Ostern 2010 4. April 2010
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Ostern 2010 4. April 2010
Ostern 2010 4. April 2010 Wie feiern wir Ostern Wenn wir uns Christen fragen, wie wir Ostern feiern, dürfte die Antwort bei vielen von uns recht übereinstimmend. Wir sind als Familie versammelt, besuchen den Ostergottesdienst, suchen – je nach Witterung und Wohnsituation – draussen oder in der Wohnung die versteckten bemalten Eier und die süssen Osterhasen. Zumindest so lange Kinder dabei sind, hat diese Suchaktion eine grosse Bedeutung. So war es auch als ich ein Kind war, als unsere Töchter am Heranwachsen waren und seit unsere Enkelin ebenfalls die gleiche Begeisterung entdeckte. Meine Freude hielt sich dabei als Kind in gewissen Grenzen. Leider liebe ich dicke Eier ganz und gar nicht. Beim „Eiertütschen“ hätte ich gerne mitgemacht, doch das „Tütschen“ war mit der Bedingung verbunden, das entsprechende demolierte Ei auch selber zu essen. Es gab in meiner Jugendzeit einen schon damals alten Schlager mit dem Titel: „Mein Papagei frisst keine harten Eier, er ist ein selten dummes Vieh.“ Der Schlagersänger zählte singend auf, dass er den Papagei schon so vieles wie auch Kaviar habe versuchen sehen, „… doch harte Euer frisst er nie.“ So ist es nicht verwunderlich, dass ich meine Brotscheiben lieber selber belege, weil zu oft zur Garnitur zumindest eine Eierscheibe darauf landet. Ostern in Mazedonien Vor sechs Jahren wurde mir Ostern zu einem besonders eindrücklichen Erlebnis. Am 26. Februar 2004 ging die Meldung durch die Medien, ein Flugzeug mit dem Präsidenten von Mazedonien an Bord sei abgestürzt und alle Insassen seien tot. Diese Meldung schockierte mich ganz besonders, weil ich mit dem Staatspräsidenten Mazedoniens, Boris Trajkovski, befreundet war. Wir trafen uns erstmals im März 1989 in Baden. Er nahm als junger Jurist und Präsident der Evangelisch-methodistischen Kirche seines Landes an der Zentralkonferenz der EMK von Mittel- und Südeuropa in Baden teil. Damals war Mazedonien als Teil von Restjugoslawien noch kein eigener Staat. Wir kamen miteinander ins Gespräch und Boris bat mich, ihn in ein Geschäft zu begleiten, weil er seiner Frau Vilma unbedingt ein Geschenk aus der Schweiz mitnehmen wollte. Der junge Jurist erzählte mir, dass er sich politisch engagiere; damit war es selbstredend, dass wir die Verbindung behielten und unseren Kontakt verstärkten. Boris wurde Vizeaussenminister und machte sich in der Bewältigung der Flüchtlingsfrage einen Namen. Im Spätherbst 1999 war in einer Volkswahl der neue Staatspräsident für eine fünfjährige Amtsdauer zu wählen. Weil der junge und bevölkerungsmässig kleine Staat Mitglied der Europäischen Union werden will, wurde von Brüssel her zu verstehen gegeben, deshalb sei es äusserst wichtig, dass integre Leute in die hohen Staatsämter gewählt werden. 1/4 Die grosse Mehrheit der Bevölkerung Mazedoniens besteht aus Orthodoxen, eine starke Minderheit besteht aus Muslimen. Evangelische Christen gibt es relativ wenige. Boris Trajkovski entsprach dem Wunschbild des sauberen Politikers. Er wurde der Kandidat der grössten bürgerlichen Partei und hatte gegen den Kandidaten der Linken (Postkommunisten) anzutreten. In einem dramatischen zweiten Wahlgang wurde er gewählt. Er war damals erst 43 Jahre alt. Ich gratulierte Boris und traf ihn bereits Ende Januar 2000, weil er am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnahm. Ich konnte ihm den Kontakt zu unserem damaligen Aussenminister Joseph Deiss vermitteln. Boris blieb bis zu seinem zu frühen Tod ein Mann, dem es das grosse Anliegen war, als Christ die Gesellschaft mitzugestalten. Bei ihm gab es z.B. keine Vetternwirtschaft. Der jähe Tod wurde auch für die junge Demokratie zu einer Belastung. Man kann mit Fug davon ausgehen, dass jener Flugzeugabsturz kein Unfall war. Im Jahre 2004 Bundespräsident, lud mich Joseph Deiss ein, mit ihm am 5. März 2004 an den Trauerfeierlichkeiten in Skopje teilzunehmen. Es war ein eindrückliches Erlebnis. Gleich darauf bot sich mir die Gelegenheit, als Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates als Wahlbeobachter der Wahl seines Nachfolgers teilzunehmen. Dies wurde mir eine gute Möglichkeit, das Geschehene mitzuverarbeiten. Wir Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, OSZE, trafen uns zur Einführung in Ohrid, im Südwesten des Landes. Weil Boris Trajkovski von Strumica, im Südosten des Landes liegend, stammte, nahm ich mit dem Pfarrerehepaar der dortigen EMK Kontakt auf. Du musst unbedingt den Ostergottesdienst unserer Gemeinde, der Heimatgemeinde von Boris, besuchen, war ihr Wunsch. Am Ostermorgen holte mich um etwa fünf Uhr früh ein Wagen ab und führte mich rechtzeitig zum Beginn des Gottesdienstes nach Strumica. Wie dieses Jahr wieder, fiel damals das Ostern der Orthodoxen wie unser Ostern auf den gleichen Sonntag. Ostern in diesem Umfeld zu erleben, war eindrücklich. Die Osterfreude war intensiv zu spüren. Nicht nur im Gottesdienst, sondern während des ganzen Tages wurde man auf der Strasse begrüsst mit dem Ostergruss: „Der Herr ist auferstanden.“ Die Antwort lautete jeweils ebenso fröhlich: „Er ist wahrhaftig auferstanden.“ Und gemeinsam kam das „Halleluja“. -- Stellt Euch, Ihr würdet anschliessend an den Gottesdienst in die Stadt gehen und die Leute grüssen mit „Der Herr ist auferstanden?“ Wir würden sie wohl reagieren? -- Am gleichen Abend fuhr ich in die Hauptstadt Skopje, besuchte den dortigen Abendgottesdienst und war anschliessend zur Präsidentenwitwe Vilma Trajkovski in die Residenz eingeladen. Die Präsidentenwahl fand am Osterdienstag statt. Sie verlief – was zu prüfen war – frei und fair. Was feiern wir an Ostern Ich äusserte mich eingangs zur Frage, wie wir Ostern feiern. Doch entscheidender ist die Frage, was wir an Ostern feiern. Im Gegensatz zu Pfingsten wissen viele Leute immerhin, dass an Ostern die Auferstehung von Jesus Christus gefeiert wird, es sich somit um ein 2/4 frohes Fest handelt. Es ist auch eindrücklich, dass über Karfreitag und Ostern verschiedenste kirchliche Feiern stattfinden. Dass viele davon besonders die Familien ansprechen, ist sehr begrüssenswert. Wichtig ist, dass die Tatsache, dass Jesus lebt, auf unterschiedlichste Weise verkündet wird. Ostern undenkbar ohne Karfreitag Ist Euch auch aufgefallen, dass man sich in der Karwoche vor den Feiertagen frohe Ostern wünscht, nicht etwa gesegnete Feiertage, um auch den Karfreitag einzuschliessen? Dabei ist Ostern ohne Karfreitag gar nicht denkbar. Lange Jahre gab es in unserem Land viele Evangelische, welche jährlich zumindest dreimal den Gottesdienst besuchten, gewissermassen Drei-Sonntags-Christen: an Karfreitag, am Eidgenössischen Dank-, Bussund Bettag und an Weihnachten. Am Gründonnerstagabend, am Karfreitag, am Bettag und am Abend davor und an den Weihnachtsgottesdiensten waren die Kirchen randvoll. Der Karfreitag galt für viele als wichtigster evangelischer Feiertag. Ich halte es für äusserst wichtig, dass wir Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern als Einheit sehen. Am Gründonnerstag erinnern wir uns an das Passahmahl, das Jesus mit seinen Jüngern feierte, bevor er von Judas verraten wurde. In der Einleitung des Abendmahls nehmen wir Bezug darauf, dass Jesus dieses einsetzte, das Brot brach und den Kelch reichte. Wir lesen im Lukas-Evangelium, 22, 15 – 18: „Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passahmahl mit euch zu essen, ehe ich leide. Denn ich sage euch, dass ich es gewiss nicht mehr essen werde, bis es erfüllt sein wird im Reich Gottes. Und er nahm einen Kelch, dankte und sprach: Nehmt diesen und teilt ihn unter euch! Denn ich sage euch, dass ich von nun an nicht von dem Gewächs des Weinstocks trinken werde, bis das Reich Gottes kommt. Und er nahm Brot, dankte, brach und gab es ihnen und sprach: Dies ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Dies tut zu meinem Gedächtnis! Ebenso auch den Kelch nach dem Mahl und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird.“ Mit Karfreitag tun sich heute viele schwer. Dabei geschah damals das Entscheidende für uns. Jesus Christus, der Sohn Gottes, nahm alle unsere Schuld auf sich, erlitt den schmachvollen Tod am Kreuz, inmitten von Verbrechern. Das ist das eigentlich schwer erfassliche: Wir haben uns durch unser Reden und Tun von Gott entfernt. Wir sind aufgefordert, unsere Sünden zu bekennen und um Vergebung zu bitten. Dass Jesus alle unsere Sündenschuld auf sich nahm, soll uns dazu führen, ihm durch unser Denken, Reden und Leben immer wieder neu Dank zu sagen. Mit Friedrich von Bodelschwingh dürfen wir bekennen: „Nun gehören unsre Herzen ganz dem Mann von Golgata, der in bittern Todesschmerzen das Geheimnis Gottes sah, das Geheimnis des Gerichtes über aller Menschenschuld, das Geheimnis neuen Lichtes aus des Vaters ewger Huld. 3/4 Schweigen müssen nun die Feinde vor dem Sieg von Golgata. Die begnadigte Gemeinde sagt zu Christi wegen: Ja! Ja, wir danken deinen Schmerzen, ja, wir preisen deine Treu; ja, wir dienen dir von Herzen; ja, du machst einst alles neu.“ Jesus, der Gekreuzgigte und Auferstandene Jesus kam als Sohn Gottes auf diese Erde. Er lehrte uns und von seiner Botschaft – vermittelt durch die Bibel – zehren wir. Er, der Schuldlose, litt für uns, starb für uns, doch dabei blieb es nicht. An Ostern dürfen wir deshalb fröhlich feiern: Er überwand den Tod, wurde wieder lebendig. Jesus lebt! Mich beeindruckt immer wieder, was an Ostern, nachdem das leere Grab entdeckt war, auf dem Weg zwischen Jerusalem und Emmaus geschah. Zwei Jünger gingen zu Fuss in das rund 11 km entfernte Dorf. Sie diskutierten intensiv über alles, was in den vergangenen Tagen geschehen war. Während sie im Gespräch waren und das Geschehene zu ergründen versuchten, begegnete ihnen – ohne dass sie ihn erkannten – Jesus. Er begleitete sie. Die beiden sogenannten Emmaus-Jünger erzählten dem Fremden, was geschehen war. Und diese gaben zu, dass sie das Geschehene nicht einzuordnen wussten. Da sagte der Fremde (Lukas 24, 25+26.): „O ihr Unverständigen und im Herzen zu träge, an alles zu glauben, was die Profeten geredet haben! Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit hineingehen?“ Dann erklärte ihnen der Fremde alles. Als sie schliesslich in Emmaus anlangten, baten ihn die beiden Jünger: „Bleibe bei uns! Denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt.“ (Lukas 24, 29) Als er am Tisch Brot brach, erkannten sie ihn. Er verschwand so, wie er gekommen war. Die beiden Jünger sprachen zueinander: „Brannte nicht unser Herz in uns, wie er auf dem Weg zu uns redete und wie er uns die Schriften öffnete? (Lukas 24, 32)“ Die Jünger eilten zurück nach Jerusalem, um zu erzählen, was sie erlebt hatten. Osterwunsch Das ist mein Wunsch an uns heute, die wir Ostern feiern, dass unser Herz brennt vor Begeisterung über das Ostergeschehen. In Offenbarung 1, 18 lesen wir, dass Christus spricht: „Ich war tot und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe den Schlüssel des Todes und der Hölle.“ Amen Heiner Studer, Wettingen 4/4