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Wahrnehmungsdispositive und Geschlechter-(Identitäten) in digitalen Lebenswelten Prof. Franz Josef Röll, Schwerpunkt: Neue Medien und Medienpädagogik, Hochschule Darmstadt Jedes Medium begünstigt spezifische Wahrnehmungsdispositive, die die Modalitäten des Denkens und Wahrnehmens prägen. Erlebnisqualität, Teilhabe- und Realitätseindruck werden vom jeweiligen Dispositiv beeinflusst. Es ist ein Unterschied ob man ein Buch liest, ein Foto ansieht, einen Film anschaut oder fernsieht. Jeweils prägt das Medium die Aneignungsweise der RezipientInnen. Generationen, die in einem bestimmten Zeitraum aufwachsen, sind daher in der Regel gleichzeitig mit spezifischen Erfahrungen im Umgang mit Medien konfrontiert. Das jeweilige dabei erzeugte Dispositiv weist in der Tendenz Ähnlichkeiten auf. Daher kann für bestimmte Zeitpunkte eine spezifische Mediengeneration vermutet werden, wenn es auch durchaus vorkommen kann, dass einige innerhalb dieser Generation sich dem jeweils dominanten Medium entziehen und daher nicht tangiert sind. Die Erfahrung im Umgang mit Medien prägt auch das Wahrnehmungsdispositiv der Geschlechter. Nach einer Annäherung an den Begriff „Geschlecht“ und der beispielhaften Darstellung wie Medien zur Bestätigung und zur Erweiterung von Geschlechtsrollen beitragen, wird aufgezeigt wie in postmodernen Gesellschaften Identitätskonstruktionen ablaufen. Verdeutlicht wird zudem, wie die digitalen Lebenswelten die Generationen und die Geschlechter prägen. Zur Konstruktion von Geschlecht. Die Zweigeschlechtlichkeit zwischen Mann und Frau wird in unserer Gesellschaft als natürliches Faktum angesehen. Die Geschlechterforschung beschäftigt sich mit der Frage, wie das Binnenverhältnis zwischen den Geschlechtern geregelt ist. Sie untersucht u.a. warum seit Jahrhunderten Frauen und deren Sicht- und Wahrnehmungsweisen in den verschiedensten Bereichen, wie Forschung, Wirtschaft und Wissenschaft meist vernachlässigt werden. Die Sexualitätsforschung fragt, was man unter Geschlecht versteht und und wie man das jeweilige Geschlecht erkennen kann. Im Lebensalltag wird der Begriff Geschlecht biologisch erklärt. Die sekundären Geschlechtsmerkmale markieren nach diesem Verständnis den Unterschied von Mann und Frau. Auch in der Wissenschaft gab (und gibt) es Positionen, die das Geschlecht biologistisch erklären. Die biologistischen Ansätze gehen von der Geschlechterdifferenz aus, die auf dem Verständnis von Zweigeschlechtlichkeit resultiert. Vermutet wird von dieser Position, dass mit dem Frau und Mann spezifische Charaktereigenschaften verbunden sind. Frauen werden als dem Wesen und der Natur nach als stets friedfertig, sozial und fürsorglich angesehen, im Gegensatz zum Mann, dem Wesenszüge wie Dominanz, Stärke und Aggression zugeschrieben werden. Im Vergleich zum Mann wurden Frauen meist als „defizitär“ angesehen. Dies wird als ein Naturgesetz angesehen, das unabhängig von Einflüssen der Gesellschaft besteht. Ein Zweig der Frauenforschung folgte dem Differenzansatz, veränderte aber die Perspektive. In den Mittelpunkt wurde nunmehr die „Lebensrealität“ und das „Anderssein der Frau“ (Gildemeister/Wetterer 1992, S. 203) gerückt, um damit die Differenz der Geschlechter als positive Eigenschaft für die Gesellschaft und nicht als Defizit der Frau zu postulieren. Resultat dieser Annahmen war die Anerkennung einer natürlichen Differenz und damit die Bestätigung der Zweigeschlechtlichkeit und somit auch die Verfestigung von gesellschaftlichen sowie geschlechtsspezifischen Rollenmustern und Stereotypen. Gender-Ansätze gehen davon aus, dass „Geschlecht“ von der Gesellschaft konstruiert wird. Damit sind die im Verlauf der gesellschaftlichen Sozialisation erworbenen Rollenmustern gemeint, die implizit im Lebensalltag erworben werden. Es wird von einem sozialen Geschlecht ausgegangen, welches Geschlechtereigenschaften und Verhaltensunterschiede zwischen den Geschlechtern durch die geschlechtsspezifische Sozialisation und Arbeitsteilung begründet. Harold Garfinkel (1967) wies in Studien nach, dass Menschen zur Bewältigung ihres Alltages unbewusst auf ein erlerntes Verhaltensrepertoire zurückgreifen, bezogen wird sich dabei auf soziokulturelle und institutionalisierte Wissensbestände. Die Unterscheidung zwischen Mann und Frau basiert demgemäß auf gesellschaftlichen Zuschreibungsmustern. Die Geschlechterdifferenz wird als selbst konstruiertes Faktum angesehen. „Die alltägliche (Re-) Produktion von Differenz zwischen den Geschlechtern ist verbunden mit der Herstellung und Verfestigung von Rangordnungen. Männlichkeit wird dabei mit Dominanz, Weiblichkeit mit Unterdrückung assoziiert“ (Althoff/Bereswill/Riegraf 2001, S. 193). Durch Religion, Recht und Wissenschaft werden die Geschlechtsklassifizierung unterstützt und gefestigt. Judith Lorber (2003) geht von einer „Gender-Rangordnung“ aus, die in den meisten Gesellschaften produziert werden. Für Sie ist diese „GenderUngleichheit – die Abwertung der Frauen“ (ebd., S. 197ff) ein bewusst konstruiertes Ziel der dominanten Männergesellschaft, um Frauen Männern unterzuordnen und gefügig zu machen. In den frühen 90er Jahren wurde in der Geschlechterforschung die Kategorie „Geschlecht“ stark kritisiert. Der (De)Konstruktivistische Ansatz sieht erkennt sowohl im biologischen Geschlecht als auch im sozialen Geschlecht gesellschaftliche Konstruktionen, die keinerlei Klassifikationsmöglichkeit bieten. Die Differenz unter Menschen steht im Mittelpunkt dieses Ansatzes. Spezifische Geschlechtsidentitäten werden völlig aufgelöst bzw. dekonstruiert. Die Zweigeschlechtlichkeit wird in Zweifel gestellt, stattdessen wird von Vielgeschlechtlichkeit gesprochen. Es wird davon ausgegangen, dass es so viele (Geschlechts-)Identitäten wie Menschen gibt (vgl. Althoff/Bereswill/Riegraf 2001, S. 200). Carol Hagemann-White (1984) geht davon aus, dass die „männlichen“ und „weiblichen“ Eigenschaftszuweisungen stark variieren, da sie kulturell definiert sind, damit wandelbar und auch immer fiktiv sind. Sie verweist sie auf Kulturen, in denen mehr als zwei Geschlechteridentitäten existieren. Manche Gesellschaften haben drei Geschlechter – Männer, Frauen und Berdachen oder Hijras oder Xanith. Letztere sind biologische Männer, die sich als Frauen verhalten und kleiden. Sie arbeiten als Frauen und werden in fast jeder Hinsicht als Frauen behandelt. Sie sind keine weibliche Frauen, aber auch keine Männer, aber auch keine weiblichen Frauen (vgl. ebd., S.196). Aber auch in unserer Kultur gibt es Menschen, die sich ihrem biologischen Geschlecht nicht zugehörig fühlen, z.B. Personen, die biologisch weiblich sind, sich jedoch als Mann fühlen und umgekehrt. Aus Sicht von Judith Butler (1991) kann das kulturelle Geschlecht nicht als kausales Resultat des biologischen Geschlechts gelten. Notwendig sei es, eine Diskontinuität zwischen dem biologischen Geschlecht „sex“ und dem sozialen Geschlecht „gender“ zu schaffen. Es gäbe keinen Grund die Konstruktion „Mann“ ausschließlich einem männlichen Körper zu zuordnen und umgekehrt wäre das „Frau-Sein“ nicht nur einem weiblichen Körper vorbehalten. Ebenso können wir nicht mehr von einer ausschließlichen Zweigeschlechtlichkeit ausgehen, da es mehrere Geschlechtsidentitäten geben kann. Wenn in der Kinder- und Jugendarbeit von Auswirkungen auf Geschlechter diskutiert wird, wird in der Regel vom Gender-Ansatz ausgegangen. Es wird von der Unterscheidungsmöglichkeit von Mann und Frau und der Zuordnung nach biologischem Geschlecht oder sozialem Geschlecht ausgegangen. Zur affirmativen und transformative Rolle der Medien Die Medien tragen erheblich dazu bei Geschlechterrollen zu prägen. Allerdings reagieren die Medien auch auf sich wandelnde gesellschaftliche Prozesse. Ihnen kommt daher eine Doppelfunktion zu, auf der einen Seite bestätigen sie die vorhandenen Strukturen (affirmative Funktion), auf der anderen Seite tragen sie zur Veränderung von Werten und Norman bei (transformative Funktion). Am Beispiel der Werbung möchte ich zeigen wie Geschlechtsrollen mit Medien weitergegeben werden. Geschlechtsrolle Hausfrau: Während die Männer im Zweiten Weltkrieg „kämpften“, hatten die Frauen nicht nur eine erhebliche Last zu tragen, sie gewannen auch an Verantwortung und Kompetenz. Auch nach Ende des Krieges traten die Trümmerfrauen in den Blickpunkt der Gesellschaft aufgrund ihrer aufopferungsvollen Leistungen. Nachdem die Männer zurückkamen, sahen sie es als notwendig an, die gestiegene gesellschaftliche Bedeutung der Frauen wieder zu reduzieren. Gleichzeitig fühlten sich die Männer von den tüchtigen Trümmerfrauen verunsichert. Die Werbung begleitete in affirmativer Weise den gesellschaftlichen Prozess, die Vormachtstellung der Männer wiederherzustellen. Die Werbung wies den Männern Führungsrollen zu, während Frauen schön, passiv und still zu sein hatten. Demgegenüber wurden Männer stark, aktiv und „allzeit bereit“ gezeigt. Die Herrschaftsrolle lässt sich zeigen an der Topologie des Raumes, den Männer bzw. Frauen im Bildraum einnehmen. Männer haben den Kopf höher als Frauen. Ein Musterbeispiel bildet die Panto-Werbung von 1959. Ein Mann schaut auf eine Frau herab. Die Frau schaut zu ihm hoch. Der Mann umfasst die Frau wie ein teures Objekt, sie wirkt wie sein Besitz. Der Blick ist von oben links, in der Tradition der christlichen Ikonografie ist dies der Raum für Gott Vater, nach unten. Damals wurde diese Linie als fallende Linie angesehen, sie hatte auch den Zusatz „negative Diagonale“. Hat die Frau den Kopf oben (Beispiel Nescafé), dann bedient sie den Mann. Jacobs Kaffee wirbt mit ähnlichem Motiv. Hier bedient eine Schwester den Professor als „wohltuenden Ausgleich für seinen (!) schweren Dienst“. Rachengold-Werbefilme dieser Zeit verdeutlichen diese Situation noch entlarvender, wie folgender Werbefilm belegt. Ein Kochtopf dampft, eine Hausfrau rennt in die Küche, nimmt den Topf vom Herd. Sie geht zurück in das Wohnzimmer, will den Schreibtisch ihres Mannes abstauben, kniet nieder vor dem Schreibtisch ihres Mannes (!) und erblickt plötzlich ein Jugendfoto von ihr. Aus dem Off kommt eine Stimme: „Bist du etwa nicht mehr so hübsch wie damals“. Die Hausfrau weicht vor ihrem Jugendbild zurück, geht zu einem Spiegel. Die Off-Stimme ist Ihr Abbild im Spiegel, die nunmehr fortfährt: „Du sollst einmal etwas für dich tun. Du bist nicht du selbst“. Jetzt erfolgt ein Schnitt. Sie schaut direkt in die Kamera und damit auf die Zuschauer und antwortet dem Spiegelbild, d.h. den imaginären Zuschauern: „Aber woher kommts denn, wer soll denn die ganze Arbeit machen. Ist doch kein Wunder, dass es mir oft zuviel wird. Zu sehen ist nunmehr eine Nahaufnahme des Spiegelbilds, das mit Blick auf die Zuschauer fortfährt: „Wenn heute dein Mann nach Hause kommt, reagierst Du so“. In Rückblende sehen wir, wie die Hausfrau den tollpatschigen Ehemann beschimpft, nachdem er eine Blumenvase unachtsam umgeworfen hatte. Das Spiegelbild weist die Frau daraufhin, dass sie sich früher in ähnlichen Situationen anders verhalten hat. Früher führte die gleiche Ausgangsszene dazu, dass die Hausfrau ihren Ehemann einfach ins Bett zog. Dies sehen wir ebenfalls in einer Rückblende. Die Hausfrau antwortet: Das ist aber auch schon zehn Jahre her“. Daraufhin reagiert das Spiegelbild: „Du könntest heute genauso lebensfroh sein, wie damals“. Sodann erfolgt ein Schnitt, zu sehen sind zwei Frauenhände, die Frauengold in ein Glas füllen. In der folgenden Szene tollen die Hausfrau, der Ehemann und zwei Kinder auf einer bunten Wiese. Im Off ertönt der Kommentar „So wirkt Frauengold. Frauengold sichert dir Jugendfrische und Vitalität, schafft dir neuen Lebensmut. Frauengold gibt neue Kraft und Lebensfreude. Durch eine Kur mit Frauengold wirst Du glücklich gemacht, wirst glücklich machen. Frauengold schafft Wohlbehagen, wohlbemerkt an allen Tagen“. Beim letzten Satz sehen wir rechts eine Flasche Frauengold während im linken Bildfeld ein Abreißkalender positioniert ist, der Stück für Stück sich entblättert. Die Frau hat die Aufgabe, den Mann glücklich zu machen. Die Frau hat die Unfähigkeiten ihres Mannes zu akzeptieren. Dies verweist allerdings auch auf den Subtext, dass Männer keineswegs immer „stark“ sind. Der Mann hat die Rolle des Paschas, den Frau zu versorgen und (sexuell) zu verwöhnen hat. Alkohol als Seelentröster soll ihr die Kraft geben, ihre Aufgabe zu erfüllen. Die Werbung suggeriert, dass Frauen nur vier Fixpunkte benötigen: Kosmetik, Kleider, Küche und Kinder. Geschlechtsrolle Selbstbewusste Frau: In den 70er Jahren lassen sich in der Werbung Belege für einen anderen Frauentypus finden. Der Typus der selbstbewussten, berufstätigen und kreativen Frau erscheint, so z.B. zu sehen in einer Werbung für CD-Produkte. „Es sind die neuen Frauen für die CD gemacht ist“. Die Zielgruppe der (selbstbewussten) Frau erhält durch die Werbung Ermunterung. „Die handgeschriebene untere Schrift: „An meine Haut lasse ich nur Wasser und CD“ lässt vermuten, dass die selbstbewusste Frau ihre Haut nicht mehr anderen, vermutlich Männern anbietet. Die Topografie des Bildraums hat in unserer unbewussten Wahrnehmung Auswirkungen. In der Regel konnotieren wir den rechten Bildraum mit der Zukunft und den linken Bildraum mit der Vergangenheit. Deutlich ist Jil Sander auf der Werbung mit ihrer Körperhaltung nach rechts orientiert. Im halbrechten oberen Bildfeld des rechten Bildrandes steht eine weibliche Tänzerin. Jil ist somit nicht nur an der Zukunft orientiert, sondern der Frau gehört die Zukunft. Damit kommt ein Perspektivenumbruch zum Ausdruck, der zwar keineswegs die noch vorhandene männlich dominante Sicht verdrängt, aber erste Tendenzen anderer Darstellungen von Frauen lassen sich in dieser Zeit identifizieren. Die Differenz zwischen den Geschlechtern wird in der Werbung in den 80er Jahren zunehmend eingeebnet. Unisex-Moden und -Haltung etablieren sich auf breiter Ebene. Ein wachsendes Kör-perbewusstsein beiderlei Geschlechts lässt sich feststellen Es tauchen Werbeanzeigen auf, die den Frauen eine höhere Wertschätzung entgegenbringen als den Männern. Die Commerzbank schaltet eine Anzeige mit einer Frau im linken Bildfeld und der Headline „Für die Betreuung ihres Unternehmens sollten sie den besten Mann verlangen“. Da, wenn keine bildlenkenden visuellen Botschaften eingebaut sind, im allgemeinen unsere Wahrnehmung eine Werbung von links nach rechts liest, fällt auf, dass die Frau im aufmerksamkeitsrelevanteren Teil der Seite positioniert ist. Allerdings ist die neue Wertschätzung der Frau nicht verbunden mit der Wertschätzung des Weiblichen. Die neue Frau verkörpert am besten die männlichen Werte. Das Männliche bleibt dominant. Dennoch ist auch diese Anzeige ein Hinweis auf die transformative Funktion der Werbung. Identitätskonzepte im Zeitalter digitaler Medien Während in traditionalen Kulturen die Vermittlung von Normen und Werten meist in festgefügten gesellschaftlich determinierten Bahnen verlief, lässt sich in den letzten Jahrzehnten ein Wandel feststellen. Auch dabei kommt den (digitalen) Medien eine bedeutende Rolle zu. Das möchte ich verdeutlichen durch einen Blick auf Identitätskonzepte. Auf Mead (1980, S. 241ff.) geht die Auffassung zurück, Identität als soziale Konstitutionstheorie zu interpretieren. Bei ihm liegen die Wurzeln der Identität in der sozialen Interaktion, im dialogischen Austausch. Sie ist eine Folge von sozialer Praxis und nicht der autonome Entwurf eines Subjekts. Habermas (1988) ist ebenfalls der Überzeugung, dass Identität nur in einem sozialen Rahmen hervorgebracht werden kann. „Die Identität vergesellschafteter Individuen bildet sich zugleich im Medium der sprachlichen Verständigung mit anderen und im Medium der lebensgeschichtlich-intrasubjektiven Verständigung mit sich selbst. Individualität bildet sich in Verhältnissen intersubjektiver Anerkennung und intrasubjektiv vermittelter Selbstverständigung“ (ebd., S. 191). Die Selbst- und Fremdverständigung wird bei Habermas von zwei Quellen gespeist, einmal durch die Zustimmung zu den Handlungen des Selbst unter normativen Gesichtspunkten, des Weiteren durch die Anerkennung als Person mittels der realisierten Biographie. Gesellschaftliche Normen oder allgemeine moralische Prinzipien gelten als Orientierung für die Suche nach Zustimmung. Im Rahmen der Selbstdarstellung findet die Suche nach Anerkennung als Interaktion mit dem Gegenüber ihren Ausdruck. Während bei Habermas die Identitätssuche in Zusammenhang mit sprachlicher Verständigung (kognitiver Diskurs) steht, gehe ich davon aus, dass eine inter- und intrakommunikative Selbstverständigung als Ausgangsbedingung für die Entwicklung auch über einen durch sinnliche Wahrnehmung vermittelten Diskurs mit Medien von statten gehen oder beeinflusst werden kann. Die Stabilisierung und Entwicklung von Identität ist auch im virtuellen Dialog, in der Auseinandersetzung mit Bildern (audiovisuellen Medien) und Daten zu verwirklichen. Der Ansatz von Habermas hat seine Relevanz in einer von Schrift- und Sprachkultur geprägten Gesellschaft. Inzwischen überformt die Medienkultur und die Informationstechnologie die Wortkultur. Unser Wissen von der Welt wird weitgehend von dem bestimmt, was wir durch die Medien erfahren. Auf der interkommunikativen Ebene dienen die audiovisuellen Medien als Agenda, sind Basis und Potential für Kommunikation und Austausch innerhalb der Peergroups, die Deutungsmuster entwerfen. Diese Deutungsmuster enthalten neben dem sprachlichen Code emotionale, sinnliche und symbolische Botschaften, die einen ‘eigenständigen’ Code bilden, der nicht auf der linearen, sondern auf der präsentativen Logik (Langer 1987) basiert. Die Zuordnung und Abgrenzung zu dem Anderen geschieht vor allem in den Peergroups. Hier findet die Transformation der aufgenommenen medialen Erfahrungen statt. Die individuell oder auch gemeinsam erlebten Medienerfahrungen werden umgewandelt in subkulturelle bzw. jugendkulturelle Kommunikationsformen. Die Jugendlichen werden dabei zu autonomen Konstrukteuren ihrer lebensweltlichen Bezüge, da sie zu kulturellen Neu-Schöpfungen beitragen. Auf der Basis ihrer Medienerfahrung entwickeln sie neue Aneignungsweisen von Wirklichkeit. Auf die Optionenvielfalt der Kulturindustrie reagieren sie mit Pluralisierung und Bricolage, aus denen neue Formen der Ich-Deutung entstehen (intrapsychischer Aspekt). Jugendliche entwickeln dabei Identitätsmuster, die einen bruchstückhaften Charakter haben. Bei der Herausbildung dieser Identitätsmuster spielen die Erfahrungswelten der Medien eine bedeutende Rolle. Die Identifikationsmuster, die Vorlagen für die Bricolage liefern, erfolgen mittels der Medien und in dem von den Medien favorisierten audiovisuellen Diskurs. Das Internet (digitale Medien) beschleunigt diesen Prozess. Nicht mehr entscheidend ist was gesendet wird, sondern dass gesendet wird. Angeschlossen Sein wird zur kategoriellen Funktion gesellschaftlicher Teilhabe und Kommunikation. Durch das Aufhalten und Agieren im Netz entfalten, verknüpfen und konkretisieren sich die Selbst-Fragmente zu einer vorübergehenden Einheit und konstituieren damit die jeweilige persönliche Erfahrungswelt. Gleichzeitig verlieren sich die harten Konturen eines kohärenten Selbst. Das Subjekt lässt sich nicht mehr als definierbare autonome Einheit definieren. Sogar auf der bewussten Ebene kann keine Rede von einer definierbaren Identität sein. An Stelle von Subjektivität muss man von einer intersubjektiven Vernetzung sprechen, bei der Informationen im ständigen Austausch hergestellt werden. Das „Ich“ erweist sich als ein sich ständig verschiebender Knoten eines intersubjektiven Gewebes. In Zukunft wird man von einem multiplen Ich oder von Identitätsfragmenten ausgehen müssen, wobei die Individuen stärker gefordert sind an der Selbstkonstitution mitzuwirken. Das Subjekt muss als modale Konstellation von Mannigfaltigkeiten verstanden werden. Fortwährend tauscht sich das Individuum aus, integriert neue Vielheiten, spaltet sich und nimmt neue Inhalte und Formen an. Im Zeitalter der entgrenzten Medien kann es ein Vorteil sein virtuelle, eingebildete Welten entwerfen. Damit eröffnen sich Projekte für alternative Realitäten. Wir beginnen Sachverhalte zu entwerfen, die uns nicht mehr bedingen, sondern ‘bezeugen’. Die bisher als unveränderlich geltende Welt wird als transformierbarer Raum erlebbar. Mit ästhetischen Mitteln wird in den Lebenskontext eingegriffen, symbolisch werden Lebensräume gestaltet, der Lebensalltag wird zum Aktions- und Erfahrungsfeld von virtueller Bildung. Wer sich selbst als veränderbare und nicht statische Dimension erfährt, erlebt auch die soziale Umgebung als transformierbaren Raum. Wer gelernt hat mit ästhetischen Mitteln in den virtuellen Lebensraum des Internet einzugreifen, hat gute Chancen diese Erfahrungen auf den Lebensalltag zu übertragen. Leben wird unter diesen Prämissen dann als Entwurf, als Projekt(ion) verstanden. Die Kommunikationsstruktur des Internets wird unsere bisherige Sichtweise, die eines Betrachters von Objekten, verändern. Wir sind nicht mehr in der Rolle des (passiven) Konsumenten oder des (objektiven) Beobachters. Das Internet ist eine Eingreifmaschine, wir können uns unabhängig von sozialer Schicht, Alter, Geschlecht und Vorbildung durch Interaktion und Dialog in die Netzkommunikation einschalten. Die bisherige Dominanz zentralperpektivischer Wahrnehmung (eineindeutige Position) geht verloren. Ersetzt wird sie von einer Multitasking-Perspektive. Der jeweilige Standpunkt repräsentiert nur einen Teil der Wirklichkeit, genau genommen einen subjektiven Standpunkt. Die Erfahrung des segmentierten Lebensraumes, die Tendenz, aus der konkreten Lebenswelt die eigene Wahrnehmung in Form einer Bricolage zu gestalten, erfährt über das Sampling eine adäquate Ausdrucksform. Informationen, Texte, Daten, Grafiken, Töne und ästhetische Objekte können gespeichert und verändert werden. Die Modifikation kann jederzeit wieder in den Datenkreislauf zurückgeführt werden. RezipientInnen werden zu ProduzentInnen, die einzelnen Werke werden als Impulse angesehen, die jederzeit rekonfiguriert werden können. Potentiell kann jede Idee unendlich abgewandelt werden. Es gibt keinen absolut letzten Text oder ein letztes Bild. Jedes Ergebnis ist wieder verwertbar. Das Neue ist dabei jeweils eine kontextuelle Modifikation der vorhandenen Zeichenressourcen. Dadurch modifizieren die neuen Technologien auf der Abbildebene die vorausgegangenen Technologien und transzendieren die jeweiligen Wahrnehmungsweisen. Geschlechtsbezogene Selbstdarstellung Im digitalen Medienraum verflüssigt sich auch die präzise Zuschreibung der Geschlechtsrollen. Die Vielfalt der digitalen Medienangebote erlaubt (De)konstruktivistische Positionierungen der eigenen Geschlechtsrolle. In Chats und in sozialen Netzwerken (SNS) können UserInnen probeweise eine andere Geschlechtsrolle einnehmen und damit die Vielfalt und Komplexität unterschiedlicher Reaktionen erfahren. Unterschiedliche Zuschreibungen von Geschlecht konkurrieren im digitalen Datenraum. Traditionelle und postmoderne Geschlechtsrollen stehen nebeneinander. Jugendliche können/müssen sich entscheiden, können sich aber auch in „Als-ob-Realitäten“ bewegen. Wie die Daten der aktuellen JIM-Studie (Mpfs 2013, S. 13) belegen, gibt es in der Wichtigkeit der einzelnen Medientätigkeiten von Jungen und Mädchen unterschiedliche Ausprägungen. So ist das Handy (86 % / 77 %) und Radio hören (61 % / 50 %) für Mädchen wichtiger, aber die Unterschiede sind nicht so bedeutsam. Erkennbare Differenzen gibt es bei den Bücher lesen (59 % / 44 %) und bei PC/Videospielen (66 % / 25 %). Ein Besuch der Gamescom belegt, dass Computerspiele keineswegs ein fremdes Medium für Mädchen ist. Der Anteil der Mädchen, die sich bei der Gamescom ausgehend von Computerspielvorlagen verkleiden, präsentieren und oder gestalten und damit ihr eigenes Spiel gestalten (player driven story) ist höher als bei Jungen. Eher verblüffend ist, dass die Aktivitäten im Internet beim Schwerpunkt Kommunikation im Bereich Online-Communities und Chatrooms nutzen, emails empfangen und senden nahezu identisch ist (ebd., S. 32). Es scheint so, dass in vielen Bereichen der Nutzung digitaler Medien die Aneignungsweisen sich angleichen. Diese quantitativen Daten sagen allerdings noch nichts aus über die Art und Weise der Nutzung. Mädchen und Jungen finden es reizvoll sich in YouTube Tutorials über Produkte zu präsentieren. Während Mädchen Haul-Videos präsentieren (gezeigt wird z.B. wie man sich schminkt, welche Produkte besonders attraktiv sind)i, favorisieren Jungen und Mädchen die so genannten Unpacking-Videos. Hier ist zu sehen wie jemand ein Produkt auspackt, die Gebrauchsanweisung vorstellt und/oder die Besonderheiten eines Produktes präsentiert.ii Auch bei der Selbstdarstellung, der multimedialen Selbstnarration gibt es strukturelle Ähnlichkeiten, im Detail aber auch Differenzierungen. Es dürfte nunmehr schwer einzuschätzen sein, ob die Differenzen sich auf die Geschlechtsrolle oder die Persönlichkeit bzw. die Sozialisationserfahrungen beziehen. Nach meiner Einschätzung handelt es sich um Präsentationen, die oft eine egalitäre Differenz haben. Es gibt Strukturähnlichkeiten, aber es gibt auch Unterschiede. Entertaining myself nennt soccerstar4ever ihre Produktion, die in YouTube zu sehen ist (http://www.youtube.com/watch?v=vRIbUnMNlzw). Die Autorin agiert vor dem Objektiv der Kamera. Die ZuschauerInnen werden zu parasozialen KommunikationspartnerInnen. Für die Autorin ist nicht entscheidend, ob reagiert wird (über die Kommentarfunktion wäre das möglich). Sie stellt eine idealisierte Beziehung zu eine(m) oder mehreren idealisierten Zuhörern oder Zuhörerinnen her. Sie agiert auf einem Bett. Verschiedene Perspektiven werden gezeigt (Totale, Halbnah und Nah). Die Akteurin agiert in der Mittelachse. Im Hintergrund des Bettes ist an den beiden Seiten ein Gitarrenbehälter und ein Plüschtier platziert (Bildes), dadurch entsteht ein Tryptichon (Aufladen der Bildeinstellung mit christlicher Ikonografie). Im Verlauf des Films nimmt sie virtuell Kontakt auf mit einer Freundin. Sie erzählt über sich und was sie denkt (Selbstnarration). BeobachterInnen können den Eindruck bekommen, dass es sich um ein Theaterstück handelt. Bei Noahs Selbstnarration everyday werden die BeobachterInnen eher dazu animiert, sich vorzustellen, dass es sich um ein Tafelbild handelt (http://www.youtube.com/watch?v=6B26asyGKDo). Wie bei soccerstar4ever ist der Blick auf die Kamera gerichtet, womit bei beiden eine axial zentrische Position zu den ZuschauerInnen hergestellt wird. Während es bei soccerstar4ever jedoch zu Positionswechseln im virtuellen Dialog kommt, bleibt der Gesichtsausdruck und die Positionierung des Kopfes bei Noah gleich. Im schnellen Bildwechsel werden die täglich gemachten Porträts im Zeitraffer gezeigt. Das ist ästhetisch sehr reizvoll aber zugleich auch anstrengend anzuschauen (da keine Handlung zu sehen ist). Bei beiden Produkten handelt es sich um exzessive Selbstdarstellungen. Produzentin und AkteurIn sind identisch und wahrscheinlich schließt sich die Triade: beide sind auch die größten Fans ihrer Produkte. Auffallend bei den Beispielen ist daher nicht die Unterschiedlichkeit, sondern die strukturelle Ähnlichkeit. Genau genommen handelt sich um Selfis mit künstlerischem Anspruch. Auch bei den Fotografie-Selfis lässt sich auch kein wesentlicher Unterschied bei der Nutzung zwischen Mädchen und Jungen beobachten. Wiederum lassen sich eher unterschiedliche ästhetische Differenzierungen feststellen. Bei einem Besuch der East Side Gallery in Berlin ist offensichtlich, dass Jungen und Mädchen einen großen Bedarf haben sich zusammen mit dem Hintergrund abzulichten. Untersucht man die Bilder bei der Selbstdarstellung in den Sozialen Netzwerken nach Besonderheiten männlicher oder weiblicher Darstellungsweisen, lässt sich sehr schnell feststellen, dass wie bereits aus (ko)konstruktivistischer Position formuliert, die Unterschiede innerhalb der Geschlechter größer ist, als der Unterschied zwischen den Geschlechtern bei der Aneignung digitaler Medien. So gibt es keine ausschließlich typischen männlichen Darstellungsweisen. Im Rahmen einer Bachelorarbeit konnte eine meiner Studentinnen folgende Typen feststellen: Passbild, Dummy, Beziehung, Flirt, Ansichtssache, Vermummung, Modell, Gestern, do-it-yourself, Event und Kunst. Hätte sie ihre Untersuchung bei weiblichen Selbstdarstellungen gemacht, wäre es denkbar, dass sie zu ähnlichen Ergebnissen gekommen wäre. Aus diesem Grunde könnte es sinnvoll sein abschließend noch einmal den Blick zu richten auf die Gemeinsamkeiten der Beeinflussung durch Digitale Medien und nicht auf die Differenzen. Gesellschaftliche Bedeutung von sozialen Netzwerken Sie Sozialen Netzwerke (SNS) sind nicht nur ein Medium und/oder ein Ort der Information und Kommunikation, sondern zugleich ein Ort der Vermittlung soziokultureller Denk- und Wahrnehmungsweisen. Die SNS tragen dazu bei, Denkund Wahrnehmungsmuster zu entwickeln, die helfen in der aktuellen gesellschaftlichen Situation Handlungsfähigkeit zu erwerben. Die Komplexität der Lebenswelt nimmt zu. Die Sicherheiten traditioneller Bindungen und Strukturen gehen verloren. Die Undurchschaubarkeit gesellschaftlicher Faktoren und der Lebensverhältnisse bei gleichzeitiger mangelnder Sicherheit und erheblicher Durchlässigkeiten tragen zur Beunruhigung bei. Begleitet wird dieser Prozess von einer technische Beschleunigung, einer Beschleunigung der sozialen und kulturellen Veränderungsraten sowie einer Beschleunigung des Lebenstempos (Rosa 2005, S. 161ff). Beeinflusst wird diese Entwicklung von der Globalisierung. Die weltumspannenden Informations- und Finanzmärkte operieren in Sekundenbruchteilen und sind längst politisch und rechtlich nicht mehr steuerbar. Kontinuität und traditionsbewusstes Denken können unter diesen Prämissen schnell zu dysfunktionalen Fähigkeiten werden. Eine Folgeerscheinung dieser Entwicklung ist, dass es zu einem Kontrollverlust hinsichtlich Karriere und Lebensplanung kommt sowie zur Erfahrung, dass es in allen Bereichen zu einem Abbau von Strukturen kommt, die auf Langfristigkeit und Dauer angelegt sind. Das neue Leitbild ist nach Auffassung des amerikanischen Soziologen Sennet (1998) der flexible Mensch. Nur die reaktionsschnelle, anpassungsfähige Persönlichkeit ist in der Lage, sich gegenüber dem „flexiblen Kapitalismus“ zu behaupten. Sennett verweist auf die gefährlichen Fallstricke, in denen sich die Erfolgszwanggeplagten verfangen, weil sie immer weniger auf ihr Wissen vertrauen dürfen, aber zugleich die Furcht vor neuen Anforderungen wächst. Der flexible (neoliberale) Kapitalismus führt jedoch keineswegs zu mehr Gleichheit, eher scheint es, dass sich Ungleichheiten verstärken. Selbstmanagement und Flexibilität wird zur Überlebenskompetenz in einer Gesellschaft, die vom flexiblen Kapitalismus geprägt ist. Aus diesem Grunde ergeben sich für Jugendliche bereits heute erhebliche Verunsicherungen. Sie müssen einen Sozialcharakter entwickeln, der sie befähigt, den wechselnden Anforderungen gerecht zu werden. Genau diese Schlüsselkompetenz wird ihnen mit und durch das SNS/Web 2.0 vermittelt. Aufgrund der hier angedeuteten gesellschaftlichen Wandlungsprozesse werden an die Individuen hohe Anforderungen bei der Konstruktion ihrer Identität gestellt. Die Individuen sind stärker gefordert, an der Selbstkonstitution mitzuwirken. „Subjekte erleben sich als Darsteller auf einer gesellschaftlichen Bühne, ohne dass ihnen fertige Drehbücher geliefert werden“ (Keupp 2000, S. 117). Das Individuum muss lebenslang erhebliche Eigenleistungen bringen, um die heterogenen Selbsterfahrungen (Patchwork) zu einem sinnvollen (kohärenten) Zusammenhang zu verorten. Die Vorlagen für die Bricolage am Selbstkonzept liefert vor allem der audiovisuelle Diskurs mit den Medien. Die „Identität wird bestimmt als relationale Verknüpfungsarbeit, als Konfliktaushandlung, als Ressourcen- und Narrationsarbeit“ (Keupp 1999. S. 195). Identität ist nach diesem Verständnis vergleichbar einem Projekt, das mit Hilfe von Selbstreflexion sich ständig verändert. Dadurch rückt die Selbsterzählung in den Mittelpunkt. Alle für das Selbst relevanten Erfahrungen müssen aufeinander bezogen werden. Es kommt zur Erprobung unterschiedlicher Bedeutungszusammenhänge und damit auch zu einer Fragmentierung der Identitätsrepräsentation. Teilidentitäten können selektiv aktiviert werden. Das Wiedererkennen, die Kontextualisierung und das Reflektieren der eigenen Person geschieht über Geschichten erzählen, dem Spielen mit Sprache, Bildern und Tönen. Letztlich geht es um die Dokumentation einer fortlaufenden Selbstnarration. Die Selbstdarstellungen in den SNS haben den Charakter eines fortlaufendes Textes, den der Autor zum Teil für sich, zum Teil in Auseinandersetzung mit seinen LeserInnenn fortschreibt. Die Selbstrepräsentation und die Identitätskonstruktion geschehen aber immer auch mit Bezug auf generalisierte/idealtypische LeserInnen. Eine themenbezogene Interaktion und authentische Selbstrepräsentation fördert die kontinuierliche Präsentation des Selbst sowie die Auseinandersetzung mit anderen über dieses Selbstbild. Da es keine einseitigen Diskurse gibt, impliziert dies eine Demokratisierung der Subjektkonstitution. Die Subjekte konstituieren sich in ihren Dialogen. Eine Vielzahl von Rollenbeziehungen eröffnet sich, da unterschiedlichen Kompetenzen und Erwartungen synchronisiert werden können. Eine Modifikation oder Neudefinition der eigenen Identität wird somit möglich. Bei ihrer Suchbewegung hin zu einer Kernnarration, der narrativen Verdichtung der Darstellung der eigenen Person, kann das Internet eine beachtliche Hilfestellung leisten, da die UserInnen im Internet ihre Identitäten nicht in einem Bewusstseinsakt gestalten, sondern im Kontext des aktuell geführten Dialogs. „Das Internet mit seinen Möglichkeiten der Synchronizität und der Interkonnektivität kann eine neue Art von Beziehungen zwischen den NetznutzerInnen und dem Kommunikationsraum zulassen. Der elektronische Möglichkeitsraum kann dabei auch zum sozialen Zusatzraum werden“ (Missomelius 2006, S.180). Die Anforderungen an die Sinnkonstruktion bei den Rezipienten werden für die einzelnen Individuen höher. Die notwendige Kohärenz der fragmentierten Identitätsanteile müssen vom Individuum zu einer sinnstiftenden und bedeutungsvollen Geschichte verdichtet werden. Die Erzählfragmente der Teilidentitäten bedürfen der Komplettierung und Konsistenzbildung durch die NutzerInnenr. Dies gelingt nicht automatisch. Notwendig sind Lernumgebungen, die es ermöglichen eine aktive Passungsleistung zu ermöglichen, um die unterschiedlichen Teilidentitäten miteinander zu verknüpfen. Bei dieser Herausforderung Unterstützung zu leisten lässt sich als ein wichtiges Arbeitsfeld für die Jugendarbeit identifizieren. Literatur: Martina Althoff, Mechthild Bereswill, Birgit Riegraf (2001): Feministische Methodologien und Methoden. Traditionen, Konzepte, Erörterungen. Opladen. Judith Butler (1991): Gender Troubles – Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main. Harald Garfinkel (1967): Studies in Ethnomethodology, Englewood Cliffs/NJ: Prentice Hall. Regine Gildemeister, Angelika Wetterer (1992): Wie Geschlechter gemacht werden. Die soziale Konstruktion der Zwei-Geschlechtlichkeit und ihre Reifizierung in der Frauenforschung. In: GudrunJürgen Habermas (1988): Individuum durch Vergesellschaftung. In: Derselbe: Nachmetaphysisches Denken. Frankfurt am Main. Carol Hagemann-White (1984): Sozialisation: Weiblich - männlich? Alltag und Biografie für Mädchen. Opladen. Heiner Keupp; Thomas Ahbe; Wolfang Gmür (1999): Identitätskonstruktionen. Das Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne. Reinbek. Heiner Keupp (2000): Identitäten in Bewegung – und die illusionäre Hoffnung auf den Körper. In: motorik, 3/2000, S. 113-123. Susann Langer (1987): Philosophie auf neuem Wege. Das Symbol im Denken, im Ritus und in der Kunst. Frankfurt am Main 1942. Judith Lorberg (2003): Gender-Paradoxien. Opladen. George Herbert Mead (1980): Die soziale Identität. In: Derselbe: Gesammelte Aufsätze, herausgegeben von Hans Joas. Frankfurt 1913. S. 241-249. Petra Missomelius (2006): Digitale Medienkultur – Wahrnehmung – Konfiguration – Transformation. Bielefeld. Mpfs (2013): JIM-Studie 2013. Jugend, Information, (Multi-Media). Stuttgart 2013. Hartmut Rosa (2005): Beschleunigung. Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne. Frankfurt am Main. Richard Sennet (1998): Der flexible Mensch. Die Kultur des neuen Kapitalismus. Berlin. i ii Beispiel: Glitzy smokey eyes. In: http://www.youtube.com/watch?v=-nJz2d2YVYo Beispiel: Unpacking … im Bett. In: https://www.youtube.com/watch?v=XwL8croG0C8 Prof. Dr. Franz Josef Röll (Hochschule Darmstadt) Rickerstr. 9 63477 Maintal fon: 06181 4133451 handy: 0170 9040791 mail: [email protected] web: www.franz-josef-roell.de