Region stuttgaRt aktuell - Verband Region Stuttgart

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Region stuttgaRt aktuell - Verband Region Stuttgart
Region stuttgart
aktuell
Infomagazin des Verbands Region Stuttgart 4 | 2015
Die Region als
Regionalstadt denken
Ein Highlight
neben dem anderen
Lohnende
Investition
Interview zum Forum
Region Stuttgart
Stadtporträt Kornwestheim
Der Strukturbericht 2015
Daten und Fakten zur Region Stuttgart
Hätten Sie’s gewusst, dass ...
… s ich die Wirtschaft in der Region Stuttgart seit der Wirtschaftskrise 2008 / 2009 positiv
entwickelt hat?
…d
ie Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer das Vorkrisen­­niveau (2007) hinter sich ließ und 2014 ein neuer Höchststand bei den Beschäftigten
von über 1,15 Millionen erreicht wurde?
… v or allem der Dienstleistungssektor daran seinen Anteil hatte (+14,7 %), aber auch im
Produzierenden Gewerbe (+ 3,9 %) neue Stellen entstanden sind?
Veränderungen der sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten in der Region Stuttgart nach
Geschlecht und Sektoren
© VRS 2015; Datenquelle: Strukturbericht Region Stuttgart 2015
2007
348.855
601.930
347.582
2014
310.088
91.268
296.559
85.918
287.374
2007
Produzierendes Gewerbe
647.547
405.250
435.425
+ 10,4 %
+ 14,7 %
+ 3,9 %
497.974
… F rauen mit einer Zunahme von 14,4 % stärker vom Beschäftigungsaufbau profitieren
konnten als Männer (+ 7,6 %)?
2014
Dienstleistungssektor
2007
2014
svp. Beschäftigte insgesamt
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit und IMU-Berechnungen
© VRS / F. Eppler
Inhaltsverzeichnis
Die Region
als Taktgeberin
Liebe Leserinnen und Leser,
Aktuelles
08 Lohnende Investitionen. Strukturbericht 2015
10 „Wir müssen die Region als Regionalstadt denken.“
Ein Gespräch mit Edmund Hug und Thomas S. Bopp
„Die Region muss weiter Taktgeberin beim technischen
Fortschritt sein.“ In meiner Haushaltsrede habe ich deutlich
gemacht, wie wichtig es ist, dass wir für die innovations­
treibenden Unternehmen geeignete Rahmen­­bedingun­­gen
schaffen. Dazu gehört die Möglichkeit zu Standort­erwei­­­
terungen ebenso wie die notwendige In­frastruktur. Gerade
die Unternehmen des Fahrzeugbaus tragen gut zwei Drit­­tel aller industriellen Investitionen in der Region Stuttgart,
wie der Strukturbericht 2015 darstellt (Seite 8). Im Fall
des Bosch Entwicklungszentrums in Renningen hat die regio­
nale Unterstützung hervorragend funktioniert.
13 41 Mal Vorfahrt für die Windkraft
verkehr
14 Wohlfühlbahnhof. 10 Jahre ÖPNV-Betreuer
15 Von der Dampflok zur S 60
verwaltung
16 „Die öffentliche Verwaltung muss saubere Arbeit
Neue Technologien und smarte Lösungen spielen aber
auch im ganz praktischen Einsatz eine Schlüsselrolle für die
internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts.
Mit unseren Förderprogrammen unterstützen wir regions­
weit innovative Lösungen. Das gilt speziell bei der Ver­
netzung unterschiedlicher Fortbewegungsmittel. Hier sehe
ich einen unserer Arbeitsschwerpunkte, im nächsten Jahr
und darüber hinaus.
Ihnen allen wünsche ich einen guten Endspurt des
Jahres 2015 und wie immer viel Vergnügen bei der Lektüre!
Ihre
leisten.” Burkhard Eix im Interview
Regionalplanung
18 Auf direktem Weg von der Industrie 1.0 zur
Industrie 4.0. Die Route der Industriekultur
kOMMUNE IM pROFIL
20 Rundum – ein Highlight neben dem anderen.
Stadtporträt Kornwestheim
22 „Mein Herz hängt an der Weiterentwicklung der Stadt.”
Oberbürgermeisterin Ursula Keck im Interview
Dr. Nicola Schelling, Regionaldirektorin
rubriken
02
04
23
23
23
Daten und Fakten zur Region Stuttgart
Kurz notiert
Termine & Veranstaltungen
Veröffentlichungen
Impressum
4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 3
Kurz notiert
© Foto: WRS / Silkroad GmbH
Interkommunale
Kooperation wird gefördert
Investoren nach wie vor interessiert
Investoren aus dem In- und Ausland zeigen anhaltend großes Interesse an
der Region Stuttgart. Als wirtschaftsstarker und beständiger Standort ist die
Region wegen ihrer verlässlichen Renditen attraktiv. Der Flächenengpass hat
sich weiter verschärft: Neben geeigneten Flächen für Industrie und produktions­
nahe Logistik, die bereits seit einigen Jahren knapp sind, gehen allmählich
auch Büroflächen und Objekte für gewerbliche Nutzungen zur Neige. Dieses
Fazit zieht die regionale Wirtschaftsförderung zum Abschluss der Messe für
Immobilien und Investitionen Expo Real 2015 in München. Die WRS hatte wieder
einen Gemeinschaftsstand der Region Stuttgart organisiert. Dort wurden
regionale Entwicklungs­­projekte präsentiert und Immobilienfirmen stellten ihre
Produkte und Dienstleistungen vor. Insgesamt 26 Partner betrieben unter
dem Motto „Home of Success” Investorenwerbung und Standortmarketing für
die technologiestarke Region Stuttgart. In der dicht besiedelten Region
Stutt­­­gart konkurrieren Gewerbeimmobilien mit Wohnbau sowie mit Flächen für
Frei­zeit und Erholung. „Wenn wir unsere Wirtschaftskraft auf Dauer erhalten
wollen, benötigen wir in den Kommunen der Region Stuttgart mehr Flächen und
Bestandsobjekte, damit wir unseren Firmen gute Entwicklungsmöglichkeiten
bieten können”, sagt Dr. Walter Rogg, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung
Region Stuttgart GmbH (WRS), die auf der Expo Real mit einem regionalen
Partnerstand vertreten war. „Gerade unsere gesunden mittelständischen Unter­
nehmen brauchen am Standort mittel- und langfristige Perspektiven”, so
Rogg weiter.
Aktuell sind neben Industrieflächen weitere Nutzungen nachgefragt, etwa
Büros, Rechenzentren, Selbstlagerzentren, citynahe Schnellauslieferung, Einzel­
handel sowie Flächen für Pflege und Gesundheit. » WRS
Aktuell aus den
Kommunen
Ziel der jährlich stattfindenden Fort­-­
bil­dungstour des Bad Boller Gemeinde­
rats – mit dem VVS-Gruppenticket –­
­waren der Verband Region Stuttgart
und das Welcome-Center.
4 Region Stuttgart Aktuell 4 / 2015
Planungs­direktor Thomas Kiwitt
führ­­­­te mit aktuellen Daten in die Regio­
nalplanung ein. Im Vorfeld des neuen
Flächennutzungsplans entstand schnell
eine lebhafte Diskussion über die
Situa­tion vor Ort. Weiter ging es zum
Welcome-Center. Dr. Verena Andrei
er­läuterte die Arbeit für ausländische
Zum zweiten Mal hat der Verband
Re­gion Stutt­gart För­der­geld für
in­ter­kom­mu­na­le Pro­jek­te im Bereich
Wirtschafts­för­de­rung und Tou­ris­­­­­mus ver­ge­ben. Mit ü­ber 300.000 Euro
wer­­den vier Pro­jekte un­ter­stützt:
„Qua­li­täts­ini­tia­ti­ve Wan­dern – Zer­ti­­fi­­­­­
z­­­­ie­rung von Pre­mium­wan­der­we­­gen im Rems­tal und im Schwä­bi­schen
Wald“ (ins­ge­s amt 49.000 Eu­ro),
„In­ter­kom­munale Streuobstwiesen­­­­­­­kon ­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­zep­tion Schwä­bi­sches Most­viertel“
(ins­­ge­­­samt 79.563 Euro), „Er­­leb­nisund Ge­nuss­zen­trum für tra­di­tions­­rei­che
Sor­ten im Frei­licht­mu­se­um Beuren“
(ins­­­­­­­­­­ge­samt 90.000 Eu­ro) so­wie die Ent­
wick­lung neu­er Bil­der­­wel­ten fürs
Tou­ris­mus­mar­ke­ting der Re­gion
(85.000 Euro).
Das Interesse an Projektgeldern
sei hoch gewesen, führte Wirtschafts­­
direk­­tor Dr. Jürgen Wurmthaler aus.
Unterm Strich habe es zwanzig ProjektKontakte geben, aus denen acht
Förder­anträge formuliert wurden. Mit
dem Programm könnten wichtige
Impulse für Beispielgebendes, für inter­
kommunale Ko­ope­­ra­tionen, aber
auch für die Stärkung einzelner Teil­
räume gesetzt werden.
Das im letzten Jahr geschaffene
Förderprogramm ist bis 2017 befris­tet
und jährlich mit 350.000 Euro do­­­­­
tiert. Die Förderrunde 2016 wird bereits
En­de dieses Jahres eingeläutet. Im
nächsten Jahr werden 300.000 Euro
ver­geben. Projektanträge können
vo­raussichtlich bis Ende Mai 2016 ein­
gereicht werden. » la
Fachkräfte. Die Mitglieder des Ge­mein­
de­rats waren beeindruckt von der
sprach­­­lichen Kompetenz der Mitarbei­­te­
rinnen und der Qualität des Netzwerkes
für Fachkräfte, aber auch für Flücht­
linge. Im „World-Café“ ging es dann bei
fairem Kaffee und Kuchen engagiert um
die Übertragbarkeit auf Bad Boll. » pm
Kurz notiert
Die Welt zu Gast –
zu Gast in der Welt
Die Arbeit des Verbands Region Stutt­­
gart wird auch außerhalb der Region
Stuttgart aufmerksam verfolgt.
Eine Expertenkommission, die mit
Überlegungen zu einer Verwaltungs­
strukturreform in den Niederlan­den
betraut ist, besuchte den Verband
Region Stuttgart, um das GovernanceModell und Ansätze der Wirtschafts­
förderung kennenzulernen.
Das 25. Wirtschaftsforum im polni­
schen Krynica beschäftigte sich unter
anderem mit den Herausforderungen
und Chancen von Metropolregionen.
Regionaldirektorin Dr. Nicola Schel­ling
diskutierte mit Experten aus Frank­
reich, Polen, Belgien und Großbritan­
nien darüber, welche politische und
wirtschaftliche Rolle Metropol­re­gio­
nen in Europa einnehmen.
Eine Delegation aus Stuttgarts in­di­
scher Partnerstadt Mumbai interessier­te
sich für die Details der Regional­
planung und die Aufgaben der Wirt­
schafts­förderung Region Stuttgart
GmbH. Organisiert war der Austausch
in Stuttgart und Brüssel von der
Deutschen Gesellschaft für internatio­
nale Zusammenarbeit (GIZ). » la
Abschied aus Brüssel
Die Leiterin des Europabüros der Region Stuttgart, Sabine Meigel, scheidet zum
Jahresende aus.
„Die Zusammenarbeit mit Frau Meigel war hervorragend, deshalb ist es
aus­gesprochen bedauerlich, dass das Arbeitsverhältnis nach so kurzer Zeit enden
muss“, sagte WRS-Geschäftsführer Dr. Walter Rogg im Wirtschaftsausschuss.
Gleichzeitig zeigte er Verständnis für die Beweggründe von Sabine Meigel. Es sei
notwendig, dass sie aus familiärem Grund regelmäßig in Ulm anwesend ist.
Verband Region Stuttgart und WRS müssten sich mit dieser neuen Situation be­
schäf­ti­gen und das weitere Vorgehen besprechen. Die 48-jährige Sabine Meigel hat­­­
te die Leitung des Brüsseler Büros der Region Stuttgart im Mai übernommen. » la
Der Verkehr muss fließen
Der Verkehr in der Region muss
fließen, gerade auch auf den Straßen.
Diese Position hat die Mehrheit des
Verkehrsausschusses Anfang Oktober
formuliert und damit ein deutliches
Signal in Richtung Berlin gesetzt. CDU,
Freie Wähler, FDP und Innovative
Politik haben gegen das Votum von
Grü­nen, SPD und Linken beschlos­­sen, zusätzliche volkswirtschaftlich und
verkehrlich sinnvolle größere Neuund Ausbauvorhaben von Autobahnen
und Bundesstraßen zur Neufassung
des Bundesverkehrswegeplans anzu­
melden. Grund­lage dafür ist eine
Bewer­tung von etwa 40 Projekten, die
als Teil der Aktualisierung des Regional­
verkehrsplans vorgenommen worden
ist. Maßgebliches Bewertungskrite­­­rium
ist der Nutzen-­Kosten-Faktor, der bei
einem Wert von über 1,0 von ei­­ner
volkswirtschaftlich rentablen Maß­­nah­
me ausgeht.
Damit werden vom Verband Region
Stuttgart mehrheitlich zusätzliche Pro­
jekte, die vom Land nicht nach Berlin
gemeldet wurden, für wichtig erachtet.
Diese führen zu großflächigen Ent­las­
tungen, schaffen eine direkte Verbin­
dung und sparen dadurch wertvolle
Zeit. Konkret sind dies: die Umfahrung
Böhmenkirch (B 466), Verbindung
Waiblingen / Fellbach – Ludwigsburg / Korn­westheim (B 29), die Verbindung
B 10 zur A 8 („Filderaufstieg“ mit
langem Tunnel B 14 – B 27), die Umfah­
rung Nürtingen-Reudern (B 297),
die lokale Entlastung Rechberghausen,
die Umfahrung Albershausen (B 297),
die A 81 Stuttgart, Anschlussstelle Sin­
delfingen (A 81, 8-streifig). » la
In Amt und Würden
Seit der letzten Ausgabe fanden
wieder Ober- und Bürgermeisterwahlen in den Städten und Gemeinden der Region Stuttgart statt.
Drackenstein: Klaus-Dieter Apelt
Kirchheim am Neckar: Uwe Seibold
Oberboihingen: Torsten Hooge
Weissach im Tal: Ian Schölzel
Wernau: Armin Elbl
Stand: 13. Oktober 2015
© Foto: VRS, DB Regio AG/G. Stoppel
Wiedergewählt
4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 5
Kurz notiert
Anziehend attraktiv
Hochsaison für den Landschaftspark
Region Stuttgart: Seit dem Sommer
ist er um einige Anziehungspunkte
reicher.
Grillplatz in Urbach
Die Mündung des Urbachs in die
Rems hat jetzt einiges zu bieten: Das
Ufer wurde abgeflacht, die Mün­dung
aufgeweitet und Sitzmöglichkei­ten
mit einer Grillstelle laden zum Blei­
ben ein. Wer will, kann auf großen
Steinen in die Rems hineinlaufen oder
Fische beobachten. Der Verband
Re­gion Stuttgart hat das Projekt mit
rund 50.000 Euro unterstützt.
Ortssee in Schlierbach
Dank der Renaturierung und teil­
weisen Neugestaltung hat der Orts­
see jetzt noch mehr zu bieten: Neue
Sitz- und Liegebereiche, Stege sowie
Flachwasserzonen schaffen eine
ein­ladende Atmosphäre. Für Abwechs­
lung sorgen auch die Grill- und Fest­hüt­te sowie der Spielplatz. „Rundum
ge­lungen”, fand Regionaldirektorin
Dr. Nicola Schelling bei ihrem Be­such. Die Region Stuttgart steuerte
90.000 Eu­ro bei.
mit einem Pavillon zum Vespern,
einer Informationswand und einer
Fahr­radabstellanlage entstanden.
Weitere Freizeiteinrichtungen sollen
folgen. „Der Pavillon steht an ei­­­­­­­nem
wichtigen Schnittpunkt über­regio­­naler Radwege”, betonte Dr. Schelling.
Die Region gab 35.000 Euro dazu.
Krugeiche in Oberstenfeld
Rund um den historischen Ruhe­­­­platz
„Krugeiche“ wurden neue Erho­lungs- und Erlebnisräume geschaffen.
Barrierefreiheit und die Nutzung
des Waldes als Sport- und Bewegungs­
raum wurden ebenso berücksichtigt
wie die Bedürfnisse älterer Menschen.
Das Projekt erhielt einen Zuschuss
von 40.000 Euro aus dem Förder­pro­
gramm.
Neckaruferweg in Esslingen
Im Werden ist ein ganzes Maß­­nah­menpaket in Esslingen: Es werden
flussnahe Rastmöglichkeiten ent­
stehen und der Weg erhält auf einer
Länge von drei Kilometern einen
neuen Belag. Auch die Ränder links
und rechts der beliebten Rad- und
Wanderroute werden verschönert. Die
regionale Unterstützung beträgt
80.000 Euro. Dr. Nicola Schelling sagte
beim Baubeginn: „Der Neckarrad­­weg
zählt zu den abwechslungsreich­sten
und interessantesten in Deutschland.”
» ch
Rastplatz in Wäschenbeuren
Dort, wo in vergangenen Tagen der
Bahnhof stand, ist jetzt eine Raststation
© VVS GmbH
Der Beweis folgte auf dem Fuß: So
radelten er und Minister Hermann ge­
meinsam mit VVS-Geschäftsführer
Thomas Hachenberger von Herrenberg
Eröffnungsreigen, Nummer fünf
in Herrenberg
6 Region Stuttgart Aktuell 4 / 2015
E-Bike-Station Nummer sechs in Ludwigsburg und …
nach Holzgerlingen. In Herrenberg
war die E-Bike-Station bereits im Juli
eröffnet worden. Auch in Ludwigsburg
kann man kinderleicht von der Bahn
aufs Bike wechseln. „So sieht intelli­
gente Vernetzung umweltfreundlicher
Verkehrsmittel aus”, lobte NamoregProjektleiter Rainer Gessler vom Minis­
terium für Verkehr und Infrastruktur.
Dieses „innovative System“, bei dem
die Ausleihe nach einheitlichen Stan­
dards funktioniert, habe Vorbildchara­
kter in Deutschland. „Fahrrad- und
Pedelec-Verleihsysteme müssen als Teil
des öffentlichen Verkehrsangebots
verstanden werden“, sagte Wirtschafts­
direktor Dr. Jürgen Wurmthaler in
Ludwigsburg. Unterstützt von Land und
Region sollen in weiteren acht Städten
der Region E-Bike-Stationen entstehen. » la
© VVS GmbH
Pedelec zu fahren funktioniert in
jedem Outfit und zu jedem Zweck. Da­
rauf hat der Vorsitzende des Verbands
Region Stuttgart, Thomas S. Bopp, bei
der Eröffnung der E-Bike-Station in
Holzgerlingen hingewiesen. Während
er in Schlips und Kragen die Eröff­
nungsfahrt bestritt, kam Minister Win­fried Hermann im legeren Kapuzenpulli.
„Mit jeder Eröffnung wird der regio­
nale Ansatz der Pedelec-Ausleihe deut­
licher“, so Bopp.
© VVS GmbH
In Mode
... Nummer sieben in Holzgerlingen
Kurz notiert
© VRS, DB Regio AG / G. Stoppel
die Region jährlich rund 1,5 Millionen Euro auf.
S-Bahn: länger, öfter, früher
Die Region schläft nicht, so könnten
die weitsichtigen Verbesserungen bei
der S-Bahn überschrieben sein, die
der Verband Region Stuttgart finan­
ziert. Ab dem Fahrplanwechsel am
13. Dezember werden auch während
der Woche die S-Bahnen auf allen
Linien abends 30 Minuten länger fah­
ren. Das heißt: letzte Abfahrt zwi­­
schen 0.30 Uhr und 1.00 Uhr. Zur
Finanzierung des Spätverkehrs bringt
Um mehr Kapazitäten auf der mit
über 70 Kilometern längsten Linie S 1 zu
schaffen, werden zwischen Böblingen
und Herrenberg in der Hauptverkehrs­
zeit drei zusätzliche S-Bahnen fahren.
Erfolgsgeschichte S 60 – längere Züge
Einen erfreulichen Fahrgastzuwachs
verzeichnet die S 60 zwischen Böblin­
gen und Renningen. Nach Angaben
des VVS sind auf diesem Strecken­ab­
schnitt täglich 11.000 Fahrgäste
unter­wegs. Dem trägt die Regional­
politik mit einem stufenweisen Ein­satz längerer Züge Rechnung.
Abfahrt eine Minute früher
Als ein Schritt zu mehr Pünktlichkeit
werden in den Fahrplan zeitliche
Puffer aufgenommen. „Das ist ein
kleiner Beitrag, der nichts kostet
und hoffentlich spürbar wird“,
sagte Wirtschafts­direktor Dr. Jürgen
Wurm­t haler im Verkehrsausschuss.
Die Pünktlichkeit sei immer noch nicht
so, wie sie sein sollte, doch es gebe
„Ansätze für mehr Stabilität“. Die
S‑Bahnen in Richtung Stuttgart fahren
in Herrenberg, Esslingen-Mettingen
und Obertürkheim jeweils eine Minute
früher ab. Stadtauswärts werden die
Züge der Linien, S 4, S 5 und S 6 / S 60
die Haltestelle Schwabstraße eine
Minute früher verlassen.
Damit die Tausenden von Besuchern
von Großveranstaltungen wie Messen,
Fußballspiele oder Konzerte auf
die S‑Bahn setzen können, finanziert
der Verband Region Stuttgart für
rund 600.000 Euro mehr S‑Bahn-Ver­
kehr. Das gilt rückwirkend für das
Jahr 2015, in dem alleine während des
Kirchentags 1.130 zusätzliche S‑Bah­
nen im Einsatz waren. » la
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4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 7
Aktuelles
Lohnende Investitionen
In der Region Stuttgart wird überdurchschnittlich viel investiert,
vor allem von Unternehmen des Fahrzeugbaus. Der Maschinenbau und
die Elektroindustrie liegen dagegen unter dem Durchschnitt. Das
sind zentrale Ergebnisse des Strukturberichts zur Entwicklung von Wirtschaft und Beschäftigung 2015. In neuer Aufmachung wurde er
erstmals in einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt.
Text: Attila Gálity
Das Wort „Investitionsschwäche“ geistert immer wieder
durch Deutschland. Dabei geht es um die Sorge, dass bei
einer dauerhaft unzureichenden Investitionstätigkeit die
Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt werden könnte. Trifft
das auch für die Region Stuttgart zu? Eigentlich nicht,
denn mit einer Investitionsquote (Investitionen / Umsatz)
von rund vier Prozent liegt die Region Stuttgart seit Jahren
deutlich über dem Bundes- und Landesdurchschnitt. Maß­
geblich getragen wird dies von Unternehmen des Fahr­
zeugbaus, die für fast zwei Drittel aller industriellen Inves­
titionen in der Region verantwortlich sind. Auf eine im
Vergleich nur unterdurchschnittliche Investitionsquote kommt
dagegen neben der Elektroindustrie auch die nach dem
Fahrzeugbau zweite industrielle Schlüsselindustrie der
Region Stuttgart, der Maschinenbau.
liegt insofern kein vollständiges Bild vor, als nur Daten
zu den von der Regions-, Kreis- und Kommunalebene vor­
genommenen Investitionen verfügbar sind. Demnach
wurden im Jahr 2013 von Gemeinden, Landkreisen und
dem Verband Region Stuttgart beachtliche 954 Millionen
Euro ö
­ ffentliche Sachinvestitionen geleistet.
Im Jahr 2015 will knapp die Hälfte aller in der Region
Stuttgart ansässigen Unternehmen (auch) im Ausland inves­
tieren. Zehn Jahre zuvor waren es „nur“ 34,5 Prozent.
Dabei ge­ben 30 Prozent der auslandsaktiven Firmen aus der
Region an, dass ihren Auslandsinvestitionen das Motiv
„Kosten­einsparung“ zugrunde liegt.
© Handwerkskammer Region Stuttgart
Über 50 Fachleute, Wirtschaftsförderer und Regionalräte
begrüßte der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung
Re­gion Stuttgart GmbH (WRS), Dr. Walter Rogg, zur mode­
rierten Diskussion der Ergebnisse des Strukturberichts
2015. Dieser biete eine „wertvolle Darstellung des Status
quo und gibt wichtige Impulse für neue Projekte und
Themen“, stellte er eingangs fest. Und gerade das Schwer­
punktkapitel zur Investitionstätigkeit bot jede Menge
Gesprächsstoff. Erstellt wurde der Bericht von dem IMU
Institut GmbH Stuttgart und dem Institut für Angewandte
Wirtschaftsforschung e. V. in Tübingen – in bewährter Weise
im Auftrag der vier Herausgeber.
Ein wertvolles Werk für alle vier Herausgeber (v. l. n. r.):
Claus Munk­witz (Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer
Öffentliche Investitionen von fast einer Milliarde Euro
Die Investitionstätigkeiten im Dienstleistungssektor der
Region Stuttgart werden auf der Grundlage von Plausibi­li­
täts­­­­überlegungen als durchschnittlich im Vergleich zur
Lan­des­­ebene bewertet. In Bezug auf öffentliche Investitionen
8 Region Stuttgart Aktuell 4 / 2015
Region Stuttgart), Dr. Nicola Schelling (Regionaldirektorin Verband
Region Stuttgart), Bernd Engelhard (stellv. Hauptgeschäftsführer
IHK Region Stuttgart) und Uwe Meinhardt (stellv. Sprecher der
IG Metall Region Stuttgart) präsentieren den Strukturbericht 2015
im neuen Layout.
Aktuelles
Investitionsquote (Investitionen / Umsatz)
im Verarbeitenden Gewerbe (in Prozent)
Investitionsquote (Investitionen / Umsatz)
Durchschnitt von 2008–2013
5,4 %
4,7 %
4,2
4,2
4,0
3,5 %
3,8
3,8
3,0 %
3,4
3,7
3,5
3,5
3,3
3,2
3,6
2,8 %
2,4 %
3,3
3,1
3,2
3,2
2012
2013
2,9
2008
2009
Region Stuttgart
2010
2011
Baden-Württemberg
Deutschland
Die restlichen 70 Prozent der Unternehmen investieren
im Ausland, um neue Märkte zu erschließen oder um Ver­
triebsnetze aufzubauen. Solche Auslandsinvestitionen
sind insofern als „komplementär“ einzustufen, da sie ten­
den­ziell auch Investitionen in der Region Stuttgart nach
sich ziehen.
Höchststand an Beschäftigten
Die Region Stuttgart erwirtschaftet über 28 Prozent der
Wertschöpfung des Landes Baden-Württemberg, erstaunliche
61 Prozent davon gehen auf das Konto des Dienstleis­tungs­­
sektors. Mit knapp 1,15 Millionen sozialversicherungspflich­
tig Beschäftigten im Jahr 2014 erreichte die Beschäf­ti­gung
in der Region einen neuen Höchststand und lag sogar
noch über dem Vorkrisenniveau von 2007. Zwei Drittel von
ihnen arbeiten im Dienstleistungssektor. Die Region
Stuttgart kann somit als Dienstleistungswirtschaft um den
industriellen Kern beschrieben werden.
Dieser industrielle Kern ist in der Region Stuttgart aber ­
nach wie vor sehr dominant und prägt die wirtschaftliche
Struktur weitaus mehr als in anderen Großstadtregionen.
2014 waren im Produzierenden Gewerbe 387.800 Menschen
beschäftigt, darunter in den beiden regionalen Schlüs­sel­
industrien Fahrzeugbau und Maschinenbau 109.200 bzw.
72.300, gefolgt vom Baugewerbe mit 53.300 Beschäf­tigten.
Im Produzierenden Gewerbe insgesamt wurden zwi­schen
2007 und 2014 mehr als 11.000 sozialversicherungspflich­-­
tige Arbeitsplätze neu geschaffen (+ 3,0 Prozent), maßgeblich
getragen von den „Gewinnerbranchen“ Maschinenbau
(+ 5.600) und Fahrzeugbau (+ 4.000). Somit bauten die beiden
Schlüsselindustrien ihre Dominanz in der Region aus.
Die größten Einbußen gab es im Metallgewerbe sowie im
Papier- und Druckgewerbe (jeweils – 3.600).
Fahrzeugbau
Region Stuttgart
Maschinenbau
Baden-Württemberg
Deutschland
Quelle: Strukturbericht 2015
4,2
Die gute wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre
darf nicht den Blick auf strukturelle Herausforderungen für
den Automotive-Cluster verstellen. Auf technologischer
Seite zählen dazu die Elektrifizierung des Antriebsstrangs
(„Technologiewandel Elektromobilität“) und autonomes
Fahren, auf sozioökonomischer Seite die Verschiebung der
Nachfrage ins außereuropäische Ausland und die Entwick­
lung neuer Mobilitätskonzepte. Regionaldirektorin Dr. Nicola
Schelling vom Verband Region Stuttgart sieht deshalb „in
einer leistungsfähigen Mobilitäts- und Kommunikationsinfra­
struktur die wesentliche Grundlage für die Zukunft unserer
Region“.
Die Entwicklungstrends für den Maschinen- und Anlagen­bau liegen in der Verlagerung der Nachfrage in die Wachs­
tumsmärkte außerhalb Europas und im digitalen Wandel mit
der Verschmelzung des klassischen Maschinenbaus mit Infor­
mations- und Kommunikationstechnologien (Industrie 4.0).
Im Dienstleistungssektor der Region Stuttgart waren
2014 bei insgesamt 754.100 Beschäftigten 96.400 bzw.
14,7 Prozent Personen mehr beschäftigt als im Referenzjahr 2007. Das Ausmaß der Dynamik relativiert sich dabei
insoweit, wenn man bedenkt, dass in der Region Stuttgart
73,0 Prozent­des Stellenzuwachses auf Teilzeitbeschäftig­te
entfiel. Die entscheidenden Träger des Beschäftigungs­
wachstums im Dienstleistungssektor der Region Stuttgart
waren die unternehmensbezogenen und die personen­
bezogenen Dienstleistungen mit 43.700 bzw. 34.000 zu­
sätzlichen Stellen. «
Der Strukturbericht 2015 mit den Handlungsempfehlungen
der Herausgeber steht als Download zur Verfügung unter:
www.region-stuttgart.org / strukturbericht
4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 9
Aktuelles
„Wir müssen die Region
als Regionalstadt denken“
Die Gründung des Forums Region Stuttgart war eine Starthilfe für
den Verband Region Stuttgart, um den regionalen Gedanken zu fördern.
Dank des erfolgreichen Wirkens vieler regionaler Akteure ist die
Region heute als institutionalisierte Ebene fest verankert. Deshalb haben
Vorstand und Mitgliederversammlung des Forums Region Stuttgart
beschlossen, die Arbeit des Vereins zu beenden. Der langjährige ForumsVorsitzende Edmund Hug und Thomas S. Bopp blicken auf Erreichtes
und noch Erstrebenswertes.
10 begeisterndes
Region Stuttgart
Aktuell für
4 / 2015
Ein
Gespräch
die regionale Idee
© Verband Region Stuttgart / F. Eppler
Interview: Dorothee Lang
Aktuelles
Herr Hug, blutet Ihnen das Herz,
weil es das Forum Region Stuttgart
nun nicht mehr gibt?
Hug: Zugegeben, am Anfang, als
der Vorstand vor der Sommerpause
empfohlen hatte, die Arbeit zu be­
enden, war ich irritiert. Inzwischen sehe
ich das gefasst und glaube, dass die
Entscheidung der Mitgliederversamm­
lung durchaus nachvollziehbar ist.
Vieles ist geschehen, der Verband ist
etabliert. Aber es fehlt der politische
Wille, mehr aus dem Verband Region
Stuttgart zu machen, als man es sich
vor zehn oder zwanzig Jahren vorstel­
len konnte. Das Thema Regional­­­kreis ist keines mehr, war damals wohl
auch eher eine Wunschvorstellung.
Wenn im politischen Raum keine Ver­
änderungen angestoßen werden,
zögert natürlich auch die Wirtschaft,
Mittel bereitzustellen.
Aber der entscheidende Punkt sind
die fehlenden Emotionen für die Re­
gion. Wenn ein Forum, das diese
Emotio­nen befördern sollte, dazu nicht
mehr in der Lage ist, weil die Bür­ger
sich als Bottwartäler, Esslinger oder
Stutt­garter fühlen, dann ist der Zeit­
punkt gekommen, den Weg auch ohne
Forum weiterzugehen.
Bopp: Herr Hug, Sie haben insofern
Recht, als dass keine große regionale
Bewegung in der Bevölkerung ent­
standen ist. Aber die Menschen wissen,
dass viele Dinge nur regional zu lö­­sen
sind. Es wäre natürlich schön, wenn der
regionale Gedanke auch weiterhin
gesellschaftlich getragen würde. Die
Akteure im Forum haben mir versi­
chert, sie werden auch weiterhin den
regionalen Gedanken befördern
und unterstützen.
Herr Hug, Sie haben auch Recht, dass
es keine Bewegungen in Richtung
Regionalkreis gibt. Wir müssen deshalb
so tun, als seien wir eine Regionalstadt
mit vielen Aufgabenfeldern. Den­­ken
Sie an Wohnen, Verkehr oder regio­
nale Infrastruktur. Städte und Region
müssen sich bei diesen Themen so
ab­stimmen, dass wie eine Regional­
stadt gedacht wird. Dabei wäre das
Forum hilfreich, aber ich musste erken­
nen, dass die Struktur des Vereins
hier nicht mehr förderlich sein kann.
Hug: Ich glaube, jetzt, wo es das
Forum nicht mehr gibt, braucht der
Verband Region Stuttgart irgendein
Äquivalent. Es bedarf einer neutralen
Instanz, die an die Öffentlichkeit
geht und weiterdenkt, ohne gleich eine
Kompetenzdebatte loszutreten.
Bopp: Die Aufgaben, die der Ver­band Region Stuttgart hat, löst er mit
Bravour. Aber es gibt eben auch
viele Aufgaben, die nicht in der Zustän­­
digkeit des Verbands liegen, aber
trotzdem regional gelöst werden müs­
sen. Und hier muss man in Politik
und Gesellschaft um Akzeptanz wer­ben. Da ist jeder willkommen, der
mit­arbeitet. Siedlung, Verkehr und
Wirt­schaftsansiedlungen zusammen­­­­-­
zu­­den­ken und zusammenzubringen,
macht der Verband Region Stuttgart
vorbildlich.
der Regionalversammlung hinaus ihre
Stimme erheben.
Bopp: Es gibt regionale Institutio­nen
oder auch die Wirtschaftsförderung,
die gesellschaftliche Gruppen und
Mul­tiplikatoren ansprechen und Stel­
lung beziehen. Und sie greifen wich­tige
Themen auf, wie Fachkräftegewin­
nung. Aktionen, die die Region ables­
barer machen, müssten in Zukunft
ausgebaut werden. Ich denke, hier
könnte auch die Internationale Bau­
ausstellung (IBA) einen Schub brin­
gen.
Hug: Die Attraktivität der Arbeits­
plätze in der Region Stuttgart wird
konterkariert durch die absolut unattraktive Situation beim Personen­
verkehr. Fachkräfte zu gewinnen
und Infrastruktur sind Themen, die
miteinander verzahnt sind.
Die Bürgerinitiative
für die Region
Als parteiübergreifende Initia­­tive
waren im Verein Forum Region
Stuttgart alle gesell­schaft­lichen
Gruppen sowie hochran­gige
Herr Hug, Sie haben einmal gesagt,
dass die Region von ihren Menschen
lebt, und zwar in vielfältiger Art und
durch ihr vielfältiges Engagement.
Ich finde, das lässt sich auch auf die
Arbeit des Forums übertragen.
Persönlichkeiten aus Wirtschaft
und Politik vertreten. Seit 1994
hatte das Forum zahlreiche Aktivi­­­
täten zur Förderung der regio­
nalen Zusammenarbeit ins Leben
gerufen, Regional­tage veran­
staltet, Ehrenamtliche ausgezeich­
Hug: Ganz sicher. Es ist wichtig,
diese Vielfalt zum Ausdruck zu bringen.
Aber sie brauchen Persönlichkeiten,
um dies in unserer sehr stark medial
geprägten Welt zu kommunizieren.
Damit hat sich das Forum auch schon in
meiner Zeit immer schwerer ge­tan.
Das wird die Aufgabe des Verbands
sein, solche Persönlichkeiten zu finden,
die über die gesetzlichen Aufgaben
und die politischen Entscheidungen
net, den Hans-Peter-Stihl-Preis
verliehen oder gemein­­sam mit
Part­nern junge Botschafter in die
USA geschickt. Anfang Oktober
hat die Mitgliederversammlung
nun die Auf­lösung des Ver­­­eins
entschieden, da nach 20 Jah­ren
erfolgreichen Wirkens die Ziele
des Forums erfüllt seien.
4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 11
Edmund Hug
Der langjährige IBM-Manager
war von 2001 bis 2012 Vorsitzender des Forums Region
Stuttgart.
Hans-Peter Stihl hat maßgeblich
dazu beigetragen, den Verband Region Stuttgart und das Forum Region
Stuttgart ins Leben zu rufen. Gibt es
solche Unternehmerpersönlich­­kei­ten
noch?
Bopp: Ja, wir brauchen solche Per­
sön­­­lichkeiten, die die regionale Idee
mittra­gen und in ihren Bereichen be­
för­dern. Ich habe angedeutet, dass die
Akteure im Forum versichert haben,
uns punktuell weiter zu unterstützen.
Ich habe aber auch Verständnis dafür,
dass die Wirtschaft lieber themen­be­
zo­gen in Events investiert, bei denen
sie auch sichtbar wird, als Geld in einen
Verein zu geben.
Hug: Im Aufsichtsrat des VfB Stutt­gart sitzen inzwischen einige Un­ter­
neh­merpersönlichkeiten. Sie haben
erkannt, dass der VfB Stuttgart als
Iden­­tifikationsträger etwas für die
­Re­gion Stuttgart bringt. Und auch der
Vorstand des Forums war ja sehr gut
besetzt. Das zeigt, dass sie sich mit
der Region identifizieren und aus­­e i­nandersetzen.
12 Region Stuttgart Aktuell 4 / 2015
Herr Stihl steht für ein Weltunter­
nehmen in der Region, von denen es
vielleicht 20 gibt. Aber es gibt Hun­der­te von globalen Firmen, die viel,
viel kleiner sind. Sie wissen mit ihren
Sorgen, Fachkräfte zu bekommen,
nicht wohin.
Neben Menschen standen auch
ganz unterschiedliche Themen im
Mit­tel­punkt der Arbeit. Das Fo­­­­rum ­ehrte Ehrenamtliche, vergab den
Hans-­Peter-Stihl-Preis, schickte
­Ju­gend­liche mit Stipendien für ein
Jahr in die USA. Was war besonders
wichtig?
Hug: Mir war es wichtig, dass zu
unseren Veranstaltungen jeder kom­
men konnte, der sich für die Region
interessiert, aber keinen offiziellen Part
hat. Das Forum war im Übrigen die
erste Institution, die es bei der letzten
OB-Wahl in Stuttgart geschafft hat,
alle Kandidaten zu einer Diskussion
einzuladen. Die Positionierung der
Kandidaten war für den Wahlausgang
sicherlich mitentscheidend.
Was bleibt vom Forum Region
­Stuttgart und was geht verloren?
Bopp: Die regionale Idee bleibt
­wichtig und richtig. Die Aufgaben für
die Region werden eher größer als
kleiner. Offensichtlich ist es leichter,
Menschen mit Themen ihres eige­­nen
Dunstkreises zu begeistern, als alle ge­
sell­­schaftlichen Gruppen für ein und
dieselbe Veranstaltung zu gewinnen.
Das darf uns aber von unserem Weg für
die regionale Sache nicht abbringen.
Hug: Das Forum Region Stuttgart
­sollte nicht sang- und klanglos ver­
schwinden. Der regionale Gedanke
hat sich in den letzten Jahren durch­
gesetzt, aber die Idee des Forums
sollte weiter­verfolgt werden. Die Bot­
schaft müsste sein, es wird etwas
aufgegeben, das zumindest zum Teil
ersetzt würde. Die Frage wäre, ob
es nicht auch ohne eine Institution
ge­lingen könnte, 40 bis 50 Persön­
lichkeiten zu gewinnen, die ein bis
zweimal pro Jahr ge­meinsame Akti­
vitäten unterstützen.
Auch die Stihl-Preisverleihung an
Manfred Rommel, bei der Richard von
Weizsäcker die Laudatio hielt, wa­ren
bemerkenswert. Oder auch als Frau
Dr. Nicola Leibinger-Kammüller
den Preis erhielt und Herr Huber die
Laudatio sprach. Das waren inhalt­
liche Höhepunkte.
Bopp: Auch die Rede von Herrn
Fehrenbach, dem damaligen Vor­­sit­zen­den der Geschäftsführung
der Bosch GmbH, war ein Gewinn.
Diese Veranstaltungen waren eine
­große Stärke des Forums. Auf diese
Weise entstehen Emotionen. Re­­
gional­v er­s ammlungen oder Aus­­
schuss­­sit­zun­gen, die bei uns auch
­öffentlich tagen, werden häufig leider
nur von direkt Betroffenen besucht
und ­können nicht diese Strahlkraft
haben.
© Verband Region Stuttgart / F. Eppler
© Verband Region Stuttgart / F. Eppler
Aktuelles
Thomas S. Bopp
ist Vorsitzender des Verbands
Region Stuttgart und seit
langem Mitglied im Vorstand
des Forums Region Stuttgart.
Aktuelles
WN-01
WN-05
WN-07
WN-08
Übersicht der Vorranggebiete in
der Region Stuttgart
WN-11
WN-12
WN-13
WN-18
WN-19
Ludwigsburg
Unterstrichene Beschriftung:
bestehende Windkraftanlagen
LB-08
Waiblingen
WN-28
WN-25
BB-02
Esslingen
ES-03
10,1– 25 ha
WN-35
WN-33
ES-02
25,1– 75 ha
GP-01
WN-34
Böblingen
bis 10 ha
WN-29
Stuttgart
BB-A
WN-30
WN-26
S-01
GP-03
Göppingen
ES-06
75,1– 200 ha
GP-04
> 200 ha
GP-08
GP-12
GP-14
ES-A
GP-16
GP-17
GP-10
GP-15
GP-22
GP-24
GP-25
GP-26
Stand 30.09.2015
GP-27
41 Mal Vorfahrt
für die Windkraft
Die Regionalversammlung hat sich auf 41 Vorranggebiete für Windkraft in der Region Stuttgart
festgelegt. Rechnerisch stehen damit 25 Quadratkilometer Fläche für Windräder zur Verfügung.
Text: Dorothee Lang
Es wurde hart gerungen, intensiv diskutiert und abgewo­
gen, jetzt steht fest: Der Verband Region Stuttgart möchte
41 Vorranggebiete für Windräder in den Regionalplan
aufnehmen. Das hat die große Mehrheit der Regional­ver­
sam­mlung Ende September beschlossen. „Mit dieser
Grundsatzentscheidung ist ein klarer Rahmen für die nach­
folgenden Genehmigungsverfahren gesetzt“, sagte Pla­
nungsdirektor Thomas Kiwitt.
Vor etwa 150 Besuchern machten die Fraktionen und
Gruppen in der Sparkassenakademie erneut klar, dass die
Region bereit ist, ihren Beitrag zur Energiewende zu
leisten. Strittig war dabei die Zahl an Exklusiv-Standorten
für Windräder. Während CDU (– 10), FDP (– 11) und die
Gruppe Innovative Politik (– 13) im Vorfeld Anträge gestellt
hatten, weitere Gebiete zu streichen, hatten Bündnis
90 / Grüne (+ 6), SPD (+ 3) und Linke (+ 7) beantragt, weitere
Gebiete aufzunehmen. Die Freien Wähler favorisierten
die von der Verwaltung vorgeschlagenen 41 Gebiete. Die
Gruppe AfD schloss sich der Position der FDP an. Die Ent­
scheidung der Regionalversammlung war am Ende de­
ckungsgleich mit der Empfehlung des Planungs­aus­­schus­­­ses.
Dieser hatte sich Mitte September auf ­maximal 44 Stand­
orte festgelegt. Die Kulisse sollte auf Vorschlag der Ge­schäfts­­
stelle auf insgesamt 41 Gebiete verändert wer­den, indem
Bereiche verkleinert (GP 01, WN 28 und WN 29 oder gestri­
chen werden (WN 02, WN 03, WN 04). Dabei wurde
ein Mindestabstand von 3 Kilometern zwischen den Vor­
rang­gebieten angelegt, um zu verhindern, dass Teil­räume
der Region von Windrädern „umzingelt“ werden.
´ Im regionalen Maßstab die besten Standorte finden
Sinn und Zweck des Verfahrens sei es, im regionalen
Maßstab „besonders geeignete Standorte“ zu finden, for­
mulierte Thomas Kiwitt eingangs. Er sprach von einem
„geeigneten und den Gegebenheiten angemessenen Kon­
zept zur Koordination der Windenergienutzung“. Kiwitt
rief den Planungsprozess in Erinnerung, der neben umfas­
senden fachlichen Grundlagen für die Eignung von
Standorten auch die erforderlichen Eingriffe in die Natur
und Landschaft offenlegte. Ebenso sei die Öffentlich­keit
intensiv am Verfahren beteiligt worden.
Die Regionalversammlung fasste einen „qualifizierten
Zwischenbeschluss“. Rechtsverbindlich als Satzung kann die
Teil­änderung des Regionalplans erst dann erlassen werden,
wenn die Landschaftsschutzgebiete, in denen Vorranggebiete
liegen, durch die Naturschutzbehörden geändert worden
sind. Das Verfahren zur Ausweisung von Vorranggebieten
für Windräder war im September 2011 eröffnet worden. «
www.region-stuttgart.org / wind
4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 13
© VRS 2015; DMG - © LGL BW Az.:2851.9-1 / 19
LB-06
Verkehr
Wohlfühlbahnhof
ÖPNV-Betreuer melden Schäden, halten S-Bahn-Stationen
sauber, pflegen die Blumen oder überstreichen auch mal ein
Graffiti. Sie verbessern damit die Aufenthaltsqualität
und steigern das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste. Inzwischen
gibt es das Projekt für Langzeitarbeitslose seit zehn Jahren.
Text: Dr. Carola Haas
Für die Bahn sind die ÖPNV-Betreuer eine w
­ ertvolle
Un­­ter­­stützung. Sie ergänzen hervorragend das
Engage­ment der Bahnhofspaten, die sich seit 2003
14 Region Stuttgart Aktuell 4 / 2015
ehrenamtlich und damit zeitlich begrenzt für schöne
Bahnhöfe engagieren.
Im Oktober wurde der zehnte Geburtstag der ÖPNV-­
Betreuer mit einem kleinen Empfang im Feuerbacher
Bahnhof gefeiert. Alle Festredner sprachen der rund
60-köpfigen Truppe Lob, Dank und Anerkennung für
ihre Verdienste um die Bahnhöfe aus. „Für die Region
­Stuttgart ist das Projekt ein großer Gewinn. Es hat s­ ich
zu einem festen Bestandteil unseres Engagements
für eine gute S-Bahn-Qualität entwickelt“, betonte Re­
gionaldirektorin Dr. Nicola Schelling. Sie bekundete
die feste Hoffnung, das Projekt auch in Zukunft mit
der Unterstützung aller Partner weiterführen zu
können. «
© Verband Region Stuttgart
Für viele Menschen sind Bahnhöfe das erste Ziel am
frühen Morgen. Hier gibt es den ersten Kaffee, hier trifft
man die ersten Kollegen oder Freunde. Abends dort
wieder anzukommen ist ein schönes Gefühl. Dann ist das
Zuhause nicht mehr weit. Jeden Tag sind 400.000 Fahr­
gäste mit der S-Bahn unterwegs durch die Region. Sie
passie ­­­­­­ren dabei 83 Bahnhöfe und unzählige Bahnsteige.
Dass alles an den Bahnhöfen funktionieren muss und die
Stationen sicher sind, versteht sich von selbst. Darum
kümmert sich vorrangig die DB Station&Service AG mit
dem Bahnhofs­management Stuttgart, die die S-Bahn-­
Stationen betreibt. Aber damit sich die Fahrgäste auch
wohlfühlen, bedarf es mehr als das. Überquellende
­Müll­eimer, beschmierte Sitzbänke und vernachlässigte
Pflan­zen – es sind diese Details, die einen schlechten
­Ein­druck vermitteln und Unbehagen bei den Reisenden
hervor­rufen. Um dem ent­gegenzuwirken, hat der Ver­
band Region Stuttgart 2005 zusammen mit der „Neuen
Arbeit“, dem VVS und dem Bahnhofsmanagement
­Stuttgart das Pro­jekt ÖPNV-­Betreuer ins Leben gerufen.
­Die fleißigen Helfer verbessern un­ermüdlich das Er­schei­
nungs­bild der S‑Bahn-Stationen und notieren auf Check­
listen Mängel und Defekte. An welcher Haltestelle sind
Scheiben einge­schla­gen? Wo funktioniert ein Aufzug nicht?
Wo tropft es durch das Dach? Die Schäden melden sie auf
kurzem Wege an die Bahn­mitarbeiter, sodass schnell reagiert
werden kann. Damit leisten sie einen Beitrag zur Aufent­
halts­quali­tät in zweifacher Hinsicht. Ein schöner Bahnhof
erhöht nicht nur das Wohlbefin­den, sondern auch das
Sicherheits­empfinden.
ÖPNV-Betreuer der ersten Stunde:
Efim Grusmann und Frank Schröter (rechts)
Verkehr
Von der Dampflok
zur S 60
Der Fotowettbewerb von Verband Region Stuttgart und S-Bahn
Stuttgart ist entschieden: zehn Gewinner und jede Menge
überraschender Perspektiven auf den Eisenbahnverkehr zwischen
Böblingen und Renningen.
Text: Dorothee Lang
Einen Gutschein für eine Kameraausrüstung im Wert von
750 Euro überreichte der Vorsitzende des Verbands Region
Stuttgart Thomas S. Bopp an Ulrich Teschler aus Sindel­
fingen. Seine nächtliche Langzeitbelichtung einer S‑Bahn
an der Station Maichingen-Nord belegte Platz 1. „Vieles
von dem, was die Region auszeichnet, finde ich in Ihrem
Foto wieder: Dynamik, technische Perfektion und Leben­
digkeit“, sagte Bopp.
Den zweiten Preis und damit einen Gutschein für eine
Kameraausrüstung im Wert von 500 Euro nahm Moritz
Straub aus Filderstadt aus den Händen des Kaufmän­
nischen Geschäftsführers der S-Bahn Stuttgart Dr. Dirk
­Rothenstein entgegen. Das Foto „Böblingen bei Nacht“
überzeugte die Jury aus Vertretern des Verbands Region
Stuttgart, der S-Bahn Stuttgart sowie des Landkreises
Böblingen, der Partner des Fotowettbewerbs war. Mit
Fach- und Sachkunde brachte sich auch der Fotograf
­Leif Piechowski als Jurymitglied ein. „Die S-Bahn am Puls
der Zeit: Sie macht auch in Zukunft die Menschen mobil,
die sich im Flugfeld niederlassen“, urteilte Dr. Rothenstein.
© RS, DB Regio AG / Holger Münch
Ein aus dem Bahnhof Maichingen ausfahrender Dampf­zug
im Jahr 1930, der S-60-Eröffnungszug 2012 bei Renningen
oder eine S-Bahn der Baureihe 420 zwischen Sindelfingen
und Maichingen: Die zehn Gewinner des Fotowettbewerbs
haben ganz unterschiedliche, spannende Perspektiven
auf den Zugverkehr zwischen Böblingen und Renningen
eingefangen. Bei einer kleinen Veranstaltung am Bahn­­­hof Renningen wurden die ersten drei Preisträger ausge­
zeichnet. Anlass für diesen Fotowettbewerb von DB Regio
S‑Bahn Stuttgart und Verband Region Stuttgart war das
Streckenjubiläum 100 Jahre Rankbachbahn und (fast)
drei Jahre S 60.
S-Bahn im Hintergrund und auf den Siegerbildern. Die drei
Erstplatzierten mit Dr. Dirk Rothenstein (2. v. l.), Thomas S. Bopp
(4. v. l.), René Neuhäuser, (Technischer Geschäftsführer der S-Bahn
Stuttgart, 2. v. r.) und Dr. Jürgen Wurmthaler (Wirtschaftsdirektor
vom Verband Region Stuttgart, rechts im Bild).
Gemeinsam übergaben Thomas S. Bopp und Dr. Dirk
Rothenstein den dritten Preis an Florian Schellroth aus Fell­
bach. Für das augenzwinkernd benannte Foto „Eine Tür
ist noch offen“ erhielt er einen Gutschein für eine Kamera­
ausrüstung in Höhe von 250 Euro.
Bei allen drei ersten Gewinnerbildern handelt es sich
um stimmungsvolle Nachtaufnahmen. Alle zehn Sieger­
fotos waren für geladene Gäste in einer S-Bahn-Galerie
zu besichtigen. «
www.region-stuttgart.org / fotowettbewerb
4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 15
Verwaltung
„Die öffentliche Verwaltung
muss saubere Arbeit leisten“
Seine Arbeit hinterlässt Spuren und doch wirkte Burkhard Eix als langjähriger
Verwaltungsleiter im Hintergrund. Er sorgte für den reibungslosen Ablauf
der Regionalwahlen, bereitete über 600 Sitzungen der regionalen Gremien vor
und kümmerte sich als Personalchef um die großen und kleinen Themen.
Ein Gespräch zur Pensionierung.
Interview: Dorothee Lang
Herr Eix, was zeichnet einen
Verwaltungsbeamten aus?
Eix: Ihn zeichnet aus, dass er das
Ohr an den Mitmenschen hat. Dass
er offen für Wünsche, Anregungen
und Anträge ist. Und dass er überlegt,
wie er diese aufgreifen kann. Der
größte Erfolg ist es, diesen Wünschen
zu entsprechen oder Anträge zu ge­
nehmigen. Ich finde es wichtig, dass
die öffentliche Verwaltung saubere
Arbeit leistet und mit gutem Vorbild
vorangeht. Das schafft Glaubwürdig­
keit und Akzeptanz. Die Gesellschaft
schaut auf das, was wir tun. Deshalb
war es mir immer wichtig, mein Tun
gut zu begründen.
Die Geschäftsstelle des Verbands
Region Stuttgart ist keine klassische Station für eine Beamtenlaufbahn. Warum haben Sie es hier
so lange ausgehalten?
Eix: Gerade deswegen! Der Ver­band Region Stuttgart hat in der öf­
fentlichen Verwaltung ein Allein­
stellungsmerkmal. Im Vergleich zu
den traditionellen öffentlichen Ver­
waltungen ist er ein junges Pflänz­
chen. Mich hat es immer gereizt,
an diesem Pflänzchen zu arbeiten und
zu sehen, wie es gewachsen ist.
16 Region Stuttgart Aktuell 4 / 2015
Ich sehe mich als Generalisten. Mir
hat es immer Spaß gemacht, mich
unterschiedlichen Anforderungen zu
stellen. Ich habe mich in Aufgaben
reingekniet, nach Gestaltungsspiel­
räumen gesucht und Lösungswege
aufgezeigt. Besonders zufrieden war
ich, wenn die Lösungen funktionier­
ten und es keine Anfechtungen gab.
» Ich finde es wichtig,
dass die öffentliche
Verwaltung saubere
Arbeit leistet und
mit gutem Vorbild
vorangeht. «
Und jetzt steht das Pflänzchen in
voller Blüte?
Eix: Der Verband Region Stuttgart
steht in Blüte, ob in voller Blüte,
vermag ich noch nicht zu erkennen.
Ich würde weiterhin gerne in dieser
Position arbeiten, um das ein oder
andere zu erreichen. Ich kann mir
vorstellen, dass wir noch mehr mit­
einander tun könnten, um Wünsche
der Bevölkerung in der Region noch
besser unter Dach und Fach zu be­
kommen.
Sie hatten beim Regionalverband
Anfang der 70er-Jahre Ihren beruflichen Werdegang begonnen. Die
Überleitung der Beschäftigten in den
1994 gegründeten Verband Region
Stuttgart war sicherlich ein beruflicher Meilenstein.
Eix: Das war eine interessante Zeit.
Man hat selten die Gelegenheit, eine
Verwaltung aufzulösen, um dann
einen neuen Verwaltungsträger aufzubauen. 1992 / 93, als die Vorbe­
reitungen liefen, und 1994, als das
Gesetz über die Errichtung des Ver-­
bands Region Stuttgart in Kraft war,
war dies eine große Herausforde­­­
rung. Natürlich hatten die Beschäf­­tigten
der aufzulösenden Verbände Sorgen
wie’s weitergeht. Beim Aufbau des
Ver­bands Region Stuttgart galt es
zu analysieren, welche Aufgaben zu
erledigen sind und welche Strukturen
geeignet sind, welche Ressourcen
benötigt werden. Das war eine span­
nende Geschichte.
» Die Gesellschaft schaut
auf das, was wir tun,
deshalb war es mir immer
wichtig, mein Tun gut
zu begründen.«
Verwaltung
Welche anderen Aufgaben haben Sie
außergewöhnlich gefordert?
umzusetzen, das ist eine ganz wich­
tige Arbeit der Verwaltung.
Eix: Jedes Jahr hat neue Aufgaben
gebracht. Die Wahljahre waren natür­
lich besondere Jahre. Das Wahlrecht
gibt sehr konkrete Formen und Termine
vor. Jede Wahl bringt zusätzliche Ar­
beit für eine Verwaltung, die ein sehr
genaues Arbeiten erfordert, um ein
rechtssicheres Ergebnis präsentieren
zu können. Das ist dem Verband
Region Stuttgart immer gelungen.
Sie kennen sicherlich das Spiel, bei
dem Interviewpartner Sätze ergänzen
sollen. Lassen Sie sich darauf ein?
bands Region Stuttgart
galt es zu analysieren,
welche Aufgaben zu erle­
digen sind und welche
Strukturen geeignet sind
und welche Ressourcen
benötigt werden. «
Vieles von dem, was Sie im Bereich
Personal, Vorbereitung von Sitzungen der Regionalversammlung, der
Regionalwahl oder der Erarbeitung
von rechtlichen Stellungnahmen ge­
leistet haben, passierte diskret im
Hintergrund. Woraus haben Sie die
Motivation und die Bestätigung für
Ihre Arbeit bezogen?
Eix: Ich freue mich immer wieder
im Stillen über den Erfolg, den ich
in meiner Arbeit gehabt habe. Ich
brauche die Öffentlichkeit und das
Schulterklop­fen von anderen nicht.
Wenn ich für mich feststelle, das Er­
gebnis ist prima, es wird akzeptiert,
dann ist das die schönste Anerken­
nung. Ich habe meine Position im­­­mer als gute Ergänzung zu denjenigen
gesehen, die in der Öffentlichkeit
stehen, wie der Verbandsvorsitzende,
die Regionaldirektorin oder die
Regionalpolitiker. Im Hintergrund
zu begleiten und formgerecht
Ausgleich zu meinem Beruf war für
mich immer …
© Foto: VRS / F. Eppler
» Beim Aufbau des Ver-
Eix: Sehr gerne!
Eix: … die Familie.
Wenn ich die Bürotür hinter mir zugemacht haben werde, werde ich als
Erstes …
Eix: … nach Hause gehen und
im Kreis der Familie meinen letzten
Arbeitstag ausklingen lassen.
Burkhard Eix
Der gebürtige Hannoveraner
Burkhard Eix begann seine
be­rufliche Laufbahn nach der
Mein Vorsatz für den Ruhestand ist
es …
Staatsprüfung zum nicht-
Eix: … mich mehr zu bewegen, als es
mir die Zeit während des Berufslebens
ermöglichte.
­B ittenfeld. 1974 wechselte er
technischen Verwaltungsdienst
bei der Gemeindeverwaltung
zum Regionalverband Mittlerer
­Neckar, wo er zeitweise auch
zum Nachbarschaftsverband ab-
Besonders vermissen werde ich …
geordnet war. 1980 legte er eine
Eix: … die tolle Mannschaft in der
Geschäftsstelle des Verbands Region
Stuttgart.
rungs­­präsidium Stuttgart ein.
berufliche Station beim Re­gie­
Während dieser elf Jahre war
er im Kommunal- und im Rechts­
referat tätig sowie im Bereich
Ich wünsche dem Verband Region
Stuttgart …
städtebauliche Erneuerung. Parallel dazu übernahm er einen
Lehrauftrag an der Staatlichen
Eix: … viel Erfolg bei der weiteren Ar­
beit zum Wohle der Region Stuttgart.
Verwaltungsschule Stuttgart.
1991 kehrte Burkhard Eix als Ver­
waltungsleiter zum Regional­
Ich wünsche mir …
verband Mittlerer Neckar zurück,
der drei Jahre später im Ver-
Eix: … dass ich gesund bleibe und
noch viel Freude habe in meinem
künftig weniger durch Termine fremd­
bestimmten Leben.
band R
­ egion Stuttgart aufging.
Er wurde mit einem Empfang
nach der Regionalversammlung
in den Ruhestand verabschiedet.
Nachfolgerin als Verwaltungs­
Herr Eix, das wünschen wir Ihnen
auch. Vielen Dank für das Gespräch
und alles Gute!
leiterin ist Jutta Kremer-Weig.
4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 17
Regionalplanung
Auf direktem
Weg von der
Industrie 1.0 zur
Industrie 4.0
Die Route der Industriekultur verbindet die bewegte
Industriegeschichte im Filstal mit Bewegung zu
Fuß oder auf dem Rad. Rechtzeitig vor Beginn des
Jahrhundertsommers wurde sie feierlich eröffnet.
Text: Dorothee Lang
Und sie machen Lust, eindrucksvolle Industriegeschichte
und lebendige Unternehmenskultur zu entdecken. Wer
hier unterwegs ist, nimmt den direktesten Weg vom Zeitalter
der Industrie 1.0 zur Industrie 4.0. Denn Unternehmen
wurden im Filstal meist auf einer soliden handwerklichen
Basis gegründet, wie Edith Strassacker von der gleich­
namigen Kunstgießerei darstellte. Der Unternehmensauf­
bau sei dann oft Sache von Generationen gewesen. Aus
Sicht von Dr. Peter Saile, dem IHK-Geschäftsführer des Be­
zirks Göppingen, verbindet die Route der Industriekultur
Wirtschaftsgeschichte mit anschaulichen Beispielen des
Strukturwandels.
Kontinuierlicher Wandel
Wandel ist übrigens ein Schlüsselwort. Die fortwährende
Anpassung an neue Herausforderungen, die Entwicklung
immer neuer Produkte sind kennzeichnend für das Filstal.
Marktführer wie Schuler oder Märklin, die auch heute noch
weltweit ihre Produkte anbieten, sind der beste Beleg dafür.
Eine Ausschilderung des Radwegs, Informations-Stelen und
einheitliche Aufenthaltsbereiche verleihen der Route seit­
her ein Gesicht. Sie bilden den roten Faden der 70 Kilometer
langen Strecke zwischen Wiesensteig und Plochingen.
18 Region Stuttgart Aktuell 4 / 2015
© VRS / G. Stoppel
Es war ein herrlicher Sommer. Zahlreiche Besucher er­
frischten sich im Schachenmayr-Freibad in Salach, andere
genossen die lauen Abende im Uhinger Biergarten
­Ger­ber-Park. Und wieder andere radelten entlang der Fils
und erkundeten, was das eine mit dem anderen zu tun
hat. Denn pünktlich zum Hochsommer wurde die Route
der Industriekultur an ebenfalls historischer Stelle, der
­Arbeitersiedlung in Kuchen, eröffnet.
Eine lebendige Gesprächsrunde beleuchtete zahlreiche Facetten
der Industriekultur im Filstal
© VRS / G. Stoppel
Projektideen aus dem Masterplan
Doch das Filstal bietet neben Industriekultur auch eine
wunder­schöne Landschaft. Zahlreiche Projektideen wurden
mit dem Masterplan Filstal erarbeitet, um landschaftliche
Verbesserungen an altindustriellen Standorten vorzunehmen,
stellte der Vorsitzende des Verbands Region Stuttgart,
­Thomas S. Bopp, die Route der Industriekultur in den Kon­
text des Landschaftsparks Region Stuttgart. Er hob positiv
hervor, dass die Bevölkerung bei der Erarbeitung der Route
intensiv eingebunden gewesen sei. Der Verband Region
Stuttgart habe mit dieser Idee zur Route der Industriekul­
tur eine Initialzündung gegeben, würdigte auch Landrat
Edgar Wolff.
Industriekultur in aktuelle Bezüge einzubetten, sei ein
Erfolgsrezept. Andrea Maria Hartz vom Büro agl in Saar­
brücken, das im Auftrag des Verbands Region Stuttgart
und mit zahlreichen Partnern vor Ort die Route konzipiert
hatte, nannte als Vorbilder die Landschaftsparks im Ruhr­
gebiet und in der Region Rhein-Main. „Das Filstal bietet
viele Ansatzpunkte für einen kommunalen und region­
alen Mehrwert.“ Das haben viele Städte und Gemeinden
erkannt. Nach Zeitungsberichten bewerben sie sich um
­eine Projektförderung für den Bau weiterer Aufenthalts­
bereiche an der Route der Industriekultur im nächsten
Jahr.
Nach Meinung von Finanz-Staatssekretär Peter Hofelich
hatte es die Würdigung der kulturellen Leistung der Indus­
triegesellschaft im Filstal schwer, noch dazu in Konkurrenz
zu Burgen und Schlössern. Die touristische Vermarktung
der Route der Industriekultur ist angelaufen. Der Reise­
führer „Lebendig. Vielfältig. Unterwegs auf der Route der
Industriekultur“ geht weg wie die sprichwörtlich warmen
Semmeln. Er wird auch über die Regio Stuttgart Marketingund Tourismus GmbH verteilt. «
Filmische Impressionen von der Eröffnungsfeier zur
Route der Industriekultur und dem Reiseführer gibt es
unter www.region-stuttgart.org/landschaftspark
www.industriekultur-filstal.de
© privat
„Die Industrie musste sich stetig ändern, sich immer wieder
neu erfinden“, skizzierte Regionaldirektorin Dr. Nicola
Schelling. Innovation als ideales Rezept also, Tradition und
Zukunft erfolgreich in Einklang zu bringen. Das ist aktu­
eller denn je. Und genau das zeigt die Route der Industrie­
kultur. Und genau das unterscheidet sie auch von einer
reinen „Museumsroute“.
Eine sportliche und informative Route
4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 19
Für jede Idee der perfekte Raum, das Kultur- und Kongresszentrum „Das K”
Rundum – ein
Highlight neben
dem anderen
Kommune im Profil (56): Kornwestheim.
Wir stehen im Herzen der Region – vor dem Rathaus von Kornwestheim. Während ich auf meinen
Termin mit der Oberbürgermeisterin warte,
schweifen meine Gedanken in alle Richtungen.
Text: Sabine Eppler
Kornwestheim hat einiges vorzuweisen, das man einer
32.000-Einwohner-Stadt nicht unbedingt zutraut:
Im Nordwesten – der Rangierbahnhof: nach Mannheim der
zweitgrößte im Land. Im Westen – das Salamander-Areal: mit
90.000 Quadratmetern eines der größten Industriedenk­
mäler Deutschlands. Hier entsteht seit 2014 das Zentrum des
baden-württembergischen Grundbuchwesens. 16 Millionen
Dokumente wird dieses Zentralarchiv bis 2017 aufnehmen
und damit das größte Archiv deutschlandweit sein. Im
­Norden – das einzige Autokino im Land.
20 Region Stuttgart Aktuell 4 / 2015
Und ebenfalls im nördlichen Teil – das Schulmuseum:
Mit über 1.000 Exponaten vermittelt es sehr anschaulich,
wie sich „Volksschule” seit der Reformation entwickelt
und angefühlt hat. Im Nordosten dann – Pattonville: das
neue Wohngebiet mit angrenzendem Golfplatz auf dem
ehemaligen amerikanischen Kasernengelände, das heute
vielen Familien eine Heimat bietet. Im Osten schließlich –
der Segelflugplatz mit angrenzender Flugschule. Und ganz
zentral gelegen – das Kulturkarree mit dem großen Sala­
mander-Stadtpark, dem Haus der Musik, dem Museum im
Kleihues-Bau und vor allem mit dem neuen Kultur- und
Kongresszentrum. „Das K“ bietet nach den Worten der
Ober­bürgermeisterin Ursula Keck „für jede Idee den
­perfekten Raum und hat alle Erwartungen übertroffen“:
flexible Veranstaltungsorte mit modernster Technik, die
Stadt­bücherei mit 57.000 Medien und seit diesem Jahr
auch Gastronomie mit großer Außenterrasse.
All das und noch vieles mehr gehört zu Kornwestheim –
einer Stadt, die nicht nur geografisch im Herzen der Region
liegt, sondern auch verkehrstechnisch und damit für In­
dustrie und Gewerbe an strategisch ausgesprochen bedeut­
samer Stelle: mit bestem S-Bahn-Anschluss, direkt an der
Bahnlinie mit dem großen Rangier- und Containerbahnhof,
in unmittelbarer Nähe zur Autobahn 81, nahe beim Stutt­
garter Hafen und nicht weit vom Flughafen.
Ungeliebt, aber unerlässlich: Logistikflächen
Aber so eine Lage birgt auch Konfliktpotenzial. Bei allem
gegenseitigen Respekt sind die Interessen der Stadt und
© Stadt Kornwestheim
Kommune im Profil
Kommune im Profil
Kornwestheim
Einwohner
(30.06.2014 nach Zensus)
32.278
Fläche (2013)
1.465 Hektar
Sozialversicherungs‑­
Arbeitnehmer (30.06.2013)
8.664
Kaufkraft (2014)
23.397 € / Einw.
Auspendler (30.06.2013)
10.776
Einpendler (30.06.2013)
6.527
Kornwestheim
Die Nägel der Rathaustür konnte man für
einen guten Zweck erwerben
die der Region nicht immer deckungsgleich. In Kornwest­
heim gibt es große freie Flächen, direkt neben der Schiene,
die bereits so gut erschlossen sind, dass sie sich bestens
als zusätzliche Logistikflächen eignen würden. Wer die Pro­
bleme der Industrie in der Region bei der Suche nach
­großen Gewerbeflächen kennt, kann das Interesse des Ver­
bands Region Stuttgart nur zu gut verstehen – zumal
Kornwestheim mit seinem Rangierbahnhof logistisch für
einen großen Teil der regionalen Gewerbeansiedlungen
enorm wichtig ist.
Die positiven Effekte von Logistikansiedlungen sind auch
nicht von der Hand zu weisen: Sie können durchaus viele
oder auch hoch qualifizierte Arbeitsplätze bereitstellen.
Und richtig geplant, reduzieren sie das regionale Verkehrs­
aufkommen. Kornwestheim wiederum möchte keine zu­
sätzlichen Logistikflächen auf seiner Markung ausweisen
und keine weiteren Flächen versiegeln.
Eine Erfolgsgeschichte
Doch zurück zu unserer Stadt: Die Schicksalsgöttinnen
haben es schon immer gut gemeint mit dem Herzen der
Region. Von einer kleinen Gemeinde, die ihren Namen den
wertvollen Ackerböden zu verdanken hat – Kornwestheim
galt seinerzeit als Kornkammer der Region –, mu­tierte
­sie zur großen Kreisstadt: 780 n. Chr. wird die aleman­nische
Siedlung zum ersten Mal im Zinsregister des Klosters
Lorsch urkundlich erwähnt. Bald wurde sie zu einem wohl­
habenden Bauerndorf und bekam bereits 1846 über­
regionale Bedeutung. In diesem Jahr läutete der Bau der
© Stadt Kornwestheim
pflichtig beschäftigte
Eisenbahnlinie Stuttgart – Heilbronn die Industrialisierung ein
und schaffte die Voraussetzung für den Bau des Landes­ran­
gierbahnhofs in den Jahren 1913–1919, der Kornwestheim
zu einem Eisenbahnknotenpunkt für ganz Süddeutschland
machte. Bereits ein Jahr zuvor hatte Jakob Sigle den Grund­
stein für die mechanische Schuhfabrikation, das spätere
­Salamander-Areal, gelegt. Die Einwohnerzahl vervierfachte
sich und 1931 wurde das Dorf zur Stadt – 1956 dann
schließlich zur großen Kreisstadt.
Heute verbindet man mit Kornwestheim Namen wie Kreidler,
Stotz oder Wüstenrot – eine Stadt mit beeindruckendem
wirtschaftlichem Potenzial.
Aus der Zeit zwischen den Weltkriegen stammt die eigen­
artige Rathaustür, vor der ich übrigens immer noch stehe.
Sie wirkt ein wenig wie der Eingang zu einer alten Trutz­
burg. Gespickt mit Nägeln verschiedener Form und Größe,
trägt sie die Zahl 1916. Es geschah nämlich im Jahr 1916,
da bekam das Rote Kreuz bei einer Spendenaktion für die
Notleidenden im Ersten Weltkrieg nur 63 Mark zusammen.
Die findige Gemeindeverwaltung aber hatte eine Idee: Sie
verkaufte Nägel, mit denen die neue Rathaustür beschla­
gen werden sollte und brachte so Tausende von Mark zusam­
men – nur für das Rathaus zur Tür fehlte leider das Geld.
Erst 1934 / 35 konnte die Tür in ihre Angeln gehoben werden
und kündet seither von der Opferbereitschaft der Ein­
wohner in Zeiten der Not. «
www.kornwestheim.de
4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 21
Kommune im Profil
„Mein Herz hängt an
der Weiterentwicklung
der Stadt“
Kornwestheims Oberbürgermeisterin Ursula Keck im Gespräch über
die Entwicklung der Innenstadt und maßvolle Außenentwicklung
© Stadt Kornwestheim
Donzdorf
Interview: Sabine Eppler
ursula keck
Oberbürgermeisterin
Frau Keck, Kornwestheim hat finanzielle Probleme. Hat die Stadt über
ihre Verhältnisse gelebt?
Keck: Nein, wir haben in den letzten
Jahren viele notwendige Infrastruktur­
ein­richtungen geschaffen. Wir mussten
beispielsweise viel Geld für Kinder­gar­
ten­plätze bereitstellen. Die Stadt hat
im November 2014 erfahren, dass sie
21 Millionen Euro Gewerbesteuer zu­
rückzahlen muss. Das hat uns sehr hart
getroffen und dazu geführt, dass wir
2015 die Ausgaben drastisch reduziert
haben.
Das statistische Landesamt rechnet
mit einer Bevölkerungszunahme
im Landkreis um 5,1 Prozent bis 2030.
Wie bereiten Sie sich darauf vor?
Keck: Wir haben im Moment 32.000
Einwohner, streben aber 35.000
Menschen an und versuchen, dies bei
der Aufstellung des neuen Flächen­
nutzungsplans durch eine maßvolle
Entwicklung in den Bereichen
22 Region Stuttgart Aktuell 4 / 2015
Wohnen und Gewerbe abzubilden.
Wir haben das geplante Wohngebiet
Ost IV drastisch reduziert und dafür
Wohngebiete in Randlagen aufgenom­
men. Für uns hat Innenentwicklung
hohe Priorität. Allerdings sind unsere
Baulücken weitgehend geschlossen.
Dann müssen wir an eine maßvolle
Außenentwicklung gehen.
Sie sind zweite Vorsitzende von Klok
e. V., in dem Spediteure und Verlader,
aber auch Gemeinden und die regionale Wirtschaftsförderung zusammenarbeiten. Sind Sie einig über die
künftige Strategie und sind Sie bereit,
neue Logistikflächen auszuweisen?
Keck: Bei Klok e. V. geht es darum, die
Logistikbeziehungen von Bahn, Schiene
und Flugverkehr zu optimieren, um
eine Verkehrsentlastung zu erreichen.
Wir haben eine sehr hohe Überein­
stimmung über die Aufgabenstellung
von Klok e. V. und hoffen darauf, neue
Gemeinden zu gewinnen. In Kornwest­
heim haben wir nicht vor, weitere Lo­­
gistikstandorte auszuweisen.
Was tut Kornwestheim für eine
attraktive Innenstadt?
Keck: Wir haben sehr viel Geld in­
vestiert, um die Innenstadt attraktiver
zu machen und die Kaufkraft in
­Kornwestheim zu halten. Wir haben
2013 die Ravensburger Kinderwelt
und das Kultur- und Kongresszentrum
„Das K“ eröffnet, zwei Publikums­
magneten für die ganze Region. Wir ha­
ben kostenlose Parkplätze und eine
­nahezu barrierefreie Innenstadt. Wir
konnten die Auflösung von Geschäf­
ten stoppen. Aber die Attraktivität der
Innenstadt wird uns auch in Zukunft
sehr beschäftigen. Am Holzgrund ent­
stehen Einzelhandelsflächen, Woh­
nungen und ein wunderschönes Areal
für Veran­stal­tungen mit Wasserspiel
für Kinder und einer Außenbewirtschaf­
tung – so holen wir Familien in die
­Innenstadt zurück.
Ihr Wahlkampfmotto war:
„Viel ­­er­reicht – weiter geht’s.“ Wie?
Keck: In den nächsten Jahren werden
wir unsere vorhandene Infrastruktur
pflegen. Wir haben das Thema Haus­
haltskonsolidierung – übrigens wie
viele andere Kommunen auch, die zu­
sätzliche Aufgaben übernommen
haben und diese finanzieren müssen.
Aktuell steht bei uns die Unterbrin­­
gung von Flüchtlingen, die nach Baden­
Württemberg kommen, im Vorder­
grund. Viele Menschen engagieren sich
dafür in Kornwestheim. Mein Herz
hängt an der Weiterentwicklung der
Stadt und daran, das soziale Mitein­
ander zu festigen. «
Termine und Veröffentlichungen
TERMINE & VERANSTALTUNGEN
veröffentlichungen
Klimagerechte Stadt –
Anpassungsstrategien für den Freiraum
Dienstag, 17. November, 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr
Staatliches Museum Löwentor, Stuttgart
Der Verband Region Stuttgart beteiligt sich mit seiner
regionalen Klimastrategie und dem EU-Projekt Turas an
dieser Fachveranstaltung, die vom Landesverband
Baden-Württemberg des Bundes Deutscher Landschafts­
architekten (bdla) veranstaltet wird.
Jugendforum Region Stuttgart
Freitag, 20. November, 9.00 Uhr bis 16.30 Uhr
DJH Jugendherberge Stuttgart International,
Haußmannstraße 27, Stuttgart
Die Möglichkeit, sich mit Verantwortlichen der Region
Stuttgart auszutauschen, bietet das Jugendforum,
das der Verband Region Stuttgart veranstaltet. Junge
­Menschen zwischen 14 und 25 Jahren finden unter
www.region-stuttgart.org / jugendforum weitere
Informationen.
Lebendig. Vielfältig.
Die heutige Firmenlandschaft im
Filstal und die Industriekultur sind
Ausgangspunkte für die gleich­namige Route. Eingebettet in den
Landschaftspark Region Stuttgart
verknüpft sie zahlreiche Zeugnisse
einer langen und eindrucksvollen
Industriegeschichte mit einer lebendigen Unternehmenslandschaft. ­
Mit Kartenausschnitten, kurzen Texten
zu Besonderheiten und reichlich
Bildern stellt dieser Reiseführer die
Route der Industriekultur vor – ein
praktischer und informativer Begleiter
für eine Entdeckungstour per Fahr­
rad. Den spiralgebundenen Reiseführer
gibt’s kostenlos beim Verband Region
Stuttgart (vgl. Impressum).
Regionalversammlung
Mittwoch, 9. Dezember 2016, 15.30 Uhr
Sparkassenakademie, Pariser Platz 3 A, Stuttgart
IMPRESSUM
Herausgeber
Verband Region Stuttgart
Körperschaft des öffentlichen Rechts
Kronenstraße 25, 70174 Stuttgart
[email protected]
www.region-stuttgart.org
V. i. S. d. P.
Regionaldirektorin
Dr. Nicola Schelling
Redaktion
Dorothee Lang (la)
Telefon: 0711 / 2 27 59 11
Telefax: 0711 / 2 27 59 70
Autorinnen und Autoren
Intern: Attila Gálity, Dr. Carola Haas (ch),
Simone Kubiak
Extern: Sabine Eppler
Titelfoto:
Die rote Treppe im „Das K”, Stadt Kornwestheim
Erscheinungsweise
Vierteljährlich im Januar, April,
Juli und Oktober
Verteilung
Funktionsträger und Abgeordnete in Bund, Land,
Region, Kreisen, Städten und Gemeinden; inter­
essierte Behörden, Verbände und Einrich­tungen;
Medien; Stadtbüchereien. Weiterer Versand und
Aufnahme in den Verteiler auf Anfrage.
Gestaltung
www.jungkommunikation.de
Druck
W. Kohlhammer Druckerei GmbH & Co. KG,
Stuttgart
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier
Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht der
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gart entsprechen. Alle Beiträge sind urheberrechtlich
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tung, die Speicherung in elektronischen Systemen, der
Nachdruck und sonstige Anwendungen, unterliegt den
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vorheriger Geneh­mi­gung des Herausgebers gestattet.
4 / 2015 Region Stuttgart Aktuell 23
www.region-stuttgart.org

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