in sieben Tagen auf den Kilimandscharo, mit
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in sieben Tagen auf den Kilimandscharo, mit
Reise Kilimandscharo „Ich will da rauf!“ In sieben Tagen auf den Kilimandscharo, mit 5895 Metern der höchste Berg Afrikas. BRIGITTE-Redakteurin Stefanie Höfle wollte wissen, ob sie das packt, denn es gibt da schon so lange diese Sehnsucht . .. Fotos Frederik Röh 134 B r i git te .de 1 / 2014 Die Wanderung ins Karanga-Camp ist eine der schönsten auf der LemoshoRoute zum Gipfel. Mit etwas Glück sieht man vom Camp die Kili-Spitze, den Mount Meru und die Stadt Moshi 4 1 Entspannung davor und danach: 1. Im Tarangire-Nationalpark, auch Elefanten-Park genannt, grasen die Grauhäuter sogar im Hotelgarten. 2. Frischmachen in der Lehmdusche, bevor es sieben Tage lang nur noch Feuchttuch-Hygiene gibt. 3. Kimani Palalet Mollel aus dem MassaiDorf Olpopongi erklärt TermitenArchitektur. 4. Riesen-Senecien, Moosteppiche: Im Barranco-Tal protzt die Flora mit ihrem Talent 2 3 Bri g i tte .d e 1 /20 1 4 137 J 1 1. Aufbruch am Lemosho-Gate: Stefanie Höfle hat auf Rat des Bergführers knapp vier Liter Wasser in ihrem Tagesrucksack verstaut und fragt sich, wie sie das alles wegtrinken soll. 2. Massai-Frauen aus dem Dorf Olpopongi, der letzten Station vor dem Aufstieg. 3. Noch zeigt er sich von der Sonnenseite, der Kilimandscharo 2 3 edes Mal, wenn ich meinen Abenteuerhunger mit kleinen oder größeren Outdoor-Reisen befriedige, kehre ich gedanklich an einen Ort zurück, der nass und steinig ist, aber voller Zufriedenheit: Ich war neun, mein Vater nahm meinen Bruder und mich mit auf eine Wandertour in eine Schlucht in Oberammergau. Für kleine Felsen, die es zu überwinden galt, seilte er uns an. Am Abend schlugen wir unser Zelt am Rand der rauschenden Ammer auf, löffelten Ravioli und waren ziemlich stolz, die Klettertour geschafft zu haben. Unser Vater erzählte uns von seinen AntarktisExpeditionen, er war Glacial-Geologe. Und vom Kilimandscharo, dem Dach Afrikas, das ein deutscher Bergsteiger namens Hans Meyer 1889 als Erster erfolgreich erklommen hatte. Es sollte für meinen Vater das nächste Ziel zum Gletscher-Erkunden sein. Dass es auf einem Berg mitten in Afrika klirrend kalt sein kann, konnte ich mir damals nur schwer vorstellen. Ich nahm mir fest vor, das irgendwann mal selbst zu überprüfen. Es sollte 30 Jahre dauern – aber dann war ich endlich da. Olpopongi, Massai-Dorf westlich des Kilimandscharo: erstes Briefing für den Aufstieg „Schwindel, Kopfweh, Orientierungs losig keit“, beschreibt John Humphrey ungerührt die Anzeichen für Höhenkrankheit. Das sicherste Gegenmittel: schnell absteigen. Ganz einfach. John ist Bergführer und wird unsere Wandertruppe mit seinem Team auf den Gipfel begleiten – auf den Kili, wie sie ihn liebevoll nennen. Wir sitzen am Lagerfeuer, hinter uns erhebt sich das Kilimandscharo-Massiv beeindruckend und bedrohlich zugleich in den dunklen Himmel. Tagsüber wirkt der Berg aus der Ferne fast harmlos, wie ein frisch gebackener Felsenkuchen mit Puderzuckerhäubchen. „Ich fürchte, ich bin eher bei den 25 Prozent, die umkehren müssen“, sagt Katarzyna. Eine Polin, die seit 30 Jahren in Deutschland lebt. Mit ihrer besten Freundin, die genauso heißt wie sie, will sie sich einen langgehegten Traum erfüllen. „Wir wollen da rauf, seit wir den Berg im Geografiebuch sahen, aber wir konnten uns nicht vorstellen, dass wir jemals Reisefreiheit haben würden.“ 138 B r i gitte . de 1 / 2014 Von: Magdalena Neuner An: E.ON Betreff: Grüner Strom Wenn Strom immer grüner wird, kann sich das dann noch jeder leisten? Hallo Frau Neuner, wir arbeiten daran, dass Erneuerbare Energie bezahlbar bleibt. Unsere Energie soll sauberer und immer besser werden. Ein Beispiel: Bereits seit 2001 bauen wir Hochsee-Windparks. Durch unsere Erfahrung können wir Prozesse und Verfahren beim Bau und Betrieb immer weiter verbessern. Damit senken wir die Kosten schon jetzt nachhaltig. www.eon.de Scheint, als hätte jeder seine ganz persönliche Berggeschichte im Gepäck. Mich fordert die Tatsache, dass es nicht jeder schafft, eher heraus. Abenteuer ohne Thrill wäre ja wie Sport ohne Schwitzen. Wirkungslos. Fitsein allein reicht aber nicht: Ex-Tennisprofi Martina Navratilova musste aufgeben, höhenkrank. Roman Abramovic auch. Jogi Löw war schon oben. Ebenso David Beckham. 2 Lemosho-Gate, 2385 Höhen meter: Abmarsch! 1 1. Schlange stehen am steilen Streckenabschnitt „Breakfast Wall“ – die Träger haben den Vortritt, manche von ihnen joggen sogar. 2. Kurzes Schläfchen nach der Tagestour: 500 Höhenmeter rauf und 300 wieder runter liegen vor diesem Nickerchen. 3. Das Beweisbild: Bergführer Omari und Stefanie Höfle unter dem grünen Gipfelschild. Was man nicht sieht: Es sind minus 15 Grad, und es stürmt eisige Kristalle auf die Haut. Wie Fotograf Frederik es geschafft hat, für dieses Bild seine Handschuhe auszuziehen . . . Respekt! 4. Rutschiger Abstieg durch die Schneewüste – Schlitten gab’s leider keine 3 4 Am Check-in zu unserer Gipfel-Mission ist es trotz Höhe arg heiß, 29 Grad. Und enorm wuselig. Insgesamt 40 Helfer (vier für jeden von uns) schleppen unser Zeugs hoch: Geschirr, Gaskocher, Töpfe, Ruck säcke, Wasserkanister, Vorräte, Zelte, sogar ein Chemieklo. Meinen Rucksack trägt Flavitus: 15 Kilo plus fünf Kilo Proviant und seine eigenen Klamotten. 20 Kilo sind Limit. Flavitus’ Füße stecken in Latschen aus Autoreifen, später bei 3900 Höhenmetern wird er immerhin auf Nikes umsteigen. Ich trage dicke Bergstiefel und drei bis vier Liter Wasser, so viel sollen wir trinken pro Tag – Befehl von John. Wie soll das denn gehen? Ich muss schon beim Gedanken daran Pipi. „Arrre you rrready?“, trällert Joy in die Runde. Sie ist 23, hat immer sonnige Laune und arbeitet für unsere Reise agentur in Arusha. Joy will einmal am eigenen Leib erfahren, was sie da vermarktet. Unser Etappen-Guide, ebenfalls aus Aru sha, hat auch einen fröhlichen Namen: Happy Day. Er zockelt los, wir brav hinterher. Das Bummeltempo macht mich nervös. „Pole, pole“, Kisuaheli für „langsam, langsam“, mahnt Happy Day, als ich vorbeiziehen will. Stimmt ja, der Körper gewöhnt sich nur peu à peu an die Höhe. Mir kommt Konfuzius in den Sinn: „Wenn du es eilig hast, gehe langsam.“ Ich konzentriere mich auf meine Umgebung: Der Regenwald protzt mit etlichen Grünschattierungen – von fast neongrünen Moosteppichen auf den Baumstämmen bis zum matten Graugrün der knorrigen Drachenbäume. Big Tree Camp, 2780 Höhen meter: das erste Berglager Eine bunte Camping-Stadt drängelt sich auf einer Lichtung mit hohen Bäumen, auf denen schwarze Äffchen mit wei140 B r i gitte .de 1 / 2014 ßen Puschelbehängen turnen. Zack, klaut mir eins meine angebissene Ingwerfruchtschnitte. Mein Zeltkumpel Frederik und ich wohnen im Salewa-Iglu Nummer 6, es leuchtet wie ein orangefarbener Kürbis. Erst mal einrichten: Wäscheleine zum Sockentrocknen, Isomatte aufpusten, Flavitus bringt warmes Wasser zum Gesicht- und Füßewaschen. Dann geht’s zum Drei-Gänge-Menü: Gemüsesuppe, Süßkartoffeln, Fisch und Ananas. Wow! Abenteuer de luxe. Um sieben Uhr abends kriechen wir schon in den Schlafsack. Die Entschleunigung wirkt. Ich schlafe neun Stunden durch. Wir sind nur noch acht. Unser sportliches Rentnerpaar, Brigitte und Peter, musste absteigen. Grippe. „Zu gefährlich für die Lunge“, meint John. „Winkt uns vom Gipfel“, sagt Peter. Ein bisschen enttäuscht sind sie schon, aber ihre Gesundheit wollen sie nicht riskieren. Gilt das Risiko auch für Kopfschmerzen? Seit gestern brummt mein Schädel – ich hatte Ibuprofen zum Frühstück. „Ist völlig okay, solange dir nicht schlecht oder schwindelig ist“, meint John. Beides nicht, dafür allerdings kalt. Saukalt. Mein Schlafsack ist viel zu dünn. „Komfortzone bis -2“ heißt, dass man überlebt, nicht, dass man es warm hat. Blöder Anfängerfehler. Nach dem darauffolgenden Wandertag bibbere ich die halbe Nacht, weine lautlos. Irgendwann fällt mir ein, was mein Vater von einer Antarktis-Expedi tion mal erzählt hat: Alu-Trinkflaschen lassen sich zu Wärmflaschen umfunktionieren. Auf dem Weg zum Küchenzelt schaue ich zum Berg. Der Mond schüttet sein mattgelbes Licht auf die KiliSpitze. Das ist so berauschend schön, dass mir noch mal Tränen kommen. Diesmal vor Abenteuerglück. Etappe fünf und sechs: von 3900 auf 4700 Höhenmeter und retour – Vorbereitung fürs Finale Hoch und runter. Immer wieder. „Go high, sleep low“, raten die Berg-Gurus. Das hilft dem Körper bei der Höhenanpassung, so kann er in Ruhe rote Blutkörperchen produzieren. Je mehr, desto besser – ich komme mir vor wie beim 142 B r i git te .de 1 / 2014 Der Abstieg – 2795 Meter nach unten Eigenblut-Doping. Tages-Guide Joshua leitet heute die Truppe, seine neonorangene Mütze ist mein Meditationspunkt. Die Luft wird dünner, mein Herzmuskel pumpt eifrig dagegen an. Zwei Schritte Luft holen, drei ausatmen. Der Rhythmus ist wichtig, jetzt nicht ver atmen, dann flippt die Pumpe über. Und das fühlt sich eklig an. In der langsamen Unnachgiebigkeit liegt die Kraft. Mein Temposchalter ist auf Ruhe umgelegt. Die Spaghetti zum Abendbrot pappen genauso zusammen wie meine Haare. „Ich befühle meinen Kopf nur noch“, sagt Katarzyna, „anschauen ist nicht mehr.“ Abenteuerliche Hygiene gehört eben auch zum Bergpaket. So viel Wasser kann man hier einfach nicht hochschleppen. Vom Basiscamp zum Uhuru Peak, 5895 Höhenmeter: Gipfelsturm „Beim Aufstieg fragt bitte nicht alle halbe Stunde: Wie lange noch?“, mahnt John streng. „Schlecht für die Psyche.“ Schlecht ist mir schon von der heutigen Etappe. Hart und kalt war der Aufstieg in die grauschwarze Steinwüste zum Basiscamp an der Barafu-Hütte. Und ich habe Magenschmerzen. „Prüfungsangst“, sagt Frederik. Wir legen uns hin, Kraft schöpfen für den Monster-Aufstieg. Vier Stunden später soll es losgehen. Wir laufen nachts, damit wir zum Sonnenaufgang oben sind. Mein Abenteuer-Adrenalinspiegel ist am Anschlag, hält mich lange wach. Ich denke an meine erste Kletterwand, damals an der Ammer. Um 23 Uhr leuchtet Joshuas Taschenlampe in unser Zelt. Zehn Zentimeter Neuschnee haben die Steinwüste in Watte gepackt. Drei Klamottenschichten übereinanderzwiebeln, Kekse und Tee frühstücken. Und Abmarsch. Der Neuschnee gibt den Wanderstiefeln guten Halt. Wir schlängeln uns mit unseren aufgestülpten Kopflampen den Berg hinauf. Um uns flirren weitere Lichterketten den Hang entlang. Die Szene erscheint mir wie eine Traumfrequenz. Ein Winterspaziergang, der in einer Stunde am kuscheligen Kamin mit Bratäpfeln endet. „Knirsch, knirsch, knirsch.“ Keiner spricht. Acht Expeditions-Mit glieder, die sich bei jedem Schritt fragen, ob die Kraft reicht, den Gipfel zu bezwingen. Vier Bergführer, die uns unbedingt hochbringen wollen. Berufsehre. Katarzyna hat plötzlich Sternchen vor den Augen. Ihre Beine knicken weg wie bei einer Marionette. „Bring sie runter“, befiehlt John. Happy Day hakt sie ein, sie entschwinden Richtung Basislager. Wir anderen stapfen tapfer weiter den immer steiler werdenden Geröllhang hoch. Meine Wintermärchenstimmung schrumpft wie mein Wasservorrat. Schnappatmung auf 5600 Metern. Schummeriges, dumpfes Beben im Kopf, meine Lunge fühlt sich an wie mit Stacheldraht umspannt. Tempo besser drosseln. Ich konzentriere mich darauf, mir Bratapfelduft in die Nase zu fantasieren. Es hilft. Schritt für Schritt, Atemzug für Atemzug. Nach den härtesten sechs Stunden meines Lebens erreichen wir endlich den Stella Point am Rande des Kilimandscharo-Kraters. 5800 Meter über dem Meeresspiegel. Stechender Eiswind. Minus 20 Grad. Wolken. Nichts zu sehen Oha, der Rückweg! Wie man es nach sieben Stunden Berg-Erklimmen schafft, dreieinhalb Stunden wieder runterzuklettern? Ich weiß es nicht mehr so genau. Vermutlich hilft das nachhallende Gipfelglück. Es übertönt das Brennen der Oberschenkelmuskeln, während man auf der verschneiten Geröllmasse zurück zum Zelt stolpert. Die Endorphine verklären sogar die Erinnerung daran, dass man nach zwei Stunden Schlaf im Basiscamp erneut vier Stunden absteigen muss. So weit runter wie möglich, lautet das Motto. „So verkraftet der Körper einen 6000er am besten“, erklärt John. Er hat sicherlich recht. Ich merke mir das für meinen nächsten Berg. Jetzt muss ich erst mal schlafen. Die Tour 14 Tage Trekking auf der Lemosho-Route bietet z. B. der DAV Summit Club an, ab 3695 Euro pro Person. Inkl. Flug, Verpflegung, Betreuung durch erfahrene Guides. Zu Beginn zwei Lodge-Nächte zur Akklimatisierung. Zum Abschluss zwei Tage Safari. Infos: www.dav-summit-club.de Eigene Anreise: KLM fliegt über Amsterdam zum Kilimanjaro Airport, ab 695 Euro. Infos zur Selbstorganisation unter www.tanzaniaparks.com Was man unbedingt einpacken sollte Die Packlisten der Tour-Anbieter sollte man penibel abarbeiten. Mangelnde Ausrüstung verdirbt den Spaß, kann sogar den Abbruch bedeuten. Must-haves, die nicht auf der Liste stehen: jede Menge Feuchttücher (Duschersatz), „Emser Lutschtabletten“ gegen einen trockenen Hals. Kondition Vier von fünf Fitness-Sternchen braucht man für die Tour bis zum Basiscamp. Fünf bis zum Gipfel. Aber die beste Kondition schützt nicht vor der Höhenkrankheit, und wenn es dazu kommt, ist der Abstieg ratsam. Gesundheit Rechtzeitig an die notwendigen Impfungen denken: Diphterie, Tetanus, Hepatitis, Tollwut, Polio, Typhus. Info: www.tropeninstitut.de I llustrat i on Bi anca C la s sen Shira Camp 2, 3900 Höhen meter: Halbzeit von dem versprochenen „sagenhaften Sonnenaufgang“. Und weiter geht’s. Noch 40 Minuten. Plötzlich steht es vor uns: ein grünes Schild mit gelber Schrift. „Uhuru Peak 5895 Meters. Congratulations!“ Aussicht gibt’s leider immer noch nicht. Macht aber nichts. Wir sind angekommen. Das zählt. Schnell das Beweisfoto. Es stehen ja schon die nächsten Eroberer Schlange. Klick-klick. Drei Bilder müssen reichen. Und jetzt? Ein Lied singen? Einen Freudentanz vollführen? Irgendwie erscheint es einem unfeierlich, jetzt einfach umzukehren. Plötzlich weiß ich, was ich tun muss: Ich hebe einen kleinen Kieselstein für meinen Bruder auf. Unser Vater brachte uns von jedem Abenteuer einen mit. Wir haben sie alle aufgehoben. Entscheidungshilfe Die Lemosho-Route gilt als die ruhigste der neun Hauptpfade. Hier laufen nur rund fünf Prozent der 40 000 Touristen hoch, die jährlich raufwollen. An Engpässen geht es auch auf dieser Route zu wie auf einer Ameisenstraße. Das ganz einsame Abenteuer gibt es hier nicht. Lesen & anschauen „Die 7 Summits Strategie – Mit Leichtigkeit persönliche Gipfel erreichen“ von Steve Kroeger (19,90 Euro, Gabal-Verlag). „Schnee am Kilimandscharo“ stärkt als DVD (ca. 7 Euro) die Reiselust.