräsentativ für zukünftige Perioden, die angesicht sehr langer Halbwertzeiten bestimmter
Radionuklide (z.B. 24000 Jahren für 239Pu) aber auch angesicht globaler Veränderungen
(Treibhauseffekt, globale Eisschmelze) durchaus in Betracht kommen können.
Die Ergebnisse aus den Computer-Simulationen betreffen ausschließlich die Ausbreitungswege und das zeitlich und räumlich variable Kontaminationsniveau im Wasser bzw. im
Sediment. Die Modelluntersuchungen stellen keine Gefahren- oder Risikoabschätzung, z.B.
bezüglich einer zu erwartenden Strahlenexposition für Mensch und Umwelt dar.
I.1 Die Zirkulationsmodelle
Um die Ausbreitungswege von Schadstoffen im Meer zu simulieren, muß zunächst die
dreidimensionale Zirkulation in dem betreffenden Seegebiet bestimmt werden. Dies geschieht
mit Hilfe von numerischen Zirkulationsmodellen, sogenannten GCMs (general circulation
models), die sich vor allem durch die geographische Ausdehnung der Modelldomäne und der
Größe des Rechengitters unterscheiden. Folgende Modelle kommen zu Einsatz:
52
1. Ein kleinskaliges Modell (LS) für die unmittelbare Umgebung der Versenkungsgebiete
(Buchten und Fjorde),
2. ein regional-skaliges Modell (RS1) der Karasee,
3. ein regional-skaliges Modell (RS2) der Karasee, Barentssee und Norwegen See sowie
4. ein großskaliges Modell (GS) des Arktischen Ozeans und Teilen des Nordatlantiks.
Die Verwendung einer solchen Modellhierarchie hat den Vorteil, daß die Ausbreitung der
Schadstoffe in der jeweils geeignetsten räumlichen Gitterauflösung studiert werden kann.
Dies betrifft vor allem die Verweilzeiten der Schadstoffe aber auch die Höhe der
Konzentrationen, falls sie die betreffende Modellregion verlassen.
Die Hauptantriebsmechanismen für die Modelle sind der Wind, die Gezeiten und die Dichte
des Meerwassers, die sich aus der dreidimensionalen Verteilung von Temperatur und
Salzgehalt ergibt. Alle Modelle berücksichtigen die dynamischen und thermodynamischen
Prozesse an der Grenzschicht Ozean-Eis-Atmosphäre, die sich aus meteorologischen Daten
wie Lufttemperatur, Wind, relative Luftfeuchte, Bewölkung und Niederschlag berechnen
lassen. Außerdem findet der Frischwassereinstrom der großen sibirischen Flüsse Eingang. Im
folgenden wird ein kurzer Überblick über die Modellkonfiguration gegeben. Eine genaue
Beschreibung der Modelle und deren numerische Methoden findet sich im Anhang.
I.1.1 Das LS-Modell (lokale Skala):
Die Versenkung von radioaktiven Abfällen in der Arktis durch die frühere UdSSR wurde
teilweise in kleinen Buchten entlang der Ostküste von Novaya Semlya durchgeführt (siehe
Teilprojekt A). Im Falle einer Freisetzung von Radioaktivität aus einem dieser
Versenkungsgebiete wäre in erster Linie die nähere Umgebung, also das Umfeld der
jeweiligen Bucht, betroffen. Die im Rahmen des Projektes durchgeführten LS-Modellstudien
sollen detaillierte Aussagen über die räumliche und zeitliche Variabilität möglicher
radioaktiver Freisetzungen aus den Buchten möglich machen.
Das LS-Modell wird auf die Stepovogo Bucht und auf die Abrosimov Bucht angewendet
(Harms and Povinec, 1998, Harms, 1997b, Povinec et al., 1995). Leider sind nur spärliche
oder unzuverlässige Informationen über die realistische Topographie der Region erhältlich.
Die Topographie der Stepovogo Bucht kann nur stark vereinfacht vorgegeben werden,
wodurch in diesem Fall nur Prinzipstudien möglich sind. Etwas anders ist die Situation bei
der Topographie der Abrosimov Bucht, die aufgrund einiger Expeditionen relativ gut bekannt
ist. Das LS-Modell für diese Bucht hat eine räumliche Gitterauflösung von einem Zehntel
einer nautischen Meile (185,2 m). Die vertikale Skala wird in sieben Schichten mit je 5 m
Dicke aufgelöst (Abb. 2.1).
Das LS-Modell wird sowohl mit stationären, idealisierten Windfeldern als auch mit
realistischen, klimatologischen Monatsmitteln des Windes und der Lufttemperatur
angetrieben (ECMWF). Die Wassertemperatur wird als prognostische Größe in Abhängigkeit
der Oberflächen-Wärmeflüsse und der dreidimensionalen Transportvorgänge innerhalb der
Wassersäule berechnet. Der Salzgehalt wird dagegen als diagnostische Größe behandelt.
Hierzu werden 10-Tages-Mittelwerte der vertikalen Schichtung in Abrosimov Bucht aus
typischen Sommer- und Wintersituationen abgeleitet. Die Daten über die Sommerschichtung
werden aus dem Joint Russian Norwegian Expert Group, (1994) und Føyn and Nikitin (1994)
entnommen. Für den Spätwinter wird ein homogenes Salinitätsprofil zugrundegelegt, da Ver53
Abb. 2.1: Modellgröße und Bathymetrie des LS-Modells für die Abrosimov Bucht.
mischung und Konvektion, hervorgerufen durch Abkühlung und Eisbildung, eine vertikale
Homogenisierung der Wassersäule bewirken. Aufgrund des Mangels an Informationen über
die räumlichen und zeitlichen Verteilungen der Temperatur- und Salzgehaltsverhältnisse
werden horizontale Gradienten des Salzgehaltes außer Acht gelassen. Die Vorgehensweise
bzgl. der Temperatur und des Salzgehalts im Modell stellt einen Kompromiß zwischen der
Notwendigkeit einer vertikalen Schichtung und dem geringen Kenntnisstand über die
Hydrographie der Buchten dar.
Das Modell berücksichtigt die vorherrschende M2-Partialtide. Die Amplituden und Phasen an
den offenen Rändern des Buchtmodells werden dem RS1-Modell entnommen.
I.1.2 Das RS1- und RS2-Modell (regionale Skala)
Um den Export von radioaktiv kontaminierten Wassermassen aus der Karasee in anliegende
Meeresgebiete hinein abzuschätzen und um eine genaue Abschätzung der radioaktiven
Kontamination von sibirischen Küstengewässern möglich zu machen, werden zwei Modelle
für die regionale Skala entwickelt: RS1 und RS2. Beide Modelle unterscheiden sich nur durch
die Auswahl der Modellgebiete und der Auflösung. Das RS1-Modell ist ausschließlich auf die
Karasee beschränkt, mit einem äquidistanten horizontalen Gitterabstand von 9.4 km (Abb.
2.2) (Harms und Karcher, 1998a). Das RS2-Modell umfaßt Teile der Norwegischen See, der
Barents- und der Karasee (Abb. 2.3) (Harms, 1992, Harms, 1997b). Es benutzt ein
stereographisches Gitter mit einem mittleren Gitterabstand von etwa 18 km. In der vertikalen
Richtung haben die Modelle 12 (RS1) bzw. 10 (RS2) Schichten mit einer relativ hohen
Auflösung in den oberen 100 m.
54
Abb. 2.2: Modellgröße und Bathymetrie des RS1-Modells für die Barents und Karasee.
Um eine möglichst repräsentative Zirkulation zu erhalten, werden die Modelle mit
klimatologischen Mittelwerten angetrieben. Folgende Modellantriebe finden Eingang:
Der Windstreß, abgeleitet aus globalen klimatologischen Oberflächenwinden (Hellerman
and Rosenstein, 1983) (RS2) bzw. ECMWF (RS1). Die monatlichen Mittelwerte werden
zwischen jedem Zeitschritt interpoliert, um einen glatten Übergang zwischen den
verschiedenen Monaten zu erzielen.
Die M2-Partialtide durch Vorgabe der Amplituden und Phasen an den offenen
Modellrändern. Diese Daten entstammen großskaligen arktischen Tidenmodellen (Gjevik
and Straume, 1989) (RS2) und (Kowalik und Proshutinsky, 1995)(RS1).
Der Frischwassereintrag aus den Flüssen Pechora, Ob, Yenisey und Pyasina. Für RS1
werden 10-Tages-Mittel verwendet, für RS2 Monatsmittel. Die Frischwasserabflußdaten
wurden einem unveröffentlichten Report entnommen (Vasiliev), der im Rahmen deutschrussischer Zusammenarbeit aus Projektmitteln finanziert wurde.
Für die Karasee (RS1-Modell) sind bisher keine hochauflösenden Temperatur- und
Salinitätsdatensätze aus kontinuierlichen Beobachtungen erhältlich. Um dennoch realistische
und repräsentative Temperatur- und Salinitätsfelder für einen diagnostischen Antrieb zu
erstellen, wird das Zirkulationsmodell an ein Eis-Modell gekoppelt und mit Hilfe von
prognostischen Simulationen die dreidimensionale Verteilung von Temperatur und Salzgehalt
in Abhängigkeit von Advektion und Oberflächenströmungen berechnet. Es werden zwei
prognostische Simulationen mit jeweils einem idealisierten und stationären Sommer- oder
Winterantrieb (Lufttemperatur, Wind, Flußeinträge) durchgeführt. Beide Läufe werden mit
über das Jahr gemittelten Temperatur- und Salinitätsfeldern initialisiert, die aus dem
55
klimatologischen Atlas der Weltozeane (Levitus, 1982) abgeleitet wurden. Nachdem eine
Annäherung an möglichst repräsentative mittlere Sommer- und Wintersituationen erreicht
wird (3 bzw. 4 Monate), werden die Simulationen abgebrochen. Die resultierenden
Temperatur- und Salinitätsfelder werden gespeichert und in den folgenden Verteilungsszenarien als diagnostische Antriebsfelder eingesetzt.
3000
80°N
2500
F ra n z-J o sef
L and
K a ra
S ea
S v a lb a rd
2000
1500
N o va ya
S e m lya
75°N
1000
T sivo lky B a y
B a ren ts
S ea
T a ym yr
N o v a y a Se m lya
T ro ug h
D ickson
S te p o vo v o B a y
600
400
Yam al
A b ra sim o v
Bay
800
S ib eria
70°N
200
100
0
S can d in avia
d ep th [m ]
25°E
50°E
75°E
Abb. 2.3: Modellgröße und Bathymetrie des RS2-Modells für die Karasee. Die roten
Dreiecke markieren die Hauptversenkungsgebiete in der Karasee.
I.1.3 Das GS-Modell (globale Skala)
Für die globale Skala findet ein gekoppeltes Eis-Ozean Model (OPYC - Ocean Isopycnal
Model) Verwendung, welches in früheren Versionen bereits erfolgreich für die Modellierung
der Hydrographie der Arktis und des europäischen Nordmeeres angewendet wurde (Holland
und Oberhuber, 1996a,b; Aukrust and Oberhuber, 1995). Das Modellgebiet umfaßt die
arktischen Meeresgebiete und das Europäische Nordmeer sowie den nördlichen Nordatlantik
(Abb. 2.4). In der Vertikalen besitzt es 15 Schichten konstanter potentieller Dichte, deren
Dicke, Temperatur und Salzgehalt veränderlich sind und vom Modell prognostiziert werden.
Die Wahl der potentiellen Dichten der einzelnen Schichten wird so vorgenommen, daß eine
optimale Auflösung der oberen mehreren hundert Meter der Wassersäule in der Arktis
resultiert. Die Grenzflächen der Schichten sind durchlässig für 'Entrainment', 'Detrainment',
Konvektion und Vermischungsprozesse.
Die horizontale Gitterauflösung beträgt etwa 50 km auf einem rotierten sphärischen Gitter.
Die Beringstraße und der südliche Rand bei 50° N sind offen. Salz und Temperatur werden
hier als Monatsmittel vorgeschrieben (Levitus , 1982). Die Auslenkung der Meeresoberfläche
56
stammt von einer globalen Version des OPYC-Modells (Kauker and Oberhuber, 1997). An
der Oberfläche wird der Salzgehalt mittels eines 'restoring'-Algorithmus an beobachtete
Salzgehalte angeglichen. Diese Daten bestehen aus Sommer- und Winterwerten von Gorshkov
(1980) für die Arktis und Monatsmitteln von Levitus (1982) für den restlichen Teil des
Modellgebietes. Die Wärmeflüsse an der Meeresoberfläche werden durch
Parameterisierungen (Kauker and Oberhuber, 1997) aus beobachteten Lufttemperaturen
gewonnen, die aus einer Analyse des Europäischen Zentrums für mittelfristige
Wettervorhersage aus dem Zeitraum 1985-1990 stammen (ECMWF, 1988; Aukrust and
Oberhuber, 1995). Ferner arbeitet das Modell mit Monatsmitteln des Windstresses, der
Bewölkung, des Niederschlages und der Luftfeuchtigkeit aus dem Zeitraum von 1980-1989
des ECMWF (Trenberth et al., 1989).
Abb. 2.4: Modellgröße und Bathymetrie des GS-Modells für den Arktischen Ozean.
Die Modelltopographie stammt aus ETOPO5-Daten, die von einer 5’ x 5’ Auflösung auf das
Modellgitter interpoliert wurden. Bering-, Vilkitsky-, Kara- and Framstraße wurden von Hand
korrigiert um den Beobachtungen besser zu entsprechen. In ähnlicher Weise wird die Höhe
des Lomonossov-Rückens modifiziert. Die Meeresoberfläche am offenen Rand in der
Beringstraße wird um 20 cm gegenüber dem Nordatlantik erhöht um einen mittleren
Durchfluß von 0.8 Sv1 zu gewährleisten, wie er dort beobachtet wird (Roach et al., 1995).
Der Zeitschritt des Modells beträgt einen halben Tag.
1
1 Sverdrup = 106 m³/s
57
Für die hier durchgeführten Experimente wird das Modell über 35 Jahre eingeschwungen. In
einer solchen Zeit kann das Modell nicht einen thermodynamischen Gleichgewichtszustand
erreichen, aber die Zirkulationssysteme der Oberfläche und der mittleren Tiefe haben sich
adjustiert. Der Jahresgang der Zirkulation von Wassere und Eis des 36. Jahres weden dann als
Antrieb für die 'tracer'-Ausbreitung genutzt. Diese basiert auf einer Advektions/Diffusionsgleichung wie sie im Ozeanmodell für Salzgehalt und Temperatur verwendet wird.
I.2 Die Ausbreitungsszenarien
Die Ausbreitung von Substanzen in einem numerischen Modell wird mit Hilfe sogenannter
'Tracer' simuliert, die durch die Anwendung einer Transportgleichung eine räumliche und
zeitliche Veränderung erfahren. Zusätzlich können die Tracer bestimmte Eigenschaften
erhalten, wodurch sie einen Schadstoff repräsentieren. Für die Simulation von Punktquellen,
muß eine Freisetzungsrate festgelegt werden, die entweder instantan oder graduell ist.
Instantane Freisetzungen beschreiben den einmaligen, plötzlichen Eintrag einer bestimmten
Anzahl von 'Tracern', die sich danach in Form einer 'Wolke' im Modellgebiet bewegen.
Graduelle Freisetzungen bedürfen einer 'tracer'-Eintragsfunktion, die im einfachsten Fall
kontinuierlich sein kann. Eine genauere Beschreibung der verwendeten Transportmodule für
Radioaktivität findet sich im Anhang.
Alle durchgeführten Simulationen werden in Szenario-Gruppen zusammengefaßt, wobei jedes
Szenario mehrere Simulationen auf unterschiedlicher Raumskala (LS, RS, GS) beinhaltet:
1. Szenario A behandelt den sog. 'worst case', die plötzliche Freisetzung des gesamten
radioaktiven Inventars aus allen bekannten Versenkungsgebieten in der Karasee.
2. Szenario B beschreibt die als realistisch anzunehmende, kontinuierliche Freisetzung von
Radioaktivität aus einem der Versenkungsgebiete.
3. Szenario C behandelt den Eintrag von Radioaktivität aus dem gesunkenen Atom-U-Boot
"Komsomolets".
4. Szenario D behandelt den Eintrag von Radioaktivität aus der Region um Murmansk, Kola
Halbinsel.
5. Szenario E behandelt den Eintrag von Radioaktivität aus der Wiederaufbereitungsanlage
Sellafield und dessen Transport in die arktischen Gewässer.
Die in den Ausbreitungsszenarien verwendeten Freisetzungsraten von Radioaktivität sind
aufgrund bestimmter Annahmen gewählt. Sie sind für Szenario A-D hypothetisch, denn es
gibt bisher keine detaillierten Informationen über Freisetzungen aus den genannten Gebieten.
Auch zukünftige Freisetzungen sind bezüglich Zeitpunkt und Umfang nur sehr vage bzw.
nicht vorhersagbar. Um dennoch eine Abschätzung des Gefahrenpotentials vornehmen zu
können, wird für den versenkten Atommüll (Szenario A und B) zunächst der sogenannte
Katastrophenfall angenommen, in dem das gesamte versenkte Inventar an 137Cs (etwa 1015 Bq
= 1 PBq) instantan an allen Versenkungsorten in der Karasee freigesetzt wird. Weitere
Simulationen behandeln die wesentlich realistischere, graduelle Freisetzung von im Wasser
gelösten Radionukliden aus den Versenkungsgebieten.
Wie bei den Freisetzungsraten muß auch der Startzeitpunkt der Freisetzungen in Szenario A
58
festgelegt werden. Da bisherige oder zukünftige Freisetzungen weder beobachtet noch
detailliert vorhergesagt werden konnten, wird das Datum für eine instantane oder graduelle
Freisetzung, sofern nicht anders erwähnt, auf den 1. Januar festgelegt. Es handelt sich dabei
um kein spezielles Jahr, da die Simulationen einen klimatologischen Antrieb haben d.h. das
Modell simuliert ein sich wiederholendes, zyklisches Jahr.
Die Sellafield-Simulationen (Szenario E) dienen in erster Linie dem Vergleich mit
vorangegangenen Ergebnissen und der Bestimmung der „Hintergrundaktivität“ d.h. der
Vorbelastung, die bereits vor einer möglichen Freisetzung aus den versenkten Abfällen
vorhanden ist. Dieses Szenario ist nicht hypothetisch, sondern entspricht den tatsächlichen
Einleitungen der Wiederaufbereitungsanlage von 1965-1995 und dient damit gleichzeitig als
Hilfsmittel zur Validierung des eingesetzten Modelles.
I. 3 Das Szenario A
In diesem sogenannten 'worst case' Szenario wird die instantane Freisetzung des gesamten
137
Cs Inventars an vier Versenkungsorten in der Karasee simuliert. Bei den betreffenden
Versenkungsorten handelt es sich um die Abrosimov Bucht, die Stepovogo Bucht, die
Tzivolky Bucht und der Novaya Semlya Graben mit einem für 1995 geschätzten
Gesamtinventar von 1 PBq 137Cs (Yefimov, 1994), (Sivintsev, 1993), (Sivintsev, 1994).
I.3.1 Szenario A: lokale Auswirkungen
Die Untersuchungen der lokalen Auswirkungen des Szenarios A betreffen ausschließlich die
Abrosimov Bucht und die Stepovogo Bucht, da nur hierfür ausreichend Informationen über
die Topographie vorlagen.
Es werden zunächst die sog. Austauschzeiten der Buchten bestimmt. Hierbei handelt es sich
um den Zeitraum, in dem das Wasservolumen einer Bucht ausgetauscht wird. Die
Austauschzeit ist ein Maß für die Ventilation und bestimmt die Verweildauer einer
plötzlichen Kontamination innerhalb der Bucht. Sie ist eine wichtige Eingangsinformation für
die weiterführenden regionalen und globalen Simulationen, da in diesen Modellen die kleinen
Buchten räumlich nicht aufgelöst werden können.
Ferner werden die Größenordnung der radioaktiven Kontamination innerhalb der Buchten
mithilfe einfacher Abschätzungen bestimmt.
I.3.1.1 Austauschzeiten der Buchten
Zur Bestimmung der Austauschzeiten werden relativ einfache Simulationen durchgeführt, die
in erster Linie die Topographie der Bucht und die vorherrschenden Windrichtungen
berücksichtigen. Diese beiden Faktoren bestimmen in erster Näherung die Zirkulation der
Buchten. Weitere Faktoren wie die horizontale und vertikale Dichteverteilung, Eisverteilung
oder die Gezeiten werden aufgrund mangelnder Informationen zunächst ausgelassen.
Stellvertretend für eine instantane, radioaktive Kontamination werden die Buchten mit einer
willkürlichen Konzentration von 100 Tracern/m3 initialisiert, während die angrenzende
59
Karasee als nicht kontaminiert, mit 0 tracern/m3 initialisiert wird. Für die Abrosimov Bucht
werden vier Windrichtungen (NE,SE,NW,SW) angewandt, da diese Bucht relativ großflächig
ist und nicht von hohen Bergen eingerahmt ist. Es kann daher angenommen werden, daß die
unterschiedlichsten Windrichtungen auf die Wasseroberfläche wirken können. Die Stepovogo
Bucht dagegen ist lang, schmal und von relativ hohen Bergen eingerahmt. Sie weist von daher
eine eher Fjord-ähnliche Topographie auf, was auch durch den Sill am Eingang der Bucht
bestätigt wird. Es ist in diesem Fall davon auszugehen, daß der Wind, wie typisch in Fjorden,
stark topographisch geführt wird und deshalb nur zwei Hauptrichtungen, nämlich auflandig
und ablandig zeigt.
Die durchgeführten Simulationen für die Abrosimov und die Stepovogo Bucht ergeben, daß
die Austauschzeiten, je nach Windgeschwindigkeit und vor allem je nach Windrichtung, in
einer Spanne von einigen Tagen bis Monaten liegen. Abbildung 2.5 zeigt die Menge des
ausgetauschten Wasservolumens als Funktion der Zeit, für die Abrosimov Bucht und die
Stepovogo Bucht. Die Linien zeigen einen typischen exponentiellen Verlauf mit einem
schnellen Austausch zu Beginn und einer langsamen, asymptotischen Annäherung an den
vollständigen Austausch bei 100 %. Dies ist bedingt durch topographische Hindernisse, die
eine Ventilation behindern und auch nach sehr langer Simulationszeit Tracer in der Bucht
festhalten.
Allgemein läßt sich sagen, daß die Austauschzeiten relativ kurz sind. Bereits nach einem
Monat sind in der Abrosimov Bucht mehr als 50% des Wasservolumens ausgetauscht, in der
Stepovogo Bucht mehr als 80%. Dies liegt an den ‘günstigeren’ auf- und ablandigen Winden,
die eine lebhaftere Zirkulation bewirken. Es muß erwähnt werden, daß eine Festeisdecke im
Winter aufgrund des geringeren oder nicht vorhandenen Impulseintrages die Austauschzeit
verlängern kann. Gleiches gilt für eine starke vertikale Schichtung, die eine Vermischung und
damit den gleichmäßigen Austausch behindert. Allerdings können die Gezeiten, die im
vorliegenden Fall auch keine Berücksichtigung finden, den Austausch verkürzen, da sie einen
permanenten, meteorologisch unabhängigen Zirkulationsantrieb darstellen.
Die Ergebnisse lassen den Schluß zu, daß die Austauschzeiten der Buchten im Bereich von
etwa einem bis drei Monaten liegen. In Bezug auf die Zeitskalen der regionalen und globalen
Simulationen, die sich im Bereich von Jahren oder Jahrzehnten bewegen, haben die Buchten
keine nenneswerte Verteilungs- oder Rückhaltefunktion. Eine plötzliche Freisetzung von
Radioaktivität in einer der Buchten muß daher auf regionaler und globaler Skala auch als
instantan angesehen werden.
I.3.1.2 Radionuklid Konzentrationen innerhalb der Buchten
Für die Abschätzung der radioaktiven Konzentrationen wird vorausgesetzt, daß sich das
versenkte radioaktive Potential vollständig und gleichförmig in der Bucht verteilt. Angesichts
der geringen Größe der Buchten (ca. 2 x 5 km) ist diese Vorgehensweise gerechtfertigt. Von
hydrodynamischen Simulationen wird in diesem Fall abgesehen, da die Größenordnung der
Kontamination in erster Linie von dem Wasservolumen der Bucht und dem versenkten
radioaktiven Potential abhängt. Simulationen mit unterschiedlichen Windrichtungen würden
allenfalls Schwankungen innerhalb der geschätzten Gößenordnung bewirken.
Wie zu erwarten ist die Höhe der Kontaminationen in den Buchten im Falle einer plötzlichen
Freisetzung erheblich. So werden beispielsweise bei einem Wasservolumen der Abrosimov
Bucht von etwa 4*108 m3 bei einer plötzlichen Freisetzung von 1 PBq, Konzentrationen von
60
mehr als 2*106 Bq/m3 (2 mill. Bq/m3) erreicht. Ähnlich hohe Konzentrationen wären in den
anderen Buchten zu erwarten.
Abrosimov Bay
%
NE
SE
NW
SW
%
off shore
on shore
Abb. 2.5: Szenario A: Austauschzeiten der Abrosimov und der Stepovogo Bucht. Auf der yAchse ist das ausgetauschte Wasservolumen in % dargestellt, auf der x-Achse die Zeit.
61
I.3.2 Szenario A: regionale Auswirkungen
Die regionalen Auswirkungen des Szenarios A werden sowohl mit dem RS1- als auch mit
dem RS2-Modell simuliert. Das hochauflösendere RS1-Modell wird zunächst dazu verwendet, die genauen Ausbreitungswege der Kontamination in verschiedenen Tiefenhorizonten
zu ermitteln. Die Höhe der Kontamination spielt dabei noch keine Rolle. Hierzu wird dem
Modell am Ort der Freisetzung (Abrosimov Bucht) eine Punktwolke in Form von mehreren
tausend Teilchen vorgegeben. Anschließend wird die Ausbreitung dieser Teilchen mit Hilfe
eines Lagrange‘schen Verdriftungsprogramms (s. Anhang) über zwei Jahre simuliert.
Die Austauschzeiten der Karasee und das damit zusammenhängende Niveau der RadionuklidKonzentration wird mit dem RS2-Modell untersucht (Baxter et al., 1998). Die gesamte
Modellregion ist hierbei bezüglich der Radionuklid-Konzentrationen mit Null initialisiert
(d.h. keine Hintergrundkontamination) und die Versenkungsorte stellen Punktquellen dar. Um
zu starke Gradienten während der Initialisierungsphase zu vermeiden, wurde im RS2-Modell
die Zeitspanne für die Freisetzung auf drei Tage ausgeweitet. Hierbei wird das freizusetzende
Gesamtinventar gleichförmig auf die angewendete Freisetzungszeit verteilt (1PBq 137Cs in 3
Tagen). Die Ausbreitung der Kontaminationswolke erfolgt mit einem Euler‘schen
Verdriftungsprogramm (s. Anhang).
I.3.2.1 Ausbreitungswege
Die instantane Freisetzung von Radioaktivität wird durch eine Teilchenwolke dargestellt, die
im vorliegenden Fall in der Abrosimov Bucht freigesetzt wird. Der Start der Ausbreitung ist
im Mai, da zu dieser Jahreszeit das Eis schmilzt und die dynamischen Vorgänge in der Bucht
stärker werden.
Als Beispiel werden die Ausbreitung an der Oberfläche (0-5 m) und in der 4. Schicht (15-25
m) gezeigt (Abb. 2.6). Beide Abbildungen haben gemeinsam eine Ausbreitung zunächst in
Richtung zentrale Karasee und anschließend nach Nordosten in Richtung Arktischer Ozean.
Insbesondere die nordwärtige Drift der Teilchen entlang der Küste Novaya Semlyas ist in
guter Übereinstimmung mit jüngsten Beobachtungen.
Unterschiede in der Ausbreitung auf den beiden Tiefenhorizonten ergeben sich aber für die
Verweildauer und auch für die Ausbreitungsrichtungen in der südlichen Karasee. Während an
der Oberfläche die Teilchen innerhalb von etwa 9 Monaten die Karasee in nordöstlicher
Richtung verlassen, verweilen die tieferen Teilchen wesentlich länger in der Karasee und
breiten sich auch weiter nach Süden aus. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Teilung der
Punktwolke, wobei ein nördlicher Anteil, ähnlich wie an der Oberfläche, die Karasee verläßt,
während der südliche Teil die Flußästuarien aber auch die Küsten Sibiriens und die TaymyrHalbinsel erreicht.
Aufgrund der vertikalen Schichtungsverhältnisse in den arktischen Schelfmeeren ist die
Ausbreitung auf den einzelnen Tiefenhorizonten stark voneinander entkoppelt. Das gilt
insbesondere für den Sommer, wenn die vertikale Schichtung besonders ausgeprägt ist. In der
windgetriebenen Oberflächenschicht treibt eine instantan eingebrachten Punktwolke relativ
schnell und zusammenhängend von der Küste Novaya Semlyas in Richtung Arktischer
Ozean. In größeren Tiefen ist die Ausbreitung dagegen um 1/3 langsamer und wesentlich
gestreuter, wodurch eine diffusere Ausbreitung zustande kommt.
62
Abb. 2.6: Szenario A: Ausbreitung einer in der Abrosimov Bucht freigesetzten Teilchenwolke
in der Karasee. Das obere Bild (a) zeigt den räumlichen und zeitlichen Verlauf der
Ausbreitung an der Oberfläche, das untere Bild (b) in einer Tiefe von 15-25m.
63
I.3.2.2 Austauschzeiten
Wie bei den Simulationen auf der lokalen Skala, ermöglicht das Szenario A auch auf der
regionalen Skala eine Abschätzung der Austauschzeiten für die Karasee. Eine Sequenz von
sechs Bildern (Abb. 2.7) zeigt die Entwicklung der „Kontaminationsfahne“ in der Karasee in
Jahresintervallen. Die Abbildung macht deutlich, daß die durchschnittlichen Konzentrationen
in der zentralen Karasee innerhalb einer Zeitspanne von fünf bis sechs Jahren auf weniger als
10 % ihrer erstjährigen Werte zurückgehen. Die Austauschzeit der Karasee kann damit auf
etwa sieben Jahre geschätzt werden.
Abb. 2.7: Szenario A: Räumliche und zeitliche Entwicklung der radioaktiven Konzentrationen
[Bq/m3] in der Karasee aufgrund einer instantanen Freisetzung von 1 PBq 137Cs in der Abrosimov Bucht. Dargestellt sind vertikal integrierte Jahresmittelwerte der ersten sechs Jahre
nach Freisetzung.
I.3.2.3 Radionuklid-Konzentrationen
Die höchsten Konzentrationen werden östlich von Novaya Semlya, nahe der
Versenkungsgebiete ermittelt. Sie liegen zwischen 300 und 500 Bq/m3 während der ersten
fünf Jahre nach der Freisetzung. Maximale Konzentrationen können sogar 1 kBq/m3
erreichen, wenn man Punkte nahe der Versenkungsorte betrachtet. Innerhalb der ersten drei
Jahre der Verteilung gehen diese Werte aber auf weniger als ein Drittel ihrer Initialwerte
zurück. Trotzdem sind sogar noch nach sechs Jahren leichte Kontaminationen ( 5-10 Bq/m3 )
der Küstenregionen Novaya Semlyas und nahe der Taymyr-Halbinsel zu verzeichnen (Abb.
2.8). Im Gegensatz dazu ist die zentrale Karasee nach dieser Zeit nahezu vollständig von
Kontaminationen frei (<< 2 Bq/m3 ).
64
Abb. 2.8: Szenario A: Vertikal integrierte Radioaktivitäts-Konzentrationen [Bq/m3] in der
Karasee, sechs Jahre nach instantaner Freisetzung von 1 PBq 137Cs in der Abrosimov Bucht.
Zwei Jahre nach der instantanen Freisetzung erreicht die Ausbreitungsfahne die
Küstengewässer von Sibirien, die Yamal-Halbinsel und die Küste von Taymyr. Trotz der
Tatsache, daß die Küste von Yamal wesentlich näher bei den Versenkungsgebieten liegt als
die Küste von Taymyr, werden die höchsten Konzentrationen üblicherweise nahe Taymyr
gefunden. Eine Zeitserie der radioaktiven Monatsmittel (Abb. 2.9) zeigt, daß die
Konzentrationen in beiden Regionen (Yamal und Taymyr) im Winter normalerweise höher als
im Sommer liegen, da (unkontaminierte) Flußeinträge eine starke Verdünnung bewirken.
Dieses gilt teilweise auch für Dickson, ein sibirischer Hafen nahe der Yenisey-Mündung
(Abb.2.9), wo die Aktivitätskonzentrationen ihr Maximum vier Jahre nach Freisetzung
erreichen.
Die Ausbreitungsmuster zeigen generell eine nordostwärts gerichtete Kontaminations-Fahne
mit abnehmendem Konzentrationsniveau von Südwest nach Nordost. Mit Ausnahme der
Küstenregionen östlich von Novaya Semlya, wo Spitzenwerte von bis zu 1 kBq/m3 erreicht
werden, treten in der zentralen Karasee kaum Konzentrationen über 50 Bq/m3 auf. Der größte
Anteil der Kontamination verläßt die Karasee in Richtung Arktischen Ozean und Laptevsee.
Die Konzentrationen im exportierten Wasser überschreiten aber nicht 20 Bq/m3.
65
Taymyr
[Bq/m**3]
10
5
Yamal
0
months
10
20
30
40
50
60
7
6
[Bq/m**3]
5
4
3
Dickson
2
1
0
months
10
20
30
40
50
60
70
Abb. 2.9: Szenario A: Zeitserien der Radioaktivitäts-Konzentrationen [Bq/m3] entlang der
Yamal- und der Taymyr-Küste (oben) und in der Nähe von Dickson, Sibirien (unten).
Dargestellt sind die vertikal integrierten Monatsmittelwerte in Monaten nach der Freisetzung.
66
I.3.3 Szenario A: globale Auswirkungen
Für dieses Szenario wird ein Gesamtinventar in der Höhe von 1 PBq 137Cs , verteilt über einen
Zeitraum von 3 Monaten, an der Ostseite der Insel Novaya Semlya in die Deckschicht
freigesetzt.
I.3.3.1 Ausbreitungswege und -zeiten
An der Oberfläche breitet sich das Radionuklid in zwei Richtungen aus: nach Osten durch die
Vilkitskystraße in die Laptevsee, und nach Norden in das östliche Eurasische Becken hinein.
Der Hauptteil der Verteilung hat bereits nach 2-3 Jahren die Karasee verlassen und befindet
sich nördlich der Neusibirischen Inseln (Abb. 2.10 oben). Die weitere Ausbreitung erfolgt
mit der Transpolardrift, wobei die Radionuklide durchaus Teile des Kanadischen Beckens
jenseits des Lomonossov-Rückens erreichen. Sechs Jahre nach Start erstreckt sich die
Kontaminationswolke an der Oberfläche von der Schelfkante der Laptevsee entlang des
Verlaufs der Transpolardrift bis zum Nordpol (Abb. 2.10 unten). Nach dem Erreichen der
Framstraße (Jahr 6-10) breitet sich das kontaminierte Oberfächenwassers im
Ostgrönlandstrom nach Süden zur Dänemarkstraße aus. Die vorherrschende Zirkulation läßt
eine Ausbreitung durch das Meeresgebiet zwischen Novaya Semlya und Franz-Josef-Land in
die Barentssee nicht erwarten.
Im Gegensatz zur inneren (südlichen) Karasee ist der nördlich gelegene Teil über dem Sankt
Anna Trog und dem Voronin Trog von atlantischem Wasser dominiert, welches aus der
Barentssee einströmt. Hier wird durch Konvektion und vertikale Vermischung
oberflächennahes Wasser in größere Tiefen vermischt (s. Teil 1, Kapitel 1). Das schwerere,
tiefer gelegene Wasser wird auf diese Weise ebenfalls mit den radioaktiven Spurenstoffen
kontaminiert. Es strömt durch die beiden Tröge den Schelfhang hinab in das östliche
Eurasische Becken hinein und breitet sich entlang des sibirischen Kontinentalabhanges weiter
nach Osten aus. Die Tiefe des Kerns ist in den Modellsimulationen etwa 200-600 m, was
Beobachtungen entspricht (Karcher and Oberhuber, 1999). Das sogenannte Barentssee
Branch Water, welches hier als Transportmedium für die Radionuklide in mittleren Tiefen
fungiert, rezirkuliert zum Teil mit seiner Fracht entlang des Lomonossov-Rückens und
erreicht die Framstraße nach etwa 10-15 Jahren. Der zweite Teil überquert den LomonossovRücken nördlich der Neusibirischen Inseln und dringt dem Kontinentalabhang weiter nach
Osten folgend ins Makarov- und ins Kanadische Becken vor. Auf dieser Route braucht es
erheblich länger und erreicht nach 30 Jahren die Gebiete nördlich des Kanadischen Archipels.
I.3.3.2 Radionuklid-Konzentrationen
Wenn sich der Schwerpunkt der kontaminierten Wolke nach 2-3 Jahren nördlich der
Neusibirischen Inseln befindet weist der Tracer Oberfächenkonzentrationen bis zu 35 Bq/m3
auf (Abb. 2.10). Sechs Jahre nach dem Start sind die maximalen Konzentrationen auf ca. 15
Bq/m3 gesunken und befinden sich über dem östlichen Lomonossovrücken in der zentralen
Arktis. Beim Erreichen der Framstraße treten maximal an der Oberfäche noch
Konzentrationen von 5 Bq/m3 auf und weiter südlich in der Dänemarkstraße liegen sie immer
unter 5 Bq/m3.
67
Abb. 2.10: Szenario A: Oberflächenkonzentration von 137Cs in Bq/m3, 3 Jahre (oben) und 6
Jahre (unten) nach instantaner Freisetzung von 1 PBq in der Karasee.
68
Im westlichen Eurasischen Becken ist die Halokline kaum ausgeprägt. Die Dichtehorizonte,
die der Atlantischen Schicht zuzuordnen sind, stehen dort in direktem Kontakt mit der 'mixedlayer'. Hier können an der Oberfläche mit der Transpolardrift herantransportierte
Radionuklide in die tieferen Dichteschichten hineingemischt werden. Durch diesen Effekt ist
bereits nach 6-7 Jahren die Kontaminationsfahne mit 10-1 - 10-2 Bq/m3 auch unterhalb des
Ostgrönlandstromes nachzuweisen.
Das vom nördlichen Karasee-Schelf in die Atlantische Schicht der Arktis (200-600m)
abgesunkene kontaminierte Wasser braucht hierfür längere Zeit. Es gelangt entlang des
Kontinentalabhanges und des Lomonossov-Rückens erst im Jahr 10-15 zur Framstraße und
führt ebenfalls zu Konzentrationen von 10-1 - 10-2 Bq/m3 unterhalb des Ostgrönlandstromes.
I. 4 Das Szenario B
Diese Szenarien beschreiben eine kontinuierlich Radionuklidfreisetzung während des
gesamten Simulationszeitraums. Das Hauptziel dieser Simulationen ist die Bestimmung der
Ausbreitungswege und die Höhe der Radionuklid-Konzentrationen.
Im Vergleich zur instantanen Freisetzung in Szenario A erscheint die Anwendung einer
kontinuierlichen Freisetzungsrate realistischer. Es kann vorausgesetzt werden, daß die
Behälter- oder Reaktorwände, welche den Kontakt der nuklearen Substanzen zu dem
umgebenden Seewasser verhindern, nur langsam korrodieren. Somit wird die Radioaktivität
eher auf gradueller Basis als schlagartig (instantan) freigesetzt.
Die folgenden Simulationen beziehen sich hauptächlich auf versenkte (U-Boot) Reaktoren,
die teilweise von der IASAP ‘source term task group’ (Lynn et. al, 1995) diskutiert wurden.
Die berechneten Quellfunktionen der versenkten Reaktoren legen eine langsame Freisetzung
der Radioaktivität über viele Jahrhunderte nahe, die in einer Größenordnung von weniger als
1 TBq/a liegt. Die Quellfunktion könnte allerdings kurzfristig auch Spitzenwerte von etlichen
TBq/a durch das Auseinanderbrechen der Hüllen aufweisen (Timms et al., 1994), (Lynn et. al,
1995).
Da die simulierten Zeitspannen der hydrodynamischen Modelle wesentlich kürzer sind als die
angegebenen Quellfunktionen, wird im Szenario B eine kontinuierliche Freisetzungsrate von
1 TBq/a angenommen. Die Ausbreitung wird auf allen drei Raumskalen bis zu einem
zyklisch-stationären Zustand gerechnet und dann abgebrochen. Die stationären Ergebnisse
dienen als Standard-Verteilungsmuster, die zur Abschätzung höherer oder niedrigerer
kontinuierlicher Freisetzungsraten skaliert werden können.
Für das Szenario B werden auf lokaler und regionaler Skala neben 137Cs auch für 239Pu
Abschätzungen durchgeführt, da beide Radionuklide große Anteile des versenkten Inventares
bilden. Die unterschiedlichen Werte der Kd-Faktoren führt bei den beiden Nukliden zu
unterschiedlichem Verteilungsverhalten. Das 137Cs tendiert dazu, lange im gelösten Zustand
zu verbleiben und kann daher im Wasser über große Gebiete verteilt werden. Das 239Pu
hingegen hat eine starke Neigung, sich an Schwebstoff oder Sediment zu binden.
Die Konzentrationen im Sediment werden abgeschätzt, indem basierend auf den
Verteilungsmustern des stationären Zustandes der Anteil an Aktivität im Schwebstoff aus der
69
Gesamtaktivität in der Wassersäule berechnet wird (siehe auch Abb. 2.7). Die Gehalte im
Sediment werden für die obersten 5 cm Sediment angegeben, wobei sie mit Kd-Faktoren von
102 m3/kg für 239Pu und 3,0 m3/kg für 137Cs und einem Schwebstoffgehalt von 0,003 kg/m3 im
Wasser berechnet werden.
I.4.1 Szenario B: lokale Auswirkungen
Die lokalen Auswirkungen werden zunächst unter vereinfachten Bedingungen, mit
stationärem (zeitlich unveränderlichem) Windantrieb, ohne Gezeiten und Dichteverteilung
untersucht. Daran anschließend folgen die realistischen Simulationen, die transiente (zeitlich
veränderliche) Windfelder, horizontale und vertikale Dichteverteilung und die Gezeit
beinhalten.
I.4.1.1 Anwendung stationärer Windfelder
Die Modelle der Abrosimov Bucht und der Stepovogo Bucht werden wie in Szenario A mit
stationären Winden, ohne Gezeiten und Dichteverteilung betrieben. Im inneren Teil der
Buchten in etwa 25 m Tiefe wird eine kontinuierlich emittierende Radioaktivitäts-Quelle
definiert (Povinec et al., 1995).
I.4.1.1.1 Ausbreitungswege
Ein erstes Ergebnis bezieht sich auf die räumliche Struktur des Austausches der Buchten mit
der angrenzenden Karasee. Bei Anwendung einer willkürlichen ‘Tracer’-Quelle und
idealisierten auf- und ablandigen Windfeldern auf die Stepovogo Bucht (Abb. 2.11) entfalten
sich zwei grundlegende Zirkulationsmuster, die einen Ausfluß aus der Bucht entweder an der
Wasseroberfläche oder bodennah bewirken. Die ausgeprägte Vertikalstruktur findet sich auch
in der Abrosimov Bucht bei Vorgabe von stationären südöstlichen und südwestlichen Winden
von 5 m/s. Diese beiden Fälle repräsentieren die vorherrschenden Windrichtungen in der
südlichen Karasee und werden deshalb für die Abrosimov Bucht übernommen. Die
Anwendung dieser beiden stationären Windfelder sowie die Vorgabe einer RadionuklidQuelle machen deutlich, daß der Ausstrom von kontaminiertem Wasser im Falle von
Südwestwind an der Oberfläche stattfindet und im Falle von Südostwind eher in Bodennähe.
I.4.1.1.2 Radionuklid-Konzentrationen
Die Angaben zu den Radionuklid-Konzentrationen beziehen sich auf den stationären Zustand
der Ausbreitung, der nach etwa 3 Monaten erreicht wird. Die maximalen Konzentrationen bei
Vorgabe einer 137Cs-Quelle von 1 TBq/Jahr können in stark belasteten Schichten 4 kBq/m3
überschreiten, liegen aber tiefengemittelt bei etwa 2 kBq/m3 (Abb. 2.12). Ähnliche
Vertikalstrukturen wie oben beschrieben finden sich auch bei Vorgabe einer 239Pu-Quelle, die
ebenfalls mit 1 TBq/Jahr emittiert (Abb. 2.13). Allerdings ist in diesem Fall das Radioaktivitätsniveau im Wasser deutlich niedriger als bei 137Cs. Es liegt maximal bei etwa 2
kBq/m3 in stark belasteten Schichten und tiefengemittelt bei 1 kBq/m3. Die deutlich
niedrigeren Werte im Wasser sind das Ergebnis des geänderten Transportverhaltens von
239
Pu, das sich wesentlich intensiver an Schwebstoffe und Sedimente anlagert als 137Cs. Aus
diesem Grund sind die berechneten Radionuklidkonzentrationen im Sediment der Abrosimov
Bucht (Abb. 2.12 und 2.13, unten) bei 239Pu auch deutlich höher als bei 137Cs. Die maximalen
70
Konzentrationen im Sediment werden bei südöstlichen Winden erreicht, da in diesem Fall der
Ausstrom aus der Bucht und damit die höchste Belastung in den untersten Wasserschichten
stattfindet.
Abb. 2.11: Szenario B: Prinzipstudie zur Ausbreitung von Radioaktivität in der Stepovogo
Bucht bei Vorgabe von auf- und ablandigem Wind und einer kontinuierlich emittierenden
Quelle am Boden, im inneren Teil der Bucht.
71
sou th -e a st w ind
sou th -w e st w in d
concen tra tions in w a ter
su rfa ce laye r 0 - 1 0 m
concentrations in w a ter
surface laye r 0 - 10 m
co ncen tra tions in w ater
bottom layer 15 - 2 0 m
co ncen tra tions in w ater
bottom layer 15 - 2 0 m
[B q /m **3]
500
1000
1500
2000
2500
3000
[B q /m **3 ]
0
3500
500
1000
1500
2000
2500
3000
co ncen tra tions in
se dim e nt 0 - 5 cm
co ncen tra tions in
se dim e nt 0 - 5 cm
[B q /kg ]
[B q /kg ]
0
10 0
20 0
30 0
40 0
50 0
60 0
3500
0
70 0
100
200
300
400
500
600
700
Abb. 2.12: Szenario B: Radioaktivitäts-Konzentrationen [Bq/m3] in der Abrosimov Bucht bei
Vorgabe einer kontinuierlich emittierenden Quelle von 1 TBq/Jahr 137Cs im inneren Teil der
Bucht. Dargestellt sind die stationären Verteilungsmuster an der Oberfläche (oben), am
Boden (Mitte) und im Sediment (unten), bei Anwendung von Südwest- (links) und Südostwind
(rechts).
72
so uth-w est w ind
so uth-east w ind
concentrations in w ater
surface layer 0 - 10 m
concentrations in w ater
surface layer 0 - 10 m
concentrations in w ater
bottom laye r 15 - 20 m
concentrations in w ater
bottom layer 15 - 20 m
[B q /m **3]
500
1000
1500
2000
2500
3000
[B q/m **3]
3500
500
1 00 0
1500
2000
2500
3000
concentrations in
sedim ent 0 - 5 cm
3 50 0
concentrations in
sedim ent 0 - 5 cm
[B q/kg ]
100
2 00
3 00
400
5 00
6 00
[B q/kg ]
700
100
200
300
400
500
600
700
Abb. 2.13: Szenario B: Radioaktivitäts-Konzentrationen [Bq/m3] in der Abrosimov Bucht bei
Vorgabe einer kontinuierlich emittierenden Quelle von 1TBq/Jahr 239Pu im inneren Teil der
Bucht. Dargestellt sind die stationären Verteilungsmuster an der Oberfläche (oben), am
Boden (mitte) und im Sediment (unten), bei Anwendung von Südwest- (links) und Südostwind
(rechts).
73
I.4.1.2 Anwendung realistischer Windfelder
Die Simulationen mit realistischen Windfeldern, die auch die Eisbedeckung und die Gezeiten
mit einschließen, erlauben eine detailliertere Berechnung der möglichen Zirkulationen und
Ausbreitungsmuster (Harms and Povinec, 1998). Das Modell der Abrosimov Bucht wird im
Ruhezustand ohne Eis gestartet und benötigte eine Anlaufzeit von einem Jahr. Nachdem sich
eine stationäre Zirkulation ausgebildet hat, läuft das Modell für weitere zwei Jahre, wobei die
radioaktive Quelle (1 TBq/Jahr 137Cs) hinzukommt. Die Resultate aus dem zweiten und
dritten Jahr bestätigen, daß die zeitabhängige Variationen der Windfelder und der
Eisbedeckung eine deutliche Saisonalität der Zirkulation in der Bucht bewirkt. Diese
Variationen spiegeln sich in erster Linie in den Oberflächenschichten wider, wo Wind und Eis
die Zirkulation direkt beeinflussen.
I.4.1.2.1 Ausbreitungswege
Während der überwiegenden Zeit im Jahr hat der Wind eine ablandige Komponente, wobei
südliche bis südwestliche Windrichtungen vorherrschen. Das führt dazu, daß die
Oberflächenströmungen vor allem im Herbst und im Winter aus der Bucht hinaus gerichtet
sind, und zwar mit den höchsten Geschwindigkeiten im September und Oktober. Aufgrund
der Massenerhaltung ergibt sich bei diesen Situationen eine Kompensation durch einen
Einstrom in den unteren Schichten (Abb. 2.14). Im November und Dezember bildet sich eine
Eisdecke, die den Einfluß des Windes auf die Oberflächenzirkulation verringert. Obwohl
während dieser Zeit die Windgeschwindigkeiten höher sind, reduzieren sich die
Oberflächengeschwindigkeiten.
5m
10 m
15 m
20 m
X II
XI
X
IX
V III
V II
VI
V
IV
III
II
I
1 0 cm /s
Abb. 2.14: Zeitliche und räumliche Verteilung der Strömungsvektoren am Ausgang der
Abrosimov Bucht (siehe Karte) bei Anwendung von transienten Windfeldern.
74
Im Winter kommt die Eisdrift in der Bucht vollständig zum Erliegen und die Antriebskräfte
im Wasser reduzieren sich auf externe und interne Druckgradienten, die auf das Dichtefeld
und die Gezeiten zurückzuführen sind. Sobald sich das Eis nicht mehr bewegt, führt die
Reibung unter dem Eis zu einem Abbau der kinetischen Energie. Daher sind die
Oberflächengeschwindigkeiten im späten Winter trotz hoher Windgeschwindigkeit gering. Im
Frühjahr (April, Mai, Juni) werden die ablandigen Winde von auflandigen Winden mit viel
geringeren Geschwindigkeiten abgelöst. Dies führt zu einer Umkehr der Zirkulation in der
Bucht mit erheblich niedrigeren Strömungsgeschwindigkeiten.
I.4.1.2.2 Radionuklid-Konzentrationen
d e p th [m ]
Die Vertikalverteilung der Aktivitätskonzentrationen für eine Zeitspanne von zwei Jahren ist
in Abbildung 2.15 dargestellt. Diese Werte geben räumliche Mittelwerte für jede Schicht im
inneren Teil der Bucht wieder. Erwartungsgemäß tritt ein saisonales Signal bei der Intensität
der Durchströmung auf: die höchsten Aktivitätskonzentrationen werden im Frühjahr und im
Sommer beobachtet, wenn durch schwache Winde und Festeis der Impulstransfer aus der
Atmosphäre in den Ozean verhindert wird. Starke Strömungen und somit niedrigere
Konzentrationen treten im Herbst auf, wenn der Wind stärker wird und keine Eisbedeckung
mehr vorhanden ist. Die niedrigsten Konzentration treten daher im November und Dezember
auf.
10
20
[B q /m **3 ]
5 00
1 00 0
1 50 0
2 000
2 50 0
Abb. 2.15: Szenario B: Zeitliche Entwicklung der Vertikalverteilung von RadioaktivitätsKonzentrationen [Bq/m3] im inneren Teil der Abrosimov Bucht bei Vorgabe einer
kontinuierlich emittierenden Quelle von 1TBq/Jahr 137Cs. Die x-Achse bezeichnet die Zeit (2
Jahre), die y-Achse die Vertikalverteilung (Tiefe).
Auffällig ist, daß die Aktivitäten in den oberen Schichten überwiegend höher sind als in den
unteren. Eine Ausnahme bildet der Monat Mai, Juni und Juli, wenn die sommerlichen
Windverhältnisse überwiegen. Dann dominiert an der Oberfläche der Einstrom
unkontaminierten Wassers aus der Karasee und die Tracer akkumulieren in den bodennahen
Schichten.
75
In den folgenen Abbildungen sind Beispiele für zwei Zirkulationstypen zusammen mit den
Aktivitätskonzentrationen dargestellt. Das Zirkulationsmuster, das während der meisten Zeit
im Jahr überwiegt, ist in der Abbildung 2.16 gezeigt. Hier finden wir die höchsten Aktivitäten
zusammen mit dem Ausfluß an der Oberfläche, wohingegen die unteren Schichten von den
offen Grenzen her ausgetauscht werden. Die Frühlings- und Sommersituation, wenn die
Austauschrate gering ist und die Tracer bodennah akkumulieren, ist in Abbildung 2.17 zu
sehen.
Abb. 2.16: Szenario B: Momentaufnahme der Zirkulation und der RadioaktivitätsKonzentrationen [Bq/m3] in vier verschiedenen Tiefenhorizonten im Herbst, bei Vorgabe
einer kontinuierlich emittierenden Quelle von 1 TBq/Jahr 137Cs und realistischen Winden.
76
Die vertikale Schichtung der Radionuklidkonzentrationen wird nicht nur durch die
windgetriebene Zirkulation verursacht, sondern auch durch die vertikale Dichteverteilung. Die
Schichtung in der Wassersäule kontrolliert den Impulstransfer und die vertikale Diffusion
zwischen den verschiedenen Tiefenhorizonten. Insbesondere im Sommer, wenn die
Windgeschwindigkeiten niedrig sind, wird die Radionuklidverteilung stark von der
Dichteschichtung beeinflußt. Die Aufwärmung der Atmosphäre und das Abschmelzen des
Eises erzeugen eine dünne, warme und salzarme Oberflächenschicht über viel kälterem und
salzhaltigerem „Tiefenwasser“. Die Grenzschicht reduziert den vertikalen Austausch und
ermöglicht die Akkumulation von radioaktivenn ‘Tracern’ in Bodennähe. Im Herbst und
Winter wird die Schichtung dann durch windinduzierte Vermischung aber auch durch
Konvektion - hervorgerufen durch Abkühlung und Eisbildung - aufgelöst. Diese Auflösung
bewirkt auch eine Vermischung der Radionuklidkonzentrationen, wodurch das
Konzentrationsniveau in stark belasteten Schichten abnimmt.
77
Abb. 2.17: Szenario B: Momentaufnahme der Zirkulation und der RadioaktivitätsKonzentrationen [Bq/m3] in vier verschiedenen Tiefenhorizonten im Sommer, bei Vorgabe
einer kontinuierlich emittierenden Quelle von 1TBq/Jahr 137Cs und realistischen Winden.
78
I.4.2 Szenario B: regionale Auswirkungen
Die Simulationen auf der regionalen Skala erstrecken sich alle über mindestens sechs Jahre.
Sie werden abgebrochen, nachdem die Verteilung einen stationären bzw. zyklischen Status
erreicht hat.
Zunächst werden mit dem etwas großskaligeren RS2-Modell drei Simulationen durchgeführt,
um die kontinuierliche Ausbreitung in der Barents- und Karasee zu untersuchen. Jeweils eine
Simulation gilt der Abrosimov Bucht (vier U-Boot-Reaktoren) bzw. der Tsivolky Bucht
(Reaktoren des Atomeisbrechers „Lenin“) wobei in jeder Bucht eine konstante
Freisetzungsrate von 1 TBq/a 137Cs angesetzt wird. Zusätzlich wird eine dritte Simulation für
eine kombinierte Freisetzung in der Abrosimov, Stepovogo und Tsivolky Bucht mit
zusammen 3 TBq/a 137Cs gerechnet.
I.4.2.1 Radionuklid-Konzentrationen
Die Resultate dieser drei Simulationen nach Erreichen eines stationären Zustandes sind in
Abbildung 2.18 dargestellt. Außer in den Regionen, die sehr nahe bei den Versenkungsorten
liegen, bleiben bei allen drei Szenarien die Aktivitätskonzentrationen unter dem Wert von 1
Bq/m3. Bei einer kontinuierlichen Freisetzung von 1 TBq/a in der Abrosimov Bucht liegt der
saisonal variierende Export von Radioaktivität in Richtung Laptevsee zwischen 0,1 - 2,0
TBq/a. Insbsondere das oberste Bild zeigt, daß die Küstenregion von Taymyr stärker belastet
wird als die Küstenregion von Yamal, da letztere von „nicht kontaminiertem“ Wasser aus der
Barentssee bzw. Karastraße beeinflußt wird.
Die Simulationen erreichen nach sechs Jahren einen nahezu zyklischen stationären Zustand.
Das bedeutet, daß saisonale Schwankungen der Konzentrationen sich auf gleichbleibendem
Niveau jedes Jahr wiederholen. Die saisonale Variabilität der Ausbreitungsfahne ist für drei
ausgewählte Punkte in der Karasee (Abb. 2.18) mit einer Zeitreihe in Abbildung 2.19
dargestellt. Die stärksten saisonalen Variationen liegen nahe der Karastraße (Punkt 1), wo der
im Sommer abnehmende Einstrom nichtkontaminierten Wassers aus der Barentssee eine
Zunahme der Konzentrationen bewirkt. Die Zeitserien an Punkt 2 verhalten sich genau
entgegengesetzt. Trotz der Entfernung zu den Ästuarien von Ob und Yenisey spielt hier die
Verdünnung durch den unkontaminierten Flußeintrag im Sommer eine große Rolle. Am Punkt
3 zeigt sich analog zu Punkt 1 eine schwache Verdünnung im Winter aufgrund der stärkeren
Winde und der damit zusammenhängenden vermehrten Advektion unkontaminierten
Flußwassers.
Um die Auswirkungen einer konstanten Freisetzungsrate, die höher als 1 TBq/a liegt, zu
untersuchen, können die errechneten Konzentrationen aus Abbildung 2.18 mit einem
entsprechenden Faktor (z. B. 102 für 100 TBq/a) skaliert werden. Es ist offensichtlich, daß
selbst mit einer maximalen realistischen Freisetzungrate von 400 TBq/a die Resultate aus dem
Szenario A nicht überschritten würden. Wenn nur ein einzelner Freisetzungsort zugrunde
gelegt wird, ergeben sich in der zentralen und östlichen Karasee Konzentrationen unter 10
Bq/m3, und für die ziemlich unrealistische Situation, daß Freisetzungen an allen drei Orten
stattfinden, Konzentrationen unter 50 Bq/m3. Diese Werte wären etwa eine Größenordnung
höher als gegenwärtig gemessene Hintergrundaktivitäten (Joint Russian Norwegian Expert
Group, 1993).
79
T sivo lky B a y
A b ra sim o v B a y
S te p ovo vo B a y
[B q/m ³]
1
P3
P2
e -1
P1
A brasim ov B ay
e -2
e -3
T sivolky B ay
Abb. 2.18: Szenario B: Radioaktivitäts-Konzentrationen [Bq/m3] in der Karasee bei Vorgabe
einer kontinuierlich emittierenden Quelle von 1TBq/Jahr 137Cs in der Abrosimov, Stepovogo
und Tsivloky Bucht (oben), nur in der Abrosimov Bucht (mitte) und nur in der Tsivolky Bucht
(unten). Dargestellt sind die stationären Verteilungsmuster nach sechs Jahren.
Taymyr
[Bq/m**3]
10
5
Yamal
0
months
10
20
30
40
50
60
Abb. 2.19: Szenario B: Zeitserie der Radioaktivitäts-Konzentrationen [Bq/m3] an drei
Punkten in der Karasee (s.Abb. 2.18), bei Vorgabe einer kontinuierlich emittierenden Quelle
von 1TBq/Jahr 137Cs in der Abrosimov Bucht. Dargestellt sind die vertikal integrierten
Monatsmittelwerte während des sechsten Jahres nach der Freisetzung.
80
Für die regionalen Untersuchungen werden neben 137Cs auch Abschätzungen für 239Pu
durchgeführt, da beide Radionuklide große Anteile des versenkten Inventares bilden. Die in
Abbildung 2.20 gezeigte Gegenüberstellung macht deutlich, daß die Konzentrationen für
beide Radionuklide im Sediment unterhalb von 1 Bq/kg bleiben. Die
Aktivitätskonzentrationen von 239Pu in der zentralen Karasee liegen im Bereich von 0,1 Bq/kg
und somit etwa eine Größenordnung höher als die entsprechenden 137Cs - Werte.
1 37 -C s
2 39 -P u
1E-004
1E-003
1E-002
1E-001
Abb. 2.20: Szenario B: Radioaktivitäts-Konzentrationen [Bq/kg] im Sediment der Karasee
bei Vorgabe einer kontinuierlich emittierenden Quelle von 1TBq/Jahr 137Cs (oben) bzw. 239Pu
(unten) in der Abrosimov Bucht. Dargestellt sind die Verteilungsmuster nach sechs Jahren in
den oberen 5 cm des Sediments.
81
I.4.2.2 Ausbreitungswege
Ebenso wie in Szenario A, das auf instantaner Freisetzung beruht, geschieht die Ausbreitung
in Szenario B hauptsächlich in nordöstliche Richtung. Wie bereits in Abb. 2.19 diskutiert,
bewirken die Wechselwirkungen von saisonal variierenden Winden, der Einstrom aus der
Barentssee und die Flußeinträgen einen pulsierenden Charakter der Ausbreitungsfahne in der
Karasee, auch wenn die Emissionsquelle kontinuierlich ist (Harms and Backhaus, 1992).
Diese Tatsache läßt sich auch in dem Zeitraum vor Erreichen des stationären Zustandes, also
in den ersten sechs Jahren nach der Freisetzung, in den Oberflächenkonzentrationen erkennen
(Abb. 2.21). Die Ausbreitungsfahne schreitet im Winter wesentlich schneller nach Osten und
Norden voran als im Sommer, der diesbezüglich eher einer Stagnation gleichkommt. Dies
wird besonders im zweiten Jahr deutlich. Verantwortlich hierfür ist das sommerliche
Windfeld, das mit nordöstlichen Winden der Ausbreitung entgegenwirkt. Im Winter dagegen
sind starke südwestliche Winde vorherrschend, die eine intensive Ausbreitung in Richtung
Nordosten bewirken.
Abb. 2.21: Szenario B: Zeitliche und räumliche Entwicklung der oberflächennahen
Ausbreitungsfahne in der Karasee während der ersten sechs Jahre kontinuierlicher
Freisetzung von 1 TBq/Jahr 137Cs. Dargestellt sind die Tagesmittelwerte am Ende des
jeweiligen Monats.
82
Die Ergebnisse des RS1-Modells deuten darauf hin, daß keine signifikante Ausbreitung von
Radioaktivität aus der Karasee in die Barentssee stattfindet, weder im Süden durch die
Karastraße noch im Norden zwischen Franz-Josef-Land und Novaya Semlya. Dies ist ein sehr
wichtiges Ergebnis im Hinblick auf die stark befischte Barentssee. Es muß deshalb kritisch
untersucht werden, ob für das Ergebnis evtl. auch Schwächen des Modells verantwortlich sein
können. Mögliche Gründe für das Fehlen einer westwärts gerichteten Strömung können sein
(i) eine nicht ausreichende Auflösung der Karastraße (2 Gitterpunkte), was die Entwicklung
von horizontalen Dichtegradienten verhindert oder (ii) die Unterschätzung der
windgetriebenen Oberflächenströmung aufgrund von zu geringen klimatologischen
Windstresswerten.
Diesbezüglich durchgeführte, genauere Untersuchungen ergeben aber, daß auch bei
Berücksichtigung der genannten möglichen Fehlerquellen eine signifikante Kontamination
der Barentssee durch den Einfluß aus der Karastraße ausgeschlossen werden kann. Die
zentralen Teile der Barentssee werden von einem starken Einstrom von Wassermassen aus
dem Nordatlantik und der Norwegischen See dominiert (Loeng, Ozhigin, Ådlansdvik and
Sagen, 1993). Der Volumentransport durch die Barentssee wird mit 2 bis 3 Sv angegeben
(Loeng et al., 1995), was Durchflußzeiten in der Größenordnung von 2 Jahren bewirkt
(Harms, 1994). Die gegenwärtige radiologische Situation der Barentssee ist großflächig
dominiert von den Freisetzungen der nuklearen Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield
(UK) und La Hague (F) (Dahlgaard, 1995), (Føyn and Sværen, 1995), (Kershaw and Baxter,
1995). Hieraus ist die Bedeutung der einströmenden nordatlantischen Wassermassen
besonders erkennbar. Im Vergleich zu dem starken nordatlantischen Einstrom ist ein
westwärts gerichteter Volumentransport von 0,1 Sv durch die Karastraße mehr als eine
Größenordnung niedriger. Basierend auf den errechneten Konzentrationen im Seewasser
östlich der Karastraße könnte der Eintrag von Radioaktivität in die Barentssee bei Freisetzung
von 1 TBq/a in der Abrosimov Bucht in der Größenordnung von 104 Bq/s liegen.
Vorausgesetzt, daß diese Strömung nur im Sommer auftritt, beträgt der Eintrag an
Radioaktivität durch die Karastraße in die Barentssee knapp 0,1 TBq/a. Eine einfache
Volumenschätzung ergibt, daß innerhalb der Pechorasee südlich von Novaya Semlya (300 x
300 km, Tiefe 50 m, Durchflußzeit 1 Jahr) mittlere Konzentrationen unter 1 Bq/m3 zu
erwarten sind. Diese Werte lägen unterhalb der bestehenden Hintergrundaktivität.
83
I.4.3 Szenario B: globale Auswirkungen
Wie bei der Auswertung der lokalen und regionalen Experimente zu erwarten, sind die
Konzentrationen sehr gering, die großflächig in der Arktis aus der kontinuierlichen
Freisetzung resultieren. Dies gilt relativ zu der instantanen Freisetzung ('worst case' Szenario
A), und in noch stärkerem Maße im Vergleich zu dem Szenario C. Die Einbringung des
Radionuklides 137Cs erfolgt wiederum an der Ostküste Novaya Semlyas, hier mit einer
konstanten Rate von 1 TBq/Jahr.
I.4.3.1 Ausbreitungswege
Der Ausbreitungsweg entspricht demjenigen der instantanen Freisetzung im Szenario A. Die
kontaminierten Wassermassen verlassen die Karasee wiederum nach Nordosten in das
Eurasische Becken, sowie mit dem Küstenstrom in die Laptevsee. Im östlichen Eurasischen
Becken vereinigen sich die zwei Äste und das kontaminierte Oberflächenwasser wird mit der
Transpolardrift in 7 - 8 Jahren zur Framstraße transportiert (Abb. 2.22). Nach weiteren 4
Jahren erreicht die "Front" die Dänemarkstraße östlich von Grönland. Der Ostgrönlandstrom
transportiert rezirkuliertes Atlantisches Wasser aus dem äußeren Bereich des
Ostgrönlandstromes ostwärts, nördlich an Island vorbei. Da die Radionuklide aus der Karasee
mit dem polaren Wasser fast ausschließlich im inneren Teil des Ostgrönlandstromes
ausgebreitet werden, gelangen sie nur in sehr geringem Umfang Richtung Osten in den
südlichen Teil des Europäischen Nordmeeres (Abb. 2.23). Ein geringer Anteil der
eingebrachten Radionuklide verläßt die Arktis durch das Kanadische Archipel, um sich dann
mit dem Hauptteil der Kontaminationsfahne nach mehr als 20 Jahren in der nördlichen
Labradorsee zu vereinigen.
Auch bei diesem Szenario gelangen Radionuklide aus der Karasee in die Atlantische Schicht
in mittleren Tiefen des Arktischen Ozean. Die Ausbreitungswege entsprechen wiederum
denen aus Szenario A.
I.4.3.2 Radionuklid-Konzentrationen
Nach 3 Jahrzehnten der Ausbreitung, ausgehend von der konstanten Quelle in der Karasee,
hat sich in der Deckschicht der Arktis und in der östlichen Grönlandsee ein Gleichgewicht
zwischen Advektion und Diffusion eingestellt und die Konzentrationen ändern sich zeitlich
nur noch geringfügig. In der Arktis erreichen die Oberfächenkonzentrationen bereits nach
etwa 15 Jahren eine stationäre Verteilung. Auf dem Weg von der Karasee, wo die
Konzentrationen in der Deckschicht zwischen 1.0 - 0.1 Bq/m3
liegen, in den
Ostgrönlandstrom verringert sich die Konzentration in den kontaminierten Wassermassen bis
auf 0.01 Bq/m3.
Nach etwa 30 Jahren hat die Kontaminationsfahne große Teile des Kanadischen Beckens mit
der Strömung der Atlantischen Schicht in mittleren Tiefen erreicht. Hier liegen die
Konzentrationen in 200 - 400 m Tiefe bei 10-2 - 10-3 Bq/m3 .
84
Abb. 2.22: Szenario B: Oberflächenkonzentration von 137Cs
kontinuierlicher Freisetzung von 1 TBq/Jahr in der Karasee.
in Bq/m3 nach
3 Jahren
Abb. 2.23: Szenario B: Oberflächenkonzentration von 137Cs in Bq/m3 nach 31 Jahren
kontinuierlicher Freisetzung von 1 TBq/Jahr in der Karasee.
85
I. 5 Szenario C
Das folgende Szenario stellt eine Simulation des Austrittes von Radioaktivität aus dem im
April 1989 gesunkenen, in etwa 1700 m Tiefe südwestlich der Bäreninsel gelegenen, atomar
getriebenen Unterseebootes "Komsomolets" dar. Das Inventar des Reaktors wird auf u.a. 2.0
PBq 137Cs (zerfallskorrigiert für 1995) geschätzt (Høibraten et al., 1997). Wiederum werden
für die Freisetzung ein 'worst case' Szenario, sowie eines mit kontinuierlicher Freisetzung
gerechnet. Die Radionukklide werden in die 13. Modellschicht am Unglücksort eingespeist.
Diese überdeckt den Tiefenbereich von 1700 m am Schelfhang vor der Bäreninsel. Wie in
den vorhergehenden Szenarien so wird auch hier die Verdriftung der Kontamination über
einen Zeitraum von 30 Jahren verfolgt. Da die Geschwindigkeiten in diesen großen Tiefen
erheblich geringer als in oberen oder mittleren Tiefen sind, überdeckt die Kontamination nach
3 Jahrzehnten ein erheblich kleineres Gebiet.
I.5.1 Ausbreitungswege und Radionuklid-Konzentrationen
Abbildung 2.24 zeigt die Konzentration des freigesetzten Radionuklides im Fall einer kontinuierlichen Freisetzung von 137Cs mit einer Rate von 1 TBq/Jahr im Jahr 31 nach Start, in
einer Tiefe von 1000 m. Die maximalen Konzentrationen folgen der Strömung entlang des
Kontinentalhanges nach Norden und dringen in die Framstraße vor. Hier findet jedoch kein
relevanter Eintrag in die Arktis statt, da die nordwärts strömenden Wassermassen in dieser
Tiefe fast vollständig innerhalb der Framstraße rezirkulieren. Die weitere Ausbreitung folgt
der zyklonalen Zirkulation im Europäischen Nordmeer. Die Konzentrationen liegen um 10 bis
1 Bq/m3 in der Umgebung der Quelle und klingen auf unter 10 bis 2 Bq/m3 im südlichen
Europäischen Nordmeer ab.
Abbildung 2.25 hingegen zeigt das 31. Jahr nach einer instantanen Freisetzung des gesamten
Inventars an 137Cs in 1000 m Tiefe. Die gesamte Fläche des Europäischen Nordmeeres ist
hier mit Konzentrationen zwischen 1 und 0.1 Bq/m3 kontaminiert. Ein kleiner Teil der
Radionuklide ist in das tiefe Eurasische Becken der Arktis eingedrungen und weist dort
Konzentrationen von 10 bis 2 Bq/m3 am sibirischen Schelfhang auf. Einen Eindruck von der
vertikalen Verteilung erhält man durch Abbildung 2.26. Sie zeigt die Konzentrationen in den
einzelnen Schichten des Modells auf einem Schnitt durch das Europäische Nordmeer von der
Nordostecke Grönlands bis zum Nordkap. Deutlich ist das Aufwölben der maximalen
Konzentration zur Beckenmitte hin zu erkennen, welches mit der Form der Flächen konstanter
potentieller Dichte konform geht. Dies ist eine Folge der zyklonalen Zirkulation im tiefen
Europäischen Nordmeer und macht Wassermassen, und damit hier auch kontaminiertes
Wasser, einer Vermischung in geringere Wassertiefen verfügbar. So werden hier nach 3
Jahrzehnten der Ausbreitung in 500 m Wassertiefe Konzentrationen von 10 bis 2 Bq/m3
erreicht. Es ist zu erwarten, daß über längere Zeiträume hinweg auf diesem Wege
Radionuklide aus der "Komsomolets" an die Oberfläche gelangen. Allerdings sind die hierbei
zu erwartenden Konzentrationen im Vergleich etwa zu der durch Sellafield oder den globalen
'fallout' verursachten Belastung äußerst gering.
86
Abb. 2.24: Szenario C: Konzentration von 137Cs in Bq/m3 in 1000 m Tiefe nach 31 Jahren
kontinuierlicher Freisetzung von 1TBq/Jahr von Bord der "Komsomolets".
Abb. 2.25: Szenario C: Konzentration von 137Cs in Bq/m3 in 1000 m Tiefe 31 Jahre nach
instantaner Freisetzung des Inventars von Bord der "Komsomolets".
87
Abb. 2.26: Szenario C: Konzentration von 137Cs in Bq/m3 auf einem Vertikalschnitt durch
das Europäische Nordmeer 31 Jahre nach instantaner Freisetzung des Inventars von Bord
der "Komsomolets".
88
I. 6 Szenario D
An einer Reihe von Orten an der Küste der Kola-Halbinsel findet eine oberirdische Lagerung
von radioaktiven Abfällen und ausrangierten atomar getriebenen Unterseebooten statt (s.
Kapitel II.1.6). Im folgenden Szenario soll mittels einer hypothetischen Freisetzung von 1
TBq/Jahr 137Cs der Ausbreitungspfad einer durch Leckage verursachten Freisetzung
untersucht werden.
Abbildung 2.27 zeigt die Verteilung der Konzentration im Oberflächenwasser nach vier
Jahren. Wie zu erwarten ist der Ausbreitungspfad dem Szenario E (Sellafield) sehr ähnlich.,
denn die Sellafield Ausbreitungsfahne passiert auf ihrem Weg in die zentrale Arktis den
Einbringungsort für die Kontamination im vorliegenden Szenario. Für den weiteren Weg,
sowie die Ausbreitungszeiten der Konataminationsfahne sei deshalb auf das folgende
Szenario E verwiesen. Die Zeitdauer für das Überqueren des Barentsschelfes und die
Durchquerung der Karasee beträgt etwa 1 bis 2 Jahre.
e1
e0
e -1
e -2
Abb. 2.27: Szenario D: Oberflächenkonzentration von 137Cs in Bq/m3 nach vier Jahren
kontinuierlicher Freisetzung von 1 TBq/Jahr an der Kola Halbinselin der Barentssee.
89
I. 7 Das Szenario E
Im folgenden wird eine Simulation der großräumigen Ausbreitung des Radionuklides 137Cs
beschrieben. Dieses wird seit den 50er Jahren von der nuklearen Wiederaufbereitungsanlage
in Sellafield (GB) mit den Abwässern in die Irische See eingeleitet. Von hier aus nimmt es
seinen Weg mit den vorherrschenden Meeresströmungen in die Nordsee und anschließend mit
dem Norwegischen Küstenstrom entlang der norwegischen Küste nach Norden. Hier dringt es
bis weit in die zentrale Arktis vor. Aufgrund dieser Ausbreitungswege und der großen
Einleitungsmengen stellt die Wiederaufbereitungsanlage in Sellafield seit den 70er Jahren
eine der größten Quellen für Radioaktivität in der Arktis dar (Strand et al., 1996). Die
Simulation im Rahmen dieses Projektes wird vorgenommen, weil sie einerseits einen
Vergleich der radioaktiven Belastungen durch dies Quelle mit den hypothetischen
Belastungen durch die versenkten radioaktiven Abfälle in der Karasee erlaubt, und weil zum
anderen ein Vergleich der Modellergebnisse mit den recht umfangreichen Meßdaten sehr gut
zur Validation geeignet ist. Für das Experiment werden dem Modell die tatsächlichen 137Cs
Einleitungen in die Irische See im Zeitraum von 1965 bis 1995 (Kershaw, pers.comm.) als
Quelle am Nordausgang der Irischen See vorgeschrieben (Abb. 2.28). Die Einleitungen
werden über diese 3 Jahrzehnte hinweg mit den vom GS-Modell errechneten Meeresströmungen verdriftet. Daraufhin werden die vom GS-Modell in der Karastraße berechneten
Konzentrationen und Transporte als Randwerte an das Modell der Karasee (RS1) übergeben.
Lokale Auswirkungen in den Buchten und Fjorden der Karasee sind für dieses
Simulationsszenario ohne Bedeutung und entsprechende Berechnungen entfallen. Vor der
Darstellung der Modellergebnisse wird jedoch zum Vergleich auf die durch Messungen in
seit den 70er Jahren gewonnenen Daten im betrachteten Gebiet eingegangen.
Einleitungen ausgewählter Radionuklide der WAA Sellafield (BNFL) seit
1952
6000
TBq/Jahr
5000
4000
3000
2000
1000
1996
1994
1992
1990
1988
1986
1984
1982
1980
1978
1976
1974
1972
1970
1968
1966
1964
1962
1960
1958
1956
1954
Cs137
1952
0
Abb. 2.28: Szenario E: Reale Freisetzungsraten von 137Cs der Wiederaufbereitungsanlage in
Sellafield.Die höchsten Aktivitäten mit über 5200 TBq wurden 1975 eingeleitet.
90
I.7.1 Szenario E: globale Auswirkungen
I.7.1.1 Beobachtungen
Nach ihrer Freisetzung breiten sich die Radionuklide mit der vorherrschenden
Meeresströmung in der Nordsee entgegen dem Uhrzeigersinn aus, folgen der norwegischen
Küstenlinie mit dem Norwegischen Küstenstrom und gelangen so in die Barents- und Karasee
(Dahlgard, 1995; Kershaw and Baxter, 1995). Die höchsten Konzentrationen in der Irischen
See, der Nordsee und in der Norwegischen See werden in den späten 70er Jahren gemessen,
als die Freisetzungsraten für 137Cs ihr Maximum mit 3-5 PBq/Jahr (absolutes Maximum 1975)
erreichten. Diese führten zu 137Cs Aktivitätskonzentrationen von über 300 Bq/m3 in der
Nordsee. Abbildung 2.29 zeigt die gemessenen Oberfächenkonzentrationen in der Nordsee.
Das Maximum dieser Konzentrationsfahne erreichte den Arktischen Ozean als sie die
Barentssee durchquerte. Dies geschah etwa 6 Jahre nach dem Verlassen der Gewässer vor
Sellafield und führte in der südlichen Barentssee zu Oberfächenkonzentrationen von bis zu
50 Bq/m3 (Kershaw and Baxter, 1995). In den frühen 80er Jahren erreichten die Maxima der
Konzentrationen die Karasee mit immer noch bis zu 40 Bq/m3 (Povinec, pers.comm.; Crane,
1997). Hiernach ist der Weg der Ausbreitungsfahne aus den vorliegenden Messungen weniger
klar. In der ersten Hälfte der 90er Jahre wurden die höchsten 137Cs Konzentrationen in der
zentralen Arktis durch Holm et al. (1996) gefunden (14-19 Bq/m3). Sie schreiben diese Werte
den Freisetzungen der Jahre 1974 bis 1979 zu. Dies würde allerdings bedeuten, daß die
advektive Zeitskala von der Irischen See bis in die zentrale Arktis mindestens 15 Jahre
betrüge.
91
Activity concentration 137
ofCs [Bq/m3] in Sea water
Sept/Oct. 1979
0-10
10-20
20-30
30-40
40-50
50-60
60-70
70-80
80-90
90-100
100-110
110-120
120-130
140-150
>150
1979
Activity concentration 137
ofCs [Bq/m3] in Sea water
Juni/Aug. 1985
0-10
10-20
20-30
30-40
40-50
50-60
60-70
70-80
80-90
90-100
100-110
110-120
120-130
140-150
>150
1985
Abb. 2.29: Szenario E: Gemessene Oberflächenkonzentrationen von
und 1985.
92
137
Cs in Bq/m3, 1979
I.7.1.2 Simulationen
Verglichen mit diesen Messungen werden vom Ausbreitungsmodell sowohl der Weg, als auch
die Konzentrationen der freigesetzen Radionuklide sehr gut wiedergegeben. Dies trifft selbst
auf die im großskaligen Modell räumlich recht grob aufgelöste Nordsee zu (Vergl. hierzu
Abb. 2.29 und 2.30a und b). Kleinere Abweichungen zwischen Beobachtung und Simulation
lassen sich der nicht vorhandenen zwischenjährlichen Variabilität des (klimatologischen)
atmosphärischen Antriebes, und damit der ozeanischen Zirkulation, zuschreiben. Die dennoch
gute Übereinstimmung läßt darauf schließen, daß die wesentlichen Ausbreitungswege
zwischenjährlich nicht stark schwanken, sondern allenfalls in ihrer Intensität veränderlich
sind. Ein passiver Tracer wie das Radionuklid 137Cs stellt einen Integrator der Verhältnisse
der Vergangenheit dar. Eine weitere Quelle für Differenzen stellt der im Modell nicht
berechnete Hintergrundwert der Kontamination durch den Bomben-'fallout', sowie die nicht
betrachteten Einträge von 137Cs durch den Tschernobyl-Unfall dar. Ersterer führt zu einem
homogenen Fehler von etwa 2-5 Bq/m3 in den 90er Jahren (Smith et al., 1998a), während
letzterer durch Eintrag aus der Ostsee in die Nordsee zu ca. 50 Bq/m3 zusätzlicher
Konzentration im Norwegischen Küstenstrom im Jahr 1986 führt, der bis 1995 auf etwa 20
Bq/m3 abklingt (Nies and Wedekind, 1988).
Im Modell erreichen die maximalen durch Sellafield verursachten Konzentrationen an 137Cs
nach 6 Jahren die Barentssee mit 30-60 Bq/m3 in den südlichen und östlichen Bereichen, die
am meisten von den einströmenden atlantischen und Küstenwassern des NCC beeinflußt
werden. Der Hauptteil des kontaminierten Wassers breitet sich zwischen Franz-Josef-Land
und Novaya Semlya in die nördliche Karasee hinein aus, ein kleinerer Anteil durchströmt die
Karasee von Südwesten, nachdem er durch die Karstraße eingedrungen ist. Hier ist die
maximale Konzentration im Jahre 1983 zu verzeichnen. In der östlich Barentssee und einem
Teil der nördlichen Karasee führt intensive vertikale Vermischung zu einem Eintrag von 137Cs
in dichtere und damit schwerere Wasserschichten, die in die atlantische Schicht in mittleren
Tiefen des zentralen Arktischen Ozeans speisen. An der Oberfläche der zentralen Arktis
werden vom Modell die maximalen Konzentrationen zwischen 1985 und 1990 mit etwa 40
Bq/m3 berechnet. Sie reduzieren sich bis auf 15 Bq/m3 Mitte der neunziger Jahre, vergleichbar
mit den Messungen von Holm et al. (1996). Im Gegensatz zu seiner Einschätzung zeigt das
Modell eine Transportzeitskala von etwa 10 Jahren für die Strecke von der Irischen See bis in
die zentrale Arktis. Die Mitte der neunziger Jahre dort gefundenen Werte muß man also eher
den bereits abklingenden Freisetzungsraten zuschreiben, als den maximalen Freisetzungsraten
der späten 70er Jahre. In der Nordsee und der Norwegischen See klingen die durch Sellafield
verursachten Konzentrationen Mitte der neunziger Jahre bis auf unter 5 Bq/m3 ab.
Die maximalen Konzentrationen im Tiefenbereich von 100-400 m der Arktis liegen zu dieser
Zeit bei 10-20 Bq/m3. Diese der unteren Halokline und dem Atlantischen Wasser zugehörigen
Wasserkörper zirkulieren in weiten Teilen des Eurasischen Beckens und erreichen am
Kontinentalabhang entlang die geographische Länge der Chukchisee im Kanadischen Becken
(Karcher et al., 1999) (Abb. 2.31). Dies wurde auch von Smith et al., (1998b) bei einer der
wenigen Messungen, die aus dem Kanadischen Becken durchgeführt wurden vorgefunden.
Die Modellergebnisse unterstützen die Annahme von Smith et al. (1997), daß das
Vorkommen von hohen 129I Konzentrationen an den selben Orten eine Folge von Emissionen
dieses Radionuklides durch die Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield und La Hague
darstellt.
93
Source: Sellafield
1979
Source: Sellafield
1985
Abb. 2.30: Szenario E: Modellierte Oberflächenkonzentrationen von
Jahren 1979 und 1985.
94
137
Cs in Bq/m3 in den
In der westlichen Grönlandsee sind Spuren der simulierten 137Cs Kontamination ab 1978 mit
einem Maximum in etwa 150 m Tiefe an der östlichen Flanke des Ostgrönlandstromes zu
finden. Dieses tiefe Maximum hält bis 1985 mit Konzentrationen von 15-20 Bq/m3 an.
Tatsächlich ist dieses Tiefenmaximum im Jahr 1982 gemessen worden (Aarkrog et al., 1983).
Die Modellsimulation zeigt, daß es durch kontaminiertes Atlantisches Wasser aus dem
Norwegischen Atlantischen Strom hervorgerufen wurde, welches südlich der Framstraße nach
Süden rezirkuliert. Nach 1986 wird dieses Maximum durch ein flacheres (ca. 100 m)
gelegenes Maximum an der Westseite des Ostgrönlandstromes abgelöst. Dieses resultiert
durch den Ausstrom von kontaminiertem Polarem Wasser welches den langen Weg über die
Schelfgebiete und die inneres Arktis zurückgelegt hat. Dies spätere Maximum wurde von
Dahlgaard (1994) beobachtet. Die heutigen Werte im Ostgrönlandstrom liegen bei etwa 10
Bq/m3.
Abb. 2.31: Szenario E: Modellierte Konzentrationen von 137Cs in Bq/m3 im Jahr 1995 auf
einem Vertikalschnitt durch die Arktis von Kanada bis in die Karasee.
95
I.7.2 Szenario E: regionale Auswirkungen in der Karasee
Die Auswirkungen des Sellafield-Signals werden auch in der Karasee nachsimuliert, um ein
möglichst genauen Vergleich mit den Atommüll-Szenarien A und B durchführen zu können.
Zur Anwendung kommt das hochauflösende RS1-Modell, das am Eingang der Karastrasse
mit Kontaminationsrandwerten aus dem GS-Modell versorgt wird. Simuliert wird der
Zeitraum 1978 – 1985, da in dieser Zeitspanne die Spitzenbelastung für die Barents- und
Karasee lag (Abb. 2.32). Die für diese Simulation nötigen Randwerte in der Karastrasse
entstammen dem großskaligen GS-Modell (s.o.).
F ebruary
S eptem ber
1978
1979
1980
1981
1982
1983
10
30
50
70
90
110
13 0
150
Abb. 2.32: Szenario E: Simulierte Verteilung der oberflächennahen 137Cs Konzentrationen
(Bq/m3) in der Karasee als Folge der Einleitungen der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield.
96
Das Sellafield-Signal breitet sich in der Karasee entsprechend der vorherrschenden
Zirkulation vor allem nordostwärts aus. Die Spitzenbelastung wird etwa im Jahr 1983
erreicht, wobei die maximalen Werte mit etwa 40 Bq/m3 entlang der Ostküste Novaya
Semlyas und an der Westküste der Yamal Halbinsel zu finden sind. Relativ unbelasted (< 20
Bq/m3) verbleiben die Ästuarien und die sibirische Küste entlang der Taymyr Halbinsel, wo
unkontaminiertes Flußwasser dominiert.
Ein Vergleich zwischen Abb. 2.32 und 2.7 zeigt, daß die Sellafield-Simulation für 1983, vom
Radioaktivitätsniveau her, in etwa der ‘worst case’-Simulation aus Szenario A entspricht (2.
Jahr nach der Freisetzung).
I.8 Zusammenfassung der Modellergebnisse
Die Ergebnisse der durchgeführten Szenarien zeigen, daß der versenkte Atomabfall in der
Karasee für die radiologische Gesamtsituation des Arktischen Ozeans und des europäischen
Nordmeers nur eine untergeordnete Rolle spielt. Die zu erwartenden RadionuklidKonzentrationen aus versenktem Atommüll lägen, global gesehen, deutlich unterhalb der
bereits vorhandenen künstlichen Radioaktivität, die in der Arktis hauptsächlich von den
westeuropäischen Wiederaufbereitungsanlagen Sellafield und La Hague sowie von dem
Tschernobyl-Unfall bestimmt wird.
I.8.1 Ausbreitungswege und Radionuklid-Konzentrationen
Das Szenario A ('worst case') zeigt, daß in den lokalen Quellregionen (Fjorde, Buchten etc.)
die Radionuklid-Konzentrationen extrem hohe Werte von mehr als 106 Bq/m3 annehmen
können. Allerdings sind die Austauschzeiten der Buchten mit 3 – 5 Monaten relativ kurz, was
zu einer raschen Abnahme der Werte führt. Auch bei den graduellen Freisetzungen (Szenario
B) sind die Werte auf der lokalen Skala am höchsten und erreichen bis zu 5000 Bq/m3. Der
Ausstrom von Radioaktivität aus der Abrosimov Bucht unterliegt einer deutlichen
Saisonalität, die sich auf die zeitliche und räumliche Verteilung der Maximalkonzentrationen
auswirkt.
Die Ausbreitung auf der regionalen Skala ist generell nach Nordosten gerichtet wobei der
Hauptteil der Kontamination aus der Karasee in den Arktischen Ozean und die Laptevsee
gelangt. Diesbezüglich gibt es keine Unterschiede zwischen Szenario A und B. Eine direkte
Ausbreitung in Richtung Barentssee, durch die Karastraße, kann weitestgehend
ausgeschlossen werden. Die zeitlich und räumlich gemittelten Radionuklid-Konzentrationen
im Wasser der Karasee steigen in Szenario A kaum über 50 Bq/m3 an. Entsprechende Werte
aus Szenario B bleiben sogar unterhalb von 1 Bq/m3.
Die großskaligen Simulationen in Szenario A und B zeigen, daß die oberflächnenahe
Kontamination die Karasee generell polwärts verläßt, teilweise auf einem Umweg über die
Laptevsee. Die Kontamination erreicht nach 2-3 Jahren den Bereich der Transpolardrift mit
deren Hilfe nach 7-8 Jahren die Framstraße erreicht wird. Weitere 4 Jahre werden benötigt,
um die Dänemarkstraße östlich von Grönland zu erreichen. Radioaktivität in größeren Tiefen
97
(> 200 m) verläßt den Schelfsockel der Karasee ostwärts und folgt den Tiefenkontouren des
Kontinentalabhangs im Arktischen Ozean. Diese radioaktiven ‘Tracer’ rezirkulieren entlang
des Lomonossov Rücken im Eurasischen Becken und erreichen die Framstraße erst nach etwa
18 Jahren. Teilweise erreichen sie auch, nach etwa 30 Jahren, das Kanadische Archipel. In
Szenario A betragen die Radionuklid-Konzentrationen in der östlichen Karasee etwa 60
Bq/m3, nehmen in der Transpolardrift aber auf 10-20 Bq/m3 ab. Im europäischen Nordmeer
werden dagegen kaum höhere Werte als 1 Bq/m3 erreicht. Noch wesentlich niedriger sind die
Werte aus Szenario B in dem das Radioaktivitätsniveau von 1.0 - 0.1 Bq/m3 in der Karasee
auf 0.01 Bq/m3 im Ost-Grönlandstrom abfällt.
Die als Vergleich zu den Atommüll-Szenarien herangezogene Ausbreitung des SellafieldSignals (Szenario E) zeigt dagegen Spitzenbelastungen an der Oberfläche der Nordsee,
Norwegischen See und Barentssee zwischen 50 und 150 Bq/m3 Seewasser, vor allem um
1980. Die Gegenüberstellung der mittleren Konzentrationen aus Szenario A, B, C und E (Tab.
2.1) macht deutlich, daß die radioaktive Belastung im Oberflächenwasser der stark befischten
Nordsee, Norwegischen See und Barentssee aufgrund der WAA Sellafield zwischen 1975 und
1985 etwa dasselbe oder sogar ein höheres Niveau hat als in der kaum befischten Karasee, bei
Annahme des simulierten ‘Katastrophenszenarios’. Vergleichbare Werte ergaben sich
übrigens auch im Oberflächenwasser der Ostsee als Folge des Tschernobyl Unglücks 1986
(100-300 Bq/m3).
Die Ursache für die vergleichsweise niedrigen Konzentrationen aus den Atommüll-Szenarien
liegt in den deutlich geringeren Freisetzungsraten (Tab. 2.2). Während in Sellafield und
Tschernobyl zwischen 0.5 und 5 PBq/a freigesetzt wurden, überschreiten die Freisetzungen
aus den Atommüll-Szenarien 0.001 PBq/a nicht. Auch das Gesamtinventar des Atommülls ist
mit etwa 1 PBq 137Cs gegenüber den Tschernobyl-Freisetzungen und den SellafieldEinleitungen erheblich niedriger.
I.8.2 Sensitivitätsanalyse
Aufgrund der Datenlage zum Zeitpunkt der vorliegenden Untersuchung wird für den Antrieb
der Modelle ein klimatologischer atmosphärischer Datensatz verwendet. Dieser besteht aus
Monatsmitteln der wesentlichen atmosphärischen Parameter eines "mittleren" Jahres der
achtziger Jahre. Dies bedeutet, daß die Zirkulation des Ozeans, die vor allem in oberen Teilen
der Wassersäule ganz wesentlich vom Windstress bestimmt wird, zwischen den einzelnen
Jahren unveränderlich ist. Eine zwischenjährliche Veränderlichkeit ist unseren Modelluntersuchungen also nicht enthalten. Allerdings zeigen Beobachtungen, daß zwar die
Intensität, nicht aber die grundsätzliche Struktur der Zirkulation im Europäischen Nordmeer
und der Arktis, veränderlich ist. Zwar wird bezüglich der Oberflächenzirkulation der Arktis
von Schwankungen der Lage der Transpolardrift und der Größe des Beaufortwirbels im
Kanadischen Becken auf Zeitskalen von 5 - 10 Jahren berichtet (Proshutinsky und Johnson,
1997) doch wäre die Folge für die hier untersuchten Ausbreitungen abschätzbar. Das
großskalige Modell zeigt eine Transpolardrift weit im Kanadischen Becken und einen sehr
kleinen Beaufortwirbel. Dies entspricht dem Typ B in Abbildung 1.2. Eine Zirkulation vom
Typ A würde zu einer leichten Verkürzung der Transportzeiten von den Schelfgebieten in die
zentrale Arktis und zur Framstraße, sowie ein weniger weites Eindringen in das Kanadische
Becken an der Oberfläche bewirken. Die zu erwartenden Konzentrationen wären aufgrund des
kleineren durch Kontamination überdeckten Gebietes leicht erhöht. An der grundsätzlichen
98
Aussage der Szenarien wären jedoch keine Veränderungen zu erwarten. Hierfür spricht auch
das sehr gute Ergebnis von Szenario E, dem Verdriften der Sellafield Einleitungen über einen
Zeitraum von 3 Jahrzehnten mit dem klimatologisch angetriebenen Ozean, im Vergleich zu
Messungen (Nies et al., 1998).
Eine weitere Auswirkung zwischenjährlicher Veränderlichkeit betrifft die von Jahr zu Jahr
schwankende Intensität der Produktion dichter Wassermassen auf den sibirischen Schelfen.
Diese beeinflußt die Aufteilung von im Wasser vorhandenen Spurenstoffen auf die im
Oberflächenbereich verbleibenden und die in größere Tiefen absinkenden Anteile. Hier ist zu
erwarten, daß ein klimatologischer Antrieb auf der Basis von Monatsmitteln, durch das
Fehlen der Spitzen des Wärmeverlustes über den Schelfgebieten, die Produktion des dichten
Wassers unterschätzt. Dennoch zeigt ein Vergleich von Messungen des Radionuklides 129I,
welches von den Wiederaufbereitungsanlagen in Sellafield und La Hague eingebracht wird,
mit einem entsprechenden Modellszenario eine gute Übereinstimmung auch in den dichteren
Wasserkörpern der Atlantischen Schicht im Kanadischen Becken (Karcher et al., 1999).
Neben der relativen Stabilität der Zirkulationssysteme trägt hierzu sicherlich auch die
Tatsache bei, daß die Verteilung der sich im Ozean ausbreitenden Spurenstoffe immer ein
integrales Resultat der von ihnen erfahrenen zeitlichen und räumlichen Veränderlichkeit
darstellen.
99
II Die Ausbreitung von Radioaktivität durch Meereis
Untersuchungen von Schadstoffen im Meereis haben gezeigt, daß die gemessenen
Schadstoffkonzentrationen im Eis selbst meist sehr gering sind aufgrund des
Abreicherungsprozesses während der Eisbildung. Gelöste Substanzen verbleiben mit dem
Meersalz zusammen im Wasser, wodurch Meereis für gewöhnlich erheblich ‚sauberer‘ ist als
das Wasser aus dem es gebildet wurde. Eine große Anzahl von Schadstoffen in der marinen
Umwelt werden aber nicht als im Wasser gelöste Substanzen verdriftet sondern mit Hilfe von
partikulären Trägersubstanzen, wobei sich der betreffende Schadstoff an im Wasser
schwebende Partikel oder Sedimente anlagert. Tatsächlich sind die kritischen Schadstoffe in
der marinen Umwelt eher ‘particle reactive’ wie beispielsweise bestimmte Schwermetalle
(Blei, Eisen, Kupfer und Kadmium). Aber auch Radioaktivität wird nicht direkt im Meereis
transportiert sondern mit Hilfe von Sedimentpartikeln, die im Meereis eingefroren sind und an
die bestimmte Radionuklide gebunden sein können.
II.1 Empirische Studien
In den letzten Jahren beschäftigten sich zahlreiche Expeditionen und Beobachtungen mit dem
Vorkommen von Sedimenten und partikulären Substanzen im arktischen Meereis. Hierbei
wird deutlich, daß ganz erhebliche Anteile von Sediment und partikulärem Material in das Eis
‘eingefroren’ werden.
II.1.1 Stand der Forschung
Die höchsten Konzentrationen werden bisher auf der Oberfläche von mehrjährigem ‘altem’
Eis in der zentralen Arktis gemessen. Durch die fleckenhafte Struktur variieren die
gemessenen Werte allerdings erheblich von 10 mg/l bis zu 56000 mg/l. Eine Eisfläche von
40000 km2, was etwa einem Zehntel der Fläche der Karasee entspricht, würde bei einer
mittleren Sedimentfracht von 125 mg/l (etwa 240 t/km2) 9.6 Millionen Tonnen Sediment
transportieren.
Die Aufnahme von Sediment in das Eis kann durch sehr unterschiedliche Prozesse stattfinden.
In den flachen Schelfmeeren besteht prinzipiell die Möglichkeit des direkten Kontaktes mit
dem Sediment durch Strandung von Eisbergen, Presseisrücken oder großen Eisschollen. Auch
das Anfrieren der Eisdecke am Boden ist möglich. Bezüglich der beobachteten
Sedimentmengen können diese Prozesse zwar beitragen, sind aber nicht effektiv genug, um
ein flächenhaftes Sedimentvorkommen im arktischen Packeis zu erklären. Derzeit erscheint
der Prozeß der Eisbildung in offenem Wasser als am wahrscheinlichsten geeignet die
beobachteten Sedimentmengen zu erklären.
Offenes Wasser ist selbst im Winter keine ungewöhnliche Erscheinung in der Arktis. Vor
allem in den flachen Schelfregionen entlang von Küsten treten offene Flächen und breite
Rinnen im Eis häufig auf. Die Hauptversenkungsgebiete der Nuklearabfälle liegen im Bereich
einer Grenzlinie zwischen Festeis und Drifteis, östlich von Novaya Semlya in der Karasee. An
dieser Nahtstelle öffnet sich das Eis häufig in Form von kleineren, lokalen Gebieten, den
sogenannten ‘Polynyas’ oder in Form von langgestreckten, offenen Rinnen, den ‘flaw leads’.
100
Das durch den Wind getriebene, dünnere Drifteis reißt dabei von dem an Land angefrorenen,
dickeren Festeisrand ab. Über dem offenen Wasser fehlt nun die isolierende Eisschicht und
das Meer ist an dieser Stelle einer intensiven Abkühlung durch die Atmosphäre ausgesetzt
(Abb. 2.33). Hohe Wärmeverluste und eine damit verbundene starke Eisbildung führen zu
vertikalen Konvektionsströmen und bewirken zusammen mit dem Impulseintrag durch den
Wind eine turbulent durchmischte Wassersäule. Partikel und aufgewirbeltes Sediment werden
während dieser initialen Phase der Eisbildung, der sog. ‘frazil ice formation’ eingefroren,
wobei die zunächst im freien Wasser treibenden Partikel in einem sich zunehmend
verfestigenden Eisbrei gefangen werden.
Sind Sedimente und andere Partikel im Eis eingefroren, kommt es meist zu einer
Anreicherung an der Eisoberfläche. Diese Akkumulation ergibt sich aus der Tatsache, daß
Meereis an der Oberfläche schmilzt und an der Unterseite anwächst. Dadurch ‘wandern’ die
eingeschlossenen Partikel bzw. Sedimente während eines Jahreszyklus von der Unterseite
oder dem Eisinneren an die Eisoberfläche.
Kara Sea Flaw Lead
W
E
Offshore
Winds
Clouds
Transpolar Drift
Fog
Flaw lead
Thermal energy release
Fast Ice
Frazil
Ice
Drift Ice
Langmuir
cells
Re-suspension
Suspension
Freezing
Thermohaline
convection
Cold Brines
Halocline
Deep water
inflow?
Shelf Shallows
Slope
Abb. 2.33: Schematische Darstellung der physikalischen Prozesse in einem 'flaw lead', einer
offenen Wasserfläche innerhalb der geschlossenen Eisdecke des Arktischen Ozeans.
101
II.1.2 Aktuelle Messungen und Beobachtungen in der Karasee
Im April 1997 wurde in Kooperation zwischen dem Murmansk Marine Biological Institute
(MMBI, Murmansk, Rußland), dem GEOMAR Forschungszentrum für marine
Geowissenschaften (Kiel) sowie dem Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie
(Hamburg) die Land/Luft-gestützte KaBaEx '97 Expedition in die Eisbildungsgebiete der
südwestlichen Karasee durchgeführt. Ziel dieser Geländestudie war es, den möglichen Eintrag
potentiell radioaktiv kontaminierter Sedimente vom Schelfboden der Karasee in das lokal neu
gebildete Eis zu untersuchen sowie deren Ausbreitung in Richtung Europäisches Nordmeer zu
quantifizieren.
Die wiederkehrenden 'flaw leads' in der SW Karasee befinden sich entlang eines sehr
schmalen Küsten-Festeisaumes (Abb. 2.34). Die Wassersäule im 'lead' und unterhalb des
Festeises, in der Nähe der offenen Wasserrinnen, ist turbulent durchmischt (keine
signifikanten Salinitäts- und Temperaturgradienten). Dies deutet auf einen möglichen
konvektiven Eintrag von Schelfbodensedimenten in das lokal gebildete Meereis hin.
Abb. 2.34: NOAA-12 Satellitenbild vom 10. April 1993, das sog. 'coastal flaw leads' in der
eisbedeckten, westlichen Karasee zeigt. Die Boxen A-C bezeichnen die 'lead' Sektionen östlich
von Novaya Semlya (Martin & Cavalieri 1989). Box D bezeichnet das Amderma/Vaygach
'flaw lead', das während der Feldexpedition im April 1997 beprobt wurde.
102
Das Meereis in der Beprobungsregion der KaBaEx '97-Expedition enthält bis zu etwa 140
mg/l feinkörnige, weit überwiegend klastische Einschlüsse (Abb. 2.35). Somit kann der
Sedimentinhalt des Meereises - zumindest in Teilgebieten der Karasee - erstmals quantifiziert
und qualifiziert werden. Die Meereissedimente der SW Karasee (und der zentralen Arktis)
sind überwiegend feinkörniger ausgeprägt als die Schelfbodensedimente und enthalten
zwischen 60 und fast 100 % Feinfraktion mit <63 m Durchmesser. Die Korngrößenverteilung
der Schelfbodensedimente variiert dagegen zwischen sandiger und siltig-toniger Ausprägung.
Hieraus ist abzulesen, daß es zu einer relativen Anreicherung der Feinfraktion in den
Meereissedimenten gegenüber dem Schelfboden kommt. Die Oberflächensedimente aus den
Buchten entlang der Ostküste Novaya Semlyas zeigen ebenfalls sehr hohe (bis 99 %) Anteile
in der Silt und Tonfraktion.
Particle content
(mg/l)
0 10 20 30 40
F
É
H
JÇBÑ
0
Ç
F
HÉ
J ÑB
F
ÇJ
É
ÑB
H
F
É
ÑJ
HB
Ç
50
F
H
B
F
HÇ J
F
J
no
data
J
H
H
Core depth (cm)
F
Ñ
É
HB J
Ç
100
B
J
H
H
150
H
F
Ç
Ñ
É
200
#1
#2
#3
#4
#5
#6
#7
0 40 80 120 160
Particle content
(mg/l; #5)
Abb. 2.35: Vertikalverteilung von partikulärem Material in den sieben Eiskernen (#1 bis #7)
nahe der Amderma/Vaygach 'flaw lead' Region
103
Die Expeditionsergebnisse zeigen, daß in der südwestlichen Kara Sea quantifizierbare
Mengen feinkörniger Schelfbodensedimente in das lokal gebildete Meereis inkorporiert
werden. Die detaillierten sedimentologischen Untersuchungen zeigen, daß die Erkenntnisse
aus der südwestlichen Karasee auf die Buchten entlang der Ostküste Novaya Semlyas
übertragbar sind.
Ausgehend von den ozeanographisch-sedimentologischen Erkenntnissen der KaBaEx '97 läßt
sich das Eintragsszenario für potentiell radioaktiv belastete Schelfsedimente in neugebildetes
'lead'-Eis der westlichen Karasee entwerfen. Langmuir Zirkulation und thermohaline
Konvektion können demnach als vornehmlichste Prozesse für die Durchmischung der
Wassersäule und zur Resuspension von Schelfbodensedimenten während der turbulenten
'lead'-Eisbildung auf den arktischen Schelfen angesehen werden. Die erhöhten
Partikelkonzentrationen in den oberen 60-70 cm der Eiskerne nahe des Amderma/Vaygach
'flaw leads' sowie die große Ähnlichkeit zwischen Meereis- und Schelfbodensedimenten im
Untersuchungsgebiet deuten auf einen intensiven Eintrag durch Suspensionsgefrieren und
Filtration während der initialen Eisbildungsphase über offenem Wasser ('lead') hin. Die
hydrodynamischen Prozesse aktivieren vornehmlich feinkörnige Substrate vom Schelfboden
und tragen diese in das Meereis ein, so daß die Meereissedimente eine deutlich feinere
Sortierung aufweisen als die darunterliegenden Schelfbodenablagerungen. Dies wurde bereits
in der Laptev- und Beringsee nachgewiesen sowie in Tankversuchen belegt.
II.2 Numerische Simulationen zur Eisdrift
Die Karasee bildet nach der Laptevsee die größte Exportregion für Meereis. Etwa 150 km3 Eis
verlassen pro Jahr die Karasee und driften in den zentralen Arktischen Ozean. Die Eismassen
treiben mit der sogenannten transpolaren Eisdrift in Richtung Framstraße, der Meerenge
zwischen Grönland und Spitzbergen. Hier verläßt das Eis mit dem Ost-Grönlandstrom den
Arktischen Ozean und gelangt weiter nach Süden in das Europäische Nordmeer und den
nördlichen Nordatlantik wo das eingefrorene Sediment durch die Eisschmelze wieder
freigesetzt wird. Da es sich hierbei meist um Regionen mit erhöhter biologischer Produktion
handelt, werden die durch Eisschmelze freigesetzten Schadstoffe teilweise direkt in die
Nahrungskette eingeführt. Darüber hinaus fällt die Eisschmelze für gewöhnlich in die Zeit der
biologischen Frühjahrsblüte was die Möglichkeit der Aufnahme in die Nahrungskette weiter
erhöht.
Modellrechnungen und die Driftbahnen von satellitengeorteten Bojen haben bestätigt, daß die
transpolare Eisdrift der dominierende Bewegungsvorgang innerhalb der Arktis ist. Diese
Tatsache war bereits Fritjof Nansen bekannt, und er nutzte sie für die geplante TransNordpol-Drift seines Schiffes ‘Fram’. Auch wenn er den Pol verfehlte, so brauchte sein Schiff
doch kaum mehr als zwei Jahre vom Zeitpunkt des Einfrierens in der Laptevsee bis zum
Freikommen bei Spitzbergen. Jüngere Drift-Experimente haben gezeigt, daß Bojen sogar in
weniger als einem Jahr von der Karasee bis in die Grönlandsee gelangen können.
104
II.2.1 Eisdrift in der Karasee (regionale Skala)
Beobachtungen (Pavlov et al., 1993) zeigen, daß der Volumenstrom von Meereis aus der
Karasee in den Arktischen Ozean oder die Barentssee auch berücksichtigt werden muß. Um
den möglichen Radionuklidexport durch Meereis abzuschätzen, kann man einen
Volumenstrom aus der Karasee in den Arktischen Ozean in der Höhe von 150 km3/a (Pavlov
et al., 1993) mit einer Sedimentbeladung von 3 mg/l (IAEA, 1994) und einer
Radionuklidkonzentration im Meereis-Sediment von 70 Bq/kg (Meese et al., 1995)
annehmen. Die Transportrate von Radionukliden in Richtung Arktischer Ozean liegt dann in
der Höhe von 0,03 TBq/a. Ein sehr ähnlicher Wert ergibt eine Schätzung für die Transportrate
durch Meereis aus der Karasee in die Barentssee.
II.2.2 Eisdrift im Arktischen Ozean (globale Skala)
Grundlage der Eisdrift-Trajektorien ist der Jahresgang der Zirkulation und Eisbedeckung
(Dicke und Konzentration) des auch für die ozeanischen Ausbreitungsexperimente benutzten
Modelllaufes des 36. Jahres. Zu dieser Zeit sind Zirkulation und Eisbedeckung bereits über
zwei Jahrzehnte zyklisch stationär. Auf der Grundlage dieser Daten (als Monatsmittel)
werden mittels eines Lagrange‘schen Verfahrens die Trajektorien von einem beliebigen
Startfeld aus über jeweils 3 Jahre zeitlich vorwärts integriert.
Abbildung 2.36 zeigt die Drift-Trajektorien 3 Jahre nach einem Start entlang einer Linie von
Alaska über den Nordpol hinweg bis in die südliche Karasee hinein. Sollte eine Trajektorie
vor Ablauf der 3 Jahre sich in vollständig abgeschmolzenem Eis befinden, so wird sie
gestoppt und die Zahl am Ende der Trajektorie stellt den Monat des Abschmelzens dar.
Abb. 2.36: Modellierte Trajektorien der Eisdrift, 3 Jahre nach Start auf einer Linie vom
Kanadischen Archipel bis nach Sibirien
105
Die Abbildung macht die großräumige Zirkulation des Eises in der Arktis deutlich. Der
Bereich des Kanadischen Beckens wird von einem großflächigen Beaufort Wirbel dominiert.
Dieser mündet im Eurasischen Teil der Arktis, ebenso wie die in der Karasee gestarteten
Trajektorien in die Transpolardrift, die sehr schnell Eis zum Ostgrönlandstrom und damit zum
Teil bis in die südwestliche Grönlandsee verdriftet. Ein Teil des Eises gelangt von der
nordwestlichen Karasee in die Barentssee und schmilzt dort. Die Driftzeit beträgt 0-1 Jahr in
die Barentssee und 1-2 Jahre bis in den Ostgrönlandstrom. Diese Werte stimmen gut mit
Auswertungen von Satellitenbeobachtungen überein (Abb. 2.37).
Abb. 2.37: Mittlere Eisdrift und Driftzeiten bis zum Erreichen der Framstrasse, gewonnen
aus Bojendaten der Jahre 1979-1993 (International Arctic Buoy Program, Polar Science
Center, University of Washington)
106
Eine differenziertere Aussage über die Eisdrift potentiell kontamierten Materials aus der
Karasee läßt das in Abbildung 2.38 dargestellte Experiment zu. Hierfür werden EisdriftTrajektorien in der südlichen, mittleren und nördlichen Karasee jeweils im Oktober gestartet.
Wiederum wird die Drift über 3 Jahre oder bis zur vollständigen Abschmelzung verfolgt. Es
wird deutlich, daß im vorliegenden Experiment die in der südlichen Karasee gestarteten
Eistrajektorien innerhalb des folgenden Winters nicht aus der Karasee hinaus gelangen und
dort im September abschmelzen. Hingegen ist ein großer Prozentsatz der in der mittleren
Karasee gestarteten Trajektorien in der Lage, die Barentsee zu erreichen und dort im
folgenden Sommer zu schmelzen. In der nördlichen Karasee gestartete Trajektorien gelangen
zu einem Drittel gar bis in die Transpolardrift, die übrigen zwei Drittel treiben in die
Barentssee.
Abb. 2.38: Eisdrift-Trajektorien 3 Jahre nach Start in (a) der südlichen (b) der mittleren und
(c) der nödlichen Karasee. Startmonat ist jeweils Oktober. Die unterschiedlichen Farben sind
zur besseren Unterscheidbarkeit der verschiedenen Trajektorien verwendet.
107
II.3 Quantifizierung des Exports radioaktiv belasteter Sedimente
Die flachen, küstennahen Gebiete der Karasee sind während des arktischen Winters von
turbulenter Neueisbildung in Zonen offenen Wassers, den sog. 'flaw leads', charakterisiert (s.
Abb. 2.34). Hydrodynamische Prozesse in den 'leads' ermöglichen die Mobilisierung
feinkörniger, potentiell radioaktiv kontaminierter Schelfbodensedimente und begünstigen
deren Inkorporation in das neu gebildete Meereis.
Für die quantitative Abschätzung des Sedimenteintrages und des damit verbundenen
Radionuklidtransportes durch 'lead'-Eis im Untersuchungsgebiet werden nur die
Partikelgehalte in den oberen 60-70 cm der Eiskerne berücksichtigt. Der resultierende
Mittelwert von 11mg/l wird mit den Eisvolumina kombiniert, welche in den 'lead'-Sektionen
A, B, C und D (eigene Schätzung: 7 km3) jährlich produziert werden. Da für die 'lead'Abschnitte entlang der Ostküste Novaya Semlyas keine Meereissediment-Daten vorliegen,
werden die Konzentrationen aus Sektion D auch für die Sektoren A-C angenommen. Nach
den Berechnungen kann jährlich eine Gesamtmenge von ca. 500.000 t Sediment in das 'lead'Eis der Sektionen A-D eingetragen werden. Die Sediment-Exportraten der Sektionen C und D
differieren signifikant von den potentiellen Eintragsraten, da das hier gebildete Eis aufgrund
der Driftverhältnisse nur eine etwa 10 %ige Wahrscheinlichkeit (pers. Mitt. I. Rigor, Seattle,
USA) besitzt, die Karasee vor der Sommerschmelze zu verlassen. Somit kann nur eine
Gesamtmenge von ca. 300.000 t Meereissediment die westliche Karasee saisonal in Richtung
zentrale Arktis und Europäisches Nordmeer verlassen.
Die Abschätzungen des Sedimenteintrags und -exportes werden mit gemessenen und
modellierten 137Cs und 239,240Pu-Daten (Bq/kg) aus Schelfboden-Ablagerungen nahe bzw.
direkt unterhalb der 'flaw leads' kombiniert. Die maximalen Oberflächen-Kontaminationen
(3000 Bq/kg 137Cs bzw. 750 Bq/kg 239,240Pu) werden nach modellierten OberflächenwasserKonzentrationen von 1000 Bq/m3 137Cs und 7.5 Bq/m3 239,240Pu infolge einer
"augenblicklichen" Freisetzung der gesamten Radioaktivitäts-Inventare der westlichen
Karasee (1 PBq 137Cs und 10 TBq 239,240Pu) berechnet. Demnach liegen die maximalen
Eintragsraten von partikelgebundenem 137Cs und 239,240Pu in das 'lead'-Eis der westlichen
Karasee etwa bei 0.58 bzw. 0.17 TBq. Die maximalen Exportraten übersteigen jedoch nicht
0.40 bzw. 0.12 TBq (aufgrund der Eisdriftbedingungen). Diese Exportraten repräsentieren
lediglich ca. 0.0004 bzw. 1.2 % des gesamten 137Cs- und 239,240 Pu-Inventars der Karasee.
108
II.4 Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen, daß erhebliche Mengen feinkörniger - potentiell radioaktiv belasteter Sedimente vom Meeresboden in das Eis der südwestlichen Karasee eingetragen werden.
Numerisch simulierte Eisdriftwege belegen, daß das mit Sedimenten beladene Meereis aus
seinen Bildungsgebieten entlang der Küste Novaya Semlyas innerhalb eines Winters die
Karasee in Richtung zentraler arktischer Ozean verlassen kann. Obwohl die MeeresbodenSedimente im Untersuchungsgebiet der KaBaEx '97 nicht signifikant radioaktiv belastet sind,
kann jedoch ein schneller Export radioaktiv kontaminierter Sedimente mit dem Meereis aus
der Nähe von NZ angenommen werden.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Transport von Radionukliden durch Meereis
prinzipiell möglich, im vorliegenden Fall sogar wahrscheinlich ist. Verglichen mit den
simulierten Transportzeiten im freien Wasser stellt der Transport von belastetem Sediment
durch die transpolare Eisdrift zumindest die schnellste Form des Schadstoffexports aus der
Arktis in Richtung Nordatlantik dar. Die Quantität des Transportes von Radioaktivität durch
Meereis ist dagegen außerordentlich schwierig abzuschätzen, solange keine verläßlichen
Zahlen über den Eisexport und die Sedimentbelastung vorliegen. Bei Verwendung der bisher
bekannten Daten ergäben sich Konzentrationen, die die Schwelle der relativ geringen
Vorbelastung durch globalen 'fallout' und Sellafield-Einleitungen in der Arktis und im
europäischen Nordmeer sicher nicht überschreiten. Dennoch sollte der Transport von
Radionukliden durch Meereis weiter Gegenstand der Untersuchung bleiben, auch wenn zum
jetzigen Zeitpunkt eine flächenhafte, signifikante Kontamination des europäischen
Nordmeeres bzw. des Nordatlantik durch Eisexport aus Versenkungsgebieten ausgeschlossen
werden kann.
109
110
Tabellen
Ehemalige Quellen
atmospärische
Kernwaffentests
(global fallout)
A
reprocessing plants
(Sellafield und La Hague)
M
Aktuelle Quellen
nukleare Wiederaufarbeitungsanlagen
(Sellafield, La Hague,
Mayak, Tomsk, Seversk,
Krasnojarsk)
M und T
Kernkraftwerke
(Unfälle und Störfälle)
A und (T)
nuklear betriebene Schiffe
(Unfälle auf See und
Störfälle während des
nuklear betriebene Schiffe
Abwrackens)
M
(Gebiet um Murmansk
und (T)
und auf See während des
Einsatzes und nach
WiederaufbereitungsAußerdienststellung/Abanlagen
wrackung)
(Unfälle und Störfälle)
M und (T)
T
Kernkraftwerke auf der
Kola-Halbinsel
T
Tschernobyl Unfall
A und T
Potentielle Quellen
Kernwaffen (Unfälle
beim Umgang, bei
Lagerung und Transport)
T und A
versenkte
radioaktive versenkte radioaktive
Abfälle (Karasee)
Abfälle (Leckage)
M
M
nukleare Test Gebiete
(unterirdische nukleare
Explosionen in Siberien
und auf Novaya Semlya)
T
M = Quellen in der Meeresumwelt
A = Atmosphärische Quellen bzw. atmosphärischer Transport
T = Terrestrische Quellen
Tab. 1.1: Quellen für anthropogene Radioaktivität in der Arktis nach J.M. Bewers, 1997 .
111
Regionen \ Szenarien
'dump sites' in der Karasee
Szenario A
Szenario B
(‘worst case’)
(1 TBq/Jahr)
> 1.000.000
Abrosimov Bucht
‘Komsomolets’ ‘Sellafield’
Szenario C
Szenario E
(‘worst case’) (1965 – 1995)
1000 - 5000
< 0.001
< 40 (1983)
[4 - 9 (1995) ]
Barentssee
und Karasee
< 100
0.1 - 0.5
< 0.001
40 - 80 (1983)
[3 - 8 (1995) ]
Arktischer Ozean
(Eurasisches Becken)
10 - 20
< 0.1
0.01 – 0.1
20 - 40 (1985)
[< 10 (1994) ]
< 0.1
< 0.01
<1
(500 – 1000 m)
50 - 100 (1980)
[3 - 8 (1995) ]
< 0.001
< 0.001
< 0.001
100 - 200 (1975)
[3 - 25 (1995) ]
Europ. Nordmeer
(Grönlandsee,
Norw. See)
Nordsee
Tab. 2.1: Vergleich der simulierten 137Cs-Konzentration (Bq/m3) der Szenarien A,B,C und E,
aus verschiedenen Meeresgebieten. Als Vergleich sind für Szenario E aktuelle Messungen in
Klammer [ ....] aufgeführt.
Gesamt
Inventar
[1015 Bq ]
Freisetzungsraten
15
[10 Bq/Jahr]
maximale
Konzentrationen
[Bq/m3]
gegenwärtige
(1994 - )
Konzentrationen
[Bq/m3]
26.47 *
1-5+
5000 - 50000
100 - 1000
4 - 5 **
( 0.4 )
300
50 - 100
1*
0.001
0.1 - 1
1 - 10
Sellafield
Irische See
Tschernobyl
Ostsee
Versenkungsgebiete
Karasee
* zerfallskorrigiert auf 1994
Freisetzung
+ (1975 - 1984)
**
Aktivität
zum
Zeitpunkt
der
Tab. 2.2: Beispiele für den Eintrag anthropogener Radioaktivität ( 137Cs) in die
Meeresumwelt und die daraus folgenden Konzentrationen in den betroffenen Meeresgebieten.
112
Anhang
I Meßverfahren für Radioaktivität
I.1 Radioaktivität im Sediment
Die mit einem Kastengreifer gewonnenen und in Schichten zerschnittenen Sedimentproben
werden in einer Gefriertrocknungsanlage getrocknet. Nach Homogenisierung und
Zerkleinerung in einer Kugelmühle werden die Proben in ein zylindrisches Gefäß definierter
Geometrie eingefüllt und die Aktivität mit einem Reinstgermanium (HPGe)-Detektor
gemessen. Die Nuklidgehalte werden immer auf die Trockenmasse (TM) bezogen.
I.1.1 Probenentnahme und Probenvorbereitung
Die Sedimentproben werden mit einem Kastengreifer aus dem Meeresboden entnommen. Der
Kasten der Sedimentgreifers hat eine Kantenlänge von 50 cm und kann einen Kern mit einer
Höhe von maximal 40 cm entnehmen. In den Kasten werden an Bord des Forschungsschiffes
Stechrohre mit einem Innendurchmesser von 11 cm eingestochen. Die so gewonnenen Kerne
werden in Schichten von standardmäßig 2 cm Dicke geschnitten, also 0 - 2 cm, 2 - 4 cm usw.
Aus jeweils zwei verschiedenen Stechrohren werden Schichtlagen mit gleichen Niveaus (z. B.
0 - 2 cm) zu einer einzigen Probe vereinigt und in einen Probenbehälter gefüllt. An Bord des
Schiffes werden die Proben sofort nach dem Schneiden und zusammenführen bei -18° C
eingefroren und gelagert.
Im Labor werden die Proben in dem Probenbehälter ausgewogen und in einer
Gefriertrocknungsanlage getrocknet. Die an den Proben ermittelte Temperatur in der
Gefriertrocknungsanlage muß über mehrere Stunden einen konstanten Wert einnehmen, der
deutlich über 0° Celsius liegt. In diesem Fall ist eine Gewichtskonstanz gewährleistet. Aus
den Proben werden anschließend Steine und andere Partikel ab einer Korngröße von 2 mm
ausgesiebt. Die Proben werden anschließend in einer Kugelmühle staubfein zermahlen.
Hierdurch wird eine Homogenität der Probe erzielt und eine gleichmäßige Porosität des
Probenmaterials im Probenbehälter gewährleistet.
Die getrockneten und gemahlenen Proben werden in zylindrische Gefäße bis zu einer
Füllhöhe von maximal 50 mm eingefüllt. Das Probengefäß besteht aus PVC und hat einen
Innendurchmesser von 72 mm. Bei maximaler Füllhöhe von 50 mm ergibt sich somit ein
Volumen von 200 ml. Von Proben mit größerem Volumen wird eine Teilmenge verwendet.
Die Probengefäße werden mit Deckeln verschlossen, um eine Feuchtigkeitsaufnahme bis zur
Messung und während der Messung zu unterdrücken.
Anschließend werden die Proben in einer kalibrierten Meßgeometrie gemessen.
I.1.2 Messung der Aktivität
Zur Radioaktivitätsmessung wird eine Halbleitersonde aus Reinstgermanium (n-Typ)
verwendet . Diese Sonde ist zur Messung von Gamma-Strahlung mit Energien zwischen ca.
30 und 2000 keV geeignet.
Der verwendete Detektor verfügt über einen Reinstgermanium-Kristall mit einem Volumen
von 157 cm³ und einer relativen Zählausbeute von 35,8 % im Vergleich zu einer 3 * 3 " NaI(Tl)-Sonde. Die Energieauflösung beträgt 1,80 keV bei 1,33 MeV (60Co). Die
113
Aufzeichnung der Spektren erfolgt in 8192 Kanälen. Zur Reduzierung der
Hintergrundstrahlung und der sekundären Streu-und Fluoreszenzstrahlung des Blei, die eine
Bestimmung von Gamma-Strahlung stören, ist die Sonde in einer abgestuften Abschirmung
(Pb 10 cm, Cu 0,5 cm) angeordnet. Somit können praktisch alle relevanten Spalt- und
Aktivierungsprodukte aus Nuklearprozessen meßtechnisch erfaßt werden.
Die Energiekalibrierung der Meßanordnung erfolgt anhand der Radionuklidlinien, die in den
gemessenen Spektren bestimmt werden. Zur Kalibrierung werden Linien langlebiger
Radionuklide herangezogen. Drei Gamma-Energien, die über den gesamten Energiebereich
verteilt sind, werden stets verwendet: 46,5 keV (210Pb), 661,6 keV (137Cs) und 1460,8 keV
(40K). Aufgrund der hohen Linearität des verwendeten Analog-Digital-Wandlers ist eine
Dreipunktkalibrierung ausreichend. Darüber hinaus werden aber je nach Einzelfall auch
weitere Linien zur Energiekalibrierung herangezogen.
Zur Auswertung von Peak-Multipletts mittels Peakentfaltung wird eine für das
Einzelspektrum erstellte Halbwertsbreitenkalibrierung herangezogen. Diese Kalibrierung
erfolgt automatisch im Zusammenhang mit der Energiekalibrierung anhand derselben Linien.
Die Bestimmung der Peakzählausbeute als Funktion der Gamma-Energie erfolgt individuell
für die verwendete Zählanordnung mit Standardproben bekannter Nuklidgehalte. Die
Kalibrierung der Meßanordnung erfolgt energiespezifisch. Es werden Standardlösungen der
Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, Braunschweig (PTB), verwendet. Dabei werden
Strahler mit nicht koinzidenten Übergängen eingesetzt: 210Pb, 241Am, 57Co, 85Sr, 137Cs, 139Ce,
54
Mn, 65Zn.
Die Ermittlung der Peakzählausbeute erfolgt bei gleichen Meßbedingungen hinsichtlich der
Meßgeometrie, bei denen die Proben gemessen wurden. Durch Kalibrierung anhand
verschiedener Volumina im Meßgefäß (zwischen 10 mg und 200 mg) wird sichergestellt, daß
Sedimentproben mit verschiedenen Volumina gemessen werden können. Dies ist notwendig,
da das Probenvolumen von getrockneten Schichten der Sedimentoberfläche (0-2 cm) oft
erheblich von denen in tieferen Schichten abweicht.
Die Berechnung des Analysenergebnisses erfolgt automatisiert mit einer kommerziellen
Computersoftware der Firma EG&G ORTEC: Gamma Vision Version 2.25. Zur Berechnung
werden folgende Größen verwendet: Peakzählrate, Peakzählausbeute, Emissionshäufigkeit
des Radionuklides, Meßzeit der Probe, Trockenmasse der Probe. Anhand der nuklidspezifischen Zerfallskonstanten wird die endgültige Aktivität der Probe in [Bq/kg TM]
zum Zeitpunkt der Probennahme bestimmt.
Die bei der Einzelnuklidbestimmung erreichbaren Erkennungsgrenzen sind von festliegenden
Parametern abhängig. Dazu zählen der Spektrumsuntergrund, die Peakzählausbeute, die
Halbwertsbreite, sowie die Probenmasse, die Meßzeit und die Zusammensetzung der
Meßprobe.
Die Nachweisgrenzen werden nuklidspezifisch nach der EG&G ORTEC-Methode ermittelt.
114
I.2 Radioaktivität im Meerwasser
I.2.1 Radiocaesium
1.2.1.1 Probenentnahme und radiochemische Trennung
Die Proben werden aus verschiedenen Tiefen entnommen. Die Entnahme erfolgt mit dem
schiffseigenen Pumpensystem (Wasseroberfläche), Kranzwasserschöpfern (bis 500 m) oder
mit Wasserschöpfern von 50, 270 oder 500 Liter Volumen (je nach zu erwartender
Konzentration.
Das 137Cs und 134Cs (Radiocaesium) in den Wasserproben wird an Bord des
Forschungsschiffes auf See in einem Ionenaustauschprozeß selektiv angereichert. Das
Ionenaustauschermaterial wird in ein Meßgefäß definierter Geometrie eingefüllt und die
Radioaktivität im Labor mit einem -Spektrometer gemessen.
Die Proben werden aus den Schöpfern in Behälter aus Polyethylen umgefüllt und mit 1 ml
Salzsäure(konz.) je 1 Liter Probe versetzt. Das Volumen der Probe wird mit der
Volumeneinteilung am Behälter bestimmt, wenn es 100 Liter nicht überschreitet. Bei
größeren Volumina werden Durchsatzmeter zur Volumenbestimmung eingesetzt.
Zur selektiven Anreicherung von 137Cs und 134Cs wird der Ionenaustauschprozeß an
Kaliumhexacyanokobaltat-II-ferrat-II (KCFC), K2[CoFe(CN)6], angewendet. Das angesäuerte
Wasser wird durch eine mit 20 Gramm KCFC (bis 100 Liter Probenvolumen)
beziehungsweise 60 Gramm KCFC (größere Volumina) beschickte Austauschersäule geleitet.
Unter diesen Bedingungen ist die Adsorption von Caesium am Ionenaustauscher zu nahezu
100 % gewährleistet. Dieser Prozeß wird auf See durchgeführt.
Das KCFC wird an Bord des Forschungsschiffes mit etwas destilliertem Wasser in ein
durchsichtiges zylindrisches Gefäß überführt. Die anschließende Lagerung an Bord und im
Labor geschieht bei Umgebungstemperatur. Die zylindrischen Gefäße dienen gleichzeitig als
kalibriertes Probengefäß für die Messung. Nachdem sich das wasserunlösliche KCFC als
Niederschlag abgesetzt hat, wird das überstehende Wasser abdekantiert und das Volumen der
Probe anhand der Füllhöhe bestimmt.
I.2.1.2 Messung der Radioaktivität
Zur Radioaktivitätsmessung wird eine Halbleitersonde aus Reinstgermanium (p-Typ)
verwendet . Diese Sonde entspricht in ihren Eigenschaften der Sonde, die für die Messung der
Radioaktivität im Sediment verwendet wird. Allerdings sind Sonden des p-Typs zur Messung
von Gamma-Strahlung erst ab Energien von ca. 100 keV bis 2000 keV geeignet. Die zu
ermittelnden Gamma-Linien von 137Cs und 134Cs liegen in diesem Bereich.
Die Energiekalibrierung sowie die Halbwertsbreitenkalibrierung der Meßanordnung erfolgt
auf die gleiche Weise wie für die Messungen der Radioaktivität im Sediment.
Die Errechnung der Analysenergebnissse sowie die Ermittlung der Nachweisgrenzen erfolgt
ebenfalls analog zu den Radioaktivitätsbestimmungen im Sediment.
Die Peakzählausbeute als Funktion der Gamma-Energie wird auf die gleiche Weise wie bei
der Messung der Radioaktivität im Sediment bestimmt. Die Volumina des KCFC im
Meßbehälter variierten zwischen 28 und 34 ml bei einer Einwaage von 20 g und zwischen 83
und 96 ml bei einer Einwaage von 60 g. Daher geschieht die Kalibrierung anhand
verschiedener Volumina in diesen Bereichen.
115
I.2.2 Plutonium und Americium
I.2.2.1 Probenentnahme und radiochemische Trennung
Die Probenentnahme an Bord des Forschungsschiffes erfolgt analog zu der Vorgehensweise
bei der Radiocaesiumbestimmung.
Plutonium und Americium werden anschließend in einem chemischen Trennungsgang
ausgefällt, in mehreren chemischen Trennungsstufen voneinander isoliert und elektrolytisch
abgeschieden. Anschließend wird die Radioaktivität mit einem Alpha-Spektrometer bestimmt.
Die Wasserproben mit einem Volumen von jeweils 100 Litern werden an Bord des
Forschungsschiffes aus speziellen Wasserschöpfern in Vorratsbehälter aus Polyethylen
gepumpt, die soviel Salzsäure enthalten, daß nach dem Einfüllen ein pH-Wert von 1,5
eingestellt wird. Das Ansäuern der Proben verhindert die Adsorption von Transuranen an den
Behälterwänden.
Die Proben werden mit 242Pu- und 243Am-Lösungen bekannter Aktivität versetzt, um eine
Ausbeutebestimmung vornehmen zu können. Die zugegebene Aktivität (innerer Standard)
beträgt etwa 17 mBq.
Das Plutonium und Americium werden zusammen mit den inneren Standards an
Eisenhydroxid mitgefällt, in mehreren Trennungs- und Reinigungsstufen nuklidspezifisch
isoliert, auf Edelstahlplättchen elektrolytisch abgeschieden und anschließend mit einem
Oberflächen-Sperrschicht-Detektor -spektrometrisch bestimmt.
I.2.2.2 Messung der Radioaktivität
Zur Radioaktivitätsmessung wird ein -Spektrometer mit 12 OberflächensperrschichtDetektoren verwendet. Die PIPS-Detektoren mit integriertem Vorverstärker haben eine
Fläche von 300 mm2 und eine Schichtdicke von 100 m. Die Halbwertsbreite beträgt 20 keV.
Zur Messung der Radioaktivität wird ein Vakuum von 13,3 - 133 Pa aufgebaut. Um den
Untergrund in den Peakbereichen zu erfassen, müssen außer den Analysen auch Blindproben
untersucht werden. Diese weisen meist Impulsraten auf, die sich vom Nulleffekt nur
geringfügig unterscheiden.
Zur Detektorkalibrierung werden die Zählausbeuten mit einem Standardpräparat der
Physikalisch-Technischen
Bundesanstalt,
Braunschweig,
(PTB)
bestimmt.
Das
Standardpräparat hat eine von der PTB zertifizierte Aktivität und vernachlässigbare
Schichtdicke. Die Zählausbeuten können im interessierenden Energiebereich als konstant
angesehen werden. Die Energiekalibrierung des Spektrenbereiches wird mit Präparaten, deren
Nuklidzusammensetzung bekannt ist, durchgeführt.
Die Aktivitätskonzentration wird anhand folgender Größen ermittelt: Aktivität des
zugesetzten Tracers, Bruttoimpulszahl des Tracers, Nulleffektimpulszahl des Tracers,
Bruttoimpulszahl des Probenpeaks, Nulleffektimpulszahl des Probenpeaks und Volumen der
Probe. Die Auswertung erfolgt mit einer Spezial-Auswertesoftware, geschrieben und zur
Verfügung gestellt von Dr. G. Kanisch, BFA-IFÖ, Hamburg.
Die Nachweisgrenze hängt von folgenden Größen ab: Zählausbeute, chemische Ausbeute,
Volumen, Faktor für die statistische Sicherheit (hier k = 4,645), Nulleffektzählrate, Meßzeit
des Nulleffektes und Meßzeit der Probe.
116
I.2.3 Strontium-90
Die Aktivitätskonzentration von 90Sr wird über das Tochternuklid 90Y bestimmt. Dabei muß
ein radiochemisches Gleichgewicht zwischen diesen beiden Radionukliden herrschen, was bei
Meerwasserproben vorausgesetzt werden kann.
Das 90Y wird nach einer chemischen Reinigungsextraktion als Yttriumoxid (Y2O3) in einem
-Zähler gemessen.
Die Meerwasserproben werden auf die gleiche Weise gewonnen wie die Proben zur
Bestimmung von Radiocaesium. Es ist auch möglich, nach einer Abtrennung des Caesiums
mit KCFC anschließend an derselben Probe eine Strontiumbestimmung durchzuführen. Es
werden pro Probe 45 Liter benötigt, die auf See mit 1ml konz. Salzsäure je Liter Probe
angesäuert wurden.
Im Labor wird das 90Y mit Di-iso-octyl-hydrogen-phosphat (DEHP) extrahiert, nach einigen
Reinigungsgängen in eine salzarme Lösung überführt und als Hydroxid gefällt. Nach der
Umfällung in das Oxalat und Glühen des Oxalates wird das 90Y als Yttriumoxid (Y2O3)
gemessen.
Der Aktivitätsabfall des 90Y - Präparates wird in einem Low-Level--Zähler durch acht
Einzelmessungen von jeweils 360 min gemessen.
I.2.4 Tritium
Die Seewasserproben werden ohne Zusätze in Glasflaschen abgefüllt und bei
Umgebungstemperatur gelagert.
Im Labor werden die Probe in Zellen, die ähnlich der von Östlund aufgebaut sind,
elektolytisch angereichert. Die Zellen bestehen aus einer Anode aus Edelstahl und einer
Kathode aus phosphatisiertem Eisen.
Anschließend werden die Proben in einem Autoklaven zersetzt und das gewonnene Gas in
dem Tritium-Energiefenster eines Interngas-Proportionalzählrohres gemessen. Bei einer
Zählzeit von 800 min. wird eine Nachweisgrenze von 0,02 Bq/l erreicht.
117
II Die numerischen Zirkulationsmodelle
II.1 Das Hamburg Schelf-Ozean-Modell (HAMSOM)
Das hydrodynamische LS-, RS1- und RS2-Modell basiert auf dem 'Hamburg Shelf Ocean
Model' (HAMSOM). Es ist ein dreidimensionales, baroklines Zirkulationsmodell, das am
Institut für Meereskunde der Universität Hamburg für Untersuchungen an
Schelfmeerprozessen entwickelt worden ist (Backhaus, 1985). HAMSOM wird seit Anfang
der 80er Jahre auf die Zirkulation und Schadstoffausbreitung in Schelfmeeren, vor allem in
der Nord- und Ostsee angewendet. Das Modell unterliegt kontinuierlicher Pflege und
Verbesserung und leistete bisher wesentliche Beiträge zum Verständnis der Nordsee- und
Schelfmeerdynamik. Ab 1989 wurde das Modell im Rahmen des DFGSonderforschungsbereiches 3181) auf die Arktischen Schelfe angewendet (Harms, 1992;
Harms, 1994). Diese Arbeiten machten die Kopplung mit einem Eismodell notwendig, um die
Umformung von Wassermassen und die Produktion von schwerem Bodenwasser in der
Barentssee zu simulieren (Harms, 1997a). Seit 1994 wird die HAMSOM-Arktisversion am
IfM im Rahmen des BMBF-Projektes zur Ausbreitung von Radioaktivität in der Arktis auf
die Barents-, Karasee und die näheren Versenkungsgebiete angewendet.
Das Modell beruht auf den vereinfachten Flachwassergleichungen für den hydrostatischen
Zustand bei freier Oberfläche. Horizontaler und vertikaler turbulenter Austausch sind
parametrisiert, letzterer über die Richardson Zahl. Die Bewegungsgleichungen werden in
semi-impliziter Form auf einem finite Differenzen-, Arakawa C-Gitter gelöst. Eine genaue
Beschreibung der numerischen Verfahren des Modells mit Anwendung auf die
Küstengewässer von Vancouver Island, Kanada, findet sich in Stronach, Backhaus and Murty
(1993).
Das Zirkulationsmodell ist mit einem dynamisch-, thermodynamischen Eismodell gekoppelt,
wobei der dynamische Anteil dem Eismodell von Hibler (1979) folgt, während die
Thermodynamik entsprechend den Ausführungen von Maykut und Untersteiner (1971),
Semtner (1976) und Parkinson and Washington (1979) formuliert ist. Das Eismodell
berechnet die raum- und zeitabhängigen Variationen der Eisdicke und Eiskompaktheit. Die
Wärmeflüsse in der Ozean-Eis-Atmosphären-Grenzschicht werden auf der Basis von
Lufttemperaturen mit sog. 'standard bulk' Formeln berechnet (Maykut, 1986). Diese
Wärmeflüsse umfassen den latenten und den sensiblen Wärmefluß, die Wärmeleitung durch
das Eis, den turbulenten Wärmeaustausch unter dem Eis sowie die langwelligen und
kurzwelligen Strahlungsflüsse. Die berechneten Wärmeflüsse bestimmen die
Oberflächentemperaturen
und
damit
die
Eisbildung.
Ein
dreidimensionaler
Transportalgorithmus auf der Grundlage der Eulerschen Advektions/Diffusionsgleichung
ermöglicht es, Temperatur und Salzgehalt als prognostische Variable zu behandeln.
Das Zirkulationsmodell schließt einen Transportalgorithmus für RadioaktivitätsKonzentrationen ein, der ebenfalls auf der Eulerschen Advektions-Diffusions-gleichung
beruht. Der vertikale Diffusionskoeffizient hängt wie bei der Advektion von Temperatur und
Salzgehalt von der Richardson Zahl, also von der Schichtung und von der vertikalen StromScherung ab. Die numerische Approximation geschieht mithilfe eines massenerhaltenden
'Komponenten-upstream' Verfahrens. Aufgrund der numerischen Diffusion, die mit diesem
Advektionsschema verbunden ist, wurde eine explizite horizontale Diffusion nicht in die
Transportgleichung miteinbezogen.
1)
SFB-318: „Klimarelevante Prozesse im System Ozean-Atmosphäre-Kryosphäre“
118
Desweiteren wird ein 'particle tracking' Algorithmus verwendet, der es ermöglicht passive
Teilchen, sog. 'tracer', auf der Grundlage der Langrangschen Transportgleichung zu verfolgen.
Die horizontale Diffusion wird bei diesem Verfahren mit dem sog. 'Monte-Carlo-Verfahren'
parametrisiert. Dieses Verfahren beinhaltet eine räumlich begrenzte, mit der Gittergröße
skalierte Teilchenwanderung auf der Grundlage von Zufallszahlen. Das Lagrangsche
Transportmodul wird sowohl für die Verdriftung von Teilchenwolken als auch zur
Berechnung von Trajektorien, z.B. im Eis, verwendet.
II.2 Das isopyknische Ozeanmodell (OPYC)
Das Modell basiert auf den Entwicklungen von Oberhuber (1993). Das Ozeanmodell besteht
in der vertikalen Richtung aus einer Anzahl von Schichten konstanter potentieller Dichte,
deren Mächtigkeit zeitlich veränderlich ist und vom Modell prognostiziert wird. Die einzelnen
Schichten erhalten ihre potentielle Dichte a priori, d.h. ein Dichteprofil, welches dem
gemessenen Profil des entsprechenden Meeresgebietes möglist ähnlich sein sollte, wird dem
Modell vorgeschrieben. Die Anfangsbedingungen für Salzgehalt und Temperatur werden
dann in eine Anfangsverteilung der Schichten konstanter potentieller Dichten im
Modellgebiet übertragen. Volumenflüsse, Salzgehalt, Temperatur, und Schichtdicken sind
prognostische Größen. Die Erhaltung der potentiellen Dichte in den jeweiligen Schichten
geschieht dann mittels eines Ansatzes, mit dem Wasser aus den angrenzenden Schichten
eingemischt wird. Die Intensität der Vermischung ist hierbei abhängig von der verfügbaren
kinetischen Energie. Die horizontale Diffusion für Salz, Temperatur, Tracer und Impuls wird
mit einem harmonischen Ansatz parametrisiert. Der Diffusionskoeffizient für Salz,
Temperatur und Tracer hat eine Größe von 250 m2/s. Der Diffusionskoeffizient für den
Impuls ist abhängig von der Gittergröße und dem Rossby-Deformationsradius.
An der Oberfläche ist ein sogenanntes 'mixed layer' Modell angekoppelt. Es repräsentieret die
Physik der durchmischten Oberflächenschicht und leistet die Ankopplung des Ozeans an die
Atmosphäre und das Meereis. Die Mächtigkeit, die Temperatur, der Salzgehalt und die Dichte
der 'mixed layer' werden vom Modell als Folge der jeweiligen Grenzflächenflüsse von
Wärme, Salz und Impuls berechnet. Im Gegensatz zu den tiefer gelegenen Schichten
konstanter potentieller Dichte wird die potentielle Dichte der 'mixed layer' vom Modell frei
berechnet. Die Mächtigkeit der 'mixed layer' beträgt in der vorliegenden Konfiguration
mindestens 20m. In Abhängigkeit von der Schichtung können sowohl die
Sonneneinstrahlung, als auch das bei der Eisbildung freigesetzte Salz in Schichten unterhalb
der 'mixed layer' vordringen.
Ein dynamisch-thermodynamisches Schnee-Eismodell ist die dritte Komponente des
Modellsystems. Es ist vollständig an das 'mixed-layer' Modell angekoppelt. Es basiert auf
einer viskos-plastischen Rheologie (Hibler, 1979) die von Oberhuber (1993) zu einer
Flußform modifiziert wurde. Es prognostiziert Eisdicke und -konzentration, sowie die
Schmelz- und Gefrierraten.
119
120
Liste der verwendeten Literatur
(in alphabetischer Reihenfolge)
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Norwegian Seas with a coupled sea ice - mixed layer - isopycnal ocean model. J. Geophys.
Res., 100, 4771-4789, 1995.
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Deutsche hydrographische Zeitschrift, Z. 38, 1985.H.4.
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Liste der Veröffentlichungen
des BMBF-Projekts "Karasee"
in Büchern, Journalen und Zeitschriften
(in alphabetischer Reihenfolge)
Erschienen:
Baxter M.S., I.H.Harms, I. Osvath, P.P. Povinec and E.M. Scott, (1998):
Modelling Potential Radiological Consequences of Radionuclide Waste Dumping in the Kara
Sea. Journal of Environmental Radioactivity, Vol. 39, No. 2, pp. 161-181
Harms I.H. (1997):
Modelling the dispersion of 137Cs and 239Pu released from dumped waste in the Kara Sea.
Journal of Marine Systems, Vol. 13 (1997), pp. 1-19
Harms I.H. and M. J. Karcher (1997):
Strahlende Strömung GEO, Heft 10, Oktober 1997 (in german)
Nies H., C. Bahe, D. Dethleff, I. Harms, M. Karcher and E. Kleine (1997):
Transport and dispersion of artificial radioactivity in the Arctic Ocean
-Model studies and observations- Radioprotection - Colloques, Volume 32, C2, special issue:
Radionuclides in the Oceans (RADOC 96-97) Part I: Inventories, Behaviour and Processes, 7
- 11 October 1996, Cherbourg-Octeville, France.
Povinec P., I. Osvath, M.S. Baxter, S. Ballestra, J. Carroll, J. Gastaud, I.H. Harms, L.
Huynh-Ngoc, L. Liong Wee Kong and H. Pettersson (1997)
Summary of IAEA-MEL’s Investigation of Kara Sea Radioactivity and Radiological
Assessment. Marine Pollution Bulletin, Vol. 35, Nos 7-12, pp. 235 - 241
Scott E.M., P. Gurbutt, I. Harms, R. Heling, S.P. Nielsen, I. Osvath, R. Preller, T.
Sazykina, K.L. Sjoeblom and A. Wada, (1997):
Benchmarking of Numerical Models describing the Dispersion of Radionuclides in the Arctic
Seas. Science of the Total Environment, 202 (1997), pp. 123 - 134
Scott E.M., P. Gurbutt, I. Harms, R. Heling, Y. Kinehara, S.P. Nielsen, I. Osvath, R.
Preller, T. Sazykina, K.L. Sjoeblom and A. Wada, (1997):
Radiological impact assessment within the IAEA Arctic Assessment Project Radiation
Protection Dosimetry, special issue: Radionuclides in the Oceans (RADOC 96-97) Part II:
Distributions, Models and Impacts, 7 - 11 April 1997, Norwich/Lowestoft, U.K.
128
Angenommen bzw. im Druck:
Carroll J. and I.H. Harms, (1998):
Sensitivity Analysis of Partition Coefficients for a Radionuclide Transport Model. Water
Research, in Druck.
Harms I.H. and P. P. Povinec (1998):
The outflow of Radionuclides from Novaya Semlya Bays - Modelling and monitoring
strategies. Science of the Total Environment, in Druck.
Harms I.H. and M.J. Karcher (1998a):
Modelling the saisonal variability of circulation and hydrography in the Kara Sea.
(angenommen von J.Geophysical Res.-Oceans)
Karcher, M. J., I.H. Harms und J.N. Smith, (1999):
Long-range transport of 129I and 137Cs in the Nordic Seas and the Arctic Ocean,
MEL-Technical Document, IAEA, im Druck
Nies H., I. H. Harms, M. Karcher, D. Dethleff, C. Bahe (1998):
Anthropogenic Radioactivity in the Arctic Ocean - Results from the Joint German project.
Science of the Total Environment, in Druck.
Nies H., I.H.Harms, M.J.Karcher, D.Dethleff, C.Bahe, G. Kuhlman, E.Kleine, P.Loewe,
J.M.Oberhuber, J.O. Backhaus, D.Matishov, A.Stepanov, O.F.Vasiliev (1998):
Anthropogenic radioactivity in the Nordic Seas and the Arctic Ocean: Results from a joint
project. Dt. hydrogr. Z., zur Veröffentlichung angemommen
Eingereicht:
Dethleff D., H. Nies, I.H. Harms I.H. and M. J. Karcher (1998):
Dispersal of particle-bond and dissolved radionuclides through flaw lead produced sea-ice
and dense water in the western Kara Sea. (eingereicht bei Journal of Marine Systems)
Harms I.H. and M. J. Karcher (1998b):
Modelling Siberian river runoff -implications for contaminant transport in the Arctic Ocean(eingereicht bei Journal of Marine Systems)
In Vorbereitung:
Karcher M.J., und J.M.Oberhuber:
Ventilation of the interior Arctic Ocean in a regional isopycnal model,
(in Vorbereitung für JGR)
Karcher M.J., I.H. Harms and J.M. Smith:
Long-range transport of 129I and 137Cs in the Nordic Seas and the Arctic Ocean
(in Vorbereitung für JGR)
129
Liste der Beiträge
des BMBF-Projekts "Karasee"
zu Symposien und Konferenzen
(in chronologischer Reihenfolge)
Harms I.H. and J.O. Backhaus, (1992): Numerical dispersion studies of passive tracers in
the Barents and Kara Seas.Proceedings of the Second (1992) International Offshore and Polar
Engineering Conference ISOPE, San Francisco, USA, 14-19 June 1992
I.H. Harms, (1993): Numerical modelling of passive tracers in the Barents and Kara Seas.
International meeting on assessment of actual and potential consequences of dumping of
radioactive waste into Arctic Seas, held in Oslo, Norway, 1-5 February 1995. Working
material of the IAEA, Vienna, Austria.
Baxter M.S., T.F. Hamilton, I.H. Harms, I. Osvath, P.P. Povinec and E.M. Scott, (1993):
IAEA programmes related to the radioactive waste dumped in the Arctic Seas. Part 2: Arctic
Seas Assessment Project at the IAEA Marine Environment Laboratory. Proceedings of the
International Conference on Environmental Radioactivity in the Arctic and Antarctic,
Kirkenes, Norway, 23-27 August 1993, Norwegian Radiation Protection Authority, Osteras,
Norway, pp. 93-96.
Povinec P.P., I. Osvath, M.S. Baxter and I.H. Harms, (1995): In-situ monitoring of
gamma-radioactivity in the Kara Sea. Proceedings of the Workshop on Monitoring of
Nuclear Contamination in the Arctic Seas, Naval Research Laboratory, Washington, 1995.
Baxter M.S., S. Ballestra, J. Gastaud, T.F. Hamilton, I.H. Harms, L. Huynh-Ngoc, L.
Liong Wee Kwong, I. Osvath, P. Parsi, H. Pettersson, P.P. Povinec and A. Sanchez,
(1995): Marine Radioactivity Studies in the Vicinity of Sites with Potential Radionuclide
Releases. Proceedings of the International Symposium on Environmental Impact of
Radioactive Releases. International Atomic Energy Agency, Vienna, Austria, 8 - 12 May
1995.
Carroll J. and I.H. Harms, (1995): The Importance of Sediment/WaterPartition Coefficients
in Modeling the Transport of Radionuclides Released from Nuclear Waste Sites in the Kara
Sea. Norwegian Defence Research Establishment (NDRE) Workshop on Modelling
Requirements for Water Mass Dynamics, Ice and River Transport in the Kara Sea. Tjøme,
Norway, 26 - 30 June 1995.
I.H. Harms, (1995): Local and regional scale dispersion scenarios of 137 CS released from
waste dumped in the Kara Sea. Proceedings of the International Conference on
Environmental Radioactivity in the Arctic, Oslo, Norway, 21-25 August 1995, Norwegian
Radiation Protection Authority, Osteras, Norway.
Osvath I., S. Ballestra, M.S. Baxter, J. Gastaud, T.F. Hamilton, I.H. Harms, L.Liong
Wee Kwong, P. Parsi, P.P. Povinec, (1995): IAEA programmes related to the radioactive
waste dumped in the Arctic Seas. Part 2: IAEA-MEL’s Contribution to the Investigation of the
Kara Sea Dumping Sites. Proceedings of the International Conference on Environmental
Radioactivity in the Arctic, Oslo, Norway, 21-25 August 1995, Norwegian Radiation
Protection Authority, Osteras, Norway.
Scott E.M., P. Gurbutt, I. Harms, R. Heling, S.P. Nielsen, I. Osvath, R. Preller, T.
Sazykina, K.L. Sjoeblom and A. Wada, (1995): Benchmarking of Numerical Models
describing the Dispersion of Radionuclides in the Arctic Seas. Proceedings of the
International Conference on Environmental Radioactivity in the Arctic, Oslo, Norway, 21-25
August 1995, Norwegian Radiation Protection Authority, Osteras, Norway.
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Carroll J., M.S. Baxter, F. Boisson, S.W. Fowler, P.P. Povinec, J-L. Teyssie, I.H. Harms,
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Danksagung
Der erfolgreiche Abschluß des Projektes wäre ohne die Unterstützung zahlreicher Kollegen
nicht möglich gewesen. Wir möchten daher folgenden Personen sehr herzlich für Ihre Hilfe
danken.
Herrn Dr. J. Oberhuber vom Deutschen Klima Rechenzentrum in Hamburg danken wir, daß
er das von ihm entwickelte großskalige Zirkulationsmodell OPYC zur Verfügung stellte und
das Projekt intensiv unterstützte.
Wir danken Herrn Kapitän Fietz und Mannschaft des FS GAUSS für die tatkräftige
Zusammenarbeit während der GAUSS-Reise 261 im Sommer 1995.
Den Herrn Dr. E. Kleine, P. Löwe, Dr. J. Herrmann und Dr. Huber, BSH, danken wir für
ihre Unterstützung und zahlreiche wissenschaftliche Diskussionen während des Projektes.
Den Mitarbeitern im Sachgebiet „Radioaktivität des Meeres“ I. Goroncy, A. Gottschalk, A.
Meyer, und K. Becker sei besonders für ihren unermüdlichen Einsatz bei der Gauss-Reise 261
und der Aufarbeitung und Analyse der zahlreichen Proben gedankt sowie Herrn Köppinger
aus dem Sachgebiet „Sedimentchemie“ für seine Mithilfe bei der Probenahme. Für ihren
Einsatz bei der Aufarbeitung der gewonnen Proben danken wir weiter den Herren H. Gabriel,
G. Främcke und C. Wedekind. Ferner danken wir G. Stelter und H. Giese für ihre Mitarbeit
bei der Messung hydrographischer Parameter während der GAUSS Reise 261.
Wir möchten uns sehr herzlich bei unserem Projektträger Herrn Dr. Closs (Projektträger des
BMWi und BMBF für Entsorgung) vom Forschungszentrum Karlsruhe für die gute
Projektbegleitung bedanken und für die manchmal unbürokratische schnelle Hilfe bei
notwendigen Änderungen während der Projektdurchführung. Dies gilt auch für die
Unterstützung und Förderung durch die Herren Dr. Lauterborn-Gielow, Dr. Köster und Dr.
Lummerzheim sowie die unkomplizierte Hilfe in manchmal komplizierten Verwaltungsfragen
durch Herrn Beck vom BMBF.
Wir danken den Kollegen Prof. G. Matishov, Dr. D. Matishov und Dr. G. Tarasov vom
Murmansk Marine Biological Institute (MMBI) in Murmansk für die Überlassung von Proben
aus der Karasee und den Küstengewässern an der Kolahalbinsel und für die Hilfe bei der
Durchführung der Expedition in die Karasee 1997.
Unser Dank gilt ebenfalls den Kollegen Dr. A. Stepanov und Dr. Y. Kusnetsov vom Khlopin
Radium Institut in St. Petersburg, die uns zahlreiche Sedimentproben aus der Umgebung der
„Komsomolets“ und aus der Karasee zur Verfügung stellten und mit denen wir einen
intensiven wissenschaftlichen Austausch pflegen konnten.
Wir danken Dr. P. Strand vom Statens Strålevern (Norwegian Radiological Protection
Authority, NRPA), für die Überlassung von Sediment- und Meereisproben aus der Karasee,
sowie S. Gröttheim und M. Sickel für die erfolgreiche Zusammenarbeit auf FS GAUSS im
Sommer 1995.
Wir danken ferner für die fruchtbare Zusammenarbeit mit den Kollegen Prof. Dr. M. Baxter
und Prof. Dr. P. Povinec vom MEL/IAEO in Monaco und Frau Dr. K.L. Sjöblom von der
IAEO in Wien.
Der Projektleiter dankt sehr herzlich für die Unterstützung, die er im BSH während der
Laufzeit des Projektes durch den Präsidenten und Professor Dr. P. Ehlers sowie durch den
Vizepräsidenten und Prof. Rühl erfuhr. In diesem Zusammenhang muß aber auch allen
Mitarbeitern der Verwaltung gedankt werden, ohne die das Projekt nicht durchzuführen
gewesen wäre. Stellvertretend seien hier Frau Clemens und Herr Schott genannt.
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