29 29 Abenteuertour der D-GHAN — Teil 2

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29 29 Abenteuertour der D-GHAN — Teil 2
Reisebericht
Monument Valley
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Heißluftballon-Festival in Albuquerque
Wind
Abenteuertour der D-GHAN — Teil 2
 von Marga Hannemann
Die 6 Tage, die wir in Costa Rica verbrachten, waren
gekennzeichnet von schlechtem Wetter mit aufliegenden
Wolken und viel Regen. Das wurde genutzt, um weitere
Flugpläne und Routen für die Karibik und die Bahamas
auszuarbeiten. Wenn es mal zufällig nicht regnete, liefen wir
die 10 Minuten ins Zentrum mit einem quirligen Leben.
Der Abflug aus San José verhieß bei aufliegenden Wolken nichts
Gutes. Nur mit einem VFR-Plan ließ man uns weiterfliegen.
Augen auf oder zu war fast das Gleiche. Links der Irazu, rechts
der Col Vueltas mit 3156 m. Die Wolkendecke war so dicht in
Richtung Süden, dass nicht mal die Vulkanspitzen hervorlugten.
Nach 30 Minuten Flug sahen wir nach langer Zeit erstmals die
Sonne. Befreit flogen wir der Caribbean Sea entgegen über
den schönen Ort Puerto Limon, zogen eine 180°-Kurve und
landeten direkt am Wasser, umgeben von Palmenhainen.
Ein kleiner, aber sehr freundlicher Platz. Ein Hotel zu finden
war nicht schwierig, da keine Saison war. Da der Flug nur
43 Minuten dauerte, hatten wir den Rest des Tages Zeit den
ganzen Ort zu durchstöbern und uns in der Sonne ein Bier zu
gönnen.
Samstag, den 19.11.05 um 13.00 Uhr Ortszeit machten wir auf
einer Bank Rast nach einem langen Spaziergang am Strand
entlang, um uns mit einem Schluck Wasser zu erfrischen. Aus
dem Nichts kamen urplötzlich zwei Personen, im Nu waren sie
vor uns, schlugen mit der Faust Ralf ins Gesicht und rissen
am Rucksack, den Ralf auf dem Schoß hatte und sagten „give
me the bag“. Gleichzeitig demonstrierten sie ihre am Körper
versteckten Waffen, eine Machete und ein Pumpgun. Trotzdem
wehrten wir uns leider erstmals instinktiv, obwohl erkannt
wurde, dass wir aufgrund der Waffen chancenlos waren. Die
Machete wurde sofort eingesetzt und verletzte uns beide mit
tiefen Wunden an den linken Unterarmen. Wir gaben auf, um
unser Leben zu retten. Der Rucksack wurde entrissen. Nun am
Ziel, flüchtete jeder der Gewalttäter in eine andere Richtung.
Uns war gleich klar, dass dieser Überfall vorbereitet war.
Die auch hier teilweisen armen Anwohner wurden nach der
späteren Aussage der Polizei an dem Raubüberfall beteiligt,
sei es für Drogen oder Medikamente kranker Personen sowie
für das Auskundschaften der folgenden Raubüberfälle. Wir
merkten erst jetzt, dass wir stark bluteten. Irgendwie gelang
es uns, mit einem Taxi zur Polizei gefahren zu werden. Halb
spanisch, halb englisch wurde das Geschehen erklärt. Viel
Bargeld wurde uns geraubt, sämtliche Kreditkarten und
Führerscheine, die neue Digitalkamera mit Zubehör, die
Ersatzschlüssel des Flugzeuges und vieles mehr. Die Polizei
ließ als erste Maßnahme unser Flugzeug bewachen, fuhr uns
zum Hotel, damit wir die Kreditkarten sperren lassen konnten
und holte uns später wieder ab, um das schriftliche Protokoll
aufzunehmen.
Später im Hotel informierten wir sicherheitshalber noch die
Deutsche Botschaft und verarzteten uns endlich. Der Kellner
des Hotels hatte mit uns Mitleid und spendierte uns einen
Sandwich sowie Kaffee, da wir keinen Cent mehr in der Tasche
hatten. Wir waren zwar todmüde, aber schlafen konnten wir
nicht, es ging uns zu Vieles durch den Kopf. Das Kuriose ist,
dass Costa Rica vom Auswärtigen Amt als sicher eingestuft
wird im Gegensatz zu den anderen Ländern Zentralamerikas.
Am nächsten Morgen brachte uns der Hotelmanager
zum Flugplatz. Gott sei Dank, das Flugzeug stand noch
unversehrt da. Flugplan aufgeben, auf sämtliche Airporttaxen
wurde verzichtet und nach kurzer Flugzeit waren wir in
Panama City. Viel Zeit nahm das Organisieren in Anspruch:
Bargeldbeschaffung, Ersatzkreditkarten bestellen. Wir nahmen
Kontakt mit dem Honorarkonsul in Ciudad Guayana auf, der uns
in dieser Situation hilfreich entgegenkam. Nach dem Frühstück
am nächsten Morgen musste noch vieles per e-mail und Post
erledigt werden bis wir wieder Zeit für uns selbst fanden. Gut
tat uns darauf der lange Fußmarsch nach Santa Ana, dem alten
Teil von Panama City.
Wir verließen Panama City. Vorher wurde unsere Maschine
noch von einem süßen Spaniel nach Drogen beschnüffelt. Dies
geschah mit dem kontrollierenden Zollbeamten in freundlicher
Atmosphäre, so ebenfalls in Cartagena, Kolumbien. Außer
Drogenkartell hört man von Kolumbien nicht viel. Freundlichkeit
auf Schritt und Tritt. Seit langem die schönste Stadt auf dieser
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Reisebericht
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Palenque, eine der vielen Mayastätten
St. Thomaskirche in Chichicastenango
Flugreise. Viel trägt allerdings dazu bei, dass die Stadt völlig
renoviert wurde. Gerne wären wir einen Tag länger hier
geblieben, aber die Permission für Caracas zwang uns am
nächsten Tag weiter.
Schönes Wetter begleitete uns auf dem Flug von 4:28 Stunden
nach Caracas. Dort wartete bereits eine lange Schlange
von Flugzeugen, bis sie einzeln in die entsprechenden
Parkpositionen eingewiesen wurden. Chaos auch später
beim FBO. Man wollte uns nicht nach San Fernando de Apure
weiterfliegen lassen. Keiner wollte ein Permission finden, aber
jeder wusste, dass es sie gab. Freundlich noch, aber eine
extreme Hinhaltetaktik bis nicht mehr zum Aushalten. Obwohl
wir entsprechende Dokumente hatten, es half erstmals nichts.
Dies dauerte bis die Nacht anbrach.
Am nächsten Morgen wurden wir bei der FBO begrüßt und
uns mitgeteilt, dass unsere Permits per Fax eingetroffen
seien, aber dann wurde gesucht und gesucht und nichts mehr
gefunden, also wieder Hinhaltetaktik. Zum Glück konnten wir
unsere eigene Kopie vorlegen. Allerdings dauerte es noch
weitere Ewigkeiten bis der Flugplan aufgegeben werden
konnte, die Rechnung ausgestellt wurde und beim Zahlen
dauerte es erneut unendlich lange bis wir unsere Ungeduld
zeigten und mitteilten, dass unser Flugplan schon läuft.
Endlich konnten wir zu unserem Flieger marschieren, alles
fertig machen und dann dauerte es nochmals sehr lange bis
wir unsere Rollfreigabe erhielten, da die Permit nochmals
überprüft werden musste. Endlich waren wir IFR auf dem
Weg nach San Fernando de Apure, wo wir nach knapp 1
¾ Stunden bei schönem Wetter und großer Hitze landeten.
Eigentlich wollten wir die Maschine gleich auftanken, aber
wir hätten zwei Stunden warten müssen, denn es war gerade
Siestazeit. Das Militär überprüfte alles gründlich, wollte trotz
Inlandsflug eine General Declaration, war aber sehr freundlich
und brachte uns bis zum Ausgang, wo uns noch ein Taxi
gestoppt wurde und der Fahrer Anweisungen erhielt, wo er
uns hinzubringen habe. Auch wurde uns der exakte Fahrpreis
genannt. Wir landeten in einem sehr günstigen Hotel mitten in
der Stadt, machten uns frisch und bummelten durch den Ort.
Wie so oft, ein Schluck Wasser und eine halbe Scheibe trockenes
Brot mussten für die Weiterreise genügen (Gewohnheitssache).
Das hat nichts damit zu tun, dass wir eine horrende Summe für
Landung, Parken und Navigation berappen mussten. Dem Rio
Apure folgend kamen wir an den Orinoco, der uns stromaufwärts
als Leitlinie bis Puerte Ayachucho begleitete.
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In Puerto Ayachucho hieß es den Vogel randvoll
tanken, da wir erst in ca. 700 NM an das nächste AVGAS
kamen. Jetzt ging es immer Richtung Osten mit dem 7500 –
8000 ft hohen Hochplateau und dem Urwald, dem Queren der
Flüsse Rio Carna, Rio Paragua bis wir am Rio Caroni anlangten
und in Uriman landeten, einer reinen Urwaldpiste, wo es keine
Straßenverbindungen gibt. Die Koordinaten im GPS stimmten
mal wieder nicht wie so oft bei Strips: 7 NM Differenz und
Piste sowie Dorf waren im Display auf der falschen Flussseite
angezeigt. Zur Landung regnete es urwaldmäßig und viele
Nebelschwaden wabberten dahin. Ralf war froh, ein startendes
Flugzeug zu entdecken und so war die Landerichtung für ihn
klar. Über die Indiohäuser, zum Abrasieren tief, wurde auf eine
5 m breite Sandpiste aufgesetzt. Erst später merkten wir, dass
es empfehlenswert ist, nur in eine Richtung zu landen und zu
starten, wie es die einheimischen Piloten taten. Wir waren in
einem netten Indianerdorf angekommen und konnten das Zelt
neben der Maschine aufstellen. Mit unseren mitgebrachten
Lebensmitteln waren wir autark.
Am nächsten Tag flogen wir mittags los, über und unter den
Wolken. Mit 40 Minuten war es ein kurzer Flug, aber mit
ewiger Kurbelei. In Kavanayen sahen wir kaum Menschen
und kein einziges Flugzeug. Auch wurde wieder gezeltet,
um ehrlich zu sagen, was immer am Schönsten ist. Im Ort
ist eine Missionsstation der Franziskaner. So sieht man viele
Steinhäuser und das gesamte Pueblo macht einen gepflegten
Eindruck.
Bevor wir uns am nächsten Tag in die Lüfte erhoben wurde
die Piste abgelaufen. Und wieder das bekannte Wetter: Regen,
Dunst und hochschießende Cumuli, so dass der fliegerische
Ringelpitz weiterging. Die Wolken ließen oft den Blick auf das
Millionen Jahre alte Steinplateau Mesa Auyan Tepui frei. Über
dem Rio Carrua schraubten wir uns schließlich unter die Wolken,
um mit Blindmeldungen in Canaima zu landen. Was wir vorher
nicht wussten, hier ist alles nur auf Tourismus zugeschnitten.
Nach der Landung wurden wir zur vielgepriesenen WakuLodge gefahren, die in einer traumhaft gepflegten Parkanlage
liegt, genau gegenüber von Wasserfällen. Hautnahe Berührung
gab es hier mit Affen, verschiedenen bunten Papageien und
Tukans.
Wir beschlossen, einen Tag früher nach Trinidad abzufliegen.
Vielleicht hatten wir mit dieser Fügung Glück. Am Abflugtag, dem
6.12.05, wollte und wollte man uns nicht weiterfliegen lassen.
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Aktiver Vulkan in El Salvador
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Grenada
Wind
Angeblich war mit ATC Caracas nicht alles geklärt. Nach 2
Stunden Warten platzte uns der Kragen, weil sich dieses
Getue an jedem Platz in unfreundlicher Manier wiederholte.
Venezuela ist fliegerisch ein Abzockland, mit Personal besetzt,
das nicht lesen, aber vorgelegte Unterlagen abschreiben kann.
Die einzigen freundlichen Flugplatzleute waren das Militär.
Schikane auch bei der Abfertigung zum Weiterflug nach
Tobago. Ganz schlechtes Wetter, so mussten wir für den 30
Minuten-Flug einen IFR-Plan aufgeben. Jahrzehntelang hatte
sich Ralf darauf gefreut, Tobago selbst anzufliegen mit der in
die Korallenbänke hineinragenden Landebahn. Was war das
doch 1973 für ein Erlebnis mit einer DC 3.
Endlich nach 3,5 Stunden waren wir in der Luft und bemerkten
freudig den Grenzüberflug. Aber was dann kam, zerrte an
den Nerven. Nach der Landung in Port of Spain wurden
wir in eine bestimmte Abstellposition dirigiert. Wir trauten
unseren Augen nicht, die Motoren war noch nicht einmal
abgestellt, da war unser Flugzeug von einer Mannschaft mit
Waffen im Anschlag umzingelt. Noch dachten wir an einen
Irrtum. Barsch wurden wir aufgefordert, das Flugzeug zu
verlassen. In der Zwischenzeit wurde das Flugzeug innen
und außen optisch begutachtet. Zu diesem Vorgang wurde
jede Auskunft verweigert. Es wurden Flugzeugmechaniker
bestellt, die die ganze Innenverkleidung abmontierten.
Nochmals wurden die Drogenhunde zum Schnüffeln
eingesetzt. Es wurde nichts gefunden. In der Zwischenzeit
verstärkte sich unser Eindruck und auch die Befürchtung,
man musste oder wollte etwas finden. Sind wir vielleicht
von Venezuela aus von den AIS-Leuten gehässigerweise
angeschwärzt worden? War es ein zufälliger Glücksfall für
uns, dass wir einen Tag früher abreisten und bestimmte
Drogenleute uns sonst in der letzten Nacht Kokain oder
anderes in unserem Flugzeug verstaut oder versteckt
hätten? Die Flugzeugmechaniker bauten alles fachgerecht
wieder zusammen. Nun wurde noch das gesamte Gepäck
auseinander genommen und untersucht. Inzwischen war es
bereits dunkel, aber Immigration und Zoll mussten trotzdem
bei anderen Beamten erledigt werden. Man vergewaltigte
uns zu einem Hotel, weil ohne feste Buchung hätte man uns
weiter behalten. Auch die Maschine musste noch auf die
andere Seite des Flugplatzes umgerollt werden. Schikane
pur.
In Tobago wurde Ralfs Geburtstag gefeiert. Die weiteren
Karibikinseln waren Grenada, Barbados, St. Lucia, St.
Thomas und Puerto Rico, wo wir immer 2 Tage blieben. Alles
landschaftlich schöne Kataloginseln. Wir kennen diese und
viele andere Karibikinseln aus vorausgegangenen Urlauben.
Haiti ist extra zu erwähnen. Ins tiefste Afrika fühlt man sich
versetzt, wenn die Taxe vom Flughafen quer durch die Stadt
fährt, verwahrloste, zerstörte Straßen und Häuser sowie
angsteinflößende Menschen. In Haiti zu landen und eine Nacht
zu bleiben ist ein Risiko, das wir vorher kannten.
Kingston, die Hauptstadt Jamaicas, ist auch ein gefährliches
Pflaster. Viele Viertel werden auch von den Taxifahrern
gemieden. Um zu Weihnachten nicht auf der Straße zu sitzen,
hatten wir über unser deutsches Reisebüro für 3 Tage ein Hotel
in Montego Bay gebucht. Ein herrlicher Bungalow all inclusive
erwartete uns in einer sehr gepflegten Anlage direkt am Meer.
Damit hatten wir uns selbst das schönste Weihnachtsgeschenk
bereitet. Es ließ uns auch das diskriminierende Verhalten bei
der Abfertigung am Airport in Kingston vergessen.
Fortsetzung im AOPA-Letter 1/2007
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Beim Stadtbummel in der nichtssagenden Stadt konnte
keine Freude aufkommen. Zuvor hatten wir vom Hotel aus
die Deutsche Botschaft über das Geschehen informiert und
gebeten, zu unserer eigenen Sicherheit eine Aktennotiz
anzufertigen.
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