5.4 MB - Porsche Consulting

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5.4 MB - Porsche Consulting
06
Februar 2008
Weit gereist: Optimierung des globalen Wertschöpfungsprozesses bei AMD
Das Magazin von Porsche Consulting
Caracho
Caracho
Das Magazin von Porsche Consulting
Heftpreis Euro 6,–
Weit gereist
Für Chip-Hersteller AMD
wurde der globale
Wertschöpfungsprozess
optimiert
Segel gesetzt
Porsche Consulting arbeitet beim
America’s Cup mit dem deutschen
Team zusammen
Schlank aufgebaut
Generalunternehmer HOCHTIEF führt in
der Bauindustrie Just-in-Time-Prinzipien ein
06
03 Caracho
Editorial
Die Halbleiter-Branche ist ein schnelllebiges Geschäft. Die Entwicklung
der Mikroprozessoren schreitet mit hoher Geschwindigkeit voran. Im
Rhythmus weniger Wochen werden Kunden-Rechner mit immer leistungsfähigeren und kleineren elektronischen Superhirnen angeboten. Die
Hersteller müssen sich in einem Wettbewerb behaupten, der maßgeblich
vom Entwicklungstempo bestimmt wird. Doch nicht in jeder Branche sind
Entwicklungszeiten das marktbeherrschende Thema. Die Bauindustrie
zum Beispiel erstellt Produkte, die Menschenleben überdauern.
Und trotzdem haben beide Branchen etwas gemeinsam: Um auch in Zukunft erfolgreich agieren zu können, setzen sie auf schlanke und stabile
Prozesse. AMD, weltweit der zweitgrößte Hersteller von Mikroprozessoren, hat als Erster in der Branche gemeinsam mit Porsche Consulting die
schlanken Prinzipien umgesetzt. Weltweit wurden die Prozesse für Entwicklung und Fertigung optimiert und synchronisiert. An diesem Projekt
wird auf drei Kontinenten und in unterschiedlichen Kulturkreisen gleichzeitig gearbeitet.
Eberhard Weiblen
In der Bauindustrie müssen sich unsere Berater ganz anderen Herausforderungen stellen. So wird bei Deutschlands größtem Baukonzern
HOCHTIEF auf einigen Pilotbaustellen unter Einbindung der Subunternehmer bereits erfolgreich nach Just-in-Time-Prinzipien gearbeitet. Dadurch konnte nicht zuletzt die Einhaltung von Terminen deutlich verbessert
werden. Dass zwei derart unterschiedliche Branchen mit denselben, aus
der Automobilbranche stammenden Methoden nachhaltige Verbesserungen
erzielen, mag auf den ersten Blick verwundern. Den Grund dafür aber
hat ein führender AMD-Mitarbeiter so formuliert: „Das Arbeiten nach
schlanken Prinzipien ist fast wie eine mathematische Formel. Es funktioniert in allen Kulturen und allen Bereichen.“ Ein Umstand, den wir
auch in dieser Caracho-Ausgabe mit vielen Beispielen belegen können.
Zwischenzeitlich sind wir sogar bei einem spektakulären Sportprojekt
„mit an Bord“. Als Management- und Technologiepartner verantworten
wir beim United Internet Team Germany den gesamten Entstehungsprozess der Hightech-Yacht, mit der das Team beim kommenden America’s
Cup in Valencia als Herausforderer antreten wird. Wir freuen uns schon
heute auf diese Herausforderung.
Eberhard Weiblen
Geschäftsführer Porsche Consulting
Inhalt
03
Editorial
Caracho 04
14
26
Globaler Prozess
Für Prozessor-Hersteller AMD
verfolgen die Porsche-Berater
den Wertschöpfungsprozess um
die ganze Welt – und erzielen
einschneidende Verbesserungen
Mit Herz für Kinder
In der Klinik für Angeborene
Herzfehler in Bad Oeynhausen
sorgt Porsche Consulting
für mehr Effizienz im
Krankenhausalltag
06
News/Impressum
36
Porsche Consulting verstärkt
das deutsche Team beim
America’s Cup / Berater auf den
Spuren von Goethe und Schiller /
Kundentreff beim Porsche-TennisGrand-Prix / u. v. m.
Alles im Fluss
Die Wertstromanalyse,
bewährte Methode zur
Optimierung des Herstellungsprozesses, kann auch in
anderen Bereichen und Branchen
erfolgreich eingesetzt werden
05 Caracho
Inhalt
46
54
66
Der Klick im Kopf
Die Sieger und Nominierten des
Deutschen Gründerpreises 2007
erhalten von Porsche Consulting
eine Einführung in die Prinzipien
von Lean Management
Klare Richtlinien
für Porsche-Zulieferer
Interview mit Experte Sebastian
Fischer über das LieferantenManagement von Porsche und
die Rolle von Porsche Consulting
Schlank aufgebaut
Generalunternehmer HOCHTIEF
setzt auch in der Bauindustrie auf
Prozess-Optimierung. Gemeinsam
mit Porsche Consulting wurden
bereits die ersten Erfolge erzielt
60
76
Der heiße Draht
zum guten Rat
Pro-bono-Projekt: Die Methoden
von Porsche Consulting wirken
auch im sozialen Bereich – wie
das Beispiel der Telefonberatung
„Nummer gegen Kummer“ zeigt
Schnell auf Kurs
Mit einem nur fünftägigen
Basistraining wurden bei der
Otto Wöhr GmbH, Hersteller
von mechanischen Parksystemen,
die Grundprinzipien von Lean
Management eingeführt
News
Caracho 06
News
33. America’s Cup: Porsche Consulting ist Partner vom Team Germany
America’s Cup: Porsche Consulting setzt die Segel
Große Herausforderung: Porsche Consulting geht beim United Internet Team Germany an Bord
und verstärkt das deutsche Syndikat beim 33. America’s Cup als Management- und Technologiepartner.
Im Port America’s Cup in Valencia herrscht seit Oktober
wieder reges Treiben. Die Unklarheiten über den Zeitplan halten die Segelteams aus aller Welt nicht davon ab,
sich weiter konzentriert auf den Tag ,X‘ vorzubereiten.
Denn voraussichtlich im Sommer 2011 wird in hart umkämpften Regatten der Herausforderer ermittelt, der
gegen den Schweizer Titelverteidiger Alinghi um den 33.
America’s Cup antreten darf. Bis dahin werden die neuen
Hightech-Boote entwickelt und getestet. Außerdem müssen sich die Crews finden und ihre Boote beherrschen ler-
nen, um siegfähig zu sein und möglichst lange im Wettbewerb zu bleiben.
Auch auf der deutschen Base herrscht großer Optimismus. Nach dem der erste Auftritt beim ältesten Segelwettbewerb der Welt von Enttäuschungen und Niederlagen geprägt war, hakte man beim United Internet Team
Germany die Pleite unter „Erfahrung sammeln“ ab. Jetzt
will es Ralph Dommermuth, Chef von United Internet
und Hauptsponsor des Teams, erneut wissen. Die Hoff-
07 Caracho
News
Deutschlands Vorzeige-Segler Jochen Schümann, zweifacher
America’s-Cup-Sieger mit der Alinghi, führt das deutsche Team
Leinen los! Porsche-Consulting-Chef Eberhard Weiblen, SegelLegende Willy Kuhweide, Syndikatschef Michael Scheeren (v. l.)
nungen ruhen vor allem auf zwei Seglern, die im sportlichen Bereich für frischen Wind sorgen sollen. Jochen
Schümann soll als neuer Teamchef die Erfahrung einbringen, die er bei seinen zwei America’s-Cup-Erfolgen
auf der Alinghi sammeln konnte. Neuer Steuermann ist
der Deutsch-Pole Karol Jablonski, der mit dem spanischen Boot zuletzt bis ins Halbfinale vordrang. „Wir
starten einen Neuanfang, der Hoffnung macht“, sagt der
deutsche Syndikatschef Michael Scheeren. Auch Porsche
Consulting spielt bei dem weltweit stark beachteten Ereignis eine wichtige Rolle. Als Management- und Technologiepartner ist die Beratungsgesellschaft für den gesamten Entstehungsprozess der deutschen Boote
verantwortlich. Eberhard Weiblen, Geschäftsführer von
Porsche Consulting, beschreibt die Aufgabe so: „Wir
übernehmen das Projektmanagement für den Bau und
die Einsatzfähigkeit der Boote. Das heißt, wir koordinie-
ren und optimieren alle für den Bau und die Bereitstellung der Boote erforderlichen Einzeldisziplinen. Dazu
zählen insbesondere das Bootsdesign, das Lieferantenmanagement, die Organisation der Logistik sowie der kontinuierliche Verbesserungsprozess.“
Damit geht die Leistung der Porsche-Experten weit
über die sonst übliche Beratungstätigkeit hinaus. Weiblen
ist überzeugt, dass die Prozesse zur Entwicklung und Verbesserung einer Rennyacht prinzipiell mit den ebenfalls
äußerst komplexen Produktentstehungsprozessen in der
Automobilindustrie vergleichbar sind. „Deshalb werden
wir unser Know-how in diesem Bereich sinnvoll einsetzen können“, glaubt Eberhard Weiblen
Mit Oliver Kayser stellt Porsche Consulting den Technikchef für das deutsche Team. Gemeinsam mit drei A
News
weiteren Beratern hat er bereits begonnen, einen Aktivitätenplan aufzustellen, die Lieferanten auszuwählen und
das Designteam mit dem Bootsbauer zu koordinieren. Finanziert wird der Berater-Einsatz von der Porsche AG.
Teamchef Jochen Schümann ist von der ungewöhnlichen
Unterstützung sehr angetan: „Ein America’s-Cup-Team
arbeitet wie ein Unternehmen, das hochwertige Prototypen herstellt. Porsche Consulting passt deshalb ausgezeichnet zu uns. Ein solcher Partner hat dem deutschen
Team beim ersten Auftritt gefehlt.“
Auch Ralph Dommermuth setzt in den Einsatz der
Porsche-Berater hohe Erwartungen. „Ich habe Porsche
gebeten, uns mit dem Methoden Know-how seiner Berater zu unterstützen. Jetzt bin ich froh, dass wir so professionell besetzt sind.“ Teamchef Schümann hat die sportlichen Ziele hoch gesteckt: „Wir wollen im Herausforderer-Wettbewerb unter die letzten Vier kommen.“ B
Starker Auftritt in Frankfurt Auf der IAA in Frankfurt
war Porsche so gefragt wie nie. Rekordgewinn und -fahrzeugverkauf im Geschäftsjahr 2006/07 sowie die Vorstellung des Cayenne Hybrid, der noch in diesem Jahrzehnt
auf den Markt kommen soll, sorgten für riesiges Interesse. Auch die Mitarbeiter von Porsche Consulting nutzten den Run von Presse und Messebesuchern auf den
Porsche-Stand, präsentierten sich im Schulterschluss mit
anderen Porsche-Töchtern, pflegten den Dialog mit
Kunden und knüpften erfolgreich neue Kontakte. B
Caracho 08
Caracho
Das Magazin von Porsche Consulting
Nr. 06, Februar 2008
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Eberhard Weiblen, Geschäftsführer Porsche Consulting GmbH
Herausgeber:
Anton Hunger, Leiter Öffentlichkeitsarbeit und Presse,
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Titelbild: www.photocase.com
Porsche Consulting GmbH
ist eine Tochtergesellschaft der Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG
Beirat:
Michael Macht,
Vorstand Produktion und Logistik, Porsche AG
Thomas Edig,
Vorstand Personal- und Sozialwesen, Porsche AG
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Tennis-Erlebnis mit Justine Henin
Der PorscheTennis-Grand-Prix ist nicht nur das traditionsreichste
Damen-Hallenturnier Europas, sondern seit dem
Umzug in die Stuttgarter Porsche-Arena auch ein gesellschaftliches Ereignis. Zum 30-jährigen Jubiläum
wurde wieder Weltklassetennis geboten. Im Halbfinale standen die ersten drei Top-Spielerinnen der
Weltrangliste – das hat es in den vergangenen 20 Jahren weltweit nur drei Mal gegeben. Auch Porsche
Consulting war am Finaltag am Center Court vertreten. Rund 70 Gäste konnte Eberhard Weiblen, Geschäftsführer der Porsche Consulting GmbH, im VIPBereich begrüßen. Bei Sekt und Häppchen stimmte er
die Besucher auf das Endspiel ein. Der überzeugende
News
2:6, 6:2, 6:1-Sieg der Weltranglisten-Ersten Justine
Henin (Belgien, Foto) über die Französin Tatiana Golovin sorgte dann auch für beste Unterhaltung und erfüllte alle Erwartungen. B
News
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Gründerväter erzählen: Michael Macht (l.), Wolfgang Strauß
Peter Schulz (l.) im Dialog mit Prof. Dr. Dieter Frey
Spurensuche in Weimar Der Kultur auf der Spur: Nach
diesem Motto fanden sich im Sommer prominente Porsche-Gäste beim diesjährigen Consulting-Wochenende in
Weimar ein. Die Gründer der Beratungsgesellschaft,
Michael Macht (heute Porsche-Vorstand für Produktion
und Logistik), Peter Schulz (Hauptabteilungsleiter Produktionsorganisation) und Wolfgang Strauß (Abteilungs-
leiter Produktionsorganisation), staunten nicht schlecht,
als sie rund 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der
Porsche Consulting gegenüberstanden. Denn in der Geburtsstunde der Porsche-Tochter im Herbst 1994 waren
die drei Herren praktisch auf sich allein gestellt..
Schularbeiten: Vorsicht, frisch gestrichen!
„Um die Kultur der Porsche Consulting zu verstehen,
muss man die Ur-Kultur kennen und die Motivation, aus
der einst die ersten Beratungsprojekte durchgeführt wurden,“ leitete Moderator Prof. Dr. Dieter Frey von der
Ludwig-Maximilians-Universität in München die Gesprächsrunde mit den Männern der ersten Stunde ein.
Diese erzählten von ihren ersten Tagen im Einsatz, von
ihren Herausforderungen und Erfolgserlebnissen. Die
rund zweistündige Podiumsdiskussion mit anschließender Fragestunde verließ das Trio unter tosendem Applaus.
Ein weiteres Highlight des Wochenendes war eine gemeinsame Aktion mit dem Goethe-Gymnasium Weimar.
Das altehrwürdige Schulgebäude, 1887 eingeweiht,
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wurde unter Anleitung örtlicher Malermeister innen renoviert. Neben den Beratern griffen auch Studiendirektor
Reiner Junold, Dirk Hauburg von der städtischen Schulbehörde sowie Schülerinnen und Schüler zu Farbe und
Pinsel. Das Ergebnis war ein Zeichen ganz im Sinne der
Philosophie von Porsche Consulting: Wenn man die Aufgaben gemeinsam anpackt, kann man schnell sichtbare
Erfolge feiern. Eberhard Weiblen dankte den Gymnasias-
News
ten aus Weimar mit einem Gutschein für einen Besuch
des Porschewerks in Leipzig. Neben der eigenen Kultur
besannen sich die Gäste aus Bietigheim auch auf den
Geist von Weimar. Im Stile von Goethe und Schiller
wurde der Abend in entsprechender Kleidung verbracht.
Am abschließenden Sonntag standen noch Führungen in
der Stadt sowie die Besichtigung des Bauhauses auf dem
Programm. B
Wie einst Goethe und Schiller: Das Team von Porsche Consulting im einheitlichen „Weimar-Look“
Führungskräfte auf die Schulbank Die Grundlagenschulung für Kaizen-Neulinge findet bei Porsche Consulting traditionell in Bietigheim statt. In der Porsche-Akademie werden mit Fachvorträgen, Praxis-Beispielen und
gezielten Aufgabenstellungen die Grundprinzipien von
Lean Management und Lean Production vermittelt. Zum
erweiterten Schulungsangebot gehört auch der Kurs
„Schlankes Unternehmen – Lean Management für Führungskräfte 1“, der am 20. Februar 2008 bereits zum
zweiten Mal stattfinden wird. Mehr zu diesem Seminar
und dem gesamten Qualifizierungsangebot findet man
im Internet unter www.porsche-akademie.de. B
Spielend lernen: Kaizen-Neulinge in der Porsche-Akademie
News
Achtungserfolge Die sportlichen Aktivitäten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Porsche Consulting
können sich sehen lassen. Unter dem neuen Vereinsnamen Lean Rangers Bietigheim haben zwei Berater-Teams
erfolgreich an Turnieren in zwei verschiedenen Sportarten teilgenommen. Beim traditionellen Fußballturnier der
Porsche AG trat die mittlerweile eingespielte Mannschaft
so stark auf, dass sie neben Toren auch Punkte auf dem
Konto verbuchen durfte. Ein dritter Rang in der Gruppenphase bedeutet das bislang beste Abschneiden der
Consulting-Kicker. Für die nächste Saison haben sie das
Erreichen der K.o.-Runde fest im Visier.
Caracho 12
ball vertraut zu machen. Hartnäckig hielten sich die Gerüchte, dass einige Berater nur wegen der leckeren Burger, die am Spielfeldrand gegrillt wurden, am Turnier teilnahmen. Mit dem nötigen Einsatz, der allerdings mit
Oberschenkelzerrungen und Schrammen an Armen und
Beinen bezahlt wurde, schafften es die Lean Rangers auf
Platz zwei und nahmen stolz ihren Pokal mit nach
Hause. B
Noch erfolgreicher waren die Baseballer der Porsche
Consulting beim Fun-Turnier des TV Canstatt, an dem
insgesamt sechs Mannschaften teilgenommen haben.
Verstärkt wurden die Teams durch „Profis“, die allerdings als Handicap mit ihrer „schwachen“ Seite schlagen
mussten. Betreut wurden die Lean Rangers von Nadja
Manske, einer Kinder- und Jugendtrainerin, die selbst
über sieben Jahre Softballerfahrung verfügt. Vor dem
Turnier hatte das Team lediglich zwei Mal trainieren
können, um sich mit den Regeln und Abläufen im Base-
Eifrig Punkte gesammelt: Die Lean Rangers Bietigheim
Baseball: Starker Schwung für einen saftigen Burger
13 Caracho
News
Zwei Praktiker in der Beratung Die Mitarbeiter der
Porsche Consulting Siegfried Runkel (50) und Edgar
Ebersoldt (52) konnten in diesem Oktober ihr zehnjähriges Jubiläum feiern. Das Besondere der beiden Berater:
Sie haben vor ihrer Zeit bei Porsche Consulting jahrzehntelang in den unterschiedlichsten Funktionen bei der Porsche AG gearbeitet. Die praktischen Erfahrungen, die sie
dort gesammelt haben, setzen sie heute bei den Kunden
der Porsche Consulting ein.
Siegfried Runkel (l. und Ausweis),
Edgar Ebersoldt: Zwei Berater mit . . .
Siegfried Runkel absolvierte vor rund 37 Jahren eine
Lehre beim Sportwagenhersteller. Mittlerweile ist er für
die Weiterbildung zuständig und berät Führungskräfte.
Dabei profitiert der 50-Jährige bis heute von seiner Mitarbeit beim Porsche Verbesserungsprozess (PVP) Anfang
der 90er Jahre: „Ich habe die organisatorischen Änderungen hautnah miterlebt“, sagt Runkel, „so kann ich
mich in die Situation des Kunden hineinversetzen.“
Auch Edgar Ebersoldt, der heute als Senior-Experte an
der Porsche-Akademie arbeitet, zehrt noch von seinen
Erfahrungen. Als Kfz-Meister am Bandeinlauf der Fahrwerkmontage 911 stieg er Mitte der 80er Jahre ins
Unternehmen ein. Später engagaierte er sich stark bei der
Umsetzung des POLE-Programms (Prozessoptimierung
durch Lieferanten-Einbindung). 1997 übertrug Porsche
die Verantwortung für dieses Programm auf seine Consulting-Tochter. Daraufhin wechselte auch Ebersoldt die
Seiten und setzte seine Karriere im Beratungsunternehmen fort: „Ich sehe mich als Berater auf Augenhöhe mit
dem Kunden“, sagt er. B
. . . langer Porsche-Tradition (Ebersoldt in der 911-Montage)
Porsche Consulting
neu im Internet
Öfter mal was Neues –
und natürlich besser als
je zuvor: Mit einem
neuen Internet-Auftritt
präsentiert sich Porsche
Consulting
unter
dem
Porsche-Markendach:
www.porscheconsulting.com wurde auch inhaltlich aufgerüstet. Neben der Präsentation des gesamtheitlichen Beratungsansatzes des Unternehmens finden sich viele weitere Informationen, Statements und Fall-Beispiele. Ein
Besuch lohnt sich. B
AMD
Caracho 14
Meine Heimat
ist das Mehr
Advanced Micro Devices (AMD) mit Stammsitz in den USA ist einer
der weltweit wichtigsten Hersteller von Mikroprozessoren. Die Entwicklung und Produktion ist über drei Kontinente verteilt. Dies
machte den Einsatz von Porsche Consulting zu einer großen Herausforderung: Gemeinsam mit AMD synchronisieren die Porsche-Berater
sämtliche Abläufe von den USA über Europa bis nach Asien erfolgreich und haben die Herstellungszeit von AMD-Produkten von der Idee
bis zur Auslieferung dadurch bereits erheblich verkürzt.
Richard Blehn, 1 Sven Döring, AMD
Sunnyvale, Kalifornien, USA
037° 23’ 00’’ Nord, 022° 02’ 00’’ West,
Meile: 0
Der grüne Pfeil im Logo vor dem Hauptquartier in Sunnyvale, Kalifornien, gibt weithin sichtbar die Richtung
des Unternehmens vor: Der Weg von Advanced Micro
Devices (AMD) soll stets nach oben führen. Seit seiner
Gründung im Jahr 1969 hat sich der Hersteller von
Mikroprozessoren nicht von seinem Ziel abbringen lassen und ist mittlerweile weltweit zur Nummer zwei in
der Branche mit einem Jahresumsatz von 5,6 Milliarden
Dollar (2006) aufgestiegen. „Kundenorientierte Innovationen sind das wichtigste Kapital von AMD“, sagt der
Vorstandsvorsitzende Dr. Hector Ruiz.
Die ständig steigenden Anforderungen der Kunden
führen dazu, dass 17.000 AMD-Mitarbeiter in den USA,
Europa und Asien in immer kürzeren Abständen neue
Generationen von Mikroprozessoren und anderen Halbleiterprodukten entstehen lassen müssen. Im Durchschnitt verdoppelt sich die Rechenleistung der Mikroprozessoren 18 bis 24 Monate.
Um die Arbeitsabläufe rund um den Erdball zu synchronisieren, entschied sich das Top-Management vor
gut zwei Jahren, Porsche Consulting in die Schaltkreise
von Entwicklung, Produktion und Logistik zu integrieren. Die Anregung kam vom Werk in Dresden, wo bereits seit 2004 gute Erfahrungen mit Lean Management
gemacht worden waren. Standardisierte Arbeitsabläufe
und schlanke Prozesse sollten nun im gesamten Unternehmen zur Beschleunigung und Qualitätsverbesserung
beitragen. Ulrich Guddat, Geschäftsbereichsleiter bei
Porsche Consulting: „AMD befindet sich in einem
Markt, der von atemberaubender Geschwindigkeit ge-
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prägt ist. Die Kräfte müssen gebündelt und auf die
wichtigen Themen gelenkt werden. Nur dann können
Entscheidungen schnell getroffen und den Kunden zuverlässig neue Produkte angeboten werden.“
So ist AMD für die Porsche-Berater ein ehrgeiziges
Projekt. Für sie gehört es zwar zur Routine, in kürzester
Zeit die Wertstromanalyse für eine Produktionslinie zu
erstellen, auch wenn sie 3,3 Kilometer lang ist und 997
Fertigungsschritte umfasst. Aber wenn sich Strecke und
Schritte auf drei Werke in Europa und Asien verteilen
und zudem die Entwicklung in den USA, in Kanada,
Dresden und Indien in die schlanken Prozesse mit integriert werden muss, ist die Herausforderung eine andere.
Schließlich arbeitet man über tausende von Meilen hinweg an einer gemeinsamen Lösung – und das auch noch
in verschiedenen Kulturen. Roger Pineiro, als Vice President of Lean Operations bei AMD weltweit verantwortlich für die Testprogramme sowie alle Aktivitäten im Bereich schlanker Prozesse, erinnert sich noch gut an die
Startphase: „Im Unternehmen gab es zu viele verschiedene Meinungen darüber, wie sich bessere Prozessoren
herstellen lassen. Also mussten wir uns konsequent auf
die Prozesse konzentrieren.“ In zwei Jahren sehr intensiver Zusammenarbeit mit Porsche Consulting entstand
eine deutlich verbesserte Arbeitsweise. Die Verkürzung
des globalen Produktionszyklus ist dabei eines der herausragenden Ergebnisse. Zudem ermöglichen es die Erfolge in der Produktion, die schlanken Prinzipen nun in
vielen Unternehmensbereichen einzuführen. Das gilt
auch für die Organisation „ADVANCE“, die den kontinuierlichen Verbesserungsprozess vorantreibt.
AMD
Pineiro: Dichtung und Wahrheit
Roger J. Pineiro (46) treibt
mit vollem Engagement bei
AMD die Umsetzung schlanker Prozesse voran. Aber für
den gebürtigen Kubaner ist
das noch längst nicht „thrilling“ genug. In seiner Freizeit schreibt der Familienvater Zukunfts-Thriller. „Das
Schreiben ist für mich ein Ausgleich zum Alltag“, sagt Pineiro, „die Welt in meinen Büchern kann ich kontrollieren.“ Bisher entstanden 16 Krimis, die alle in der Computerbranche angesiedelt sind. In seinem jüngsten
Roman „Spyware“ geht es zum Beispiel um Nanotechnologie. „Meine Geschichten sind nicht wirklich
Science-Fiction-Romane. Sie basieren auf realen Fakten, sind ihrer Zeit aber ungefähr zehn, zwanzig Jahre
voraus. Sie vermitteln also einen Eindruck darüber, wie
es in naher Zukunft sein könnte“, sagt Pineiro, der
seine Ideen beim Studium wissenschaftlicher Magazine
sammelt. Mit Deutschland verbindet ihn übrigens unter
anderem seine Leidenschaft für Porsche. Einst war er
ein stolzer Besitzer eines Porsche 944. Jetzt genießt er
bereits seit sieben Jahren die Vorzüge eines Boxster.
„Er fährt sich immer noch wunderbar“, sagt Pineiro. Umgekehrt erfreuen sich seine Bücher in Deutschland großer Beachtung. Sein Roman „Ch@os“ wurde als Best-
In Austin, Texas, – knapp 1.500 Meilen von Sunnyvale entfernt – werden bei AMD gerade die schlanken
Prinzipen eingeführt. Im dortigen Entwicklungszentrum
beginnt die eigentliche Weltreise des Chips. Sie führt
über Deutschland und Asien an alle weiteren Standorte,
an denen auch die Porsche-Berater aktiv waren. A
seller gefeiert.
AMD
Caracho 16
Austin, Texas, USA
030° 16’ 00’’ Nord, 097° 45’ 00’’ West,
Zurückgelegte Meilen: 1.474,68
In der Weite von Texas entstanden die ersten ComputerProduktionsstätten der USA außerhalb des kalifornischen „Silicon Valley“. Auch AMD ist in Austin. Hier
werden viele innovative Ideen zu Produkten entwickelt.
Erst in den Köpfen der Ingenieure, dann als Prototypen.
Diese Leistungen sind schließlich die Grundvoraussetzung für die spätere Kundenzufriedenheit. Deshalb
wurde die texanische Hauptstadt zum Ausgangspunkt
der Aktivitäten von Porsche Consulting bei AMD: Auch
in den Entwicklungsbereichen haben die Berater begonnen, die schlanken Prinzipien einzuführen.
Roger Pineiro, der in Austin zu Hause ist, war von Beginn an klar, dass die Einführung eines Produktentstehungsprozesses in der Entwicklung schwieriger sein
würde als die Umsetzung schlanker Prozesse in der Produktion. Pineiro: „AMD stellt Woche für Woche Millionen von Prozessoren her. Die Stabilität des Herstellungsprozesses ist von großer Bedeutung. Für Mitarbeiter in
diesem Bereich ist es deshalb einfacher, Mängel sowie die
daraus resultierende Verschwendung zu erkennen und
die Notwendigkeit neuer Prozesse einzusehen.“ Im Bereich der Produktionentwicklung befindet sich AMD
noch in der Übergangsphase von der bisherigen Vorge-
hensweise hin zu schlanken Prozessen. Die ersten Schritte
sind gemacht, sie werden systematisch und fortlaufend
weiterentwickelt. Bereits jetzt sorgen sie für konstante
Resultate und sollen künftig immer noch bessere Ergebnisse erzielen.
Erste Porsche-Station in Austin, Texas: Hier entwickelt AMD
17 Caracho
„Die AMD-Mitabeiter haben schnell verstanden, dass
unser Ansatz der schlanken Prozesse nicht nur eine vorübergehende Modeerscheinung ist, sondern zu einer
nachhaltigen Verbesserung des Arbeitsalltags führt“, sagt
Berater Darius Khodawandi. Er und seine Kollegen Peter
Meijnen, James Ryan, Christian Beck und Thorsten Leschinski fanden es spannend, sich um Effizienz in einem
Land zu bemühen, in dem die Maxime „alles größer“
weit verbreitet ist. Dass die Mitarbeiter die Einführung
der schlanken Prozesse letztlich akzeptiert haben, lag mit
an der konsequenten Umsetzung. Berater James Ryan:
„Bei AMD herrscht heute noch eine ausschließlich ergebnisorientierte Mentalität. Unsere Aufgabe besteht darin,
Ein echtes Stück Amerika: Das State Capitol in Austin
AMD
diese mit dem Streben nach Effizienz unter einen Hut zu
bringen.“
So startet der Prozess in Austin und führt hinaus in die
Welt. Für Roger Pineiro ist es eine Reise, die nie aufhören
wird: „Wenn mich die Mitarbeiter fragen, wo das alles
endet, verweise ich auf Porsche. Das ist ein Unternehmen, das sich heute noch permanent verändert. Auch wir
sind schon einen Schritt vorangekommen, erzielen in der
Produktion gute Ergebnisse und führen die schlanken
Prozesse nun in anderen Bereichen ein.“ Diese Grundeinstellung gilt jetzt auch bei AMD in Texas: Man will nach
schlanken Prinzipien entwickeln. A
AMD
Caracho 18
Dresden, Deutschland,
051° 03’ 15’’ Nord, 013° 44’ 20’’ Ost,
Zurückgelegte Meilen: 6.930,15
In Dresden steht eines der modernsten AMD-Werke.
Hier nimmt der Prozessor Form an. In den Reinräumen
der Fabrik durchläuft der Chip 782 der insgesamt 997
Fertigungsschritte. Viel wichtiger freilich ist: In Dresden
wird bereits seit 2004 nach den Prinzipien einer schlanken Produktion gearbeitet. Damals drohte dem Werk
wegen der großen Nachfrage ein Kapazitätsengpass. Experten aus Japan optimierten daraufhin die Prozesse und
Beispielhaft für schlanke Prozesse: AMD in Dresden
Schnell vor Ort: Die Porsche-Berater legten Hand an
19 Caracho
führten einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess ein.
Pineiro fand die Methode bemerkenswert: „Die Abläufe
in den Lean-Bereichen waren klar und funktional.“
Zudem konnten die standardisierten Arbeitsabläufe bei
voller Auslastung der Maschinen mit wenig Personal
durchgeführt werden. Pineiro verschlang das Buch „Lean
Thinking“, das in Kapitel neun auch die Porsche-Story
erzählt. Die Geschichte begeisterte ihn und gewann zusätzlich an Gewicht, als er vom Dresdner Fabrikleiter
AMD
den Tipp bekam: Porsche sei nach dem erfolgreichen
Turnaround selbst im Beratungsbereich tätig. Pineiro,
der damals eine Lösung für eine prozessorientierte Fertigung für AMD in Asien suchte, ließ sich bei einem
Gespräch mit Porsche Consulting in Bietigheim überzeugen: „Es gibt unendlich viele Berater. Was wir aber
wollten, war jemand, der im eigenen Unternehmen
bewiesen hatte, dass es funktioniert.“ A
Reinraum bei AMD: 782 von 997 Bearbeitungsschritten werden in Dresden an den Mikroprozessoren durchgeführt
AMD
Caracho 20
Penang, Malaysia,
005° 30’ 00’’ Nord, 100° 28’ 00’’ Ost,
Zurückgelegte Meilen: 12.718,01
Mag Malaysia für viele ein exotisches Land sein, wenn es
um den Arbeitsalltag im AMD-Standort Penang geht,
gelten dieselben Regeln wie in Austin oder Dresden: Die
nächsten 105 Fertigungsschritte für den Chip müssen
möglichst schnell und zuverlässig erledigt werden. Denn
weder in der Entwicklung noch in der Produktion gibt es
in der Halbleiterbranche eine Alternative zur Geschwindigkeit. Chips sind einem enormen Preisdruck unterworfen – innerhalb eines halben Jahres können die je nach
Leistung mehrere hundert Dollar teuren Prozessoren die
Hälfte ihres Marktpreises verlieren. Ein schlagendes
Argument dafür, mit Hilfe stabiler Prozesse qualitativ
hochwertig nur das zu produzieren, was der Markt
tatsächlich verlangt. Um dafür die richtigen Voraussetzungen zu schaffen, musste zuerst der Ist-Zustand der
Fertigung ermittelt werden.
Jörg Kaiser, Geschäftsbereichsleiter bei Porsche Consulting, hat die Prozessorherstellung bei AMD über alle
Grenzen hinweg vom ersten bis zum letzten Schritt ana-
lysiert. Nach vier Wochen stand die Wertstromanalyse
für den weltweiten Herstellungsprozess und diente als
Basis für das Optimierungskonzept. Dabei ging es vor
allem um die Einführung der sechs wichtigen Prinzipien
für ein schlankes Unternehmen: Kundenorientierung,
AMD-Fertigung in Penang: Jeden Fertigungsschritt analysiert
21 Caracho
AMD
Fließprinzip, Kundentakt, Ziehprinzip, Null-FehlerPrinzip und kontinuierlicher Verbesserungsprozess. „Wir
haben jedes Fertigungssegment nach gleichen Strukturen
aufgebaut. Denn schlanke Abläufe haben auch viel mit
Symmetrie und geordneten Strukturen zu tun“, sagt Jörg
Kaiser. Blickt man nach der Umgestaltung von oben auf
die Produktion, entspricht das Layout der Form eines
Schmetterlings. Zudem konnten auch die sich häufig verändernden Herstellungsverfahren in logische Prozesse
eingegliedert werden. Mit Resultaten, die sich sehen lassen können: Allein in Penang reduzierten sich die Durchlaufzeiten um knapp die Hälfte von 1,5 auf 0,8 Tage.
Das gute Ergebnis war eine Sache. Die Art und Weise,
wie es zustande kam, aber eine ebenso wichtige. Pineiro
schätzt an der Arbeit von Porsche Consulting besonders,
dass nach der Analyse nicht einfach ein Konzeptpapier
hinterlassen wurde, sondern aktiv bis zum Ende des Projektes mitgearbeitet wird. In der Praxis bedeutet das für
die Berater: Training der Mitarbeiter, vor Ort selbst
Hand anlegen, diskutieren und an der Entscheidungsfindung mitarbeiten, bei der Umsetzung unterstützen – und
zwar so lange, bis der Prozess stabil läuft. Das Miteinander im Veränderungsprozess ist dabei nicht immer nur
von Harmonie geprägt. Manchmal wird hart um die
Sache gerungen. „Es kommt mir manchmal so vor“, sagt
Pineiro, „als ob mich die Berater bei der Umstrukturierung härter anpacken als mein eigener Vorgesetzter.“
Doch das Ziel vor Augen, kann Pineiro auch diesem Umstand nur Positives abgewinnen. „Die Berater zwingen
uns, den Schritt nach vorn immer selbst zu machen.“
Dank dieser Beharrlichkeit sind Abläufe zustande gekommen, die man bei AMD selbst nicht für möglich gehalten hatte. Schnelle Erfolgserlebnisse sahen die Berater
als wichtigen Teil des Veränderungsprozesses an. So wird
es den Beteiligten leichter gemacht, an die Verbesserungen zu glauben. Für Pineiro ist das „der Schlüssel, der
Mitarbeiter dazu bringt, ihr Denken und Handeln zu
verändern.“ A
Die Kulturen ändern sich: Kek log Si Tempel in Penang
AMD
Caracho 22
lich an den Maschinen aus und beanspruchte eine Wegstrecke von 760 Metern. Der Neuaufbau richtet sich
streng nach den Anforderungen der Produktion und fördert einen reibungslosen Fluss des Chips durch die einzelnen Fertigungsschritte.
Jetzt beträgt die Durchlaufzeit nur noch 3,1 Tage (vorher: 5,8 Tage), der Weg noch 450 Meter, die Produktivität wurde um zehn Prozent gesteigert, die Prozesse sind
stabiler und zusätzliche Investitionen in Maschinen sind
nicht mehr notwendig.
Singapur, Singapur,
001° 17’ 00’’ Nord, 103° 51’ 00’’ Ost,
Zurückgelegte Meilen: 13.091,69
Im AMD-Werk in Singapur, rund 370 Meilen von Penang entfernt, wird der Chip vollendet. Inklusive Testphasen und Verpackung werden hier die letzten 110 Fertigungsschritte durchgeführt – nach denselben schlanken
Prinzipen wie in Austin, Dresden und Penang. „Obwohl
sich die Prozesskette über drei Kontinente und zum Teil
völlig verschiedene Kulturkreise erstreckt, mussten wir in
allen AMD-Werken die gleichen Prozesse installieren.
Dabei sind die Wege zum Verständnis stets den Mentalitäten anzupassen“, sagt Projektmanager Peter Meijnen.
Die dadurch erzielten Verbesserungen verdeutlichen
gleichzeitig eine der Stärken der neuen Arbeitswelt von
AMD. Die Prozesse von Porsche Consulting sind universell einsetzbar, wie Roger J. Pineiro bestätigt: „Schlanke
Prozesse lassen sich von einer Kultur in die andere übertragen. Sie funktionieren fast wie Mathematik oder Zeichensprache: Sie sind international.“ Die Folge: Mittlerweile laufen alle Aktivitäten der Wertschöpfungskette
von AMD – inklusive der Werke in Singapur und Suzhou
(China) – synchron. Auch in Singapur musste dafür das
Layout der Produktion nachhaltig verändert werden. Die
Gestaltung der Fertigung richtete sich früher ausschließ-
Die Einführung von geschulten „Value Stream Managern“, die für den gesamten Wertstrom und nicht nur für
Abteilungen verantwortlich sind, hat sich in den asiatischen Fabriken als sehr positiv erwiesen. Ihre Arbeit
führte auch zwischen den Standorten Singapur, Suzhou
und Penang zu schnelleren Reaktionszeiten. Um in diesen Bereichen die Umsetzung zu begleiten, pendelten die
Porsche-Berater Jörg Kaiser, Peter Meijnen, Eva Burkert
Zwischenstopp in Singapur: Die heiße Testphase beginnt
und Patrick Härter permanent zwischen Europa und
Asien.
Im Laufe der Umsetzung änderte sich auch das Verständnis der Mitarbeiter für die neu organisierte welt-
23 Caracho
AMD
Eine Stadt will hoch hinaus: Die Skyline von Singapur
weite Wertschöpfungskette. Roger Pineiro: „Das Prinzip
,schlank‘ besteht für uns darin, den Wert des Produkts
aus der Perspektive des Kunden zu sehen. Das funktioniert überall auf der Welt gleich.“ So hat sich bei AMD
weltweit die Erkenntnis durchgesetzt, dass aufwändige
Prüftechniken zwar notwendig sind, dass man aber alles
tun muss, um Fehler von vornherein auszuschließen. Pineiro: „Wir müssen unseren Blick auf den Anfang richten, um die Ursachen für mögliche Qualitätsprobleme zu
finden.“ A
AMD
Caracho 24
New York, New York,
040° 45’ 00’’ Nord, 074° 00’ 00’’ West,
Zurückgelegte Meilen: 22.698,29
Der Chip hat sein Ziel erreicht. Künftig ist mit ihm in
einem Laptop eines Analysten an der New Yorker Wall
Street zu rechnen. AMD bilanziert derweil die erfolgreiche Arbeit von Porsche Consulting. Die umgesetzten Veränderungen führten bereits in den ersten zwei Jahren zu
Einsparungen im zweistelligen Millionen-Dollar-Bereich.
Die erzielten Verbesserungen sollen aktiv und aus eigenem Antrieb weiter vorangebracht werden. Das versteht
sich für die AMD-Mitarbeiter von selbst – und wird vom
Top-Management auch erwartet. Pineiro: „Unsere Unternehmensleitung erkennt den Zusammenhang zwischen
Prozessen und Ergebnissen.“ Als rein ergebnisorientiertes
Unternehmen erzielte der Chip-Hersteller je nach der
Nachfrage am Markt zwar gute Erträge. Die verlässliche
Lieferung ist aber durch den Einsatz von neuen Fertigungsprozessen deutlich vereinfacht worden. Pineiro:
„So hat Porsche Consulting auch auf diesem Gebiet für
eine wichtige Verbesserung gesorgt.“
Endstation New York: Chip im Einsatz – Prozess beginnt von vorn
Schnelle Rechner: Die Börse von New York
Mit Blick in die Zukunft ist bei AMD der Ehrgeiz angestachelt und die Erwartungen sind hoch. „Es wird eine
lange Zeit dauern, zumal wir jetzt schlanke Prozesse
auch außerhalb der Produktion einführen“, sagt Roger
Pineiro, „aber wir wollen, dass AMD der Toyota der
Hightech-Branche wird.“ Die weitere Unterstützung
durch Porsche Consulting ist dabei fest eingeplant. B
25 Caracho
AMD
BITS & BYTES
1963 gelang es zum ersten Mal, die einzelnen Elemente
einer elektronischen Schaltung auf einem Siliziumkristall
von der Größe eines Cent-Stücks unterzubringen.
Der kleinste Speicherchip der Welt ist so groß wie ein
weißes Blutkörperchen. Er erreicht dabei eine Datendichte von 100 Gigabyte pro Quadratzentimeter.
Die auf einem Computerchip installierten Transistoren
sind so klein wie ein Grippevirus (circa 45 bis 65 Nanometer).
Ein Chip entwickelt während seiner Rechenleistung die
Hitze von einer Herdplatte.
Vom Büro aus hat der Chef der Kinderkardiologie alles
im Blick. Universitätsprofessor Dr. med. Deniz Kececioglu bedient Tastatur und Fernbedienung, um auf den
Bildschirmen Fotos und Schaubilder auftauchen zu lassen, mit denen der Laie schlicht nichts anzufangen weiß.
Direkt aus der Intensivstation mit ihren 15 Betten werden dem Professor die wichtigsten Daten der frisch operierten Patienten an den Schreibtisch übermittelt: Herzschlag, Blutdruck, Atmung – es ist alles in Ordnung.
Damit bleibt ausreichend Zeit, sich per Computer und
Flachbildschirm mit dem Herzkathederlabor zu verbinden, um sich die Aufnahmen der gerade stattfindenden
Untersuchung anzusehen.
Mit Herz
für Kinder
Mit vollem Einsatz, Einfühlungsvermögen
und großem medizinischen Know-how
kämpfen Ärzte und Pflegepersonal in der
Klinik für Angeborene Herzfehler im
Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen um das Leben ganz junger Patienten.
Porsche Consulting sorgt für noch mehr
Prozess-Stabilität in einem Bereich, in dem
Optimismus und Fröhlichkeit Teil der
erfolgreichen Behandlung ist.
Reiner Schloz, 1 Matthias Hangst
Am Ort der guten Taten setzt man auf modernste
Technik, um Leben zu retten, das gerade erst begonnen
hat. Im Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in Bad Oeynhausen werden jährlich allein 300 Operationen durchgeführt, um angeborene Herzfehler zu beheben und den meisten der kleinen Patienten ein
„nahezu normales Leben zu ermöglichen“ (Kececioglu).
Ein Drittel der Eingriffe ist gar lebensrettend. Rund 40
Prozent der Patienten, die von den Fachchirurgen an
die Kinderkardiologie übergeben werden, sind Babys.
Knapp 15 Prozent der Patienten sind Erwachsene, die
von Geburt an hier behandelt werden. Ein verantwortungsvoller Alltag zwischen Medizin und Mitgefühl. Der
Dialog findet meist mit hilflosen und verzweifelten Eltern
statt, die Kommunikation mit den kleinen Patienten beschränkt sich oft auf das Wesentliche. „Kinder“, sagt
Professor Kececioglu, „würden niemals weinen, wenn sie
keine Schmerzen oder keine Angst hätten.“ Entsprechend schlicht lautet das Motto in der Abteilung: „Es
muss weitergehen!“
Und noch besser werden? Professor Kececioglu hat
seine eigenen Vorstellungen von der Arbeit mit kranken
Kindern. Bei seinem Dienstantritt vor eineinhalb Jahren
in der Kinderkardiologie in Bad Oeynhausen traf er A
Kinderkardiologie
auf „hervorragende Kollegen“ und ein Team, das eine
„Form gefunden hatte, wie die Arbeit funktioniert“.
Aber während seiner Zeit in der Freiburger Universitätsklinik hatte er erfahren, dass beim Bemühen der Ärzte
um medizinische Höchstleistungen und eine optimale Patientenversorgung effizientes Arbeiten manchmal auf der
Strecke bleibt. Damals hatten die Berater von Porsche
Consulting in einem Pilotprojekt in der Herz- und Gefäßchirurgie – streng nach den Prinzipen einer schlanken
Produktion in der Industrie – den Klinikalltag neu organisiert, um den Anteil der wertschöpfenden Tätigkeiten
zu erhöhen. Es wurden Arbeitsabläufe standardisiert,
Transparenz geschaffen, die Schnittstellen zwischen Auf-
Caracho 28
nahme und Station sowie zwischen Ärzten und Pflegepersonal optimiert, die Verweildauer der Patienten reduziert, die Betreuungsqualität verbessert, Kapazitäten für
zusätzliche Patienten geschaffen und die Kosten gesenkt.
Was für Porsche Consulting als erfolgreiches Experiment begann, hat sich längst zu einem viel gefragten Beratungsprojekt in der deutschen Krankenhauslandschaft
entwickelt. Die Produktionsexperten haben ihr Team mit
Medizinern verstärkt, die das Porsche-Gen in sich tragen:
Tätigkeiten, die nicht der Wertschöpfung dienen, müssen
reduziert werden. Dieses Ziel sollte jetzt in der Kinderkardiologie in Bad Oeynhausen verfolgt werden. Profes-
Feststehender Termin: Professor Kececioglu (M.) und Kollegen bei der Visite auf der Intensivstation
29 Caracho
sor Kececioglu: „Wir benötigten jemand, der unsere Abläufe von außen betrachtet.“ Die Leitung der Klinik sah
das genauso. Prof. Dr. rer. oec. Otto Foit, Geschäftsführer des Herz- und Diabeteszentrums NRW – gleichzeitig
Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum –, hat
stets den guten Ruf des Hauses mit rund 1.800 Angestellten im Auge. Deshalb sieht der Chef die kleinen
Schwächen des Arbeitsalltags mit Humor: „Keine Eigenschaft ist im Krankenhauswesen ausgeprägter als das Improvisationstalent. Das ist gut so – aber professionelle
und transparente Arbeitsstrukturen erleichtern in einer
arbeitsteiligen Organisation die Patientenversorgung und
vermeiden unnötigen Stress bei den Beschäftigten.“
Gute Besserung: Die Genesung beginnt für die Babys im Schlaf
Kinderkardiologie
Die Porsche-Berater sprechen aus Erfahrung. Das
Kernteam bestand aus zwei Gesundheitsökonomen, dem
Mediziner Daria Ostovan, dem ehemaligen Krankenpfleger Gerald Tomenendal und dem aus Projekten in Beschaffung und Vertrieb der Porsche AG erfahrenen Wirtschaftsingenieur Klaus-Dieter Pannes. „Die meisten
Dinge, die einen effizienten Klinikalltag beeinträchtigen,
sind bekannt und offensichtlich“, sagt Daria Ostovan,
„wir mussten sie aber quantifizieren und Lösungswege
aufzeigen.“
Bei der Erstpräsentation ihrer Vorgehensweise, normalerweise eine überschaubare Veranstaltung vor einigen A
Kinderkardiologie
„Die Analyse war sehr spannend für uns, weil
die verschwendete Zeit transparent gemacht
wurde.“
Pflegedienstleiterin Marlies Krall
wenigen Entscheidungsträgern, fanden sich die PorscheBerater in einem Hörsaal mit 80 Personen wieder. Pannes: „Das Interesse war riesig.“ Ein bisschen Skepsis
schwang allerdings auch mit. Ärzte sahen ihre individuelle Freiheit bedroht. Das Pflegepersonal witterte Stellenabbau. Diese Befürchtung konnte durch die enge Einbindung des Betriebsrats in das Projekt bald ausgeräumt
werden.
Mit Hilfe einer Wertstromanalyse (siehe auch folgenden Artikel) zeichneten die Porsche-Berater dann den Tagesablauf von Ärzten und Pflegepersonal auf ein DINA4-Blatt. Zum Teil begleiteten die Berater die Betroffenen einfach während der Arbeit, zum anderen wurde das
Caracho 30
„Man muss Termine setzen und sie auch einhalten.
Das haben mir die Porsche-Mitarbeiter in netter
Form, aber sehr deutlich gesagt.“
Univ.-Prof. Dr. med. Deniz Kececioglu
Pflegepersonal mit Stoppuhren ausgestattet, um den Arbeitsablauf in Minuten und Stunden festzuhalten. Selbst
bereitwillige Eltern wurden mit dem unbestechlichen
Zeitmesser ausgerüstet, um für ihren Weg durch die Ambulanz gesicherte Daten zu erhalten. Zusätzlich flossen
sämtliche Controlling-Daten in die Analyse mit ein. Die
Ergebnisse wurden in fünf Workshops aufgearbeitet.
Dabei ging um es die Synchronisation zwischen Arzt und
Pflegepersonal, um die OP-Aufnahme, um das Außenbild der Einweiser, um die Organisation der Ambulanz
und um die Dokumentation.
Spätestens an diesem Punkt war das Gros der Mannschaft von dem Vorgehen überzeugt. „Gerade für das
31 Caracho
„Die Standardisierung von Prozessen und die
Gewährleistung von Prozess-Stabilität
sind im Krankenhaus noch wichtiger als im
Autobau. Eine Rückrufaktion ist bei uns in der
Regel nicht möglich.“
Prof. Dr. rer. oec. Otto Foit
Pflegepersonal waren die Workshops ein Motivationsschub“, glaubt Betriebsrat Volker Mellies. Und im Zuge
der Umsetzung der Maßnahmen attestiert Pflegedienstleiterin Marlies Krall: „Die Dokumentation hat sich verbessert, das Verhältnis zwischen Arzt und Pflegepersonal
geändert und die Zeiten sind besser aufeinander abgestimmt.“ Als weitere teambildende Maßnahme besuchte
man zusammen mit Ärzten und Pflegepersonal nach
Feierabend eine Zuckerfabrik, um gemeinsam Lutscher
herzustellen. Auch ein Weg, um die Arbeit zu versüßen.
Durch die Analyse hat sich bei den Stationsärzten der
Anteil der wertschöpfenden Tätigkeiten um 52 Prozent
erhöht. Auch in der Ambulanz ticken die Uhren jetzt an-
Kinderkardiologie
„Ich sage unseren Kollegen immer, dass sie vor den
Porsche-Leuten keine Angst haben müssen,
sondern eher davor, dass wir deren Anregungen
nicht konsequent umsetzen.“
Betriebsrat Volker Mellies
ders. Die Wartezeiten wurden halbiert und liegen jetzt
unter 15 Minuten. Patienten-Entlassungen werden frühzeitig festgelegt, die abschließenden Gespräche mit den
Eltern bereits am Vortag durchgeführt. Auf Untersuchungstermine werden Eltern vorsichtshalber nochmals
mit einer Erinnerungspostkarte aufmerksam gemacht.
Assistenzärzte kommen neuerdings mit nur einer Besprechung pro Tag (statt bisher drei) aus. Eine der wichtigsten Änderungen aber ist: Die Visite findet jetzt zu festen
Zeiten statt. Das, gibt Professor Kececgiolu zu, sei auch
für ihn die größte Umstellung gewesen. „Früher“, sagt er,
„habe ich Visite gemacht, wenn ich die Zeit für gegeben
hielt. Anders ist es viel sinnvoller. Die Eltern und die entsprechenden Pflegerinnen können so ohne terminliche A
Kinderkardiologie
Caracho 32
Schwierigkeiten daran teilnehmen. Man muss einfach
Termine setzen und sie auch einhalten.“
Eingegriffen haben die Berater auch bei der Übergabe
des Patienten vom OP an die Intensivstation. Ähnlich
eines Boxenstopps in der Formel 1 wurden der Arbeitsplatz, die Ausstattung, der Ablauf, die Konzentration der
Medikamente und die Anzahl der handelnden Personen
definiert und standardisiert. So konnte über mehrere
Fachdisziplinen hinweg (Chirurgie, Anästhesie und Kardiologie) ein einheitliches System gefunden werden. Die
Übergabezeit lag vor der Neustrukturierung bei über 15
Minuten, wurde im Workshop dann auf fünf Minuten
definiert und reduzierte sich in der Praxis gar auf knapp
drei Minuten. Neben der Qualitätsverbesserung und optimierter Termintreue wurde dadurch eine spürbare Kostensenkung erreicht.
Das Leben in der Kinderkardiologie mit seinen 26
Ärzten hat sich verändert, ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess wurde eingeführt. Professor Foit: „Eine solche, in kurzer Zeit erzeugte Dynamik hätte durch einen
Organisationsentwickler nie erreicht werden können.
Wichtig ist es, alle Bereiche und Menschen einer Klinik
gleichzeitig einzubeziehen.“ Er hat bereits den Startschuss für ein weiteres Projekt gegeben, die Analyse für
die Diabetologie liegt vor. Von einem weiteren Erfolg
geht Professor Foit aus. Dass die Zahl der ungeplanten
Überstunden in der Kinderkardiologie deutlich reduziert
wurde, ist für ihn eine Bestätigung: An der Qualitätsverbesserung „bei geringerem Ressourceneinsatz“ soll weiter gearbeitet werden.
Oben: Hightech hilft, Leben zu retten
Mitte und unten: Gerald Tomenendal (M. l.) und Daria
Ostovan (u. l.) bei der Lagebesprechung mit dem Personal
In der Kinderkardiologie bemüht man sich derweil
noch intensiver als bisher um eine lebensbejahende Stimmung. Mit allen Mitteln, die Kinderherzen höher schlagen lassen. Bunt und freundlich, mit Regenbogen, Schaukelpferden und einem mächtigen Schiff hat der Künstler
Peter-T. Schulz, alias Olle Hansen, den Ort gestaltet, an
33 Caracho
Kinderkardiologie
Ganz schön bunt hier: In der Kinderkardiologie in Bad Oeynhausen dominieren fröhliche Farben
dem man eher gedeckte Töne erwartet hätte. Das Areal
erinnert mehr an einen Kindergarten als an eine Kinderkardiologie. Die Juroren der Expo 2000 fanden das Konzept „High Tech und menschliche Wärme“ so überzeugend, dass die Klinik sich als „Weltweites Expo-Projekt
2000“ präsentieren konnte. Für die Angehörigen steht
zudem kaum einen Steinwurf entfernt das Elternhaus,
das nach den Plänen des US-Stararchitekten Frank O.
Gehry gebaut wurde. Dort, so die Konzeption, können
Eltern allein sein oder sich mit anderen austauschen. Und
trotzdem müssen Professor Kececioglu und die anderen
Ärzte immer wieder aufmuntern oder Trost spenden.
Einen Trost, den die Angehörigen oft nötiger haben als
die Patienten selbst. „Kinder“, sagt der Professor, „sind
viel vernünftiger, als die Eltern glauben.“ B
„Porsche-Qualität
für das Krankenhaus“
Prof. Dr. rer. oec. Otto Foit, Geschäftsführer des Herz- und
Diabeteszentrums Nordrhein-Westfalen, zieht eine positive
Zwischenbilanz der Arbeit von Porsche Consulting.
35 Caracho
Warum haben Sie sich zu dem Projekt entschlossen?
Prof. Otto Foit: „Unsere seit Jahren erfolgreiche Unternehmensführung beruht wesentlich auf dem Prinzip
,Agieren statt reagieren‘. Erst die rechtzeitige Umsetzung
richtiger strategischer Überlegungen verhindert Krisen.
Zu dieser Strategie gehört auch, dass das Leistungsprogramm und die -prozesse kontinuierlich auf den Prüfstand gestellt und optimiert werden.“
Worin liegt der Nutzen für Ihr Haus?
Foit: „Mit Hilfe der Prozessoptimierung können wir
unsere operative Leistungsfähigkeit verbessern und
damit unsere Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig steigern.
Natürlich wollen wir auch die Ausgaben senken, aber
nicht auf Kosten der Qualität und der gewachsenen
Strukturen. Durch eine Optimierung der Abläufe und
eine bewusste Auseinandersetzung der Mitarbeiter mit
den alltäglichen Prozessen entsteht eine neue Sensibilität
für Effizienz. Der daraus entstehende wirtschaftliche
Nutzen kommt in unserem gemeinnützigen Unternehmen direkt den Patienten zugute und hilft, medizinische
Spitzenleistungen zu finanzieren.“
Wie empfanden Sie die Vorgehensweise von Porsche
Consulting?
Foit: „Durch Schulungen und die sogenannte KartonSimulation hat Porsche Consulting schnell und sehr anschaulich zeigen können, wie einfach und effektiv die alltägliche Arbeit verbessert werden kann. Unsere
Mitarbeiter haben rasch Vertrauen gefasst und sich engagiert in die Workshoparbeit eingebracht. Auf diese Weise
konnten die Verbesserungsvorschläge im Alltag direkt
umgesetzt werden. Dazu trug besonders bei, dass sich ein
hochqualifiziertes Berater-Team während der gesamten
Projektdauer intensiv mit der Belegschaft auseinandersetzen konnte.“
Kinderkardiologie
Welche Schlüsse ziehen Sie aus dem Projekt?
Foit: „Die Entscheidung, sich einer externen Analyse
und Beratung zu stellen, war richtig. Patientenferne Tätigkeiten wie Warten, Suchvorgänge, Bürokratie und vermeidbare Besprechungen sollten im Interesse der Patienten und ihrer Angehörigen auf ein notwendiges Maß
reduziert werden. Die Porsche-Analyse gibt dafür sehr
brauchbare Anhaltspunkte. So konnten bei uns mit dem
Know-how der Berater viele Abläufe und Prozesse gezielt
verändert und auf das Niveau von „Porsche-Qualität“
gebracht werden.“
Wie bewerten Sie die Erfolge?
Foit: „Neben konkreten Lösungen hat Porsche Consulting – vor allem durch die langfristige Etablierung der
Workshops – die Struktur für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess geschaffen. Die Klinik für Angeborene
Herzfehler hat das Handwerkszeug bekommen, um stetig noch besser werden zu können. Jetzt gilt es, die gewonnene Dynamik aufrechtzuerhalten und zu nutzen.“
Volle Fahrt voraus: Das Projektteam von Bad Oeynhausen
Montage
Porsche AG
ZZ = 50s
NAZ = 27600
…
MO
+MI
300 Teile
Herstellungsprozess
Zulieferer/Kunde
Daten-Box
Bestände
LKW-Lieferung
Supermarkt
Entnahme
Max. 20 Teile
FIFO
PUSH-Materialfluss
Fertigproduktfluss
FIFO-Fluss
Plan
wöchentlich
Logistiker
Puffer/Sicherheitsbestand
Manueller Informationsfluss
El. Informationsfluss
Produktionsplan
HEIJUNKA-Box
Produktions-KANBAN
Transport-KANBAN
Signal-KANBAN
KANBAN-Briefkasten
!
Rüstzeit
WS
Gebündelte KANBANS
Werkstattsteuerung
KAIZEN-Workshop
Mitarbeiter
Problem/Handlungsbedarf
Bereich
Ein-/Überweiser
Wiederholender Zyklus
Wartezimmer
Krankenwagen
Pflege mit Patient
Kranker Patient
Patient in Behandlung
Patient bei Entlassung
Problem/Handlungsbedarf
Daten-Box
Arzt
Krankenschwester
Röntgen
Lufttransport
37 Caracho
Wertstromanalyse
Alles im Fluss
In der Industrie gilt das dicht beschriebene DIN-A4-Blatt seit Jahren als
Wegweiser für eine schlanke Fertigung: Die Wertstromanalyse dient zur
einfachen Visualisierung scheinbar komplexer Produktionsabläufe und bildet
damit die Grundlage zur Optimierung des Herstellungsprozesses. Der durchschlagende Erfolg der Methode hat Porsche Consulting aber längst veranlasst,
die Wertstromanalyse wirkungsvoll auf andere Unternehmensbereiche und
Branchen zu übertragen.
Michael Thiem, 1 Matthias Hangst
Wie immer, wenn es um die erfolgreiche Umsetzung von
Kaizen geht, kommt es meist auf das geschulte Auge des
Betrachters an. Das Unternehmen aus der Metall verarbeitenden Industrie, das seine Produktion einer Bewertung durch Porsche Consulting stellte, wollte zwar Verbesserungsvorschläge, war aber über die Resultate des
Ist-Zustands ziemlich überrascht. Nachdem die Berater
den Weg eines Bauteils im Wert von rund sieben Euro
vom Rohmaterial bis zum Verlassen des Werkes im Rahmen einer Wertstromanalyse sauber aufgezeichnet hatten, kam am Ende einiges zusammen: Sechs Fertigungsprozesse mit fünfzig Handlingsstufen, sieben Stockwerkwechsel, eine Transportstrecke von 18.750 Metern
und insgesamt 74 Arbeitstage brauchte es für die
Herstellung. So deutlich hatte das im Unternehmen noch
keiner gesehen. „Der Charme einer Wertstromanalyse“,
sagt deshalb auch Berater Andreas Meinert, „besteht ja
gerade darin, dass man in relativ kurzer Zeit komplexe
Zusammenhänge darstellen kann. Damit fangen bei den
Kunden die Aha-Erlebnisse an, und sie beginnen darüber
nachzudenken, was sie eigentlich tun.“
Zu verdanken haben Berater und Industrie diesen Effekt mal wieder den Toyota-Managern. Diese haben die
Methode der Wertstromanalyse einst zur effizienteren
Fertigung ihrer Automobile erfunden. Für den Rest der
Welt „entdeckt“ hat sie der Amerikaner Mike Rother,
der von der Methode so beeindruckt war, dass er ein
Buch darüber geschrieben hat: „Learning to see.“ Vor
sieben Jahren kam er nach Deutschland, lehrte das A
Das Nachschlagewerk für alle
Wertstromspezialisten: Das Buch
„Sehen lernen“ des US-Experten
Mike Rother brachte die Methode
nach Europa
Wertstromanalyse
Caracho 38
Beispiel Wertstromanalysen: Symbole, Linien, Zahlen und Signalfarben sorgen für ein genaues Ergebnis
„Sehen“ mit den Augen des Wertstromspezialisten an
der Fraunhofer-Gesellschaft und übersetzte sein Buch ins
Deutsche. „Seither“, so Projektmanager Dr. Jörg Uffmann von Porsche Consulting, „hat sich die Wertstromanalyse bei uns nach und nach als Mittel zur Optimierung der Durchlaufzeit in der Produktion durchgesetzt.“
Denn selbst für den Laien wird angesichts des aufgezeichneten Durchlaufs und der Unterstützung durch viele
einfache Symbole schnell deutlich, wenn nicht alles rund
läuft. Um dies zu dokumentieren, nehmen sich die Ex-
perten ein passendes Beispiel vor, in aller Regel eine umsatzstarke Produktfamilie mit einigen Varianten. Der
Weg des Produkts wird konsequent verfolgt – und zwar
in umgekehrter Reihenfolge, also vom Kunden zurück
zum Rohmaterial. Dabei finden die Experten zwischen
den einzelnen Fertigungsschritten meist mehrfach eine
unschöne Anhäufung von Beständen sowie lange Weg-,
Warte- und Suchzeiten – unter Kaizen-Gesichtspunkten
pure Verschwendung. Und sie erhalten die zwei wichtigsten Kenngrößen. Die Durchlaufzeit wird eher in Tagen,
Wochen oder gar Monaten gemessen, die wertschöp-
Wertstromanalyse
Caracho 41
42 Caracho
jeder einzelne Schritt scheinbar seine Richtigkeit hat,
passt das Ganze oft nicht optimal zusammen.“
Der Erfolg gibt der Methode Recht – und hat die Berater von Porsche Consulting längst dazu gebracht, die
Wertstromanalyse sinnvoll zu adaptieren und auf Unternehmensbereiche und Branchen zu übertragen, an die die
japanischen Erfinder einst sicher nicht gedacht haben.
Das aufschlussreiche Blatt Papier dient den Beratern zur
Darstellung von Arbeitsabläufen im Vertrieb, der Entwicklung oder der Administration ebenso wie im Handel
oder der Dienstleistungsbranche. Selbst im Krankenhaus
feiert die Wertstromanalyse bereits Erfolge – auch wenn
hier die Adaption besonders viel Fantasie verlangt. Quasi
„auf dem Rücken der Patienten“ verfolgen die Berater
den Patientenstrom durch die wesentlichen Stationen des
Behandlungsprozesses. Da es sich um eine personenbezogene Dienstleistung handelt und praktisch keine standardisierten Vorgehensweisen vorliegen, fällt die Wertstromanalyse hier relativ grob aus. So beruhen beispielsweise
Warte- und Untersuchungszeiten eher auf Durchschnittsund Schätzwerten. Am Erfolg freilich ändert dies nichts.
Den Ärzten konnte ihr Zeitaufwand für Patienten-ferne
Tätigkeiten klar vor Augen geführt und schließlich die
wertschöpfende Arbeit drastisch erhöht werden. Selbst
die Verweildauer der Patienten wurde mit Hilfe der Ergebnisse der Wertstromanalyse deutlich reduziert – ohne
den Aufwand für die rein medizinische Betreuung auch
nur im Entferntesten anzugreifen.
Im Krankenhaus beschränken sich die Verbesserungsmaßnahmen oft auf eine optimierte Kommunikation, die
Definition klarer Zuständigkeiten oder eine Standardisierung von administrativen Aufgaben. In anderen Branchen wie in der Industrie können die Eingriffe in den
Arbeitsalltag weit tiefer gehen. Um den optimalen
Soll-Zustand zu erreichen, nimmt der Experte die Flussperspektive ein. Das heißt: Er verbessert den gesamten
Durchlauf – und nicht einzelne Prozesse. Fluss-Kaizen ist
Wertstromanalyse
deshalb in der Umsetzung auch etwas komplizierter, verlangt die Einführung der Just-in-Time-Prinzipien, Umbaumaßnahmen oder eine neue Steuerungssoftware.
Meinert: „Die Werke sind hinterher oft ganz anders aufgestellt. Das kann bis zu eineinhalb Jahren dauern.“
Beeindruckend ist auch das Beispiel eines FertighausHerstellers. Dort zeigte die Wertstromanalyse in der Administration deutlich: Schon die räumliche Aufteilung
und Sitzverteilung der Mitarbeiter sorgte für lange
Transportstrecken während des Durchlaufs der Bauakten. Dazu kamen zu lange Wartezeiten, unnötige
Nachfragen, Anhäufung von Akten, eine zu aufwändige
Bearbeitung fehlerhafter Akten oder eine unterschiedliche Auslastung der Mitarbeiter – also typische Fälle von
Überproduktion und Verschwendung. Für Abhilfe sorgten eher drastische Maßnahmen. Jörg Uffmann: „Wir
haben im Verwaltungsbereich unter anderem sieben
Mauern zwischen den Büros abreißen lassen.“
Wie gesagt: Wenn Verschwendung eliminiert werden
soll, müssen alte Strukturen oft kräftig leiden. Nur so
kommt alles in Fluss. Für eine Standardisierung der Methode sorgt Porsche Consulting schon selbst. Zur Grundausbildung für jeden Berater zählt auch eine umfangreiche Schulung zur Anwendung der Wertstromanalyse. B
43 Caracho
Wertstromanalyse
Groß aufgemacht: Die Wertstromanalyse kann als Thema auch eine ganze Wand füllen
fende Zeit (reine Bearbeitung) meist nur in Minuten oder
Sekunden. Parallel zum Materialfluss wird der Informationsfluss abgebildet. Um diese zuverlässigen Eckdaten
zu erhalten, müssen vor Ort in der Produktion an allen
Fertigungspunkten die Zeiten genau gemessen und die
Wege mitgegangen werden. „Der in Planungsbüros vorgesehene Ablauf und das, was in der Fertigung tatsächlich passiert, stimmen meist nicht überein“, so Uffmann.
„Deshalb muss man sich die Fertigung vor Ort genau ansehen. Schon nach ein paar Stunden weiß man, wie sie
wirklich gesteuert wird.“
Am Ende passen alle Informationen auf ein DIN-A4Blatt. Und – ganz salopp ausgedrückt – je unübersichtlicher es wirkt, desto größer ist das Verbesserungspotenzial. Die kritischen Stellen sind besonders markiert und
geben Aufschluss über die zu ergreifenden Maßnahmen,
zum Beispiel die direkte Abarbeitung der Probleme in
Workshops. Andreas Meinert: „Die Mitarbeiter denken
meist nur in einzelnen Fertigungsschritten oder eben an
ihre eigene Arbeit. Der Lerneffekt einer Wertstromanalyse besteht darin, den gesamten Entstehungsprozess zu
beobachten. Und auch, wenn A (weiter im Innenteil)
Wertstrom Patientenverweildauer
FEBRUAR 2005
Optimierung durch Einführung Patientenmanager
HEUTE
Beispiel aus der Herz- und Gefäßchirurgie der Uniklinik in Freiburg: Einzelprozesse lassen sich nicht so präzise abbilden. Vielmehr geht es darum, den Gesamtprozess der Patientenverweildauer darzustellen. Durch den Einsatz
eines zentralen Patientenmanagements konnten Reibungsverluste vermieden und bei gleichzeitiger Qualitätssteigerung die Patientenverweildauer signifikant reduziert werden. Der Zeitaufwand für wertschöpfende Tätigkeiten ist
derselbe geblieben. Das heißt: An der optimalen medizinischen Versorgung hat sich nichts geändert. B
Wertstrom Bauakten
Sollprozess mit Flussorientierung
Der Ist-Prozess (oben) verdeutlicht die intransparente und aufwändige Steuerung der Prozesse, da jeder Prozess
einzeln angesteuert wird (Inseldenken) und die Prozessreihenfolge variiert. Deshalb wurde ein Soll-Prozess mit
Flussorientierung entwickelt. Die transparente Steuerung und Taktung der Bauvorhaben sorgt für eine optimal abgestimmte Prozessreihenfolge. Festgelegt wurde auch die Maximalanzahl von Bauakten (keine überflüssigen Kopien mehr wie bisher). B
Der Klick im Kopf
Für den Pioniergeist im Einsatz: Im Rahmen des Engagements für
den Deutschen Gründerpreis coachen die Berater von Porsche Consulting
einmal nicht Unternehmen, deren Strukturen verändert und optimiert werden
sollen. Vielmehr gilt es, durch Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch
die Grundbedürfnisse junger Firmen zu befriedigen.
Reiner Schloz, 1 Thomas König
Gründerpreis
In der Porsche-Akademie wurde eifrig montiert. Aus Reifen, Rädern, Achsen, Chassis, Auflegern und Fahrerkabinen entstanden Lkw im Akkord. Und wie im richtigen
Leben traten die „Werker“ gegen die Uhr an. Nun
scheint so eine Aufgabe für gestandene Unternehmer
keine große Herausforderung zu sein. Aber wie so viele
Gäste, die nach Bietigheim kommen, um sich auf die
Veränderung ihrer Arbeitsabläufe nach den Richtlinien
schlanker Prozesse vorzubereiten, musste auch der Kreis
der Firmengründer (siehe Kasten) schnell feststellen:
Man kann einen Lkw so oder so zusammenbauen – oder
Caracho 48
nach einem optimalen Ablauf. Die Gäste waren jedenfalls sehr beeindruckt, als ihnen die Porsche-Berater im
Rahmen des Workshops die gnadenlosen Zeitanzeigen
der Stoppuhr präsentierten: Je mehr sich die Produktion
dem bestmöglichen Herstellungsverfahren annäherte,
desto schneller waren die Lkw fertig.
„Wir sehen es als einen Teil unserer Aufgabe an“, sagt
Geschäftsbereichsleiter Till Friedrich, „den Neu-Unternehmern ein Grundverständnis für Lean Management zu
vermitteln.“ Die Porsche-Berater sind in besonderer Mis-
Von Gründern und Aufsteigern
Der Deutsche Gründerpreis wird jährlich in vier Kategorien vergeben: Schüler, StartUp, Aufsteiger und Lebenswerk. Die Preisträger und Nominierten der Kategorien StartUp und Aufsteiger werden zusätzlich über einen definierten Zeitraum von Porsche Consulting unterstützt. In diesem Jahr sind das folgende Unternehmen:
StartUp:
Preisträger: Eoil Automotive & Technologies GmbH,
Alfeld. Entwicklung einer Technologie zur Nutzung
von Pflanzenöl als Kraftstoff für Fahrzeuge. Projekt:
Optimierung Produktentstehungsprozess und Entwurf
einer prozessorientierten Entwicklungsorganisation
Aufsteiger:
Preisträger: Teutoburger Ölmühle GmbH & Co. KG,
Ibbenbüren. Produktion hochwertiger kaltgepresster
Speiseöle. Projekt: Reduzierung der Rüstzeiten in der
Produktion, Implementierung Total Productive Maintenance (Erhöhung Maschinenverfügbarkeit)
Nominiert: Resonanz Magnetfeldtechnik GmbH,
Dortmund. Entwicklung und Produktion eines Multiphasen-Elektromotors für Generatoren und Leichtfahrzeuge. Projekt: Kaufteilpreisanalyse für Generator,
Definition Wertschöpfungstiefe
Nominiert: Open Business Club AG/Xing, Hamburg.
Betreiber einer Website für professionelles Networking
im Internet
Nominiert: Robomotion GmbH, Stuttgart. Produkte
und Dienstleistungen zum effizienten, sicheren Einsatz
von Robotern. Projekt: Standards im Personalprozess,
Vermarktungsstrategie für eine neue Technologie
Nominiert: TRANSPOREON GmbH & Co. KG,
Ulm. Entwicklung, Herstellung und Vertrieb einer
Logistikplattform zur Vernetzung von Großverladern
mit Speditionen und Frachtführern.
Projekt: Optimierung Kundenauftragsprozess
49 Caracho
sion im Einsatz: Zusammen mit der Porsche AG engagiert sich Porsche Consulting seit Anfang des Jahres
neben dem Magazin stern, dem ZDF und dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband für den Deutschen
Gründerpreis. Die Initiative, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Jubiläum feierte, will den Gründergeist und das
Unternehmertum in Deutschland fördern. Nach strengen
Kriterien werden jährlich Geschäftsideen, Business-Plan,
Wachstum sowie Erfolg bewertet und Preise in vier Kategorien vergeben: Schüler, StartUp, Aufsteiger und Lebenswerk. Unterstützt wird die Initiative von einem Ku-
Gründerpreis
ratorium, in dem sich so erfolgreiche Unternehmer wie
Willy Bogner, Prof. Dr. Reinhold Würth, Prof. Dr. Claus
Hipp, Dr. Florian Langenscheidt oder Anton Wolfgang
Graf von Faber-Castell gemeinsam engagieren.
„Der Standort Deutschland und damit seine unternehmerische Vitalität liegen uns sehr am Herzen. Unser Engagement beim Deutschen Gründerpreis ist ein Beitrag
zu dessen Zukunft“, sagt der Porsche-Vorstandsvorsitzende Dr. Wendelin Wiedeking. Entsprechend engagiert
ging Porsche Consulting an die Arbeit. Till Friedrich: A
Mit Maß und Weitblick für die Gründer: Eberhard Weiblen (o. l.), Klaus-Dieter Pannes (o. r.), Knut Krümmel und Till Friedrich (u. v. l.)
Gründerpreis
Caracho 50
Es darf auch mal gelacht werden: Einstimmung der Neu-Unternehmer auf die Lkw-Fertigung nach Art von Porsche Consulting
„Wir haben sehr viel Zeit und Herzblut in das Projekt
gesteckt.“
Der zweitägige Workshop im September in der Consulting-Zentrale in Bietigheim markierte die Halbzeit
eines umfangreichen Einsatzes der Porsche-Berater. Dort
wurden die Sieger und Nominierten in den Kategorien
StartUp und Aufsteiger in die Grundzüge der PorschePhilosophie eingeweiht. Eine Begegnung, von der auch
Porsche Consulting profitiert. Schließlich trifft man nicht
alle Tage auf Menschen, die mit völlig unterschiedlichen
Ideen, gesundem Optimismus und der nötigen Entschlossenheit ein Geschäft aufbauen. Senior Berater Klaus-Dieter Pannes: „Man lernt ganz verschiedene Menschen
kennen. Und es ist sehr interessant zu erfahren, wie sie
sich gefunden und dann gemeinsam mit dem Mut zum
Risiko ihre Ideen umgesetzt haben.“
In der Tat handelt es sich um einen bunten Kreis. Da
ist zum Beispiel die Eoil Automotive & Technologies
GmbH, die einen Umrüstsatz für Lkw entwickelt und erfolgreich eingeführt hat: Dieselfahrzeuge können jetzt
auch mit Pflanzenöl fahren. Oder die Stuttgarter Robomotion GmbH, die Anwendungen für Industrieroboter
für die Verpackungs- und Nahrungsmittelindustrie entwickelt: Die Roboter können Kekse, Pralinen und andere
fragile kugelförmige Köstlichkeiten in Windeseile so einsortieren, dass sogar die Verpackung immer gleich ausgerichtet ist. Oder die Teutoburger Ölmühle, die sich ein
energieautarkes Herstellungsverfahren patentieren ließ
und jetzt mit hochwertigem Speiseöl aus geschältem
Raps Erfolge feiert.
Dass bei diesem Klientel in den Anfangsjahren nicht
unbedingt die Prozessoptimierung im Vordergrund steht,
ist für die Berater verständlich. In dieser Phase geht es
eher um Wachstum, Akquise, Personalaufbau oder das
Erreichen der Marktführerschaft. Projektmanager Knut
Krümmel: „Wir verstehen uns deshalb auch als Moderatoren, bringen die Unternehmer zusammen und sorgen
für einen Erfahrungsaustausch.“ So stand in Bietigheim
neben der „Lkw-Fertigung“ in der Porsche-Akademie
unter anderem ein Gespräch mit Eberhard Weiblen auf
dem Programm. Der Geschäftsführer von Porsche Consulting machte den Neu-Unternehmern Mut und erzählte aus dem Arbeitsalltag und von der Geschichte des
eigenen Unternehmens: Wie es 1994 mit vier Mann,
einem Büro „und den Schreibtischen, die eben gerade da
51 Caracho
waren“, angefangen hat. Und wie sich Porsche Consulting mit Hilfe eines unverwechselbaren Geschäftsmodells
und klarer Zielvorgaben im Lauf der Jahre zu einem
international tätigen Beratungs-Unternehmen mit mittlerweile über 170 Mitarbeitern entwickelt hat.
„Das waren zwei super Tage mit viel Spannung in
Theorie und Praxis“, zog Frank Pommerening von der
Dortmunder Resonanz Magnetfeldtechnik GmbH ein
positives Fazit. Und Dr. Andreas Wolf von Robomotion
fasste seine Eindrücke so zusammen: „Irgendwann hat es
im Kopf klick gemacht.“
Bereits im Vorfeld hatten sich Unternehmer und Berater recht gut kennengelernt. Als Jury-Mitglied hatte Porsche Consulting schließlich maßgeblich dazu beigetragen, aus den rund 150 vorgeschlagenen Unternehmen
Gründerpreis
(die Auswahl reichte vom Bauschuttsortierer bis zur innovativen Zahnarztpraxis) die besten herauszufinden.
Im Laufe des Auswahlverfahrens mit mehreren Runden
hatten sich die Porsche-Berater mit 20 Fragebögen, Telefoninterviews und schließlich mit Besuchen vor Ort ein
genaues Bild von den letztlich drei Nominierten pro Kategorie gemacht. Diese hatten sich vor der endgültigen
Entscheidung der Jury persönlich präsentiert. Friedrich:
„Natürlich spielte die Art der Präsentation für die Entscheidung eine wichtige Rolle. Aber bei manchen Unternehmen war die Präsentation besser, als das, was wir vor
Ort vorgefunden hatten. Das haben wir den anderen Jurymitgliedern dann deutlich gemacht.“
Nach der Preisverleihung im Juni mit viel Prominenz
aus Wirtschaft und Gesellschaft in Berlin bereiteten die
Porsche-Berater dann die individuellen Workshops und A
„Zwei spannende Tage in Theorie und Praxis“: Die Gründer und ihre Berater vor der Zentrale von Porsche Consulting in Bietigheim
Gründerpreis
Caracho 52
Bester StartUp 2007: ZDF-Moderator Klaus-Peter Siegloch (l.) mit Dirk Wenzel (M.)
und Dietbert Rudolph von Eoil bei der Preisverleihung
Projekte für Sieger und Nominierte vor. Von Personalprozessen über Rüstzeitoptimierung bis zur Definition
des Kundenauftragsprozesses war alles dabei. Für Eoil
zum Beispiel entwickelte Porsche Consulting für einen
Produktentstehungsprozess das übliche Schaubild (Fachjargon: Landkarte) mit allen Endpunkten und Quality
Gates der relevanten Arbeitsabläufe. Eine Methode, die
die Gründer bis dahin noch nicht angewandt hatten.
„Wir sind gerade dabei, ein Enterprise Resource Planning System einzuführen, um unsere Neuentwicklungen
IT-gesteuert planen zu können. Die Landkarte verschafft
uns die nötige Transparenz und hilft uns, klare Entscheidungen zu treffen“, sagt Mitgründer Dirk Wenzel.
Bei Robomotion in Stuttgart unterstützten die Berater
das Unternehmen dabei, die eigene Vision in Zielvereinbarungen für einzelne Mitarbeiter umzuwandeln, und
verband dies gleichzeitig mit der Ausarbeitung eines Bewertungssystems. Zudem wurde eine Marktanalyse für
ein neues Produkt erstellt. Dr. Andreas Wolf: „Die Begegnung mit Porsche war sehr nützlich, weil wir vor
allem einmal einen anderen Blick auf unsere Arbeit gewonnen haben. Was erarbeitet wurde, ist auch umsetzbar und hilft uns strategisch auf jeden Fall weiter. Unser
Problem wird künftig sicher sein, das auch selbst konsequent umzusetzen.“
Die Berater Till Friedrich, Klaus-Dieter Pannes und
Knut Krümmel waren bis Ende November vergangenen
Jahres unterwegs. Die Erwartungen der Gründer an die
Beratungstätigkeit wurde dabei voll erfüllt. Dr. Michael
Raß von der Teutoburger Ölmühle hat sein Unternehmen bereits nach der ersten Begegnung mit den PorscheBeratern mit anderen Augen betrachtet: „Es ist wirklich
komisch. Wir sind noch ein sehr junges Unternehmen
und trotzdem schleicht sich schon überall Verschwendung ein. Die Begegnung mit Porsche Consulting kam
zur rechten Zeit.“ B
53 Caracho
Gründerpreis
Machen sich für Gründer stark (v. l.): Kurator Dr. Florian Langenscheidt, Markus Schächter (ZDF), Thomas Osterkorn (stern),
Dr. Wendelin Wiedeking (Porsche) und Heinrich Haasis (Deutscher Sparkassen- und Giroverband)
Gründergeschichten zum Jubiläum
Was an die Öffentlichkeit kommt, sind meistens
nackte Zahlen. Dabei steckt hinter einem Unternehmen viel mehr: Menschen, die an sich glauben und
mit Mut zum Risiko ihren eigenen Weg gehen, Geschichten über Erfolg und Misserfolg, über unerwartete Entwicklungen sowie von Glück und von Pech.
Zum zehnjährigen Bestehen des Deutschen Gründerpreises hat die Initiative einige dieser spannenden Geschichten zusammengetragen und sie in dem Buch
„Gründergeschichten – vom Abenteuer, ein Unternehmen aufzubauen“ zusammengefasst. Erzählt wird
vom Werdegang ehemaliger Preisträger, von ihrem
Scheitern und Neuanfang oder vom erfolgreichen
Kampf gegen Krisen. Mit Reinhold Würth und
Heinz-Horst Deichmann berichten zudem zwei für
ihr Lebenswerk ausgezeichnete Unternehmer. Für das
Vorwort zeichnen mit Thomas Osterkorn (stern),
Heinrich Haasis (Deutscher Sparkassen- und Giroverband), Markus Schächter (ZDF) sowie dem Porsche-Chef Dr. Wendelin Wiedeking die Herausgeber
und Gründerpreis-Partner. Eine unterhaltsame Lektüre für Menschen, die mitfühlen können – oder selbst noch
viel vorhaben.
„Gründergeschichten – vom
Abenteuer, ein Unternehmen
aufzubauen“; Campus Verlag
GmbH, Frankfurt am Main;
290 Seiten; 29,90 Euro.
Ein Super-Sportler, der auch Porsche-Lieferanten absolute Höchstleistungen abverlangt: der neue 911 GT2
„Wir müssen
Lieferanten
auch unter die
Arme greifen“
Sebastian Fischer, Leiter Lieferantenmanagement
bei Porsche, hält Kontakt zu rund 700 Lieferanten.
Mit Caracho sprach er über die Bewertung, die
Entwicklung und die richtige Auswahl von
Zulieferern sowie die Rolle von Porsche Consulting.
Herr Fischer, muss ein Automobilhersteller nicht vor
allem den Kontakt zu seinen Kunden pflegen? Die Lieferanten werden doch ohnehin schon dafür bezahlt, dass
sie das richtige Teil zur richtigen Zeit an den richtigen
Ort liefern.
Sebastian Fischer: „Natürlich stehen unsere Kunden
an oberster Stelle. Speziell von Porsche erwarten sie zum
vereinbarten Termin ein hochwertiges Produkt auf dem
neuesten Stand der Technik. Das geht nur, wenn die Zulieferprozesse reibungslos ineinandergreifen. Die Kette
muss also in zwei Richtungen funktionieren.“
Für Porsche ist es demnach ganz besonders wichtig, das
richtige Teil vom richtigen Produzenten zu erwerben?
Fischer: „Durch unsere Größe und unser Geschäftsmodell haben wir spezifische Rahmenbedingungen. Auf
Basis von drei Baureihen bieten wir dem Kunden heute
eine breite Palette von Modellen und nahezu unbegrenzte
Individualisierungsmöglichkeiten. Für die Kaufteile heißt
das: hohe Varianz bei kleinen Stückzahlen. Gleichzeitig
liegt aber der Anteil der externen Wertschöpfung bei A
Lieferantenmanagement
rund 85 Prozent. Dazu kommen die hohen Qualitätsansprüche von Porsche sowie der Einsatz von innovativen
Technologien und Werkstoffen, mit denen sich unsere
Fahrzeuge vom Wettbewerb unterscheiden.“
Caracho 56
Wie erreicht man dieses Ziel bei 700 Serienlieferanten?
Fischer: „Stellen Sie sich einen Klassenlehrer mit 34
Schülern vor. 30 Kinder bereiten keinerlei Probleme, um
diese muss man sich kaum kümmern. Die restlichen vier
aber benötigen eine intensive Zuwendung.“
Fischer: „Dazu soll das Lieferantenmanagement einen
wesentlichen Teil beitragen. Bevor wir einen neuen Lieferanten auswählen, unterziehen wir ihn einer intensiven
Untersuchung. In diesem sogenannten Audit zur Lieferantenentscheidung arbeiten fünf Kollegen aus verschiedenen Ressorts einen 157 Fragen umfassenden Katalog
vor Ort durch. Am Ende steht ein A, AB, B oder C. Die
ersten beiden Kategorien haben bestanden. B-Lieferanten
benötigen ein wenig Nachhilfe. C-Lieferanten kommen
für uns eigentlich nicht in Frage.“
Besteht denn nicht die Möglichkeit, im Vorfeld nur die
Musterschüler für die Porsche-Klasse auszuwählen?
Eigentlich. Das heißt, es gibt Ausnahmen?
Fischer: „Ja, es gibt zum Beispiel einen Fall, in dem
57 Caracho
Lieferantenmanagement
Der schnellste aller Elfer
Für die Fotos zum Interview ließ der neue Porsche 911 GT2 seine Muskeln spielen: Der schnellste aller Elfer vertraut auf
530 PS im Heck, gehorcht den Befehlen eines manuellen Sechsganggetriebes und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von
329 km/h. Der kraftvolle Motor basiert auf dem Sechszylinder-Boxertriebwerk des 911 Turbo, das von zwei Abgas-Turboladern mit variabler Turbinengeometrie stets optimal mit Luft versorgt wird. Der Clou: Erstmals wurde das Turbo-Aggregat mit
einer Expansionssauganlage kombiniert – eine Revolution bei aufgeladenen Motoren. Bescheiden ist der GT2 nur im Verbrauch. Nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) begnügt sich der Kraftprotz mit dem markanten Heckspoiler mit
12,5 Litern pro 100 Kilometer.
wir ein bestimmtes Bauteil von einem Lieferanten haben
wollten, weil er der einzige war, der unsere technischen
Vorgaben erfüllt hat. Im Audit bewerteten wir ihn aber
nur mit C. Also waren wir gezwungen etwas zu tun.
Mittlerweile sind die ersten Fahrzeuge ausgeliefert, die
Kunden zufrieden und der Lieferant mit AB bewertet.“
Ist mit der Beziehungspflege Schluss, wenn das Fahrzeug
den Start of Production (SOP) durchschritten hat und in
die Serienproduktion gegangen ist?
Fischer: „Auf keinen Fall. Wir unterteilen insgesamt
drei Phasen: PEP, also den Produktentstehungsprozess,
der bis zum SOP reicht, die Serienversorgung sowie den
Bereich After Sales. Während des PEP führen wir zwei
Bewertungen durch, danach werden die Ergebnisse von
den Fachbereichen jeweils habjährlich geprüft. Im Lieferanten-Lenkungskreis, der alle vier Wochen tagt, führen
wir alle Bewertungen zusammen und entscheiden ressortübergreifend über die nächsten Schritte. So behalten
wir stets den Überblick und können, sollte ein Lieferant
in verschiedenen Bereichen Probleme haben, koordiniert
vorgehen.“
Was passiert, wenn ein Lieferant während der Serienfertigung in der internen Bewertung abrutscht?
Fischer: „Temporäre Störungen werden durch den A
Lieferantenmanagement
Caracho 58
59 Caracho
Lieferantenmanagement
Sebastian Fischer, Leiter
Lieferantenmanagement
Warum benötigen Sie die Berater der Porsche Consulting
und führen in kritischen Situationen die Maßnahmen
nicht selbst durch?
Fischer: „Die Idee dahinter ist durch den Lean-Gedanken geprägt. Wir setzen die richtigen Leute genau
dann ein, wenn wir sie an einer bestimmten Stelle benötigen. Dadurch sind wir flexibel. Die Berater der Porsche
Consulting sind dafür optimal. Zum einen übernehmen
sie die Rolle eines neutralen Moderators. Zum anderen
gehen sie pragmatisch an ein Problem heran, denken
aber trotzdem konzeptionell und nachhaltig.“
bei Porsche: 157 Fragen
an alle neuen Partner
Fachbereich mit dem Lieferanten behoben. Sind die Probleme jedoch nachhaltig und wird eine systematische
Unterstützung gebraucht, dann setzt das Lieferantenmanagement ein. Inzwischen haben wir sechs Instrumente
entwickelt, die wir je nach Projektphase und Eskalationsgrad einsetzen.“
Dabei setzen Sie auch auf die Hilfe und das Know-how
der Porsche Consulting.
Fischer: „Insbesondere bei zwei Instrumenten setzen
wir auf die Hilfe der Porsche-Berater, beim Kick-off der
Lieferantenintegration und bei Lieferanten-Integrationsprojekten (LIP). Bei den Kick-off-Veranstaltungen geht es
darum, zu Beginn der Zusammenarbeit im Produktentstehungsprozess dafür Sorge zu tragen, dass beispielsweise die Kommunikation zwischen Porsche und dem
Lieferanten funktioniert, die Termine genau abgestimmt
werden oder das Lastenheft verabschiedet wird. Es handelt sich um eine rein präventive Maßnahme. Mit einem
Lieferanten-Integrationsprojekt, das ebenfalls während
des Produktentstehungsprozesses aufgesetzt wird, greifen
wir dagegen Themen auf, die bereits kritisch bewertet
werden, und versuchen, sie wieder in den Zielkorridor
zurückzuführen.“
Das bedeutet, dass Lieferanten, die Gefahr laufen, ihren
Auftrag nicht korrekt zu erfüllen, mit dem erforderlichen
Einsatz von Porsche-Seite aus unterstützt werden. Wie
wird das von den Partnern aufgenommen?
Fischer: „Das Ziel ist eine gute und faire Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten. Es geht darum, Termine
und Vorgaben einzuhalten. Wenn wir unserem Partner
zur Zielerreichung – zum Beispiel mit Unterstützung
durch die Porsche-Berater – unter die Arme greifen müssen, tun wir das.“ B
Sorgentelefon
Der heiße Draht
zum guten Rat
Funktionieren die Prinzipien einer schlanken Arbeitsweise
auch im gemeinnützigen, sozialen Bereich? Die Berater
von Porsche Consulting wagten den Feldversuch in der Welt
der Ehrenamtlichen. Während sie beim Sorgentelefon
„Nummer gegen Kummer“ die Prozesse optimierten,
erfuhren sie auch viel über das, was Kinder und Jugendliche
wirklich bewegt.
Horst Walter, 1 Matthias Hangst
Gespräche, die gut tun: Uwe Bodmer, Berater am Kinder- und Jugendtelefon
Sorgentelefon
Sorgentelefon
Sina (alle Namen geändert) ist verzweifelt. Ihre Eltern
streiten sich häufig, und ihr Vater ist meistens betrunken.
Jetzt wurde er sogar von der Polizei geholt. „Das finde
ich gemein“, sagt die 12-Jährige und will wissen, was sie
tun kann. „Ich liebe doch meine Eltern.“
Es ist Mittwochnachmittag, 16 Uhr. Uwe Bodmer, Berater am Kinder- und Jugendtelefon, hört sich die Geschichte eine Viertelstunde lang an. Und obwohl das
Mädchen seinen Rat, beim Jugendamt Hilfe zu suchen,
nicht annehmen will, ist sie nach dieser Viertelstunde offensichtlich zufrieden. Allein das Gespräch, sagt sie, habe
ihr gutgetan. Und sie werde jetzt auf jeden Fall auch ganz
ernsthaft mit ihren Eltern reden.
Hier, in diesem schmalen Büro in den Räumen des
Kinderschutzbundes Stuttgart in der Christophstraße 8,
spielt sich das wahre Leben ab – mit allen kleinen und
großen Sorgen dieser Welt. Ronja hat Stress, weil ihre
Freundin die Pause nur noch auf dem rechten und nicht
mehr auf dem linken Schulhof verbringen will, Fabian ist
traurig, weil sein Hund überfahren wurde und er sich
schuldig fühlt, und Leona ist gestern von zu Hause weggelaufen. Sie steht jetzt einsam und verlassen vor dem
Stadion, hat Hunger, kein Geld und weiß nicht mehr
weiter.
5,2 Millionen Kinder und Jugendliche wählten im vergangenen Jahr 0800-1110333, die Nummer gegen Kummer. Doch nur 900.000 Anrufe konnten von den 3291
Ehrenamtlichen in Deutschland entgegengenommen
werden. „Natürlich muss es unser Ziel sein, das Beratungsangebot auszubauen“, sagt Rainer Schütz, Geschäftsführer des Vereins Nummer gegen Kummer – und
kämpft doch mit ganz anderen Problemen: Das Spendenaufkommen ist so zurückgegangen, dass die Geschäftsstelle in Wuppertal von zwölf Mitarbeitern auf vier Teilzeitkräfte geschrumpft ist. „Wir waren schon ziemlich
frustriert, weil wir ja weiterhin unser großes Angebot
Caracho 62
aufrechterhalten wollten“, sagt die Diplom-Pädagogin
Beate Friese, die für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Die Folge: Auch die 110 Mitgliedsorganisationen, die dem Dachverband Nummer gegen Kummer
angeschlossen sind und mit der von der Deutschen Telekom kostenlos geschalteten bundesweiten Nummer beraten, spürten den finanziellen Einbruch und suchten
nach Sparmaßnahmen. Einige wollten sogar die Verwaltungskosten in der Zentrale noch weiter reduzieren.
Nummer gegen Kummer – ist das ein Fall für Porsche
Consulting? Für ein Beratungsunternehmen, das sonst
erfolgreiche Firmenimperien mit Millionen-Umsätzen
unterstützt? Kaum denkbar. Und doch.
Klient: Nummer gegen Kummer
Branche: Gemeinnützig/Soziales
Projektbesonderheit: Pro-bono in gemeinnützigem
sozialen Bereich
„Das Interessante war: Funktioniert unsere Methode
auch im Non-Profit-Bereich?“, sagt Sven Seidel – und
der Partner der Porsche Consulting GmbH liefert die
Antwort gleich mit: „Sie funktioniert.“ Und das in allen
Punkten: Prozessanalyse, Workshop/Interviews, KVPAnsatz, strategische Marktbearbeitung. Die Ergebnisse:
Effizienzsteigerung in der Geschäftsstelle, Definition und
Abstimmung von Schnittstellen, Re-Fokussierung der
Aktivitäten auf den Wertschöpfungsprozess. „Wir sind
genauso vorgegangen wie in Wirtschaftsunternehmen“,
sagt der Projektmanager Holger Brandt, der interne Abläufe prüfte, Schnittpunkte kontrollierte – und feststellte,
dass die Verwaltung in Wuppertal „ein steigendes Angebot bei stark sinkender Mitarbeiterkapazität beziehungsweise Budget“ bietet. Und zu seiner eigenen Überraschung stellte er fest: „Mitarbeiter und Ehrenamtliche
sind mit mehr Leidenschaft bei der Arbeit als in anderen
Berufen. Die Identifikation mit der Tätigkeit ist wesentlich höher.“ A
63 Caracho
Sorgentelefon
Immer ein offenes Ohr für kleine und große Sorgen der Kinder und Jugendlichen: Beate Friese, Rainer und Heidi Schütz (v. l.)
Sorgentelefon
Und das, obwohl der Job nicht immer vergnügungssteuerpflichtig ist. Oft werden die ehrenamtlichen Berater am Telefon beschimpft, sie hören Geschichten von sexuellem Missbrauch und Suizidandrohungen – und
vieles beschäftigt sie auch Tage später noch. „Ich hatte
einen 16-jährigen Jungen, der mir ein Verhältnis zu seiner 35-jährigen Nachbarin gestand. Da überlegst du dir
schon, ob du ihm den richtigen Rat gegeben hast“, sagt
Uwe Bodmer und erzählt von Kollegen, die nach Suizidandrohungen tagelang Zeitung lesen und inständig hoffen, dass nichts passiert ist. Denn alle Anrufer bleiben
anonym – und den Beratern bleiben oft nicht mehr als
Empfehlungen. „Wir sind ja auch nicht die Lebenskünstler. Wir versuchen nur, mit unserem klaren Menschenverstand gemeinsam mit den Anrufern Lösungen zu erarbeiten – und extreme Fälle an entsprechende fachliche
Einrichtungen weiterzuverweisen.“
In Kursen über 100 Stunden werden sie auf ihre Arbeit vorbereitet, über die Methodik einer Gesprächsführung, über die Themen, die kommen: Am Kinder- und
Jugendtelefon ist Partnerschaft und Liebe mit 34 Prozent
der Anrufer auf Platz eins vor Sexualität (23 Prozent),
persönlichen Problemen (19,9 Prozent), Freundeskreis
(16,2), Familie (14,5) und Schule/Ausbildung (9,5). Beim
Elterntelefon, das Nummer gegen Kummer seit 2001 anbietet, sind Erziehungsprobleme, physische und psychische Auffälligkeiten der Kinder, soziale Konflikte und
Gewalt die Hauptthemen. „Wir merken in den Gesprächen mit den Eltern auch die zunehmende Armut“, sagt
Bodmer, der Vorsitzender des Kinderschutzbundes im
Ortsverband Stuttgart ist.
Der Kinderschutzbund stellt die meisten Standorte für
die Nummer-gegen-Kummer-Telefone – und mit ihm ergaben sich so auch für den Dachverband die meisten
zum Teil konfliktbeladenen Schnittstellen. Für die Mitarbeiter von Porsche Consulting war dies einer der wichtigsten Ansatzpunkte bei ihrer Arbeit. In einer Art Deutsch-
Caracho 64
land-Tour haben sie vor Ort Transparenz für die Arbeit
der Geschäftsstelle geschaffen und Wünsche und Anregungen der Mitglieder eingesammelt und nach Wuppertal weitergeleitet. Und: „Wir haben die Beteiligten an
einen Tisch gesetzt und gemeinsam über die Abgrenzungen und Aufgabengebiete gesprochen“, sagt der Berater
Dr. Kilian Sauerwald von Porsche Consulting. Der Erfolg: Es gibt weniger Brandherde und damit für die Geschäftsstellen-Mitarbeiter wieder mehr Zeit, sich um Öffentlichkeitsarbeit, Qualitätssicherung, Fortbildung und
Spendenbeschaffung zu kümmern. „Die Rü-ckendekkung durch Porsche Consulting lässt uns noch zielstrebiger an die Arbeit gehen“, sagt die Diplom-Psychologin
Heidi Schütz, und für den Geschäftsführer Rainer Schütz
ist klar, dass die Aufgaben zu wichtig sind, um sie ruhen
zu lassen. Zumal ein Test des Wirtemberg-Gymnasiums
in Stuttgart Nummer gegen Kummer als bestes Sorgentelefon für Kinder und Jugendliche einstufte und nur ein
Manko aufzeigte: zu wenig Beratungszeiten. „Für uns ist
jetzt Priorität Nummer eins: wir müssen Geld beschaffen“, sagt Schütz.
Das Geld, so haben die Porsche-Berater bestätigt, ist
auf jeden Fall gut angelegt. Belege dafür gibt es genügend. „Ihr seid einfach cool“, steht auf einer Karte, die
ein junges Mädchen ein paar Wochen nach einem Telefongespräch geschrieben hat. Damals wollte sie sich umbringen, weil sich ihr Freund in eine Jüngere verliebt hat.
Jetzt ist sie mit einem älteren Jungen zusammen. Und
sehr glücklich. B
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Spenden helfen.
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Auch gegen Kummer.
Kinder und Jugendliche wissen mit ihren Sorgen oft nicht wohin. Dann greifen Sie zum Telefon. Bei Nummer
gegen Kummer bleiben sie anonym, erhalten Trost und meist auch Hilfestellung. Doch dieser Rat darf nicht
teuer sein. Sondern völlig umsonst. Helfen Sie mit ihrer Spende, dass sich Kinder und Jugendliche weiterhin
ihre Sorgen von der Seele reden können. Oder werden Sie für einen Jahresbeitrag von 120 Euro gleich Fördermitglied bei Nummer gegen Kummer.
Nummer gegen Kummer
ist ein Dachverband, unter dem 110 Mitgliedsorganisationen zusammengeschlossen sind, die vor Ort unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer durch Ehrenamtliche kostenlos Beratungsgespräche anbieten.
Kinder- und Jugendtelefon:
0800 1110 333
Montag bis Freitag jeweils von 15 bis 19 Uhr
Elterntelefon
0800 1110 550
Montag und Mittwoch 9 bis 11 Uhr,
Dienstag und Donnerstag 17 bis 19 Uhr
Nummer gegen Kummer finanziert sich über Spenden.
Spendenkonto:
Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00, Konto 7213801
Adresse: Kleiner Werth 34, 42275 Wuppertal
[email protected]
http://www.nummergegenkummer.de
Schlank aufgebaut
Als Generalunternehmer bei Großbauprojekten orientiert sich
die HOCHTIEF Construction AG an der Automobilindustrie
und arbeitet konsequent an der Optimierung der Arbeitsabläufe.
Porsche Consulting weist den Bauexperten dabei den Weg
zu mehr Prozess-Stabilität.
Reiner Schloz, 1 Matthias Hangst
Bauindustrie
Caracho 68
Das neue „Fußballfeld“ am Rhein: Die Bingener Baustelle ist fein säuberlich aufgeräumt
In der Gartenstadt Bingen am Rhein lässt es sich gut
leben – wenn sie erst mal fertig ist. Ein kleines, feines
Stadtviertel mit Hotel wird hier entstehen, das fast wie
eine Ferienanlage wirkt. Direkt vor dem Balkon befindet
sich ein künstlich angelegter Park, ehe der Rhein sein
Wasser laufen lässt. Auf der anderen Seite des Ufers ziehen sich die Rüdesheimer Weinberge sanft nach oben
und dienen als solider Untergrund für das NiederwaldDenkmal. Nach links reicht der Blick gerade bis zum
Mäuseturm. Wer optische Reize schätzt, wird auf seine
Kosten kommen.
Schon jetzt bietet die Baustelle einen ungewöhnlichen
Anblick. Die HOCHTIEF Construction AG mit Hauptsitz in Essen zieht gerade die ersten vier Wohngebäude
mit 26 Eigentumswohnungen zwischen 80 und 180
Quadratmetern hoch. Bauvolumen: netto 4,9 Millionen
Euro. Momentan beschäftigen sich die täglich durchschnittlich knapp 40 Arbeiter von rund 12 Nachunternehmern mit dem Nassausbau. Putz und Estrich werden
aufgetragen. Der ganz normale Baualltag – wenn da
nicht diese eine Sache wäre: Auf der Baustelle gibt es ausreichend Platz zum Fußballspielen. Es liegt nichts herum.
Die vorhandenen Bestände stapeln sich fein säuberlich
auf mit farbigen Linien gekennzeichneten Plätzen, die
aussehen wie Parkbuchten. „Was hier angeliefert wird“,
sagt Bauleiter Helmut Grell, „wird innerhalb von zwei
Tagen verbaut.“ Neulich beim Richtfest wunderte sich
selbst Bingens Oberbürgermeisterin Birgit Collin-Langen
über so viel „Ordnung und Sauberkeit“. Aber das ist
69 Caracho
noch lange nicht alles. Eberhard Rau, als KVP-Manager
bei HOCHTIEF für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess auf mehreren Baustellen der Construction AG
verantwortlich, muss schmunzeln, wenn er an den verdutzten Handwerker denkt. Rau: „Als er mit den Putzarbeiten begann, mussten wir ihn stoppen. Er war gemäß
Terminplan zu früh.“
Die Aha-Erlebnisse nehmen zu. Schließlich ist Bingen
momentan neben Projekten in Köln, Hamburg, Düsseldorf und Berlin eine von fünf Pilotbaustellen der
HOCHTIEF Construction AG. Mit Hilfe von Porsche
Consulting wird dort schlank gebaut nach Prinzipien,
wie sie in der Automobilindustrie angewandt werden.
Was auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint, bringt
bereits spürbare Ergebnisse. Für Dr. Reiner Pamp, Leiter
Lean Construction des Unternehmens, ist das die Folge
der konsequenten Umsetzung der Methoden, mit denen
in der Automobilproduktion der Fokus auf wertschöpfende Tätigkeiten gelegt und verschwendungsreiche Arbeiten reduziert werden. „Durch die Serienfertigung an
einem festen Ort hat es die Automobilindustrie etwas
leichter als wir in der Bauindustrie“, glaubt Reiner
Pamp, „aber die grundsätzliche Problematik ist dieselbe.
Deshalb können wir einiges von der Automobilproduktion lernen.“
Der neue Ansatz gilt als richtiger Schritt in die Zukunft. 2006 erbrachte die HOCHTIEF Construction AG
mit 4860 Mitarbeitern weltweit eine Leistung von 1,96
Milliarden Euro. Momentan ist der Generalunternehmer
in Deutschland auf rund 100 Baustellen allein im Hochbau tätig. Aber eben zu den Bedingungen, die in der
Bauindustrie herrschen – und die sind gerade für Generalunternehmer sehr risikobehaftet. Die eigene Fertigungstiefe (und damit die Wertschöpfung) beträgt nur
rund 20 Prozent – so wie in der Automobilindustrie. Der
Generalunternehmer übernimmt bei großen Projekten
die Rolle des Managers, verantwortet Kosten, die Qua-
Bauindustrie
lität und die Termineinhaltung und ist gleichzeitig aber
sehr von den Nachunternehmern abhängig. Die Qualität
ist in der Regel nicht durch Kennzahlen definiert und
deshalb sehr personenabhängig, was zu einer hohen
Quote von Nacharbeiten führen kann. Um Bauvorhaben
pünktlich fertigzustellen, muss in der Endphase eines
Projektes häufig unverhältnismäßig viel Energie und
Leistung erbracht werden. Zeitweilig ist das Management noch bis zu drei Monate nach Fertigstellung mit
dem Projekt beschäftigt.
Ein Ausmaß an Verschwendung, das Porsche mit Hilfe
schlanker Prozesse in der Fertigung längst reduziert hat,
dadurch vor Jahren wieder auf die Erfolgsspur wechselte
und dabei die Erfahrung sammelte, die Porsche Consulting heute an Kunden aus den verschiedensten Branchen
weitergibt. Die Adaption der Methoden von der Werkhalle auf die Baustelle war deshalb die erste Hürde. Jörg
Kaiser, Geschäftsbereichsleiter bei Porsche Consulting,
und sein Team stellten ihr Wissen dafür erst einmal auf
den Kopf. Kaiser: „In der Automobilfertigung fließt das
Produkt horizontal durch die einzelnen Arbeitsschritte.
In der Bauindustrie fließen die Gewerke vertikal durch A
Bauen nach (Zeit-)Plan: Große Transparenz erhöht die Termintreue
Bauindustrie
das Produkt. Hat man das verinnerlicht, lassen sich die
Methoden sauber ableiten.“
Natürlich bedurfte das zuerst einer grundsätzlichen
Einführung in die Welt von Lean Production, die für die
Verantwortlichen auf den Pilotbaustellen in bewährter
Weise in der Porsche-Akademie in Bietigheim durchgeführt wurde. In verschiedenen Workshops schworen die
Berater Mitarbeiter der Bauleitung, Arbeitsvorbereitung,
Planung, Logistik, Einkauf und Qualitätscontrolling auf
die Veränderungen ein. Es wurden Soll-Prozesse definiert
und Standards festgelegt. Da ist zum Beispiel der Takt,
Herzschlag jeder Automobilfertigung, auf dem Bau dagegen eher ein dehnbarer Begriff. Um beim Beispiel der
Caracho 70
kann oder ob frühzeitig zusätzliche Arbeitskräfte benötigt werden. Bauleiter Grell: „Wir müssen zwar öfter
kontrollieren, haben aber dafür einen deutlich besseren
Überblick.“ KVP-Manager Rau sieht einen weiteren
Vorteil: „Wird der Takt eingehalten, können wir so erreichen, dass an einem bestimmten Ort nur ein Gewerk arbeitet. Das bringt eine deutliche Qualitätsverbesserung.“
Auch die Einführung der „Just-in-Time“-Prinzipien
gehört zur Arbeitsweise auf den Pilotbaustellen. Hier
müssen die Nachunternehmer auf die Einhaltung der unumstößlichen fünf „r“ achten: Das richtige Teil muss in
der richtigen Qualität und der richtigen Menge zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. War es für die Zulieferer
Die Sache läuft: Fachgespräche über den Nassausbau
Alle ziehen an einem Strang: Rau, Pamp, Kaiser und Grell (v. l.)
Gartenstadt Bingen zu bleiben: Auf Grundlage der Vertrags- bzw. Ecktermine wurde der terminliche Ablauf
eines Großteils der Gewerke nach den Lean-Prinzipien
geplant.
zu Beginn des Pilotprojekts noch sehr ungewöhnlich,
mehrmals kleinere Mengen an Material liefern zu müssen, haben sie mittlerweile die Vorteile der Planungssicherheit selbst erfahren. Eberhard Rau: „Einige der
Nachunternehmer haben sich bereits zusammengeschlossen und Schnittstellen gesucht.“
Eine detaillierte Planung der Arbeitsinhalte und der
zugehörigen Kapazität eines Taktes ermöglichen ein
frühzeitiges Erkennen, ob ein Handwerker sein Gewerk
in der vereinbarten Zeit auch tatsächlich fertigstellen
Auch das Qualitäts-Controlling erfordert bei allen am
Bau Beteiligten ein Umdenken. „Fehler dürfen nicht A
„Bauindustrie braucht
Prozess-Innovationen“
Dr. Reiner Pamp, Leiter Lean Construction der HOCHTIEF Construction AG,
spricht im Interview über die Gründe und die Zielsetzung der Zusammenarbeit
mit Porsche Consulting.
Herr Pamp, wie modern ist die deutsche Bauindustrie?
Reiner Pamp: „Die Bauindustrie hat in den vergangenen Jahren – ähnlich wie die Automobilindustrie – ihre
Herstellungsverfahren optimiert und immer wieder Innovationen entwickelt. So gesehen ist die Bauindustrie sehr
modern.“
Wie kann Porsche Consulting Sie dann unterstützen?
Pamp: „Die Baubranche hat – wie die Automobilindustrie – einen starken Wettbewerb und damit hohen Zeitund Kostendruck. Wer sich in unserer Branche künftig am
Markt behaupten will, muss neue Wege gehen. Und wir
sind der Meinung, dass gerade in der Bauausführung großes Verbesserungspotenzial steckt.“
Wo liegen die Herausforderungen?
Pamp: „Die Hauptaufgabe eines Generalunternehmers
besteht heute hauptsächlich im Management der Bauprozesse. Wir koordinieren den Einsatz der Nachunternehmer, kümmern uns um die Kosten, die Qualität und
die Termineinhaltung. Kurz gesagt: Trotz großer Abhängigkeit von anderen tragen wir ein sehr hohes Risiko bei
gleichzeitig geringen Margen. Um noch effizienter zu
werden und eine noch bessere Qualität bei beherrschbarerem Risiko zu erzielen, braucht die Bauindustrie detaillierter geplante und stabilisierte Prozesse, aber auch weitere Prozess-Innovationen. Da sehe ich großes Potenzial
bezüglich Kosten, Qualität und Terminen.“
Und die holen Sie sich von den Experten aus der Automobilindustrie?
Pamp: „Die Automobilindustrie hat durch die Einführung der Lean-Prinzipien enorme Produktivitätsfortschritte erreicht, und das bei einer deutlichen Steigerung
von Lieferservice und Qualität. Gerade Porsche ist da
aus meiner Sicht vorbildlich. Ich bin der Überzeugung,
dass die Lean-Prinzipien, nach einem gewissen Transfer,
vollständig in der Bauindustrie angewendet werden können und auch bei uns zu signifikanten Verbesserungen in
der Produktion führen. Da steht aus meiner Sicht weder
die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen
noch das Produkt im Wege. Erste Umsetzungserfolge auf
unseren Pilotbaustellen geben Anlass, den Weg weiterzugehen. Es zeichnet sich ab, dass alle am Bau Beteiligten
profitieren, insbesondere auch der Kunde, die Planer und
die Nachunternehmer.“
Bauindustrie
mehr übernommen werden“, sagt Jörg Kaiser, „das muss
in die Köpfe rein. Denn was gleich behoben werden
kann, macht später keine Probleme mehr und verursacht
keine zusätzlichen Kosten.“ Allen menschlichen Gewohnheiten zum Trotz zieht man auf Baustellen wie Bingen die neuen Methoden konsequent durch. Dort wird
nicht nur nach Bauplänen, sondern auch nach Zeitplänen mit allen relevanten Quality Gates gearbeitet, die
stark der Landkarte eines Produktentstehungsprozesses
ähneln. Die Einführung von Visualisierungstafeln sorgt
für die nötige Transparenz. So können Termine konsequent kontrolliert und sehr stabil eingehalten werden.
Caracho 72
Innerhalb der HOCHTIEF Construction AG stoßen
die Pilotbaustellen mehr und mehr auf Interesse. Inzwischen liegen von weiteren Niederlassungen Anfragen
nach Pilotbaustellen vor. KVP-Manager Rau will zudem
die Nachunternehmer bereits im Vorfeld noch mehr mit
einbinden. „Wir müssen das Wir-Gefühl weiter stärken.“
In Bingen geht derweil alles seinen Gang. Im März
2008 sollen die vier Häuser fertig sein. Die neuen Bewohner werden dann den Blick genießen, der einen in
Urlaubsstimmung versetzt: Park, Rhein und die schönen
Weinberge auf der anderen Seite des Ufers. B
Parkbucht auf dem Bau: In Bingen haben überschaubare Bestände ihren festen, markierten Platz
73 Caracho
Bauindustrie
ViCon:
Die virtuelle Welt
des Bauens
Was in der Automobilindustrie längst zum Entwicklungsall-
Construction (ViCon) ist ein 3D-Computermodell, das um
tag gehört, gewinnt auch in der Bauindustrie zunehmend
jede beliebige, für das Bauwerk relevante Information
an Bedeutung: virtuelles Bauen mit Hilfe computergesteu-
erweitert werden kann (4D-Modell) mit dem Ziel, beim Bau
erter 3D-Modelle und Simulationen. Die Fertigung von
Zeit und Kosten zu sparen sowie frühzeitig mögliche Fehler
Unikaten machte die Entwicklung in der Bauindustrie
oder kritische Phasen zu erkennen. Dirk Schaper, Ge-
schwieriger. Fehlende Stückzahlen erschweren eine Auto-
schäftsführer der HOCHTIEF ViCon GmbH: „Aus Software,
matisierung. Aus den bereits dafür vorhandenen Technolo-
Hardware und Dienstleistungen formen wir Produkte, die
gien hat man bei HOCHTIEF das Dienstleistungskonzept
für alle am Bau Beteiligten einen Mehrwert schaffen.
ViCon entwickelt. Die Grundlage von Virtual Design and
Unser Ziel ist es, ViCon mit Hilfe von Porsche Consulting A
Bauindustrie
Caracho 74
in die schlanken Bauabläufe zu integrieren. Dann treten wir
Schließlich ist diese Dienstleistung auch ein hervorragen-
beim Bauen endgültig in eine neue Welt ein.“
des Instrument, um die Nachunternehmer noch besser zu
steuern.“
Die alte Welt sieht nämlich eher so aus: Auf der Baustelle eines 150 Millionen Euro teuren Hochbauprojekts
Übrigens: Auch wenn der Bau nach Plan läuft, ist ViCon
treffen täglich 30 bis 50 Pläne (bei 36 Monaten Bauzeit
noch lange nicht am Ende. Der Betreiber wird mit Hilfe des
sind dies ca. 40.000 Pläne) zu den verschiedensten Auf-
Gebäudeinformationssystems mit Hinweisen auf die War-
gabenstellungen ein, die es zu berücksichtigen gilt. Dabei
tungszyklen und anderen wichtigen Daten und Fakten ver-
den Überblick zu behalten, ist nicht leicht, Fehler werden
sorgt. Und auch die späteren Bewohner haben durch
oft erst sehr spät entdeckt, was zu Zeitverzögerungen und
ViCon frühzeitig einen großen Nutzen. Ähnlich dem Car-
Mehrkosten führen kann. ViCon dagegen bündelt alle Infor-
Configurator bei Porsche – im Internet kann sich jeder
mationen, die auf Knopfdruck abgerufen und im 4D-Modell
Interessent Farbe und Ausstattung seines Fahrzeugs vi-
sehr anschaulich nachvollzogen werden können. So er-
suell und inklusive Kosten zusammenstellen – sorgt der
laubt ViCon den Abgleich zwischen Ist- und Sollterminplä-
Building Configurator für klare Verhältnisse: Die richtige
nen, um frühzeitig reagieren zu können. Außerdem können
Farbe für die Fliesen im Bad, die Ausstattung der Küche –
exakte Mengenberechnungen – von Stahl und Beton bis
alles lässt sich am Computer im 3D-Format vorab darstel-
zur Abhangdeckenfläche – erstellt werden. Eine 3D-TGA-
len. Und man weiß gleich, was es kostet. B
Kollisionsprüfung schützt vor unliebsamen Überraschungen, weil räumliche Konflikte zwischen den TGA-Gewerken
(Heizung, Lüftung, Elektrik, Sanitär) frühzeitig erkannt und
beseitigt werden können. Schaper: „Solche Probleme sind
auf 2D-Plänen nur sehr schwer zu erkennen.“ Auch auf den
Lean-Pilotbaustellen wie in Bingen wird ViCon schon eingesetzt.
Die Möglichkeiten sind praktisch unbegrenzt. Momentan hat ViCon 45 sogenannte „iRooms“ im Einsatz. Mit
Hilfe von interaktiven Whiteboards kann sich der Nutzer
auf zwei großen Bildschirmen zum virtuellen Gang durch
das Gebäude aufmachen, an kritischen Stellen anhalten,
seine Bemerkungen direkt einschreiben, ein Foto erstellen
und per E-Mail an den Betroffenen senden. Seit April 2004
war ViCon weltweit auf über 300 Bauprojekten im Einsatz
und ist bisher besonders in den USA gefragt. Für HOCHTIEF und Jörg Kaiser, Geschäftsbereichsleiter bei Porsche
Consulting, ist klar: „Wir werden den Prozess definieren,
wann und wie ViCon sinnvoll angewandt werden kann.
Arbeiten mit dem „iRoom“: Alles lässt sich simulieren
IN LA CHAUX-DE-FONDS,
BIRTHPLACE OF THE
SWISS WATCH-MAKING
TRADITION, CARTIER
BRINGS TOGETHER
ON ONE SITE ALL THE
ELEMENTS OF CREATION
LEADING FROM THE
DRAWING TO THE
FINISHED PRODUCT.
Meeting the point of technology and tradition, the factory allows creativity, precision and
innovation to explore boundless new territories for invention. This audacity imprinted in the DNA
of Cartier guarantees watches with exceptional character.
Cartier Horlogerie is nowadays one of the few important factories in Switzerland
to integrate all the watch-making crafts and industrial processes.
Three main strategic axis of evolution keep on asserting Cartier’s special position: the reunion in
one tailor-made building of all the development skills to speed the time to market of tomorrow’s
watches; reactive tools to control and drive the entire supply chain; and
an unwavering commitment to provide the absolute best quality to its clients.
A MAJOR ACTOR IN THE LUXURY INDUSTRY,
CARTIER DEVELOPS, PRODUCES AND INSURES THE LONGEVITY OF EXCEPTIONAL WATCHES.
CARTIER HORLOGERIE • Chemin des Alisiers 10 • 2300 La Chaux-de-Fonds • Switzerland
77 Caracho
Basistraining
Schnell auf Kurs
Bei der Otto Wöhr GmbH im baden-württembergischen Friolzheim, Hersteller
platzsparender Auto-Parksysteme, glaubte nach einigen schlechten Erfahrungen
niemand mehr an die Unterstützung durch externe Berater. Dann ließ man sich
auf ein Kaizen-Basistraining mit Porsche Consulting ein. Seit mehr als einem Jahr
genießen die Mitarbeiter in der Fertigung nun schon die neuen Abläufe, durch die
die Einhaltung der Liefertermine deutlich verbessert werden konnte.
Reiner Schloz, 1 Christoph Bauer
Für die Mitarbeiter der Otto Wöhr GmbH fängt die
Woche damit an, sich nur das Beste vorzunehmen. Montags rufen Werkleiter Jörg Stahlkopf und Jochen Bauer,
Leiter Auftragszentrum, die Vertreter der Arbeitsvorbereitung, der Lohnfertigung und der Fertigung zur Lagebesprechung an einen Tisch. Dann wird der Verlauf der
vergangenen Woche aufgearbeitet und die kommenden
Tage durchgesprochen. Vor allem aber schwört man sich
gegenseitig wieder auf die gemeinsame Sache ein, die seit
geraumer Zeit den Produktionsalltag bestimmt. Jörg
Stahlkopf: „Wir wollen die Standards, die wir uns erarbeitet haben, auch aufrechterhalten.“
Seit gut einem Jahr läuft die Fertigung der Auto-Parksysteme in Friolzheim in den wichtigsten Bereichen nach
den Prinzipien einer schlanken Produktion, wie sie Toyota in Japan einst erfunden und Porsche für die westliche Welt adaptiert hat. Erfahrungsgemäß ist der Kulturschock dennoch groß, wenn ein Mitarbeiter plötzlich mit
langen Laufwegen und falscher Raumaufteilung an seinem Arbeitsalltag konfrontiert wird und fortan konsequent die Wertschöpfung optimieren soll. Und selbst,
wenn man sich auf die Basis von Lean Production beschränkt, stellt sich die Frage: Kann man die Methoden
innerhalb einer Woche erlernen? A
Einparken, wie es sonst unter Ausschluss der Öffentlichkeit geschieht: Das Wöhr-System bringt den Porsche automatisch in Position
Basistraining
Geschäftsführer Wolfgang Wöhr ließ sich auf das Experiment ein und ist heute froh darüber. Seine Erfahrungen,
die er bis dahin mit Beratern gesammelt hatte, fasst er so
zusammen: „Sie kommen, hinterlassen ein Strategiepapier und gehen wieder. Das hat uns nicht geholfen.“
Nach einem gemeinsamen Rundgang durch die Fertigung machte ihm Eberhard Weiblen, Geschäftsführer
von Porsche Consulting, aber dann einen eigenwilligen
Vorschlag über eine Art Kaizen-Schnellkurs.
Gemeint war ein nur einwöchiges Basistraining, das
aus Schulung, Analyse und Umsetzung bestehen sollte.
„Üblich ist so ein Programm in diesem knappen Zeit-
Caracho 78
raum nicht“, sagt Berater Jürgen Groß. Gemeinsam mit
Kollege Matthias Beerstecher steckte er den Rahmen des
Machbaren ab und drückte dann aufs Tempo.
Eine ungewöhnliche Maßnahme für ein Unternehmen,
das ungewöhnliche Produkte herstellt: mechanische
Auto-Parksysteme. Über 300.000 Stellplätze weltweit
stammen aus Friolzheim. Neben der Serienfertigung hat
sich die Otto Wöhr GmbH international aber vor allem
mit automatischen Parkhäusern einen Namen gemacht.
Über 100 Objekte wurden bisher weltweit geliefert. Gerade erst eröffnete in Budapest eines der modernsten öffentlichen Parkhäuser überhaupt, ausgestattet mit einem
„Aufräumkommando“ bei Wöhr: Die Berater Matthias Beerstecher (l.) und Jürgen Groß (3. v. l.) sowie Jörg Stahlkopf (4. v. l.) mit Helfern
79 Caracho
Basistraining
In der Schweißerei wurden Lauf- und Suchwege reduziert
Aufgeräumt: Überflüssige Gegenstände landeten im Container
sogenannten Parksafe-System: Das Fahrzeug wird in
einer Box abgestellt, von der aus es ohne Fahrer per
Knopfdruck im Inneren des Parkhauses verschwindet.
Per Knopfdruck taucht es in der Box auch wieder auf.
schlagers auf und nahmen zusätzlich die Schweißerei
unter die Lupe. Es galt, mit Hilfe der Just-in-Time-Prinzipien schlanke Prozesse einzuführen und Qualität, Kosten
und Lieferservice zu verbessern. Zwölf Mitarbeiter nahmen an dem fünftägigen Basistraining teil. Nach Durchführung der Wertstromanalyse wurde in der Schweißerei
der Arbeitsablauf analysiert und in einem Spaghetti-Diagramm verschiedene Arten von Verschwendung (zum
Beispiel unnötige Lauf- und Suchwege) aufgezeigt und
mit Kennzahlen dokumentiert. Parallel dazu sensibilisierten die Berater die Mitarbeiter für Überproduktion und
vermittelten anschaulich Fluss- und Zieh-Prinzip: um die
unnötige Anhäufung von Beständen zwischen den einzelnen Arbeitsschritten zu vermeiden, soll nur noch das
produziert werden, was verlangt wird und schnell
weiterverarbeitet werden kann.
Neu ist die Idee des mechanischen Parkens nicht.
Wolfgang Wöhr besitzt Unterlagen über mechanische
Stellplätze in Paris aus dem Jahr 1905. Und bereits 1924
gab es in der Rue Ponthieu eine mechanische Großgarage. Damals ging es darum, die wertvollen Fortbewegungsmittel vor Diebstahl zu schützen. In Zeiten akuter
Parkplatznot in den Städten sind die platzsparenden mechanischen Systeme begehrter denn je. Bei Wöhr sah
man deshalb immer größere Probleme in Bezug auf die
Termintreue auf sich zukommen. Jörg Stahlkopf: „Die
kritische Stelle in unserer Fertigung ist die Schweißerei.
Sie ist ein wichtiger Kostenfaktor, weil das Schweißen im
gesamten Fertigungsprozess am längsten dauert und sich
deshalb dort die größten Bestände ansammeln. Zudem
sind Montage und Kommissionierung vom Verlauf des
Schweißens abhängig.“
Die Berater legten sich bei ihrer Analyse entsprechend
fest, zeichneten den Wertstrom eines Wöhr-Verkaufs-
Die Verbesserungsvorschläge, von den Mitarbeitern
selbst eingebracht, wurden bewertet, anschließend die
Umsetzung geplant und in Angriff genommen. Jürgen
Groß: „Wir haben in der Schweißerei richtig aufgeräumt.“ Und zwar streng nach den Regeln der so genannten 5-S-Aktion: Sortier aus! Stelle hin! Säubere!
Standardisiere! Übe Selbstdisziplin! A
Basistraining
In Verbindung mit einem optimierten Wertstrom
konnte die Durchlaufzeit des untersuchten Produkts um
mehr als 30 Arbeitstage gesenkt werden, wodurch sich
die Umschlagshäufigkeit verdreifachte. Natürlich mussten in die neuen Abläufe auch Vertrieb, Einkauf, Lieferanten und Kunden eingebunden werden, was zu Beginn
bei den Beteiligten zu einigen Irritationen führte. Die
neuen Standards hatten schließlich auch einen veränderten Umgang mit den Auftragseingängen zur Folge. „Das
war für die Betroffenen zuerst sehr ungewohnt“, sagt
Wolfgang Wöhr heute, „aber die Klagen darüber sind
um 99 Prozent zurückgegangen.“ Denn die Termintreue
konnte so auffällig verbessert werden, dass im Vertrieb
schon befürchtet wurde, die Auftragslage wäre ins Wanken gekommen. Zusätzlich wurden in der Schweißerei
die Such- und Wegezeiten so reduziert, dass die Schweißer sowieso keinen Grund zur Klage hatten.
Caracho 80
aber im Grunde sind alle von den Veränderungen überzeugt.“ Ohne den entschlossenen Auftritt der PorscheBerater wäre das alles dennoch kaum möglich gewesen.
„Sie kamen – und sofort ist etwas passiert“, sagt Wolfgang Wöhr, „das war völlig anders als sonst und hat die
Mitarbeiter letztlich überzeugt.“ Für Jörg Stahlkopf steht
zudem fest: „Die Glaubwürdigkeit der Berater hat eine
entscheidende Rolle gespielt. Hätten sie nicht ihren Arbeitskittel angezogen und sich in der Fertigung die
Hände schmutzig gemacht, wären sie von den Werkern
nicht akzeptiert worden.“
Diese Akzeptanz soll demnächst auch auf die indirekten Bereiche des Unternehmens ausgeweitet werden. Die
Qualifizierung der Wöhr-Mitarbeiter aus der Organisation in der Porsche-Akademie ist bereits fest eingeplant. B
Eine Woche Crashkurs – und die Verbesserungen
haben heute noch Bestand. „Ab und zu“, sagt Jörg Stahlkopf, „muss man bestimmte Dinge wieder anmahnen,
Lagebesprechung: Was kann weggeräumt werden?
Theorie: Simulation eines Fertigungsprozesses mit Karton
ZF sollte drin sein.
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Kraftstoffverbrauch l / 100 km: innerstädtisch 13,8 · außerstädtisch 6,8 · insgesamt 9,3 · CO2-Emission: 222 g/km

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