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Kindlicher Medienkonsum –
Eine Gefahr fü
für die Entwicklung sozialer Fertigkeiten?
Dipl.-Psych. Kerstin Paschke
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Frau Prof. Dr. med. B. Herpertz-Dahlmann
Motivation
Aktuelle Situation. Der Konsum von elektronischen Medien (Fernseher, DVD/Blu-Ray-Player, Musikanlage, Spielekonsolen, Handy, Computer) ist aus der
heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Laut Befragung des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen e.V. (KfN) 2005 verfügt jeder dritte
Viertklässler über einen eigenen Fernseher bzw. einen eigenen Computer und jeder vierte über eine eigene Spielekonsole im Zimmer (Pfeiffer, Mößle,
Kleimann, & Rehbein, 2007). Die technischen Voraussetzungen für eine unkontrollierte Nutzung der verschiedenen Medien sind gegeben.
Gefahr von Medien. Der Zugang zu Informationen über Medien stellt eine große Bereicherung unserer Gesellschaft dar. Doch birgt ein übermäßiger
Medienkonsum v.a. im Kindesalter große Gefahren. So fanden Studien Zusammenhänge zwischen hohem Medienkonsum und der Entstehung von
somatischen und psychiatrischen Krankheiten sowie kognitiven Defiziten (siehe z.B. Vandewater et al., 2004, Zimmermann & Christakis, 2005).
Bedeutung sozialer Fertigkeiten. Soziale Fertigkeiten umfassen das Wissen um soziale Inhalte und das Verständnis sozialen Geschehens, die Fähigkeit zu
einem einer sozialen Situation angemessenen Verhalten sowie die adäquate Verarbeitung sozialer emotionaler Informationen. Sie sind die Voraussetzung für
den Aufbau sowie die Aufrechterhaltung von Beziehungen und tragen wesentlich zu schulischem und schließlich beruflichem Erfolg bei. Ein Teilbereich der
sozialen Fertigkeiten ist das Wissen um Emotionen anderer und das Erkennen von Emotionen anhand von Gesichtsausdrücken. Diese Fähigkeit unterliegt
einem Entwicklungsaspekt. Sie verbessert sich mit dem Lebensalter und geht mit neurofunktionellen Veränderungen einher (Odom & Lemond, 1972; Batty &
Taylor, 2006).
Medien und soziale Fertigkeiten. Während des Medienkonsums können keine direkten sozialen Interaktionen erfolgen. Dabei werden soziale Fertigkeiten erst
durch soziale Interaktionen erlernt und ausgeformt (siehe z.B. Zeman & Shipman, 1997). Sie unterliegen neuronalen Reifungsprozessen im Kindes- und
Jugendalter, die durch hohen Medienkonsum gestört werden könnten. Bislang existieren hierzu keine Studien. Daher soll dieser Zusammenhang am Beispiel
der Erkennung emotionaler Gesichtsausdrücke als einer essentiellen sozialen Fertigkeit untersucht werden.
Fragestellungen
Zeigen Kinder mit hohem Medienkonsum gegenüber Kindern mit geringem Medienkonsum verminderte soziale Fertigkeiten?
Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Umfang von Medienkonsum und der Geschwindigkeit, der Sensitivität, den Enkodierungsprozessen und dem
neuronalen Aktivierungsmuster bei der Erkennung von Gesichtsausdrücken?
Methodik und Experimentaldesign
„Wie fühlt sich der Junge?“
Stimuli nach
Greimel et al. (2010)
Variation der Emotionsintensität
Variation der Emotionsintensität
Variation der Stimulationsdauer
Variation der Stimulationsdauer
Messinstrumente
(f)MRT
Eye tracker
Erkennensleistung [% korrekt]
„fröhlich“
„neutral“
2 Experimentalgruppen: 20 Fünftklässler mit hohem vs. niedrigem Medienkonsum nach erfolgter Vortestung
„traurig“
Zielgrößen
hoher vs. niedriger
Medienkonsum
Emotionsintensität/Dabietungszeit
[Stufe/ms]
Yarbus & Riggs (1967)
Psychometrische Funktionen Blickbewegungsmuster Neuronale Aktivierungsmuster
Fazit
Bei der Erkennung emotionaler Gesichtsausdrücke handelt es sich um eine essentielle. soziale Fertigkeit, die neuronalen Reifungsprozessen im Kindes- und
Jugendalter unterliegt. Vermindern sich durch hohen Medienkonsum realweltliche interaktive Erfahrungen von Kindern, lässt sich annehmen, dass in dieser
sensiblen Entwicklungsphase Reifungsprozesse gestört werden. Hieraus könnten Defizite in der Entwicklung sozialer Fertigkeiten auf behavioraler und
neuronaler Ebene folgen. Das vorgestellte Thema besitzt eine hohe gesellschaftliche Relevanz, da unter Reifungsdefiziten psychiatrische Störungen im Kindesund Jugendalter begünstigt werden können. Aus den Befunden ergäben sich somit Implikationen für präventive und therapeutische Ansätze. Trotz der
möglichen Gefahren stellt der Zugang zu Informationen über Medien eine große Bereicherung unserer Gesellschaft dar. Um so bedeutsamer ist es, Kindern
einen gesunden Umgang mit Medien zu vermitteln.
Literatur:
Batty, M. & Taylor, M. J. (2006). The development of emotional face processing during childhood. Dev Sci, 9(2), 207–220.
Greimel, E., Schulte-Rüther, M., Fink, G. R., Piefke, M., Herpertz-Dahlmann, B., & Konrad, K. (2010). Development of neural correlates of empathy from childhood to early adulthood: an fmri study in boys and adult men. J Neural Transm, 117(6), 781–791.
Odom, R. D. & Lemond, C. M. (1972). Developmental differences in the perception and production of facial expressions. Child Dev , 43(2), 359–369.
Vandewater, E. A., suk Shim, M., & Caplovitz, A. G. (2004). Linking obesity and activity level with children’s television and video game use. J Adolesc, 27(1), 71–85.
Yarbus, A. L. & Riggs, L. A. (Ed.). Eye movements during perception of complex objects VII. Eye Movements and Vision, Plenum Press, New York, 1967, 171-196
Zeman, J. & Shipman, K. (1997). Social-contextual influences on expectancies for managing anger and sadness: the transition from middle childhood to adolescence. Dev Psychol, 33(6), 917–924.
Zimmerman, F. J. & Christakis, D. A. (2005). Children’s television viewing and cognitive outcomes: A longitudinal analysis of national data. Arch Pediatr Adolesc Med, 159(7), 619–625.
Die Umsetzung der vorgestellten Studie ist in Zusammenarbeit mit Dr. I. Putzig, Prof. K. Konrad und Prof. B. Herpertz-Dahlmann, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des
Kindes- und Jugendalters, Universitätsklinikum Aachen sowie dem Forschungszentrum Jülich geplant.