Klimakarten als Spiegel des (globalen) Wandels

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Klimakarten als Spiegel des (globalen) Wandels
HEFT 191 / 33. JAHRGANG / 2011
KAB: UMWELT IM WANDEL – integrativ gesehen / GEOGRAPHIE UND SCHULE
Klimakarten als
Spiegel des (globalen) Wandels
Klimaklassifikationen als Ausdruck von klimatischen, fachlich-methodischen
und didaktischen Veränderungen
Alexander Siegmund
Klimakarten spiegeln nicht nur globale Klimaveränderungen wider, sondern auch einen
fachlich-methodischen und didaktischen Wandel im Laufe der Zeit. Klimakarten aus unterschiedlichen Epochen sind dadurch in mehrfacher Hinsicht klimahistorische Zeugen ihrer
Zeit, die sich gewinnbringend im Unterricht einsetzen lassen.
1 Klimakarten – Vielfalt mit System
Klimaklassifikationen weisen eine lange
Tradition auf. Bereits in der klassischen
Antike teilte Parmenides von Elea die Erde
auf der Grundlage der Temperatur erstmals grob in Klimazonen ein, im Mittelalter zog Ptolemäus die Tageslänge als
Einteilungskriterium heran. Erst durch
die Erfindung von Messgeräten zur Erfassung atmosphärischer Zustände (z. B.
Quecksilberbarometer, Torricelli 1643) zu
Beginn der Neuzeit erlebte die klimageographische Forschung und mit ihr einhergehend die systematische Typisierung
und Klassifikation von Klimaten aber ihre
Blütezeit. So griff zum Beispiel Supan 1879
mit der Jahrestemperatur und der Temperatur des wärmsten Monats wieder Ideen
aus der Antike auf.
1.1 Fachliche Systematik
von Klimaklassifikationen
Trotz aller Vielfalt lässt sich die große Zahl
an Klimaklassifikationen, die seither entwickelt wurden, systematisch einteilen
(vgl. Abb. 1). Rein deskriptive Darstellungen, die die Klimate der Erde in individueller Weise mosaikartig beschreiben, ohne
dass eine vergleichende Betrachtung oder
genetische Einordnung erfolgt, wie etwa
von Supan 1885, stellen keine Klimaklassifikationen im eigentlichen Sinne dar und
lassen sich im Unterricht meist nur wenig gewinnbringend einsetzen. Erst wenn
Klimazonen und -regionen systematisch
typisiert werden, ist eine vergleichende
Analyse möglich. Basiert eine solche
Klimaeinteilung auf nur einem Klimaparameter, handelt es sich um eine analytische Klimakarte – Beispiele, etwa in
Form von Jahres- und Monatswerten einzelner Klimaelemente (z. B. Julimittel der
Kartoffelanbau auf Grönland
Quelle: Westermann-Archiv
Unterschiedliche Klassifikationsansätze
Deskriptiv
Typisierend
Klimate werden in der Regel individuell
und unabhängig voneinander verbal
und/oder auf der Grundlage unterschiedlicher Klimaelemente und
-grenzwerte beschrieben.
Klimate werden nach einheitlichen Kriterien
und auf der Grundlage bestimmter Klimaelemente definiert, wodurch Vergleiche
zwischen verschiedenen Klimaten
möglich sind.
Synthetisch
Analytisch
Klimate werden auf der Grundlage
mehrerer miteinander in der Regel
synthetisch verknüpfter
Klimaelemente definiert
Klimate werden auf der
Grundlage eines Klimaelements definiert.
Genetisch
Effektiv
Kliamte werden auf der Grundlage
von Klimaelementen definiert, die die
Ursache der globalen Verbindung
unterschiedlicher Klimatypen
steuern (= ursachenorientiert).
Klimate werden auf der Grundlage von
Klimaelementen definiert, die die
Ausprägung des Klimas an verschiedenen Orten vergleichend
charakterisieren (= wirkungsorientiert).
Abb. 1: Schematische Einteilung von verschiedenen Typen der Klimaklassifikation
Quelle: eigener Entwurf
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GEOGRAPHIE UND SCHULE / KAB: UMWELT IM WANDEL – integrativ gesehen
Ausschnitt der Karte
von Köppen/Geiger (1928)
Ausschnitt der Karte
von Neef (1954)
HEFT 191 / 33. JAHRGANG / 2011
Ausschnitt der Karte
von Troll/Paffen (1963)
Abb. 2: Ausschnitte verschiedener Klimaklassifikationen im Bereich von Grönland als Indiz des Klimawandels
Temperatur, Jahressumme des Niederschlags), die durch vorgegebene Klassengrenzen eine Klassifikation erfahren, lassen sich in Atlanten und Schulbüchern
mannigfaltig finden.
Im engeren Sinne von Klimaklassifikation wird aber erst dann gesprochen,
wenn zur Einteilung von Klimaten mehrere Parameter herangezogen werden,
durch die komplexere klimageographische Analysen und Vergleiche möglich
sind. Die genetischen Ansätze stellen dabei die Ursachen verschiedener Klimate
in den Mittelpunkt. Sie basieren daher in
erster Linie auf einer globalen Differenzierung der Strahlungs-, Druck- und Windverhältnissen als Bedingungfaktoren des
Klimas, die sich aber kaum durch konkrete Messwerte quantifizieren lassen.
Die Ansätze von Neef (1954) oder Flohn
(1950) – bekannt vor allem durch seinen
modellhaft vereinfachten Idealkontinent –
zählen zu diesen Klimaklassifikationen.
Effektiven Klimaklassifikationen liegt
hingegen eine auf messbaren Klimagrößen basierende, wirkungsorientierte
Einteilung von Klimazonen und -typen
zugrunde, zu denen die Mehrzahl der gängigen Klimaklassifikationen zählt. Durch
sie lassen sich Klimate anhand bestimmter Grenz- und Andauerwerte verschiedener Klimaelemente bestimmten Klimazone, -typen- oder -regionen zuordnen.
Zu den bekanntesten Vertretern effektiver Klimakarten zählen jene von Köppen/
Geiger (1928), Troll/Paffen (1963) und zuletzt Siegmund/Frankenberg (1999, 2008).
Kontext sinnvoll einsetzbar und für
Schüler verständlich ist – die komplexen
Formeln und Regelwerke vieler wissenschaftlich fundierter Klimaklassifikationen sind dazu oft wenig geeignet. Hinzu
kommt die Notwendigkeit einer altersund schulartsgemäßen, gegebenenfalls
sogar klassenspezifischen Differenzierung und entsprechende Vereinfachung
der zur Klassifikation herangezogenen
Parameter und Indizes. Schließlich bedingen die im schulischen Kontext zumeist
eher überregionalen Orientierungsraster eine Reduktion der räumlichen Differenzierung von Klimakarten, die in Form
von Schulbüchern und Atlanten zumeist
vorgegebenen Maßstabsebenen und mitunter eingeschränkten kartographischen
Möglichkeiten eine weitere darstellungsbedingte Vereinfachung.
2 Vielfacher Wandel in Klimakarten
Im modernen Geographieunterricht
kommt Klimaklassifikationen nach wie
vor eine wichtige Bedeutung zu, sei es als
Grundlage für räumliche Orientierungsraster, als Indikator zur Bewertung von
(natur)räumlichen Nutzungspotenzialen
oder im Kontext des globalen Wandels.
Dabei dokumentieren die verschiedenen
Ausschnitt der Karte
von Siegmund/Frankenberg (2008)
Quelle: Diercke-Weltatlas 2008, S. 226–229
Kartenentwürfe unterschiedlichen Alters einen fachlich-methodischen, didaktischen und letztlich auch klimatischen
Wandel im Laufe der Zeit.
2.1 Klimawandel in Klimakarten
Eine der bekanntesten Klimaklassifikationen, die von Köppen/Geiger, die in
der bis heute bekannten Form erstmals
1928 veröffentlicht wurde, geht auf ein
Konzept aus dem Jahr 1908 zurück. Allein
auf der Grundlage des globalen Klimawandels lassen sich diese und spätere
Klimakarten wie etwa von Neef (1954),
Troll/Paffen (1963) oder Lauer/Frankenberg (1988) nicht mit modernen aktuellen
Klimakarten wie von Siegmund/Frankenberg (2008) gleichsetzen – dazu waren und
sind die regional differenzierten Veränderungen von Temperatur, Niederschlag
und anderen Klimaelementen gerade in
den letzten 100 Jahren zu markant.
Grönland kann hierzu als eindrucksvolles Beispiel dienen: Wird Grönland in
Klimakarten noch bis Ende des letzten
Jahrhunderts flächendeckend als Eisklimate oder Polarklima ausgewiesen, werden
im Süden der Insel inzwischen Kartoffeln
angebaut, in geschützten Lagen wachsen
sogar Erdbeeren. Hier herrschen durch
1.2 Didaktische Anforderungen
an Klimaklassifikationen
Für den schulischen Einsatz müssen Klimaklassifikationen eine über die rein
fachlichen Aspekte hinaus gehende zusätzliche Reduktion und Vereinfachung
erfahren. Und das gleich in mehrfacher
Hinsicht: eine inhaltliche, alters- und
schulartsgemäße, regionale sowie darstellungsbedingte Reduktion. Auf inhaltlicher Ebene muss der Klimabegriff
zunächst konzeptionell auf ein Maß reduziert werden, wie er im schulischen
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Abb. 3: Klimakarte im Diercke-Weltatlas aus dem Jahr 1895
Quelle: Diercke-Weltatlas 1895, S. 10/11
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den globalen Klimawandel inzwischen
ähnliche Klimaverhältnisse wie zum Beispiel in Teilen Skandinaviens (vgl. Basisfoto und Abb. 2). Bei genauer Betrachtung
lassen sich solche Verschiebungen – basierend auch auf einer veränderten subjektiven Wahrnehmung und klimatischen
Abgrenzung von Räumen – im Vergleich
verschiedener Klimakarten mehrfach finden, auch wenn die Klassifikationskriterien von vorn herein recht unterschiedlich
und die Karten daher nicht unmittelbar
vergleichbar sind.
Köppen/Geiger (z. B. E-Klimate im Himalaya und auf Grönland) sowie die oft uneindeutige, nicht durchweg quantifizierte
und teilweise Überlappung der Definition
von Klimatypen bei Troll/Paffen, was zum
Beispiel die Zuordnung von Klimadiagrammen zu Klimazonen erschwert.
das Gebiet zwischen den Wende- und Polarkreisen umschreiben soll (vgl. Abb. 3).
Oft genug noch bis heute in der Schulgeographie verwendet, ist dieser Begriff
aber inzwischen aus klimageographischer
Sicht längst fachlich überholt wie didaktisch missverständlich und wurde ersetzt
durch die neutralere Bezeichnung Mittlere
Breiten. In kaum einer anderen Zone treten
schließlich solche Klimaextreme auf, die
alles andere als gemäßigt sind.
Durch die beschränkte Zahl weltweit
verfügbarer Temperatur- und Niederschlagswerte mussten Klassifikations-
3 Klimakarten im Geographieunterricht – Zeit zum Wandel?!
Gängige Klimakarten wie von Köppen/
Geiger (1928) oder Troll/Paffen (1963) teilen das irdische Klima in einem starren
und im Detail recht komplizierten Sys-
2.2 Wandel der Datengrundlage
2.3 Methodisch-fachlicher
und didaktischer Wandel
Seit dem Aufkommen erster neuerer Ansätze zur Klassifikation der irdischen Klimate ab dem Ende des 19. Jahrhunderts hat
die Klimageographie einen tiefgreifenden
fachlich-methodischen und didaktischen
Wandel erfahren. So wird anfangs noch
der bereits in der Antike eingeführte Begriff der Gemäßigten Zone verwendet, die –
allein bezogen auf die im Vergleich zur
Heißen und Kalten Zone moderaten Durchschnittstemperaturen – im Wesentlichen
Berlin-Dahlem
51 m
9,2 Grad C
578 mn
t (°C)
N/pLV
(mm)
Berlin (Deutschland)
58 m u. M.
8,9 °C 589 mm 473 mm
Cfb
300
50
100
Niederschlag [mm]
100
25
50
0
0
–25
Temperatur [Grad C]
In den vergangenen 150 Jahren vollzog
sich ein deutlicher Wandel in der Dichte
und dem Umfang der zur Verfügung stehenden Klimadaten. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts standen weltweit nur
von einer recht beschränkten Zahl an
Klimastationen und für nur wenige Klimaelemente – zumeist nur Temperatur und
Niederschlag – verlässliche und standardisierte Daten zur Verfügung. Darüber hinaus waren die Messnetze sehr heterogen
verteilt und deckten entlegene Regionen
mitunter kaum ab.
Bis in die 1990er-Jahre wurden die bodengebundenen Stationsnetze quantitativ wie qualitativ ausgebaut und liefern
auf der Basis einheitlicher Standards der
World Meteorological Organization WMO
(mehr oder weniger) homogene Datensätze für die Klimaforschung (vgl. M1).
Trotz des zwischenzeitlichen Rückgangs
der Zahl an Klimastationen stehen unter anderem durch Satellitendaten inzwischen weltweit Messwerte in hoher
räumlicher und zeitlicher Auflösung zur
Verfügung. In aktuelle globale Darstellungen wie etwa der Temperatur oder des
Niederschlags gehen – ergänzt durch methodische Fortschritte in der regionalen
Klimamodellierung (u. a. statistische Regressionsansätze) – selbst für entlegene
Regionen flächendeckend verlässliche Klimadaten ein.
80
30
60
20
40
10
20
0
0
–10
–50
1
2
3
4
5
6
7
Monat
8
9
10
11 12
Dsh2
J
52°28N/13°18E
F M A M
J
J
A
S O N D
Abb. 4: Gegenüberstellung des Klimadiagramms nach Walter/Lieth (T : N = 1: 2) und nach Siegmund/
Frankenberg (N : pLV) am Beispiel von Berlin
Quelle: www.klimadiagramme.de, Siegmund 2006, S. 6
ansätze wie von Köppen/Geiger (1928)
oder Troll/Paffen (1963) zum Ausweis von
Humidität und Aridität auf mitunter komplexe Formeln zur Gegenüberstellung von
Temperatur- und Niederschlagswerten
zurückgreifen. Ähnliches gilt auch für die
bis heute im Unterricht oft eingesetzten
Klimadiagramme nach Walter/Lieth (1960)
(Temperatur zu Niederschlag = 1 : 2). Physikalisch korrekt ist nur der Ausweis der
monatlichen Wasserbilanz durch eine Gegenüberstellung von Niederschlag und
Verdunstung, die sich inzwischen für eine
weltweit hinreichende Zahl messen beziehungsweise berechnen lässt. Außerdem
werden zum Beispiel durch Walter/LiethKlimadiagramme viele Klimate vor allem
außerhalb der Tropen mitunter deutlich humider dargestellt, als dies auf der
Grundlage fachlich fundierter Methoden
der modernen Klimaforschung der Fall ist
(vgl. Abb. 4; vgl. u. a. Siegmund 1995).
Weitere Aspekte, die aus didaktischer
Sicht zu einem verfälschten klimageographischen (Raum)verständnis beitragen,
sind unter anderem die Gleichsetzung
von Höhenklimaten der Tropen und Tieflandklimaten der höheren Breiten bei
tem von Formeln und Schlüsseln ein, die
eine problem- und adressatenorientierte
Differenzierung klimageographischer Betrachtungsweisen erheblich erschwert.
Sie basieren auf Klimadaten und einem
klimageographischen Forschungsstand,
der inzwischen zum Teil mehr als hundert Jahre alt ist. Darüber hinaus lässt sich
nicht jede Fragestellung mit ein und derselben Klimakarte sinnvoll bearbeiten,
ganz abgesehen davon, dass sich nicht
jede Klimakarte für jede Schulart und
Klassenstufe eignet – zu unterschiedlich
ist die Komplexität des jeweils verfügbaren Klimabegriffs der Schüler.
3.1 Klimakarte im Baukastensystem
Aus diesem Grund basiert die neue Klimakarte nach Siegmund/Frankenberg (1999,
2008) auf einem auf aktuellen Daten und
klimageographischen Erkenntnissen basierenden flexiblen System von aufeinander aufbauenden Klimaschlüsseln, die
den Klimabegriff stufenweise inhaltlich
wie räumlich ausdifferenzieren. Auf diese
Weise wächst die Klimakarte mit den
Schülern und der zunehmenden Komplexität klimageographischer Betrachtungs19
GEOGRAPHIE UND SCHULE / KAB: UMWELT IM WANDEL – integrativ gesehen
Basisbaustein
Thermische Klimazonen,
Jahresdurchschnittstemperatur
1. Aufbaustufe
Trockengebiete, Jahressumme
des Niederschlags,
1. Klimaschlüssel: A bis F
2. Aufbaustufe
Wasserhaushalt, Zahl arider/humider
Monate N : pLV,
2. Klimaschlüssel: a, sa, sh, h
Abb. 5: Stufenweiser Aufbau des Baukastensystems der neuen Klimakarte nach Siegmund/Frankenberg (1999, 2008)
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3. Aufbaustufe
Kontinentalität/Wärmehaushalt,
Jahresamplitude der monatlichen
Durchschnittstemperaturen,
3. Klimaschlüssel: 1 bis 4
(Außertropen), 5/6 (Tropen)
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weisen im Unterricht, ohne dass es zu methodisch-didaktischen Brüchen zwischen
verschiedenen Klassifikationsansätzen
kommt. Die Definition der verschiedenen
Klimate beruht dabei auf Parametern, die
in der Schule praktisch handhabbar, nachvollziehbar und verständlich sind.
Ausgangspunkt für sämtliche Klassifikationskriterien stellen die drei Klimaelemente Temperatur, Niederschlag und
potenzielle
Landschaftsverdunstung
(pLV) dar. Durch den konsequenten Bezug auf diese Klimaelemente lassen sich
alle Klimate zweifelsfrei einer bestimmten Klimazone und einem spezifischen
Klimatyp zuordnen. Die Klimakarte nach
Siegmund/Frankenberg
stellt
dabei
klimaökologische Gesichtspunkte in den
Mittelpunkt der Klassifikation.
3.2 Basisbaustein und Aufbaustufen
Die Einteilung des irdischen Klimas in fünf
thermisch definierte Klimazonen (A, C, D,
E, F) bildet den Basisbaustein der Klassifikation nach Siegmund/Frankenberg
(1999, 2008). Als einfaches und dennoch
aussagekräftiges
Einteilungskriterium
dient dabei die Jahresdurchschnittstemperatur einer Station (vgl. Abb. 5 und
Karte 1 in der Beilage). In dieser einfachen
Form kann die Karte als Einstieg in klimatische und klimageographische Fragestellungen ab der 5. Klasse dienen.
In einigen Regionen der Erde stellt
im Sinne eines klimaökologischen Minimums eher die Trockenheit als fehlende
Wärme einen Mangelfaktor dar. Diese Trockengebiete (B) der Erde werden durch
eine Jahressumme des Niederschlags von
weniger als 250 mm definiert. Sie überlagern die fünf thermischen Klimazonen und bilden so die erste Aufbaustufe
der Klimaklassifikation (vgl. Abb. 5 und
Karte 2 in der Beilage)
Auf der Grundlage der Anzahl humider Monate werden in der neuen Klimakarte vier Humiditäts- beziehungsweise Ariditätsgrade unterscheiden. Die
Wasserbilanz basiert dabei auf dem wissenschaftlich fundierten und empirisch
validen Vergleich von monatlichen Niederschlägen (N) und Verdunstung (pLV).
In dieser zweiten Aufbaustufe der Klimakarte werden die vier Wasserhaushaltsklassen durch eine farbliche Abstufung
innerhalb des Grundfarbtons der jeweiligen Klimazone differenziert und durch die
Kleinbuchstaben a (arid), sa (semiarid), sh
(semihumid) und h (humid) abgekürzt
(vgl. Abb. 5 und Karte 3 in der Beilage).
Die dritte und höchste Aufbaustufe der
Klimakarte nach Siegmund/Frankenberg
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differenziert die thermische Kontinentalität beziehungsweise den Wärmehaushalt
aus. Die Jahresamplitude der monatlichen
Durchschnittstemperaturen dient dabei
zum Ausweis von vier Kontinentalitätsbeziehungsweise Maritimitätsgraden. In
den Tropen werden die Kalttropen der Höhenklimate von den Warmtropen in den
Tiefländern unterschieden (vgl. Abb. 5
und höchste Aufbaustufe der Klimakarte
nach Siegmund/Frankenberg im DierckeWeltatlas 2008, S. 226/227).
4 Fazit und Ausblick
Klimaklassifikationen spiegeln in vielfältiger Weise einen (globalen) Wandel wider, der sich gerade seit Beginn des 20.
Jahrhunderts auf klimatischer, fachlichmethodischer und didaktischer Ebene
vollzogen hat. Entsprechende Klimakarten geben dadurch zahlreiche Ansatzpunkte sich mit diesen unterschiedlichen
Facetten des Wandels kritisch auseinander
zu setzen. Hierzu ist eine vergleichende
Auseinandersetzung mit verschiedenen
Klassifikationsansätzen notwendig, um
die aus den jeweiligen Klimakarten abzuleitenden Informationen in einen entsprechenden klimageographischen Kontext einordnen zu können.
Schon allein eine Gegenüberstellung der
Kriterien zur Einteilung von Klimazonen
auf oberster Klassifikationsebene bei
Köppen/Geiger (1928), Troll/Paffen (1963)
oder Siegmund/Frankenberg (1999, 2008)
erlaubt hierbei instruktive klimageographische Einsichten, die weiteren Klassifikationsebenen vertiefen die Unterschiede in der Definition und Abgrenzung
von Klimaten trotz mitunter ähnlicher
Begrifflichkeiten. Die kritische Auseinandersetzung mit Klimaklassifikationen bietet daher über die Einführung und Vertiefung klimageographischer Kenntnisse die
Möglichkeit eines übergreifenden fachlichen und methodischen Kompetenzerwerbs im Geographieunterricht bis hin
zu Aspekten des Beurteilens und Bewertens, wie sie nicht zuletzt in den Bildungsstandards gefordert werden – Klimakarten, mehr als Klima in Karten.
n
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Walter, H, Lieth, H. (1960): Klimadiagramm-Weltatlas, Jena.
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Lauer, W., Frankenberg, P. (1988): Klimaklassifikation der Erde, Erläuterungen zur
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1988, Geographische Rundschau, H. 6, S. 55–59.
Anschrift des Verfassers
Prof. Dr. Alexander Siegmund, Pädagogische
Hochschule Heidelberg, Abt. Geographie,
Czernyring 22/11–12, 69115 Heidelberg
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