Kraftraining für Radsportler (TOUR)
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Kraftraining für Radsportler (TOUR)
FOLGE SERIE: KRAFTTRAINING 1 BEWEGLICHKEIT BEWEGLICHKEITSTRAINING Absolvieren Sie jede Übung dreimal pro Woche, zehn Wiederholungen pro Seite. Wichtig: Führen Sie die Übungen langsam und kontrolliert durch. Krafttraining gehört längst zum Winterprogramm vieler Radsportler, doch die wenigsten wissen, welche Übungen wirklich sinnvoll sind. TOUR hat gemeinsam mit einem Experten das perfekte Programm ausgearbeitet BEINKRÄFTIGUNG 1 2 3 SPRINT ZEITFAHREN 4 5 54 TOUR 12-2013 R adsport ist Zwangssport – das findet der Sportwissenschaftler Dr. Pedro Gonzalez. Denn Radfahren laufe als zyklische Bewegung in einer Zwangshaltung ab. Aus diesem Grund nimmt die Beweglichkeit einen großen Teil in Gonzalez’ Krafttrainingsprogramm ein. Sie bildet für ihn das Fundament für alle weiteren Kräftigungsübungen. Denn wer nicht beweglich genug ist, kann viele dieser Übungen nicht korrekt und verletzungsfrei ausführen. Doch was bedeutet überhaupt Beweglichkeit – und wie sinnvoll ist sie, wenn der Sport nur in eingeschränkten Bewegungsamplituden abläuft? „Sehr sinnvoll“, betont der Experte, „denn Fehlhaltungen, Verkürzungen und Dysbalancen sind oft Ursache für muskuläre Beschwerden.“ Um Beweglichkeit einmal zu erspüren, rät Gonzales zu zwei einfachen Tests: Stehen Sie mit Fersen, Schulterblättern und Hinterkopf an der Wand. Nun heben Sie die gestreckten Arme so weit, bis Sie mit den Händen an die Wand gelangen. Bleiben die anliegenden Körperteile an der Wand? Oder löst sich der Hinterkopf? Wenn ja, fehlt Ihnen Flexibilität. Den zweiten Test kennen die meisten noch aus der Schulzeit. Stehen Sie mit durchgestreckten Beinen und versuchen Sie, mit den Fingern die Füße zu berühren. Wer es gerade so bis zu den Schienbeinen schafft oder nur unter massiver Anstrengung den Boden mit den Fingerspitzen erreicht, hat definitiv Nachholbedarf. Aber wie können Radsportler beweglicher werden? Reicht da nicht ein einfaches Stretching? „Es gibt bessere Wege, die funktioneller an der Beweglichkeit arbeiten“, erklärt Dr. Gonzalez und führt fort, dass dadurch auch Verkürzungen an Hüfte und Schultern effektiver beseitigt werden können. Für unsere neue fünfteilige Krafttrainingsserie erarbeitete der TOUR-Experte zum Einstieg ein kurzes Beweglichkeitsprogramm. „Mit diesen Übungen durchbluten wir das Gewebe besser als mit klassischen Stretchingmaßnahmen.“ Sie benötigen pro Trainingseinheit etwa 30 Minuten Zeit, eine Sportmatte oder einen weichen Untergrund und bequeme Sportbekleidung. AUSFALLSCHRITT MIT ÜBERSTRECKUNG Stehen Sie aufrecht, aber mit leicht gebeugtem Standbein. Führen Sie nun das linke Bein angewinkelt Richtung Brust. Greifen Sie mit beiden Händen nach dem Knie, sobald es in Hüfthöhe ist, und ziehen Sie es weiter nach oben. Wade und rückseitige Oberschenkelmuskulatur berühren sich. Kurz in dieser Position verharren, dann langsam Hände vom Knie lösen. Seitenwechsel. Stehen Sie aufrecht, Kopf, Schulter, Hüfte und Füße in einer Geraden. Machen Sie mit dem linken Bein einen großen Ausfallschritt, das Knie 90 Grad gebeugt. Das hintere Bein ist leicht angewinkelt, die Kniescheibe kurz über dem Boden. Legen Sie nun die Hände verschränkt an den Hinterkopf und bewegen Sie den Oberkörper ab der Hüfte nach hinten, bis Sie ein Ziehen an der Hüfte spüren. Leiten Sie die Bewegung ein, indem Sie das Becken aufrichten, nicht, indem Sie die Lendenwirbel beugen! Seitenwechsel. TIPP AUSFALLSCHRITT, DREHUNG, WADENDEHNUNG Aufrecht stehen, Ausfallschritt, Knie gebeugt (siehe links). Nun wandert die rechte Hand zum vorderen Fuß und wird daneben platziert. Drehen Sie jetzt den Oberkörper um 90 Grad aus der Hüfte heraus. Die linke Hand zeigt senkrecht nach oben – Sie öffnen den Körper. Danach zurückdrehen und beide Hände mit den Fingerspitzen auf den Boden absetzen (Schienbeinhöhe). Jetzt die Hüfte anheben. Beide Beine werden dabei durchgestreckt und ergeben ein Dreieck. Kurz in dieser Position verharren. Seitenwechsel. TIPP Das hintere Knie sollte nicht den Boden berühren. Die Unterarme sollten 90 Grad vom Kopf abgewinkelt stehen. Versuchen Sie in der letzten Position Ihren Oberkörper ab der Hüfte zu beugen, weniger aus der Brustwirbelsäule. TIPP Standbein, Hüfte, Oberkörper und Hinterkopf bilden eine Gerade. Nicht mit dem Oberkörper nach vorne kippen. EINBEINSTAND, ABGEWINKELTES KNIE Aufrecht stehen, mit leicht gebeugtem Standbein. Knie zur Brust (siehe oben). Drehen Sie nun das angewinkelte Bein mithilfe der Hände, die Knöchel und Kniescheibe greifen, nach außen. Kurz verharren, dann Hände langsam lösen. Seitenwechsel. PEDRO GONZALEZ Der Hamburger Sportwissenschaftler Dr. Pedro Gonzalez betreut als Fitnesstrainer schon seit vielen Jahren Fußball- und Eishockeyprofis. Vor fünf Jahren kam Radsport hinzu, unter anderem das ehemalige Team ColumbiaHighroad. Zu seinen Kunden gehören auch Tony Martin, Bert Grabsch und André Greipel. Der ehemalige Leistungssportler Gonzalez (Judo, Kunstturnen, Football) nimmt als Hobbyathlet an Radrennen und Triathlons teil. TIPP Führen Sie die Übung auch mal barfuß aus, damit stärken Sie Ihr Fußgewölbe und Ihre Koordination. Text: Björn Kafka; Fotos: Henning Angerer RUMPFSTABILITÄT EINBEINSTAND MIT KNIEZUG AUSFALLSCHRITT MIT KÖRPERDREHUNG Aufrecht stehen, Ausfallschritt, Knie gebeugt (siehe oben). Nun wandert die linke Hand zum hinteren Fuß, heben Sie die rechte Hand nach oben. Berühren Sie den hinteren Fuß und bleiben Sie wenige Sekunden in dieser Stellung. Danach Seitenwechsel. TIPP Ihr Blick folgt der nach hinten führenden Hand. Der Oberkörper bleibt permanent aufgerichtet. 12-2013 TOUR 55 FOLGE 1 2 3 SPRINT ZEITFAHREN 4 5 TOUR Absolvieren Sie jede Übung dreimal pro Woche, zehn Wiederholungen pro Übung. Wichtig: Führen Sie die Übungen langsam und kontrolliert durch. RUMPFSTABILITÄT 1-2014 SEITSTÜTZ EINFACH Gehen Sie in Seitenlage. Legen Sie das untere Bein angewinkelt ab, das obere Bein gestreckt darüber. Den unteren Arm ausstrecken und den Kopf darauf ablegen. Den oberen Arm platzieren Sie so, dass Sie die Hand auf Brusthöhe vor sich zur Stabilisierung verwenden können. Der Körper bildet, von oben betrachtet, eine Linie. Heben Sie jetzt das obere Bein ab und halten Sie die Position für zehn Sekunden. Den Kopf gerade auf dem Arm halten, nicht nach vorne fallen lassen. Krafttraining gehört längst zum Winterprogramm vieler Radsportler, doch die wenigsten wissen, welche Übungen wirklich sinnvoll sind. TOUR hat gemeinsam mit einem Experten das perfekte Programm ausgearbeitet W BEINKRAFT 50 2 RUMPFKRAFT-TRAINING er sich den Oberkörper des Tour-de-France-Siegers Christopher Froome anschaut, fragt sich: Wie kommt der bloß den Berg so schnell hoch, so kraftlos wie dieser magere Torso wirkt? Der Sportwissenschaftler Dr. Pedro Gonzalez sieht das so: „Wer so leicht ist, kommt natürlich die Berge hoch – die Frage ist nur, wie lange.“ Dabei denkt Gonzalez an die degenerativen Prozesse, die mit fortschreitendem Alter entstehen. Fakt ist: Bei jedem, der die 35 überschritten hat, finden sich Verschleißerscheinungen in der Wirbelsäule. Radsport, besonders bei Menschen mit schwacher Rumpfmuskulatur, verstärkt den Effekt zusätzlich und lässt den Sportler in diesem Bereich schneller altern. „Etwa 30 Prozent der Radsportler leiden unter Bandscheibenbeschwerden. Für einen Radprofi ist das ein immenser limitierender Faktor. Deshalb müssen Sportler, die ich betreue, auch ein Kräftigungsprogramm durchlaufen.“ Aber ein starker Rumpf kann noch viel mehr, als nur den Rücken schützen: Radsportler mit kräftigen Bauch- und Rückenmuskeln arbeiten vortriebswirksamer, denn ein starker Rumpf verhindert unnötige Hüftbewegungen beim Treten. Wie stark der Rumpf eines Radsportlers sein sollte, können Sie selbst mit einem kleinen Test (siehe nebenstehender Kasten) herausfinden. Die drei Übungen Seitstütz, Superman und Sit-up geben Ihnen schnell Aufschluss über Ihre eigene Rumpfstabilität. BECKENHEBEN Rückenlage, Arme neben dem Körper, Kopf in neutraler Position. Stellen Sie nun Ihre Beine an, sodass Schienbeine und Oberschenkel einen rechten Winkel bilden. Drücken Sie sich hoch und schieben Sie das Becken dabei aktiv nach oben. Schultern, Becken und Knie bilden eine Gerade. Halten Sie die Position für zehn Sekunden. Danach langsam absenken. Spannen Sie Ihr Gesäß in der oberen Position an. Der Hamburger Sportwissenschaftler Dr. Pedro Gonzalez betreut als Fitnesstrainer schon seit vielen Jahren Fußball- und Eishockeyprofis. Vor fünf Jahren kam noch der Radsport hinzu, unter andePEDRO GONZALEZ rem das ehemalige Team Columbia-Highroad. Zu seinen Kunden gehören auch Tony Martin, Bert Grabsch und André Greipel. Der ehemalige Leistungssportler Gonzalez (Judo, Kunstturnen, Football) nimmt als Hobbyathlet an Radrennen und Triathlons teil. SEITSTÜTZ SCHWER Sie liegen mit gestreckten Beinen in Seitenlage, stützen sich auf den Ellbogen, die Füße liegen aufeinander. Heben Sie nun das Becken in Richtung Decke, bis Ihr Körper eine Linie bildet. Heben Sie dann das untere Bein leicht ab und ziehen es gebeugt Richtung Bauchnabel. Das um 90 Grad angewinkelte Bein etwa zehn Sekunden in der Luft halten. Seitenwechsel. Wem die Übung zu schwer ist, der verzichtet auf das Abheben des unteren Beins. WIE STARK IST IHR RUMPF? SEITSTÜTZ Sie liegen seitlich auf dem Boden – Beine liegen aufeinander – und stützen sich auf den Ellbogen. Heben Sie nun das Becken ab, bis Ihr Körper eine gerade Linie bildet. Bleiben Sie in dieser Position, bis Sie nicht mehr können. ungenügend 60 Sekunden befriedigend 90 Sekunden gut mehr als 90 Sekunden Boden ist ein Winkel von zirka 60 Grad. Halten Sie die Wirbelsäule dabei möglichst gerade. Verharren Sie in dieser Stellung, so lange Sie können. ungenügend 70 Sekunden befriedigend 130 Sekunden gut mehr als 130 Sekunden SUPERMAN GEHALTENER SIT-UP Legen Sie sich bäuchlings auf den Boden und heben Beine, Kopf und Arme (nach vorne gestreckt) ab. Halten Sie diese Position, so lange Sie können. Sie sitzen mit angestellten Beinen auf dem Boden, Oberkörper nach hinten geneigt, zwischen Oberkörper und ungenügend 140 Sekunden befriedigend 180 Sekunden gut mehr als 180 Sekunden Text: Björn Kafka; Fotos: Henning Angerer SERIE: KRAFTTRAINING BEWEGLICHKEIT BECKENHEBEN SCHWER STANDWAAGE Rückenlage, Arme neben dem Körper. Schienbeine und Oberschenkel bilden einen rechten Winkel. Drücken Sie das Becken hoch und heben Sie das gebeugte rechte Bein; der Oberschenkel steht senkrecht zum Oberkörper (oben). Noch schwieriger: Strecken Sie das rechte Bein, senken es ab, sodass es mit dem Oberkörper eine Gerade bildet und spreizen es im 45 Grad-Winkel ab. Zehn Sekunden halten. Dann absenken und Bein wechseln. Ihr Becken sollte nicht zu einer Seite abkippen. Ausgangsposition wie links. Heben Sie nun das rechte Bein vom Boden und stehen mit dem linken leicht gebeugt. Jetzt den Oberkörper absenken und gleichzeitig das rechte Bein gestreckt nach hinten heben. Rücken und Bein bilden eine Gerade. Halten Sie diese Position für 20 Sekunden. Danach Beinwechsel. Kopf, Oberkörper und abgehobenes Bein immer in einer Geraden halten. GOOD MORNINGS Stehen Sie gerade, die Füße schulterbreit auseinander. Greifen Sie die Hanteln und lassen Sie die Arme seitlich hängen. Das Brustbein aufrichten und geradeaus blicken. Knie sind leicht gebeugt. Den Rücken gerade halten. Beugen Sie sich nun aus den Hüften heraus nach vorn, bis der Rücken in der Waagerechten ist. Der Rücken bleibt dabei immer gerade, besonders im Bereich der Lendenwirbel. Der Nacken verlängert die Linie des Rückens. Halten Sie diese Position für fünf Sekunden. Danach gehen Sie mit geradem Rücken zurück in die Ausgangsposition. Rücken aktiv anspannen, nicht in den Lendenwirbeln rund werden. 1-2014 TOUR 51 RUMPFSTABILITÄT 1 SPRINT 4 5 60 TOUR 2-2014 Absolvieren Sie jede Übung zweimal pro Woche, drei Sätze mit je zehn Wiederholungen pro Übung. Wichtig: Führen Sie die Übungen langsam und kontrolliert durch. BEINKRAFT Krafttraining gehört längst zum Winterprogramm vieler Radsportler, doch die wenigsten wissen, welche Übungen wirklich sinnvoll sind. TOUR hat das perfekte Programm gemeinsam mit einem Experten ausgearbeitet P 2 3 ZEITFAHREN 3 ALLGEMEINES ATHLETISCHES BEINTRAINING edro Gonzales weiß immer schon vorher, was passieren wird: Immer dann, wenn er mit Radsportlern das erste Training der allgemeinen Athletik absolviert hat, prasseln zwei Tage später die Beschwerde-E-Mails auf ihn ein. Der Grund: Muskelkater, der die Athleten kaum noch aus dem Bett steigen lässt. „Viele Profis machen sich keine Gedanken über ihre Beinmuskulatur und denken, sie seien stark, doch dieses Bild zerbricht ganz schnell nach einem leichten, aber gezielten Krafttraining.“ Dabei profitieren Radfahrer enorm vom „Eisenbiegen“ – eine Studie dänischer Forscher hat das erst kürzlich belegt. Sie hatten austrainierte Radfahrer über einen Zeitraum von drei Monaten zweimal pro Woche im Kraftraum trainieren lassen. Auf dem Programm standen vier Übungen, die in drei bis vier Sätzen mit vier bis zehn Wiederholungen ausgeführt wurden. Nach der Testreihe verbesserte sich die Leistungsfähigkeit der Krafttrainingsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe um sieben Prozent im Rahmen einer fünfminütigen Belastung bei maximaler Sauerstoffaufnahme. Fazit der Forscher: Schweres Krafttraining, kombiniert mit Ausdauer training, kann die Bewegungsökonomie und die maximale Sauerstoffaufnahme verbessern – den Gradmesser der Ausdauer. Zum anderen kann gutes Krafttraining Muskeldysbalancen beseitigen, die zum Beispiel Kniebeschwerden auslösen können. Wie fit ein Radsportler sein sollte, können Sie selbst mit einem kleinen Test (Kasten rechts) herausfinden. Die vier Übungen – Einbeinaufstehen, Liegestütz, Einbeinstand und Klimmzug – geben Ihnen schnell Aufschluss über Ihre eigene allgemeine Athletik. 1 PEDRO GONZALEZ Stehen Sie schulterbreit, die Arme hängen locker. Richten Sie Ihr Brustbein auf, machen Sie einen Schritt nach vorne. Beugen Sie das vordere Bein, bis der Oberschenkel parallel zum Boden verläuft. Das hintere Knie berührt fast den Boden. Gehen Sie zurück in den Aufrechtstand und führen Sie die Bewegung mit dem anderen Bein aus. Fixieren Sie einen entfernten Punkt – das hilft Ihnen, das Gleichwicht zu halten. Das Knie sollte in der Beugeposition nicht über die Zehen hinausragen. EINBEINIG AUFSTEHEN Sie sitzen auf einem Stuhl. Verschränken Sie die Arme vor der Brust und versuchen Sie mit einem Bein aufzustehen. Wichtig dabei: Das Knie läuft immer über den Fuß und knickt nicht nach innen ab. Innerhalb von 3 Sekunden gar nicht ungenügend Fünfmal in 10 Sekunden befriedigend Ab achtmal in 10 Sekunden gut 2 LIEGESTÜTZ Die Ellenbogen laufen beim Ablassen und Hochdrücken eng am Brustkorb vorbei. Wichtig: Der Rumpf bleibt immer gerade und sackt nicht ein. Weniger als 10 Wiederholungen ungenügend 15–20 Wiederholungen befriedigend Mehr als 30 Wiederholungen gut 3 KNIEBEUGE MIT ÜBERKOPFAUSSTOSS EINBEINSTAND Schließen Sie die Augen und stehen Sie auf einem Bein. Weniger als 30 Sekunden oder nur mit offenen Augen ungenügend 30 Sekunden mit geschlossenen Augen befriedigend Mehr als 50 Sekunden mit geschlossenen Augen gut 4 Der Hamburger Sportwissenschaftler Dr. Pedro Gonzalez betreut als Fitnesstrainer schon seit vielen Jahren Fußball- und Eishockeyprofis. Vor fünf Jahren kam der Radsport hinzu, unter anderen das ehemalige Team Columbia-Highroad. Zu seinen Kunden gehören auch Tony Martin, Bert Grabsch und André Greipel. Der ehemalige Leistungssportler Gonzalez nimmt selbst als Hobbyathlet an Radrennen und Triathlons teil. AUSFALLSCHRITT TEST KLIMMZUG Greifen Sie die Stange schulterbreit, die Beine hängen locker und werden nicht angezogen. Das Kinn wird über die Stange gebracht. Beim Absenken werden die Arme nicht ganz durchgestreckt. Mit Kinn über der Stange nur halten, für 5 Sekunden ungenügend 5 Klimmzüge befriedigend Ab 10 Klimmzüge gut Text: Björn Kafka; Fotos: Henning Angerer SERIE: KRAFTTRAINING BEWEGLICHKEIT Stellen Sie sich auf das Gummiband. Umfassen Sie es so, dass die Handflächen nach vorne zeigen und die Hände neben den Schultern stehen. Blick geradeaus, Füße etwas mehr als schulterbreit auseinander (nicht im Bild). Sitzen Sie ab und schieben Sie Ihr Gesäß nach hinten, als ob Sie auf einen Stuhl sitzen wollten. Der Oberkörper bleibt aufgerichtet, die Oberschenkel waagerecht. Jetzt schnell aufrichten und in einer fließenden Bewegung das Band über den Kopf drücken. Sie können diese Übung auch mit Kurzhanteln ausführen. AUSFALLSCHRITT MIT ÜBERKOPFAUSSTOSS Grundaufstellung wie bei der Kneibeuge. Treten Sie dann mit dem Fuß, der nicht auf dem Band steht, einen Schritt zurück. Beugen Sie jetzt das Bein auf dem Band, bis das hintere Knie fast den Boden berührt – der Oberkörper bleibt aufrecht! Jetzt aufrichten und in einer fließenden Bewegung das Band senkrecht nach oben über den Kopf drücken. Achten Sie darauf, das Ihr Knie nicht nach innen läuft. STANDWAAGE Gleiche Grundhaltung wie oben. Heben Sie nun das rechte Bein vom Boden und stehen mit dem linken leicht gebeugt. Jetzt den Oberkörper absenken und gleichzeitig das rechte Bein gestreckt nach hinten heben. Rücken und Bein bilden eine Gerade. Halten Sie diese Position für 20 Sekunden. Danach Beinwechsel. Kopf, Oberkörper und abgehobenes Bein immer in einer Geraden halten. 2-2014 TOUR 61 RUMPFSTABILITÄT BEINKRAFT 1 2 3 4 SPRINT ZEITFAHREN 5 64 TOUR 3-2014 4 SPRINT Krafttraining gehört längst zum Winterprogramm vieler Radsportler, doch die wenigsten wissen, welche Übungen wirklich sinnvoll sind. TOUR hat das perfekte Programm gemeinsam mit einem Experten ausgearbeitet D ie Studie* war ein kleiner Schock für viele konventionell trainierende Radsportler: In Neuseeland absolvierte eine Gruppe von Radsportlern ein spezielles Training, das für Laien auf den ersten Blick eher kontraproduktiv aussah. Die Sportler mussten dreimal pro Woche 20 Sprünge auf einem Bein und fünf kurze Radsprints absolvieren. Nach vier Wochen staunten Wissenschaftler und Athleten: Im Vergleich zur Kontrollgruppe verbesserte sich die Leistung beim Zeitfahren über 1.000 Meter durchschnittlich um acht Prozent; die maximale Leistung in Watt stieg im Schnitt um fast sieben Prozent. Diese Leistungssteigerungen sind insofern plausibel, weil das Training explosive Belastungen beinhaltete, die auf die Steigerung der Maximalkraft ausgerichtet sind. Bemerkenswert ist, dass auch die Wattwerte im Bereich der Schwellenleistung besser wurden – um vier Prozent – während gleichzeitig der Gesamtsauerstoffverbrauch um drei Prozent sank im Vergleich zur Kontrollgruppe, die klassisches Radtraining abspulte. Wie kann es sein, dass diese Übungen den Sportlern im Wortsinn so deutlich auf die Sprünge halfen? Für Dr. Pedro Gonzales liegt das Geheimnis in der Rekrutierung von Muskelfasern. „Dieses sogenannte plyometrische Training besteht aus sehr schnellen, explosiven Übungen. Ziel ist die Erhöhung der Sprung- und Schnellkraft, was in vielen Sportarten von Vorteil ist, nicht nur in den klassischen Sprungsportarten wie Hochsprung oder Basketball“, erklärt der Krafttrainingsexperte. Der Clou für Radsportler sei, dass die Sprünge die schnell kontrahierenden Muskelfasern ansprächen und das Nervensystem forderten, was Muskelkraft und Reaktionsschnelligkeit verbessert. „Bei einer plyometrischen Übung“, so Gonzales, „wird der Muskel erst schnell gedehnt und gleich anschließend stark kontrahiert. Der Sportler lernt, mehr Muskelfasern zu beanspruchen.“ Ein gutes, wenngleich für viele inzwischen verpöntes Beispiel für plyometrisches Training im Radsport sei Lance Armstrong, der sich damit für sein Comeback fit gemacht hat. Wer jetzt glaubt, einfach losspringen zu können, sollte sich jedoch etwas bremsen. Plyometrisches Training belastet Muskeln, Sehnen und Bändern erheblich. Der Erfinder dieser Trainingsform, der sowjetische Sportwissenschaftler Yuri Verkhoshansky, nannte sie nicht umsonst Schocktraining. Sportler sollten über eine gute Allgemeinathletik verfügen und vorsichtig beginnen. Zwei Einheiten pro Woche reichen aus – und wärmen Sie sich vorher 20 Minuten auf! *Paton, C.D., and W.G. Hopkins. „Combining explosive and high-resistance training improves performance in competitive cyclists.“ Journal of strength and conditioning research. Nov. 2005, 19(4): 826–830. PEDRO GONZALEZ Der Hamburger Sportwissenschaftler Dr. Pedro Gonzalez betreut als Fitnesstrainer schon seit vielen Jahren Fußball- und Eishockeyprofis. Vor fünf Jahren kam der Radsport hinzu, unter anderen das ehemalige Team ColumbiaHighroad. Zu seinen Kunden gehören auch Tony Martin, Bert Grabsch und André Greipel. Der ehemalige Leistungssportler Gonzalez nimmt selbst als Hobbyathlet an Radrennen und Triathlons teil. Text: Björn Kafka; Fotos: Henning Angerer SERIE: KRAFTTRAINING BEWEGLICHKEIT 3-2014 TOUR 65 SPRINTTRAINING Absolvieren Sie jede Übung zehnmal, achten Sie auf die Explosivität der Bewegung. Pausieren Sie zwischen den einzelnen Übungen je drei Minuten. SPRUNG-AUSFALLSCHRITT 1 Stehen Sie mit den Füßen schulterbreit und machen Sie einen Schritt nach vorne. Beugen Sie das vordere Bein, bis der Oberschenkel parallel zum Boden steht. 2 Drücken Sie sich nun explosiv mit dem vorderen Bein vom Boden ab. Landen Sie in der Ausgangsstellung und springen Sie danach sofort wieder hoch. Fortgeschrittene können die Schrittstellung beim Sprung wechseln. Stehen Sie immer mit gebeugten Beinen, um das Gleichgewicht besser zu halten. KASTENSPRUNG 1 Stehen Sie etwas mehr als schulterbreit und mit mindestens einer Fußlänge Abstand zum Kasten. Das Körpergewicht ruht auf den gesamten Fußsohlen. Senken Sie jetzt sehr schnell das Becken ab, bis Ober- und Unterschenkel etwa einen rechten Winkel bilden. 2 Springen Sie explosiv hoch, landen Sie mit gebeugten Knien. Anfänger steigen vom Kasten runter, Fortgeschrittene springen nach hinten ab, um danach sofort wieder auf aufzuspringen. Der Bodenkontakt sollte dabei so kurz wie möglich sein. SPRUNG-KNIEBEUGE 1 Stehen Sie mit den Füßen etwas mehr als schulterbreit. Das Körpergewicht ruht auf den gesamten Fußsohlen. Die Fußspitzen zeigen in die gleiche Richtung wie die Knie, Blick geradeaus, Rücken gerade. Senken Sie jetzt schnell Ihr Becken ab, bis die Oberschenkel etwa parallel zum Boden stehen. 2 Danach springen Sie explosiv hoch und ziehen die Knie Richtung Bauchnabel. Bei der Landung gehen Sie in einer schnellen, fließenden Bewegung in die Kniebeuge, um danach wieder schnell hochzuspringen. Springen Sie immer so hoch Sie können. 66 TOUR 3-2014 EINBEINSPRUNG 1 Stehen Sie mit den Füßen schulterbreit, heben Sie das rechte Bein leicht an. Beugen Sie nun schnell das Standbein, bis Oberund Unterschenkel etwa einen rechten Winkel bilden. Springen Sie explosiv ab. 2 Landen Sie auf dem Vorfuß und beugen Sie das Bein, um den Sprung abzufangen. Springen Sie nach der Landung sofort wieder ab. Versuchen Sie, so hoch wie möglich zu springen. Stellen Sie sich vor, der Muskel sei eine Sprungfeder, die sich bei der Landung spannt und beim Absprung schnell entspannt. 3-2014 TOUR 67 RUMPFSTABILITÄT 1 BEINKRAFT 2 3 SPRINT ZEITFAHREN 4 5 5 ZEITFAHREN TOUR 4-2014 Absolvieren Sie jede Übung zweimal pro Woche, dreimal 15 Wiederholungen pro Übung. Passen Sie das Gewicht so an, dass Ihnen die letzten Wiederholungen schwerfallen. Krafttraining gehört längst zum Winterprogramm vieler Radsportler, doch die wenigsten wissen, welche Übungen wirklich sinnvoll sind. TOUR hat gemeinsam mit einem Experten das perfekte Programm ausgearbeitet W ie wichtig ein stabiler Rumpf für Zeitfahrer ist, lässt sich besonders gut anhand der Fernsehbilder von der Zeitfahr-Weltmeisterschaft im vergangenen September beobachten. Der Dreikampf zwischen Tony Martin, Bradley Wiggins und Fabian Cancellara offenbart, wie unterschiedlich die Rumpfstabilität sogar der Besten dieser Disziplin ist: Fabian Cancellara wackelt und wippt auf seiner Fahrt zu Bronze unentwegt auf dem Sattel hin und her – für den Sportwissenschaftler Pedro Gonzalez ein eindeutiges Indiz dafür, dass Cancellaras ungeheure Beinkraft nicht nur auf dem Pedal landet, sondern in unnützen Zusatzbewegungen verpufft. Goldmedaillengewinner Tony Martin sitze laut Gonzalez schon weitaus besser auf dem Rad. Die perfekte Zeitfahrhaltung sieht er allerdings bei Wiggins: Der Brite sitzt wie festgenagelt auf der Zeitfahrmaschine, vom Becken aufwärts ist kaum mehr Bewegung zu sehen. Zudem scheint Wiggins in der Hüfte sehr beweglich zu sein: Sein Oberkörper liegt in perfekter aerodynamischer Haltung parallel über dem Oberrohr. All das hat sicher dazu beigetragen, dass sich der Tour-Sieger von 2012 einen zweiten Platz bei der WM sicherte, obwohl er verletzungsbedingt nur wenig Renn- und Trainingszeit hatte. Doch von nichts kommt nichts: Zu Wiggins’ Trainingsgeräten gehören Pezzibälle, Hanteln, ein Rudergerät und weitere Utensilien, mit denen der Brite an Flexibilität und Rumpfkraft arbeitet. Wenn Sie selbst Ihre Rumpfkraft verbessern wollen, brauchen Sie zunächst nur ein paar Hanteln. Damit können Sie schon beachtliche Fortschritte erzielen. Wie das funktioniert, sehen Sie an den Übungen rechts. Weitere Übungen zum Thema Rumpfstabilität in TOUR 1/2014. PEDRO GONZALEZ 82 KRAFTTRAINING FÜRS ZEITFAHREN Der Hamburger Sportwissenschaftler Dr. Pedro Gonzalez betreut als Fitnesstrainer schon seit vielen Jahren Fußball- und Eishockeyprofis. Vor fünf Jahren kam der Radsport hinzu, unter anderen das ehemalige Team Columbia-Highroad. Zu seinen Kunden gehören auch Tony Martin, Bert Grabsch und André Greipel. Der ehemalige Leistungssportler Gonzalez nimmt selbst als Hobbyathlet an Radrennen und Triathlons teil. GOOD MORNINGS INVERTED FLYERS (BEIDBEINIG) Stehen Sie gerade, die Füße schulterbreit auseinander, die Hanteln in den Händen und lassen Sie die Arme seitlich hängen. Richten Sie das Brustbein auf, Blick geradeaus, Knie sind leicht gebeugt. Beugen Sie sich nun aus den Hüften heraus nach vorn, bis der Rücken in der Waagerechten ist und die Hände etwa 20 Zentimeter über dem Boden sind. Der Rücken bleibt dabei immer gerade, besonders im Bereich der Lendenwirbel. Der Nacken verlängert die Linie des Rückens. Halten Sie diese Position für fünf Sekunden. Danach richten Sie sich mit geradem Rücken wieder auf in die Ausgangsposition. Rücken und Bauch aktiv anspannen, nicht im Bereich der Lendenwirbel rund werden. Sie stehen aufrecht, dann beugen Sie sich mit geradem Rücken und leicht gebeugten Knien nach vorn, bis der Oberkörper fast parallel zum Boden steht. Heben Sie die Hanteln Richtung Brust. Nun schieben Sie die rechte Hantel in Verlängerung des Oberkörpers nach vorne. Die linke Hantel seitlich nach hinten führen. Auch hier bleibt der linke Arm parallel zur Körperlängsachse. Halten Sie kurz diese Position (zwei Sekunden) und führen nun die Arme in umgekehrter Richtung am Körper entlang. Das Ringen um den Erhalt einer Geraden von Armen und Oberkörper ist Teil des Trainings. WINDMÜHLE Text: Björn Kafka; Fotos: Henning Angerer SERIE: KRAFTTRAINING BEWEGLICHKEIT Stehen Sie gerade, Füße schulterbreit, und halten Sie die Hantel am rechten Arm gestreckt über Kopf. Beide Füße leicht nach links drehen und parallel aufstellen. Das Gewicht lastet hauptsächlich auf dem rechten Bein, das linke ist leicht gebeugt. Rumpfmuskulatur und Beckenboden anspannen. Ihr Rumpf folgt der linken Hand Richtung linkem Fuß. Der Po schiebt in die Richtung, in die die Fersen weisen. Mit der Ausatmung kehren Sie in die Ausgangsstellung zurück. Besonders Einsteiger sollten den Blick immer auf die Hantel richten.