Indianische Gegenwart - Aktionsgruppe Indianer und

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Indianische Gegenwart - Aktionsgruppe Indianer und
ISSN 0939-4362 Postvertriebsstück B
30651 F
Preis 4,50 Euro / 8,00 SFr - Nr. 53 - Frühjahr 2002
COYOTE
Indianische Gegenwart
Entwicklungen – Hintergründe – Engagement
British
Columbia
Treaty Referendum
Sun Peaks
Fischereirechte
Vom Stamm zur
First Nation
Western
Shoshone
Atomares Endlager
Yucca Mountain
Geld statt Land
„Indianer“schmuck“
Kunst und
Künstlichkeit
Inhaltsverzeichnis + Inhaltsverzeichnis + Inhaltsverzeichnis + Inhaltsverzeichnis
NEWS
Politik
BRITISH COLUMBIA
Kurznachrichten ....................................................................................................... 4
Keine Stimme für das Referendum
B.C. läßt über Indianerrechte abstimmen ................................................................ 7
Wo sind denn die Kanadier?
Protestkundgebung anläßlich des Besuchs des „Team Canada“ ............................. 9
No Indians allowed!
Secwepemc protestieren weiter gegen Sun Peaks ................................................... 11
Vom Stamm zur First Nation
Der Wandel gesellschaftlicher Strukturen von 1770 bis zum frühen 20. Jh. .......... 16
FISCHFANG
Im Netz gefangen?
Fischfang am Scheideweg zwischen Tradition und Profit ...................................... 20
Haida fordern Queen Charlotte Islands zurück ..................................................... 24
WESTERN SHOSHONE
Arroganz macht taub!
US-Regierung hat kein Ohr für Proteste der Western Shoshone ............................ 25
DINEH
Four Corners: Dineh in die Ecke gedrängt ............................................................. 30
JAMES BAY CREE
Im Strom der Geschichte
James Bay Cree stimmen für neuen Vertrag mit Quebec ....................................... 32
LEONARD PELTIER
Vereint können wir die Welt verändern!
Verlosungsaktion zur Unterstützung von Leoanrd Peltier ...................................... 33
MITGLIEDERVERSAMMLUNG Bericht über die Mitgliederversammlung der AGIM ............................................. 34
Kultur
INDIANERSCHMUCK
Indianerschmuck aus aller Welt ............................................................................. 35
Indianerlexikon
Neues Nachschlagewerk von Frederik Hetmann
Die Welt der ersten Indianer von A-Z auf nur 205 Seiten? .................................... 39
MUSIK
Song für Stammesvorsitzende
Fast überhört: Neil Youngs akustische Indianerbilder ........................................... 40
KUNST
Tony Abeyta: Un Indiano Veneziano ...................................................................... 41
INDIANISCHE KÜCHE
Piki - Zartes Brot aus dem Höllenofen ................................................................... 43
Service
Termine .................................................................................................................. 44
Impressum .............................................................................................................. 45
Bestellformular ...................................................................................................... 46
Sales Corner ........................................................................................................... 47
Titelbild: Infostand der Aktionsgruppe Indianer und Menschenrechte
auf dem Marienplatz in München anläßlich des Besuchs des „Team Canada“
Foto: AGIM
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COYOTE 1/02
München, im April 2002
Liebe Leserinnen und Leser,
der erste Coyote des Jahres widmet sich dem Thema, das uns schon bereits zu
Beginn des Jahres auf Trapp hielt: British Columbia, dem auch unser diesmaliger Schwerpunkt gewidmet ist. Natürlich informieren wir über unsere Protestkundgebung gegen den Besuch der kanadischen Delegation genauso wie über die
jüngsten Entwicklungen hinsichtlich des Widerstands der Shuswap-Indianer gegen das Skigebiet in Sun Peaks. Darüber hinaus berichten wir von der ITB und
unseren Bemühungen, die Reiseveranstalter zu einem verantwortungs- und respektvollen Handeln zu bewegen, das auch die Interessen der Indianer berücksichtigt und nicht allein diejenigen des schnöden Profits. Doch nicht nur die
Tourismusprojekte machen den Ureinwohner in der kanadischen Pazifikprovinz zu
schaffen, sondern auch die Bedrohung ihrer Rechte auf Fischfang, Jagd und
Lebensweise. Insbesondere British Columbia weigert sich, die bestehenden
Rechte, den Aboriginal Title, anzuerkennen, wie der jüngste Versuch des Provinzpremiers Campbell demonstriert, der in verfassungswidriger Weise die
Rechte der Indianer der breiten kanadischen Öffentlichkeit in einem Referendum zum Fraß vorwirft.
Gerade der Tourismus zeigt, wie stark unsere globalisierte Welt auch auf die
Lebensweise der Indianer einwirkt. Deshalb schon einmal die Vorankündigung,
dass sich unsere nächste Ausgabe eingehend dem Thema „Globalisierung und Indianer“ widmen wird, dessen Auftakt der im jetzigen Heft enthaltene Artikel
über „indianischen“ Silberschmuck bildet. Vielfach werden indianische Traditionen missachtet und kommerzialisiert. Wir dagegen wollen eine Tradition der
kanadischen Westküste aufgreifen, die in befreiender Weise dem profitgierigen
Streben der Globalisierer entgegensteht: Potlatch. Im Zuge des von uns geplanten „Indian Summer“ oder vielmehr „Herbst des Widerstands“ um den 12.
Oktober, zu dem wir verschiedene Veranstaltungen planen (u.a. Demo, Vorträge,
Film), werden wir ein Potlatch abhalten – ein großes Verschenkfest. Schon
jetzt möchten wir auch unsere Leser auffordern, daran teilzunehmen bzw. zu
überlegen, was der eine oder die andere an Geschenken und Gegenständen beisteuern kann (bitte kein Müll!). Genauere Informationen folgen noch.
In der aktuellen Ausgabe finden sich Vorlagen für Protestbriefe. Wir bitten
Euch bitten, diese aufzugreifen bzw. zu den jeweiligen Themen eigene Protestbriefe zu schreiben – gemeinsam können wir die Welt verändern!
Abschließend noch ein Appell in eigener Sache: Die Publikation des Coyote
wurde leider aufgrund des Papierpreises, Druckerwechsel etc. immer teurer.
Wir bitten daher alle, die ihr Coyote-Abo oder ihren Mitgliedsbeitrag noch
nicht bezahlt haben, dies möglichst schnell nachzuholen, denn mit gutem Willen allein können wir das Heft nicht publizieren.
Monika Seiller
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News + News +News +News + News + News +News +News + News + News
In 16 Jahren um die Welt: Giftmüll zu den Cherokee
Indianerland im Anti-Terror-Kampf
Nach einer wahren Odyssee soll der Giftmüll aus Philadelphias Müllverbrennungsanlage nun bei den Indianern
abgeladen werden. Seit 1986 gingen 14.000 Tonnen Giftmüll auf die Reise, um einen Abnehmer zu finden, doch
gestaltete sich dies fast zu einer Mission Impossible. Der
US-Bundesstaat Pennsylvania ging in den 80er Jahren zur
Entsorgung in Müllverbrennungsanlagen über, mußte jedoch dann feststellen, dass sich die Bevölkerung gegen
die Lagerung des giftigen Restmülls im eigenen Staat heftig zur Wehr setzt. Also mußte man ihn so schnell wir
möglich los werden, denn wer möchte sich schöne Wahlkämpfe schon von ein paar Fässern Müll versauen lassen.
Am 13. Dezember schlossen die Dene Su’lene von Cold
Lake einen Vertrag mit der kanadischen Regierung ab und
setzten damit einen Endpunkt unter jahrelange Verhandlungen. Mit einer Entschädigungszahlung von Can$ 25,5
Millionen hat sich damit die Regierung das Nutzungsrecht
für ein Gebiet erworben, das sie längst für ihre Zwecke
nutzt: die Primrose Lake Air Weapons Range. Nahe Cold
Lake im Nordosten Albertas übt die Regierung zusammen mit anderen Nato-Staaten auf diesem Militärplatz
Tiefflüge und Bombenabwürfe – Training, das für den
Einsatz in Afghanistan diente. Die dort lebenden Dene
setzten sich jahrelang gegen die Zerstörung ihres Gebiets
zur Wehr, das nicht nur militärisch okkupiert wurde, sondern auch über große Ölreserven verfügt. Barrikaden
wurden noch im Herbst 2001 an den Zufahrtsstraßen zum
Ölfördergebiets der Alberta Energy Corporation errichtet. Das von der Regierung eingesetzte Band Council hatte sich jedoch für den Vertrag entschieden, der im Dezember mit klarer Mehrheit angenommen wurde. Noch
im Sommer letzten Jahres war Adelard Blackman von den
Dene Su’lene nach Genf gereist, um bei der UNO Unterstützung für seinen Widerstand gegen den Vertrag zu finden. Die Regierung nutzt das Gebiet bereits seit den 50er
Jahren und schreckte dabei auch nicht vor der Zwangsumsiedlung der betroffenen Dene zurück, die über Jahrzehnte unter miserabelsten Bedingungen nahe Churchill
(Manitoba) lebten.
Kein Staat wurde außer Acht gelassen, doch weder die
Niederlande noch Bermuda, Puerto Rico oder die Dominikanische Republik wollten Amerikas Müll und selbst
die ärmsten Regierungen in Afrika lehnten entrüstet ab.
In einer Nacht und Nebel-Aktion verfrachtete man den
Schrott nach Haiti, das daraufhin Alarm schlug und den
sofortigen Abtransport verlangte. Also blieb nichts anderes übrig als den Müll wieder einzupacken, von dem zufällig irgendwie 10.000 Tonnen ins Meer rutschten. Hoppla! Aber macht immer noch restliche 4.000 Tonnen, von
denen jetzt 3.000 (Da war doch noch eine?!) zu den Cherokee nach Oklahoma sollen. Der Chief der Cherokee erwägt, den Deal tatsächlich abzuschließen, da die Cherokee kaum über alternative Einnahmequellen verfügen.
Andererseits hat sich bereits eine Task Force unter den
Indianern gebildet, die das Projekt stoppen wollen.
Indianer helfen Indern
Auf dem Vormarsch: 4,1 Mio. Indianer in den USA
Die jüngsten Auswertungen der Zahlen der letztenVolkszählung der USA (U.S.Census 2000), die erst langsam
ausgearbeitet wird, überraschen: Statt des bisher mit 1,5
% Prozent ausgewiesenen Anteils der Indianer/Inuit an
der Gesamtbevölkerung in den USA stieg die Rate derjenigen, die sich als „Vollblut“-Ureinwohner bekennen um
26 % (US-Durchschnitt: 13 %)auf nunmehr über 4 Millionen. Die Steigerungsrate derjenigen, die sich zumindest
als Halbindianer bezeichnen, schnellte sogar um 110 % in
die Höhe. Die drei Bundesstaaten mit dem höchsten Bevölkerungsanteil an Indianern sind Kalifornien (628.000),
Oklahoma (392.000) und Arizona (256.000); unter den
Städten halten New York (87.241) und Los Angeles
(53.092) die Spitzenposition, während Anchorage prozentual mit 10,4 % vorne liegt. Die größte indianische Nation bilden dem Census zufolge die Cherokee (729.533),
gefolgt von den Navajo (298.197) und den Choctaw
(158.744).
Diese Bevölkerungsentwicklung ist nicht allein auf Erscheinungen wie den Erfolg des Films „Der mit dem Wolf
tanzt“ zurückzuführen. Doch ein neues Selbstbewußtsein
spiegelt sich hoffentlich auch mit diesen Zahlen.
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Aus eigener schmerzlicher Erfahrung haben sich die Innu
entschlossen, den Jarawa auf den Anadaman Inseln in der
bengalischen Bucht Indiens zu helfen. Die rund 300 Jarawa, die bislang in den Wäldern der Insel als Nomaden
lebten, sollen zwangsweise angesiedelt werden, um sie
zu „zivilisieren“, wie es in dem Beschluß der örtlichen
Behörden heißt.
Simeon Tshakapesh, Chief der Mushuau Innu, hat sich in
einer schriftlichen „Zeugenaussage“ am 19. März 2002
an den Obersten Gerichtshof in Kalkutta gewandt, um den
Jarawa das Schicksal zu ersparen, unter dem die Innu zu
leiden haben. Bis in die 70er Jahre hinein lebten die Innu
noch selbst als Nomaden, bevor sie als letzter indianischer
Stamm in Kanada von der Regierung unter Mithilfe der
katholischen Kirche zwangsangesiedelt wurden. Diese
Vergewaltigung ihrer traditionelle Lebensweise zeigte
rasch verheerende Folgen: 80% der Erwachsenen haben
heute Alkohol- oder Drogenprobleme, fast 100% der Kinder sind autodestruktiv und die Innu haben die höchste
Selbstmordrate in ganz Kanada. Chief Tshakapesh warnte Indien vor einem Schritt, der die sichere Vernichtung
der Jarawa bedeute. Sie in Dörfern anzusiedeln, käme einem Todesurteil gleich.
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News + News +News +News + News + News +News +News + News + News
Strahlende Fische
Filmfest in Taos, New Mexico
Eine neue Studie weist nach, dass eine Nuklearfabrik der
Regierung für die Produktion von waffentauglichem Plutonium bei Hanford im Süden des Bundesstaates Washington, die Ursache für eine größere Strahlenbelastung der
Indianer im Becken des Columbia Rivers ist, als zuvor
vermutet.
Vom 11. bis zum 14. April wird das „Taos Talking Picture
Festival 2002“ stattfinden, ein Ereignis, das die Würdigung indigener Filmemacher zum Zweck hat. Zu den
Höhepunkte im Programm gehören u.a. folgende Filme:
„Talking Couch“ karikiert den Hollywood Indianer, wie
ihn weiße Regisseure geschaffen haben. Szenen aus Filmen mit John Wayne oder aus „Der mit dem Wolf tanzt“
von Kevin Costner sind Zielscheibe des Spotts, der in der
Manier von Beavis und Butt-Head vorgetragen wird. Chris
Eyre, Drew Lacapa und Gary Farmer spielen Hauptrollen
in diesem Streifen.
In bisher 40 Jahren Betriebszeit wurden aus der Anlage
11 verschiedene radioaktive Stoffe in die Umwelt entlassen, großteils über die Luft. In den 50er und 60er Jahren
wurden aber auch radioaktiver Stoffe in den Columbia
River geleitet.
Das Hanford Environmental Dose Reconstruction Project
(HEDR) wurde durchgeführt um abschätzen zu können,
welcher Strahlendosis die Menschen in der Umgebung von
Hanford ausgesetzt waren. Dabei stellte sich u.a. heraus,
dass der Fischverzehr indianischer Ureinwohner vollkommen unterschätzt worden ist. Sowohl in Hinblick auf die
Menge als auch auf die verwerteten Teile der Fische ging
man von falschen Voraussetzungen aus. Die in der Nahrungskette eher am Ende stehenden Fische sind mit strahlenden Substanzen regelrecht angereichert und stellen die
Hauptursache für die Belastung von Menschen dar. Damit ist das Risiko der Erkrankung an Krebs und das Auftreten genetischer Veränderungen deutlich erhöht.
Justine Miles und Viola Allen von den Nez Perce, die beide an Lupus erkrankt sind, wundert das nicht. Lupus ist
eine Krankheit, bei der das Immunsystem die Gelenke
angreift. Sie kann mit rheumatischer Arthritis verglichen
werden und ist sehr schmerzhaft. Selbst einfache Handgriffe können in den akuten Phasen der Krankheit zur Qual
werden. Wissenschaftler halten eine Verbindung zwischen
der Krankheit und ionisierender Strahlung für möglich.
Man müsse nur die Nez Perce Reservation betrachten. Bei
mindestens 8 der 4000 Nez Perces in Lapwai, Idaho, wurde diese Krankheit diagnostiziert, eine Quote, die fünf mal
so hoch wie der Durchschnitt bei sonstigen nordamerikanischen Indianerstämmen ist. Bei den Nez Perces spielt
Fischfang schon immer eine große Rolle. Viola Allen sagt,
sie hätte mindestens dreimal in der Woche Fisch aus den
heimischen Gewässern gegessen. Justine Miles hebt
hervor, dass während der Fischsaison, die ganze Familie
Fisch esse.
„Skins“ heißt ein anderer Film, der das Leben eines indianischen Alkoholikers auf Pine Ridge in South Dakota
zum Thema hat. Der Film war schon auf dem Sundance
Film Festival ein großer Erfolg. Zu den damaligen Zuschauern gehörte auch Robert Redford. Der Film geht ans
Gemüt und schildert eindringlich die verzweifelte Situation vieler Indianer, die nicht mehr anders können als ihre
Probleme im Rausch zu ertränken. Zur hochkarätigen
Besetzung zählen Graham Greene, Gary Farmer, Eric
Schweig, Noah Watts und andere.
„The Busines of Fancydancing“ von Sherman Alexie erzählt die Geschichte des homosexuellen indianischen
Dichters Seymour Polatkin und die Beziehungen zu seinen Freunden auf dem Stammesgebiet der Spokane.
Hauptdarsteller ist Evan Adams.
Der „Taos Mountain Award“ ist eine Auszeichnung, die
an indigene Filmemacher vergeben wird, die andere beim
Kampf um das Überleben unterstützen. Dieses Jahr geht
der Preis an das bolivianische Kollektiv CEFREC/CAIB.
Diese Gruppe ist der Kern einer weltweiten Bewegung,
die indigenen Völker ermöglicht über Videoberichte ihre
eigenen Geschichten zu erzählen. Die Ureinwohner sprechen dabei in ihrer eigenen Sprache, um möglichst authentische Dokumente über ihre Kulturen zu bewahren.
Das Kollektiv sei eine bedeutende Antwort auf die Portraits, die seit über hundert Jahren von nicht-indigenen
Filmemachern hergestellt worden sind, stellte Alix Smith,
Sprecher des Festivals, fest.
Das Festival wird von einem Programm für Kinder und
anderen Begleitveranstaltungen umrahmt. Zahlreiche prominente Schauspieler, darunter einige Preisträger haben
sich als Gäste angekündigt.
Besonders belastend für Lupuspatienten ist die Tatsache,
dass die Krankheit äußerlich kaum zu bemerken ist. Aus
diesem Grund fällt es den Angehörigen und Medizinern
häufig nicht leicht, die Leiden der Erkrankten anzuerkennen. Diesbezüglich mussten die beiden Frauen bereits
doppelt schmerzliche Erfahrungen machen.
Gary Farmer in „Dead Man“
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News + News +News +News + News + News +News +News + News + News
Im Juni in Calgary:
NGOs veranstalten alternative Gipfelkonferenz
Kanadische Menschenrechtsgruppen und andere zivile und
religiöse Nichtregierungsorganisationen veranstalten vom
21. bis 25. Juni an der Universität von Calgary einen ‘Gipfel der Menschen’. Einer der Hauptorganisatoren, die in
der Provinz Alberta ansässige ‘Internationale Gesellschaft
für Frieden und Menschenrechte’ (International Society
for Peace and Human Rights), betonte, die Konferenz richte sich nicht gegen die Globalisierung, sondern werde sich
in Diskussionen und Seminaren mit Themen wie dem
Waffenverkauf an Entwicklungsländer, der Ausbeutung
von Kindern und der Armutsbekämpfung befassen.
Louis Riel:
Der Métis-Rebell und Volksheld
soll offiziell rehabilitiert werden
Der Métisführer Louis Riel, der am 16. November 1885
wegen Hochverrats gehängt worden war, soll endlich offiziell rehabilitiert werden und als Held seinen Platz in
der kanadischen Geschichte einnehmen. In der vergangenen Woche brachte die liberale Senatorin Thelma Chalifoux im Parlament in Ottawa eine Gesetzesvorlage ein,
durch die der einstige Rebell vom Vorwurf des Landesverrats rehabilitiert werden soll. Die 72-jährige Politikerin, mit der erstmals eine Angehörige der Métis ins kanadische Oberhaus eingezogen war, ist Vorsitzende des Senatsausschusses für Angelegenheiten der Urbevölkerung.
Sie ist zuversichtlich, dass ihr Antrag eine parlamentarische Mehrheit findet und bis Mai 2002 verabschiedet wird.
Radio Canada Internationale zitiert sie mit den Worten:
„Kanada braucht einen Helden, doch wenn wir von Louis
Riel sprechen, heißt es immer noch: Er wurde als Landesverräter gehängt.“
US-Stützpunkt bedroht Tuscarora in North Carolina
Die US Navy will auf dem traditionellen Gebiet der
Southern Tuscarora in Bertie County, NC, einen Stützpunkt errichten. Betroffen wären im Einzugsgebiet des
Projekts zwei traditionelle Dörfer – Tandequemuc und
Dasamonaquepuc – sowie Grabstätten ihrer Vorfahren.
Die Tuscarora rufen zum entschiedenen Widerstand gegen das Projekt auf und hoffen auf Unterstützung.
Protestbriefe gegen diesen Akt kolonialer Repressionsmentalität an:
Commander Fred Pierson
Naval Facilities Engineering Command
1510 Gilbert St. Norfolk VA 23511
Fax: 001-757-322-4894
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Kampagne zur Unterstützung der indigenen Rechte
Am 18. Februar 2002, reichten 168 mexikanische Abgeordnete fast aller Parteien – ausser der PAN, der Partei
des Präsidenten Vicente Fox – den ursprünglichen COCOPA-Gesetzesentwurf für indigene Rechte und Kultur
wieder bei der mexikanischen Abgeordnetenkammer ein,
um „den Fehler des letzten Jahres zu reparieren, eine Reform bewilligt zu haben, die den Forderungen der indigenen Völker nicht nachkommt.“
Der PRI Abgeordnete Jaime Martinez erinnerte das Abgeordnetenhaus daran, dass der von der EZLN und der
Bundesregierung unterzeichnete COCOPA-Vorschlag
„Ausdruck einer erfolgreichen Verhandlung in Mexiko
ist“, da sowohl die Zapatistische Armee als auch die Regierung sich verpflichteten, den COCOPA-Vorschlag zu
akzeptieren. Währenddessen hat das mexikanische Oberste
Gericht immer noch keine Entscheidung über die Verfassungsrechtlichkeit des indigenen Gesetzes getroffen, noch
hat es auf die mehr als 370 Beschwerden indigener Gemeinden gegen die Reform reagiert.
Bisher wurden etwa 37.000 Briefe an Präsident Fox und
mexikanische Konsulate auf der ganzen Welt geschickt.
Die Unterzeichner fordern die Anerkennung der indigenen Rechte und unterstützen das Netzwerk der Gemeindeverteidiger für Menschenrechte von Chiapas (La Red
de Defensores Comunitarios por los Derechos Humanos),
das aufgrund der Verletzung der ILO-Konvention 169
durch Mexiko Klage vor der Internationalen Arbeitsorganisation eingereicht hat.
Freigegeben bis 6 Jahre
In der Berichterstattung für den Coyote fühlen wir uns
stets aufgefordert, auch aktuelle Themen aufzugreifen, die
sich mit „den Indianern“ beschäftigen. So hatten wir ursprünglich vorgesehen, uns in einer objektiven Kritik mit
dem „erfolgreichsten deutschen Film aller Zeiten“ – dem
Schuh des Manitu – auseinanderzusetzen. Allerdings ist
das nach eineinhalb Stunden banalster geistiger Folter nicht
mehr möglich – und auch nicht erforderlich, denn der Film
setzt sich nicht mit Indianern im eigentlichen Sinne
auseinander. Als durchaus humorvolles Wesen finde ich
es allerdings tieftraurig, dass ausgerechnet ein solches Beispiel schlimmster Verblödung, das dem eigenen Selbstverständnis als intelligenzbegabtes Wesen eine herbe Kränkung versetzt, derart erfolgreich sein konnte (über 11 Mio.
Besucher!). Nochmal: mit Indianern hat dies nichts zu tun,
doch der Film ist ein Offenbarungseid des Filmschaffens.
Mehr ist hier und von unserer Seite nicht zu erklären.
Nachrichten zusammengestellt von Monika Seiller
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British Columbia
Keine Stimme für das Referendum
British Columbia lässt über Indianerrechte abstimmen
Am 5. April zog eine Demo aus Weißen und Indianern vor das Regierungsgebäude von British Columbia zur
Abschlussveranstaltung eines Protestzugs, der nach dem Beginn vor einer Woche in Nanaimo nun in Victoria
endete: der „Trek for Treaties“. Die Demonstranten protestieren mit diesem Marsch gegen das von der
Provinzregierung angesetzte „Treaty Referendum“, also die Volksabstimmung über die Vertragsrechte der
Ureinwohner in der pazifischen Küstenprovinz Kanadas, deren Premier Gordon Campbell nichts unversucht
lässt, um die Indianer zu drangsalieren und ihrer Rechte zu berauben. Das Treaty Referendum ist ein einmaliger Vorgang in der kanadischen Geschichte, der nicht nur die Ureinwohnerrechte und jüngste Gerichtentscheidungen zum Aboriginal Title negiert, sondern auch gegen demokratische Grundprinzipien verstößt,
indem er die nicht verhandelbaren Rechte einer zahlenmäßigen Minderheit dem Willen der Mehrheit unterwirft.
In diesen Tagen wurden die ersten
Wahlpakete verschickt. Seit 2. April
ist das Referendum eröffnet und soll
innerhalb einer Frist von etwas mehr
als einem Monat, d.h. bis zum 15. Mai
2002 abgeschlossen werden, denn
über die Rechte der Ureinwohner
wird in British Columbia per Briefwahl abgestimmt. Wahlberechtigt
sind alle registrierten Bewohner der
Provinz über 18 Jahre. In breit angelegten PR-Kampagnen wirbt die Regierung für das Referendum und liefert per Internet ausführliche Informationen über Wahlverfahren, Auswertungen, Zählweisen und brüstet sich
zudem mit der Kostenersparnis gegenüber einer üblichen Urnenwahl,
die rund 18 Mio. kanadische Dollar
gekostet hätte, während die Briefwahl
gerade mal die Hälfte verschlingt.
Nach Auffassung vieler – und nicht
nur der Ureinwohner – hätte sich die
Regierung, pardon der Steuerzahler
natürlich, jeden Cent sparen können,
denn dieses Referendum ist ein einziger Affront gegen die Indigenen.
„Das Referendum“, so Chief Stewart
Philipp, Präsident der Union of B.C.
Indian Chiefs, „ist ein klarer Verfassungsbruch und verstößt gegen Abschnitt 35 der kanadischen Verfassung, in der die Rechte der Ureinwohner ausdrücklich anerkannt werden.
Die Regierung setzt damit ihre verfassungswidrige Politik fort, die sie
nun durch die ‚Stimme des Volkes‘
kaschieren will“. Auch Kathryn Teneese vom First Nations Summit hat
wieder einmal allen Grund auf die
Regierung wütend zu sein, denn statt
endlich die Rechte der Indianer anzuerkennen, sät diese nur Zwist und
neuen Rassismus. „Wenn die RegieCOYOTE 1/02
rung den Vertragsprozess blockiert,
droht ein Rückfall in die Konflikte der
70er und 80er Jahre mit Sit-ins und
Blockaden“, warnte sie. Gedanken an
Oka und ähnliche Konfrontationen
liegen nicht fern. Ein deutliches Zeichen setzten bereits die B.C. Chiefs,
als sie am 4. April in Vancouver ein
offizielles „Ballot Burning“ veranstalteten, bei dem sie mit Unterstützung
anderer Chiefs und zahlreicher Kanadier, die sich solidarisch erklärt hatten, die offiziellen Wahlunterlagen
verbrannten. Dem Einwand, sie würden sich strafbar machen, indem sie
offizielle Dokumente verbrannten,
entgegneten sie, dass sie sich damit
bewusst in den weltweiten Kampf
gegen den Rassismus einreihen und
eine Tradition des Protests fortsetzen
würden, denn schon Gandhi hatte offizielle Dokumente in Indien verbrannt, ebenso wie der ANC Apartheiddokumente in Südafrika oder
jüngst Wasserdokumente in Bolivien.
Inzwischen haben sich selbst viele
Juristen und Rechtsprofessoren dem
Widerstand der Indianer gegen den
durch das Referendum nur schlecht
kaschierten Ausverkauf ihrer Rechte
angeschlossen und verweisen zudem
auf die schwache Rechtsgrundlage. In
ihrer Analyse gelangt Anwältin Louise Mandell zu der klaren Überzeugung, dass die Provinz British Columbia überhaupt keine Befugnis hat,
über die Rechtsfragen der Indianer zu
entscheiden, also auch keine Legitimation zur Durchführung des Referendums besitzt, denn „diese Kompetenz liegt eindeutig bei der Bundesregierung, jede andere Interpretation
ist nicht durch die kanadische Verfassung gedeckt. Die Provinz verfügt
über keine legislative Kompetenz,
über die Rechte und das Land der Indianer zu verhandeln oder gar zu entscheiden.“ Auch die indianischen Vertreter bei der anlässlich des „Ballot
Burning“ veranstalteten Pressekonferenz schlossen sich dieser Auffassung
an. „Wenn wir an dieser Abstimmung
beteiligen“, so Elder Spinks von der
Nlaka’pamux Nation, „erniedrigen
wir uns selbst, indem wir uns mit einer niederen Regierungsebene abgeben. Wir reden nicht mit British Columbia, sondern ausschließlich mit
der Regierung von Kanada. Sie müssen unseren Rechtstitel anerkennen.“
Inzwischen haben selbst die Gewerkschaften. Lehrerverbände und Bischöfe der Anglikaner zum Protest gegen
das Referendum bzw. zu dessen Ablehnung aufgerufen. Sogar die oppositionellen New Democrats wittern
politischen Profit und unterstützen
den Widerstand gegen die Befragung.
Doch worum geht es eigentlich? Premier Campbell versucht auf hinterhältige Weise, sich vor einer ernsthaften
Auseinandersetzung mit der Problematik der Landrechte und der Rechtstitel der Ureinwohner zu drücken und
ließ durch seine liberale Regierung
den Referendum Act verabschieden,
der die derzeitigen Vertragsverhandlungen zwischen Regierung und Ureinwohnern nach fast einem Jahrzehnt final abwürgen soll. In völliger
Missachtung der Delgamuukw-Entscheidung, mit welcher der Oberste
Kanadische Gerichtshof den Aboriginal Title der Indianer 1997 bestätigte, möchte Gordon Campbell den
Wähler benutzen, ihm das leidige
Thema vom Hals zu schaffen. Die
Frage des Referendums (siehe Kas7
British Columbia
ten) lautet daher nicht einfach, ob die
indianischen Rechte anerkannt werden sollen oder nicht, sondern sind so
gestellt, dass sie Sozialneid, Vorurteile und Rassismus schüren. Dabei handelt es sich um acht Fragen, die vom
Wähler mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden sollen. Sie sollen daher kurz erläutert werden.
1. Die Frage nach einer möglichen
Enteignung von Privatbesitz soll die
Ängste der Bevölkerung verstärken,
man könnte ihnen ihr Häuschen wegnehmen und den Indianern „schenken“. Dabei wird übersehen, dass
auch Konzerne wie Weyerhaeuser
oder Interfor die Ressourcen, die Teil
der indianischen Landrechte sind, als
ihren Privatbesitz betrachten. Bei einer Zustimmung zu dieser Frage wäre
der Weg zu weiteren Verhandlungen
verbaut.
2. Ähnlich schwammig bleibt die Frage nach einer Entschädigung für Pacht
oder Lizenzen, denn wer setzt fest,
was eine angemessene Entschädigung
ist, wer bestimmt, welche Lizenzen
aufgegeben werden? Klar ist, dass die
Interessen der Regierung eher auf
Seiten der Konzerne als der Indianer
liegen.
3. Das Thema der Fischereirechte
heizt die Gemüter in manchen Regionen Kanadas ohnehin kräftig an, wie
die Konflikte z.B. in Burnt Church
und die rassistischen Übergriffe auf
8
indianische Fischer belegen. Mit einer solchen Abstimmung soll dem
Bürger nur suggeriert werden, die Indianer würden erneut „bevorzugt“,
während man ihnen keinen Spaß mehr
erlaubt.
4. Mit den jüngsten Urteilen in den
Gerichtsprozessen der Haida und der
Tlingit wurden diese Fragen bereits
klar geregelt. Insbesondere für die
Indianer sind ihre historischen Stätten und spirituellen Plätze von herausragender Bedeutung und bedürfen
eines besonderen Schutzes. Dies gilt
auch für die sensiblen ökologischen
Regionen und Ressourcen.
5. Die Frage suggeriert, dass die Provinz sich in besonderem Maße für den
Umweltschutz engagieren würde,
dabei sind gerade Gesetzesänderungen der Provinz in Verhandlung, die
zu verheerenden Folgen für die Umwelt (Aufhebung Ölmoratorium etc.)
führen könnten. Sollen diese Standards dann geschützt werden?
6. Der Wähler kann diese Frage laut
Verfassung gar nicht entscheiden.
wohnern von B.C. bevorzugt. Die
Regierung versucht auf plumpe Weise, die Menschen gegeneinander auszuspielen und ignoriert das jüngste
Gerichtsurteil zum Treaty-8-Prozess,
das den Indianern die Steuerfreiheit
bestätigt und betont, dass die Entscheidung hierüber nicht bei der jeweiligen Provinz liegt, sondern durch
den Indian Act festgelegt ist.
Wer die Situation in British Columbia verfolgt – man denke nur an die
Shuswap und ihren Protest gegen Sun
Peaks – kann sich über die Vorgehensweise von Campbell nicht wundern.
Allerdings irritiert schon ein wenig,
dass keine Reaktion aus Ottawa erfolgt. Denn die Bundesregierung wird
durch die Vorgehensweise in ihrer
Kompetenz angegriffen. Doch
einerseits sind die Provinzen untereinander und mit der Bundesregierung
zerstritten und andererseits kann Jean
Chretien alles andere als Verfechter
indianischer Rechte gelten.
Daher bleibt nur eine Antwort auf das
Referendum: VOTE NO!
von Monika Seiller
7. Eine zwangsweise Harmonisierung
mit den beteiligten Nachbarn unterhöhlt die indigenen Rechte, oder soll
man sich erst mit den Kahlschlagkonzernen beraten, was ihnen passt?
8. Hier wird suggeriert, die Indianer
würden gegenüber den übrigen Ein-
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British Columbia
Wo sind denn die Kanadier?
Impression unserer Protestkundgebung anlässlich des Besuchs des Team Canada
in München
Kaum waren wir aus dem Auto gestiegen, wurden wir bereits von zwei
Polizisten angehalten. Die Frage, ob
sie unsere Genehmigung zur Durchführung einer Protestkundgebung am
20. Februar auf dem Münchner Marienplatz sehen wollten, verneinten sie
mit der Erläuterung, sie würden diese bereits im Detail kennen. Obwohl
bestens informiert, schienen sie wohl
dennoch neugierig darauf, uns kennen zu lernen. Wie anders ließe sich
erklären, dass gleich ein Dutzend dieser grünen Herren – auch bekannt als
Polizisten – uns während der Veranstaltungsdauer mit ihrer Anwesenheit
beehrten. Doch waren sie nicht die
einzigen, denn diverse Herren in „unverdächtigem“ Zivil waren ebenso
interessiert an den Vorgängen wie ein
Kriminalkommissar und selbst der
zuständige Referent des Kreisverwaltungsreferats, welches die Genehmigungen für derart Veranstaltungen
erteilt, oder auch nicht, wie jüngst bei
den Protesten gegen die Sicherheitskonferenz in München. Allerdings
wurden unsere Teilnehmer wesentlich
freundlicher behandelt und es erfolgten auch keine Verhaftungen,
v.l. Heike Rahn und Monika Seiller kämpfen auch gegen die widrigen Witterungsbedingungen
allerdings sofort der Hinweis, dass
nur eine stationäre Veranstaltung genehmigt sei, so dass wir uns unterstehen sollten, diese zu einer Demonstration werden zu lassen. Ein Warnhinweis, der auch bekräftigt wurde,
als einige unserer Mitglieder versuch-
Beim Aufbau des Infostandes auf dem Marienplatz - Fotos: AGIM
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ten, zum Anlass unserer Kundgebung
und dem Ort unserer Aufmerksamkeit, dem Alten Rathaus, vorzudringen, in dem zeitgleich ein Empfang
der kanadischen Delegation „Team
Canada“ stattfand. Unsere Mitglieder
wurden von den freundlichen Herren
abgefangen und zu unserem Kundgebungsplatz zurückbegleitet.
Soviel Aufmerksamkeit von seiten
des Staates schmeichelte natürlich
unserer Eitelkeit, doch wollten wir vor
allem die breite Öffentlichkeit ansprechen, so dass wir in den vergangenen
Wochen unsere Heimwerker- und
Bastlerpotentiale hervorkramten und
Dutzende von Protestschildern bastelten, Banner malten und diversen anderen Kleinkram, denn man für eine
Veranstaltung braucht – nicht zu vergessen natürlich die Indianerpuppe als
Sinnbild der Globalisierungs- und
Profitopfer. Mit Hilfe unserer wackeren Mitstreiter, denen noch mal ganz
herzlich gedankt sei, kamen die Demomaterialien zum farbenprächtigen
Einsatz. Dieser Einsatz war nicht nur
mit dem Herzen erforderlich, sondern
vor allem physisch, denn ausgerech-
9
British Columbia
net dieser Tag dürfte der kälteste und
windigste des ganzen Winters gewesen sein. Der Regen strömte auf uns
nieder und der Wind peitschte uns um
die Ohren, doch wir standen tapfer
durch. Wir hätten unseren Einsatz
gerne auch den Kanadiern bewiesen,
doch wo waren sie?
Bereits im Vorfeld hatte die kanadische Regierung nichts unversucht
gelassen, um die Reise der 300 Wirtschafts- und Regierungsvertreter unter Leitung von Premier Jean Chretien aus der Öffentlichkeit fernzuhalten. Keine Pressekonferenzen, keine
PR-wirksamen Politikertreffen, nur ja
keine Aufmerksamkeit hieß die ausgegebene Order, die auch dafür sorgte, dass keine Journalisten bei dem
erwähnten Empfang im Alten Rathaus
auftauchten. Die ganze Tour der Kanadier fand hinter verschlossenen
Türen statt, was nicht weiter verwundert, denn Kanada will Europa, vor
allem auch Deutschland, für weitere
Investitionen gewinnen. Öffentlichkeit und vielleicht unbequeme Fragen
zur Menschenrechtssituation in Kanada sind da nur geschäftsschädigend.
Während in British Columbia und
anderenorts die indianischen Rechte
missachtet und ihre Lebensgrundlagen zerstört werden, präsentiert sich
Kanada auf seinen PR-Touren stets
unverbindlich freundlich – und verlogen. Richtig gelesen, die Rede ist
von Lügen. Das Wort entspringt nicht
unserem aktivistischen Protest gegen
Kanada, sondern den Aussagen der
Pressesprecherin der kanadischen
Botschaft, Jennifer Broadbridge. Wir
suchten die Delegation in ihrem Hotel – die Kanadier hatten fast den gesamten Arabella-Sheraton-Komplex
in München-Bogenhausen belegt –
heim, um sie mit unseren Fragen und
diversen Protestschreiben zu konfrontieren, die sie offiziell nicht entgegennehmen wollten. Um weiteres Aufsehen zu vermeiden, wurde dann doch
die Pressesprecherin zu einem kurzen
Gespräch mit uns abkommandiert.
Aufgrund unserer langjährigen Unter-
stützungsarbeit für die Lubicon-Cree
Indianer in Alberta wussten wir, dass
diese Provinz ein spezielles Büro in
München eröffnen wollte. Auf unsere Frage, ob das Büro nun eröffnet
werde oder bereits eröffnet sei, antwortete sie, dass dies Büro erst noch
in der Aufbauphase sei und wohl erst
in einigen Monaten eröffnet werde.
Doch was fand sich am nächsten Tag
als kleine Notiz im Wirtschaftsteil der
Süddeutschen Zeitung? Just als wir
mit Jennifer Broadbridge zum Gespräch zusammensaßen, wurde das
Alberta Office in München eröffnet.
Da wir der Pressesprecherin nicht
unterstellen wollen, ihren Job miserabel zu handhaben und völlig uninformiert zu sein, müssen wir wohl
davon ausgehen, dass sie uns willentlich falsch informiert hat, ich nenne
das auch Lüge.
Die Kundgebung war für uns ein Erfolg und weitere Aktionen werden
folgen!
von Monika Seiller
Aktion in Berlin
Nachdem Mitglieder des Vereins
zur Unterstützung für nordamerikanische Indianer bereits die „Canadian Night“ im Hotel Estrel genutzt
hatten, um auf die Situation um Sun
Peaks aufmerksam zu machen,
stand nun der Besuch des „Team
Canada“ auf dem Programm.
Bereits im Vorfeld wurden die Medien von uns durch eine Presseerklärung informiert. Am Tage der
Ankunft der hochkarätigen Delegation versammelten wir uns vor dem
Inter-Conti, um die zahlreichen Abgesandten Kanadas aus Wirtschaft
und Regierung mit Transparenten
und Schildern zu empfangen. Die
Polizei verbot uns jedoch eine Versammlung direkt vor dem Hotel und
so mussten wir uns ein wenig abseits postieren. Da die Straße jedoch
10
aus Vorsichtsgründen für parkende
Autos gesperrt war, hatten wir bei der
Ankunft der 5 Busse mit der kanadischen Delegation trotzdem die unmittelbare Gelegenheit, ihnen mit den
Plakaten deutlich zu zeigen, wie wir
die Situation in B.C. sehen. Offensichtlich waren einige Kanadier
von der Aktion so beeindruckt,
dass sie diese auf Video dokumentierten.
von Karl-Heinz Prestel
COYOTE 1/02
British Columbia
Indianer nicht erlaubt
Secwepemc protestieren weiter gegen Sun Peaks
Nach der brutalen Zerstörung der Cord Wood Cabin am 10. Dezember durch die British Columbia Lands
and Assets Corporation (BCAL), wodurch die Familie Manuel ihr Zuhause verlor, haben die Secwepemc
(Shuswap) beschlossen, das Protection Camp wieder zu errichten und so ihren Protest gegen die Erweiterung
des Sun Peaks Ski Resorts auszudrücken.
Am 27. Januar wurde das
Skwelkwek’welt Protection Center in
der Nähe des MacGillvery Lake durch
25 Indianer und ihre Unterstützer
wieder errichtet. Die Gruppe brachte
bei minus 20 Grad Baumaterial für die
Winterzelte mit und wird sich auch
bei dem Neubau der Blockhütte beteiligen. Janice Billy, die Sprecherin
des Protection Camps sagte: „Das
Camp wurde eingerichtet und wird
ständig besetzt sein. Wir sind keine
Demonstranten, wir halten uns
lediglich auf unserem traditionellen
Territorium auf, wie wir es schon
immer taten.“ Das neue Protection
Center befindet sich außerhalb des
Gebietes, dessen Betreten den Indianer im Dezember per Gerichtsbeschluss untersagt wurde. Trotzdem
wurden die Secwepemc von der
RCMP bei der Errichtung fotografiert
und die Personalien der Anwesenden
aufgenommen. Erneut wurden die
Secwepemc mit rassistischen Angriffen konfrontiert und mussten sich
Bemerkungen gefallen lassen wie:
„Seid ihr überhaupt Menschen?“.
Dies veranlasste Arthur Manuel,
Chief der Neskonlith Band, sich am
17. März mit verschiedenen Gruppen
zu treffen, die bereits Erfahrungen in
der Beobachtung von Polizeieinsätzen haben. Building Bridges und die
Christian Peace Keepers werden ab
sofort die Secwepemc unterstützen
und als neutrale Beobachter die Einsätze der RCMP genau verfolgen und
untersuchen. Die beiden Organisationen waren bereits mehrfach außerhalb Kanadas im Einsatz und die
Christian Peace Keepers leisteten
bereits wertvolle Arbeit während der
Auseinandersetzungen in Burnt
Church. Diese Unterstützung ist
insbesondere dewegen wichtig, da
der Generalstaatsanwalt Geoff Plant
die Erweiterung von Sun Peaks, trotz
der letzten Gerichtsentscheidungen
zugunsten des Aboriginal Title, nicht
verhindern will und auch nicht daran
interessiert scheint, in Verhandlungen zwischen dem kommerziellen
Wert von Sun Peaks und den traditionellen Werten der Indianer abzuwägen. Statt dessen verlangt er, dass die
Secwepemc in das Neskonlith Indian
Reserve zurückkehren, während er
den Ausbau von Sun Peaks vorantreibt. Die Elders lehnen diese Art von
Verhandlungen ab, in denen die Regierung so weiter macht, als wäre alles beim alten. Und sie wissen, wenn
sie dies akzeptieren und ins Reservat
zurückkehren, werden sie bald einen
Arthur Manuel am neuen Protection center - Foto: SPC
COYOTE 1/02
Begrüßung am Eingang - Foto: SPC
riesigen Skizirkus auf ihrem Land
vorfinden. Die Arroganz von Plant,
die Ansprüche aus dem Aboriginal
Title zu ignorieren, hat mittlerweile
zu einer sehr kritischen Lage geführt
– und er wartet nur darauf, dass es zu
einer Eskalation der Situation kommt,
damit er mit bewaffneten Kräften, die
Secwepemc vom Skwelkwek’welt
Protection Center vertreiben kann.
Dies scheinen einige Snowmobilfahrer von Sun Peaks als Freibrief aufzufassen, die Secwepemc tätlich angreifen zu können – auch auf die Gefahr hin, dass die Indianer verletzt
oder getötet werden. So tauchte am
17. Februar plötzlich eine Horde
Snowmobilfahrer bei einer jungen
Familie, die in der Nähe des
Skwelkwek’welt Protection Center
lebt, auf und bedrohte diese mit rassistischen Sprüchen, verletzten den
Hund der Familie und erklärten, „sie
würden wieder kommen, um sie zu
töten“. Geistige Brandstifter dieser
Situation sind auch die Betreiber des
Sun Peaks Ski Resorts, die in einem
Schreiben am 7. März Nicole Manuel und „andere Besetzer“ ultimativ
aufforderten, die von ihnen errichtete Campsite innerhalb der „Sun Peaks’
Contolled Recreation Area“ sofort zu
räumen. Begründet wird dies damit,
dass Sun Peaks laut dem 1993 verabschiedeten Master Development Plan,
das Recht hätte, den Zugang zu diesem „Erholungsgebiet“ zu regulieren.
Zum Abschluss verweisen sie dann
11
British Columbia
Vor dem kanadischen Generalkonsulat in
München - Foto: AGIM
noch darauf, dass sie weitere Maßnahmen ergreifen würden, wenn ihre Forderungen nicht befolgt würden. Janice
Billy antwortete daraufhin Masayoshi Ohkubo von Nippon Cable (dem
Eigentümer von Sun Peaks, und
zugleich auch Präsident des Skiressorts), „dass die Secwepemc Ihrem
Master Development Plan nie zugestimmt haben. Wir wurden auch nie
dazu konsultiert; noch hat die Regierung oder Sun Peaks irgendwelche
Anstrengungen unternommen zu prüfen, ob die Rechte der Secwepemc
durch die Erweiterung missachtet
würden.“ Und weiter unten erläutert
12
sie Mr. Ohkubo die Rechtslage bezüglich des Aboriginal Titles und „zwei
kürzlich gefällter Gerichtsentscheidungen, wie der Fall der Haida Nation and Guujaaw v. Minister of Forests and Weyerhaeuser (der zweite
Fall ist der der Taku River Tlingit First
Nation v. Ringstad), in denen noch
einmal verdeutlicht wird, dass die Indianer vor Beginn von Entwicklungen auf ihrem Land konsultiert werden müssen und dass ihre Ansprüche
auch berücksichtigt werden müssen,
wenn sie den Anspruch des Aboriginal Title vor Gericht noch nicht eingeklagt haben.“
Die Zerstörung der Blockhütte der
Secwepemc am MacGillvery Lake
am 10. Dezember, dem Tag der
Menschenrechte, wurde von uns als
Anlass genommen, vor dem kanadischen Konsulat in München gegen
diese Politik zu protestieren. Den Aufforderungen, Protestbriefe zu schreiben, sind viele der Leser nachgekommen. In den Antwortschreiben der Kanadier, die uns weitergeleitet wurden,
spiegelt sich die Ignoranz der kanadischen Politiker wider. So verweist
Kevin Langlands (im Ministerium für
indianische Angelegenheiten zuständig für British Columbia) darauf, dass
es auch „friedliche“ (gute?) Indianer
gäbe, die an den wirtschaftlichen
Möglichkeiten, die Sun Peaks bietet,
partizipieren wollen. Weiter unten
wird er noch etwas deutlicher und erklärt, dass es sich bei den Demonstranten nicht um friedliche, sondern
aggressive, gewalttätige Indianer handelt, die jegliche Verhandlungen ablehnen würden. Dies ist genauso eine
Lüge, wie die Behauptung, dass die
Secwepemc dem Minister für indianische Angelegenheiten keine Informationen oder Vorschläge zur Lösung
dieses Problems vorgelegt hätten und
auch nicht zu Verhandlungen bereit
wären. Matthew Coon-Come, der
Vorsitzende der Assembly of First
COYOTE 1/02
British Columbia
Nations, hatte schon Recht, als er
bereits im Juli vergangenen Jahres
den Rücktritt Naults forderte.
Wie stur das Verhalten der Regierung
ist, zeigt sich in dem Antwortbrief
auch am Festhalten an der 1986 eingeführten Comprehensive Claims Policy, von der behauptet wird, dass diese nicht die Auslöschung der indianischen Ansprüche verfolge. Dies ist
definitiv falsch, da diese Politik das
Ziel hat, offene indianische Ansprüche durch Verträge zu regeln und
durch finanzielle Kompensation abzugelten. Im Ausgleich müssen die
Indianer dann auf ihre Ansprüche ein
für alle mal verzichten (z.B. wie in
dem Vertrag mit den Nishga). Dass
wir aber mittlerweile im 21. Jahrhundert angekommen sind, scheint Mr.
Nault hier offenbar zu übersehen.
Denn 1997 hat der oberste Gerichtshof in der Delgamuukw-Entscheidung erklärt, dass in Fällen offener
Ansprüche (z.B. in Britisch Columbia) ein Aboriginal Title besteht, der
auch nicht gelöscht werden kann.
Dies ist die Vorgabe, nach der er sich
richten müsste. Aber warum soll man
den Beschluss des obersten Gerichtshof anerkennen, wenn man anders
viel besser an die Ressourcen kommt?
Auch wenn Plant den Aboriginal Title in seinen Entscheidungen ignoriert
und die Zerstörung des Blockhauses
angeordnet hat, ist er wenigstens so
ehrlich in einem Antwortbrief zuzugeben, dass er mit Arthur Manuel
Verhandlungen geführt hat, was ja
von Langlands bestritten wird.
Anders als von der Regierung dargestellt, handelt es sich bei dem Protest
gegen Sun Peaks auch nicht nur um
die Ansicht von ein wenigen „uneinsichtigen“ Indianern. So werden die
Positionen der Secwepemc auch von
vielen Umweltschutzorganisationen
und indianischen Organisationen wie
z.B. der Union of British Columbia
Interior Chiefs geteilt. Die Assembly
of First Nations hatte bereits letztes
Jahr zum Boykott der Delta-Hotelkette, die ein Kongresshotel in Sun Peaks
errichtet, aufgerufen. Nun haben Umweltschützer, Kirchen, Gewerkschaften und weitere soziale Organisatio-
COYOTE 1/02
Das im Bau befindliche Delta Hotel in Sun Peaks - Foto: SPC
nen mitgeteilt, dass sie sich an dem
Boykott beteiligen und gefragt, ob der
Boykott nicht auch auf die FairmontKette, die Muttergesellschaft von
Delta, ausgeweitet werden sollte.
Wir unterstützen die Secwepemc in
ihrem Boykott gegen Sun Peaks. Aus
diesem Grund trafen wir während der
Internationalen Tourismus Börse in
Berlin mit Mitgliedern des Berliner
Vereins zur Unterstützung nordamerikanischer Indianer und Sylvia Voss,
vom Tourismusausschuss des Deutschen Bundestages zusammen, um
weitere Maßnahmen zur Unterstützung der Secwepemc zu besprechen.
Es wurde beschlossen, Druck auf die
Reiseveranstalter auszuüben, die Reisen nach Sun Peaks anbieten. Gestützt
wird diese Forderung durch den „Glo-
balen Ethikkodex für den Tourismus“,
der 1999 von der World Tourismus
Organisation in Santiago einstimmig
verabschiedet wurde. Auch wenn dieses Papier in vielen Punkten zu kritisieren ist, wird darin u.a. in Artikel 2,
Absatz 2 folgendes gefordert: „Im
Rahmen touristischer Aktivitäten sollten ... die Menschenrechte und
insbesondere die individuellen Rechte
der sensibelsten Gruppen, vor allem
... ethnischer Minderheiten und indigener Völker gefördert werden“. Und
bereits in Artikel 1, Absatz 1: „... die
an der Tourismusentwicklung beteiligten Anspruchsgruppen ... sollten
die gesellschaftlichen und kulturellen
Traditionen und Bräuche aller Völker,
einschließlich Minderheiten und indigener Völker, beachten und ihren
Wert anerkennen“.
Sylvia Voss und Karl-Heinz Prestel in Berlin - Foto: AGIM
13
British Columbia
DANTE (Die Arbeitsgemeinschaft
für Nachhaltige TourismusEntwicklung) fordert in ihrem Programm
„Rio+10“ (10 Prinzipien und Herausforderungen für eine nachhaltige Tourismusentwicklung im 21. Jahrhundert) in Punkt 3 (Land): „... einen gerechten Anspruch auf Land und dessen Nutzung für indigene Gemeinschaften, ohne den eine nachhaltige
Entwicklung nicht realisierbar ist ...“,
und weiter in Punkt 5 (Wasser) „den
gerechten Zugang und die gerechte
Verteilung von Wasser ...“. Aber gerade dies wird den Secwepemc nicht
zugestanden und Delta Hotels forderte die Vertreibung der Demonstranten von dem Gebiet, das sie für die
Wasserversorgung ihres neuen Hotelkomplexes benötigen. Folgerichtig
fordert Rodney Bobiwash, Direktor
des „Forum for Global Exchange’s
Center for World Indigenous Studies“, dass die Bedenken der indigenen Bevölkerungen stärker berücksichtigt werden müssen und „dass es
eine Reihe von Belegen im internationalen Recht gibt, die bestätigen, dass
Ureinwohner nicht durch wirtschaftliche Projekte von ihrem Land vertrieben und diese Projekte auch nicht
durchgeführt werden dürfen, ohne die
Zustimmung der Menschen, deren
Territorien davon betroffen sind“. Die
Reiseveranstalter scheinen aber von
diesen kritischen Aussagen und dem
Ethikkodex nichts zu wissen. So stellt
die Süddeutsche Zeitung in ihrem
Artikel vom 19. März „Wer zahlt,
schafft an“ fest, dass den meisten Veranstaltern nicht einmal die Existenz
eines solchen Kodex bekannt ist. Und
auf der ITB zuckt die Mitarbeiterin
von der TUI, zuständig für Umweltfragen, auch nur mit den Schultern,
als wir sie nach der Umsetzung des
Kodex durch den Reiseveranstalter
fragen.
Um die Berücksichtigung indigener
Interessen zu forcieren, werden wir
deshalb den Boykott von Sun Peaks
durch deutsche Reiseanbieter fordern.
Bitte schicken Sie den umseitig aufgeführten Protestbrief an das Ihnen
am nächsten gelegene Unternehmen.
von Ludwig Seiller
14
Anbieter von Reisen nach Sun Peaks
Reisebüro Reichenbach
Gewerbepark 1
01936 Reichenbach
Fax: 035795/38614
JENATOURS AG
Teichgraben 5
07743 Jena
Fax: 03641/443063
Adventurelink Tours
Marcus Schreiter
Virchowstr. 16
08371 Glauchau
Best Travel Canada
z.Hd. Andreas Artl
Schonensche Str. 13
10439 Berlin
Canada Reise Dienst
Stadthausbrücke 1-3
20355 Hamburg
Fax: 040/30061655
CANUSA Touristik
Nebendahlstr. 16
22041 Hamburg
Fax: 040/22725353
Land + Reisen
Canada/US-Reisen
Wachmannstr. 59
28209 Bremen
Fax: 0421/341466
Schneebüro
Lister Meile 25
30161 Hannover
Fax: 0511/3180887
America Ski-Sun Reisen
Bonhoefferstr. 33
30457 Hannover
Fax: 0511/4340243
CanTours
Christine Hilbert Schmidt
Am weissen Rain 7
35789 Weilmünster
Fax: 06192/958414
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Amerika Reise Center
Ostwall 81
47798 Krefeld
Fax: 02151/20972
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z.Hd. Lienhard Moenkediek
Alfred-Döblin-Str. 5a
49088 Osnabrück
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Große Straße 4a
49565 Bramsche
Fax: 05461/943419
Best Travel Canada
z.Hd. Helmut Schaer
Radebergerstr. 202
50968 Köln
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z.Hd. Michael Thoss
Saarstr. 42
55276 Dienheim
Fax: 06133/924427
Best Travel Canada
z.Hd. Nelly Koonen
Hansering 121a
58339 Breckerfeld
DERTOUR
Emil-von-Behring-Str. 6
60439 Frankfurt
Fax: 069/95885231
AEROSKI
Dr. Erben GmbH
Im Banngarten 15
61273 Wehrheim/Taunus
Fax: 06081/2086
Tour Canada
Canada Spezialreisen Gmbh
Frankfurter Str. 15
61476 Kronberg
Fax: 06173/940456
Amerika Center
z.Hd. Brigitte Junker
Rummelstr. 12
67655 Kaiserslautern
Fax: 0631/64640
Pioneer Erlebnisreisen GmbH
Steubenstr. 7
72379 Hechingen
Fax: 07471/13553
FTI Touristik
Nymphenburger Str. 1
80335 München
Fax: 089/25253535
Reisebüro am Harras
z.Hd. Brigitte Bolz
Plinganser Str. 40
81369 München
Fax: 089/74633030
Stumböck Club
Sebastian-Tiefenthaler-Str. 15
83101 Rohrdorf/Thansau
Fax: 08031/276717
Canada Tours
Kogelstr. 5
83404 Ainring/Hammerau
Fax: 08654/5131
BC Ski-Country
c/o Pressebüro Stremel
St.-Vitus-Str. 9
86356 Neusäß
Fax: 0821/4861414
Active Tours GmbH
Alpenrosenweg 20
87463 Dietmannsried
Fax: 08374/5899525
Hagen Alpin Tours
Alois-Wagner-Str. 28
87466 Oy-Mittelberg
Fax: 08366/988894
COYOTE 1/02
British Columbia
BOYCOTT SUN PEAKS
Sehr geehrter Anbieter von Skireisen,
ich bitte Sie, keine Reisen mehr nach Sun Peaks anzubieten!
Der Sun Peaks Ski Resort wurde auf dem Land der Secwepemc (Shuswap-Indianer) errichtet, das von diesen nie
abgetreten wurde – weder an die Regierung Kanadas, British Columbias und auch nicht vorher an Großbritannien.
Sun Peaks hat damit begonnen in die Erweiterung des Ressorts 70 Mio. $ zu investieren. Die Secwepemc haben
dies abgelehnt. Dennoch fährt Sun Peaks mit dem Ausbau des Skiressorts fort und zerstört alles, was sich ihr in
den Weg stellt. Sun Peaks hat bereits mehrere Hütten und Protest-Camps zerstört; hat religiöse Stätten entweiht
und zeremonielle Handlungen verhindert und durch Beschlüsse erwirkt, dass den Indianern der Zutritt zu ihrem
eigenen Land verwehrt wurde.
Dieses Gebiet hat den Secwepemc über mehrere Tausend Jahre als Grundlage ihres Lebens gedient. Die Erweiterung wird irreparable Schäden an dem Land verursachen, das die Indianer für ihr Überleben benötigen.
Das oberste kanadische Gericht hat 1997 die Landrechte als Aboriginal Title anerkannt und festgeschrieben, so
dass sie durch die Sektion 35 der kanadischen Verfassung geschützt werden. Trotzdem haben die meisten Industrien, eingeschlossen die Tourismusindustrie, die Provinz- und Bundesregierung in der Fortsetzung ihrer Politik,
die die Aufhebung des Aboriginal Title zum Ziel hat, unterstützt. Megaprojekte sind ohne das Einverständnis der
Indianer geplant. Diese wünschen sich jedoch den Erhalt ihrer natürlichen Lebensgrundlagen und einen verträglicheren Tourismus.
Aus diesem Grund hat bereits im Juli 2001 die Assembly of First Nations (der Zusammenschluss der Indianer in
Kanada) zum Boykott der Delta-Hotel-Kette aufgerufen, die ein Kongresshotel in Sun Peaks errichtet. Viele
Kirchen, Gewerkschaften und soziale Organisationen haben sich dem bereits angeschlossen und fordern auch
den Boykott der Fairmont-Hotelkette, der Muttergesellschaft von Delta-Hotels.
Die Erweiterung von Sun Peaks verstößt eindeutig gegen mehrere internationale Abkommen und Erklärungen in
denen nicht nur eine nachhaltige Entwicklungspolitik gefordert wird sondern auch gegen den von der WTO
(World Tourism Organization) auf ihrer Generalversammlung in Santiago 1997 verabschiedeten Globalen Ethikkodex für den Tourismus. So heißt es dort u.A. in Artikel 2 Absatz 2: „Im Rahmen touristischer Aktivitäten
sollten ... die Menschenrechte und insbesondere die individuellen Rechte der sensibelsten Gruppen, vor allem ...
ethnischer Minderheiten und indigener Völker gefördert werden.“
Da die Regierung und die Betreiber von Sun Peaks (Nippon Cable) ihren Verpflichtungen zur Konsultation mit
den Indianern bisher nicht nachgekommen sind und keine Zustimmung von den Secwepemc vorliegt bitte ich
Sie daher den Boykottaufruf der Secwepemc nachzukommen und keine Reisen mehr nach Sun Peaks anzubieten.
So können Sie gemäß dem Globalen Ethikkodex für den Tourismus zu einer nachhaltigeren Entwicklung des
Welttourismus beitragen und unterstützen die Secwepemc dabei, zu ihrem verfassungsmäßigen Recht zu gelangen.
Mit freundlichen Grüßen
P.S.: Wir bitten Sie die Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V. (die an einem Verzeichnis der Reiseanbieter arbeitet, welche den Ethikkodex befolgen) über ihre Entscheidung zu unterrichten. Von der Aktionsgruppe
können Sie auch weitere Informationen beziehen. ([email protected])
COYOTE 1/02
15
British Columbia
Vom Stamm zur First Nation
Der Wandel gesellschaftlicher Strukturen in British Columbia
von 1770 bis zum frühen 20 Jahrhundert
Die „Geschichte“ der First Nations in
BC im weiteren Sinne reicht natürlich über die ersten Kontakte mit Europäern hinaus. Die mündliche Überlieferung der eingeborenen Völker
und archäologische Zeugnisse zeugen
noch heute von dieser Zeit. Die Ureinwohner verweisen zur Durchsetzung von Landrechtsansprüchen
mittlerweile auch gerne auf diese
Quellen. Im eigentlichen Sinne bezeichnet Geschichte jedoch den Zeitraum, in dem schriftliche Quellen
Licht auf Ereignisse der Vergangenheit werfen. Das war in BC erst in den
70er Jahren des 18. Jh. der Fall. Ein
epochaler Einschnitt, der die über
Jahrtausende entstandene Lebensweise der Ureinwohner in kurzer Zeit
drastisch verändert hat. Die Entwicklung von diesem Zeitpunkt bis in die
ersten Jahrzehnte des 20. Jh. soll kurz
skizziert werden. Besonderes Augenmerk wurde auf die Shuswap / Secwepemc gelegt. Dieser historische
Prozess, in dem sich Ureinwohner
und Einwanderer im neu verteilten
Land arrangieren müssen, ist noch
lange nicht abgeschlossen und hat mit
dem wiedererstarkten Selbstbewusstsein vieler indianischer Nationen
wieder zunehmend an Brisanz gewonnen.
Der Begriff „Nation“, so wie er in
„First Nations“ enthalten ist, kann
auch falsche Assoziationen erwecken.
Die soziale und gesellschaftliche Verfassung der indianischen Lebensgemeinschaften in BC zur Zeit des ersten Kontaktes mit Weißen lässt sich
nicht mit dem Organisationsgrad einer Nation im europäischen Sinne
vergleichen. Das ist auch den Shus-
wap durchaus bewusst, die über diese Zeit auf ihrer Website schreiben:
„Die „Nation“ war eine politische
Allianz, welche die Nutzung des
Lands und der Ressourcen regelte,
und das Gebiet der Shuswap schützte. Obwohl die „bands“ getrennt und
unabhängig lebten, waren sie durch
eine gemeinsame Sprache verbunden
– Secwepemctsin – sowie einer ähnlichen Kultur und einem ähnlichen
Glaubenssystem.“ Wenn heute auch
von Indianern der europäische Begriff
„(First) Nation“ verwendet wird,
kommen damit verschiedene Dinge
zum Ausdruck: in erster Linie der
Anspruch auf eine gewisse Souveränität; weiterhin, dass neben den traditionellen Strukturen auch neue Organisationsformen existieren, die das
gemeinsame Interesse der Abteilungen einer Volksgruppe vertreten.
Stammesbezeichnungen
alt
aktuell
Haida
Tsimshian
Kwakiutl
Nootka
Bella Coola
Coast Salish
Interior Salish, u.a.:
Shuswap
Lilloet / Lil’wat
Thompson
Kootenay
Athapascan
Inland Tlingit
16
Haida
Tsimshian
Kwakwak’wakw
Nuu-chah-nulth
Nuxalk
Coast Salish
Secwepemc
Stl‘atl‘imx
Nlaka’pamux
Kutenai
Dene
Tlingit
COYOTE 1/02
British Columbia
Sprachgruppen
Weiße Akademiker haben die vielfältigen Bevölkerungsgruppen der Ureinwohner von British Columbia
(BC) nach der Sprachverwandtschaft
in 10 Gruppen eingeteilt. Die früher
von den Weißen benutzten Namen für
diese Gruppen oder einzelne Stämme
sind im heutigen Sprachgebrauch
durch die Eigenbezeichnungen der
„First Nations“ ersetzt worden. Vorwiegend in älterer Literatur finden
sich noch immer die alten Bezeichnungen.
Die Einteilung in Sprachgruppen
deckt sich im Groben auch mit bestimmten Kulturarealen. Bei aller
Nützlichkeit zur Orientierung zeigt
sich die Künstlichkeit der Klassifizierung: Die Hauptgruppen lassen sich
in sehr unterschiedlichem Maße in
eigene Dialektgruppen aufteilen.
Andererseits haben z.B. Nuu-chahnulth (Nootka) und Kwakwak’wakw
(Kwakiutl), die oben unter den zehn
Hauptgruppen aufgeführt sind, mehr
gemeinsam als die Sprachen, die man
unter „Coast Salish“ zusammengefasst hat.
Unterschiedliche
Organisationsmodelle
Die traditionelle soziale Organisation war in den einzelnen Kulturarealen von BC durchaus verschieden. Die
Zellen, aus denen sich Stämme oder
„bands“ zusammensetzten, waren
kleine lokale Lebensgemeinschaften,
die nach bestimmten Regeln der Verwandtschaftsbildung zustande gekommen waren und über die Ressourcen einer Region die Kontrolle ausübten. Die Regeln der Verwandtschaftsbildung waren höchst unterschiedlich. An der Küste gab es streng
matrilinear organisierte Haushalte,
die zu bestimmten Jahreszeiten gemeinsam als „Stamm“ in einem Dorf
lebten. Die mit der Wirtschaftsweise
verbundene Tendenz zu einer eher
sesshaften Lebensweise begünstigte
hier die Bildung von Allianzen. Bei
den Küsten-Tsimshian bildeten mehrere dieser Stämme fest gefügte, politische Einheiten. Weniger stark ausgeprägt war die Bildung überregiona-
COYOTE 1/02
ler Einheiten bei Gitksan und Niska
im Hinterland der Küste oder den
Nördlichen Kwakwak`wakw (Kwakiutl). Vergleichsweise instabil waren
dagegen zeitweilige Allianzen von
Dörfern der Haida.
terior Salish (darunter die Secwepemc) besiedelten Gebiet wieder. Die
westliche Hälfte dieser Region ist
vergleichsweise dicht bewohnt. Nach
Osten hin dünnt die indianische Besiedlung nahezu völlig aus.
Anders war dies bei den Coast Salish
und den Interior Salish. All die kleinen, unabhängig lebenden Wirtschaftsgemeinschaften waren durch
bilaterale Verwandtschaftsbeziehungen verbunden. Die Bande zwischen
manchen dieser Gemeinschaften waren so eng, dass der „Verbund“ einen
eigenen Namen bekommen konnte.
Dennoch hatten diese überregionalen
Gruppierungen tatsächlich wenig
wirkliche politische Bedeutung: die
halbnomadisch lebenden Gruppen
agierten eher individuell.
Ohne Zweifel waren die Lebensbedingungen an der Pazifikküste so attraktiv und die kulturellen Verhaltensmuster so erfolgreich, dass die dortigen Stämme sich einer „blühenden
Existenz“ erfreuten. Ein krasserer
Gegensatz als zwischen den materiell reichen Küstenkulturen, für deren
großartiges Kunstschaffen stellvertretend die reich beschnitzten, teils gigantische Ausmaße annehmenden
Totempfähle vor gleichermaßen grandios gezimmerten Langhäusern in
Erinnerung gerufen werden sollen,
und den vergleichsweise geradezu
ärmlichen Verhältnissen bei den nomadisierenden Kleingemeinschaften
der Dene, wie sie auch im Osten von
BC anzutreffen waren, ist kaum denkbar. Ein an der Küste üblicher „Potlatch“, bei der eine einflussreiche Persönlichkeit seinen Rang zu erhöhen
versucht, in dem er an seine Gäste
Geschenke verteilt und durch verschwenderische Großzügigkeit alles
bisher dagewesene in den Schatten zu
stellen versucht, ist bei den Athabasken geradezu undenkbar.
Ganz anders waren die Verhältnisse
bei Kutenai und Dene im Landesinneren im östlichen BC. Sie lebten in
kleinen, nomadischen Gruppen, die
eher völlig autonom blieben und
kaum zu größeren, politischen Einheiten zusammenfanden.
Die Sonderstellung der Nordwestküste hinsichtlich Bevölkerungsstatistik und Kultur.
Die Gesamtbevölkerung der Ureinwohner auf dem Territorium des heutige BC um 1800 lässt sich nur noch
aufgrund späterer Zählungen seit
1835 abschätzen: ca. 90.000 Menschen. Die Einführung von Feuerwaffen, Alkohol und eingeschleppte
Krankheiten forderten jedoch viele
Opfer und die indianische Bevölkerung betrug um das Jahr 1885 nur
noch rund 28.000.
Besondere Erwähnung verdient die
Tatsache, dass auf dem Gebiet von BC
um 1800 die größte Bevölkerungsdichte an Ureinwohnern anzutreffen
war. Rund 40 % aller Indianer Kanadas lebten innerhalb des heutigen BC!
Und innerhalb von BC war es
wiederum die eigentliche Küstenregion, die besonders dicht besiedelt
war. Der östliche Teil von BC hielt
hier einem Vergleich mit der Küste
in keiner Form stand. Diese Tatsache
findet sich auch auf dem von den In-
Die Zeit des Pelzhandels
(1774 – 1849)
Angloamerikanische Pelzhandelsgesellschaften setzten sich frühzeitig
gegenüber spanischen Ambitionen
durch. Die Handelsposten versorgten
die Indianer im Tausch gegen Felle
mit begehrten Waren. Nicht die Annexion von indianischem Territorium,
sondern das Geschäft stand im Mittelpunkt des gegenseitigen Interesses.
Die Indianer schätzten viele Handelsgüter: Metall als Rohstoff oder in
Form bestimmter Schmuckobjekte
bzw. Werkzeuge, ferner Decken, Perlen, europäische Kleidungsstücke,
Feuerwaffen und bedauerlicherweise
allzu oft auch Alkohol, mit allen unerfreulichen Begleiterscheinungen.
Fatalere Auswirkungen als der Alkohol hatten jedoch die ersten von Weißen eingeschleppten Epidemien. Die
17
British Columbia
durch Windpocken verursachte Entvölkerung weiter Landstriche an den
Küsten in den 80er und 90er Jahren
des 18. Jahrhunderts blieb im Gedächtnis der betroffenen Völker haften. Immer wieder sollten auch andere Krankheiten wie Masern und Tuberkulose Opfer fordern.
Während kriegerische Auseinandersetzungen mit Weißen eher ein unbedeutendes Kapitel in der Geschichte
von BC darstellen, verschärfte der
Handel mit Feuerwaffen die innerindianischen Kriege in drastischen
Maße. Blutrache war ein häufiges
Phänomen, das zwischen manchen
Stämmen zu einem grausamen, institutionalisierten Wettbewerb gesteigert
wurde.
Neben den negativen Auswirkungen
muss aber auch zugestanden werden,
dass viele indianische Kulturen,
insbesondere an der Küste, gerade
durch die von den Weißen vermittelten Impulse einem vorher nicht gekannten Höhepunkt zusteuerten. Eine
ähnliche Schizophrenie zeichnete sich
auch in anderen Kulturarealen Amerikas, z.B. bei den Prärieindianern ab,
wo auch erst die Einführung von Pferden, Feuerwaffen und bestimmten
Handelswaren zu einer nie dagewesenen Blüte der materiellen Kultur
und drastischen Veränderungen der
innerindianischen Beziehungen geführt hat. Der Kontakt mit den Neuankömmlingen war Ursache für Blüte und anschließenden Niedergang
zugleich.
schen Küstenstämmen und inländischen Gruppen entwickelte sich ein
strukturiertes Handelsnetz, in dem
bestimmte Stämme ihre Ansprüche
auch gegen weiße Händler verteidigten. Gleichzeitig stärkten intertribale
Heiraten die Bande und die inländischen Ureinwohnergruppen begannen
die Kulturmuster der Küste zu imitieren.
te „Governor“ von BC, James Douglas versuchte nach diesen Prinzipien
zu verfahren. Seine Nachfolger
schlossen jedoch keine weiteren Verträge mehr und zogen es vor, die Existenz indianischer Landrechte zu verneinen. Neu eingerichtete Reservationen waren von bescheidenerer Größe, einige der ältern wurden wieder
verkleinert.
Die Britische Kronkolonie
(1849 – 1871)
1862 wurde u.a. die Reservation
Kamloops auf dem Gebiet der Secwepemc / Shuswap eingerichtet.
Gleichzeitig kam es zu einer Windpockenepidemie, die 32 Secwepemc
Dörfer auslöschte.
1849 wurde zunächst Vancouver Island Britische Kolonie, um den Britischen Anspruch auf die Region zu
festigen, eine Aufgabe, die der renommierten Pelzhandelsgesellschaft
Hudson’s Bay Company übertragen
wurde. 1858 wird auch das Festland
von BC königliche Kolonie und
zugleich erlosch das Pelzhandelsmonopol der Hudson’s Bay Company.
Die neue Autorität begann nun auch
mit der Verwaltung indianischer Angelegenheiten. Die damaligen Vorgänge sind für die aktuellen Landrechtsfragen von großer Bedeutung.
Die britische Krone erhob zwar Anspruch auf das Land der gesamten
Kolonie, gestand aber den Indianern
Besitzrechte zu, die erst durch entsprechende Verträge und Kompensationszahlungen erlöschen. Damals
kam es zur Einrichtung erster Reservationen. In der Regel wurden den
betroffenen Indianern im Rahmen der
Verträge neben Kompensationszahlungen auch die Nutzungsrechte an
verschiedenen Ressourcen außerhalb
der Reservation zugestanden. Der ers-
Die Eingriffe in indianische Verhältnisse versuchten auch die oben geschilderten innerindianischen Kriege
zu beenden. Nicht zuletzt deshalb
zeichnete sich ab den 50er Jahren des
19. Jahrhunderts die glückliche Entwicklung ab, kriegerische Auseinandersetzungen mit Potlatches zu ersetzen. Prestigegewinn durch die Tötung
und Erniedrigung von Feinden trat in
den Hintergrund. Der höhere Rang
gebührte dem, wer über die größeren
Ressourcen verfügte, um die Angehörigen der Nachbarstämme mit materiellen Gütern zu überhäufen.
Die Kanadische Provinz (seit 1871)
1871 wurde BC kanadische Provinz.
Damit wurde im Prinzip auch wieder
dem indianischen Landanspruch, wie
er von der britischen Krone vertreten
worden ist, Geltung verschafft. Der
Bundesstaat BC ignorierte jedoch
In den Gesellschaften an der Küste,
deren gesellschaftliche Struktur schon
zuvor um die Umverteilung prestigeträchtiger Reichtümer kreiste, ermöglichten die neuen Luxusgüter dieses
System bis ins Extreme auszureizen.
Gleichzeitig boten die neuen Metallwerkzeuge ungeahnte Möglichkeiten
zur Perfektionierung des einheimischen Kunstschaffens. Die Ikonographie und Ausarbeitung der Totempfähle erreichten damals ein zuvor
undenkbares Raffinement.
Aber auch die ärmeren Kulturen im
Landesinneren von BC profitierten
vom Aufschwung an der Küste. Zwi-
18
Siedlung der Kwakwak’wakw (Kwakiutl) 1888
COYOTE 1/02
British Columbia
Shuswap Chiefs um 1910
weiterhin diese Ansprüche mit Hinweis auf seine Sonderentwicklung
und den späten Anschluss an Kanada. An dieser Situation hat sich bis
heute im wesentlichen nichts geändert.
Der Bevölkerungsrückgang der indianischen Bevölkerungsgruppen erreichte wischen 1895 und 1930 zu
jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten
seinen Tiefpunkt. Doch bereits seit
den 30er Jahren ist bei fast allen
wieder ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen gewesen.
Früher politischer Widerstand
indigener Stämme in BC
Bezeichnend ist die Tatsache, dass
indianische Stämme in BC bereits vor
und kurz nach 1900 in verschiedenen
Anläufen neue Formen der Zusammenarbeit gefunden haben, um sich
gegen die Ignorierung ihrer Landrechtsansprüche durch die Provinz zur
Wehr zu setzen. Die aktuellen Ereignisse können durchaus auf eine lange, lokale Tradition zurückblicken.
Durch Missionare ermutigt hatten
1877 einige Nishga Chiefs auf eine
angemessene Berücksichtigung ihrer
Landrechtsinteressen gedrängt. Eine
eigens geschickte Kommission war
aber mit keinerlei Befugnissen ausgestattet und sollte in erster Linie die
Lage sondieren. Die Forderungen
nach größeren Reservationen und
Entschädigungen für das traditionelle Gebiet außerhalb davon wurden
nicht weiter verfolgt. 1906 gründeten
die Nishga schließlich das „Nishga
Land Committee“ um Geldmittel und
COYOTE 1/02
professionellen Rechtschutz organisieren zu können. 1913 trugen sie in
Ottawa eine Petition vor, um eine
Anhörung vor dem höchsten Gerichtshof in London durchzusetzen.
Als auch diesen Bemühungen kein
Erfolg beschieden war, schlossen sich
die Nishga 1916 mit den Interior Salish und den Küstenstämmen des Südens zu den „Allied Tribes of Britisch
Columbia“ zusammen. Diese Allianz
konnte zunächst die Ratifizierung des
Berichts einer Reservatskommission
verhindern, dessen Inhalt sie ablehnte. Die von der Allianz gestellten Forderungen nach Reservatsvergrößerung, Kompensationszahlungen sowie Jagd- und Fischereirechten wurden jedoch schließlich als überzogen
abgelehnt und der ursprüngliche Bericht wurde ratifiziert. Dennoch gab
die Allianz nicht auf. 1927 kam dann
ein eigens eingesetzter Ausschuss zu
dem für die Vertreter der Allianz ärgerlichen Ergebnis, das kein Landrechtsanspruch nachgewiesen werden
könne und die Frage als abgeschlossen zu betrachten sei. Darüber hinaus
seien die Indianer in BC mindestens
so großzügig behandelt worden wie
Vertragsindianer.
Auch die Interior Salish forderten in
Eigeninitiative schon frühzeitig gesetzliche und politische Lösungen zur
Landrechtsfrage ein. Zu Beginn des
20. Jh. wurde eine Serie von Petitionen an Provinz- und Bundesregierung
verfasst. Es folgten Reisen nach Victoria, Ottawa und London. Eines der
bemerkenswertesten Dokumente dieser Bewegung ist die Denkschrift an
Sir Wilfried Laurier, das die Land-
rechte der Secwepemc (Shuswap),
Nlaka’pamux (Couteau / Thompson)
und Okanagan betrifft. Die „Chiefs“
dieser drei Völker diktierten die
Schrift ihrem Sekretär, James Teit,
einem jungen Schotten, der mit einer
Nlaka’pamux verheiratet war und
mehrere Abhandlungen über die „Interior Salish“ verfasst hatte. Im Jahre
1910 wurde der Text dem damaligen
Premier Minister von Kanada bei einem Besuch in Kamloops verlesen.
In Briefform legt der Text die Sicht
der Ureinwohner dar: Die Gründung
einer Handelsstation in Kamloops
1812, die beiden Seiten Nutzen brachte, wurde noch als positiv beurteilt.
Die Besiedlung und die damit verbundene Ausbeutung der angestammten
Wohngebiete nach der Koloniegründung von 1858 und die Bildung kleiner Reservate (Kamloops 1862) hätte die Indianer jedoch vor massive
Probleme gestellt, für die Lösungen
gefunden werden müssen. Sir Laurier versprach den Indianern zu helfen,
wurde jedoch im folgenden Jahr nicht
wiedergewählt. Damit begann die
Lobbyarbeit bei der neuen Regierung
wieder von vorne.
Viele Indianer in BC betrachten die
Landrechtsfrage nach wie vor als ungelöst und es gilt für sie sinngemäß
auch heute, was im Jahre 1911 die
Chiefs der Stl’atl’imx (Lil’wat) in einer weiteren Erklärung festgestellt
haben:
„Wir beanspruchen, die rechtmäßigen Besitzer unseres Stammesterritoriums und aller Dinge, die sich darauf beziehen, zu sein. Wir haben
immer in unserem Land gelebt, haben es zu keiner Zeit jemals verlassen oder anderen überlassen. Wir
haben es vor der Eroberung durch
andere Stämme zum Preis unseres
Blutes bewahrt. Unsere Vorfahren
waren schon Jahrhunderte bevor die
Weißen kamen im Besitz dieses Landes. Das gilt gleichermaßen für die
vergangenen Tage, als letztere ankamen und ebenso für den Tag, an dem
die ersten Pelzhändler kamen“.
von Robert Stark
19
Fischfang
Im Netz gefangen?
Fischfang am Scheideweg zwischen Tradition und Profit
Die seit dem Delgamuukw-Urteil neu entflammte Diskussion um den Aboriginal Title lenkt die Aufmerksamkeit auf die vielfältigen Brennpunkte und Konflikte, die Kanada zwischen Pazifik- und Atlantikküste durchziehen. Wiederholt geraten dabei die Fischereirechte der Ureinwohner ins Blickfeld. Trotz mehrerer Gerichtsentscheide müssen sich die Indianer weiterhin ihre Rechte im Kampf gegen die Winkelzüge der Politik
und die Profitinteressen der Fischindustrie erstreiten.
Ins Zentrum des Konflikts geraten seit dem Marshall-Urteil von 1999 immer wieder die Mi’kmaq an der
atlantischen Ostküste der Provinzen Nova Scotia und New Brunswick (vgl. Coyote 3/00). Aber auch auf der
anderen Seite des Kontinents, am pazifischen Clayoquot Sound, sehen sich die Ahousat mit der Mißachtung
ihrer Fischereirechte konfrontiert. Ungeachtet verschiedener Ansätze ist eine klare, einheitliche Lösung noch
nicht in Sicht.
Haft für Mi’kmaq
Am 28. Februar 2002 wurde John
David Dedam zu drei Jahren Haft
verurteilt. Dedam, ein Mi’kmaq-Indianer von der Burnt Church First
Nation aus New Brunswick, hatte bei
einer Auseinandersetzung im August
200 einen Polizisten mit einem Stein
verletzt, als die Polizei die Mi’kmaq
mit Waffengewalt an der Ausübung
ihrer Fischereirechte hindern wollte.
Das Strafmaß wurde von indianischer
Seite heftig kritisiert, denn die Indianer hätten sich in der damaligen Konfrontation nur verteidigt, erläuterte
Burnt Church-Aktivist Brian Bartibogue die Ereignisse.
Seit Jahren eskaliert der Streit um die
Fischfangrechte an der Pazifikküste
in Auseinandersetzungen zwischen
Indianern und Polizei bzw. weißen
Fischern, die vor Tätlichkeiten nicht
zurückschrecken, um gegen die „Privilegierung“ der Indianer zu protestieren. Schließlich stehen massive
Wirtschaftsinteressen auf dem Spiel,
das vor dem Hintergrund der knapper werdenden Ressourcen mit harten Bandagen ausgetragen wird. Die
mächtige Fischindustrie klagt über
schwindende Umsätze, für die sie propagandistisch die Indianer verantwortlich macht, die aufgrund der „ungerechten Bevorzugung“ die Fischund Hummerbestände vernichten
würden. In Anbetracht der Tatsache,
daß z.B. in der Miramachi Bay den
3000 indianischen Hummerfallen im
gleichen Gebiet 240.000 Fallen weißer Fischer gegenüberstehen, scheint
dieses Argument kaum überzeugend.
20
„Für uns war der Fischfang immer
heilig“, beschreibt George Ginnish,
Chief der Eel Ground First Nation,
von der Miramachi Bucht, die Beziehung der Indianer zur Natur, „denn
er hat uns ernährt. Wir waren und sind
bereit, mit Neuankömmlingen zu teilen, aber die Erhaltung des Fischbestands spielt für uns eine zentrale
Rolle. Das Fischereigesetz und die
Politik des DFO (Department of
Fisheries and Oceans) kümmern sich
nicht darum, und das muß sich ändern.“
Die Bestimmungen des Ministeriums
sind in der Tat unzureichend, denn der
Fischbestand ist bereits stark ausgebeutet und eine Regeneration bedroht,
wie indianische und weiße Fischer
gleichermaßen mit Besorgnis feststellen. Schuld sind jedoch nicht die Indianer, sondern die radikalen Methoden der Fischindustrie, die sich –
wenn nötig – auch illegal an den letzten Fisch- und Hummergründen bereichern will. Zur Lösung des Problems wurde ein „Standing Committee on Fisheries and Oceans“ eingerichtet, das Möglichkeiten und Strategien zur Umsetzung des Marshall
Urteils erarbeiten soll.
Im Widerstreit: Marshall-Urteil
In einem spektakulären Gerichtsurteil
des Supreme Court of Canada vom
17.09.1999 wurde der Klage des
Mi’kmaq Donald Marshall stattgegeben und anerkannt, daß er aufgrund
der „Peace and Friendship Treaties“
von 1760/61 zwischen den Mi’kmaq
und der Krone das Recht habe, kommerziellen Fischfang zu betreiben,
der den Fischereibestimmungen nicht
unterworfen sei. Während das zuständige Ministerium zunächst keine Reaktion auf das Urteil zeigte, ging ein
Aufschrei durch die Öffentlichkeit
und es folgten Tage des Chaos, der
Zerstörung und der Übergriffe. Aufgrund der vehementen Proteste der
Fischindustrie präzisierte der Oberste Gerichtshof in einer zweiten Entscheidung vom 17. November 1999
im sogenannten „Marshall 2-Urteil“
seine Auslegung. Nun betonte das
Gericht, dass die traditionellen Rechte
der Indianer auf Fischfang zwar
weiterhin bestünden, aber nur auf traditionellem Gebiet im Rahmen der
jeweiligen indianischen Gemeinschaft und innerhalb der gesetzlichen
Bestimmungen des DFO. Allerdings
COYOTE 1/02
Fischfang
Fischereirechte für Mi’kmaq!
sollten mittels eines Ausschusses die
Möglichkeiten untersucht werden, die
Ureinwohnerrechte mit den Fischereibestimmungen in Einklang zu bringen. Gleichzeitig stellte das Gericht
jedoch fest, daß die im Marshall-Urteil anerkannten Rechte sich lediglich
auf den Fischfang bezogen und keinerlei Auswirkungen auf andere Ressourcen wie Öl, Gas und Holz habe.
Zudem führte die neue Interpretation
zu weiteren Unklarheiten, da sich
hieraus nicht ergab, ob die anerkannten Rechte auch für die Bands in anderen Provinzen, z.B. Quebec, gültig
seien und wer konkreter Träger dieser Rechte sei, d.h. wie würden in diesem Zusammenhang nicht anerkannte, sogenannte non-status Indianer
behandelt oder solche, die außerhalb
der Reservate leben. Auch das Ausmaß des erlaubten Fischfangs blieb
ohne Konkretisierung und damit in
Die schwindenden Fischbestände verstärken das Problem der
Arbeitslosigkeit an Kanadas
Küsten, besonders betroffen sind
hiervon die Indianer mit bis zu
80% Arbeitslosigkeit in manchen Gemeinden. Gleichzeitig
wirbt Kanada um hochqualifizierte Arbeitskräfte aus dem
Ausland. Susan Scarlett von
Einwanderungsministerium in
Ottawa verspricht: „Wie bieten
Sicherheit, Lebensqualität und
ein Land, in dem sich die
Menschen respektieren“
COYOTE 1/02
einem widersprüchlichen Verhältnis
zu anderen Gesetzen und Urteilen. In
Abschnitt 35 der kanadischen Verfassung von 1982 werden die traditionellen Rechte bestätigt und auch im
Sparrow-Urteil von 1990 das Recht
auf Fischfang zu Nahrungszwecken
und zu Zeremonien bestärkt, aber natürlich betreiben die Indianer heute
nicht nur Fischfang zur eigenen Ernährung, sondern auch zu kommerziellen Zwecken, denen in Anbetracht
der extrem hohen Arbeitslosenrate in
vielen Regionen besondere Bedeutung zukommt, denn oft sind Fisch
und Hummer die einzige Einnahmemöglichkeit.
leure des Ministeriums und die Polizei für ein paar Dollar Schmiergelder
bei weißen Fischer beide Augen zudrücken, werden die Indianer bedroht
und angegriffen. „Manchmal bekommt man den Eindruck, daß die
Leute vom DFO nicht dafür bezahlt
werden, illegale Fischer zu kontrollieren, sondern uns zu schikanieren“,
kommentierte der Mi’kmaq-Anwalt
Millie Augustine die Vorgänge vom
Sommer letzten Jahres, als es wiederholt zu Übergriffen und sogar Schüssen auf indianische Fischer kam, während die Polizei tatenlos zusah.
Recht auf Lebensweise
Nach den in der Folge des MarshallUrteils mittlerweile drei Jahren andauernde Konflikten und Zusammenstößen, insbesondere während des Hummerfangs im Frühjahr und Herbst,
wurde den Mi’kmaq von Burnt
Church ein neues Verhandlungsangebot unterbreitet. „Wir wollen den Deal
nicht“ schildert Brian Bartibogue die
augenblickliche Stimmung unter den
Indianer, „aber welche Chance haben
wir denn noch. Unsere Boote, unsere
Ausrüstung werden konfisziert und
unsere Leute ins Gefängnis geworfen.
Wir fühlen uns, als hätte man uns eine
Schlinge um den Hals gelegt, die sich
immer weiter zuzieht. Wir stehen mit
dem Rücken zur Wand.“
Die Indianer verweisen zudem darauf, dass sie nicht nur ihre traditionellen Rechte auf den Fischfang
wahrnehmen, sondern vor allem das
Recht auf ihre Lebensweise, die seit
Generationen und über Jahrhunderte
hinweg durch den Umgang mit der
Natur und natürlich auch den Fischfang geprägt ist. Im Zentrum steht
dabei jedoch die Erhaltung dieser Lebensweise für die nächsten Generationen und nicht der schnelle Profit.
„Aber“, betont Chief Charlie Sark
von der Lennox Island First Nation,
„wenn der Oberste Gerichtshof unsere angestammten Fischereirechte
bestätigt, haben wir natürlich auch
das Entscheidungsrecht, den Fisch zu
verkaufen.“ Genau hier liegt aber der
Konfliktpunkt mit der Fischindustrie,
denn aufgrund des verschwindenden
Fischbestands sah sich das DFO gezwungen, eine Reduzierung der
Fangquoten, insbesondere für Hummer, zu verfügen, die sowohl für Indianer wie Weiße verhängt wurde.
Nicht alle Indianer waren jedoch bereit, sich der neuen Regelung zu unterwerfen, allen voran die Mi’kmaq
von Burnt Church, die eine Einschränkung Ihrer Rechte zurückwiesen, da schließlich nicht die Indianer,
sondern die Industrie der Verursacher
der Überfischung sei. Außerdem forderten sie das Ministerium auf, lieber die Kontrollen strenger durchzuführen und ihre rassistische Politik
aufzugeben. Während die Kontrol-
„Welche Chance haben wir noch?“
Einige setzen Hoffnung in die Ernennung eines neuen Ministers des DFO
und damit eine bessere Beziehung
Blockaden der Mi’kmaq
21
Fischfang
das mühsame traditionelle Fischen.
Die Gemeinde erhielt eine neue Ambulanz, eine neue Feuerwehrstation
und die Sozialhilferate sackte auf die
Hälfte ab. Arbeitskräfte wurden gebraucht und dafür mit einer neuen
Lebensweise belohnt. In dem kleinen
Ort fährt nun jeder mit dem Auto zum
lokalen Minimarkt, verbringt den Feierabend vor der Glotze und ernährt
sich von all den amerikanisch-kanadischen Herrlichkeiten, die bei uns als
„Junkfood“ bekannt sind. Fisch, einst
die zentrale Nahrungsquelle und Zentrum der Kultur der Ahousat, ist den
Regalen nur noch als Büchsenware
vertreten.
Im Griff der Multis
Mi’kmaq-Frauen protestieren gegen die Politik der kanadischen Regierung
zwischen dem Ministerium und den
Mi’kmaq, Maliseet und Passamaquoddy. Im Januar dieses Jahres forderten die Atlantic Policy Congress
Chiefs Minister Robert Thibault auf,
einen Ureinwohner ins Amt zu berufen. „Die beste Basis zur Verbesserung der Beziehungen“, so Chief
Lawrence Paul, „wäre endlich die Anerkennung des Marshall-Urteils durch
den neuen Minister.“
Ein Gefühl des Verrats
„Ich muß meine Kinder ernähren,
aber manchmal fühle ich, daß wir das
Erbe unserer Vorfahren verraten“, reflektiert Archie Frank. Der Vater einer 10-köpfigen Familie ist kein
Mi‘kmaq, sondern ein Ahousat, der
auch nicht am Atlantik lebt, sondern
auf der anderen Seite des Kontinents:
am Clayoquot Sound. Die Ahousat
gehören zu den Nuu-Chah-Nulth, die
an der Pazifikküste von Vancouver
Island leben. Doch die Probleme und
der Konflikt zwischen Tradition und
„Fortschritt“ sind fast austauschbar.
Tradition, Lebensweise und Identität
der Ahousat sind so stark vom Wildlachs geprägt, daß man sie auch
„Lachsmenschen“ nennt. Seit er sich
erinnern kann, leben die Ahousat vom
Lachs und konnten bis in die 1950er
Jahre ihre wirtschaftliche Autarkie
aufrecht erhalten. Doch mit der vehementen Ausweitung des Fischfangs
durch die großen Fischfangflotten in
22
den nächsten zwei Jahrzehnten kamen
erst gut bezahlte Jobs, doch dann blieb
den Indianern nichts. Die Fischgründe waren erschöpft und es gab kaum
noch Wirtschaftsmöglichkeiten. Ihre
kleine Siedlung auf Flores Island versank in Arbeitslosigkeit und Alkoholismus; drei Viertel lebten von der
Sozialhilfe. Die Jungen zogen weg,
um sich Arbeit in Vancouver oder
anderen Städten zu suchen und die
Alten kamen von ihrem Fischfang mit
leeren Händen und Herzen zurück.
Jetzt besteht die Gemeinde wieder aus
2000 Mitgliedern und die Wirtschaft
boomt – im Augenblick.
Fisch nur aus der Dose
Gleichzeitig mit dem Niedergang der
heimischen Ressourcen wurde ein
neues Wirtschaftswunder aus dem
Wasser gehoben: hochtechnologisierte Fischfarmen, schwimmende Zuchtbetriebe gigantischen Ausmaßes. Mitte der 70er begann der Boom, der
auch vor den Ahousat nicht halt machte. Die damals noch relativ kleine Firma Pacific National Aquaculture hatte
den Clayoquot Sound entdeckt und
umwarb die Zustimmung der Indianer mit allerlei verlockenden Angeboten, neue Jobs wurden ins Aussicht
gestellt und rosige Perspektiven versprochen. Viele fanden in der Tat einfachere und besser bezahlte Arbeit mit
geregeltem Feierabend und freiem
Wochenende, die bequemer war als
Statt der einfachen Hilfsarbeit zu Zeiten des ersten Booms bieten sich nun
mit den Fischfarmen neue Ausbildungsmöglichkeiten für die Indianer,
denn gebraucht werden nun auch
Techniker und Computerspezialisten,
aber die Geschichte wiederholt sich
manchmal eben doch und am Ende
stehen die Indianer wieder mit leeren
Händen da – und einer verseuchten
Umwelt. Der Firmenvertreter vor Ort,
Kevin Onclin, beschwichtigt zwar
noch, man wolle ja nicht hinter die
Errungenschaften für die Indianer
zurückfallen, doch die ersten Anzeichen dieser Entwicklung zeichnen
sich bereits ab, denn bisherigen Farmen sollen noch effizienter werden,
wozu weitere technologische Aufrüstung erforderlich ist. Die Futterzufuhr
erfolgt per Computersteuerung, die
Netze werden von Monitoren aus
Vancouver überwacht, die Lachse
werden maschinengesteuert in Fabriken verarbeitet, die kaum ein Mensch
mehr betritt.
1998 wurde auch Pacific Nation von
Globalisierungswelle erfaßt und von
der Cermaq Gruppe, dem fünftgrößtem Farmlachsproduzenten der Welt,
aufgekauft, deren Haupteigner die
norwegische Regierung ist. Cermaq,
das eine rigorose Profitpolitik betreibt, unterhält Fischfarmen vom
Baltikum bis nach Neuseeland, sowie
16 der 22 Farmen vor der Küste von
Vancouver Island. Aufgrund des
Preisverfalls, insbesondere Chile hat-
COYOTE 1/02
Fischfang
British Columbia
ter als ihre pazifischen Verwandten sind. Immer wieder gab es
allerdings Pannen und Unfälle, bei
den größere Mengen der Lachse
entweichen konnten. Die Folgen einer Vermischung zwischen atlantischen und pazifischen Lachsen sind
noch nicht ausreichend erforscht,
doch manche Wissenschaftler warnen bereits vor ähnlichen Krankheitsbildern wie BSE, zumal die Zuchtlachse der Farmen mit Antibiotika
voll gepumpt werden und wahre Chemiecocktails zur schnelleren Aufzucht verabreicht bekommen.
ten den Markt 2001 mit Lachsen überschwemmt, wird der Konkurrenzkampf unter den Unternehmen noch
größer, so daß auf die Bedenken einiger Umweltschützer oder die Interessen weniger Indianer keine Rücksicht
genommen wird. Schon droht Cermaq mit der Verlagerung des Standorts, sollten sich die Ahousat nicht
kooperativ genug zeigen und die Unterzeichnung eines Partnerschaftsvertrags weiter hinaus zögern.
„hish-tukish ts’awalk“
„Alles ist eins“ lautet die Tradition der
Ahousat und deshalb will der Stammesrat die angebotene Beteiligung
auch nicht unterzeichnen – trotz wiederholten Besuchs der Direktoren aus
Norwegen. Denn nicht alle in der
Gemeinde lassen sich von den Verlockungen des plötzlichen, aber
vielleicht auch sehr kurzfristigen
Wohlstands blenden. Darryl Campbell, der Fischereibeauftragte der
Band, ist einer von ihnen, der nicht
nur Bedenken hinsichtlich der weiteren Entwicklung hat, sondern auch die
grundsätzliche Frage nach den indigenen Rechten in Konfrontation zur
Gier der Konzerne sieht. „Wir wol-
COYOTE 1/02
len kein zweites Burnt Church hier,
aber wir können nicht zulassen, dass
unsere Lebensweise zerstört wird“.
Aber Campbell ist nicht der einzige,
der sich gegen die Ausbeutung durch
die Konzerne wehrt – der Riss geht
durch die ganze Gemeinde. „Die
Lachse kommen immer wieder zurück“, lautete eine alte Weisheit der
Ahousat, die allerdings in den vergangenen Jahrzehnten ihre Überzeugungskraft zu verlieren droht. Bereits
Anfang der 90er Jahre protestierten
Indianer gegen die Lachsfarmen und
1997 kam es zu größeren Sabotageaktionen, was die Regierung dazu
veranlasste, die Unternehmen aufzufordern, die indianischen Gemeinden
zu konsultieren und Partnerschaftsverträge abzuschließen. Campbell
und seine Mitstreiter fürchten nicht
allein um die Traditionen ihrer Gemeinde, sondern warnen vor allem
vor dem ökologischen Desaster, das
sich zunehmend abzeichnet.
Zeitbombe im Meer?
Die Lachsfarmen liegen zwar an der
pazifischen Küste, doch gezüchtet
werden dort nur atlantische Lachse,
die viel schneller wachsen und robus-
Im August 2001 ereignete sich nahe
Tofino in einer der Farmen von Pacific National ein plötzliches Massensterben, bei dem 100.000 Lachse verendeten; dessen Ursache das Unternehmen jedoch nicht genau erklären
konnte – oder wollte. Seit langem protestieren nicht nur die Indianer gegen
die Lachsfarmen, sondern auch viele
Umweltschutzorganisationen, u.a.
Friends of Clayoquot Sound und die
renommierte David Suzuki Foundation, die darauf verwiesen, daß die
Zucht mit hohem toxischen Einsatz
betrieben werde, der ohne ausreichenden Umweltschutzplan häufig einfach
im Meer landet. Insbesondere die
hohe Dosis an Antibiotika läßt auch
Verbraucherverbände aufschrecken.
Die Ahousat haben recht, wenn sie
einer Partnerschaft mit Cermaq skeptisch gegenüber stehen. Auch Archie
Frank sollte sich der Worte seines
Großvaters erinnern: „Wenn du
niemals gierig bist, dann werden die
Lachse immer da sein“.
von Monika Seiller
23
British Columbia
Haida fordern Queen Charlotte Islands
Die Haida haben gerichtlich Anfang März 2002 ein Eigentumsklage auf die gesamten Queen Charlotte Islands, die
Hecate Strait zwischen Prince Rupert und den Queen Charlottes sowie die umliegenden Gewässer eingereicht. Hintergrund sind neue Explorationsideen zur Förderung der Ölund Gasreserven des Gebiets, die auf fast 10 Milliarden Barrel Öl und 25 Trillionen Fuß Naturgas mit einem Wert von
300 Milliarden Dollar geschätzt werden. Doch nach Aussagen des Präsidenten der Haida First Nation, Guujaaw, geht
es bei der Klage nicht um Geld, sondern um den Erhalt der
Umwelt. „Wir werden unser Leben und unsere Zukunft selbst
in die Hand nehmen, um die Zukunft der folgenden Generationen zu sichern“
1959 verhängte die Provinz von B.C. ein Bohrmoratorium
für den Bereich zwischen Vancouver Island und Alaska, genehmigte jedoch Testbohrungen. 1972 wurde das Moratorium sowohl von der Provinz- als auch der Bundesregierung
bestärkt und ist seitdem in Kraft.
Der Niedergang der Wirtschaft, insbesondere durch den Verlust der einst reichen Fischbestände, bringt jedoch Bewegung in das Moratorium. 1997 wurde die North Coast Oil
and Gas Task Force gegründet, die im Ressourcenreichtum
im Meeresboden eine Chance sieht, der Provinz eine neue
wirtschaftliche Blüte zu bescheren.
Auch der von der NDP-Regierung 1998 Beauftragte für nördliche Entwicklung, John Backhouse, scheint den neuen Vorschlagen aufgeschlossen gegenüberzustehen, verweist jedoch
auf die notwendige Einbeziehung der Betroffenen vor Ort.
Unterdessen haben sich 60 Organisationen aus Sozialeinrichtungen, Umweltschützern und Kirchengruppen zusammengeschlossen, um den Plänen vehement entgegenzutreten. Sie
lehnen die Ausbeutungspläne mit dem Hinweis ab, daß es
sich hierbei um eine besonders empfindsames Ökosystem
handelt, dem ein Unfall wie die Havarie der Exxon Valdez
irreparablen Schaden zufügen würde. Dem Minister für Energie, Bergbau und nördliche Entwicklung, Dan Miller, soll
bis Juli des Jahres ein Bericht vorgelegt werden, der alle Aspekte zur weiteren Entscheidung beinhaltet. Der Minister hat
unterdessen zugesagt, keinerlei voreilige Schritte einzuleiten und das Thema sehr umsichtig zu studieren. Versuche
der Regierung, einen Vertrag mit den Haida zu schließen,
waren bislang erfolglos.
von Monika Seiller
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COYOTE 1/02
Western Shoshone
Arroganz macht taub!
US-Regierung hat kein Ohr für Proteste der Western Shoshone
Seit Jahrzehnten kämpfen die Western Shoshone um die Anerkennung ihrer Landrechte an „Newe Segobia“
im US-Bundesstaat Nevada. Doch Washington stellt sich taub gegenüber den Protesten der Western Shoshone gegen die Zerstörung ihres Landes durch Atomtests, Minen und das drohende atomare Endlager in den
Yucca Mountains. Selbst die Stimmen so prominenter Vertreterinnen wie die Schwestern Marie und Carrie
Dann, die für ihren Einsatz für die indianischen Rechte mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet
wurden, konnten die Mauern der Ignoranz, die Washington umgeben, nicht durchdringen. Mit der Wiederauferstehung von Endlagerplänen der Regierung Bush, der nur die eigenen Supermachtsfanfaren in den
Ohren rauschen, soll nun der Protest endgültig zum Schweigen gebracht werden.
Zäh wirkt sie, diese Großmutter mit
dem Wind und Wetter gegerbten Gesicht, wie sie am Gatter lehnt, und
doch alles andere als verbittert und
verschlossen. Auf ihren Zügen liegt
immer noch ein warmes Lächeln, das
ihr doch längst vergangen sein müßte, denn seit Jahrzehnten kämpft sie
unerschrocken für die Rechte ihres
Volkes. Ihr Gegner ist dabei nicht irgendwer, sondern der mächtigste der
Welt – die Regierung der Vereinigten
Staaten von Amerika. Die zierlich erscheinende und doch robuste Carrie
Dann hat keinen Grund zu lachen, hat
sie doch gerade ein Schreiben vom
Bureau of Land Management (BLM)
erhalten, das einem Schlag ins Gesicht gleichkommt. „Notice of Intent
of Impoundment“ nennt sich der Bescheid im Bürokratenamerikanisch,
d.h. ihr Vieh, Basis des Überlebens
und zugleich einer Lebensweise, kann
jederzeit fünf Tage nach Zustellung
des Bescheids konfisziert werden.
Dabei war sie gerade am Packen, um
nach Washington zu fahren und
einmal mehr die Anerkennung der
Carrie Dann bei der UN - Foto: O. Kluge
COYOTE 1/02
Landrechte der Western Shoshone
von der Regierung zu verlangen.
Dummer Zufall? Blicken wir ein paar
Monate zurück.
Atommacht USA
Während noch das Wort vom „Angriff
auf die Zivilisation“ durch die Medien geistert, rüstet die amerikanische
Regierung nicht nur zum Sturm auf
Afghanistan und die später nachgeschobene „Achse des Bösen“, nein,
alles muß nun den nationalen Interessen untergeordnet werden. Die Rüstungsindustrie reibt sich derweil die
Hände bei der Aussicht auf die neuen
lukrativen Aufträge, mit denen Washington seine Stellung als einzige
verbliebene Supermacht unter Beweis
stellen will. Unterdessen werden nicht
nur die Freiheitsrechte weggefegt wie
lästige Fliegen, universale Grundrechte beschnitten oder wahllos „ausländische Verdächtige“ verhört und
interniert, sondern Amerika bereitet
sich auf neue Kriege vor. Präsident
Bush, der seinem Vater unbedingt
beweisen will, was für ein toller Bursche er doch ist, schockiert die Weltöffentlichkeit mit der Ankündigung,
durchaus sein Atompotential gegen
„das Böse“ einsetzen zu wollen, und
den Verteidigungsetat auf 451 Milliarden Dollar aufzustocken.
„Die Menschen in Nevada empfinden
einen ausgeprägten Patriotismus“, so
der Demokrat Harry Reid, der seinen
Bundesstaat im amerikanischen Senat vertritt, „darum habe ich mich
auch dafür ausgesprochen, die Nevada Test Site weiterhin als Anti-TerrorTrainingszentrum zu nutzen. Denn sie
war es, die uns half den kalten Krieg
zu gewinnen.“ Dieser wackere Senator, der später noch mal zu Wort kommen soll, rühmt damit einen historischen Ort, an dem die USA jahrzehntelang ihre Atomtests durchführten,
allerdings ist er derzeit eigentlich
noch von einem Atomtestmoratorium
blockiert , das mit dem einstigen Gegner UdSSR ausgehandelt wurde, doch
heute ist davon nur noch Russland
geblieben und wer könnte in diesen
Zeiten der nationalen Herausforderung der USA daran zweifeln, dass sie
nun – wie angekündigt – wendigere
und kleinere Atomsprengköpfe testen
will, die man am nächsten Schauplatz
besser einsetzen kann – Sie wissen
doch, wo Irak liegt, Mr. Bush? Mag
ja sein, daß sich unter den Bewohnern
von Nevada, das man sonst nur mit
Las Vegas und Death Valley verbindet, mancher Patriot befindet, doch
hier wird über ein Gebiet entschieden,
das den USA zwar nicht gehört, über
das sie aber seit dem 19. Jahrhundert
willkürlich verfügen – angefangen
von den Pionieren der Eroberung des
25
Western Shoshone
Wilden Westens, über gierige Goldsucher bis hin zu den militärischen
Strategen und der Atomwirtschaft.
Das Land, das Reid als Unterpfand
des amerikanischen Erfolgs beschwört, heißt eigentlich Newe Segobia und gehört seit Urzeiten den Western Shoshone. Dieser für die USA
historische Nebenaspekt hindert Washington natürlich nicht daran, das
Land ihren hegemonialen Interessen
zu unterwerfen und die Rechte der
Ureinwohner gleich mit auf die Müllkippe zu werfen. Die Müllkippe hat
auch einen Namen: Yucca Mountains
auf dem traditionellen Land der Indianer.
„Verarscht-Nevada-Gesetz“
Präsident Bush setzt auf den Ausbau
der Atomindustrie, doch der dabei
entstehende Atommüll muß irgendwann weggeräumt werden. Zwar hatte Bush im Wahlkampf im Jahr 2000
noch zugesichert, ein Endlager nur
aufgrund streng wissenschaftlicher
Ergebnisse einrichten zu lassen, doch
nun hat er – getreu der Politikerregel:
was interessiert mich mein Geschwätz von gestern – im Februar
dem Kongreß offiziell vorgeschlagen,
den ganzen Atomschrott nach Nevada zu verfrachten. So weit die offizielle Seite, denn die Vorbereitungen
liefen längst auf Hochtouren. Ziemlich zügig wurden die Anhörungen
hinsichtlich einer nuklearen Deponie
in den Bergen 80km nordwestlich von
Las Vegas durchgeführt und am 21.
August 2001 eine Eignungsstudie
vom Energieministerium (DOE) vorgelegt, die weder das Problem des
26
Atomtransports berücksichtigt noch
die eigentlich vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsstudie vorweisen
kann. Kurz hintereinander wurden öffentliche Anhörungen angesetzt, deren letzte ein wenig überstürzt am
05.Oktober letzten Jahres stattfand.
Damit war der Öffentlichkeit kaum
eine realistische Chance für Einwendungen geblieben, ganz zu schweigen
natürlich von den Hauptbetroffenen,
den Western Shoshone. Aber nicht nur
die Indianer wehren sich gegen die
strahlende Zeitbombe, auch viele
Umweltschützer warnen vor den Gefahren eines Endlagers und die Mehrheit der Bürger steht dem Projekt
genauso ablehnend gegenüber wie ihr
Senator Reid, der in Anspielung auf
die gebrochenen Wahlversprechen
Bushs von einem „Verarscht-NevadaGesetz“ sprach.
Kein Atommüll auf Indianerland!
Neu ist der Vorschlag allerdings nicht,
Amerikas gesammelten Atommüll in
den Yucca Mountains zu deponieren.
Bereits seit 14 Jahren finden Untersuchungen und wissenschaftliche
Auseinandersetzungen um das mögliche Endlager statt, das nach den Plänen der Regierung rund 77.000 Tonnen hochradioaktiven Müll bei einer
Kostenprognose von $ 60 Milliarden
lagern soll. Allein die bisherigen Studien haben rund $ 8 Milliarden gekostet, doch das Ergebnis dieser Untersuchungen dürfte nicht im Sinne
der Regierung sein, denn die Berge
sind völlig ungeeignet für eine Endlagerstätte, da sich das Tuff-Gestein
inmitten in einer hochsensiblen Erdbebenregion befindet. Zudem sickert
das Regenwasser so schnell durch das
Gestein, daß die Sicherheit der Behälter vor einem Durchrosten nicht
gewährleistet ist und damit die Gefahr eines Absickerns ins nur 240
Meter darunter liegende Grundwasserbecken besteht, welches darüber
hinaus die einzige Trinkwasserquelle
der trockenen Region bildet. Doch
während
das
Plutonium
beispielsweise über eine Halbwertszeit von 24.000 Jahren verfügt, denkt
die Regierung in kürzeren Spannen.
Vor allem Energieminister Spencer
Abraham möchte das Projekt nun
endlich durchpauken und sieht dafür
kleine schlechten Chancen, denn sollte der Bundesstaat Nevada das Gesetz
mit einem Veto ablehnen, reicht die
einfache Stimmenmehrheit in beiden
Häusern des Kongresses, um das Gesetz dennoch durchsetzen zu können.
Bis 2010 soll der Betrieb aufgenommen werden, der dann eine Flut von
Atommülltransporten auslösen wird,
denn die Mehrzahl der derzeit 103
Lage der Atomkraftwerke von denen aus der Atommüll
nach Yucca-Mountain transportiert werden soll
Yucca-Mountain
COYOTE 1/02
Western Shoshone
Carol Hanlon, DOE
Yucca Mountain Site Characterization Office (M/S #025)
P.O. Box 30307
North Las Vegas, NV 89036-0307
E-mail: [email protected]
Fax: 1-800-967-0739
Native Rights Under Attack!
Dear Ms. Hanlon:
I am writing to express my strong objection to the proposed Yucca Mountain Project.
How can the Secretary of Energy be preparing to recommend Yucca Mountain for a high-level nuclear waste
dump when thousands of public comments on the Draft Environmental Impact Statement still have not been
addressed? Without a Final Environmental Impact Statement, a detailed transportation plan, finalized Dept. of
Energy repository siting guidelines, or a Nuclear Regulatory Commission repository licensing rule, the Department of Energy lacks any basis whatsoever for consideration of site suitability. The public cannot accept a
recommendation to move ahead with the Yucca Mountain Project that arises from such a fatally flawed process.
In short, Yucca Mountain is an unsuitable as it is a very active earthquake zone, with a number of volcanic
cinder cones visible a short distance away. The highly fractured and fissured rock allows rainwater infiltration at
a fast rate, which will corrode waste containers and wash their deadly contents into the groundwater, the drinking water supply for nearby farming communities. This alone should disqualify Yucca Mountain from further
consideration, for it violates DOE’s own repository siting guidelines.
Given that 75% of commercial nuclear reactors are east of the Mississippi River, moving the waste many
thousands of miles across the country to Nevada would require many tens of thousands of shipments, past the
homes of 50 million Americans, through 43 States. A severe transport accident on our roads and rails, such as the
recent Baltimore train tunnel fire, could release radiation and cost tens or hundreds of billions of dollars to clean
up, not to mention the untold health impacts. In addition, DOE has not addressed terrorist and sabotage threats
against high-level waste shipments.
And finally, the DOE can not dispose of a land the Western Shoshone still have title to by the Treaty of Ruby
Valley. The Western Shoshone Nation has never ceded the land to the U.S. The government is pressuring to steal
it from the righteous owners since centuries.
I urge you to abandon the Yucca Mountain Project and to recognize the Western Shoshone land rights!
I am not going to accept this policy based on racism and ignorance!
Sincerely,
amerikanischen Atomkraftwerke liegt
im Osten des Landes.
Vorrangig betroffen sind die Western
Shoshone, die bereits unter den jahrzehntelangen Atomtest zu leiden haben. Die Krebsraten und Todesfälle
unter Ihnen liegen weit über dem
Durchschnitt. Auch ihr Land, auf dem
sie von der Viehzucht leben, wird
durch den radioaktiven Abwind verseucht. Doch ihrer jahrelanger entschiedener Protest gegen die atomare Zerstörung ihres Landes wurde –
COYOTE 1/02
trotz internationaler Unterstützung –
im Namen der nationalen Sicherheit
ignoriert. Erst jetzt schwenkt die Öffentlichkeit halbwegs auf den Protest
ein, da nicht länger nur die Indianer
betroffen wären. Bush drängt, und den
Gegnern bleibt nicht viel Zeit.
Einer von Ihnen, Senator Reid, ist
ohnehin gerade im Streß, hat er doch
ein neues Gesetz vorgelegt, das sich
zwar auch mit den Western Shoshone befaßt, bei dem jedoch Reid –
anders als im Schulterschluß gegen
das Atomendlager – den Indianern lieber aus dem Weg gehen möchte,
schließlich langt es doch, wenn man
über sie entscheidet, statt mit ihnen.
Zutritt verboten!
„Western Shoshone Claims Distribution Act“ heißt das Gesetz, das Reid
– es ist nicht sein erster Vorstoß in
dieser Angelegenheit (vgl. Coyote 3/
00) – am 24. Mai 2001 im Kongreß
einbrachte und über das nun als S. 958
im Senate Select Committee on Indi-
27
Western Shoshone
an Affairs, einem Senatsausschuß für
Indianerfragen unter Vorsitz des Demokraten Daniel Inouye, verhandelt
werden soll. Die Abschlußanhörung
sollte am 21. März 2002 stattfinden,
doch ohne Beteiligung der betroffenen Indianer bzw. derjenigen Western
Shoshone, die sich gegen diesen Ausverkauf ihrer Rechte wehren, darunter
eben Carrie Dann, womit wir wieder
am Ausgangspunkt angelangt wären.
Reid wollte auf jeden Fall verhindern,
daß Carrie Dann vor dem Ausschuß
aussagt. Da kam der Konfiszierungsbescheid gerade recht, doch die Aktivistin kennt die politischen Ränkespiele und ließ sich nicht einschüchtern. Schon seit den 50er Jahren tritt
sie für die Rechte ihres Volkes ein und
kämpfte sich ungeachtet der Repressalien bis zum Obersten Gerichtshof
durch. Ihr Vieh wurde konfisziert, Helikopter wurden über ihre Ranch gejagt, sie wurde verhaftet und inhaftiert, zudem drohen ihr hohe Bußgeldklagen. Ihr „Verbrechen“ besteht darin, daß sie ihre Ureinwohnerrechte
wahrnimmt und eine Farm auf einem
Gebiet betreibt, das die Regierung als
„public land“, also öffentliches Land
bezeichnet, obwohl es rechtmäßiges
Territorium der Shoshone ist. In ihrem Kampf weiß sie die Mehrheit Ihres Volkes hinter sich.
Daher reiste sie zusammen mit 30
weiteren Indianern und dem Chief der
Regierung der Western Shoshone,
dem Western Shoshone National
Council (WSNC), Raymond Yowell,
nach Washington, um sich vor dem
Ausschuß Gehör zu verschaffen. Gegenstand der Verhandlungen sind
schließlich nicht nur ein paar Dollar
Entschädigungszahlung, sondern das
Recht der Western Shoshone auf ihr
Land und die Verfassungsmäßigkeit
der amerikanischen Gesetze.
Doch als die Delegation in Washington ankam, wurde ihnen mitgeteilt,
die Anhörung sei kurzfristig abgesagt.
Eine weitere Gruppe, die sich zur
Annahme der Zahlungen bereit erklärte wurde vom Russel Senate Office Building, in dem die Sitzung ursprünglich stattfinden sollte, ins Hart
Building verfrachtet, während man
die Gruppe um Carrie Dann einfach
28
stehen ließ. Nach einer Odyssee durch
die Senatsgänge, konnten sie zwar
noch zum Treffen hinzustoßen, den
Medien, insbesondere den indianischen, wurde jedoch die Türe vor der
Nase zugeknallt. Offensichtlich war
man der Meinung, hinter verschlossenen Türen schneller ans Ziel zu gelangen. „Immerhin“, so der Rechtsberater des WSNC, Peter d’Errico,
„hat der Senat deutlich spüren müssen, daß die Western Shoshone
niemals bereits sind, ihr Land aufzugeben.“
Ausverkauf der Rechte
Senator Reid beteuert, er habe das
Gesetz aus Anteilnahme mit der Situation der Indianer eingereicht, den
armen Western Shoshone gehe es ja
nun wirklich schlecht und er möchte
ihnen helfen durch ein Gesetz, das
eine einmalige Entschädigungszahlung von $ 20.000 pro Kopf für jeden
Western Shoshone über 19 Jahren
vorsieht und einen Fond für die zukünftigen Generationen unter Treuhänderschaft des Büros für indianische Angelegenheiten (BIA).
„Es sei im besten Sinne aller Beteiligten, wenn die Angelegenheit nicht
länger verzögert wird“, schob Reid
den Schwarzen Peter an die „renitenten“ Western Shoshone weiter, die
sich gegen einen Ausverkauf ihres
Landes wehren. Betroffen wären
immerhin etwa 6.600 Western Shoshone in Nevada, Kalifornien, Utah
und Idaho auf einem Gebiet von fast
65.000 km². Die Verabschiedung des
Gesetzes wäre der Endpunkt eines
jahrzehntelangen Verfahrens mit Dutzenden von Gerichtsentscheiden, bei
denen selbst die Juristen nicht mehr
mitkommen, wie Thomas Luebben,
Anwalt des Native Lands Institute
einräumt. Eine Lösung des Konflikts
ist daher nach Auffassung vieler
Rechtsgelehrter auch nicht in den
Gerichten, sondern nur vor dem Kongreß zu erreichen. Ähnlich formulierte es Raymond Yowell, „wir verlangen eine Lösung auf internationaler
Ebene, nämlich zwischen den souveränen Regierungen der USA und der
Western Shoshone“.
Verfahrenschaos
Doch genau hier liegt das Problem,
denn die Western Shoshone hatten
1863 einen Freundschaftsvertrag mit
der US-Regierung abgeschlossen, den
Treaty of Ruby Valley. Während für
die Shoshone der Vertrag ihre Landrechte bestätigt, da Verträge nur zwischen eigenständigen Nationen abgeschlossen werden, sieht Washington
den Vertrag betreffend die Landrechtsfrage als hinfällig, denn die Indianer hätten mit der „schleichenden
Besiedelung“ von 1872 ihren Rechtstitel verloren, konstatierte die Indian
Claims Commission (ICC) 1962,
auch wenn sich heute nur 14% von
Nevada in privater Hand befinden.
Ein kleiner Rückblick zur Erinnerung
verdeutlicht nochmals die verworrene Verfahrensgeschichte und bildet
den unerläßlichen Hintergrund des
jetzigen Gesetzes.
Die nun zu verhandelnde Entschädigungszahlung ist das Ergebnis des
1946 verabschiedeten Indian Claims
Commission Act, der zwar über Entschädigungszahlungen an Indianer für
bereits verlorenes Land entscheiden
sollte, nicht jedoch über Landrechte.
Die zur Umsetzung einberufene ICC
war nicht nur ein Spiegelbild der damaligen Terminationspolitik, welche
die indianischen Stämme auflösen
und die Indianer in die dominante
Gesellschaft eingliedern sollte, sondern setzte zudem eine rassistische
Kolonialpolitik fort, welche die Indianer zu Objekten degradierte, über
welche die Regierung als Treuhänder
frei zu bestimmen glaubte. Bis zu ihrer Auflösung 1978 hatte die ICC in
274 Fällen auf Kompensationen entschieden, doch bestand das Hauptproblem der Kommission im völligen
Mangel zuverlässiger Verfahrensregeln und -sicherheit. Ungeregelt blieb
ferner, wer die jeweiligen indianischen Nationen zu vertreten habe, so
dass es einer Gruppe der Western
Shoshone – der Te-Moak Band – gelang, vor der Kommission auf Entschädigung zu klagen, die jedoch
1977 ihren Antrag zurückzog und sich
dem Protest des Western Shoshone
Council anschloss. Die von ihnen
zuvor beauftragten und inzwischen
COYOTE 1/02
Western Shoshone
Sen. Inouye, Chairman Senate Select Committe on Indian Affairs (Fax: 001 202 224 67 47)
Native Rights Under Attack!
Dear Sen. Inouye,
The recently presented Senate Bill S. 958, proposed by Sen. Reid, tries to close the curtain on a play that still
belongs to the era of colonialism and oppression, but still is being performed in the 21st century. The way the
U.S. Government treats the righteous claims of the Western Shoshone is a disgusting example of human rights
violation and gross injustice.
Why does the Senate fear to grant Carrie Dann, Chief Yowell and other representatives of the Western Shoshone
Nation full admission to the Hearing on The Western Shoshone Claims Distribution Act pending in the Senate
Committe on Indian Affairs? What do they have to hide – the truth? The simple fact is, that the Western Shoshone are still owners of lands they have lived on for generations!
The U.S. try to present themselves as moral leaders of the world, but the government only uses cheap tricks, if
it comes to Native rights. How else can it be understood, that Carrie Dann received a “Notice of Intent to
Impound”, which means the confiscating of her livestock and living basis, just the moment she prepared for her
trip to Washington to address the Hearing? Does the Bureau of Land Management fears her simple physical
presence, while taking her livestock away?
The Western Shoshone Nation will not let go of their land.
I am not going to accept this policy based on racism and ignorance! I will continue to support the Western
Shoshone’s struggle for justice.
I urge you to recognize the Western Shoshone land rights!
Sincerely,
gefeuerten Anwälte Wilkinson, Cragun & Barker wurden jedoch über den
Willen der Indianer hinweg vom BIA
erneut mandatiert und kassierten 10
% der Verhandlungssumme.
Bevormundung statt Beweise
Mit der Auflösung der ICC gingen die
Verfahren auf den Federal Courts of
Claims (FCC) über, was jedoch alles
andere als neue Klarheit schuf. Denn
unterdessen hatte die Regierung 1974
Klage gegen die Danns eingereicht,
da diese ihr Vieh auf „öffentlichem
Land“ ohne Genehmigung des BLM
weiden ließen. 1976 entschied der
Nevada District Court in seinem Urteil gegen die Danns, das jedoch 1978
vom 9th Circuit Court of Appeals aufgehoben wurde, da die Landrechtsfrage in der ICC nicht verhandelt worden und somit noch offen war. Kein
Ende fanden auch die Gerichtsprozesse, denn nachdem den Western Shos-
COYOTE 1/02
hone im November 1979 eine Entschädigung von $26 Millionen zugesprochen wurde, lehnte der WSNC
erneut ab, seine Landrechte aufzugeben. Ungeachtet dessen wies das Finanzministerium im Dezember 1979
das Geld an, das seit dem beim Innenministerium in Treuhänderschaft
liegt. Eine erneute Klage der Danns
führte 1983 zu einem Gerichtsurteil,
wonach der Fall nicht erledigt sei, da
einerseits erneut festgestellt wurde,
daß niemals über die Landrechte im
eigentlichen Sinn verhandelt worden
sei und darüber hinaus die Western
Shoshone das Geld nicht tatsächlich
in Händen hielten. Daraufhin legte die
Regierung Berufung ein, und der Supreme Court (U.S. v. Dann) entschied
1985, daß mit der Zahlung auf das
Treuhandkonto die Sache erledigt sei
und verwies darauf, daß schließlich
die Western Shoshone selbst auf Entschädigung plädiert hatten. Daß es
sich jedoch dabei nur um eine kleine
Gruppe, nämlich die Te-Moak handel-
te, die zudem längst ihre Meinung
geändert hatte, wurde ignoriert und
die Entscheidung als bindend für alle
Western Shoshone erachtet.
In all den Jahren und unzähligen verfahren hat die Regierung nicht einen
einzigen Beweis für den Verlust der
Landrechte der Western Shoshone
vorlegen können. Mit dem von Senator Reid vorgelegten Gesetz S.958 soll
nun die fiktionale Zahlung tatsächlich
an die Shoshone ausgehändigt werden, um das Thema endgültig von der
Tagesordnung nehmen zu können.
Ein großer Irrtum, denn nach wie vor
wollen die Indianer keine Almosen,
sondern ihre Rechte.
„Das Land ist uns heilig, es ist die
Kirche der Western Shoshone und
kann nicht verkauft werden“, erklärte Raymond Yowell unmißverständlich gegenüber den Senatoren am
21.03.2002.
von Monika Seiller
29
Dineh
Four Corners: Dineh in die Ecke gedrängt
Während die Konflikte zwischen Hopi und Dineh um das Gebiet am Big Mountain weiter schwelen, kommen
für die Navajo seit Amtsantritt von George W. Bush neue „alte“ Probleme hinzu. Statt endlich für die verheerenden Folgen des Uranabbaus entschädigt zu werden, plant Bush neue Uranminen. Zudem will sich die
Regierung Bush Zahlungsverpflichtungen gegenüber der zweitgrößten indianischen Nation in den USA
entziehen und feilscht um die Gelder aus dem Kohleabbau.
Uran statt Entschädigung
„Wir sind stinksauer“, erklärte Lori
Goodman, Sprecherin der Organisation Dineh Care (Dineh Citizens
Against Ruining Our Environment).
Im Juli 2000 schien noch ein Hoffnungsschimmer auf für die Dineh, der
nunmehr zu ersterben droht. Viele
Dineh hatten seit den vierziger Jahren in den Uranminen – über deren
Gefahren sie niemals informiert worden waren – gearbeitet. Tausende starben an Krebs, ohne jemals eine Entschädigung erhalten zu haben. Doch
mit dem Gesetz PL 106-245, dem
Radiation Exposure Compensation
Act Amendment, das am 10.07.2000
verabschiedet wurde, sollten nun diejenigen Uranarbeiter, die zwischen
1942 und 1971 in den Uranminen
beschäftigt waren, eine Entschädigung erhalten. Das Gesetz sah zudem
auch eine Entschädigung für die
„Downwinders“ vor, also jene, die
vom radioaktiven Abwind nahe der
Nevada Test Site betroffen waren und
sind.
Doch die Umsetzung des Gesetzes,
das noch vom damaligen Präsidenten
Clinton unterzeichnet wurde, war von
Anfang an seltsamen, obgleich nicht
wirklich überraschenden Hindernissen ausgesetzt. Ursprünglich war der
Gesetzesentwurf auch nicht für die
betroffenen Indianer konzipiert worden, sondern das bereits 1990 verabschiedete Gesetz sollte lediglich die
US-Soldaten entschädigen, die bei
den Atombombentests vom radioaktiven Fall-out betroffen waren. Nach
langen Anstrengungen wurden nun
auch die indianischen Minenarbeiter
berücksichtigt. Doch das Problem
begann schon damit, dass das Justizministerium, das für die Auflistung
der Anspruchsberechtigten zuständig
war, nur einen Bruchteil der Forderungen einreichte, der sich gerade mal
30
auf 10 % der eigentlichen Summe
belief. Man habe sich „vertan“, lautete die lapidare Erklärung, doch werde man die Forderungen nacherheben.
In der Zwischenzeit wurden jedoch
nicht die Entschädigungssummen
korrigiert, sondern das Verfahren.
Immer neue Regeln verhindern unter
Präsident Bush eine wirkliche Bearbeitung, geschweige denn Auszahlung.
Dies überrascht nicht, denn das Geld
ist knapp und wird für andere Projekte gebraucht: neue Uranminen. Unter
dem wunderschönen Akronym SAFE
(Securing America’s Future Energy
Act) wurde im Juli 2001 ein Gesetz
vom Abgeordnetenhaus verabschiedet, das unter dem Zusatz H.R. 4 die
Bereitstellung von $ 30 Millionen für
neue Uranminen in New Mexico vorsieht, das aber derzeit noch im Senat
behandelt wird. Präsident Bush selbst
ist die treibende Kraft hinter diesem
Gesetz, will er doch mit allen Mitteln
die Unabhängigkeit der nationalen
Energieversorgung sichern (vgl. Coyote 4/01 zur Energieerschließung
von Alaska).
Trotz des heftigen Protests von seiten der betroffenen Dineh sowie zahlreicher Umweltschutz- und Verbraucherorganisationen wurde das Gesetz
innerhalb kürzester Zeit im Abgeordnetenhaus verabschiedet. Der demokratische Abgeordnete von New Mexico, Tom Udall, hatte erfolglos versucht, das Gesetz zu verhindern. Die
Navajo-Gemeinden haben „bereits
entsetzlich unter dem bisherigen
Uranabbau gelitten. Die neuen Projekte sind eine neue Gefahr,
insbesondere für das Grundwasser der
Region“, appellierte Udall an seine
Kongresskollegen. Doch die Fehler
der Vergangenheit scheinen in der
Gegenwart weiterzuleben, wie Udall
resigniert feststellte: „Bisher sind wir
nicht einmal in der Lage, die vergangenen Schäden zu kompensieren. Es
ist eine traurige Ironie, wenn wir die
Navajo Code Talkers (die im II. Weltkrieg eine wichtige Rolle spielten)
erst mit Medaillen auszuzeichnen, um
ihnen dann ins Gesicht zu schlagen.“
Bush: Keine Verpflichtung
Doch die Regierung begnügt sich
nicht mit Halbheiten und versetzt den
Dineh den nächsten Schlag. Diesmal
geht es nicht um Uran, sondern um
Kohle, genauer gesagt, den Kohleabbau durch die Peabody Coal Co.
Im August 2001 hat der Navajo-Stammesrat einen Rechtstreit gewonnen,
dessen Urteil Bush nun vom Obersten Gerichtshof revidieren lassen will.
Das Bundesberufungsgericht hatte
entschieden, dass die Bundesregierung bezüglich der Verträge über den
Kohleabbau durch Peabody gegen
ihre Treuhandsverpflichtungen verstoßen habe, was von der Regierung
bestritten wird.
Die Dineh klagen, dass der frühere
Innenminister Donald Hodel mit der
Peabody Coal Co. konspiriert habe,
um die Verhandlungen zwischen der
Firma und den Indianern zu unterminieren und den Preis für die Kohle zu
drücken. Die Verhandlungen hatten
1984 begonnen und wurden 1987 mit
einem Vertragsabschluss beendet,
doch während der Verhandlungen fanden wiederholt Treffen zwischen
Innenminister Hodel und dem ChefLobbyisten von Peabody, Stanley
Hulett – rein zufällig ein enger Freund
von Hodel – statt. Peabody betreibt
allerdings bereits seit den 60er Jahren Koheabbau in der Region – mit
gutem Grund, denn die Kohle ist
schwefelarm, leicht zugänglich und
billig. Genau hier setzen die Dineh an,
denn die Regierung hatte die Dineh
COYOTE 1/02
Dineh
Freispruch für Dineh
Seit dem Konflikt um das Gebiet am Big Mountain und den daraus
resultierten Gesetzen PL 93-531 sowie dem Hopi Navajo Land Dispute
Act von 1996 kommt es immer wieder zu Konfrontation zwischen den
Indianern. Die Navajo (Dineh) wurden gezwungen ihr traditionelles Land
zu verlassen, das den Hopi zugesprochen wurde. Dennoch weigern sich
nach Schätzungen immer noch fast 1.000 Dineh ihr Gebiet zu verlassen,
auf dem sich auch die Grabstätten ihrer Vorfahren befinden. Der aktive
Widerstand wird insbesondere von den Frauen organisiert, die auch das
Anna Mae Camp leiteten, das auf Erlass der Hopi im Juli letzten Jahres
geräumt wurde. Bei den brutalen Übergriffen wurden mehrere DinehFrauen verhaftet, darunter auch Pauline Whitesinger, die seit Jahrzehnten
Widerstand gegen ihre Zwangsvertreibung leisten (vgl. Coyote 4/01).
Gegen sie wurde Klage vor dem Hopigericht erhoben, da sie sich zu
diesem Zeitpunkt auf Hopiland befanden, wofür eine ausdrückliche
Genehmigung der Hopi-Regierung erforderlich ist, die sie selbstverständlich nicht hatten. Anfang März sprach der Hopi Tribal Court die fünf
Frauen aufgrund eines Verfahrensfehlers frei. Im Urteil wurde jedoch
nochmals bestätigt, dass die Dineh sich widerrechtlich auf Hopiland
befanden, was von den Dineh selbstverständlich abgelehnt wird, da die
Dinehfamilien dort seit vielen Generationen siedeln.
zu einem Vertragsabschluß mit Peabody geradezu gedrängt, ohne die Indianer jedoch von den Gesprächen
zwischen dem Innenministerium und
Peabody zu unterrichten.
Entgegen früheren Angeboten mussten sich die Dineh mit einer niedrigeren Gewinnbeteiligung zufrieden geben. Aufgrund der Verhandlungsführung durch das Innenministerium
sank die Rate von angestrebten 20 %
auf 12,5 %, die sie an den Einnahmen
erhielten. Zynisch könnte man anmerken, daß die 12,5 % immerhin besser
sind als die 37,5 Cent je Tonne Kohle
(was einem Wert von 2 % am Reingewinn entspricht), welche die Dineh
in den ersten beiden Jahrzehnten erhielten, doch auch die 12,5 % sind
jenseits aller gängigen Marktwerte.
Dies wurde vom Gericht mit einer
Stimmehrheit von 2:1 bestätigt, das
deshalb auf eine Nachzahlung von $
600 Millionen entschied, da die Regierung als Treuhänder verpflichtet
gewesen wäre, eine möglichst hohe
Einnahmebeteiligung für die Indianer
zu erzielen.
Bush lehnt dieses Urteil ab, da er die
Regierung keinewegs in dieser Hinsicht gegenüber den Indianern verpflichtet sieht und eine solche Entscheidung von gravierenden finanzi-
COYOTE 1/02
ellen Folgen für die Regierung sei.
Generalstaatsanwalt Ted Olson unterstreicht diese Position und warnt vor
den verhängnisvollen Konsequenzen
eines möglichen Präzedenzfalles, den
eine Bestätigung des Urteils durch
den Supreme Court schaffen würde.
Im April wird voraussichtlich über
das weitere Vorgehen entschieden.
Das Urteil vor dem Berufungsgericht
war der erste Erfolg für die Dineh in
einem zehnjährigen Rechtsstreit, der
über den eigentlichen Fall hinaus
weitreichende Konsequenzen haben
könnte. Derzeit laufen nämlich die
Diskussionen über die Pläne der jetzigen Innenministerin Gale Norton,
die Treuhandsbeziehung der Regierung neu zu strukturieren, was im Regelfall nicht Gutes bedeuten kann.
Wasserprobleme
Die reichen Kohlevorkommen waren
bekanntlich auch der Grund für die
Aufteilung des Gebiets am Four Corner zwischen Dineh und Hopi. Doch
zwischen den Hopi und Peabody kam
es jüngst zu leichten Meinungsverschiedenheiten. Im Januar hatte sich
der Stammesrat gegen die Erweiterung der Peabody Coal Mine ausgesprochen, von der die schwefelarme
Kohle ins 273 Meilen entfernte Mo-
have Kraftwerk transportiert wird.
Dafür werden von der Peabody Co.
täglich fast 15 Millionen Liter Wasser verbraucht, so dass der Grundwasserspiegel bereits bedenklich gesenkt
wurde. Auch die Hopi sind auf dieses
Wasser angewiesen und wollten daher keine zusätzliche Abbauerweiterung. Ungeachtet dessen laufen
derzeit die Verhandlungen zwischen
den Hopi und Peabody um eine Verlängerung des bestehenden Vertrags
um weitere 15 Jahre nach Ablauf der
Pacht im Jahr 2005, d.h. also bis 2020.
Mit Power ins 21. Jahrhundert
Wenngleich sich die Hopi gegen die
Erweiterung durch Peabody Coal gewehrt haben, stehen sie neuen Geschäftspartnern offen gegenüber. So
haben die Hopi im März einen Kooperationsvertrag mit Reliant Energy
Mesa Vista, einer Tochterfirma von
Reliant Resources, zu Errichtung eines neuen Kohlkraftwerks auf ihrem
Gebiet abgeschlossen. Die in Houston ansässige Firma betreibt mehrere
Kraftwerke mit insgesamt 21.000
Megawatt Kapazität, darunter auch in
Arizona.
„Der Vertrag“, so Stammesratsvorsitzender Wayne Taylor, „ist ein wichtiger Schritt ins 21. Jahrhundert, der
unserem Volk eine unabhängige ökonomische Basis und unseren nachfolgenden Generation den Weg in die
Zukunft sichern soll. Der Energiesprecher des Hopi Tribal Council verwies in einer Pressemitteilung vom
22.03.2002 besonders auf die umweltverträgliche Technologie des neuen Kraftwerks, das im Gegensatz zu
den bisherigen mit lediglich 85 % des
üblichen Wasserbedarfs auskommen
soll. Denn Wasser – Hauptquelle ist
der sogenannte Navajo Aquifer
(Grundwasserspeicher) – ist in der
Region ein besonderes Problem.
Während sich die Hopi Sorgen um die
eigene Wasserversorgung machen,
werden die Navajo, die von den Unternehmungen noch stärker betroffen
sind, nicht in die Beratungen einbezogen.
von Monika Seiller
31
James Bay Cree
Im Strom der Geschichte
James Bay Cree votieren für neuen Vertrag mit Quebec
Am 23. Oktober 2001 unterzeichneten der Quebecer Premier Bernard Landry und Chief Ted Moses vom
Grand Council of the Cree (Esyou Istchee) ein historisches Abkommen, das allerdings erst im Februar zur
Abstimmung unter den Cree vorgelegt wurde.
Das James Bay and Northern Quebec
Agreement (JBNQA) galt bei seinem
Abschluss 1975 als Musterbeispiel
eines modernen Vertrags zwischen
Indianern und Regierung. Die jetzige
Vertragsergänzung, die in einem Referendum von fast 70 % der rund
15.000 Cree befürwortet wurde, erlaubt der Regierung von Quebec den
Bau von zwei Wasserkraftwerken an
den Flüssen Eastmain und Rupert, die
in 10 Jahren rund 1.300 Megawatt
Strom produzieren sollen. Die Cree
erhalten im Gegenzug Entschädigungszahlungen in Höhe von 2,4 Milliarden Euro sowie die anteiligen Einkünfte aus der wirtschaftlichen Erschließung. Das Projekt soll in der
Region über 10.000 Arbeitsplätze
schaffen, was für die Cree besonders
wichtig ist, denn über 60 % der rasch
wachsenden Cree-Bevölkerung sind
unter 25 Jahren und die Arbeitslosigkeit stellt ein immenses Problem dar,
das auch für sozialen und wirtschaftlichen Sprengstoff innerhalb der Cree
sorgt.
„Das neue Abkommen“, so Chief
Moses bei der Vertragsunterzeichnung im Oktober, „steht für eine neue
Beziehung zwischen Quebec und den
Cree. Diese Beziehung baut auf Vertrauen und gegenseitigen Respekt auf.
Einige mögen bezweifeln, dass eine
solche Zusammenarbeit möglich ist,
doch wir werden ihnen das Gegenteil
beweisen. Als Grand Chief stehe ich
völlig hinter diesem Abkommen und
weiß den Esyou Istchee in dieser
wichtigen Entscheidung hinter mir.
Auch Premier Landry wird alles Nötige in die Wege leiten, um das Abkommen zu einem Erfolg zu führen.
Wir sind zuversichtlich, dass der abschließende Vertrag, diesem gegenseitigen Einsatz Rechnung tragen
wird.“
Chief Moses verwies insbesondere
auf die Versäumnisse der Vergangen32
heit, als sich Hydro-Quebec als Betreiber der Kraftwerke bzw. des Staudammbaus über die Interessen der
Cree und die Einsprüche der Umweltschützer hinwegsetzte. Das neue Abkommen garantiert die umfassende
Konsultation der Cree in allen Entwicklungs- und Umweltfragen des
Projekts. Die Cree haben nun im Gegenzug auf die Klagen gegen HydroQuebec, die sich immerhin auf Entschädigungszahlungen in gleicher
Höhe wie die jetzt vereinbarten Zahlungen belaufen, verzichtet.
•
•
•
•
trizität, Bergbau und Waldwirtschaft,
Gewinnbeteiligung auf der Basis
des gesamten traditionellen Territoriums,
Entschädigungszahlungen von $ 24
Millionen im ersten Jahr, $ 46 Millionen im zweiten und jeweils $ 70
Millionen jährlich über einen Zeitraum von 48 Jahren,
Firmenkontrakte von $ 850 Millionen (Cree-Unternehmen, Jobs etc.),
Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Cree auf die eigene wirtschaftliche Entwicklung,
Anerkennung einer Beziehung von
gleichberechtigten Nationen wischen Quebecer Regierung und
Cree.
National Chief der Assembly of First
Nations, Matthew Coon-Come beglückwünschte die Vertragspartner
und bezeichnete das Abkommen als
Vorbild. „Dieses Abkommen repräsentiert einen Vertragstypus von Zusammenarbeit und finanzieller Verantwortung, der die Beziehung der
kanadischen Regierung gegenüber
den indigenen Nationen in ganz Kanada prägen sollte“, lobte CoonCome die neue Qualität des Abkommens, das durch die gleichberechtigte Beziehung zwischen souveränen
Nationen die Umsetzung des völkerrechtlichen Grundsätze und der Anerkennung der „First Nations als Völker im Sinne des Internationalen
rechts unterstützt“.
•
Die Verwirklichung des Vertrags bedeutet nach Einschätzung der Cree
und anderer First Nations einen Präzedenzfall in Kanada, der erstmalig
das Selbstbestimmungsrecht nach den
Prinzipien des United Nations Human
Rights Committee anerkennt und den
Bestimmungen des Internationalen
Pakts über Zivile und Politische Rechte folgt. Vertragsgegenstand sind u.a.:
• Indigene Zustimmung hinsichtlich
der Entwicklung auf ihrem Land,
• Ende aller großen und umweltschädlichen Entwicklungsprojekte,
• Gewinnbeteiligung an den Einnahmen aus den drei Sektoren: Elek-
„Dies ist ein historisches Ereignis“,
kommentierte Chief Moses den Vertragsabschluß. Wir werden verfolgen,
ob die Regierung diesmal zu ihren
Verpflichtungen stehen wird oder ob
der Vertrag sich in die lange Geschichte von Vertragsbrüchen einreihen wird. Wir hoffen, Chief Moses
behält Recht in seiner Zuversicht auf
eine neue Ära der Kooperation.
Der Vertrag kam jedoch auch überraschend für manchen Beobachter, denn
die Cree hatten zuvor jahrelang gegen die Staudammprojekte gekämpft
und die Umsetzung des JBNQA von
1975 verlangt. Mit Unterstützung von
Menschenrechtsorganisationen und
Umweltgruppen konnten sie Anfang
der 90er Jahre einen Vertrag zwischen
Hydro-Quebec und dem US-Bundesstaat New York ebenso verhindern
wie ein Wasserstoffabkommen zwischen dem Energieunternehmen und
europäischen Staaten.
von Monika Seiller
COYOTE 1/02
Leonard Peltier
Vereint können wir die Welt verändern!
Verlosungsaktion zur Unterstützung von Leonard Peltier
Leonard Peltier sitzt seit einem Vierteljahrhundert unschuldig in den Kerkern der USA und ist damit zu einem
lebenden Mahnmal für den indianischen Widerstand geworden. Im Rahmen einer Unterstützungsauktion in
der Münchner Ferretti-Galerie (Dank
an Christin und Antonio) hat die Aktionsgruppe für Indianer und Menschenrechte eine von Leonard selbst
gefertigte Dreamcatcher-Kette erworben, um sie in einer Verlosungsaktion an eine/n glücklichen Gewinner/
in weiterzuleiten und mit dem Betrag
von damals DM 1.000,- Leonard Peltier in seinem Kampf um Freiheit und
Gerechtigkeit zu unterstützen. Nach
einigen Anlaufschwierigkeiten zeigte sich dann doch ein erfolgreicher
Losverkauf, mit dem wir den von uns
zwischenfinanzierten Betrag wieder
abdecken konnten.
Die Gewinnziehung fand am
02.03.2002 in der Folge unserer jährlichen Mitgliederversammlung statt.
Im Bild sehen wir die Gewinnerin
Heike Gundlach mit der Kette.
Liebe Freunde, werte Unterstützer,
[...] ich möchte zunächst meinen tiefen Dank für Eure anhaltende Anteilnahme zum Ausdruck bringen.
Nachdem meine Begnadigung im
Januar 2001 so schmerzlich nahe
schien, hatte ich befürchtet, daß viele von Euch des Kampfes müde, enttäuscht und zur Aufgabe bereit wären. Ich selbst war nahe daran zu resignieren, doch am Ende konnte ich
diesen ungerechten Schicksalsschlag
nicht hinnehmen. Meine Gedanken
sind bei all den Ureinwohnern hier
und weltweit, die Ungerechtigkeit zu
erdulden haben, und wenn ich unserer Vorfahren gedenke, die gekämpft
haben, damit wir überleben können,
fühle ich mich ermutigt, den Kampf fortzuführen, denn es ist unser gemeinsamer. Am meisten hilft mir dabei, daß ich Euch an meiner Seite
weiß.
Im Geist von Crazy Horse
Das Leonard Peltier Defense Committee und viele Aktivisten weltweit
unterstützen weiterhin unermüdlich
seinen Freiheitskampf, müssen jedoch einen erneuten Rückschlag hinnehmen.
Richter Magnison vom U.S. District
Court of North Dakota lehnte den
Antrag auf Strafreduzierung, der unter Umständen zur Freiheit Peltiers
geführt hätte, ab, da alle relevanten
Beweise bereits vor Gericht verhandelt worden seien. Peltiers Anwalt
Eric Seitz hat bereits Berufung eingelegt.
Wir danken allen Teilnehmern
nochmals herzlich für die Unterstützung!
COYOTE 1/02
Mehr Hoffnung auf Erfolg verspricht
der Antrag, endlich Akteneinsicht in
die Bewährungs- und Begnadigungsunterlagen nehmen zu können, die das
FBI bislang verweigert hat, und die
Herausgabe von 6.000 Dokumenten,
die weiter unter Verschluß gehalten
werden, zu verlangen. Antragsgrund-
lage sind sowohl der Freedom of Information Act als auch die Anweisung
des damaligen Präsidenten Bill Clinton zur Herausgabe der Unterlagen
kurz vor dessen Amtsende. Zudem
läuft derzeit eine Bürgerrechtsklage
auf der Basis der gefälschten FBIBeweise.
Am 26. Juni 2002 findet eine Gedenkveranstaltung – bereits die dritte – zur
Unterstützung von Leonard Peltier
auf der Pine Ridge Reservation statt.
Als Teilnehmer werden Harvey Arden
(s. Coyote 4/01), Clyde Bellecourt,
Dennis Banks und viele andere Mitstreiter und Unterstützer erwartet.
Infos: www.geocieties.com/
oglala_commemoration oder
www.freepeltier.org
von Monika Seiller
33
Mitgliederversammlung
Bericht über die Mitgliederversammlung der AGIM
Ludwig Seiller, Robert Stark und Dionys Zink berichten über das letzte Jahr - Foto: AGIM
Die Mitgliederversammlung fand am
Samstag, den 02.03.2002, in den
Räumlichkeiten der Frohschammerstraße 14, 80807 München, von 19:45
– 21:50 statt. Zur Mitgliederversammlung wurde ordnungsgemäß
eingeladen. Es finden sich 17 Mitglieder ein. Nach der Begrüßung der anwesenden Mitglieder durch Ludwig
Seiller, berichtet Robert Stark über die
Ergebnisse der Beiratsversammlung,
die zuvor in der Privatwohnung von
Ludwig Seiller von 18:00 – 19:20 Uhr
stattgefunden hat. Zur ordnungsgemäß angekündigten Versammlung
treffen sechs Beiräte ein: Ludwig
Seiller, Monika Seiller, Dionys Zink,
Linda Villegas, Robert Stark, Oliver
Kluge. Es entschuldigten sich: Gabi
Krüger-Barnikel und Heike Rahn. Die
Versammlung ist beschlussfähig.
Finanzbericht: Buchhalterin Monika Seiller legt die Jahresbilanz vor.
Die Beiräte haben keine Einwände.
Die Entlastung der Buchhalterin wird
einstimmig beschlossen. Wesentlich
war die Reduzierung des Defizits vom
Jahresabschluss 2000 auf die Hälfte.
Bericht des Vorstands: Der Vorstand
legt Rechenschaft über die Vereinsführung im letzten Jahr ab. Die Beiräte haben keine Einwände. Die Entlastung wird einstimmig beschlossen.
Wahl des Vorstands: Als einziger
Kandidat für die Wahl stellt sich Ludwig Seiller zur Verfügung. Ludwig
Seiller wird einstimmig von den anwesenden Beiräten gewählt.
Sonstiges: Die Beiräte beschließen
nach Diskussion verschiedener Maß-
34
nahmen für das kommende Jahr folgende Ziele, um die Finanzen des
Vereins dauerhaft zu konsolidieren:
• 100 neue Mitglieder sollen geworben werden.
• Es soll verstärkt Anzeigenakquise
betrieben werden. Produkte für die
„Indianerszene“ können über den
Coyote sehr effektiv und zielgruppengerichtet vermarktet werden.
• Zusammenarbeit mit Grossisten um
das Magazin „Coyote“ besser zu
vermarkten.
• Verstärkt mit Aktionen an die Öffentlichkeit treten.
• Motivation zu Spenden durch diverse Maßnahmen erhöhen.
Danach berichtet Ludwig Seiller über
die Entwicklung der Finanzen des
Vereins im vergangenen Jahr (siehe
oben unter Finanzbericht).
Anschließend trägt Robert Stark einen Überblick zu den Vereinstätigkeiten der AGIM des vergangenen und
der ersten Monate diesen Jahres vor.
Die einzelnen Punkte werden durch
Erläuterungen und knappe „Erlebnisberichte“ anwesender aktiver Mitglieder, die an bestimmten Aktionen
maßgeblich beteiligt waren, ergänzt.
Die Berichterstattung wird außerdem
durch Rückfragen anwesender Mitglieder belebt.
U.a. stellen anwesende Mitglieder die
Frage, durch welchen Betrag pro Mitglied die bereits maßgeblich verbesserte Finanzsituation des Vereins behoben werden könne (Antwort: ca.
30,- •). Die Vereinsführung begrüßt
diesen Vorschlag und gibt ihn mit diesem Brief an die Mitglieder weiter
(Stadtsparkasse München, BLZ 701
500 00; Kto.-Nr. 17-22 34 70; Kennwort: AGIM).
Schließlich bietet Dionys Zink einen
Ausblick auf die geplanten Projekte
und Aktionen für das Jahr 2002. Auch
dieser Vortrag wird durch Rückfragen
und Vorschläge der anwesenden Mitglieder aufgelockert und geht in eine
engagiert geführte Diskussion über.
Die Diskussion leitet zwanglos in den
Tagesordnungspunkt 6 über. Unter
anderem wird der Vorschlag von einem Mitglied erörtert, inwiefern
durch einen Preis die gelungene Integration externer Wirtschaftsprojekte
auf indianischem Land honoriert
werden könne.
Im Anschluss an Tagesordnungspunkt
6 wird im Beisein aller anwesenden
Mitglieder die Ziehung des Gewinner
der Verlosungsaktion zugunsten von
Leonard Peltier vorgenommen. Der
Hauptgewinn, eine von Leonard Peltier persönlich im Gefängnis angefertigten Dreamcatcher-Kette, fällt an
ein Mitglied aus Hessen. Neun weitere Preise werden ermittelt.
Anschließend wird der Gedankenaustausch zwischen den Mitgliedern im
Rahmen eines gemütliches Beisammenseins fortgesetzt.
von Robert Stark
Monika Seiller bei der Ziehung der
Gewinne - Foto: AGIM
COYOTE 1/02
Indianerschmuck
Indianerschmuck aus aller Welt
Indianisches Kunstschaffen hat sich
in allen Kulturarealen Nordamerikas
seit den ersten Kontakten mit den
Weißen relativ rasch verändert. Neue
Materialien mit für die Indianer faszinierenden Eigenschaften, aber auch
neue Werkzeuge, die Arbeitsprozesse revolutionierten und ganz neue
Möglichkeiten der Umsetzung künstlerischer Ideen erschlossen.
Insbesondere das weltweite Agieren
multinationaler Konzerne hat nicht
immer nur erfreuliche Seiten. Neben
den Gewinnern bleiben meist unverdientermaßen Verlierer zurück, die
kaum eine Chance zur Gegenwehr
hatten.
gen vieler Menschen in einer technisierten und schnelllebigen Welt Gewinn zu schlagen. Ganz im Gegenteil, wo sich ein Markt auftut, finden
sich auch rasch clevere Geschäftsleute, die ihn ausbeuten wollen, solange
es geht.
Zwei Beispiele seien genannt: An der
Nordwestküste konnten erst mit den
neuen Eisenwerkzeugen Totempfähle von bisher nie dagewesener Pracht
in viel kürzerer Zeit hergestellt werden. Bei vielen Stämmen drängten
Glasperlen mit natürlichen Stoffen
eingefärbte Stachelschweinborsten
für Zierstickereien zurück. Farbenvielfalt, Glanz, Dauerhaftigkeit des
Materials und leichtere Verarbeitbarkeit machten Glasperlen als Arbeitsmaterial ungleich attraktiver. Mit den
Glasperlen hielten auch häufig Muster aus der europäischen Volkskultur
in den indianischen Formenkanon integriert. Auch der Silberschmuck bei
den Indianern des Südwestens verdankt seine Entstehung Impulsen der
spanischen Eroberer.
Hier soll ein ausgesprochener „Nebenkriegsschauplatz“ dieser Ereignisse besprochen werden. Die „Globalisierung“ indianischer Kunst. Tatsächlich werden diesem Phänomen auch
einige positive Auswirkungen verdankt. Mancher indianische Künstler
konnte es im internationalen Kunstbetrieb zum Superstar bringen, z.B.
Tony Abeyta, dessen Schaffen weit
über Amerika hinaus Anerkennung
findet (siehe Artikel in diesem Coyote). Eine solche Karriere stellt jedoch
eine Ausnahmeerscheinung dar. Dem
stehen viele bedauerliche Phänomene gegenüber, die zwar erst durch die
Faszination, die indianische Kulturen
ausüben, ermöglicht wird, dabei aber
bizarrer Weise das Wesen indianischer Kunst aushöhlen und in vieler
Hinsicht destruktiv auf das authentische Kunstschaffen der amerikanischen Ureinwohner wirken.
„Indian Spirit“ ist in. Das haben viele Geschäftsleute erkannt und den
Trend gezielt forciert. Man denke nur
an gewisse Werbekampagnen der Firma C&A. Kommen wir zum eigentlichen Thema. In allen großen Kaufhäusern unserer Großstädte gibt es bei
den Schmuckabteilungen eigenen
Stände für Indianerschmuck, die nicht
zu übersehen sind. Aber auch zahlreiche kleinere Läden sind auf den Verkauf von Indianerschmuck und anderen indianischen Utensilien, wie
„Dreamcatchern“ spezialisiert. Auch
auf Festivals mit Ethno-Touch, wie
dem mittlerweile fest etablierten
Spektakel „Tollwood“ in München,
bieten zahlreiche Stände „Indianerschmuck“ feil.
Schon vor Jahrhunderten entstand ein
Handelsnetz mit lokalen und internationalen Verflechtungen. Kamen die
Glasperlen vorwiegend aus europäischen Produktionszentren, wurden
auch im Osten der Vereinigten Staaten Handelsgüter produziert, die im
Austausch für Felle an Indianer verhandelt wurden: z.B. aus Rinderknochen gedrechselte, längliche Röhren
für Schmuck, Pfeilspitzen und Messer aus Metall und vieles andere.
Auch damals fand bereits eine Art
„Globalisierung“ mit weltweiten Auswirkungen statt. Heutzutage ist dieses modische Stichwort in aller Munde. Die rasante Weiterentwicklung der
Mikroelektronik und neuer Informationstechnologien in deren Gefolge
verursachen tatsächlich Umwälzungen mit noch nicht in allen Bereichen
absehbaren Folgen, die gerade im
positiven Sinne meist viel zu euphorisch überbewertet werden.
Dabei sei eines betont. Natürlich geht
es nicht darum, historisierend die
Ausdrucksformen vergangener Zeiten, die von vielen Bewunderern indianischer Kulturen als typisch erkannt respektive anerkannt werden,
zu konservieren. Schon in der Einleitung kam zum Ausdruck, das sich indianische Kunst gerade durch die
Auseinandersetzung mit der Kultur
der fremden Einwanderer zu ungeahnten Höhen aufgeschwungen hat.
Auch heutzutage muß der Kunst indianischer Völker eine Weiterentwicklung zugestanden werden, die
ihre Liebhaber immer wieder mit
Neuem überraschen darf. Im folgenden beschriebene Phänomene haben
jedoch mit einer Weiterentwicklung
authentischen indianischen Kunsthandwerks nichts zu tun. Es sind traurige Kapitel, die ein Wirtschaftssystem hervorgebracht hat, das sich nicht
scheut aus den sentimentalen Neigun-
COYOTE 1/02
Wo kommt eigentlich das ganze Zeug
her? Wenn arglose Käufer vielleicht
noch meinen, sie hätten mit Ihrem
Kauf eines „gefälligen“ Bijou Indianer unterstützt, dann haben sich diese gründlich geirrt. Das Gegenteil ist
der Fall.
Eine kleine Erfolgsgeschichte soll
unsere Aufklärungsarbeit eröffnen:
Ein geschäftstüchtiger, weißer Amerikaner hatte als Börsenmakler lange
Zeit gut verdient. Ende der 80er Jahre hatte er jedoch bei der Börsenkrise
in Amerika den Großteil seines Vermögens verloren. Mit dem verbleibenden Rest setzte er sich in die Philippinen ab. Dorthin nahm er ein paar
hundert Exemplare indianischen Silberschmucks und andere Objekte mit:
solides indianisches Kunsthandwerk.
Auf den Philippinen hatte er ein leichtes Spiel, unter der Unmenge von
Arbeitslosen auch einige Kunsthandwerker zu finden, mit denen er
kurzerhand ein neues Dorf gegründet
hat, das er „Zuni“ taufte, wie das
gleichnamige Pueblo mit umgeben-
35
Indianerschmuck
der Reservation in New Mexico an
der Grenze zu Arizona. Aus dem amerikanischen Zuni hatte er auch den
Großteil seiner eingeführten indianischen Juwelen mitgebracht.
Von seinen umgesiedelten Handwerkern ließ er nun nach den originalen
Vorlagen aus Amerika endlose Serien von „Indianerschmuck“ anfertigen, die er dann im großen Stil nach
Amerika exportierte. Auf der Rückseite trugen die Juwelen sogar den
Schriftzug „Zuni“, wie die gleichnamigen Siedlungen in den USA, bzw.
auf den Philippinen. Über ein Jahr
wurde in Amerika nichts davon bemerkt, bis eines Tages einige Stücke
im Zuni-Reservat selbst auftauchten.
Die dort ansässigen Silberschmiede
erkannten diese jedoch sofort als Imitate. Auch ein wirklicher Kenner der
indianischen Kunstszene – die
allerdings nicht so zahlreich sind –
wäre sofort stutzig geworden. Tatsächlich gab es Ende der 70er bis
Anfang der 80er Jahre auf der ZuniReservation eine Kooperative, in der
alle Künstler des Stammes zusammengefasst waren. Die Silberarbeiten
dieser Kooperative waren ebenfalls
auf der Rückseite mit „Zuni“ signiert.
Solche Signaturen gab es vorher und
auch nach Auflösung der Kooperative in den frühen 80er Jahren nicht
mehr. Einige dieser echten Stücke
befanden sich wohl auch im Besitz
unseres gescheiterten Börsenmaklers,
der nun einen neuen, offensichtlich
einträglichen Erwerb gefunden hatte.
Immerhin ließ sich der Schriftzug der
echten Stücke aus der authentischen
Kooperative gut von demjenigen der
philippinischen unterscheiden. Ganz
zu schweigen von der Qualität der
Stücke. Da konnten die Imitate nicht
so recht mithalten. Wer sich jedoch
nur oberflächlich mit indianischer
Kunst beschäftigt hat und gar von der
„Stempelmarke“ jener Zuni-Kooperative gehört hat, mag nicht zuletzt
deshalb auf die Imitate hereingefallen sein. Mancher tut das vielleicht
noch heute. Die Zuni legten über Vertreter der amerikanischen Regierung
bei den philippinischen Behörden
Beschwerde ein. Schließlich gab es
ein Gesetz, das den Verkauf von Imitationen indianischen Kunsthand-
36
werks als authentisch verbot (siehe
unten). Viel erreicht hat man natürlich nicht. Die Handwerker von
„Zuni“ auf den Philippinen wurden
angewiesen, auch wirklich immer den
unterscheidbaren Schriftzug aufzubringen. Mittlerweile bringt kein Zuni
mehr den Schriftzug „Zuni“ auf seinem Silberschmuck alleinstehend an.
Sofern man überhaupt „Zuni“ eingraviert, folgen auch immer der Name
oder Symbole des Künstlers.
Aber nicht nur auf den Philippinen,
auch in anderen Länder der Erde wird
Indianischer Schmuck produziert:
überall, wo die Arbeitskraft so billig
ist, dass nur noch Material und Transportkosten eine Rolle spielen,
insbesondere in Hinterindien und
China. Auch in der ehemaligen Tschechoslowakei war die Produktion von
Silberschmuck lange Zeit rentabel.
Nach der Öffnung des Ostens brachte sie jedoch in den Nachfolgestaaten
zu wenig Profit.
Interessanterweise wird sogar in
Nordamerika selbst, vor allem im
Südwesten, Silberschmuck im wahrsten Sinne des Wortes am Fließband
produziert. Stellen wir als Beispiel
eine erfolgreiche Firma vor, die ca.
80 % ihrer Produktion nach Europa
verkauft: „The Silver Bird“ in Albuquerque, New Mexico – übrigens
nicht die einzige an diesem Ort. Das
Lieferprogramm dieser Firma umfasst unter anderem eine breite Palette an „Silberschmuck“, der allerdings,
sofern überhaupt, nur aus einer silberhaltigen Legierung besteht. An der
Stelle von Edelsteinen werden vorwiegend täuschend ähnliche Kunststoffimitate verwendet. Neben ausgesprochen modernistischem Kitsch,
der von selbst seine Herkunft verrät,
finden sich im Angebot auch Nachempfindungen traditioneller Silberschmuckformen, wie gebündelte Kettenstränge aus extrem fein gearbeiteten, zylindrischen Silberperlen, das
sogenannte „flüssige Silber“. Abgesehen von der schlechten Qualität des
Materials, kann natürlich auch die
Verarbeitung nicht mit handgearbeiteten Stücken Schritt halten.
Schließlich handelt es sich um industriell gefertigte Massenware. Interessant ist auch, wer am Fließband steht:
Illegale Einwanderer aus Mexiko.
In Amerika ist es seit 1991 gesetzlich
verboten, derartige Produkte als „indianisch“ zu verkaufen. Sie müssen
ausdrücklich und unübersehbar als
„nicht indianisch“ gekennzeichnet
werden. Auf die Nichteinhaltung dieser Regeln stehen drakonische Strafen: 250.000 $ im Erstfall verbunden
mit einem Jahr Gefängnis; beim dritten Wiederholungsfall 1Mio. $ mit 5
Jahren Gefängnis. Das Gesetz sorgt
tatsächlich für wirksamen Schutz,
leider nur in Amerika.
Die Kataloge der Firma „The Silver
Bird“ bezeichnen ihre Produkte als
„made in U.S.A“ oder „made in
Southwestern Style“. Keines der Pro-
Ausschnitt aus dem Katalog der Firma „The Silver Bird“
COYOTE 1/02
Indianerschmuck
dukte trägt eine Markierung. Auch das
ist gesetzlich verboten.
In Europa gibt es jedoch keine derartigen Gesetze. Aus diesem Grund
werden die bewußt schwammig gehaltenen Formulierungen in unseren
Kaufhäusern wieder konkreter.
Hierzulande wird aus „Southwestern
Style“ und „made in USA“ wieder
Indianerschmuck aus dem Südwesten
der USA. Die Metallerzeugnisse von
„The Silver Bird“ werden an die Wiederverkäufer zu echten Schleuderpreisen abgegeben (ab 1 $; nur
selten werden höhere Preiskategorien bis ca. 30 $ erreicht). Was die Wiederverkäufer dann mit seiner korrekt
verkauften Billigware treiben, ist dem
Inhaber der Firma egal. In einem persönlichen Gespräch mit Antonio Ferretti hat er geäußert: Er verkaufe nur
brauchbare Flaschen, wie diese dann
von seinen Kunden etikettiert werden,
sei nicht sein Problem. Und wie wir
wissen – sicherlich auch er, ist diese
Art von Etikettenschwindel in Europa kein Problem.
Dass diese Form von Betrug in Amerika verboten ist, hat sehr triftige
Gründe. Angesichts der trostlosen Situation mit hoher Arbeitslosigkeit auf
vielen Reservationen stellt das Kunsthandwerk häufig eine der wenigen,
rentablen Einnahmequellen dar. Viele der renommierten indianischen
Künstler ernähren mit ihrer Schaffenskraft die ganze Familie, und das
sind keine Kleinfamilien. Die Töpferin Rachel Concho etwa (vgl. Coyote 1/2000) bezahlt mit dem Erlös ihrer Arbeiten u.a. die Schulausbildung
ihrer sieben Enkel. Das ist kein Einzelfall.
Als Kontrast zur Firma „The Silver
Bird“ sei noch eine andere vorgestellt:
Die „Southwest Indian Foundation“
aus Gallup, New Mexico. Das Lieferprogramm umfasst eine ähnliche
Produktpalette wie bei „The Silver
Bird“, darunter wiederum eine Menge „Silberschmuck“. Zwar haben viele Artikel insgesamt eine etwas höhere Qualität. Das ändert alles nichts
daran, dass es sich gleichfalls um industriell gefertigte Massenware ohne
Signierung handelt. Die etwas besser
COYOTE 1/02
Titelblatt des Katalogs der „Soutwest Indian Foundation“
Qualität schlägt sich auch gleich in
einem deutlich höheren Preisniveau
nieder. Das hat aber noch einen weiteren Grund. Ein Großteil des Erlöses wird Programmen zur Unterstützung von Indianern im Südwesten zur
Verfügung gestellt. Dabei handelt es
sich weniger um individuelle Unterstützung, wenngleich auch einzelne,
bedürftige Indianerfamilien zu Weihnachten Lebensmittelspenden erhalten, sondern um die Finanzierung größerer Projekte, wie Großspenden an
Hospitäler, für Jugendarbeit oder die
Wiedereingliederung von Suchtopfern in den Arbeitsprozess. Was sich
zunächst als großartige Sache verstehen lässt, bedarf hingegen der differenzierten Betrachtung. Die
„Southwest Indian Foundation“ legt
in Katalogen vollmundig ihre selbst-
losen Ziele dar. Zugleich wird auch
ein verkürzter Jahresbericht beigelegt,
aus dem hervorgeht, dass 82,5 % der
Einnahmen den Indianern in Form der
Finanzierung von Projekten zugute
komme. Was dem naiven Betrachter
jedoch nicht auffällt, ist die Tatsache,
dass nicht etwa 82,5 % des bezahlten
Preises für einen Artikel in diese Projekte fließt, vielleicht nicht einmal
1 %. Die Stiftung ist nur eine Art
Schutzschild, hinter der sich nichtindianische Firmen verbergen, die genau den gleichen „Nippes“ verkaufen
wie „The Silver Bird“. Natürlich muß
auch bedacht werden, welcher „Einkaufspreis“ der Stiftung jedem der an
einen Endkunden weiterverkauften
Artikel zugrunde liegt. Diese Artikel
werden von den Firmen, die sich als
„Lieferanten“ hinter der Stiftung ver-
37
Indianerschmuck
bergen, nicht selbstlos zur Verfügung
gestellt. In gewisser Hinsicht verbirgt
sich hinter der Stiftung sogesehen
sogar ein cleverer Marketing-Trick.
Man kauft guten Gewissens Ware ein,
im nicht ganz ungerechtfertigten
Glauben, etwas zur Unterstützung
von Indianern getan zu haben. „Politically absolutely correct.“
Andererseits muß ganz klar gesagt
werden. Keines der verkauften Objekte ist wirklich authentische Indianerkunst, sonder nur Industrieware im
„Southwestern Style“ oder was immer
auch sonst. Wer Indianer direkt unterstützen will, ist besser damit bedient, von indianischen Künstlern gefertigte Objekte zu kaufen. Sofern
man die Gabe zur Unterscheidung besitzt, wird man sofort feststellen: diese
sind nicht nur authentischer, sondern
ungleich schöner gearbeitet. Natürlich
liegen solche Objekte im Preis auch
etwas höher. Aber das zahlt sich aus.
Darüber hinaus sind einzelne Gegenstände, wie sie die „Southwest Indian Foundation“ vermarktet, von echten indianischen Künstlern sogar
mindestens zum gleichen Preis zu erwerben. Das sind dann zwar keine
Werke großer Kunst, aber immerhin
signierte, authentische Werke.
Industriell gefertigter „Indianerschmuck“ aus
dem Katalog der „Southwest Indian
Foundation“
Übrigens, auch vor der eigenen Haustüre in München wird Indianerschmuck hergestellt. Nicht ganz ohne
Stolz auf die eigene schöpferische
Leistung versuchte schon einmal ein
deutscher „Indianerschmied“ in der
Ferretti-Galerie seine Werke zum
Weiterverkauf anzubieten. Das gleiche ist auch schon mit anderen Ge-
38
Anzeige über die eine Broschüre zum Gesetz
über den Kauf und Verkauf von indianischer
Kunst angefordert werden kann
genständen vorgekommen, z.B. Metallpfeilspitzen.
Abschließend sollen einige Regeln
vorgestellt werden, die beim Kauf
authentischen, indianischen Silberschmucks beachtet werden sollten:
1) Es gibt keinen echten indianischen
Silberschmuck, der billig ist. Das
Material ist teuer, und die Arbeitslöhne in Amerika sind hoch, auch für
Indianer. Selbst ein nur durchschnittlicher indianischer Kunsthandwerker
kann nicht wie ein Teppich knüpfendes Kind in Indien rücksichtslos ausgebeutet werden. Aus diesem Grund
sind Silber- oder Goldschmuck
nahezu gleichwertig. Goldschmuck
kostet nur ca. 25 – 30 % mehr, und
wäre billiger, müßten die Indianer es
nicht fast ausnahmslos über weiße
Bezugsquellen kaufen.
2) Echter Silberschmuck ist massiv
und vorzüglich verarbeitet. Er zeichnet sich durch ein exzellentes „finishing“ aus, dass industrieller Ware
grundsätzlich fehlt. Die Ausführung
echter Stücke ist ausgesprochen „delikat“. Die Oberfläche ist geschmeidig. Es werden grundsätzlich verschiedene echte Edelsteine (bzw. organisches Material) verwendet, nicht
nur der klassische Türkis: z.B. Malachit, Catlinit, Korallen, Opal, Perlmutt, u.a. Das verwendete, hochkarätige Sterling-Silber läuft mit der
Zeit in der für Silber typischen Weise
an, was bei vielen Legierungen der
Imitate nicht der Fall ist.
3) Heutzutage sind alle echten indi-
anischen Schmuckstücke mit Namen
oder Symbolen signiert. Dies begann
in den 70er Jahren, mit dem ersten
massiven Auftreten von Fälschungen.
Zu den indianischen Künstlermarken
existieren wichtige Nachschlagewerke, die zu Rate gezogen werden können, z.B. das Standardwerk von Burton Wright (ehemals Direktor des
Heart Museum in Phoenix). Zuvor
gab es mit wenigen Ausnahmen keine Signaturen. Dem Kenner erschließt
sich jedoch anhand der Qualität die
Authentizität sofort. Vor dem Kauf
teurer Altstücke sollte bei mangelnder Eigenkompetenz unbedingt verlässlicher Rat gesucht werden.
4) Beim Kauf eines als echten Indianerschmucks angebotenen Stückes,
ist eine Echtheitsgarantie des Verkäufers selbstverständlich. Sie muß eine
genaue, zweifelsfreie Beschreibung
des Objekts und die Garantie zur
Rückerstattung des Kaufpreises bei
Nachweis einer Fälschung beinhalten
und mit Stempel und Unterschrift
versehen sein.
5) Echter Indianerschmuck läßt sich
an Fachleute immer wieder ohne Probleme verkaufen. Bei wirklich guten
Stücken ist langfristig immer von einer Wertsteigerung auszugehen.
Gegen eine kleine Spende an die Organisation „Futures for Children“, die
indianische Kinder im Südwesten
Nordamerikas unterstützt, kann in der
Ferretti-Galerie München eine Bestimmung und Schätzung für Indianerkunst in Privatbesitz vorgenommen werden.
Natürlich werden auch andere Zweige indianischen Kunsthandwerks
allerorts nachgeahmt. Z.B. kommen
Korbflechtereien im Stil nordamerikanischer Indianer aus Brasilien, Navajo-Teppiche aus Mexiko und Dreamcatcher aus Thailand. Das kann
gegebenfalls einmal später dargestellt
werden. Jedenfalls kann man hier zurecht von Globalisierung sprechen.
Was von dieser Form der Globalisierung zu halten ist, haben wir am Beispiel des Silberschmucks dargestellt.
von Antonio Ferretti und Robert Stark
COYOTE 1/02
Indianer-Lexikon
Neues Nachschlagewerk:
Die Welt der ersten Amerikaner von A-Z auf nur 205 Seiten?
Warum ist es besser der US-Kavallerie in die Hände zu fallen, als einem
Anthropologen? Der Kampf mit den
Blauröcken führt in die ewigen Jagdgründe, im anderen Fall kommst du
in eine Bibliothek.
Alte indianische Weisheit
Indianerlexika gibt es mehrere. Keines hat bisher die Coyote-Redaktion
überzeugen können, zu aufdringlich
wurde da behauptet, dass alles Wissenswerte in den betreffenden Nachschlagewerken zu finden sei. So mancher Eintrag stellte sich dann bei näherer Überprüfung als falsch abgeschrieben heraus.
Frederik Hetmann dagegen ist den
Coyote-Machern eine vertraute Autorität, was die Ureinwohner Amerikas betrifft. Ein Indianerlexikon von Frederik
Hetmann können wir
also nicht übergehen.
Als wir das Rezensionsexemplar in den Händen
hielten, waren wir dann
aber doch verblüfft: Wie
kann das funktionieren,
die Welt der ersten
Amerikaner von A-Z
auf nur 205 Seiten darzustellen?
Soviel sei gleich vorab
verraten - es geht schon,
wenn man das Vorwort
aufmerksam
liest:
„Ohne den Anspruch
auf Vollständigkeit zu
erheben, ist dies meines
Wissens der erste Versuch in deutscher Sprache, ein Lexikon der
Mythen und Rituale der
Native Americans (Indianer Nordamerikas) zu
erstellen.“ (Frederik
Hetmann) Genau diesen
Zweck erfüllt der
schmale Band, der in
kurzen Artikeln knapp
über die zentralen Ele-
COYOTE 1/02
mente indianischer Kulturen informiert, ohne esoterisches Brimborium
zu verbreiten. Einmal mehr bestätigt
sich, dass indianische Mythen und
Zeremonien nur scheinbar hermetisch
verschlüsselte Konzepte enthalten,
sich jedoch auf spezifische Weise mit
Fragen befassen, die letztlich alle
Menschen zu allen Zeiten zu lösen
versucht haben.
Ergänzende Einträge zu den großen
indianischen Kulturkreisen und bedeutenden Persönlichkeiten der indianischen Geschichte, Politik und Literatur vervollständigen das „Begriffs-Netz“, mit dem sich auch ein
weniger Kundiger an eine vertiefte
Recherche mittels der ebenfalls reichhaltig angegebenen Literatur wagen
kann. So betrachtet schlägt dieses
Buch eine Brücke zwischen anthropologischer Fachliteratur und interessiertem Leser. Tatsächlich berührt
Hetmann damit ein in Deutschland
ernsthaftes Vermittlungsproblem. Es
existiert zwar eine umfangreiche populäre Indianerliteratur in Deutschland, vieles gelangt aber über das inhaltliche Niveau anspruchsvoller Kinder- und Jugendliteratur nicht hinaus.
Relevante Indianerbücher für Erwachsene sind dagegen rar gesät. Und
nicht immer reichen die Englischkenntnisse oder die Bibliotheksbestände aus, um auf eine präzise Frage
auch eine Antwort zu finden, die zu
weiterer Beschäftigung mit dem Gegenstand des Interesses anregt.
Hetmann ist sich dessen bewusst, dass
dieses mythologische Glossar nur ein
Anfang sein kann, eine Erweiterung wird als zukünftiges Projekt in einigen Jahren Aussicht gestellt.
Wir kündigen schon jetzt
an, diese erweiterte Ausgabe rezensieren zu wollen.
Hartnäckige Indianerunterstützer landen in jedem Fall
in der Bibliothek, ein Griff
nach dem Indianerlexikon
sollte zu dem führen, was
im englischen Sprachgebrauch „further reading“
genannt wird. Wir schlagen
vor, dazu auch andere Werke Hetmanns heranzuziehen.
geblättert, gelesen und benutzt von Dionys Zink
Frederik Hetmann, Das
Indianerlexikon – Die Welt
der ersten Amerikaner von A
– Z ist im Verlag Königsfurt
erschienen. Das mit
zahlreichen Bildern und
Karten ausgestattete
Taschenbuch umfasst 205
Seiten und kostet.
39
Musik
Song für Stammesvorsitzende
Fast überhört: Neil Youngs akustische Indianerbilder
I’m listening to Neil Young
Someone’s always yelling: Turn it
down!
Robert Allen Zimmermann
Möglichkeiten zur Assoziation und
Deutung eröffnet. Erreicht wird dies
mit einer merkwürdigen Einleitungsstrophe
She made a turn on a wooden bridge,
Into the battleground
With a thousand warriors on the ridge
She tried to turn her radio down.
Politik ist nicht unbedingt seine Stärke und so mancher hat sich in den 80er
Jahren enttäuscht abgewendet, von
einem Musiker, den alle zur HippieIkone stilisieren wollten, und der zu
Reagans Zeiten plötzlich durch Redneck-Statements zur Nahost-Politik
aufgefallen war. Die Rede ist von Neil
Young, dem Stehaufmann der nordamerikanischen Rockmusik. Derzeit
tourt der Meister durch die USA in
Begleitung von Crosby, Stills und
Nash, den gegenwärtig aktivsten Untoten der 70er Jahre. Die Tournee des
Quartetts, triumphal inszeniert und
entsprechend der aktuellen amerikanischen Stimmungslage angepasst
(blaupatriotisch, weißkitschig, rottrotzig), verdeckt den Blick auf das, was
Young wenige Monate vor dem Septembertag auf einer Europa-Tournee
mit seiner „Hausband“ Crazy Horse
zum Besten gab.
On the hill, where Custer was,
Making his last stand,
With the Indians all around,
And his gun in his hand
Battle drums were pounding
All around her car
She saw her clothes were changing
Into sky and stars.
Das unvollständig beschworene Bild
von Custers letztem Gefecht reißt das
Motiv nur kurz an und lässt offen, was
ohnehin jeder zu wissen glaubt. Verführt von der eigenen Vorstellung lassen sich dann die weiteren Vierzeiler
interpretieren als Momentaufnahmen
eines Vertragsabschlusses zwischen
einem modernen, aber naiven Stammesboss und gierigen Industriemanagern oder -politikern:
Strenggenommen ist die hier vorgestellte Assoziationskette natürlich
nicht zulässig. Es fehlen immerhin
drei der insgesamt neun Strophen, die
dann auch nicht so recht in dieses
Bilderpuzzle passen wollen. Ein Zusammenhang mit „Goin’ Home“, dem
Titel des Lieds, der zugleich auch seinen Refrain bildet, wird ebenfalls außer Acht gelassen. Zu bedenken ist
aber, dass Young nicht selten Lieder
zu epischer Breite entwickelt, um sie
dann wieder zurechtzustutzen. Insider
kennen zum Beispiel „Road of Plenty“, das später unter dem Titel „Eldorado“ in wesentlich gekürzter Fassung
eine pseudo-mexikanische Drogengeschichte erzählt. Die freie Anordnung
von Strophen und Bildern zeigen auch
weitere „Indianersongs“, z.B. das
bisher unveröffentlichte „Hitchhiker“, das 1987 in einer veränderten
Fassung unter dem Titel „Inca Queen“
erschien.
Der Song „Goin’ Home“ gehört, obwohl erst dieser Tage in den Plattenläden, (d.h. wenn Nikolaus Jung sich
nicht wieder anders besinnt und den
Veröffentlichungstermin verschieben
lässt) zu der Gruppe rätselhafter
Young-Titel, denen tiefere Bedeutung
zugesprochen wird, ohne dass sich so
genau ermitteln ließe, worin diese liegen mag. Und „Goin’ Home“ gehört
schon nach nur einer Tour im großkonzertverblödeten Nordameropa zu
dem, was Bestand haben wird, wie
nur eine Handvoll weiterer Preziosen
aus Youngs riesigem Repertoire. In
diversen Diskussionsforen der NeilYoung-Fans wurde der Erfolg von
„Goin’ Home“ unter anderem damit
begründet, dass man sozusagen alle
möglichen Interpretationen an diesem
Text anhängen könnte. Ganz von der
Hand zu weisen ist das nicht...
In drei Strophengruppen entsteht mit
„Goin’ Home“ eine Bilderserie, die
dem verstehenden Zuhörer zahlreiche
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Dropping in on you my friend,
Is just like old times,
Said the fool who signed the paper,
To assorted slimes
It’s hard to get blood from a stone
But for you I’ll give it a try
To provide your accommodations
And leave you satisfied
You’d think it was easy
To give your life away.
To not have to live up to,
The promises you made.
Die Darstellung einer solchen Szene
würde durchaus zu Neil Young passen, der in einer unveröffentlichten
Fassung von „Crime in the City“ auch
der Situation der Lakota einige Strophen gewidmet hat, die allerdings in
der offiziellen Version unter den Tisch
gefallen sind. Auch in diesem Titel
spielt der schicksalhafte Moment einer Vertragsunterzeichnung eine gewisse Rolle.
In der Schlusssequenz des Lieds
wechselt die Perspektive: Eine Frau
rückt in den Blick und das eingangs
evozierte Bild von den Indianern, die
plötzlich bereit zum Kampf am Horizont erscheinen, schließt den Kreis.
Indianer sind ein häufiges Motiv im
Gesamtwerk Neil Youngs, dem man
in alten Buffalo Springfield-Tagen
das Image eines Indianers anhängen
wollte. Youngs Sympathie und Engagement für Indianer sind seit Längerem bekannt. Seine patriotischen
Wallungen mögen nicht jedem gefallen, genauso wenig wie seine Singstimme (siehe das Zitat von Bob
Dylan zu Anfang). Youngs Position
im kulturellen Binnenzusammenhang
amerikanischer Indianerpolitik wird
allemal vielsinnig deutlich.
von Dionys Zink
Neil Youngs neue CD „Are you
Passionate?“ ist seit einer Woche im
Handel erhältlich
COYOTE 1/02
Indianische Kunst
Tony Abeyta – Un Indiano Veneziano
Tony Abeyta ist im Südwesten der
USA zuhause, wo man auf Indianerland in eine magische Welt eintauchen
kann, wo das Lebensgefühl von Mythen und Legenden bestimmt wird.
Zwei Jahre lang haben wir ihn in Taos
vergeblich gesucht. Dann fanden wir
ihn schließlich in Venedig, tausende
Meilen von seiner Heimat entfernt.
Ein weiter Himmel, unendliche Wüsten mit rotem Gestein, einsam gelegene Ruinen der Menschen präkolumbianischer Kulturen – diesem
Erbe ist Tony Abeyta entwachsen. Ein
unkompliziertes Wesen, Toleranz,
gute Manieren und Bescheidenheit
zeichnen den jungen Menschen aus.
Der Bursche wird vom Ruhm
geradezu verfolgt, aber zu Kopf ist er
ihm nie gestiegen. Das sind unsere
Eindrücke beim Treffen in einem venezianischen Patio.
Seine Werke sprechen eigentlich für
sich. Und gerade deshalb wollten wir
ihn persönlich kennenlernen. Ein ruhiger, in sich gekehrter Mensch ist uns
da begegnet, wie für viele Indianer
typisch. In seinem Atelier finden wir
vollendete und halbfertige Werke, die
an den Wänden lehnen und auf dem
Boden herumliegen. „Ich habe ein
Stipendium der New York State University für einen viermonatigen Aufenthalt in Venedig gewonnen. Zu guter Letzt entschied ich mich länger zu
bleiben. Alles in Venedig ist Kunst,
selbst die Luft, die Du atmest. Du bist
umgeben von Kunst. Ich bin hier, um
von anderen Kulturen zu lernen und
um herauszufinden, was davon mein
Schaffen inspirieren kann.“
Er lernte am „Santa Fe Institute of
Fine Art“, wo legendäre Gestalten der
indianischen Kunstszene gelehrt haben, z.B. Tonita Pena oder Fred Ka-
botie, den Tony Abeyta noch persönlich kennen lernen konnte. Bereits mit
25 war er berühmt für seine Bilder mit
Gottheiten und heiligen Wesen, Kachinas und Yei, die Vermittler zu den
Geistern. Kräftige und leuchtende
Farben kennzeichnen den eigenwilligen Stil seiner Bilder.
Wir können hier nicht alle Preise aufzählen, die er in seinem noch kurzen
Leben bereits erhalten hat. Obwohl
ihm bereits als einzigem indianischen
Künstler der Vereinigten Staaten
schon in so jungen Jahren eine Retrospektive gewidmet war, fehlt ihm
jeder Anflug von Überheblichkeit. Im
Frühling des Jahres 2000 wurde im
„Southwest Museum“ von Los Angeles ein Querschnitt durch sein bisheriges Werk gezeigt: Bilder von außergewöhnlicher Ausstrahlung. Schon
vor zwei Jahren hat das „National
Museum of the American Indian“, das
im Herbst 2003 in Washington wieder
eröffnet werden soll, sich sein dramatisches Werk „Four Directions“ (76 x
83 cm) für einen stolzen Preis gesichert. Der Direktor Richard West will
es am Eingang zur modernen Sektion aufhängen. Auch das Motiv für die
weltweite Werbung der Smithonian
Institution ist diesem Bild entnommen.
Tony Abeyta in Venedig - Foto: Antonio Ferretti
COYOTE 1/02
„Zwei Jahre lang hatte ich eine Galerie in Rancho de Taos (im Norden von
New Mexiko). Aber die Wände waren immer so schnell leer, dass ich mit
dem Malen neuer Bilder nicht mehr
nach kam. Aber das entsprach mir
nicht. Nie könnte ich kommerzieller
41
Indianische Kunst
Maler sein. Ich brauche Zeit, Einsamkeit, Ruhe und die richtige Atmosphäre um etwas zu schaffen ... Alle Dinge brauchen ihre Zeit. Eingebung
kommt nicht mit dem Geld. Es verdirbt sie.“.
Geboren ist er in Gallup, südlich des
Navajo-Reservats als Sohn des Navajo-Malers Narciso Abeyta, dessen
Werke heute nahezu unauffindbar
sind. „Von den Werken meines Vaters
sind mir nur wenige geblieben und
wann immer eines versteigert wird,
versuche ich es zu ergattern, ganz
gleich um welchen Preis. Ich verdanke alles meinen Eltern, die mich von
klein auf gefördert haben.“ Tony ist
nicht nur Künstler, sondern sammelt
selber indianische Kunst, erlesene
Dinge jenseits des „mainstream“, die
nur der Kenner zu schätzen weiß.
Dabei unterstützt ihn seine Frau Patricia Michaels aus Taos, die 1985 zur
Miss Taos gewählt worden ist. Sie ist
Modedesignerin. Ihre Modelle, eine
gelungene Mischung aus europäischen und indianischen Elementen,
erscheinen in indianischen und japanischen Illustrierten. Tony und Patricia haben zwei wunderschöne Kinder.
Gabriel, zehn Jahre alt und Margaux,
die erst vier Jahre zählt.
Venedig ist nur die letzte Station in
einer langen Reihe: Art Institute of
Chicago, Maryland Institute College
of Art, Studio Arts Center International (Florenz), Lacoste Ecole Des Beaux Arts, Institute of American Indian Arts (Santa Fe) und Haystack
Mountain School of Crafts (Maine).
Seit er seine Galerie geschlossen hat,
präsentiert er seine Bilder nur noch
in der „Cline Fine Gallery“ in Santa
Fe, der „Blue Rain Gallery“ in Taos
und der Turquoise-Turtoise Gallery in
Sedona. Beides sind Magneten für
Tony Abeyta - Foto: A. Ferretti
Sammler indianischer Kunst. „Wenn
ich in die Staaten zu einer Vernissage
zurückkehre, fragen mich die Leute
immer, was tust Du nur in Europa.
Dann sage ich Ihnen, kommt doch
selbst her und seht. Hier kann ich leben und atmen.“ Gegenwärtig arbeitet Tony für eine weitere Vernissage.
„Aber ich weiß nicht, ob ich fertig
werde. Dazwischen möchte ich auch
noch nach München kommen und mir
dort die Museen anschauen. Über die
Kunst kannst Du die Menschen verstehen lernen. Am besten gefällt mir
der deutsche Expressionismus. Sollte ich nicht fertig werden, muss ich
eben die Vernissage verschieben ...“.
Dabei kommt ihm ein unschuldiges
Lächeln über die Lippen. Viele seiner Werke hängen in Museen der USA
oder sind in Privatbesitz. Manchmal
kann man sie auf Ausstellungen bewundern. Dort vermitteln sie ein Gefühl für die Weite und Ewigkeit einer
Landschaft, in deren Felsen seine
Vorfahren schon Bilder meißelten:
Reflexe einer Weltsicht, die sich jetzt
auch in seinen Kunstwerken widerspiegelt.
Wir wünschen uns eine Ausstellung
in München, wenn er wieder das
„Land der Anasazi“ – in der Sprache
der Navajo heißt das die „Ehrwürdigen Alten“ – verlässt, um sich für eine
Weile in Europa aufzuhalten.
Vielleicht kann das im kleinen Rahmen schon im Herbst diesen Jahres
stattfinden.
von Christin und Antonio Ferretti.
Tony Abeyta: Night Waters (1997), Öl und Sand
42
COYOTE 1/02
Indianische Küche
Piki – Zartes Brot aus dem Höllenofen
Piki-Brot ist dünner als das Linsenbrot der Inder und zarter als Seidenpapier. Die schmackhaften Fladen aus
blauem Mais sind ein Geschenk der
Mutter Erde. Unvorstellbar ist die
Herstellung dieser Spezialität. Was
uns wie die Vorstufe zur Hölle anmuten mag, ist für Rita Nuvangyaoma
vom Stamm der Hopi nur ein alltäglicher Arbeitsgang.
Piki wird nicht unter freiem Himmel,
sondern in einem eigens dafür angefertigten Backhaus hergestellt.
Zuerst heizt Rita den Ofen mit „cotton wood“, einer Pappelart, die nur
in den ariden Zonen Arizonas mit ihrer harschen Natur wächst. Aus den
Wurzeln dieses Baumes schnitzen die
Hopi die berühmten „Kachina dolls“.
Diese Puppen dienen Ihnen als Anschauungsmaterial für die Kinder, um
die Bedeutung zeremonieller Tänze
zu erklären. Bei diesen Tänzen tragen
die Teilnehmer Masken und bitten um
Regen und Fruchtbarkeit, vor allen
Dingen für den Mais, das Hauptnahrungsmittel der Hopi, den sie in verschiedenen Farben züchten.
Rita Nuvangyaoma zieht vorsichtig den Teig ab
dem Supermarkt im Südwesten der
USA erstehen. Sobald Rita mit der
Konsistenz des Teiges zufrieden ist,
begibt sie sich in das „Piki-Haus“ und
probiert mit den Händen, ob der Stein
heiß genug ist. Ist das nicht der Fall,
muß noch nachgefeuert werden. Dann
trägt die geschickte Bäckerin den Teig
auf den heißen Stein auf und streicht
ihn mit den Händen glatt, ohne sich
zu verbrennen. Nach einigen Minuten, die mir in dieser Höllenhitze unendlich lang erscheinen, löst sich der
hauchdünne Teig vom Stein und Rita
zieht ihn vorsichtig ab, ohne ihn zu
zerbrechen und faltet ihn zu einem
länglichen Päckchen. Angesichts der
unerträglichen Hitze bleibt mir die
Spucke weg, aber die Korbflechterin
trägt immer wieder von Neuem flüssigen Teig auf den kochend heißen
Stein und streicht ihn glatt. Alles mit
den bloßen Händen. Stundenlang sitzt
sie geduldig vor dem Feuer und backt
dieses köstliche Brot, bis der ganze
Teig aufgebraucht ist; ein ganz normaler Arbeitstag im Leben einer
Hopi-Frau.
Text und Fotos: Christin Ferretti
Rita Nuvangyaoma vor dem „Piki-Ofen“
Während das Feuer im Ofen knistert,
rührt die begabte Korbflechterin den
Teig aus blauem Maismehl, Asche
von verbrannten Wacholderzweigen
(„juniper ashes“ ) und Wasser an. In
früheren Zeiten wurden die Körner
des blauen Mais auf einem Handmahlstein („metate“) zerrieben. Heute
kann man das blaue Maismehl in je-
COYOTE 1/02
Rita zeigt das fertige „Piki-Brot“
43
Termine + Sales Corner + Termine + Sales Corner + Termine
April 2002 – Juni 2003
Indianer 1858 – 1928
Fotoausstellung mit vielen erstmals
gezeigten Bildern aus den Archiven
des Völkerkundemuseums, die das indianische Lebens von Alaska bis Feuerland zeigen.
05. bis 14. April 2002
Indianer Festival in der Schweiz
Musik und Tänze der Navajo, Kiowa,
Sac & Fox, Choctaw/Chickasaw und
Taos Pueblo
Infos: Naomi Pfenninger, Tel. +41-19450006 oder [email protected]
15. April bis 07.10.2002
Tatanka- In the Spirit of Crazy Horse
Umfangreiche Austellung zur Kultur
der Prairieindianer
Belgian Federation of Native American Studies
Luikersteenweg 477, 3783 Tongres,
Belgien oder +39-61-210640
21. April 2002
Welttag des Buches
Übrigens: guckt doch mal auf unsere
Sales-Seite
08. Mai bis 01. Dezember 2002
Rosebud-Sioux: Lebensbilder einer
Indianerreservation
Völkerkundemuseum in Zürich
14. – 18. Mai 2002
Infotour mit James Robideau vom
Dakota Youth Project
Infos: Leonard Peltier Support Group
in Frankfurt, 06106-22941 oder email: [email protected]
21. Juni 2002
Konzert mit Mitch Walking Elk (Cheyenne-Arapaho) und Wade Fernandez (Menominee)
KJK, Sandgasse 26 in Offenbach, Beginn: 21:00 Uhr
Infos: Leonard Peltier Support Group
in Frankfurt, 06106-22941 oder email: [email protected]
29. Juni 2002
Konzert mit Blackfire (Navajo)
KJK, Sandgasse 26 in Offenbach,
Beginn: 21:00 Uhr
Infos: Leonard Peltier Support Group
in Frankfurt, 06106-22941 oder email: [email protected]
14. bis 19. Juli 2002
World Civil Society Forum
Konferenz zur Stärkung der Zusammenarbeit der Indigenen mit den Vertretern der Zivilgesellschaft und dem
UN-System in Genf/Schweiz
Infos: www.worldcivilsociety.org
25. Juli bis 09. August 2002
Zu Besuch bei den Sioux – eine Reise auf den Spuren der Prärieindianer
Reise nach Rapid City, Bear Butte,
Crazy Horse Monument, Fort Laramie und Pine Ridge
Infos: Dirk Schröder, Tel: 08031615152
29. Juli bis 19. August 2002
Reise nach South Dakota mit Milo
Yellow Hair
Der „Verein zur Unterstützung nordamerikanischer Indianer“ in Berlin
führt erneut eine Reise unter Führung
des in Europa längst bekannten Lakota Milo Yellow Hair durch. Teilnahmebegrenzung: 12 Personen.
Infos bei: Sybille Helfsgott, Menckenstr. 7, 12169 Berlin oder e-mail:
[email protected]
24. August bis 7. September 2002
Mother Earth
Reiseprojekt zu Kultur und Tradition
der Cree-Indianer in Sakatchewan
Info: Astrid Bender, 7Meilen Erlebnisreisen, Tel: 030/81499078,
E-Mail: [email protected]
Herbst des Widerstands
510 Jahre Kolonialisierung - Globalisierung - Widerstand
12. Oktober Demo mit Potlach in München
Wer uns unterstützen möchte, wende sich bitte an AGIM
www.native-american-music.de • www.native-american-music.de
Verzeichnisindianischer Musiker und Bands!
Fotos • Links • Infos • Veröffentlichungen • Rezensionen
Indianischer Veranstaltungskalender für Deutschland!
Konzerte • Politik • Kultur • TV • Hobby • Ausstellungrn
www.native-american-music.de • www.native-american-music.de
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COYOTE 1/02
Impressum
Literaturführer
er
n
ia
d
In
Herausgeber: Aktionsgruppe Indianer und Menschenrechte e.V.
ehemals Big Mountain Aktionsgruppe e.V.
Ingrid Rottenkolber
Eine ausführliche Bibliographie der Literatur
von und über Indianer In mehrjähriger Arbeit
hat Ingrid Rottenkolber die Liste erstellt, die
vorwiegend deutsche und meist auch noch
erhältliche Werke auflistet. Außer Belletristik,
Gedichtbänden und Sachbüchern finden sich
hier auch Kinderbücher zum Thema. Teilweise
sind die Werke mit Rezensionen des CoyoteTeams versehen.
134 Seiten, 2. Auflage 14,90 Euro
Inhaber und Verleger:
Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.
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COYOTE 1/02
Verantwortliche Redakteurin und verantwortlich für den Anzeigenteil: Monika Seiller,
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Redaktion und Layout: Ludwig Seiller,
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Diese COYOTE-Ausgabe entstand unter
textlicher Mitwirkung von:
Antonio u. Christin Ferrtti, Ludwig Seiller,
Monika Seiller, Robert Stark, Dionys Zink
Druck: Bittera Druck Gmbh, Triebstr. 11a, 80993
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45
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[ ] „Words from the edge“,
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[ ] Lance Henson: Lieder in der Sprache des Feindes, 14,90Euro
[ ] Peter Schwarzbauer, Der Lakota Report, 8. überarb. Auflage, 17,50 Euro
[ ] CD: The Return of the Buffalo Horses, 17,50 Euro
[ ] Bücherliste „Indianer“ (über 800 Buchtitel), 14,90 Euro
[ ] CD: Shaman 2, 15,- Euro
[ ] Go Beyond, 9,90 Euro
[ ] Lakota (Sioux) für Anfänger, 90 Seiten, 10 Lektionen, 18,50 Euro
[ ] Indianische Frauen - Indianischer Widerstand, 14,90Euro
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Sales Corner
Lance Henson, Memchoubi, Marry
Somby, Apirana Taylor
Words from the edge Stimmen vom Rand
Eine poetische Sammlung:
Cheyenne, Meitei, Sami, Maori
(zweisprachig) 152 Seiten
14,90 Euro
Lance Henson
Martin Krueger
Lieder in der Sprache
des Feindes
Lakota (Sioux) für Anfänger
Gedichte und Bilder
(zweisprachig)
164 Seiten
(davon acht farbig),
14,90 Euro
Sprachkurs auf 85 Seiten,
Zehn Lektionen, geprüft von dem
Holy Man Shunkpa Ska Yuha (Cecil
Cross)
Verlag für Amerikanistik
18,50 Euro
Shaman 2 – Oliver
Shanti Project
Andrew E. Masich, Dr. D. F.
Halaas, Dianna Litvak
Musik-CD mit diversen Interpreten.
61 Minuten, 15,- Euro
Die Dog Soldiers der
Cheyenne
Geschichte der Dog Soldiers mit
einerer Erläuterung zu den Skizzen
aus dem „Ledgerbook“.
Colorado Historical Society
Verlag für Amerikanistik,
17,50 Euro
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Tom La Blanc
Go Beyond
Indianische Gedichte und kurze
Prosa des Dakota-Dichters und
Aktivisten (dt./engl.) Exklusiv bei
uns erhältlich.
9,90 Euro
Alle Preise zuzüglich 2,50 Euro Versandkosten
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Indianischer Humor aus dem Internet
Top Ten: Was weiße Amerikaner im Alltag gegenüber Indianern zu
sagen haben
10. Ich hab nix damit zu tun, das ist alles vor langer Zeit passiert.
9. Immerhin haben wir euch die Reservate gegeben.
8. In meinem früheren Leben war ich auch ein Indianer.
7. Gefällt dir mein Indianerschmuck?
6. Huuuhuhuh (sogenanntes „Indianergeheul“)
5. Wir fahren auch zum Sonnentanz. (Das tut wirklich weh...)
4. Hugh!
3. Huuuhuhuh (sogenanntes „Indianergeheul“)
2. Ich hab ‚Der mit dem Wolf tanzt’ gesehen und musste wirklich weinen.
1. Ganz im Vertrauen: Meine Urgroßmutter war ..... eine echte
Cherokee-Prinzessin!
Und noch zwei indianische Kalauer:
Sind Sie wirklich ein Vollblut-Indianer?
Eigentlich schon, aber mir fehlt ein halber Liter, ich komme gerade
vom Blutspenden.
Wie lange sind Sie eigentlich schon Indianer?
Genau genommen 55 Jahre lang, aber mir fehlt ein Jahr, in dem ich
krank war.
(Übersetzung: Putney Swope)

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