Gaukler, Wahrsager, Quacksalber

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Gaukler, Wahrsager, Quacksalber
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RHEINISCHE POST
FREITAG, 3. JUNI 2016
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Gaukler, Wahrsager, Quacksalber
Die Geschichte der Kirmes in Eller reicht mehr als 200 Jahre zurück. Die Stadtteilaktivisten laden für morgen Zeitzeugen ein.
VON MARC INGEL
ELLER Kirmes hat Geschichte, Kir-
mes schreibt aber auch Geschichten. „Das ist in Eller nicht anders,
wo nachweislich seit über 200 Jahren eine Kirmes stattfindet“, weiß
Historiker Ulrich Brzosa zu berichten. Schon 1815 habe der Wirt des
Jägerhauses an der heutigen Annweilerstraße in der Zeitung inseriert, er biete zur Herbstkirmes seinen Gästen einen „auserlesenen
Tisch“ und „Trankvorrath“ an und
„würze das Vergnügen mit schneller
Bedienung“.
Seit wann genau in Eller die Kirmes gefeiert wird, liege zwar im
Dunkeln, „bekannt ist aber, dass die
Kirmes keinen kirchlichen, sondern
einen weltlichen Ursprung hat“, so
Brzosa. Während das Volksfest vielerorts aus der Kirchweih-Messe
(verkürzt „Kirmes“) entstanden sei,
liege die Wurzel der Kirmes in Eller,
wo 1815 noch gar keine Kirche
stand, im Jahrmarkt. Zu einer Zeit,
als es in der Landgemeinde Eller weder Geschäfte noch einen Wochenmarkt gegeben habe, sei der Jahrmarkt eine sehnsüchtig erwartete
Abwechslung im sonst eintönigen
Alltagsleben der Menschen gewesen. Um die Kauflust der Besucher
zu steigern, seien auf dem Jahrmarkt neben Verkaufsständen mit
Verbrauchs- und Konsumartikeln
auch immer Schausteller des Fahrenden Volkes zu finden gewesen:
Gaukler, Wahrsager, Quacksalber,
Musikanten.
Vom Jahrmarkt, der in Eller drei
Tage im September abgehalten und
hier als „Kirmeß“ bezeichnet worden sei, hätten auch die Gasthäuser
MELDUNGEN
Rather Paar feiert
Eiserne Hochzeit
In den kleinen Raketen fühlten sich die Kinder auf der Kirmes in Eller wie Nachwuchs-Astronauten. Die technischen Fahrgeschäfte gewannen auf dem Kirmesplatz an
der Sturmstraße nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend an Bedeutung. Hier ein Foto aus dem Jahr 1949.
FOTOS: ELLER STADTTEILAKTIVISTEN
am Ort profitiert. Wie das Jägerhaus
hätten alle Wirte an den Kirmestagen besondere „Tanz- und Lustveranstaltungen“ angeboten. 1831
habe das Hollandhaus während der
Kirmeszeit mit „gut besetzter Tanzmusik“ und „durch Verabreichung
mehrerer Sorten preiswürdiger Weine“ um die Gunst der Gäste geworben. „Alkohol floss zur Kirmeszeit
immer reichlich“, sagt Brzosa.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts,
als in Eller mit der Gumbertstraße
Rat kippt das freie Parken
in Kaiserswerth
KAISERSWERTH (brab) In Kaisers-
Josef und Charlotte Kolar lernten sich
auf der Kirmes kennen.
RP-FOTO: END
RATH (semi) Josef und Charlotte Kolar aus Rath haben gestern 65 Ehejahre gefeiert. Der heute 90-Jährige
und die 87-Jährige hatten sich 1949
auf einer Kirmes am Staufenplatz
kennengelernt und auf den ersten
Blick verliebt. Geheiratet wurde am
2. Juni 1951 in Rath. Ein gemeinsames Hobby waren Fahrradtouren
und Reisen. Aus der Ehe gingen drei
Töchter hervor. Mittlerweile zählt
auch ein Enkelkind zur Familie.
Enten-Rennen am
Samstag in Unterrath
UNTERRATH (brab) Die Händlerge-
meinschaft Einkaufs-Trümpfe veranstaltet morgen ab 10 Uhr ein Badeenten-Rennen auf dem Kittelbach. Nicht nur die schnellste, auch
die am kreativsten gestaltete Ente
kann gewinnen. Ein Rahmenprogramm wird zudem geboten. Start
ist am Wilseder Weg, das Ziel liegt an
der Unterrather Straße. Infos unter
www.einkaufs-truempfe.com.
mittlerweile eine richtige Geschäftsstraße entstanden war, sei
der Warenhandel auf der Eller Kirmes gegenüber den Unterhaltungsbuden immer mehr zurückgetreten.
„Um 1900 waren auf dem Kirmesplatz, der sich damals am Mühlenkamp befand, unter anderem folgende Schau- und Fahrgeschäfte
obligatorisch: Zauberhypnotiseur,
Fahrradbude, Schießbude mit Photographie, Dampfkarussell, Luftschaukel und Hippodrom“, erklärt
werth bleiben die Parkautomaten
stehen und die schon im vergangenen Jahr vom Rat beschlossene Erhöhung der Parkgebühren tritt somit in Kraft. Das hat der Rat der
Stadt gestern entschieden und damit einen Beschluss der Bezirksvertretung 5 rückgängig gemacht. Diese hatte mit den Stimmen der CDU
und FDP beschlossen, die Automaten abbauen zu lassen und dafür
eine Parkscheibenregelung im historischen Ortskern von Kaiserswerth einzuführen.
„Dass dieser Beschluss vom Oberbürgermeister Thomas Geisel beanstandet und vom Stadtrat bestätigt
wurde, ist ein Skandal, denn die
Parkraumbewirtschaftung ist laut
Bezirkssatzung ein ordinäres Recht
der Bezirksvertretungen“, sagt Benedict Stieber, Fraktionsvorsitzender der CDU in der BV5. „Unsere
Kompetenz wird wieder einmal beschnitten, wir werden mundtot gemacht, und so ein Handeln widerspricht dem Wahlkampfversprechen des Oberbürgermeisters, die
Stadtteile stärken zu wollen.“
Geisel hatte die Beanstandung
damit begründet, dass es durch die
Abschaffung zu jährlichen Einnah-
meausfällen von 140.000 Euro kommen würde. Weil davon die gesamte
Stadt negativ betroffen sei, wäre die
grundsätzliche Zuständigkeit der
Bezirksvertretung nichtig, die Entscheidung der BV rechtswidrig. Zudem wurde befürchtet, dass andere
Stadtteile dem Beispiel Kaiserswerth folgen könnten.
„Das bedeutet für mich, dass der
Oberbürgermeister nun alle Beschlüsse der Bezirksvertretung kippen kann, wenn diese in irgendeiner
Weise den Haushalt beeinflussen“,
sagt Stieber. Da durch die Erhöhung
der Gebühren im gesamten Stadtgebiet Mehreinnahmen von über vier
Millionen Euro erwartet werden,
hält Stieber es auch für vertretbar,
auf die 140.000 Euro aus Kaiserswerth zu verzichten. Denn die hohen Gebühren würden dort den
Einzelhandel schädigen.
Die SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung 5 hat deshalb als Kompromiss die Einführung der sogenannte Brötchentaste vorgeschlagen, die ein kostenfreies Parken für
die ersten 15 Minuten und damit
Kurzeinkäufe ermöglicht. Vorgesehen ist in Kaiserwerth eine Verdreifachung der Parkgebühren von
25 Cent auf 75 Cent für 30 Minuten.
nach der Eingemeindung von Eller
nach Düsseldorf im Jahre 1909 gekommen.
„Seit den 1930er Jahren dominierten auf dem neu angelegten Schützen- und Kirmesplatz an der Bernburger Straße vor allen Dingen technische Fahrgeschäfte: Schiffsschaukel, Kettenkarussell, Raupe, Teufelsrad und Raketenbahn“, so Brzosa.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die
Kirmes an der Sturmstraße stattfand, seien die Karussells dann im-
mer rasanter geworden: Affenkäfig
oder Polyp waren in den 1970er und
1980er Jahren vielbesuchte Attraktionen auf der Eller Kirmes.
Die Eller Stadtteilaktivisten erklären morgen von 10 bis 13 Uhr auf
dem Gertrudisplatz die Geschichte
der Eller Kirmes und suchen nach
neuen Geschichten. Zeitzeugen, die
alte Fotos besitzen oder von ihren
Erlebnissen unter dem geschlossenen Verdeck der Raupe berichten
wollen, sind ebenso eingeladen.
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Herbert Nolte
ist verstorben
GERRESHEIM (arc) Unternehmer
Herbert Nolte (zuletzt Nolte Immobilien) ist, wie erst jetzt bekannt
wurde, bereits am 27. Mai verstorben. Im Brauchtum, der Politik und
in sozialen Bereichen galt er als verlässlicher Förderer. Nolte war unter
anderem Begründer des Weihnachtsmarktes auf dem Gerricusplatz in Gerresheim.
der Historiker. Ab 1904 habe die Eller Kirmes einen neuen Charakter
angenommen, als der zwei Jahre zuvor gegründete St. SebastianusSchützenverein in Eller erstmals ein
Schützenfest veranstaltete und es
mit der Herbstkirmes am Ort verband. Noch sei die Gemeinde Eller
der Ausrichter der Kirmes gewesen.
Doch habe der Schützenverein immer mehr darauf gedrängt, die Kirmes in seine Verantwortung zu
übernehmen. Hierzu sei es aber erst
Ein Klassiker bis heute: das Kettenkarussell (aus dem Jahr 1958).
! Bezirksbürgermeister Stefan Golißa war anfangs optimistisch, da Parkraumbewirtschaftung laut Bezirkssatzung ein Recht der Bezirksvertretungen ist. FOTO: DY