Zoo Basel - Schweizer Tierschutz STS
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Zoo Basel - Schweizer Tierschutz STS
SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS ZOOBERICHT 2014 Zoo Basel www.zoobasel.ch Im Zoo Basel wurden – und werden – zahlreiche Anlagen neu gebaut oder erweitert. 2012 wurde die neue Menschenaffen-Anlage fertiggestellt, womit der Zoo Basel in der Primatenhaltung wieder eine wegweisende Rolle spielt. Der Wille, den Tieren bessere Gehege zur Verfügung zu stellen, ist ersichtlich, obwohl einige der neueren Gehege von Löwen, Wildhunden, Panzernashorn und Geparden bei Verzicht auf einzelne Arten vom Platzangebot her noch grosszügiger hätten dimensioniert werden können. Die besondere Situation des Zoos Basel mit seiner Lage mitten in der Stadt und wenig Vergrösserungspotential bewirkt, dass für die Gehege nur beschränkt Platz zur Verfügung steht. In letzter Zeit wurden jedoch die Haltungen von einzelnen Tierarten (Thar, Brillenbären, Kanadischer Otter, Grüne Meerkatze) aufgegeben, um den frei werdenden Raum für den Bau von neuen, grösseren Anlagen zu nutzen. Schlechte Beispiele von Tierhaltungen findet man im Zoo Basel kaum. Zu den letzten nicht ganz tiergerechten Anlagen sind kurz- bis mittelfristig Verbesserungen geplant (siehe Abschnitt «Anmerkungen»). Die nächsten Grossprojekte im Zoo Basel dürften die geplante Erweiterung der Elefantenanlage sowie die erste grosse Erweiterung in der Geschichte des «Zolli» – das Ozeanium – sein. Aus Tierschutzsicht steht der STS dem Projekt Ozeanium kritisch gegenüber. Zuwenig ist über die artgerechte Haltung von marinen Grossfischen bekannt – ganz zu schweigen von der Tatsache, dass für das Ozeanium teilweise bedrohte Tierarten wie Haie aus freier Wildbahn werden importiert werden müssen. Positive Beispiele Kattas Die Kattas leben neu in der Etoscha-Anlage auf einer natürlich gestalteten Halbinsel neben dem Gepardengehege. Die Anlage bietet zahlreiche Kletter- und Versteckmöglichkeiten, Aussichtspunkte und einen geschützten Stall. Die Affeninsel ist umgeben von einem breiten Wassergraben, der für ausreichend Distanz sowohl zu den Besuchern, als auch zu den Geparden sorgt. Erdmännchen und Stachelschweine Eine gelungene, für die kleinen Erdmännchen und eher behäbigen Stachelschweine grosse Anlage mit vielfältigen Strukturen wie Höhlen, Baumstrünken, Felsen etc., welche die Tiere ausgiebig nutzen – als Ausguck, Sonnen- und Schattenplätze, Rückzugs- und Fluchtorte. Im natürlichen und abwechslungsreichen Untergrund und zwischen all den Steinen und Totholz bietet sich den Tieren gute Möglichkeiten, Fressbares zu suchen und zu finden, sowie Höhlen, Gänge und schattige Kuhlen zu graben. 1 SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS ZOOBERICHT 2014 Gemeinschaftsanlage im Etoscha-Haus Die Anlage ist ein sehr gutes Beispiel der neuen Generation von Tierhaltungen in Zoos: Klippschliefer, Siedelweber (Vögel) und Borstenhörnchen nutzen gemeinsam eine lichtdurchflutete Innenanlage. Da es sich um tropische Arten handelt, ist kein Aussengehege vorhanden. Die Vögel können im ganzen Raum frei fliegen – auch im Bereich der Besucher – und die kleinen Klippschliefer und Borstenhörnchen haben eine genügend grosse Fläche für ihre Aktivitäten zur Verfügung. Die Siedelweber haben ein riesiges Gemeinschaftsnest gebaut, die Borstenhörnchen unterirdische Gänge, und für die Klippschliefer stehen Felsen mit vielen Nischen zur Verfügung. Die Anlage ist dem natürlichen Lebensraum der Tiere gut nachempfunden und bietet den Tieren die nötigen Strukturen für Nestbau, Ruhe- und Rückzugsorte, Ausgucke usw. Vogelhaus (diverse Arten) und Lorihaus Zwei sehenswerte Anlagen, in denen die Vögel im ganzen Haus frei herum fliegen können und die Besucher mitten im Lebensraum der Tiere stehen. An der Längsseite beim Vogelhaus sind grosse Volieren angebracht, die über ebenso grosse Aussenbereiche verfügen. Auch das Lorihaus verfügt über eine grosse, artgemäss strukturierte Aussenvoliere. Zwei gelungene Beispiele, wie Vögel auch gehalten werden können und ihnen ihre natürliche Fortbewegung, das Fliegen, auch wirklich ermöglicht wird. Bedingung hierfür ist die Wahl von nicht zu grossen Vogelarten und einer entsprechend grossen Anlage. Die Vögel müssen in den Häusern von den Besuchern manchmal aktiv gesucht werden: Zu sehen sind aber immer einige Tiere – zum Teil in unmittelbarer Nähe. Brillenpinguine Die Anlage der Pinguine wurde vor einiger Zeit deutlich vergrössert. Den Tieren steht ein zusätzlicher Bereich mit natürlichem Untergrund und einem kleinen Wasserbecken zur Verfügung. Diesen Bereich nutzen sie fleissig. Zum Zeitpunkt des Besuches befanden sich alle Tiere im neuen, schattigeren Teil der Anlage. Mit der neuen Gestaltung der Anlage haben die Tiere auch gute Möglichkeiten, sich bei Bedarf vor Besuchern in die entfernten, wenig einsehbaren Bereiche oder auch in geschützte Nisthöhlen zurückzuziehen. Die Grösse der Wasserbecken ist für die schnellen Schwimmer und guten Taucher jedoch suboptimal. Affenhaus (Menschenaffen und kleinere Affenarten) 2 Das alte Affenhaus aus den Sechzigerjahren wurde 2011/12 erneuert und um grosse Aussengehege erweitert. Die neuen Innenanlagen wurden im Sommer 2011 eröffnet; die Aussenanlagen im September 2012. Die Innenräume wurden auf rund die doppelte Fläche vergrössert, mit mehreren Etagen ausgestattet und auch in die Höhe erweitert. Dank der grösseren Dachfenster sind die Räume deutlich heller. Eine Vielzahl von Seilen, Baumstämmen, Reifen, Hängematten sowie Bade- SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS ZOOBERICHT 2014 wannen regen zum Klettern und Herumtollen an, ebenso das reichlich ausgebrachte Stroh, mit welchem die Tiere sich auch Schlafnester bauen können. Die Tiere können nun mehr Ausguckplätze und Rückzugsorte nutzen als im alten Gehege, und sich dank der deutlich tieferen Gehege auch besser vor den Besuchern zurückziehen. An den Wänden montierte Futterkästen fordern die intelligenten Tiere zur Erprobung ihrer Geschicklichkeit, Geduld und zum Werkzeuggebrauch auf. Sämtlichen Affen stehen nun permanent zugängliche Freigehege zur Verfügung. Zu diesem Zweck wurden für die kleineren Affenarten (unter anderem Klammeraffen, Löwenäffchen) auf dem Dach des bestehenden Hauses grosszügige, sonnige Volieren erbaut, welche sie kletternd aus den Innenanlagen erreichen. Die Volieren sind für Besucher einsehbar, aber nicht direkt zugänglich. Für die Gorillas, Schimpansen und OrangUtans stehen insgesamt fünf, miteinander verbundene aber einzeln abtrennbare, grosszügige Aussenanlagen zur Verfügung. Diese sind mit künstlichen und natürlichen Kletterbäumen, natürlicher Vegetation, Wiesen und Felsen sehr interessant und vielfältig ausgestattet und ermöglichen den Tieren Nahrungssuche (beispielsweise im Gehege wachsende Gräser, Kräuter), Komfortverhalten (Hängematten, Sand, Sonne und Schatten, Wasser), Klettermöglichkeiten (Seile, Hängematten, Gitter, Baumstämme, Betonpfeiler) und Ausschau-Halten von Ausguckplätzen. Die Affen können sowohl am Gitter wie auch den Glassscheiben die Nähe der Besucher suchen, als auch sich bei Bedarf tief in die Gehegelandschaft oder in die Höhe zurückziehen. Die fünf Anlagen können den drei Arten in unterschiedlichen Kombinationen zur Verfügung gestellt werden, so dass die gleiche Anlage zu unterschiedlichen Zeiten nicht immer von der gleichen Art genutzt wird. Dadurch kann den Tieren mehr Abwechslung geboten werden. Die Anlage wird derzeit vor allem von den kletterfreudigen Orang Utans sehr gerne genutzt. Javaneraffen Die Javaneraffen wurden vom alten «Affenfelsen» (eigentlich einem Graben, in den man auf die Tiere herunterschauen konnte) in ein neues Gehege mit riesigem Kletterfelsen umgesiedelt, wo sie sich nun vor den Besuchern in die Felsnischen in der Höhe zurückziehen und die Umgebung im Auge behalten können. Im neuen Gehege bieten der Kletterfelsen (mit beheizbaren Innenräumen) und zahlreiche Baumstämme vielfältige Kletter-, Versteck- und Ausguckmöglichkeiten. Ein Teich bereichert die Anlage zusätzlich, sind Javaneraffen doch sehr wasserliebend. Dicht bewachsene Sichtblenden bieten rangniederen Tieren zusätzliche Ausweichmöglichkeiten bei Auseinandersetzungen. Eine besonders spannende Bereicherung der Haltung ist die unmittelbare Nachbarschaft zu den Schneeleoparden, mit welchen sich die Rhesusaffen den Kletterfelsen – nur durch ein Gitter getrennt – teilen. Die Affen überwachen die Bewegungen der Grosskatzen und wissen unterdessen genau, dass ihnen keine Gefahr droht. Dennoch kommt es bisweilen zu spannungsgeladenen Begegnungen, bei welchen die Affen die Katzen «provozieren» oder sich letztere anzuschleichen versuchen. 3 SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS ZOOBERICHT 2014 Panzernashorn Die beiden Panzernashorn-Kühe, ein Jungtier sowie ein Bulle leben in zwei getrennten Anlagen in einem gelungenen Nachbau des natürlichen Herkunftsgebiets (Schwemmgebiete Nepals) mit üppigster Vegetation aus meterhohen Gräsern, abgestorbenen Bäumen und sandigen Ufern. Sie teilen sich das Gehege mit Muntjak-Hirschen und Zwergottern. Für die Muntjaks bietet die hohe Vegetation ideale Verstecke. Die Anlage ist nur von einzelnen Stellen gut einsehbar, die Tiere haben ausreichend Rückzugmöglichkeiten. Wasser lädt zum Baden, Totholz zum Scheuern der Haut und die offene Fläche zum Traben und Spielen (Otter, Nashornkälber) ein. Anmerkungen Afrikanische Elefanten Die Haltung ist vergleichbar mit der aktuellen Anlage in Zürich. Auch die Anlage in Basel ist zu klein und bietet den anspruchsvollen Tieren nicht die nötige Beschäftigung und die nötigen Bewegungsmöglichkeiten. Der Untergrund ist zwar abwechslungsreich gestaltet, und die Tiere können ausgiebig sandbaden. Es steht ihnen auch Wasser zur Verfügung, das sie durch Löcher in der Stallwand von aussen mit dem Rüssel einsaugen und sich damit duschen können. Eine kleine Wasserstelle befindet sich zwar im Aussengehege, ein grosses, stets zugängliches Bad gibt es aber nicht. Die Innenanlage ist minimal, das Bad nur zeitlich beschränkt und für die Tiere einzeln unter Aufsicht zugänglich. Insgesamt eine unbefriedigende Haltung für die riesigen Dickhäuter. Gemäss bereits begonnener Planung des Zoo Basel soll die Elefanten-Anlage in den kommenden Jahren erneuert und erweitert werden. Malaienbär Diese nicht mehr zeitgemässe Haltungsanlage wird gemäss Auskunft der Zooleitung in nächster Zeit nicht mehr für die Haltung von Malaienbären verwendet. Im Moment lebt dort noch ein sehr betagtes Tier aus einem anderen Zoo in Pension. Grundsätzlich soll die Anlage nicht mehr für eine Haltung dieser Bärenart verwendet werden. Königspinguin und Eselspinguin Im Gegensatz zu den Brillenpinguinen leben die Königs- und Eselspinguine in kalten Klimazonen und müssen daher bei uns im Sommer in gekühlten Räumen gehalten werden. Eine Aussenhaltung ist nur im Winter bei entsprechend tiefen Temperaturen möglich. Es ist daher fraglich, ob es Sinn macht, solche Tierarten in unseren Breitengraden überhaupt zu halten. Der klimatisierte Raum, der den Tieren in der warmen Jahreszeit zur Verfügung steht, ist grundsätzlich für eine tiergerechte Pinguinhaltung zu klein. Im minimalen Becken können die Pinguine nicht mit Tempo schwimmen. Von Vorteil ist, dass sich die Besucher in einem relativ dunklen Raum befinden und deshalb von den Tieren im hellen Gehege wohl kaum richtig wahrgenommen werden. Bei einer längerfristigen Realisierung des geplanten Ozeaniums würden die antarktischen Pinguinarten dorthin in eine der Art eher entsprechende, neue Haltung umgezogen. 4 SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS ZOOBERICHT 2014 Wolf Diese Anlage ist von den Strukturen und von den Einrichtungen her mit Sträuchern, Wasserstelle, Liegeplätzen, Höhlen etc. gut gelöst, aber schlicht zu klein. Den Tieren steht ein Gehege zur Verfügung, das sie in wenigen Augenblicken erkundet haben. Platz für Herumrennen, simuliertes Jagen, Spiel (Jungtiere) etc. steht nicht zur Verfügung. Ein Rückzug vor Artgenossen oder vor den Besuchern ist den naturgemäss scheuen Tieren beschränkt möglich, indem sie sich in Ställe oder hinter Büsche zurückziehen – eine genügend grosse Distanz zu Besuchern einnehmen können die Tiere hingegen nicht. Geplant ist ein neues, grösseres Wolfsgehege als Teil des thematischen Gebiets «Nordamerika». Lobenswert sind die fachlichen Informationen beim Wolfsgehege zu den freilebenden Wölfen der Schweiz. Kalifornischer Seelöwe Obschon das Wasserbecken und der Kletterfelsen für die Kalifornischen Seelöwen die Mindestanforderungen gemäss Tierschutzverordnung übertreffen, kann hier kaum von einer tiergerechten Haltung gesprochen werden. Zuwenig Platz zum ausgiebigen Schwimmen oder (von Besuchern ungestörten) Sonnenbaden an Land steht den Tieren zur Verfügung. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob eine artgerechte Haltung von Meeressäugern möglich und in einem Binnenland wie der Schweiz überhaupt sinnvoll ist. Last update: STS-Zoobericht 2013 [email protected] · www.tierschutz.com 5