Allgäuer Bergsteiger aus den Anden zurück (Bolivien / Ojos del

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Allgäuer Bergsteiger aus den Anden zurück (Bolivien / Ojos del
Allgäuer Bergsteiger aus den Anden zurück
Auf spektakuläre sportliche und kulturelle Highlights kann die 8-köpfige
Bergsteiger-Gruppe zurückblicken, die im Dezember mit der Pfrontner Agentur
"Bergerlebnis Toni Freudig" in Boliviens Süden und Chiles Norden unterwegs war.
24 Fünftausender und 27 Sechstausender-Gipfelerfolge machen die Reise zu einem
unvergesslichen Erlebnis. Nachdem die Gruppe alle bolivianischen Gipfel
erfolgreich bestiegen hatte, wagten sich drei Teilnehmer an den zweithöchsten Berg
Amerikas, den Ojos del Salado (6893m). Schließlich verlängerte Reiseleiter und
Bergführer Toni Freudig seinen Aufenthalt, um in 10 Tagen 10 Sechstausender in
der Atacama-Wüste zu besteigen.
Nach einigen Akklimatisationstagen in der Umgebung von La Paz, wobei unter anderem
die berüchtigte Todesstraße mit dem Mountainbike befahren wurde (downhill über 3300
Höhenmeter!), starteten die Bergsteiger Richtung Süden. Hier bewegt man sich
permanent auf vier- bis fünftausend Metern Höhe, die trockene, nahezu menschenleere
Gegend ist reich an Naturwundern: Rote, grüne und weiße Seen - Laguna Colorada,
Verde und Blanca -, rosarote Flamingos, heiße Quellen, Geysire, tausend Jahre alte
Kakteen und Gräber samt mumifizierter Leichen sind zu bestaunen. Das Highlight
schlechthin: eine 10 000 km² große, blendend weiße Ebene aus Salz - der Salar Uyuni,
der größte Salzsee der Welt! Begehrte Bergsteigerziele sind die 5000er Ollagüe (ein
aktiver Vulkan) und Licancabur (ein heiliger Berg der Inkas) sowie der knapp über 6000 m
hohe Uturunco. Nach diesen ersten Herausforderungen gönnte sich die Gruppe eine
"Bergpause" in der Stadt Potosi. Hier hat man im 16. Jhdt. die größte Silberader der Welt
entdeckt, und noch heute wird im "Cerro Rico" unter primitivsten Bedingungen Erz
abgebaut. Zutiefst beeindruckt kletterten die Bergsteiger durch fragwürdig abgestützte
Stollen nach unten und gesellten sich zu den Arbeitern, die sich besonders über die
Mitbringsel freuten: Cocablätter und Dynamitstangen, die das trostlose Dasein und die
mühsame Arbeit etwas erleichtern.
Nach diesem Abstecher in die Tiefe lockte ein weiteres, in der unmittelbaren Umgebung
von La Paz gelegenes Ziel: der Huayna Potosi, 6088 m hoch, stark vergletschert,
beeindruckend steil - einer der begehrtesten Sechstausender in den Anden. Dank der
zwischenzeitlich guten Höhenanpassung erreichte die gesamte Gruppe nach ca. 5
Stunden vom Hochlager aus den Gipfel im morgendlichen Sonnenlicht. Glück gehabt denn schon beim Abstieg begann es zu graupeln, ein Wetterumschwung setzte ein, der
Schneeschauer bis hinunter nach La Paz trieb. Schnee unter 4000 m gibt es hier nur alle
paar Monate!
Die Pfrontnerin Rosi Haslach, Flaggschiff am Ojos
Während der Großteil der Gruppe die Heimreise antrat, stellten sich die beiden Halblecher
Anita Egger und Klaus Neumeier sowie die Pfrontnerin Rosi Haslach einer weiteren
Herausforderung. Zusammen mit T. Freudig reisten sie nach Chile, um den fast 7000 m
hohen Ojos del Salado zu bezwingen. Das lebensfeindliche Klima der Atacama-Wüste, die
Kälte und unberechenbare Stürme machen ihn zu einem gefürchteten Gipfel. Die Anreise
nach Copiapo, dem Ausgangspunkt, die Vorbereitungen und die grenzwertige Auffahrt mit
dem Allradfahrzeug bis ins 5250 m hohe Basislager verliefen weitgehend problemlos.
Doch die Gipfelaspiranten waren schon etwas angeschlagen. Neumeier hustete vor sich
hin und fühlte sich derart geschwächt, dass er im Basislager zurückblieb; Freudig hatte
einen Infekt erwischt, so dass ein Gipfelgang nicht mehr denkbar erschien.
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Am Nikolaustag, früh um 4 Uhr, startete die Gruppe vom Hochlager (Tejoshütte) auf 5825
m. Freudig begleitete die zwei "harten" Frauen. Sobald es hell und die Wegführung
deutlich wurde, machten sich die Damen selbstständig. In der Hoffnung, die beiden
Aspirantinnen motivieren zu können, schleppte sich Freudig noch eine weitere Stunde
Richtung Gipfel. Ein Schluck Tee, gedacht als Stärkung, führte zu einem furchtbaren
Erbrechen. So blieb nur eins: Rückkehr zum Hochlager!
Egger zeigte sich außergewöhnlich leistungsstark. Trotz des starken Windes und der
eisigen Temperaturen von -15° C kämpfte sie sich gleichmäßigen Schrittes bis ca. 150
Höhenmeter (Hm) unterhalb des Gipfels. Dort entschied sie, in Betracht der widrigen
Verhältnisse, ebenfalls umzukehren.
Rosi Haslach hatte indes weitere 100 Hm bewältigt und stand vor der letzten Etappe: einer
ca. 50 m langen, mittelschweren Klettersteigpassage. Windböen, welche sich hier in der
Scharte bündelten, rissen die Bergsteigerin hin und her. Doch mit Härte und eisernem
Willen erreichte sie nach knapp 7 Stunden den einsamen Gipfel. Für einen Eintrag ins
Gipfelbuch war es zu kalt - nur ein Foto – dann schnell wieder hinunter. "Ich hatte da oben
wirklich Angst", so ihr späterer Kommentar. Die 51-jährige kann als spätberufene
Höhenbergsteigerin bezeichnet werden. Vor knapp zwei Jahren trat Rosi Haslach spontan
an Toni Freudig heran: "Ich will jetzt auf einen hohen Berg!". Einige Monate später war sie
in Ecuador dabei! Schnell zeigte sich, dass sie eine stabile Grundkondition besaß, die
nötige Resistenz gegenüber die für Europäer ungewohnten Hygienestandards aufbrachte
und sich enorm schnell an große Höhen anpassen konnte. So war der Gipfelerfolg am fast
6000 m hohen Cotopaxi eigentlich vorprogrammiert. Am deutlich anspruchsvolleren
Chimborazzo (6310 m, vom Erdmittelpunkt aus gemessen der höchste Berg der Welt)
bildete sie zusammen mit dem Seven-Summiter Dr. Dr. Artur Rudolph, der bereits die
höchsten Berge aller Kontinente bestiegen hat, die Spitzen-Seilschaft und bezwang trotz
frostiger Bedingungen auch diesen Gipfel souverän.
10 Sechstausender in 10 Tagen
Hart war für Toni Freudig der Abschied von der restlichen Gruppe in Copiapo. Doch er
wollte noch einmal hinaus in die Atacama-Wüste, um dort innerhalb von 10 Tagen 10
Sechstausender zu besteigen. Ein ehrgeiziges Ziel, das eine gewisse Kondition, doch vor
allem sehr viel Willenskraft, Durchhaltevermögen und letztlich auch Glück erfordert.
Die ersten vier Sechstausender schaffte er relativ locker. Doch die Anfahrten zu den
jeweiligen Ausgangspunkten - durch Sand, Kies und steilsten Schotter, weglos, ohne
exakte Landkarten, allein und ohne von irgendwoher Hilfe erwarten zu können - stellten
die Psyche auf eine harte Probe.
Freudig wollte außerdem die Gipfel „sportlich“ besteigen, d.h. ab Roadend (soweit das
Allradfahrzeug fahren kann), ohne Hochlager und fremde Hilfe. Während anfangs nur
1000 Höhenmeter (Hm) pro Berg zu erklimmen waren, steigerte sich der
Höhenunterschied bis auf 1850 Hm am letzten Tag. Trotz Akklimatisation sind Aufstiege in
der 6000er-Zone mindestens eineinhalb bis zwei mal so anstrengend wie zum Beispiel in
den Allgäuer Alpen. Das härteste Ziel auf Freudigs Gipfelliste war der Tres Cruces Sur:
6748 m hoch, 1660 Hm Aufstieg, anspruchsvoll auch hinsichtlich der Orientierung. Eine
ähnliche Herausforderung, so Freudig, wie der Achttausender Broad Peak im Himalaya,
welchen er in den 80er Jahren bestiegen hat. Vergleichsweise „einfach“ war der Weg auf
den höchsten Gipfel, den Ojos del Salado. Für den insgesamt 1650 Hm langen Aufstieg
benötigte Freudig nur 4 Std. 22 Min. Nach insgesamt 6 Std. und 10 Min. war er wieder im
Basislager bei seinem Fahrzeug. Sicherlich kein Rekord, aber dennoch eine der
schnellsten Besteigungen des zweithöchsten Berges von Amerika.
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Ein ausführlicher Bericht über die 10 Sechstausender in 10 Tagen findet sich ebenfalls auf
www.freudig.de.
Alle Touren wurden mit GPS aufgezeichnet, die Höhendifferenzen nach den GPS-Werten
ermittelt.
10 Sechstausender in 10 Tagen
Tag
Gipfel
09.12.
10.12.
11.12.
12.12.
13.12.
San Francisco
Pena Blanca
Barrancas Blancas
Ermitano
Ojos del Salado
Höhe über
Meeresspiege
l
6018 m
6030 m
6119 m
6146 m
6893 m
(Toni Freudig, Dezember 2012)
Höhenmeter
Startpunkt - Gipfel
Zeit
Startpunkt - Gipfel
1000 Hm
1200 Hm
1070 Hm
1170 Hm
1650 Hm
3 Std.
3 Std. 10 Min.
3 Std. 25 Min.
3 Std. 40 Min.
4 Std. 22 Min.
(insges. 6 Std. 10 Min.)
14.12.
15.12.
16.12.
18.12.
18.12.
El Muerto
Vicunas
Tres Cruces Sur
Tres Cruces Central
Tres Cruces Norte
6488 m
6067 m
6748 m
6629 m
6030 m
1350 Hm
1150 Hm
1660 Hm
1450 Hm
400 Hm (ab Sattel)
5 Std. 45 Min.
3 Std. 30 Min.
8 Std.
6 Std.
2 Std.
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Bolivianerinnen in Tracht / El Alto
1000 Jahre alte Kakteen auf der Insel Incahuasi
im Salar Uyuni
Laguna Colorada – der rote See
Geysire am „Sol de Manana“
Aufstieg zum Licancabur, dem heiligen Berg der
Incas
Jamesflamingos vor dem Uturuncu
In den Stollen vom Cerro Rico / Potosi
Aufstieg zum Huayna Potosi
Blick vom Gipfel des Huayna Potosi
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