Schaden weit größer als befürchtet. „Köhler

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Schaden weit größer als befürchtet. „Köhler
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..Köhler-Haus" auf Teneriffa schwer beschädigt
Schaden weit größer als befürchtet
Bereits im letzten Heft hatten wir ü ber mutwillige Beschädigungen an den Resten der ersten Primaten-Station der Welt, dem ehemals von Wolfgang Köhler
bewohnten Haus berichtet. Neue Fotos der „Casa Amarilla" zeigen, daß die Beschädigungen weit größer sind als angenommen. Offensichtlich wurde Mitte
Mai 1994 mit Maschinen von innen fast das ganze Dach entfernt, obwohl das
Gebäude unter Denkmalschutz steht. Weder die neuen Eigentümer des
Hauses, der Anwalt Ju lio Renedo und Bauunternehmer Juan Amador, noch
die Stadtverwaltung von Puerto de la Cruz haben bis jetzt das Gebäude repariert, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben ist.
Zur Geschichte: 1913 errichtete die Preußische Akademie der Wissenschaften auf Teneriffa aus Mitteln der Samson-Stiftung die erste Primatenstation der Welt. Sie wurde zunächst von Eugen Teuber geleitet. Im Dezember
1913 wurde Teuber durch Wolfgang Köhler abgelöst, der dort (z.T. noch gemeinsam mit Teuber) die bahnbrechenden „Intelligenzprüfungen an Menschenaffen" durchführte. Köhler wohnte mit seiner Familie und dem Tierwärter Manuel in dem von einer Familie Yeoward gemieteten Haus La Costa.
(Dieses Haus ist u.a. bekannt geworden durch die Zeichnung von Thekla Köhler, der Frau Frau Köhlers. Diese Zeichnung befindet sich auf dem Vorsatzblatt zu Köhlers Buch über die Intelligenzprüfungen). Auf dem angrenzenden,
ebenfalls langfristig gepachteten Gelände wurden die Affenställe und das
Freigehege untergebracht.
Bedingt durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs blieb Köhler weit
länger als geplant auf Teneriffa. Nach den Untersuchungen von Jaeger (1988)
konnte Köhler dort auch Untersuchungen an Orang Utans durchführen, die
zu Köhlers Lebzeiten nicht veröffentlicht wurden. (Jaegers Buch ist derzeit die
beste Quelle für die Arbeiten von Köhler auf Teneriffa.) In den USA wurde in
den letzten Jahren ein Buch des amerikanischen Psychologen Robert Ley populär, in dem Köhler der Spionage für Deutschland verdächtigt wird („A
whisper of espionage"). Belege für Köhlers Agententätigkeit konnte Ley jedoch
nicht finden. Möglicherweise geht sein Verdacht ausschließlich auf Köhlers
ehemaligen Wärter Manuel zurück, der im hohen Alter gern Einheimischen
und Touristen erzählte, Köhler sei ein Spion gewesen. Die Meinung, Köhler sei
Spion gewesen, ist auf Teneriffa weit verbreitet und inzwischen sogar in Lehrbüchern zu finden. Es ist durchaus möglich, daß die Geringschätzung der ersten Primatenstation mit der Auffassung zusammenhängt, Köhler sei „nur
ein Spion" gewesen.
Das Gelände von La Costa, oder Casa Amarilla (Gelbes Haus), wie das
Haus später meist genannt wurde, war bis zum Frühjahr 1994 im Besitz der
Familie Yeoward. Gegenüber verschiedenen Personen hatte die Familie
mündlich und schriftlich versprochen, das Haus nicht zu verändern und im
Falle eines Verkaufs rechtzeitig zu informieren. Austin G. Baillon, ein an der
Geschichte der Insel besonders interessierter und engagierter Bewohner von
Puerto de la Cruz und aufmerksame Besucher, wie Prof. Robert Glaser, Primatologe von der Universität Gießen, bemerkten jedoch, daß ab Ende
1992/Anfang 1993 nur wenige Meter von der Casa Amarilla auf einer dreispra-
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chigen Tafel für Ferienhäuser geworben wurde, die dort entstehen sollten. In
einem Aufsatz vom 7. Oktober 1993 in der Zeitschrift »Nature" regte Glaser eine
internationale Unterschriftenaktion zur Erhaltung des Gebäudes an. Durch
die Bemühungen einzelner Personen und Verbände gelang es, daß das Gebäude von der Cabildo Insular (Inselregierung) von Tenerifa unter Denkmalschutz gestellt wurde. An der Unterschriftenaktion von Robert Glaser beteiligten sich bedeutende Primatologen, wie die bekannte Forscherin Jane Goodall,
aber auch Historiker und Psychologen, wie Michael Wertheimer, Marianne
Teuber und Robert Ley, der zur Erhaltung der Station auf Teile seiner Einnahmen aus seinem Buch verzichtete. Auch der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychologie wandte sich mit einem Brief vom 2.3.94 an die Stadtverwaltung von Puerto de la Cruz.
Auf mehreren internationalen Tagungen berichteten Glaser und andere
über die Geschichte der Primatenforschung.
Anfragen an Mitglieder der Familie Yeoward blieben entweder unbeantwortet oder wurde mit der Antwort abgespeist, man sei inzwischen nicht mehr
Eigentümer des Geländes und habe mit dem Bauvorhaben nichts zu tun. Frühere Zusagen der Familie Yeoward waren nun also wertlos.
Am 14. oder 15. Mai 1995 wurde das Gebäude schwer beschädigt. Es ist
wohl Austin G. Baillon, Tenerifa, zu verdanken, daß größerer Schaden durch
Einsatz der Polizei verhindert wurde. Mit schweren Geräten war aus dem Inneren des Hauses fast das ganze Dach herausgerissen worden. Die örtliche
englischsprachige Zeitung ließ keinen Zweifel daran, wo die Urheber dieser
Beschädigung zu finden sind: Auf Seiten der neuen Eigentümer!
Auf Anschreiben oder Anrufe haben sie bisher nicht reagiert. Aber erstaunlich (und für schwer verständlich) ist natürlich schon, daß ein Anwalt (!)
ein Gebäude, das unter Landesdenkmalschutz steht, einreißen ließ, damit es
verfällt, dem Boden gleichgemacht und im Interesse einer Apartmentsiedlung
für Touristen geopfert wird.
Rechtlich ist die Gemeinde zur Wiederherstellung des Gebäudes verpflichtet (und die Eigentümer wären wohl regreßpflichtig zu machen). Aber
auch hier geschieht nichts. Eine Antwort des Bürgermeisters auf die zahlreichen Anfragen und Aufforderungen ist mir nicht bekannt.
Mitte Dezember 1994 findet in Puerto de la Cruz ein Internatioonaler
Workshop mit dem Titel „What Steroids the the Brain" statt. Veranstalter und
Teilnehmer werden sich u.a. mit Köhlers Arbeiten befassen, sein Haus besichtigen und vielleicht eine Resolution zur Erhaltung des Hauses verabschieden.
Fassen wir zusammen:
Die Reste der ersten Primatenstation der Welt sind aus kommerziellen Gründen absichtlich und entgegen bestehenden Dekmalschutzbestimmungen
schwer beschädigt worden. Das Haus ist bisher nicht restauriert worden. Es
verfällt seit Mai 1994. Internationaler Protest ist daher dringend erforderlich.
Helfen Sie mit, das Gebäude zu erhalten und schreiben Sie an:
• die gegenwärtigen Eigentümer, Juan Amador und Ju lio Renedo, Puerto de
la Cruz
• die früheren Eigentümer Richard und Caspar Yeoward
• den Bürgermeister der Stadt Puerto de la Cruz, Don Felix Real Gonzalez,
Mayor (Alcalde) de Puerto de la Cruz, E-38400 Puerto de la Cruz, Tenerife,
Fax Spanien 3422-387253,
• die Presse, insbesondere an ,,La Gaceta de Canarias"
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die Inselregierung, Cabildo de Tenerife
das Spanische Kultusministerium,
die Spanische Botschaft in Deutschland und nicht zuletzt an
deutsche Touristikunternehmen, die Urlauber nach Tenerifa bringen.
Unterstützen Sie
• Austin G. Baillon, O.B.E., Apartado 13, 3800 Puerto de la Cruz, Fax 0034-22383061und
• Prof. Dr. IL S. Robert Glaser; Gutenbergstraße 24, 35390 Gießen, Fax 064031444.
Helmut E. Lück
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LA COSTA IS A BANANA PLANTATION WHOM BEEN IN
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Fig. 4. Sign posted near former An~nroocid Station on coastal
side,offering land for real estate development (in three languages):
'Photo R. Glaser
,
Jan.l993)
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Photos erh.v.A
-
G BAILLUN, 21.J1.94 (R GLASER)