Treue um Treue – Kreta-Feier in Feldbach

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Treue um Treue – Kreta-Feier in Feldbach
Treue um Treue – Kreta-Feier in Feldbach
Kreta-Gedenkfeier in Gniebing-Feldbach (Steiermark/Österreich)
Von L. Berwald und M. N. Thaler (Pseudonyme), Wien, 20. März 2013.
https://akhinterland.wordpress.com/treue-um-treue
So tritt bis heute – nicht nur bei Zeitzeugen, sondern
auch bei nachfolgenden Generationen – die Tatsache in
den Hintergrund, dass die österreichische Bevölkerung
durch den bedingungslosen Einsatz der Alliierten
Truppen, und hier an vorderster Front der Roten Armee,
vom NS-Regime befreit worden ist.0
Seit knapp 60 Jahren treffen sich jährlich Mitte Mai
Veteranen von Gebirgsjäger- und FallschirmjägerEinheiten des Dritten Reiches in Gniebing, nahe
Feldbach in der Südoststeiermark. Es gilt bei dieser
Feier zweier Schlachten der Wehrmacht zu
gedenken: Der Eroberung Kretas durch deutsche
Fallschirmjäger und Gebirgsjäger im Jahr 1941; Und
die Eroberung der von der Roten Armee befreiten
Stadt Feldbach durch Fallschirmjäger und WaffenSS im Jahr 1945. Veteranenorganisationen der
Wehrmacht
und
SS,
deutschnationale
Burschenschaften,
Lokalund
BundespolitikerInnen, Militärgeistliche und weitere
„Würdenträger“, Bundesheer und Polizei geben sich
ein Stelldichein, betrauern die Toten, den
Heldenkampf und versichern sich gegenseitig
„ewiger“ und „wahrer“ Werte.
Die
Anfänge:
„Die
geschichtlich
einmaligen Taten der Edelweißsoldaten“
Am 7.Februar 1954 trafen sich in Graz Veteranen
verschiedener
Gebirgsjäger-Einheiten
aus Kreta-Feier im Jahr 2009. (Bildquelle 1)
Wehrmacht, SS und Waffen-SS und schlossen sich
zum „Geselligkeits- und Unterstützungverein ‚Edelweiß‘“ zusammen. 1 Es galt „die Erinnerung an die
0 Vgl. Dornik, Wolfram: Kriegsende in der Südoststeiermark. In: Dornik, Wolfram et al.: Projekt Hainfeld – Beiträge zur
Geschichte von Schloss Hainfeld, der Familie Hammer-Purgstall und der gesellschaftspolitischen Situation der
Südoststeiermark im 19. und 20. Jahrhundert. Innsbruck/Wien, 2010. S.230-256, hier S. 230. (Im Folgenden kurz:
Dornik: Kriegsende)
1 Vgl. Nachrichtenblatt 01/54 des „Geselligkeits- und Unterstützungvereins ‘Edelweiß’, März 1954. Kopie im Archiv der
AutorInnen. S. 1. (Im Folgenden: Nachrichtenblatt Edelweiß)
1
geschichtlich einmaligen Taten der Edelweißsoldaten auch für fernere Generationen zu bewahren.“2
Am 14.März 1954 folgte die Gründung eines Ablegers des Edelweiß-Vereins in Feldbach, zu Pfingsten
1954 (Anfang Juni 1954) fand bereits ein breit eingeladenes Edelweiß-Treffen in Feldbach statt. 3 Die
Gründung dieses Vereins reiht sich ins Muster der sich zwischen 1950 bis 1960 konstituierenden
Kameradschaftsverbände: Wurden bis in die frühen 1950er Organisationsversuche von
Veteranenorganisationen durch die Alliierten noch rigide unterbunden, 4 wurde dies – je nach
Bundesland und Verein unterschiedlich – ab Anfang der 1950er Jahre möglich: Die West-Alliierten
gaben ihre Vorbehalte gegenüber Vereine ehemaliger Soldaten des Dritten Reiches auf, vorrangig unter
Eindruck des Kalten Krieges und des Kampfes gegen die Sowjetunion; Der Antibolschewismus beider
stellte dabei ein ideologisches Band dar. Bei der Gründung der Edelweiß-Kameradschaft wird explizit
auf die Gründung der „Kameradschaft ehemaliger Gebirgsjäger“ in Kärnten/Koroška durch den
„Kameraden Blasius Scheucher“ hingewiesen;5 die beiden letztgenannten waren maßgeblich an der
Etablierung des Ulrichsbergtreffens beteiligt. Auch die Gründung des „Kameradenkreis der
Gebirgstruppe“, der das Gebirgsjäger-Treffen im bayrischen Mittenwald ausrichtet, fällt in diese
Phase.6 Der „Geselligkeits- und Unterstützungverein ‚Edelweiß‘“ wurde später in „Kameradschaft vom
Edelweiß“ umbenannt und zahlreiche regionale Ableger entstanden, 1966 etwa jener in Bad
Gleichenberg.7 1974 ließ die „Kameradschaft vom Edelweiß“ eine Tafel im Ehrenhain des Ulrichsbergs
anbringen und es kann wohl angenommen werden, dass sie an der Feier teilnahmen.
Nicht wenige Österreicher sagen heute: ‘Wir haben den
Krieg verloren’, und identifizieren sich damit
nachträglich mit den Nazis. Daß Österreich den Krieg
gewonnen hat, in dem die Nazis ihn verloren, ist nicht
allgemeines Gut.8
Historische Bezüge
Zwei Operationen des Dritten Reichs sind historische Bezüge, die seit der Gründung der
Kameradschaft vom Edelweiß transportiert werden und heute auf deren Homepages, auf den
Einladungen und während der Feiern weitergetragen werden: Die Eroberung Kretas im Mai 1941 und
die Rückeroberung der schon befreiten Stadt Feldbach im April 1945.
2 Ebd.
3 Vgl. ebd. S. 2.
4 Vgl. Lichtenwagner, Mathias: Brückenschlag zwischen den Soldatengenerationen. In: AK gegen den kärntner Konsens:
Friede, Freude, Deutscher Eintopf. Wien, 2011. S. 134f.
5 Nachrichtenblatt Edelweiß, S. 2. Zu Scheucher vgl. etwa: AK gegen den kärntner Konsens: Der Ulrichsberg – Fakten
und Zahlen. In: AK gegen den kärntner Konsens: Friede, Freude, Deutscher Eintopf. Wien, 2011. S. 78, FN 4.
6 AK Angreifbare Traditionspflege: Der „Kameradenkreis der Gebirgstruppe“. In: AK gegen den kärntner Konsens:
Friede, Freude, Deutscher Eintopf. Wien, 2011. S. 145f.
7 Kameradschaft vom Edelweiß Bad Gleichenberg: Chronik. O.O., o.D., S.2. Kopie im Archiv der AutorInnen. Online:
http://bad-gleichenberg.riskommunal.net/gemeindeamt/download/219527335_1.pdf, Zugriff 12. Dezember 2012.
8 Roth, Gerhard: Im tiefen Österreich. Frankfurt/M.,1990. S. 27.
2
Bezug 1: „Der heldenhafte Einsatz der Fallschirmjägertruppe bei
Rückeroberung Feldbachs in der Osterwoche 1945 “9
der
Feldbach befindet sich in der Südoststeiermark, etwa in der Mitte des Raabtales zwischen Graz und
heutiger Staatsgrenze, ist Bezirkshauptstadt des gleichlautenden Bezirks. Seit der Überlegung, den
Bezirk Feldbach mit einem Nachbarbezirk zum Bezirk „Vulkanland“ zusammenzulegen, ist er auch
außerhalb des Bundeslandes bekannt.10 In Feldbach befand sich bis 1945 eine Kaserne der Waffen-SS,
weiters mehrere Lager mit jüdischen ZwangsarbeiterInnen die beim Stellungsbau eingesetzt wurden,
ebenso ein Kommando für den Bau des „Ostwalls“ und ein wichtiger Bahnhof sowohl für militärische
Belange als auch für den Verschub der für den Stellungsbau notwendigen Zwangsarbeits-Arbeitskräfte.
Darauf soll an anderer Stelle noch im Detail eingegangen werden. Feldbach wurde aber vor allem
Schauplatz der „heldenhaften Verteidigung“ gegen die Rote Armee Anfang April 1945.
„…die Flut aus dem Osten.“11
Im März und April 1945 stand die Rote Armee kurz davor Österreich von Osten und Südosten her zu
befreien. Am 29. März wurde die „Reichsgrenze“ überschritten,12 schon am 3.April begann die
Befreiung Wiens. Zu diesem Zeitpunkt strömten über Kärnten/Koroška und die Steiermark zahlreiche
Verbände der Wehrmacht und (Waffen-)SS nach Österreich zurück; die meisten hatten den Glauben an
den Endsieg schon lange aufgegeben und versuchten ausschließlich von den Westalliierten statt der
Roten Armee gefangen genommen zu werden um einer Strafverfolgung durch den „slawischenbolschewistischen Untermenschen“13 zu entgehen.
Nicht so die südoststeirische Bevölkerung, die lokalen NS-Funktionäre und die in der Steiermark
stationierten Verbände. Bevölkerung und NS-Funktionäre hatten bisher vom Krieg nur aus der
Wochenschau gehört, hatten bis dahin kaum Entbehrungen zu erleiden und profitierten von den
ZwangsarbeiterInnen. Teils wird auch berichtet, dass auch im Jahr 1945 noch an den Endsieg geglaubt
wurde – insbesondere durch den Einsatz von „Wunderwaffen“. 14 Deshalb war es auch naheliegend bis
zuletzt ZwangsarbeiterInnen zu zwingen an der „Reichsschutzstellung“ zu bauen: Die Wehrmacht
sollte bei Herannahen des Feindes die Stellungen besetzen und das traute Heim vor den russischen
Horden beschützen. Die militärhistorische Betrachtung des „Endkampfs in der Steiermark“
unterscheidet sich dabei nicht nur um Nuancen: Während die Befreiung der Steiermark von einigen
Historikern durchaus nüchtern beschrieben wird,15 lassen andere – darunter der Veranstalter der Kreta9 Militärfallschirmsprungverbund Ostarrichi: Einladung Heldengedenkfeier am 21. Mai 2011. O.O., o.D. Kopie im Archiv
der AutorInnen. Online: http://www.milf-o.at/fallschirmjägerdenkmal-auersberg, Zugriff 23.02.2011, derzeit nicht mehr
online. Sicherungen hier: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/einladung_milfo1_2011.jpg und
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/einladung_milfo2_2011.jpg
10 Die Idee ist übrigends gestorben, Ende April 2012 wurde bekanntgegeben die Bezirke Feldbach und Radkersburg
werden nicht zum Bezirk Vulkanland sondern zum Bezirk Südoststeiermark zusammengefasst. Vgl. „Kein Vulkanland“:
Erleichterung in Region“, online: http://steiermark.orf.at/news/stories/2530191, Zugriff: 24.04.2012.
11 Puntigam, Josef Paul: Vom Plattensee bis zur Mur – die Kämpfe 1945 im Dreiländereck. Feldbach, 1993. S. 10. (Im
Folgenden kurz: Puntigam: Kämpfe 1945.)
12 Vgl. Dornik: Kriegsende, S. 235.
13 Ebd., S. 230.
14 Puntigam: Kämpfe 1945, S. 156. („Alles spricht von Wunderwaffen, mit denen die Kriegswende herbeigeführt werden
soll. Selbst höchste Generäle glauben daran.“)
15 Vgl. Dornik: Kriegsende. Bedingt auch Rauchensteiner, Manfried: Der Krieg in Österreich 1945. Wien, 1985. Und
Karner, Stefan: Die Steiermark im Dritten Reich. 1938–1945, Aspekte ihrer politischen, wirtschaftlich-sozialen und
kulturellen Entwicklung. Graz/Wien, 1986.
3
Feier Josef Paul Puntigam – gehörigen Pathos mitschwingen.16 Zentraler Schauplatz dieser
Heldengeschichtsschreibung ist Feldbach, dem militärisch sowohl aufgrund seiner Lage im Raabtal als
auch wegen seiner Lage zwischen zwei Wehrmachts-Armeen eine besondere Rolle zukam.
Befreiung durch die Rote Armee
Feldbach wurde am 1.April 1945 von der Roten Armee befreit, durch den Umstand begünstigt, dass
Feldbach und das ganze Raabtal nur schlecht verteidigt war, da es genau an der Grenze zwischen zwei
Verteidigungsabschnitten lag17 und ein Vormarsch leicht möglich war. Die Rote Armee ließ Feldbach
jedoch nur schwach besetzt zurück und setzte ihren Marsch auf Graz fort. Schon am 1.April erhielt ein
Großteil der Verbände der Roten Armee den Befehl sich an der Befreiung von Wien zu beteiligen, dem
Rest wurde befohlen sich zurückzuziehen. 18 Auf deutscher Seite wurden zu diesem Zeitpunkt Truppen
gesammelt: schlecht ausgerüstete, nicht eingespielte und zum Teil in Grazer Lazaretten aufgesammelte
Truppen19 wurden zusammengezogen und ins Raabtal geschickt um die Panzer der Rote Armee
aufzuhalten. Bei Puntigam liest sich die Verteidigung dieses Bereiches so: „Die Soldaten der 3. und 4.
Kavalleriedivision, der 13. SS-Gebirgsdivision, der 16. SS-Panzergrenadierdivision „Reichsführer-SS“
(RFSS), der 14. SS-Waffengrenadierdivision Ukraine und der 9.SS-Panzerdivision „Hohenstaufen“
stemmten sich gemeinsam mit den Jägern der 1.Volksgrenadierdivision, der 118.Jägerdivision und des
Gebirgsjägerersatzregimentes 138 gegen die Flut aus dem Osten.“20
Rückeroberung durch Wehrmacht und (Waffen-)SS
Es gelang Feldbach von der Roten Armee zurückzuerobern: Beginnend mit 4. April wurde Feldbach
von drei Richtungen her angegriffen: Von Westen her näherte sich eine Fallschirmjäger-Einheit (10.
Fallschirmjäger-Division) mit rund 500 Soldaten, die gerade zufällig aus Italien kommend im Raum
Graz eintraf21, aus Südwesten die 14. Waffen-Grenadier-Division der SS (siehe dazu auf diesem Blog:
Gedenken für die Waffen-SS in Feldbach) mit rund 1.200 Soldaten, 22 dazu etliche Panzer und weitere
Verbände, insgesamt rund 2750 auf Seiten des Dritten Reichs. Ihnen standen in Feldbach rund 500
Soldaten der Roten Armee gegenüber.23 Am 5.April 1945 startete der Großangriff, zu Mitternacht war
die Stadt bis auf einige versprengte RotarmistInnen rückerobert.
Der Angriff kostete den schlecht ausgerüsteten und kaum aufeinander eingespielten Verbänden,
insbesondere den Fallschirmjägern, viele Opfer.24 Die Wahrnehmung der daran Beteiligten, die auch
Eingang in die Ortsgeschichte gefunden hat, berichtet natürlich anders. Ein damals 19-jähriger SS16 Vgl. Puntigam: Kämpfe 1945, S. 10, 153f. Auch Soherr, Karl: Schicksal der 10. Fallschirmjägerdivision. Manuskript,
o.O., o.D. Online: http://www.kameradschaftedelweiss.at/seiten/ortsverbaende/feldbach/10_fschjgdiv/seite_1.htm Im
Archiv der AutorInnen. (im Folgenden kurz: Soherr: Schicksal)
17 6.Armee im Norden, 2.Panzer-Armee im Süden
18 Vgl. Dornik: Kriegsende. S. 236.
19 Vgl. Puntigam: Kämpfe 1945, S. 142f.
20 Ebd., S. 10.
21 Vgl. Dornik: Kriegsende, S. 236. Mehr zu dieser Einheit bei: Puntigam, Josef Paul: Ortskampf – am Beispiel der Stadt
Feldbach im Jahr 1945. In: Südoststeierischer verein für Heimatkunde: 1945 – Kriegsende in der Südoststeiermark. S.
60-82, hier S. 79-82. (im Folgenden kurz: Puntigam: Ortskampf). Auch bei Soherr: Schicksal. Genz, Alfred: Die 10.
Fallschirmjäger-Division. (Bericht über das Fallschirmjägertreffen 2.-4. Okt. 1981 Krems/Donau). Wien, 1981.
22 Puntigam: Ortskampf, S. 65.
23 Puntigam: Ortskampf, S. 65. Laut Puntigam waren daran beteiligt: „I. Ausbildungs- und Ersatzabteilung 18, II.
Abteilung d. Fallschirmjägerartillerieregiments 10, 1 Kampfgruppe der1. Panzerdivision, 1 Volkssturmbataillion, 1
Feldersatzbataillon der 14. Waffen-Grenadier-Division der SS Ukraine Nr. 1.“ Siehe Puntigam: Kämpfe 1945, S. 146.
24 Vgl. Soherr: Schicksal, S. 6. Auch Puntigam: Ortskampf, S. 65.
4
Freiwilliger darüber: „Feldbach war am Nachmittag des 5.April 1945 wieder fest in der Hand
deutscher Soldaten. (…) Dieses war nur ein Beispiel von vielen, denn da wo die deutschen Soldaten
sich zum Angriff sammeln konnten, lief der Gegner davon.“ 25 Und der Militärfallschirmsprungverbund
Ostarrichi, der jährlich zur Heldengedenkfeier in Feldbach-Gniebing lädt, berichtet ebenso vom
„heldenhafte Einsatz der (…) 10. Fallschirmjägerdivision in den letzten Kriegswochen 1945“26
„Feldbach wurde zum Bollwerk“27
Die Rückeroberung erfüllte gleich mehrere Funktionen. Erstens berichtete die deutsche Propaganda, so
etwa auch der Wehrmachtsbericht, über das wieder eroberte Feldbach, 28 wodurch das Unternehmen
auch eine propagandistische Bedeutung für den im April 1945 eingebrochenen „Durchhaltewillen“ in
der „Alpenfestung“ erhält. Während Wien in den ersten April-Tagen befreit wurde, gelingt im
steirischen Grenzland die Rückeroberung von Städten. Auch als am 27.April 1945 die Unabhängigkeit
Österreichs proklamiert wird, weiters am 28. April Mussolini und am 30. April Hitler sterben, dauert
die Verteidigung Feldbachs bis in den Mai hinein weiter an.
Zweitens wurden durch die Beendigung des alliierten Vorstoßes den fliehenden Verbänden der
Wehrmacht, SS und sonstiger auf Seiten des Dritten Reiches kämpfender Einheiten eine Flucht nach
Westösterreich ermöglicht. Parallel dazu wurden dadurch auch die Todesmärsche aus den
verschiedenen Außenlager des KZ Mauthausen und der verschiedenen Einsatzorte jüdischer
ZwangsarbeiterInnen gedeckt: Die Todesmärsche begannen meist März 1945 29 und zogen alle über
Graz; die Rückeroberung/Verteidigung Feldbachs ermöglichte somit – wissentlich oder zufällig – die
Durchführung der Todesmärsche.
Dass die „Kreta-Feier“ in Gniebing eben auch damit begründet wird, dass es 1945 „galt […] den
Vorstoß der Roten Armee in das Raabtal zu stoppen und damit die vielen Flüchtlinge, Verwundeten und
zurückflutenden Heeresverbände vor einer Katastrophe zu bewahren“ 30 erhält unter Bedachtnahme
dieser vor Ort kaum bekannten historischen Vorgänge eine makabre Bedeutung. Diesem nicht
zutreffenden Bild stehen etwa Berichte von bereits zusammengestellten Todesmärschen, die zu spät
aufbrachen oder zu langsam waren, von der Roten Armee befreit und in Ungarn medizinisch versorgt
wurden, gegenüber.31
Diese Helden-Geschichtsschreibung wurde und wird von Veteranen-Zeitzeugenberichten und der
Traditionspflege der Veteranenorganisationen aktiv weitergetragen und ist – wie später gezeigt werden
25 Karrer, Othmar und Praßl, Johann: So war es 1945. 50 Jahre Kriegsende in der Südoststeiermark, 1945-1995. S. 74. (Im
Folgenden kurz: Karrer: 1945)
26 Militärfallschirmsprungverbund Ostarrichi: Einladung Heldengedenkfeier am 21. Mai 2011. O.O., o.D. Kopie im Archiv
der AutorInnen. Online: http://www.milf-o.at/fallschirmjägerdenkmal-auersberg, Zugriff 23.02.2011, derzeit nicht mehr
online. Sicherungen hier: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/einladung_milfo1_2011.jpg und
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/einladung_milfo2_2011.jpg
27 Vgl. Puntigam: Kämpfe 1945, S. 146.
28 Vgl. Soherr: Schicksal, S. 8.
29 Lappin-Eppel, Eleonore und Schober, Franz Josef: Der Einsatz ungarisch-jüdischer Zwangsarbeiter im
Stellungsbauabschnitt V Feldbach. In: Dornik, Wolfram et al.: Projekt Hainfeld – Beiträge zur Geschichte von Schloss
Hainfeld, der Familie Hammer-Purgstall und der gesellschaftspolitischen Situation der Südoststeiermark im 19. und 20.
Jahrhundert. Innsbruck/Wien, 2010. S.174-207, hier S. 201. (Im Folgenden kurz: Lappin-Eppel: Einsatz)
30 Militärfallschirmsprungverbund Ostarrichi: Einladung Heldengedenkfeier am 21. Mai 2011. O.O., o.D. Kopie im Archiv
der AutorInnen. Online: http://www.milf-o.at/fallschirmjägerdenkmal-auersberg, Zugriff 23.02.2011, derzeit nicht mehr
online. Sicherungen hier: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/einladung_milfo1_2011.jpg und
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/einladung_milfo2_2011.jpg
31 Zwei solche Beispiele etwa bei Lappin-Eppel: Einsatz, S. 185.
5
wird – tief in der Lokalpolitik und Gesellschaft verankert. Auf Homepages der regionalen
Tourismuswerbung32 findet sich dieser Blick auf die Geschichte ebenso wie in Schriften zum Jubiläen
des Kriegsendes (1995, 2005)33.
Auch die Stadt Feldbach übernimmt den
Wehrmachts-Pathos unhinterfragt. So
heißt es dort betreffend der Feier im Jahr
2011 unter dem Titel „Zum Gedenken
der
gefallenen
Fallschirmjäger“:
„Aufgrund des heldenhaften Einsatzes
der Fallschirmjägertruppe bei der
Rückeroberung Feldbachs in der
Osterwoche 1945 wurde im Jahr 1954
eine würdige Erinnerungsstätte, das
Fallschirmjägerdenkmal
auf
dem
Auersberg in Gniebing bei Feldbach,
errichtet.“34
Erst am 8.Mai 1945 wurde Feldbach in
Folge der Gesamtkapitulation der
Deutschen Wehrmacht aufgegeben und
ein zweites Mal von der Roten Armee Begeisterter Bericht über die Feier auf der Seite der Stadt Feldbach,
befreit; Es war bei seiner Befreiung am mittlerweile entfernt. (Bildquelle 2)
8.Mai total zerstört da es durch
Befreiung, Rückeroberung und die einmonatige Verteidigung gegen die Rote Armee de facto zu einem
rein militärischen Spielball wurde. Die Wiedereroberung Feldbachs erfolgte auf Basis militärischer und
propagandistischer Überlegungen. Der „heldenhafte Einsatz (…) bei der Rückeroberung Feldbachs“
diente der Aufrechterhaltung des Dritten Reichs für weitere fünfeinhalb Wochen.
32 O.A.: Die Geschichte des Vulkanlandes. Auf: vulkanland.at/Verein zur Förderung des Steirischen Vulkanlands. Online:
http://www.vulkanland.at/de/steirisches-vulkanland/Geschichte/, Zugriff 15.5.2012.
33 Etwa Karrer: 1945.
34 O.A.: Zum Gedenken der gefallenen Fallschirmjäger. Online: http://feldbachweb.schabkar.com/index.php/aktuelles-aneues/archiv/569-gedenkveranstaltung, Zugriff 06.10.2012, derzeit nicht mehr online und geändert auf einen einfacheren
Text. Original im Archiv der AutorInnen. Kopie hier:
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/stadt_feldbach_bericht_kretafeier-2011_screenshot.png
6
Bezug 2:
Der Überfall auf Kreta
Griechenland war bis Ende 1940 kein
Schauplatz des Zweiten Weltkrieges. Es bestand
eine Beistandsverpflichtung vom 13.4.1939 des
Vereinigten Königreichs für Griechenland,35 die
deutsche Führung konzentrierte sich auf die
Vorbereitungen für den Überfall auf die
Sowjetunion. Als Ende Oktober 1940 Italien als
der Bündnispartner Deutschlands Griechenland
den Krieg erklärte und sodann das griechische Landung deutscher und österreichischer Fallschirmjäger und
Festland eroberte reagierte das Vereinigte Gebirgsjäger auf Kreta, 20.Mai 1941. (Bildquelle 3)
Königreich und besetzte Kreta. Deutschland
ging dazu über Italien zu unterstützen und
eroberte Griechenland und Jugoslawien Anfang
April 1941. Am 25.April 1941 erging die
Weisung, die Eroberung Kretas vorzubereiten –
vermutlich erst auf den Druck hoher Militärs
hin.36
Das
Unternehmen
wurde
dem
österreichischen Generaloberst Alexander Löhr
übertragen, an der Eroberung waren das
XI.Fliegerkorps
und
die
ebenfalls
österreichische 5.Gebirgsdivision nebst Teilen
der 6.Gebirgsdivision beteiligt.37 Am 20.Mai
1941 startete die Luftlandung der deutschen
Fallschirmjäger, am 27.Mai zogen sich die
Alliierten zurück.38
Die kretische Bevölkerung leistete – zur
Überraschung der Wehrmacht ebenso wie der
abziehenden Alliierten – starken Widerstand,
ohne von den Alliierten dazu aufgefordert oder
ausgerüstet worden zu sein.39 Noch während des
Überfalls
bildeten
sich
erste
Widerstandsgruppen40, es folgten SabotageAktionen und Angriffe von ZivilistInnen auf die
Soldaten der Wehrmacht.
Die Besatzer reagierten mit Vergeltungs- und
Sühnemaßnahmen. Kurt Student wies als
Massaker in Kondomari Κοντομαρί am 2. Juni 1941.
(Bildquelle 5)
35 Stefan, Alexandra Marianne: Deutsche Kriegsverbrechen auf Kreta 1941-1945. Diplomarbeit Uni Wien, 1999. S. 2. (Im
Folgenden kurz: Stefan: Kriegsverbrechen)
36 Vgl. ebd., S. 6.
37 Vgl. ebd., S. 8.
38 Vgl. ebd., S. 20.
39 Vgl. ebd., S. 58f.
40 Vgl. ebd., S. 66f.
7
Befehlshaber den Besatzungstruppen auf Kreta am 31.Mai
1941 an: „Jetzt ist die Zeit gekommen, allen derartigen Fällen
planmäßig nachzugehen, Vergeltung zu üben und
Strafgerichte abzuhalten, die auch als Abschreckungsmittel
für die Zukunft dienen sollen. Ich beabsichtige, in dieser
Richtung mit äusserster Härte vorzugehen. (…) Als
Vergeltungsmaßnahmen
kommen
in
Frage:
1.)
Erschiessungen 2.) Kontributionen 3.) Niederbrennen von
Ortschaften (vorher Sicherstellung aller Barmittel, die restlos
den Angehörigen zugute kommen sollen) 4.) Ausrottung der
männlichen Bevölkerung ganzer Gebiete. (…) Es kommt nun
darauf an, alle Maßnahmen mit größter Beschleunigung
durchzuführen, unter Beiseitelassung aller Formalien und
unter bewusster Ausschaltung von besonderen Gerichten. Bei
der ganzen Sachlage ist dies Sache der Truppe und nicht von
ordentlichen Gerichten. Sie kommen für Bestien und Mörder
nicht in Frage.“41
Mit diesem Befehl, dem ähnliche folgten, war schon 1941 das
vorweggenommen was später den „Partisanenkrieg“
auszeichnen sollte: Freie Hand für Soldaten Übergriffe,
Sühnemaßnahmen
und
Vergeltungen
gegen
die
Zivilbevölkerung durchzuführen. Am 3.Juni wurde das Dorf
Kandanos von deutschen Einheiten heimgesucht, alle Häuser
zerstört und rund 300 Personen hingerichtet oder in den
Häusern verbrannt. Die Zerstörung wurde dort sogar verewigt:
Die Fallschirmjäger stellten eine Tafel auf, auf der zu lesen
war: „Zur Vergeltung der bestialischen Ermordung eines
Fallschirmjägerzuges und eines Pionierhalbzuges durch
bewaffnete Männer und Frauen aus dem Hinterhalt wurde
Kandanos zerstört.“42
Die kretische Bevölkerung wurde in den auf die Eroberung
folgenden Jahren zur Zwangsarbeit gezwungen43 und ein
System der „Kollektivhaftung“ eingeführt das selbst dem
damals schwach ausgeprägten Kriegsrecht widersprach. 44 Die
Repressalien der brutalen deutschen Besatzungspolitik
Griechenlands sind in der griechischen und kretischen
Geschichtsschreibung sehr stark verankert, was sich
2011/2012 etwa an Merkel-Hitler-Vergleiche in Griechenland
im Zuge der Debatte um die Euro-Krise zeigt.45
41
42
43
44
45
Massaker in Kondomari Κοντομαρί am 2.
Juni 1941. (Bildquelle 4)
Vgl. ebd., S. 58ff.
Ebd. S. 59.
Vgl. ebd., S. 60f.
Vgl. ebd., S. 65.
Berliner Morgenpost: Griechen stellen Merkel in eine Reihe mit Hitler. Online:
http://www.morgenpost.de/politik/ausland/article1786635/Griechen-stellen-Merkel-in-eine-Reihe-mit-Hitler.html,
Zugriff: 07.10.11.
8
Ablauf der Feier
Das Denkmal befindet sich auf einem Hang (auch:
Auersberg) in der Gemeinde Gniebing, das sich sehr
nahe bei der Bezirkshauptstadt Feldbach befindet. Es
besteht aus einer 13 Meter hohen Steinsäule auf der
ein Adler im Sturzflug sitzt, auf dem Denkmal selbst
sind mehrere Tafeln angebracht: Eine mit der
Widmung „Hier kämpften und fielen in den ersten
Apriltagen des Schicksalsjahres 1945 deutsche
Fallschirmjäger. Getreu ihrem Eid und Gehorsam der
beschworenen Pflicht.“ und eine weitere erläuternde
Tafel, die Errichtungsdatum (1954), Errichter
(Kameradschaft
Steiermark
ehemaliger
Fallschirmjäger) und Renovierungsdaten (1988, 2002)
ausweist. Am Boden liegend befindet sich eine große
Platte mit einem eingravierten WehrmachtsFallschirmschützenabzeichen und dem Schriftzug
„Kretas Erde“. Dies dürfte sich auf zwei kleine
daneben angebrachte Behältnisse beziehen, die
offenbar kretische Erde enthalten.
Die Gedenk- und Widmungstafeln am Denkmal (2012).
Das Denkmal ist mit einem rund 8 mal 12 Meter fassenden Hain umgeben auf dem wiederum Tafeln
angebracht sind. Die Gedenkfeier findet seit 1954 immer rund um den 20. Mai statt – dem Tag des
Beginns des Überfalls auf Kreta im Jahr 1941.
Die TeilnehmerInnenzahl schwankt in der Rückschau
auf die letzten fünf Jahre stark: 2008 nahmen kaum 30
Personen teil, 2011 und 2012 hingegen rund 200.
Zumindest
seit
2007
sammeln
sich
die
TeilnehmerInnen auf einem 600 Meter entfernten
Gasthaus-Parkplatz
und
marschieren
als
„Schweigemarsch“ unter Trommelschlag zum
Denkmal, das sich auf einem Hang befindet.
Veteranen, RednerInnen, KranzträgerInnen und
Ehrengäste nehmen im Hain Aufstellung, die
Fahnenabordnungen außerhalb der Mauer. Neben
Abordnungen der Ortsverbände der EdelweißKameradschaft
nehmen
an
der
Feier
Fahnenabordnungen
des
„Bund
ehemaliger
Fallschirmjäger – Kameradschaft Kratzert“ (unter
Vorsitz des Ritterkreuzträgers Viktor Vitali), der
„Kameradschaft ehem. Fallschirmjäger Steiermark“,
verschiedener Ortsgruppen des Österreichischen
Kameradschaftsbundes und ähnlicher Vereine teil.
Während in jedem Jahr Angehörige des Bundesheeres
an der Feier teilnahmen, wurde im Jahr 2010 auch die
9
Vergleich TeilnehmerInnen 2007 zu 2011: Bundesheer,
deutschnationale Burschenschaften, kriegsbegeisterte
Militaristen, usw. bringen neue Masse. (Bildquelle 6)
Fahne des Bundesheer-Jägerbataillons 18 ausgeführt.46 Zumindest im Jahr 2012 waren auch zwei
Abordnungen der K IV mit Fahnen anwesend, weiters die Fahne der schlagenden deutschnationalen
Grazer Burschenschaft Allemannia samt dazugehöriger Schmissträger. Dazu kamen in manchen Jahren
Fahnenabordnungen von k.u.k. Traditionsverbänden sowie Musikkapelle.
Die Mehrheit der BesucherInnen stellen
Kameradschaftsverbände mit ihren Mitgliedern.
Die zweitgrößte Gruppe stellten jedes Jahr
Bundesheer-Soldaten dar. Dazu kommen
Personen aus der Stadt Feldbach und der
Gemeinde
Gniebing,
Lokalund
BundespolitikerInnen,
Geistliche
und
Militärgeistliche. Über Jahre nahmen auch
Polizisten in Uniform an der Feier teil. 2011
hielt, neben der Begrüßung durch den
Veranstalter und Begrüßung durch einen
Gemeindevertreter, ein Vizeleutnant des
Bundesheeres und ein Militärgeistlicher je eine
Rede. 2012 hielt Oberleutnant a.D. der Das während der Feier gesungenen Edelweiß-Lied und das
Bundeswehr Haupt als Repräsentant des Fallschirmjäger-Lied stammen direkt aus dem WehrmachtsLiederbuch.
Bundes Deutscher Fallschirmjäger eine Rede
und fand sich darüber entzückt, dass man in
Österreich so unbeschwert über das Vaterland sprechen dürfe: „Am Fallschirmjägerehrenmal in
Feldbach/Steiermark fand ich folgende Inschrift: ‚Die für das Vaterland starben, ehren wir am besten,
wenn wir für das Vaterland leben.‘ Dem heutigen deutschen Durchschnittsbürger ist das Wort
Vaterland zumindest suspekt, für ihn spielt das Vaterland keine große Rolle mehr. Militärische
Tugenden werden argwöhnig beäugt, Einsatz für das Vaterland erscheint heute vielen nach
Jahrzehnten der Sicherheit und des Wohlergehens eher lächerlich. Umso mehr ist davon auszugehen,
dass für die Mehrzahl der hier in Gottes Frieden ruhenden Deutschen Fallschirmjäger das Vaterland
in ihren Wertevorstellungen ganz vorn stand. Über 4500 meist ganz junge Männer, viele unter 20 Jahre
alt, gaben ihr junges Leben für ihre Überzeugungen.“ 47 Zum Programm gehören neben Steirischer
Landes- und Österreichischer Bundeshymne das „Lied vom Guten Kamerad“, das Edelweiß-Lied und
das Fallschirmjäger-Lied.48 Während das Lied vom „Guten Kamerad“ zum fixen Repertoir jeder
46 Sichtbar etwa auf diesem Bild:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2010/album/slides/DSC06437.html, Zugriff:
27.5.2012. Screenshot im Archiv der AutorInnen. Auch als Screenshot:
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/screenshot_jg18.jpg
47 Rede online unter dem Titel „Redetext deu OLT a.D. Haupt am 27.05.2012, BDF-Repräsentant“ unter:
http://www.griechenland.diplo.de/contentblob/3562290/Daten/2461126, Zugriff: 10.12.2012. Screenshot und Kopie im
Archiv der AutorInnen. Auch als Screenshot:
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/screenshot_rede_haupt.png
48 Laut Programmheft für die Feier aus dem Jahr 2012 werden am Schluss „Fallschirmjägerlied (drei Strophen)“ und das
„Edelweiß-Lied (drei Strophen)“ gesungen. Programm online unter:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/seiten/terminkalender/plakate/fschjg_ged_2012.htm. Zugriff 15.5.2012. Kopie im
Archiv der AutorInnen. Auch laut der Bericht von der Feier für das Jahr 2011 und 2012 ist vom Absingen dieser Lieder
die Rede, siehe:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/seiten/ortsverbaende/feldbach/berichte/kameradengedenken/2011/bericht_kamera
dengedenken_2011.htm und
http://www.kameradschaftedelweiss.at/seiten/ortsverbaende/feldbach/berichte/kameradengedenken/2012/bericht_kamera
dengedenken_2012.htm. Zugriff jeweils 15.5.2012. Kopie im Archiv der AutorInnen. Auch als Screenshot für alle drei
10
zünftigen Gedenkfeier gehört stellen die beiden letzten Lieder durchaus etwas besonderes dar: Zwar
sind auch sie im Bundesheer weit verbreitet, stammen aber eigentlich direkt aus dem WehrmachtsLiederbuch.
Die Kameradschaft vom Edelweiß stellt den Liedtext auf
seiner Homepage nicht nur zur Verfügung, sondern druckt
darauf auch die Verbandsabzeichen der neun
Gebirgsjägerdivisionen der Wehrmacht ab.49
Die Feier geht, wie dargestellt wurde, auf die direkte
Nachkriegszeit zurück, die erste Feier fand vermutlich im
Mai 1954 statt. Über den Ablauf der Feiern vor 2007 ist
nichts bekannt, nicht einmal, ob die Feier jedes Jahr
stattfand. Seit 2009 wird die Veranstaltung von Josef Paul
Puntigam und dreier ihm nahe stehenden Vereinen
ausgerichtet. Puntigam ist pensionierter Brigadier50 des
Österreichischen Bundesheeres, war Infanteriechef des
Bundesheeres und Kommandant der Jägerschule des
Bundesheeres in Saalfelden. Im Herbst 2006 wurde er
pensioniert und mit dem goldenen Ehrenzeichen der
Republik Österreich ausgezeichnet.51 Für die Ausrichtung
einer solchen Gedenkfeier dürfte er durchaus ein
Händchen
haben:
Seit
2009
nahm
die
TeilnehmerInnenzahl kontinuierlich zu.
Dafür lassen sich einige gute Gründe finden: Zum einen
war Puntigam selbst in der Feldbacher Kaserne stationiert
und verfügt dort über hohes Ansehen und Kontakte.52 Die Veranstalter stellen den Liedtext samt der
Verbandsabzeichen der Wehrmacht online.
Zweitens ist Puntigam seit Jahrzehnten im Netzwerk der (Bildquelle 7)
Veteranen-Organisationen fest verankert: So nahm er laut
einer Parlamentarischen Anfrage der Grünen etwa am Gebirgsjäger-Treffen im bayrischen Mittenwald
teil, legte Kränze nieder und wurde als Vertreter des Bundesheeres begrüßt, 53 selbst nachdem eine
Teilnahme 2007 durch eine Weisung des Verteidigungsministers verboten wurde. 54 Im September 2011
veröffentlichte die Plattform „Stoppt die Rechten“, dass Puntigam seine Teilnahme am
Ulrichsbergtreffen angekündigt hat55, darüber hinaus ist der facebook-User „Josef Paul Puntigam“ auch
Quellen: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/screenshot_lieder1.jpg
49 Homepage der Kameradschaft vom Edelweiß, online: http://www.kameradschaftedelweiss.at/pdf/edelweisslied.htm,
Zugriff 15.5.2012. Kopie im Archiv der AutorInnen. Auch als Screenshot:
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/screenshot_edelweic39flied1.jpg
50 „Brigadier“ ist der niedrigste der vier Generalsränge im Österreichen Bundesheer.
51 Bericht des Militärkommandos Salzburg: „Jägerschule verabschiedet langjährigen Kommandanten“, Saalfelden, 09.10.
2006. Online: http://www.bmlv.gv.at/cms/artikel.php?ID=3004, Zugriff: 15.5.2012.
52 Vgl. Interview zwischen (…) Josef Paul Puntigam und dem Herausgeber des Südostjournales (…) am 24. Oktober 2009.
Abzurufen unter: www.kameradschaftedelweiss.at/pdf/interview.pdf. Kopie im Archiv der AutorInnen.
53 Parlamentarische Anfrage 1130J, XXIII. GP vom 04.07.2007. Unter:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/J/J_01130/index.shtml
54 Parlamentarische Anfrage 3696/J, XXIII. GP vom 04.03.2008. Unter:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/J/J_03696/index.shtml
55 Ulrichsberg (Ktn): Verboten und trotzdem dort, Blogeintrag vom 15. September 2011. Auf:
http://www.stopptdierechten.at/2011/09/15/ulrichsberg-ktn-verboten-und-trotzdem-dort/
11
Mitglied der facebook-Gruppe „Wir
gedenken
den
Veteranen
–
Ulrichsbergtreffen 2011“.56 Schon
zuvor war thematisiert worden, dass
Puntigam in einer von ihm
herausgegebenen
Zeitschrift
die
Verbrechen
der
Wehrmacht
relativiere57, auch sonst gern in
rechten österreichischen (Zur Zeit)58
und deutschen (DMZ)59 Zeitschriften
zu Wort kommt. Für das steirische
Lokalblatt
„Süd-Ost-Journal“
verfasste Puntigam immer wieder
Kommentare. In einem forderte er
einen Schlussstrich unter die NSAufarbeitung: „Das ständige Rülpsen
und Blähen mit Faschismus und
Nationalsozialismus, das ständige Veranstalter Josef Paul Puntigam geleitet einen Veteranen samt
Vorzeigen irgendwelcher Zombies Ritterkreuz zum Denkmal, die auch während der Feier und mittels der
vergangener Tage, der laufende Einladung namentlich begrüßt werden. (Bildquelle 8)
Missbrauch der Tat des Franz
Jägerstätter wird zum Kotzen.“60
Jägerstätter hat ihn auch später noch umgetrieben: 2007 unterstützte er eine von Andreas Mölzer
gestartete Kampagne gegen die Seligsprechung Jägerstätters.61 Auch auf militärhistorischem Gebiet hat
Puntigam publiziert.62 Im erwähnten „Süd-Ost-Journal“ lässt er diese „Expertise“ auch nicht unerwähnt
und betrauert etwa die „Wende von Stalingrad“ 1943, welche es dem „Kommunismus“ erlaubt hätte,
„seine zerstörende und zersetzende, menschenfeindliche und gottesverachtende Kraft“ zu entfesseln.63
Sein letzter großer Wurf war jedoch das Vorwort zum Buch „Geheime Krieger“: Das Buch erschien
2006 im rechtsextremen deutschen Pour-le-Merite-Verlag64, Puntigam begrüßt die darin ausgeführte
56 Screenshot der „Attending“-Liste der Facebook-Gruppe „Wir gedenken den Veteranen – Ulrichsbergtreffen 2011“,
Screenshot: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/puntigam_facebook1.jpg
57 Parlamentarische Anfrage 3060/J, XXII. GP vom 17.05.2005. Unter:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXII/J/J_03060/index.shtml
58 Puntigam, Josef Paul: Ja zur Neutralität! In: Zur Zeit, Nr. 4/2011, 28. Jänner 2011.
59 Beitrag etwa für die Deutsche Militärzeitschrift, Ausgabe Nr. 52, Juli/August 2006, laut:
http://braunzonebw.blogsport.de/2008/05/23/mittenwald-nachlese/; Die DMZ wird von der Bundesregierung
Deutschland als problematisch und nicht als militärwissenschaftliche Publikation eingestuft, genauer: „Die „Deutsche
Militärzeitschrift“ (DMZ) steht dem rechtsextremistischen „Arndt-Verlag“ nahe. Sie veröffentlicht regelmäßig
Werbeanzeigen für Druckerzeugnisse des „Arndt-Verlages“ und anderer rechtsextremistischer Verlage. Im redaktionellen
Teil der DMZ finden sich Beiträge, die den Zweiten Weltkrieg unkritisch und teilweise mit geschichtsrevisionistischer
Tendenz thematisieren.“, lt. Bundestagsdrucksache 16/1282, online:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/16/012/1601282.pdf
60 „Süd-Ost-Journal“, Nr. 5/1993, S. 26.
61 Vgl. Neugebauer, Wolfgang: Der österreichische Widerstand 1938-1945. Wien, 2008. S. 241.
62 Puntigam, Josef Paul: Vom Plattensee bis zur Mur – die Kämpfe 1945 im Dreiländereck. Feldbach, 1993. Auch
zahlreiche Beiträge in der Bundesheer-Zeitschrift „Truppendienst“, etwa in Ausgabe 4/2011 zum „Sicherungseinsatz
1991 – das LWSR53 an der jugoslawischen Grenze“ oder in Ausgabe 1/1989 zum Ortskampf 1945 in Feldbach.
63 „Süd-Ost-Journal“, Nr. 1/1993, S. 28.
64 Parlamentarische Anfrage 1130J, XXIII. GP vom 04.07.2007. Unter:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/J/J_01130/index.shtml
12
„ungebrochene Traditionslinie, die von den legendären ‚Brandenburgern‘ der Wehrmacht über die
Antiterrorspezialisten der GSG 9 bis zum jüngsten deutschen Kommandoverband, dem KSK“65
„Hier fielen deutsche Fallschirmjäger.“
Die Bezüge zum Krieg der Wehrmacht und SS ergeben sich ungezählte Male. Zu den in Stein
gemeißelten Bezugnahmen – Adler, Fallschirmschützenabzeichen, Kreta-Schriftzug – und der Sprüche
– „Hier kämpften und fielen (…) deutsche Fallschirmjäger. Getreu ihrem Eid und Gehorsam der
beschworenen Pflicht.“ – treten die Bezüge in den Schriften und Reden: 2012 hielt Oberleutnant a.D.
der Bundeswehr Jochen Haupt als Repräsentant des Bundes Deutscher Fallschirmjäger eine Rede. Er
fand sich darüber erfreut, dass man in Österreich so unbeschwert über das Vaterland sprechen könne:
„Am Fallschirmjägerehrenmal in Feldbach/Steiermark fand ich folgende Inschrift: ‚Die für das
Vaterland starben, ehren wir am besten, wenn wir für das Vaterland leben.‘ Dem heutigen deutschen
Durchschnittsbürger ist das Wort Vaterland zumindest suspekt, für ihn spielt das Vaterland keine große
Rolle mehr. Militärische Tugenden werden argwöhnig beäugt, Einsatz für das Vaterland erscheint
heute vielen nach Jahrzehnten der Sicherheit und des Wohlergehens eher lächerlich. Umso mehr ist
davon auszugehen, dass für die Mehrzahl der hier in Gottes Frieden ruhenden Deutschen
Fallschirmjäger das Vaterland in ihren Wertevorstellungen ganz vorn stand. Über 4500 meist ganz
junge Männer, viele unter 20 Jahre alt, gaben ihr junges Leben für ihre Überzeugungen.“66
Auch einer der einladenden Vereine wirbt mit der Bezugnahme auf die Wehrmachts-Operationen: „Der
heldenhafte Einsatz der (…) 10. Fallschirmjägerdivision in den letzten Kriegswochen 1945 im Raum
Feldbach-Mühldorf (…) für tausende Menschen im Raum Graz (…)“ 67 Nahezu wortgleich findet sich
der selbe Bericht auf der Seite der Kameradschaft vom Edelweiß. 68 Bei den Feiern selbst werden jedes
Jahr alle Veteranen der Wehrmacht und SS namentlich begrüßt und ihre Geschichten erzählt. Die
Veteranen nehmen dabei samt aller ihnen verliehenen Auszeichnungen des Dritten Reiches teil,
darunter
Ritterkreuz
zum
Eisernen
Kreuz,
Eiserne
Kreuze,
Erdkampfabzeichen,
Bandenkampfabzeichen und Kreta-Ärmelband. Auf dem vom Veranstalter auf seiner Homepage zur
Verfügung gestellten Liedtext des Edelweiß-Liedes sind neun Verbandsabzeichen der WehrmachtsGebirgsjäger abgebildet69 und auch die Lieder selbst – das wie schon erwähnte Edelweiß-Lied und das
Fallschirmjäger-Lied – stammen aus dem Wehrmachts-Liederbuch von 1941.70
65 Beilage zur Parlamentarischen Beantwortung 3685/AB, XXIII.GP. Unter:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/AB/AB_03685_U1/index.shtml
66 Rede online unter dem Titel „Redetext deu OLT a.D. Haupt am 27.05.2012, BDF-Repräsentant“ unter:
http://www.griechenland.diplo.de/contentblob/3562290/Daten/2461126, Zugriff: 10.12.2012. Screenshot und Kopie im
Archiv der AutorInnen. Auch als Screenshot:
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/screenshot_rede_haupt.png
67 Militärfallschirmsprungverbund Ostarrichi: Einladung Heldengedenkfeier am 21. Mai 2011. O.O., o.D. Kopie im Archiv
der AutorInnen. Online: http://www.milf-o.at/fallschirmjägerdenkmal-auersberg, Zugriff 23.02.2011, derzeit nicht mehr
online. Sicherungen hier: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/einladung_milfo1_2011.jpg und
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/einladung_milfo2_2011.jpg
68 Kameradschaft vom Edelweiß, Ortsverband Feldbach: Das Ehrenmal der ehemaligen Fallschirmjäger am Auersberg in
Gniebing bei Feldbach. O.O., o.D. Kopie im Archiv der AutorInnen. Online:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/seiten/ortsverbaende/feldbach/berichte/das_ehrenmal_der_ehemaligen_fall.htm,
Zugriff 23.02.2011. Sicherung hier: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/beschreibung_kve11.png
69 http://www.kameradschaftedelweiss.at/pdf/edelweisslied.htm, Zugriff 15.5.2012. Kopie im Archiv der AutorInnen:
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/screenshot_edelweic39flied1.jpg
70 Liedtext hier als Screenshot: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/screenshot_fallschirmjc3a4gerlied.jpg
13
Das fällt aber nicht weiter ins Gewicht, denn auch
bei dem auf etlichen Fahnen von Verbänden
ehemaliger Fallschirmjäger aufgedruckten Spruch
„Treue um Treue“ handelt es sich um die Parole
der Fallschirmjäger der Wehrmacht.71 Auch das
Fallschirmschützenabzeichen, dessen Replika
zahlreiche Teilnehmer der Feier auf dem Barett
tragen, ist eine direkte Übernahme aus der
Wehrmacht – wobei die Bestimmung durchaus
kompliziert ist.72 Im Luftwaffen-Verordnungsblatt
vom
16.
November
1936
ist
das
Fallschirmschützenabzeichen so beschrieben:
„Das Fallschirmschützenabzeichen besteht aus
einem hochstehend ovalen, leicht gewölbten,
massiven Kranz, rechte Hälfte Lorbeer, linke
Hälfte
Eichenlaub,
Der Spruch der Wehrmachts-Fallschirmjäger: „Treue um
mit
Treue“. (Bildquelle 9)
aufgesetztem
massivem vergoldetem, gleitendem Adler mit Hakenkreuz in den
Fängen. Die Adlerkonturen und das Hakenkreuz sind poliert.“ 73
Exakt so sieht das Fallschirmschützenabzeichen aus, das auf der
Feier getragen wird und auch am Denkmal eingraviert ist – nur das
Hakenkreuz fehlt.
Auf den Fahnen der K IV, die zumindest 2012 und vermutlich
auch davor an der Feier teilnahm, ist der Spruch „Unsere Ehre
heißt Treue“ um ein Balkenkreuz angeordnet. Es handelt sich
dabei um den leicht abgewandelten Schwurspruch der SS, „Meine
Ehre heißt Treue“.74
Völlige Umorientierung,…
Fahne der (Waffen-)SS-Kameradschaft
„K IV“ bei der Feier 2012.
Die Traditions-, Soldaten- und Veteranenverbände befinden sich in
einer ablehnenden Haltung der modernen Gesellschaft gegenüber,
die sie durch Beschwörung alter und „wahrer“ Werten wie
Kameradschaft, Treue, Ehre, Eidtreue usw. zu festigen versuchen.
Eben diese Rückwärtsgewandtheit bedarf Anstrengungen diese
Werte ins Heute zu übersetzen – die Ulrichsberggemeinschaft
versucht dies etwa durch Versuche sich als „Europa-“ und
71 Vgl. AK gegen den kärntner Konsens: Tafel Fallschirmjäger, online: http://www.u-berg.at/texte/foto06.htm. Zugriff:
10.12.2012.
72 Vgl. M.N.Thaler (Pseudonym): Abzeichen auf der Kreta-Feier. Wien, 2013. Unter:
http://akhinterland.wordpress.com/abzeichen-kreta-feier/. Sowie: AK gegen den kärntner Konsens: „Tafel
Fallschirmjäger“, online: http://www.u-berg.at/texte/foto06.htm. Zugriff: 10.12.2012.
73 Vgl. AK gegen den kärntner Konsens: „Tafel Fallschirmjäger“, online: http://www.u-berg.at/texte/foto06.htm. Zugriff:
10.12.2012.
14
„Frieden-“Gedenkstätte zu positionieren.75 In Gniebing ist man sich noch nicht sicher was es werden
soll. Ein Vertreter des Österreichischen Kameradschaftsbund versuchte 2012 der Gedenkstätte eine
neue Bedeutung zu geben, in dem er sie als „Leuchtturm des Friedens“ und den ÖKB als „größte
Friedensbewegung Österreichs“ bezeichnete. Ob er damit den Ton der Veteranen getroffen hat bleibt
offen und abzuwarten.
Auch die Kommentare unter der Facebook-Einladung zur Kreta-Gedenkfeier für das Jahr 2011 und
2012 bieten interessante Umdeutungen. So ist da etwa zu lesen, dass „nicht das Gedenken an Kreta und
der Kämpfe stand mehr im Vordergrund, sondern das Gedenken an die Entstehung der demokratischen
Republik Österreich im Jahre 1945!“. Ob es sich dabei um Wunschdenken oder nicht angenommene
Programmatik handelt ist unklar, jedenfalls werden diese Statements sonst nicht weiter aufgegriffen.
Auch die Tatsache, dass das Denkmal 1954 errichtet wurde, wird in einem Kommentar als
republikanische Verfasstheit der Stifter umgelogen: „Die Errichtung erfolgte ja auch am Vorabend des
österr. Staatsvertrages und der wirklichen Freiheit Österreichs, (…). Das Denkmal als solches ist aber
ein Denkmal der 2. Republik, der Demokratie und der wieder erlangten Freiheit unserer Heimat“. De
facto ist dieses Denkmal und die Tatsache, dass dieses 1954 errichtet werden konnte, ein historisches
Zeugnis für den Antibolschewismus bzw. Antislawismus der ost- und südösterreichischen grenznahen
Gebiete wie auch der Integrationspolitik der Zweiten Republik für ehemalige Soldaten des Dritten
Reiches.
…dem Feind von früher die Hand reichen,…
Auch wurde seitens der Veranstalter mehrmals angekündigt, dass schon für das Jahr 2012 VeteranInnen
der Roten Armee und Nachkommen ehemaliger Kreta-PartisanInnen geladen gewesen wären – und
2013 dann sicher kämen. In Facebook-Postings und Briefen an Zeitungen wie KritikerInnen werden
diese Ankündigungen immer umfassender: Bald würden auch die „Militärattachés von Russland,
Griechenland und Deutschland“ an der Feier teilnehmen oder aber „im Jubiläumsjahr 2015 eine
zusätzliche Tafel“ errichtet werden damit man die bestehenden nicht mehr „falsch“ verstehen könne.
Und wahrscheinlich ist bald zu hören, dass die Nachkommen kretischer PartisanInnen und ermordeter
ZivilistInnen eingeladen werden, oder Nachkommen der zur Zwangsarbeit gezwungenen ungarischen
JüdInnen, usw. Dieser Wunsch nach Versöhnung und Verbrüderung unter ehemaligen militärischen
Gegnern ist durchaus verbreitet und hat für die deutschen und österreichischen Soldaten eine äußerst
wichtige Funktion: Sie werden im Nachhinein zu „normalen“ Soldaten gemacht. Ein amerikanischer
Soldat, der losgeschickt wurde um Europa vom Faschismus zu befreien, und ein Soldat der Wehrmacht,
der losgeschickt wurde um am Vernichtungswerk des Dritten Reichs teilzuhaben, werden damit auf die
selbe Stufe gesetzt: Beide hätten nur eine Pflicht erfüllt, hätten keine Ahnung von Politik und
Ideologie. Was schon für Soldaten der Wehrmacht problematisch ist, verschärft sich bei Soldaten der
SS (oder Waffen-SS) nocheinmal. Wie stark dieses Bedürfnis nach der Anerkennung der ehemaligen
Gegner ist, zeigt sich sowohl am Ulrichsberg, wo immer wieder öffentlich angedacht wird auch Tafeln
von „Kriegsgegnern“ anzubringen, als auch schon in der Puntigam-Publikation von 1993 76. Die
Nachkommen von PartisanenInnen oder ermordeter ZivilistInnen einzuladen ist in seiner Bedeutung
noch perfider: Die Soldaten der Wehrmacht auf die gleiche Stufe mit durch nationalsozialistische
Sühnemaßnahmen ermordete ZivilistInnen zu stellen führt zu einer Nivellierung von Täter und Opfer.
74 Vgl. M.N.Thaler (Pseudonym): K IV auf der Kreta-Feier 2012. Wien, 2013. Unter: http://akhinterland.wordpress.com/kiv-auf-der-kreta-feier-2012/
75 Vgl. AK gegen den kärntner Konsens: Friede, Freude, Deutscher Eintopf. Wien, 2011. S. 85, 103ff, 111ff, 113ff, etc.
76 Vgl. Puntigam: Kämpfe 1945, S. 299
15
…in „einer Zeit, in der das Abnormale mit einem Gütesiegel versehen wird“.
Die Rede des Militärgeistlichen spielt eine zentrale Rolle der Feier. Einerseits weil dadurch der Feier
eine größere Akzeptanz nach Außen hin gegeben wird, andererseits weil der konkrete Militärgeistliche
– Toni Schneidhofer – seine Gesinnung klar zum Ausdruck bringt: Der Tag der Kreta-Feier sei für ihn –
neben dem Muttertag – der wichtigste Tag im Mai, denn die Männer, denen hier gedacht werde, „gaben
ihr Leben im Ringen der Völker“ und „Helden sterben nie vergebens“. Mit einem „Denkmal für
Deserteure haben wir als Fallschirmjäger sicher nichts am Hut“, es gelte vielmehr so einem Vorhaben,
in „einer Zeit, in der das Abnormale mit einem Gütesiegel versehen [werde]“, entgegenzutreten.
Auch der bereits erwähnte BDF-Repräsentant Jochen Haupt baute in seine Grußbotschaft Botschaften
über den Zeitgeist ein: Der Spruch „Die für das Vaterland starben, ehren wir am besten, wenn wir für
das Vaterland leben“ würde in Deutschland nicht mehr denkbar sein, er wisse auch nicht warum, aber
es gäbe eine ganz starke und aufgeladene Haltung gegenüber diesem Begriff vom ‘Vaterland’. Deshalb
sei es eine Freude, dass dies hier möglich ist.
Fallschirmjäger-Denkmal in Feldbach 2011, Fallschirmjäger-Denkmal in Chania 1941 – Ähnlichkeiten wohl
nicht gänzlich zufällig.
Eigentum und Errichtung
Das Denkmal wurde 1954 errichtet, also zu einem Zeitpunkt an dem vielerorts Kriegerdenkmäler an
die Soldaten des 1. Weltkrieges mit Tafeln um ein Gedenken an die Soldaten des Zweiten Weltkrieges
erweitert wurden. Nur selten aber wurden gänzlich neue Denkmäler errichtet, etwa am Ulrichsberg.
Wem der Grund auf dem Denkmal gehört ist nicht ganz klar, sehr wahrscheinlich ist es
Gemeindegrund, da der Bürgermeister von Gniebing immer als „Hausherr“ begrüßt wird. Das Denkmal
wurde mindestens zweimal renoviert, 1988 und 2002, sehr wahrscheinlich auch mit Mitteln der
Gemeinde Gniebing und Feldbach. Wann im Jahr 1954 das Denkmal errichtet wurde ist unklar: In einer
Aussendung des „Geselligkeits- und Unterstützungverein ‚Edelweiß‘“, dem Vorgänger der
„Kameradschaft vom Edelweiß“ von März 1954 ist etwas überraschend nicht die Rede von einem
(neuen) Denkmal, auch nicht in Zusammenhang mit dem großen „Edelweiß-Treffen“ am 5./6.Juni 1954
in Feldbach. Es ist anzunehmen, dass das Denkmal erst danach errichtet wurde. Edelweiß-Treffen
waren kurz vor und vor allem nach 1955 in der Steiermark und Kärnten/Koroška sehr verbreitet, im
Umfeld der Ulrichsberggemeinschaft waren Edelweiß-Feiern ebenso die erste Möglichkeit für
Kameraden sich wieder zu vernetzen.
16
Das Denkmal in Feldbach schaut
nicht zufällig so aus: Es ist dem
Fallschirmjäger-Denkmal
nähe
Chania auf Kreta nachempfunden.
Das Chania Denkmal wurde noch
1941 errichtet, also direkt nach der
Eroberung der Insel Ende Mai 1941.
Es besteht aus einem steineren
Obelisk samt einer Widmungstafel
auf dem ein stürzender Adler sitzt,
der
in seinen
Krallen
das
Hakenkreuz trägt. Das 1954 in
Feldbach errichtete Denkmal setzt
sich aus exakt diesen Komponenten
zusammen, nur auf das Hakenkreuz
wurde verzichtet. Das nebenstehende
Bild zeigt die Einweihungsfeier des
Kreta, Chania, 1941. Adler, in den Fängen das Hakenkreuz.
Fallschirmjäger-Denkmals in Chania Links:
Rechts: Österreich, Feldbach, 2013. Adler, in den Fängen...?
im
Jahre
1941
aus
zwei
Perspektiven, links ist die Fallschirmjäger-Feier in Feldbach im Jahr 2011 zu sehen.
Sehr frappierend ist der Umstand, dass man sich 1954 in Feldbach nicht zuschade war, den DenkmalsAdler mit einer Hakenkreuz-Anlehnung zu versehen: Der Original-Adler auf Kreta steht auf einem
gekippten Hakenkreuz, und der Feldbach-Adler auf einem gekippten „Etwas“.
Das Bundesheer und die Fantasieuniformen
Das Österreichische Bundesheer beteiligt sich seit
Jahren an der Feier. Durch die Kasernierung des
Aufklärungs- und Artilleriebataillon 7 in der nahen
Von-der-Groeben-Kaserne besteht auch ein starker
lokaler Bezug. Der Höhepunkt der BundesheerBeteiligung fand im Jahr 2011 statt: Ein junger
Bundesheersoldat, der in der Feldbacher Kaserne
stationiert gewesen war, verunglückte bei einem
Schießunfall im Oktober 2009. Die Kreta-Feier im Jahr
2011 stand im Zeichen des Gedenkens an ihn, zu den
Wehrmachts- und SS-Soldaten mischten sich trauernde
Familienangehörige des Verunglückten. Dies war auch
das Jahr mit den meisten TeilnehmerInnen, auch die
Abgeordnete zum Nationalrat (Sonja SteßlMühlbacher) war dabei. Der Bericht über ihre
Teilnahme auf der Homepage der Stadt Feldbach ist
leider schon verschwunden.77
Außer 2011 hat das Bundesheer nie an der Feier
teilgenommen...
Hier ein Bild aus dem Jahr 2008 (sic!)… (Bildqu. 11)
77 Bilder davon auf der Homepage der KvE:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2011/album/slides/IMG_8672.html und
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2011/album/slides/IMG_8902.html. Screenshots
davon hier: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/screenshot_nrabg2.jpg und
17
2012 wurde es Bundesheer-Soldaten nach
einem Artikel in der Tageszeitung „Der
Standard“ kurzerhand verboten an der
Feier teilzunehmen.78 Tatsächlich nahmen
2012 Bundesheer-Angehörige nicht in
Uniform an der Feier teil, wurden aber als
Angehörige des Bundesheeres durch die
Redner und den Veranstalter begrüßt.
Auch trugen manche der BundesheerAngehörigen nichsdestotrotz Uniformteile
des Bundesheeres, etwa der Pfarrer.79
Widersprüchlich sind die Behauptungen
des Veranstalters Josef Paul Puntigam,
demnach außer im Jahr 2011 kein
Bundesheer an der Feier teilgenommen
habe: In einer 2012 eingebrachten
Anfrage wird Puntigam damit zitiert, dass
„das Bundesheer zwischen 1954 bis 2010
nie eingeladen oder Veranstalter war“,
außerdem „[d]as Bundesheer (…) als
Institution 2007, 2008, 2009, 2010 und
2012 nicht eingeladen [war]! Daher hat
das Bundesheer auch keine Truppen
abgestellt!“80
Veranstalter
und
Verteidigungsministerium dürften sich auf eine absurde
Sprachregelung verständigt haben: Dass
jene Bundesheer-Soldaten in BundesheerUniformen, mit Bundesadler auf Uniform
und Baretten des Bundesheeres und mit
Sturmgewehren
des
Bundesheeres
bewaffnet zwar anwesend, aber Zivilisten
in Fantasieuniformen gewesen wären.
Das Verteidigungsministerium scheint
diese
Interpretation
jedenfalls
mitzutragen.81
78
79
80
81
Kreta-Feier 2010: Wieder keine Bundesheer-Soldaten… (Bildqu. 10)
Kreta-Feier 2009: Nicht-Bundesheersoldaten mit NichtSturmgewehren des Nicht-Bundesheers… (Bildquelle 12)
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/screenshot_nrabg1.jpg. Bericht über Steßl-Müchbachers Teilnahme auf
der Seite der Stadt Feldbach hier: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/stadt_feldbach_bericht_kretafeier2011_screenshot.png
Schmidt, Colette M.: „Veteranenfeier: Ministerium prüft Teilnahme von Heer“, DER STANDARD (18.5.2012). Und:
Dies.: „Veteranenfeiern: Jenseits des Heldenplatzes“, DER STANDARD (18.5.2012). Vgl. auch ein Jahr später: Sterkl,
Maria: „Umstrittenes Wehrmachts-Gedenken ohne Bundesheer“, derstandard.at, 15. Mai 2013.
Bild davon auf der Homepage der KvE:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2012/album/slides/045.html
Parlamentarische Anfrage 11880/J, XXIV. GP vom 13.06.2012. Unter:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/J/J_11880/index.shtml
Anfragebeantwortung 11673/AB, XXIV. GP vom 19.09.2012. Unter:
18
„Heute ist das Dreiländereck schöner denn je.“82
So tritt bis heute – nicht nur bei Zeitzeugen, sondern auch bei
nachfolgenden Generationen – die Tatsache in den Hintergrund,
dass die österreichische Bevölkerung durch den bedingungslosen
Einsatz der Alliierten Truppen, und hier an vorderster Front der
Roten Armee, vom NS-Regime befreit worden ist.83
Selten wird ein Gedenken an Täter und Eliteeinheiten des Dritten Reiches so unverblümt bereitet wie in
der Stadt Feldbach und Umgebung. Das Gedenken an Wehrmacht, SS und sonstiger Eliteeinheiten des
Dritten Reiches scheint mehrheitlich unhinterfragt, ebenso das Bild der Roten Armee als Besatzer und
„kindermordenden Horden aus dem Osten“.84
Feldbachs „andere“ Geschichte:
Feldbach hat auch eine andere Geschichte zu erzählen. In Feldbach befand sich bis 1945 eine Kaserne
der Waffen-SS, weiters mehrere Lager mit jüdischen ZwangsarbeiterInnen die beim Stellungsbau
eingesetzt wurden. Auch befand sich hier das Kommando für einen Bauabschnitt des „Südostwalls“
und ein wichtiger Bahnhof sowohl für militärische Belange als auch für den Verschub der für den
Stellungsbau notwendigen Zwangsarbeits-Arbeitskräfte. Als regionaler Knotenpunkt wurde Feldbach
zum Schauplatz des NS-Alltags: Zwangsarbeit, Durchhalteparolen, Erschießungen.
Als der Zusammenbruch der Ostfront
der Wehrmacht offensichtlich war,
wurden
ab
Sommer
1944
Vorbereitungen zur Verteidigung des
„Reichgebiets“ getroffen, ab etwa Mitte
Oktober 1944 mit dem Bau der
„Reichsschutzstellung“
vulgo
„Südostwall“/“Ostwall“ begonnen.85 Im
Bereich der Steiermark (inklusive der
1941-1945
angegliederten
„Untersteiermark“)
waren
sechs
Bauabschnitte vorgesehen, einer davon
war der „Bauabschnitt V Feldbach“.
Zum Zweck des Anlegens von Panzerbeim Anlegen des Südostwalls, ubk. Datum.
und
Schützengräben
wurden ZwangsarbeiterInnen
(Bildquelle 13)
ZivilistInnen, kriegsgefangene Soldaten
und die vielen verschiedenen Stufen der Ost-ZwangsarbeiterInnen 86 herangezogen, ingesamt wohl
82
83
84
85
86
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/AB/AB_11673/index.shtml
Vgl. Puntigam: Kämpfe 1945, S. 11.
Dornik: Kriegsende. S. 230.
Ebd.
Vgl. Lappin-Eppel: Einsatz, S. 175.
Bolyos, Paula: Zwangsarbeit in Kärnten/Koroška. In: AK gegen den kärntner Konsens: Friede, Freude, Deutscher
Eintopf. Wien, 2011. S. 266-272. (im Folgenden kurz: Bolyos: Zwangsarbeit)
19
50.000.87 Dazu kamen insgesamt rund 12.000 ungarische Juden und Jüdinnen, 88 eine andere Quelle
spricht von 40.000.89 Dieser Abschnitt umfasste eine breite Strecke zwischen Feldbach, Radkersburg an
der heutigen Grenze und Mogersdorf im heutigen Burgenland. 90 Im Bauabschnitt Feldbach wurden ab
Jänner 1945 rund 3.000 Juden und Jüdinnen zur Arbeit gezwungen, 91 am Stichtag 1. März waren von
den insgesamt 13.535 eingesetzten Arbeitskräften 2464 Personen jüdisch,92 die zweitgrößte Gruppe
waren ukrainische „Ostarbeiter“.93 Die Bauleitung des Abschnitts Feldbach befand sich in der Stadt
Feldbach, ebenso die jeweiligen Stellen der mit dem Bau zuständigen „Organisation Todt“. Daneben
bestand ein Kasernen- und Lagerkomplex der Waffen-SS in der Gleichenbergstraße in Feldbach: In ihr
war einerseits das „2. SS-Baubataillon ‘Kama’“ untergebracht. Es handelte sich dabei um einen aus der
aufgelösten „23. Waffen-Gebirgs-Division der SS ‘Kama’“ herausgelösten Verband.94 Außerdem
befand sich hier seit zumindest 1942 ein Genesungslager, das vorrangig den zwei SS-Divisionen
„Nordland“ und „Westland“ (SS-Genesenden-Bataillon) diente: 95 Sobald Verwundete aus den
Lazaretten entlassen waren wurden sie hierherverlegt um an Exerzier- und Schießübungen
teilzunehmen, kurz darauf wurden sie zurück an die Front geschickt. Nach dem Baubeginn an der
„Reichsschutzstellung“ wurden spätestens Anfang 1945 eine größere Anzahl jüdische
ZwangsarbeiterInnen in Feldbach untergebracht: Ein Teil kam in das aufgelassene Kloster
(Grazerstraße), der größere Teil kam in einen eigenen Bereich des SS-Lagers (Gleichenbergstraße).96
„Täglich fuhr der Zug mit den Stellungsarbeitern um 6:30 Uhr vom Bahnhof
Feldbach ab.“97
Die ZwangsarbeiterInnen wurden in geringem Ausmaß in der Stadt Feldbach selbst zur Arbeit
gezwungen (Arbeit im Schotterwerk, Instandhaltungsarbeiten), zum größten Teil aber von hier zu den
Schanzarbeiten per Zug transportiert,98 da Feldbach das Zentrum des Bauabschnitts in der
Südoststeiermark war. Vorrangig fanden die Transporte aber in den Bereich um Jennersdorf und
87 Ruggenthaler, Peter: „Ein Geschenk für den Führer“. Graz, 2002. S. 113. (Im Folgenden kurz: Ruggenthaler: Geschenk)
88 Ruggenthaler: Geschenk, S. 113. Siehe auch Lappin-Eppel: Zwangsarbeiter. Die ZwangsarbeiterInnen stammen aus
Ungarn. Zwischen 14.5 und 9.7.1944 wurden dort 430.000 Juden und Jüdinnen deportiert, die meisten nach Auschwitz.
Ein Teil, rund 15.000-16.000 kam nach Österreich. Nach dem Putsch der Pfeilkreuzler/Nyilaskeresztes Párt –
Hungarista Mozgalom im Oktober 1944 wurden, nach brutalen Pogromen gegen die verbleibenden Juden und Jüdinnen,
erneut weitere 75.000 Juden und Jüdinnen ins deutsche Reich gebracht, damit auch nach Österreich. Über die Transporte
danach ist wenig bekannt. Die ersten ZwangsarbeiterInnen kamen ins heutige Niederösterreich, ab etwa Oktober oder
Weihnachten 1944 auch in die Steiermark. Vgl. Lappin-Eppel, Eleonore: Der Zwangsarbeitseinsatz und die
Todesmärsche ungarischer Jüdinnen und Juden 1944/45. In: Klambauer, Karl: Holocaust in education in Centrope:
Spurensuche zwischen Vergessen und Erinnern. Wien, 2011. S. 107-117, hier S. 107-108. (im Folgenden kurz: LappinEppel: Todesmärsche)
89 Lappin-Eppel: Todesmärsche, S. 112.
90 Vgl. Lappin-Eppel: Einsatz, S. 175.
91 Vgl. ebd. S. 178.
92 Vgl. ebd. S. 178.
93 Ruggenthaler: Geschenk, S. 113.
94 Vgl. ebd. S. 164, FN 48.
95 Vgl. ebd. S. 198.
96 Karrer/Praßl: So war es 1945. 50 Jahre Kriegsende in der Südoststeiermark, 1945-1995. S. 39.
97 Grasmug, Rudolf: Der Mann mit dem steifen Bein. In: Dornik, Wolfram et al.: Projekt Hainfeld – Beiträge zur
Geschichte von Schloss Hainfeld, der Familie Hammer-Purgstall und der gesellschaftspolitischen Situation der
Südoststeiermark im 19. und 20. Jahrhundert. Innsbruck/Wien, 2010. S.208-229, hier S. 208. (Im Folgenden kurz:
Grasmug: Der Mann)
98 Vgl. Lappin-Eppel: Einsatz, S. 199.
20
Mogersdorf statt.99 Am 25.März 1945 kam eine größere Anzahl Gefangene direkt in Feldbach zu Tode:
Die Gefangenen befanden sich in Eisenbahnwaggons während der Bahnhof von alliierten Fliegern
angegriffen wurden. Der Angriff forderte einige Tote, vor allem aber viele Verletzte und
Schwerverletzte und ein „Durcheinander“ im routinemäßigen Einsatz der jüdischen
ZwangsarbeiterInnen. Das „Problem“ wurde dahingehend gelöst, dass die überlebenden jüdischen
Zwangsarbeiter die Verletzten und Toten auf einen LKW laden mussten und alle zusammen zum nahen
Mühldorfer „Judenfriedhof“ gebracht wurden. Die Unverletzten mussten ein Grab ausheben. Nach
Anlegen des Massengrabs wurden die Verletzten erschlagen oder erschossen und zusammen mit den
bereits Toten begraben.100
Während eine spätere Kommission bei 16 der 27 Toten eindeutig Kopfschüsse als Todesursache
ausmachen konnte stellt sich das „Drama vom Bahnhof“ in der Dorfgeschichte anders da: An den Toten
dieses Angriffs hätten klarerweise die Alliierten Schuld, andere Tote als jene der Alliierten hat es nicht
gegeben: „Das grauenhafte Blutbad bei der Beschießung des ‘Judenzuges’ durch den Tieffliegerangriff
der Amerikaner im Bahnhof von Feldbach ist für mich persönlich ein unvergeßliches Ereignis. Es gab
viele Tote, zahlreiche Verletzte, schreckliches Angstgeschrei, durchlochte und blutbespritzte
Waggons.“101 Dass die meisten Toten dieses Tages von örtlichen Nazis und der SS erschossen wurden,
kommt in dieser Geschichte nicht vor.
In der direkten Umgebung von Feldbach befinden sich, neben dem Massengrab am Mühldorfer
Friedhof („Judenfriedhof“, „Russenfriedhof“) zahlreiche weitere Massengräber mit jüdischen Opfern
(Paldau, Mühldorf, Edelsbach, u.a.102) Bereits im Februar 1945 wurde eine Flecktyphus-Epidemie unter
den Inhaftierten durch „systematische Erschießungen von Kranken bekämpft“, dabei „die Morde durch
Angehörige der Waffen-SS aus[ge]führt“.103 Der Feldbacher Dorfpfarrer „transportierte mit seinem
Zweiradkarren vom SS-Lager viele tote Juden auf den Judenfriedhof am Steinberg nach Mühldorf.
Auch geschlossene Kutschen mit Pferdevorspann standen mehrmals in Begleitung zweier SS-Soldaten
[diesem] für den Totentransport zur Verfügung.“104
Insgesamt verloren durch das Anlegen der „Reichsschutzstellung“ rund 33.000 Menschen ihr Leben. 105
Dieses Verteidigungssystem war militärisch zwecklos und zum Zeitpunkt des Angriffs meist
unbesetzt.106 Die Arbeiten wurden teils mit primitivsten Mitteln durchgeführt, die zur Arbeit
gezwungenen Jüdinnen und Juden waren bereits vor der Zwangsarbeit durch Lager und Märsche
geschwächt. Die unzureichenden Unterbringungsbedingungen, die fehlende medizinische Versorgung
und die brutale Bewachung machten diesen Einsatz noch schlimmer.
99 Vgl. Grasmug: Der Mann, S. 208.
100 Vgl. Lappin-Eppel: Einsatz, S. 199.
101 Karrer: 1945, S. 65.
102 Walzer, Tina: Jüdische Friedhöfe in Österreich und den europäischen Ländern. In: Theune, Claudia und Walzer, Tina:
Jüdische Friedhöfe – Kultstätte, Erinnerungsort, Denkmal. Wien, 2011. S. 9-80, hier S. 22-23. (Im Folgenden kurz:
Walzer: Friedhöfe)
103 Lappin-Eppel, Eleonore: Ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45:
Arbeitseinsatz, Todesmärsche, Folgen. Wien, 2010. S. 81 (im Folgenden kurz: Lappin-Eppel: Zwangsarbeiter).
104 Karrer: 1945, S. 67.
105 Vgl. Grasmug: Der Mann, S. 208.
106 Vgl. ebd., S. 208.
21
„Für uns junge Buben war es ein abschreckendes Bild. Jeden Tag hatten wir sie
[die Juden, Anm.] zum SS-Lager in der Gleichenbergstraße gehen gesehen. Sie
waren in einer Baracke hinterm Lager untergebracht.“107
Jüdische ZwangsarbeiterInnen bildeten, zusammen mit Roma und Sinti, die unterste Stufe der
ausgeklügelten rassistischen Hierarchie an Zwangsarbeit dar. 108 Die Verpflegung war nicht mehr als
eine Hungerration, ab Herbst gab es kein Wasser weil die Brunnen zufroren. 109 Schmutz,
Unterernährung und Erschöpfung begünstigten den Ausbruch von Seuchen und Krankheiten. Eine
ärztliche Behandlung war verboten.110
In vielen Städten der Steiermark war das Los der Jüdinnen und Juden sichtbar und allen
BewohnerInnen bekannt, so auch im Raum Feldbach. Obwohl es einzelne HelferInnen gab, die den
ZwangsarbeiterInnen etwa Brot zusteckten, „[schaute] die Mehrheit der Zivilbevölkerung (…) jedoch
weg und schwieg.“111 Und das obwohl „kein Fall bekannt [ist], bei dem ein Helfer zu Schaden
gekommen wäre.“112
Trotzdem erinnern heute nichts an ihre Qualen – ihren Bewachern und Mördern wurden hingegen
Denkmale gesetzt.
„Die Maschienenpistole als Serum gegen Flecktyphus“113
Zu den Todesmärschen kommen die zahlreichen Massaker im Raum Feldbach. In einer aktuellen
Auflistung von 48 jüdischen Massengräber 114 in der Steiermark befinden sich fünf im direkten Umfeld
von Feldbach,115 weitere 9 im Bereich des Feldbacher Bauabschnitts116.
Kranke ArbeiterInnen wurden nicht gepflegt, sondern „isoliert“ und dem Tod überlassen; die
ZwangsarbeiterInnen mieden es in diese „Sanatorien“ und „Lazarette“ zu kommen. 117 Die Todesrate
unter den ArbeiterInnen war auch ohne Erschießungen und Übergriffe sehr hoch.118
Als im Februar 1945 erneut in vier Lagern von jüdischen ZwangsarbeiterInnen aufgrund der
katastrophalen hygienischen Bedingungen Flecktyphus ausbrach, wurde wieder angeordnet die
Kranken zu isolieren. Die Ermordung der Kranken aus Feldbach ordnete die Gauleitung an, die
Erschießung übernahme die örtliche Waffen-SS.119
Die Isolierten aus St. Anna am Aigen, Kalch-Neuhaus am Klausenbach und Jennersdorf wurden in
Folge von Angehörigen der Waffen-SS ermordet.120 Auch in Klöch wurden Ende März 1945 26
erkrankte Juden auf Anordnung der Feldbacher Kreisleitung für einen Transport zusammengestellt, von
107 Karrer: 1945, S. 66.
108 Vgl. Ruggenthaler: Geschenk, S. 32. Auch: Bolyos: Zwangsarbeit.
109 Vgl. Lappin-Eppel: Todesmärsche, S. 112.
110 Vgl. ebd. S. 112.
111 Ebd., S. 113.
112 Ebd., S. 115.
113 Titel eines Berichts der Neuen Steirischen Zeitung vom 12.8.1945. Zit. n. Lappin-Eppel: Einsatz, S. 184, FN 51.
114 Aus einigen Massengräbern wurden die Toten bereits exhumiert und an anderer Stelle begraben.
115 Vgl. Walzer: Friedhöfe, S. 22-24: Auersbach, Edelsbach bei Feldbach, Feldbach, Mühldorf bei Feldbach, Paldau.
116 Vgl. Walzer, S. 22-24: Bad Gleichenberg, Deutsch-Haseldorf, Gnas, Hürth, Klöch, Poppendorf, Radkersburg, St.Anna
am Aigen, Trautmannsdorf in der Oststeiermark.
117 Vgl. Lappin-Eppel: Todesmärsche, S. 113.
118 Vgl. ebd., S. 113.
119 Vgl. ebd., S. 113.
120 Vgl. Lappin-Eppel: Einsatz, S. 178.
22
einem LKW abgeholt und von Volkssturmangehörigen in zwei Gruppen ermordet. 121 Kurz darauf
musste Klöch bereits evakuiert werden: Die verbleibenden ZwangsarbeiterInnen wurden zu Fuß
Richtung Mauthausen getrieben, rund 20 weitere Kranke blieben zurück und wurden um den 4. April
1945 von der SS erschossen.122 Auch 41 erkrankte jüdische Zwangsarbeiter, die in St. Anna am Aigen
eingesetzt waren, wurden – vermutlich am 13. Februar 1945 – von „einem SS-Kommando aus
Feldbach“ in St. Anna am Aigen abgeholt, in einen Wald bei Deutsch Haseldorf gebracht und
ermordet.123 Ende März 1945 gelang sieben jüdischen Zwangsarbeitern die Flucht aus dem Lager in St.
Anna am Aigen. Als Vergeltung wurden sieben andere Zwangsarbeiter, vermutlich an der gleichen
Stelle in Deutsch Haseldorf, ermordet. 124 In einem anderen Zwangsarbeiter-Lager in Neuhaus am
Klausenbach, nahe Feldbach, wurden Erkrankte in einem eigenen „Lazarett“ gesammelt. Ende März
wurde dann ein Kommando zusammengestellt, weitere Erkrankte aus der Umgebung zusammengeholt
und 83 Menschen von sechs SS-Männern und einem HJ-Bannführer ermordet. 125 Noch weiter nördlich,
in Jennersdorf, waren zeitweise bis zu 1.000 jüdische Zwangsarbeiter eingesetzt, ein Teil davon wurde
täglich aus dem Feldbacher Lager per Bahn gebracht. Zur Bewachung stand eine eigene Einheit der
Waffen-SS zur Verfügung. Bei den Arbeitseinsätzen standen Prügelstrafen an der Tagesordnung, auch
verstarben mehrmals Arbeiter während der Arbeit. 126 Schon im Februar 1945 kam es zu einem
Massaker an den ArbeiterInnen, da diese dem lokalen Bauleiter schon zu geschwächt waren: Eine
Kommission, an der auch der Feldbacher Amtsarzt teilnahm, selektierte 23 bis 30 nichtarbeitsjähige
Juden, welche von Angehörigen der Waffen-SS ermordet wurden. Schon kurze Zeit später forderte der
Bauleiter erneut ein Erschießungskommando an, zwei weitere Erschießungen sind aktenkundig. 127 Die
Rote Armee befreite im April 1945 Jennersdorf, konnte es jedoch nicht halten, sodass es die 5. SSPanzer-Division „Wiking“ zurückeroberte. Die zuvor von der SS zurückgelassenen
ZwangsarbeiterInnen wurden nun – obwohl sie schon kurze Zeit befreit gewesen waren – von der SS
ermordet.128 In Mogersdorf wurden von der Waffen-SS rund 40 Personen ermordet noch bevor der
Todesmarsch nach Mauthausen am 29.März 1945 begann.129 Auch in Feldbach selbst, das wie
dargestellt wurde das Zentrum des Bauabschnitts war, fanden Übergriffe und Massaker in den letzten
Tagen vor der „ersten Befreiung“ im April 1945 statt.
Todesmärsche
Ende März April 1945 wurden die Gefangenen auf Todesmärsche getrieben. Aus der Südoststeiermark
zuerst nach Graz, von dort Richtung Oberösterreich, wobei „nicht mehr marschfähige ArbeiterInnen
von den Wachmannschaften systematisch ermordet“ wurden.130 Anfang April startete dann der erste und
größte Todesmarsch von Graz Richtung Bruck an der Mur mit rund 6000 Menschen, viele weitere
folgten.131 Während dieser Todesmärsche kam es zu kontinuierlichen Ermordungen. Eines der größten
Massaker fand am Präbichl, knapp nördlich von Graz, statt, bei dem rund 200 Menschen eines
121 Vgl. ebd. S. 178, 180.
122 Vgl. ebd. S. S. 181.
123 Vgl. ebd. S. S. 184.
124 Vgl. ebd. S. S. 185.
125 Vgl. ebd. S. 188.
126 Vgl. ebd. S. 194.
127 Vgl. ebd. S. 195.
128 Vgl. ebd. S. 196.
129 Vgl. ebd. S. 197.
130 Lappin-Eppel: Zwangsarbeiter, S. 82
131 Vgl. Lappin-Eppel: Todesmärsche, S. 115.
23
Todesmarschs erschossen wurden.132 Während zumeist die Mörder Angehörige des Volkssturms waren
taten sich bei diesem ersten Marsch zwölf „Angehörige der ukrainischen Waffen-SS“ hervor – eben
jene Waffen-SS, der in Feldbach gleich mehrmals gedacht wird.133
Der erste Todesmarsch von Graz startete
am 4.4.1945.134 Einen Tag später schlug
man im 35 Kilometer entfernten
Feldbach die Rote Armee „heldenhaft“
zurück: „Galt es doch mit nur
unzureichender Ausrüstung den Vorstoß
der Roten Armee in das Raabtal zu
stoppen und damit die vielen
Flüchtlinge,
Verwundeten
und
zurückflutenden Heeresverbände vor
einer Katastrophe zu bewahren.“135
Todesmarsch von Graz durch Hieflau (Steiermark) (Bildquelle 14)
Gedenken für die Täter
Während der Feier kommen die Opfer der Eroberung und Besatzung von Kreta oder die Opfer der
Zwangsarbeit und Massaker im Raum Feldbach mit keinem Wort vor. In den Rechtfertigungsschreiben
der Veranstalter mischen sich seit 2012, also seit es Kritik an der Feier gibt, immer wieder Halbsätze in
die Selbstdarstellungen zur Feier, die entweder versuchen das Andenken an die Täter zu legitimieren
oder ein Andenken an deren Opfer reinzuschummeln.
Ein Beispiel dafür ist der Bericht über die Feier 2012 auf der Seite der Kameradschaft vom Edelweiß:
Die Feier stünde unter dem Titel „zum Gedenken der gefallenen Kameraden der Gebirgs- und
Fallschirmjägertruppe“136, besonders seien auch zwei Ritterkreuzträger hervorgehoben („…der unter
anderem auch mit bewegenden Worten an unsere im Vorjahr bzw. Frühjahr verstorbenen Kameraden
Horst Römer und Viktor Vitali erinnerte“, „die beiden verstorbenen Fallschirmkameraden Horst
Römer und Viktor Vitali in die Ansprachen und Gebete einbezogen“.) An anderer Stelle schleichen sich
dann zum Kameradengedenken auch die Soldaten der Gegenseite und „zivile Opfer“: „Im Mittelpunkt
132 Vgl. ebd., S. 115f.
133 Vgl. Berwald, Lisa und M.N.Thaler (Pseudonyme): Gedenken an die Waffen-SS in Feldbach. Wien, 2013. Unter:
http://akhinterland.wordpress.com/waffen-ss-in-feldbach/
134 Lappin-Eppel: Todesmärsche, S. 115.
135 Militärfallschirmsprungverbund Ostarrichi: Einladung Heldengedenkfeier am 21. Mai 2011. O.O., o.D. Kopie im
Archiv der AutorInnen. Online: http://www.milf-o.at/fallschirmjägerdenkmal-auersberg, Zugriff 23.02.2011, derzeit
nicht mehr online. Sicherungen hier: http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/einladung_milfo1_2011.jpg und
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/einladung_milfo2_2011.jpg
136 Dieses und die nächsten Zitate im Absatz, vgl.:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/seiten/ortsverbaende/feldbach/berichte/kameradengedenken/2012/bericht_kamera
dengedenken_2012.htm. Zum Vergleich siehe den Bericht über die Feier 2011:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/seiten/ortsverbaende/feldbach/berichte/kameradengedenken/2011/bericht_kamera
dengedenken_2011.htm
24
des Kameradengedenkens standen die
gefallenen und vermissten Soldaten
beider Weltkriege, aber es wurde auch
der zivilen Opfer und der gefallenen
einstigen Gegner gedacht.“ Welche und
vor allem wessen „zivile Opfer“ damit
gemeint sind bleibt schleierhaft: Die
jüdisch-ungarischen
ZwangsarbeiterInnen
in
der
Südoststeiermark, die Opfer der Shoa
allgemein, die Opfer der Besatzung von
Kreta? Abgesehen von dieser Frage
muss das Gedenken an Opfer des
Vernichtungskriegs der Wehrmacht auf
einer Feier sinn- und bedeutungslos
bleiben solang dieses unter der
Überschrift passiert eben die Soldaten
der Wehrmacht zu ehren. Alliierte
Soldaten und Opfer der Wehrmacht und
Waffen-SS danebenzustellen kann nur
dazu dienen, die Verbrechen der
Wehrmacht und Waffen-SS als ganz
normale Kriegshandlungen hinzustellen.
Abgesehen von der inhaltlichen
Problematik solcher „Erweiterungen“
sind diese auch nur an einen
beschränkten Kreis gerichtet: Nie
werden solche Erweiterungen explizit
auf der Feier angesprochen, würden sie
doch die Empörung der anwesenden
Kameraden hervorrufen. Solcherart
Erweiterungen bekommen immer nur
KritikerInnen oder Nachfragende zu Träger des Ritterkreuzes auf der Feier 2011 (Bildquelle 15)
hören oder kommen nach Kritik auf die
Homepage, die die Kameraden wohl nicht aufsuchen werden.
Bürgermeister, Nationalrats-Abgeordnete, Bundesheer…
Wenn die Kameraden und Veteranen unter sich bleiben würden um sich gegenseitig zu bestätigen, dass
sie damals alles richtig gemacht habe könnte man ja kaum etwas einwenden. Selbstbestätigungen wie
„bei uns wurde damals nicht über Kriegsschuld, gerechten oder ungerechten Kampf diskutiert“137,
welche, einem Schutzmantra gleich, in Berichten der Soldaten auftauchen, unterstreichen dieses
Bedürfnis der Kriegsgeneration. Aber sie sind eben nicht alleine und sie sterben auch nicht aus – vor
allem Letzteres ein häufiges Missverständnis. Auch die Feier in Gniebing nahm in ihrer Größe ab, die
BesucherInnen waren ein kleines Häufchen. 2007 besuchten nur gezähle 41 Personen die Feier. Seit
137 Puntigam: Kämpfe 1945, S. 158.
25
2009 wurde die Feier aber gezielt erweitert, neue Kameradschaftsverbände, wie die Waffen-SSKameradschaft K IV, als auch andere Gruppen wie deutschnationale Burschenschaften genauso wie das
Österreichische Bundesheer, eingeladen. Vielen Fragen bleiben vorerst unklar, vor allem warum ein
eigentlich aufgeschlossener und junger Bürgermeister diese jenseitige Veranstaltung unter den Schutz
der „Gebietskörperschaft“ nimmt. Klar ist jedenfalls, dass die Feier seit Jahren größer wird und die
BesucherInnen aus einem breiteren Spektrum kommen.
…und die „Traditionspflege“
Die Soldaten der Wehrmacht und (Waffen-)SS gaben die Begriffe Ehre, Kameradschaft und Eidtreue in
einem Paket namens „Traditionspflege“ an das Österreichische Bundesheer weiter und tun dies auch
heute. Einem 2009 verunglückten Bundesheer-Soldat wird – mit offizieller Zustimmung aus dem
Militärkommando und Deckung aus dem Verteidigungsministerium – ein Andenken während einer
Veteranen-Veranstaltung bereitet, ein Kranz für ihn neben einen für die auf Kreta Gefallenen gelegt. An
so einer Feier nehmen Nationalrats-Abgeordnete genauso teil wie ein hoher Bundesheer-Offizier die
Rede hält. Die Gemeinde Feldbach, in dessen Besitz die Gedenkstätte steht, sichert zu, auch weiterhin
für den Erhalt der Gedenkstätte aufzukommen und es gelte „für jene zu beten und jenen zu gedenken
(…) die in Erfüllung ihrer Pflicht gefallen“ 138 seien. Ist damit der Bundesheer-Soldat oder die KretaKämpfer gemeint – es bleibt unklar. Im Bundesheer scheint man kein Problem mit dieser Art von
„Traditionspflege“ zu haben.
Denkmäler für die Helden, Schweigen über die Opfer
Auch sonst ist Feldbach und Umgebung nicht arm an
„Kriegerdenkmälern“. Eine nagelneue Publikation des
Steirischen Kameradschaftsbundes139 listet nicht
weniger als 55 Kriegerdenkmäler im Bezirk Feldbach
auf, wobei hier interessanterweise gerade das „KretaDenkmal“
in
Gniebing
fehlt.
Viele
der
Kriegerdenkmäler sind nicht einfach nur Denkmäler
für Soldaten des Ersten Weltkriegs, die um
Wehrmachtssoldaten erweitert wurden, sondern
gedenken ganz konkreten Einheiten des Drittens
Reichs. Nicht weniger als vier ehren die Soldaten der
„14. Waffen-Grenadier-Division der SS (galizische Nr.
1)“.139b Sofern das Gedenken auch ZivilistInnen
einschließt, so nur, wenn es sich um „eigene“
ZivilistInnen handelt. Das Denkmal in Mühldorf bei
Feldbach umfasst etwa „32 gefallene Soldaten und 12
Zivilopfer des II.Weltkriegs“. Dass in Mühldorf auch
dutzende ZwangsarbeiterInnen ermordet wurden
scheint nicht erwähnenswert.
So wird in Feldbach für die Feier und das Denkmal
geworben.
138 Grußwort im Namen Bürgermeister Kurt Deutschmanns, Feier 2012.
139 Österreichischer Kameradschaftsbund Landesverband Steiermark: Mahnmale und Kriegerdenkmäler in Steiermark.
Graz, 2012. (=Kriegerdenkmäler)
139b Vgl. Berwald, Lisa und M.N.Thaler (Pseudonyme): Gedenken an die Waffen-SS in Feldbach. Wien, 2013. Unter:
http://akhinterland.wordpress.com/waffen-ss-in-feldbach/
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Im Jahr 1995 hielt man in der Publikation der Historischen Landeskommission für Steiermark fest, dass
„bis vor kurzem“ die Todesmärsche und die jüdische Zwangsarbeit in der historischen Aufarbeitung
„vergessen“ wurde.140 Es scheint als wäre diese Erkenntnis, zusammen mit der profunden Aufarbeitung
der Zwangsarbeit141, in Feldbach auch knapp 20 Jahre später noch nicht angekommen zu sein.
Von L. Berwald und M. N. Thaler (Pseudonyme). Wien, 20.März 2013.
Bildquellen:
Die Angabe der Bildquellen geben Auskunft über Herkunft und Rechte der Fotos. Die Rechte aller Bilder, die keine
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Zugriff: 10.April 2012. Rechte für das Bild liegen bei der Kameradschaft vom Edelweiß, Rechte am Screenshot beim AK
Hinterland.
Bildquelle 2, Seite 6: Screenshot von der Homepage der Stadt Feldbach, online:
http://feldbachweb.schabkar.com/index.php/aktuelles-a-neues/archiv/569-gedenkveranstaltung, Zugriff 06.10.2012, derzeit
nicht mehr online und geändert auf einen einfacheren Text. Original im Archiv der AutorInnen. Kopie hier:
http://akhinterland.files.wordpress.com/2013/03/stadt_feldbach_bericht_kretafeier-2011_screenshot.png
Bildquelle 3, Seite 7: Bundesarchiv, online: http://www.bild.bundesarchiv.de. Fotograf: o.A., Bild 141-0864. Rechte für das
Bild liegen beim Bundesarchiv.
Bildquelle 4, Seite 8: Bundesarchiv, online: http://www.bild.bundesarchiv.de. Fotograf: Franz Peter Weixler, Bilder 101I166-0525-28, 101I-166-0525-39, 101I-166-0525-30, 101I-166-0527-03A. Rechte für die Bilder liegen beim Bundesarchiv.
Bildquelle 5, Seite 7: Bundesarchiv, online: http://www.bild.bundesarchiv.de. Fotograf: Franz Peter Weixler, Bilder 101I166-0525-09, 101I-166-0525-20. Rechte für die Bilder liegen beim Bundesarchiv.
Bildquelle 6, Seite 9: Bildzusammenstellung des ‘AK Hinterland’. Oberes Bild: Screenshot von der Homepage der
Kameradschaft vom Edelweiß, online unter:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2007/album/thumbs/DSC02727.jpg. Zugriff:
15.April 2012. Rechte für das Bild liegen bei der Kameradschaft vom Edelweiß, Rechte am Screenshot beim AK
Hinterland. Unteres Bild: Parlamentarische Anfrage 11880/J in der XXIV. GP, online:
140Binder, Dieter Anton: Spurensuche zur steirisch-jüdischen Geschichte 1945-1955. In: Beer, Siegfried/Hist.
Landeskomm. für Steiermark: Die „britische“ Steiermark: 1945-1955 . S. 435-446, hier S. 441. Wobei Sätze wie „Ihr
Sterben [das von Juden und Jüdinnen zwischen 1938-1945, Anm.] korreliert mit Aspekten der Täterbiographie.“ (ebd.,
S.441) nicht gerade auf eine große Bereitschaft schließen lässt, Täter konkret zu benennen.
141 Hier ist vor allem Eleonore Lappin-Eppel herauszustellen. Vgl. als Auswahl etwa: Lappin-Eppel, Eleonore: Ungarischjüdische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in Österreich 1944/45: Arbeitseinsatz – Todesmärsche – Folgen,
Wien 2010. Auch: Lappin-Eppel, Eleonore: Die Todesmärsche ungarischer Jüdinnen und Juden durch die Steiermark. In:
Halbrainer, Heimo et al.: NS-Herrschaft in der Steiermark. Terror–Verfolgung–Widerstand, Wien,/et al., 2012, S. 385412. Ebenso: Lappin-Eppel, Eleonore: Der Einsatz ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter im Stellungsbauabschnitt V
Feldbach. In: Dornik, Wolfram, et al.: Projekt Hainfeld. Beiträge zur Geschichte von Schloss Hainfeld, der Familie
Hammer-Purgstall und der gesellschaftspolitischen Situation der Südoststeiermark im 19. und 20. Jahrhundert.
Innsbruck/et al., 2010, S. 174-207. Auch: Lappin-Eppel, Eleonore: Der Zwangsarbeitseinsatz und die Todesmärsche
ungarischer Jüdinnen und Juden 1944/45. In: Klambauer, Karl: Holocaust in education in Centrope: Spurensuche
zwischen Vergessen und Erinnern. Wien, 2011. S. 107-117. Außerdem: Lappin-Eppel, Eleonore: Die Rolle der WaffenSS beim Zwangsarbeitseinsatz ungarischer Juden im Gau Steiermark und bei den Todesmärschen ins KZ Mauthausen
(1944/45). In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Jahrbuch 2004, Wien 2004, S. 77–112.
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http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/J/J_11880/fname_256444.pdf, S. 24. Rechte für das Bild liegen beim
Österreichischen Parlament.
Bildquelle 7, Seite 11: Screenshot von der Homepage der Kameradschaft vom Edelweiß, online unter:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/pdf/edelweisslied.htm, Zugriff 15.5.2012. Auch als Screenshot: Screenshot
Edelweißlied. Rechte für das Bild liegen bei der Kameradschaft vom Edelweiß, Rechte am Screenshot beim AK Hinterland.
Bildquelle 8, Seite 12: Screenshot von der Homepage der Kameradschaft vom Edelweiß, online unter:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2011/album/slides/IMG_8747.html, Zugriff
10.5.2012. Rechte für das Bild liegen bei der Kameradschaft vom Edelweiß, Rechte am Screenshot beim AK Hinterland.
Bildquelle 9, Seite 14: Screenshot von der Homepage der Kameradschaft vom Edelweiß, online unter:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2010/album/slides/DSC06348.html, Zugriff
10.5.2012. Rechte für das Bild liegen bei der Kameradschaft vom Edelweiß, Rechte am Screenshot beim AK Hinterland.
Bildquelle 10, Seite 18: Bildzusammenstellung des ‘AK Hinterland’. Screenshots von der Homepage der Kameradschaft
vom Edelweiß, online unter:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2010/album/thumbs/DSC06475.JPG,
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2010/album/thumbs/DSC06531.JPG,
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2010/album/slides/DSC06331.html,
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2010/album/slides/DSC06428.html bzw. aber aus
Parlamentarische Anfrage 11880/J in der XXIV. GP, online:
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/J/J_11880/fname_256444.pdf, S. 24. Rechte für die Bilder liegen somit
beim Österreichischen Parlament und/oder bei der Kameradschaft vom Edelweiß.
Bildquelle 11, Seite 17: Screenshot von der Homepage der Kameradschaft vom Edelweiß, online unter:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/kameradengedenken_2008/album/thumbs/DSC03819.jpg, Zugriff
10.5.2012. Rechte für das Bild liegen bei der Kameradschaft vom Edelweiß, Rechte am Screenshot beim AK Hinterland.
Bildquelle 12, Seite 18: Screenshot (etwas gezoomt) von der Homepage der Kameradschaft vom Edelweiß, online unter:
http://www.kameradschaftedelweiss.at/fotoalbum/gefallenengedenken_2009%20_feldbach/album/slides/DSC05479.html,
Zugriff 10.5.2012. Rechte für das Bild liegen bei der Kameradschaft vom Edelweiß, Rechte am Screenshot beim AK
Hinterland.
Bildquelle 13, Seite 19: Bild von der Homepage des Vereins „erinnern.at“, online:
http://www.erinnern.at/bundeslaender/burgenland/termine/der-sudostwallbau-in-erinnerung-und-wissenschaft/, Zugriff
10.01.2013. Rechte für das Bild liegen beim Verein „erinnern.at“.
Bildquelle 14, Seite 24: Screenshot von der Homepage „wwww.diepresse.at“, online:
http://diepresse.com/images/uploads/3/4/d/1332045/nazistaetten_versteckte_orte_grauens_todesmarsch20130112185334.jp
g, Zugriff 12.11.2012. Bild dort von: „APA, PRIVATARCHIV WALTER DALL ASEN“. Rechte für das Bild liegen der
„APA, PRIVATARCHIV WALTER DALL ASEN“.
Bildquelle 15, Seite 25: Screenshot von der Homepage „wwww.diepresse.at“, online:
http://diepresse.com/images/uploads/3/4/d/1332045/nazistaetten_versteckte_orte_grauens_todesmarsch20130112185334.jp
g, Zugriff 12.11.2012. Bild dort von: „APA, PRIVATARCHIV WALTER DALL ASEN“. Rechte für das Bild liegen der
„APA, PRIVATARCHIV WALTER DALL ASEN“.
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