Die junge Firma Skywalk mischt fast überall mit, wo Wind und Luft
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Die junge Firma Skywalk mischt fast überall mit, wo Wind und Luft
Cyan Magenta Gelb Tiefe Synergie d Von Sascha Burkhardt Die junge Firma Skywalk mischt fast überall mit, wo Wind und Luft Fun versprechen: Die Grassauer bauen nicht nur Gleitschirme, sondern auch Kites und Spinnaker für Segelyachten. Und die Innovationen einer Disziplin bringen die Entwicklung in den anderen Sparten einen Schritt weiter! 1 9-03 gleitschirm-magazin.com Cyan Magenta Gelb Tiefe e der Himmelsstürmer Skywalk auf dem Vo rm a r s c h Am augenfälligsten ist diese Symbiose der Gleitsportarten im Skywalk-Firmenbereich „Paramarine“: ein Spinnaker-Segel für Yachten bekam als besonderes konstruktives Merkmal einen fast ausgewachsenen Gleitschirm verpaßt! Der Spinnaker ist im oberen Bereich mit einer breiten Öffnung versehen , dahinter bläht sich ein „Gleitschirm“ automatisch durch den Wind auf. Sinn der pfiffigen Innovation: Den herkömmlichen Spinnakern ihre größten Nachteile nehmen. Denn sobald der Wind etwas auffrischt, werden Segelyachten unter einem klassischen „Spinnaker“-Vorwindsegel sehr unruhig: Die Kräfte dieser riesigen Blase entlasten das Heck über die weit nach hinten geführten Schoten, und die Hebelkräfte an der Mastspitze unterstützen das Drehmoment nach vorne. Folge: der Bug wird stark belastet, neigt zum Eintauchen, kämpft sich nur mühsam durch die Wellen, die Yacht rollt und „geigt“ auf ZickzackKurs. Auftrieb für Segel: Gleitschirm mal anders Ansätze zur Entlastung und Stabilisierung der Blase gab es schon ab den fünfziger Jahren mit dem „Venturi-Spinnaker“ oder Manfred Curry’s „Löcherspi“: durchgesetzt haben sich diese Erfindungen nie. Dem Carlsberger Skipper und Gleitschirmflieger Hartmut Schädlich ist bei einem Flug in den Alpen eine ganz andere Idee gekommen: Um der unvermeidlichen Tendenz zum „Geigen“ entgegenzuwirken, müßte man die Druckkräfte im Spinnaker nach oben umlenken. Warum nicht mit einem Gleitschirm schließlich nutzen wir ParagleiterPiloten den Auftrieb eines Stoff- Flügels aus Spinnakertuch! Gemeinsam mit dem GleitschirmArchitekten Manfred Kistler und dem Testpiloten Arne Wehrlin entwickelte Hartmut Schädlich sein „Parasail“. Ein herkömmlicher Spinnaker wurde aufgeschnitten, ein „Minigleitschirm“ davor aufgehängt. Der Wind streicht durch die Öffnung im Vorsegel, wird per Venturieffekt beschleunigt und umströmt das Gleitschirmprofil. Schon ab einer Windstärke von etwas über 3bft (12-19 km/h) entlastet der Auftrieb des Gleitschirms deutlich den Bug. Im Windkanal von Daimler-Benz bestätigte Manfred Kistler Flysurfers „Maniac“: Kitemanie für Gleitschirmpiloten Schon seit über einem Jahr haben die Himmelsmarschierer den Kite „Maniac“ im Wassersportprogramm. Wir haben diese Kappe eingehend getestet und waren beeindruckt von dem Gleitschirm-ähnlichen Handling und der guten Leistung. Auch waren wir sehr positiv überrascht von der hohen Effizienz des Steuerungs- und Safetysystems von Flysurfer.de: der Schirm wird über zwei an die „Bar“ („Lenkstange“) angelenkte Leinen gesteuert, eine dritte Leine, der „DePower“-Tampen, wird im Trapez des Kitepiloten eingehängt. Wenn der Kiter die Bar etwas vom Körper wegdrückt, wird der Anstellwinkel der Kappe dank eines ausgeklügelten Umlenksystems flacher, die Kappe „fliegt“ also schneller. Das ist beispielweise zum Entkräften einer starken Böe hilfreich. Auch der Start gelingt durch diese Anstellwinkeländerung besser. Ein zweiter, sehr interessanter Aspekt des Systems: wenn der Kiter den DePowerTampen aushängt und auch die Bar losläßt, ist er mit seinem Kite nur noch über die Safetyleach verbunden. Der Schirm stallt, fällt auf die Wasseroberfläche und dreht sich ganz eigenständig wie von Zauberhand wieder in die Startpositition! Gleitschirmpiloten brauchen nur wenig Übung, um diesen Kite beim Start, im „Flug“ und der Landung zu beherrschen - und das auch ohne fremde Hilfe, wie sie bei Tubekites oft nötig ist. Auch die Kappenstabilität ist als „recht gut“ einzustufen. Fazit: Ein schöner Kite zum Land- und zum Wassereinsatz für Quereinsteiger aus dem Gleitschirmbereich. (SB) gleitschirm-magazin.com 9-03 2 Cyan Magenta Gelb Tiefe Cayenne Motor Die Himmelsmarschierer geben auch im Motorschirmbereich Gas: der beliebte 2er- Intermediate Cayenne soll nun auch für den Motoschirm beim DULV zugelassen werden. Wir haben einen Cayenne M mit dem Motor probegeflogen: das Startgewicht lag dabei an der Obergrenze des DHVGewichtsbereichs (Der DULV-Bereich wird wohl etwas darüber liegen). Fazit: Wie auch schon Gerald Haas beim Freiflug-Test des Cayenne in Heft 6/2003 schrieb, gehört „das Startverhalten zur Butterseite des Cayenne“. Das konnten wir auch am flachen Motorschirmstartplatz bestätigen: für einen Zweier beweist diese Kappe ein sehr gutes Startverhalten in der Ebene. Auch das gute Handling findet sich im Motorflug wieder, in der Testkonfiguration sogar fast etwas zu sehr: die Rollstabilität war bei dieser Flächenbelastung als sehr gering einzustufen. Ein mittlerer Zug an der Steuerleine wurde durch eine bissige Schrägläge und einen rasanten Richtungswechsel quittiert. Ein beeindruckendes Handling also, wie es viele Motorschirmpiloten zu schätzen wissen! Für schwere Motorpiloten ist nach unserem Geschmack aber wohl die L-Größe besser geeignet. SB segelten zwei ähnliche Yachten nebeneinander und wurden im Wechsel jeweils mit einem klassischen und einem „Gleitschirm“-Spinnaker gefahren. Das Ergebnis: Bei leichtem Wind sind erwartungsgemäß kaum Unterschiede festzustellen. Das Gleitschirmprofil in der Öffnung steht erst ab 3 Beaufort (ab 12 km/h) korrekt, der Effekt „Parasail“ kann darunter also nicht zum Tragen kommen. Trotzdem verliert der Spi durch die große Öffnung zwar ein Siebtel seiner Fläche, aber kaum die Wirksamkeit der Erfindung: die Vortrieb: schon im WindBugbelastung blieb bei 4-5bft (20-38 kanal fiel der Luftwikm/h) 20% unter jener eines klassi- derstandsbeiwert eines Dank Gleitschirm schneller: Spinnaker-Segel von Skywalk schen Spinnakers gleicher Größe. Parasail erstaunlicherAußerdem hielt der „Parasail“-Spin- weise nur um vernachläsnaker im Windkanal größeren Wind- sigbare 1,5 Prozent im stärken stand: bei 6bft (39-49 km/h) Vergleich zu einem klassischen Spi pflügt erstaunlich ruhig durchs Wasmußten die Versuche mit dem Ver- gleicher Größe. Denn der fehlende ser. Einfallende Windstöße federt gleichs-Spi herkömmlicher Bauart Luftwiderstand durch das „Loch“ der Spinnaker souverän ab: Wie unterbrochen werden, weil sich die wird durch den dahinter hängenden durch ein Überdruckventil entweichen die Böen durch das Loch in der unruhig atmende Blase so aufschau- Schirm kompensiert. kelte, daß sie den Testmast zu zerstö- Bei fünf Beaufort (ab 29 km/h) dage- Mitte, bringen den Gleitschirm ren drohte. Der „Parasail“ hingegen gen wird der Gleitschirm vor der Öff- dazu, noch mehr zu tragen. Durch nung richtig aktiv. Er bläht sein Profil die ruhige Fahrt liegt das Schiff recht blieb bei derselben Windstärke noch erstaunlich ruhig. Versuche auf dem auf und zieht den Spinnaker sichtbar sauber und ohne Strömungsabrisse Wasser bestätigten die Wirksamkeit: nach oben: Bei dieser Windge- auf dem Ruder. Die andere Verwir konnten uns im Passatwind vor schwindigkeit zerren immerhin suchs-Yacht mit dem klassischen Spi Teneriffa bei Vergleichsfahrten da- schon vierzig Kilo Auftrieb himmel- eiert wie wild hinterher, schießt mal von überzeugen. Bei unseren Tests* wärts. Und tatsächlich, die Testyacht nach links, mal nach rechts, und fällt unter anderem aufgrund der fehlenden Kursstabilität bald deutlich zurück. Die Paramarine-Yacht bekommt dagegen fast Flügel ... im wahrsten Sinne des Wortes! Gleitschirmflieger und Segler haben schon lange etwas gemeinsam: das Tuch. Als die ersten richtigen Gleitschirme geschneidert wurden, nahm man keine Fallschirmstoffe, sondern Mittlerweile werden die ParamarineRipstop-Gewebe, die schon die Segelbranche als „Spi-Tuch“ zur Herstellung von Spinnaker in den unterschiedlichSpinnakern einsetzte. Denn diese Tuchsorten sind recht reißfest und zudem leicht - gut für’s sten Größen gebaut: der kleinste ist Fliegen also! Eine Zeit lang handelte es sich bei den Tuchrollen, die der große Fabrikant 34m2 groß und wird durch einen 5,3 Porcher Marine („Skytex“) an seine Kunden aus der Gleitschirmbranche auslieferte, um 2 genau dieselbe Produkt-Referenz wie die Rollen, die an Segelmacher an die Küste geliefert m großen „Gleitschirm“ stabilisert wurden! Die Gleitschirmpiloten haben so von den Seglern profitiert - und sich gleich darauf und entlastet. Der größte bis jetzt revanchiert. Denn als die ersten Gleitschirmflieger in den Sackflug kamen, weil ihre altern- gebaute Parasail-Spi ist 270 m 2 groß, den Tücher porös wurden, dachten sich die Techniker der Stoff-Hersteller fluggs neue die Flügelfläche des „Gleitschirms“ Beschichtungen aus, die eine noch geringere Porosität aufwiesen und langlebiger waren. beträgt 36 m2. Die Fläche dieser Diese neuen Beschichtungen kriegen jetzt auch die Segler auf ’s Tuch und freuen sich über langlebigere und leistungsfähigere Spinnaker ... Und ganz neu: Jetzt werden die Skywalk- Kappe würde zwar für einen Tandem-Gleitschirm zum „echten“ FlieGleitschirme mit wasserfesten Tüchern aus dem Kitebereich geschneidert. Tuch-Tausch 3 9-03 gleitschirm-magazin.com Cyan Magenta Gelb Tiefe Jetflaps Eigentlich ist die Idee nicht neu: schon zu Anfangszeiten des Gleitschirmsportes gab es Überlegungen, den Stallpunkt durch Anbringung von „Spaltklappen“ in niedrigere Geschwindigkeitsbereiche zu verbannen. Im Flugzeugbereich ist das schon seit jeher gang und gäbe: durch solche Klappen strömt im Landeanflug Luft von der Profilunterseite an die Oberseite und verhindert bei geringen Geschwindigkeiten den Strömungsabriß. Das Flugzeug kann also mit einem größeren Anstellwinkel und dadurch langsamer fliegen. Einige Hersteller haben auch im Gleitschirmbereich damit experimentiert, doch die erste „Serienreife“ will Skywalk mit seinen „Jet Flaps“ erreicht haben. Bei den Kites bringen diese Klappen laut Manfred Kistler 20% mehr Zugkraft, und bei den GleitschirmPrototypen will der Skywalker die Mindestgeschwindigkei dank dieses Systems um zehn Prozent gesenkt haben. Außerdem habe man einen unerwarteten Effekt festgestellt: die Vorschießtendenz nach Radikalmanövern soll aus schwer erklärlichen Gründen um 30% geringer ausfallen als bei vergleichbaren Schirmen ohne Jet Flaps- das könnte natürlich Türen und Toren in der weiteren Gleitschirmentwicklung öffnen ...(SB) gen reichen, trotzdem käme niemand auf die Idee, den Parasail-Schirm dafür vom Spi abzumontieren. Denn der Spinnaker-Gleitschirm wurde ganz spezifisch für seine Aufgabe konzipiert, und im Freiflug würde das stark gewölbte HochauftriebsProfil für unliebsame Überraschungen sorgen. Im beschleunigten Flug wäre dieser Schirm kaum leistungsfähig, und im Langsamflug müßte sich der Pilot auf einen bösartigen Stall gefaßt machen ... Bei Skywalk profitiert nicht nur der Wassersport vom Segelsport. Auch der umgekehrte Weg trägt seine Früchte: Die neuartigen Jet-Flaps, Matte oder Tube? Die meisten Hersteller, die Kites für die Nutzung auf dem Wasser konstruieren, sind zu den „Tubekites“ zurückgekehrt. Das sind einfache Oberflächen, die von aufblasbaren Kunststoff-Wülsten in Profilform gebracht werden. Diese Kites bringen zwar oft nur ein Drittel der Leistung einer Gleitschirm-“Matte“ gleicher Größe, bleiben aber für die Nutzung auf dem Wasser unheimlich beliebt. Grund: wenn ein Tubekite ins Wasser fällt, ist er auch nach einem längeren Bad wieder zu starten, ein vollgesogener Softkite dagegen nicht. Skywalk will aber dennoch bei der Gleitschirm-ähnlichen Matte bleiben: unter anderem führen die Grassauer an, Softkites seien in Gefahrensituationen sicherer als ihre Röhren-Kollegen. Dieses Argument ist in der Kiteszene nicht unumstrittenen. Dafür hat eine Matte neben der höheren Leistung fraglos noch andere Vorteile wie beispielsweise das Handling: Gerade Gleitschirmpiloten kommen damit meist sofort gut zurecht. Ein letztes Argument schließlich ist in erster Linie für die Hersteller interessant: für die Produktion von Matten sind keine Lizenzzahlungen notwendig wie für die Tubekites, die einem Patent unterliegen ... (SB) die Skywalk jetzt in seine Gleitschirme einbaut, wurden zunächst in den Kite-Segeln der Himmelsmarschierer eingesetzt! Skywalks Geschäftsbereich „Flysurfer.de“ gehört schon lange zu den innovativsten Firmen des Kitebereichs. Dabei setzen die Grassauer weiterhin unbeirrt auf Gleitschirm-ähnliche Softkites („Matten“) für den Einsatz auf dem Wasser, während viele Konkurrenten zu den althergebrachten, aufblasbaren Tubekites wechseln. Dafür entwickelt Skywalk völlig neue, oft kopierte Steuerleinen- und Sicherheitssysteme: Die große Erfahrung im Gleitschirmbereich inspiriert fraglos die Entwicklung dieser pfiffigen Leinensysteme. Auch die geschickte Wahl der Profile und die Plazierung der Aufhängepunkte kommt nicht von ungefähr: Manfred Kistler hat sich nach einer langen Karriere als Gleitschirm-Entwickler in die Kite-Matiere eingearbeitet und entwickelt nun parallel sowohl die Kitekappen als auch die Gleitschirmflügel und die Spinnaker der Skywalker. Alle Schirmtypen werden mit Hilfe moderner Windkanalversuche entwickelt: in den riesigen Röhren der Firma Daimler Benz, wo normalerweise Autokarosserien auf ihre Windschlüpfrigkeit getestet werden, hängt Manfred Kistler seine Prototypen in Gestellen auf. Neben der Messung auftretender Kräfte werden wertvolle Erkenntnisse durch Rauchspuren gewonnen: Die Rauchfahnen machen die genauen Strömungsverhältnisse um den Schirm sichtbar und verraten interessante Skywalks Sparte Kite: Mit Speed in neue Märkte Informationen zur Aerodynamik des Schirmes. Im Gleitschirmbereich arbeiten die Skywalker auch mit lippenstiftgroßen Minikameras, die im Innerern der Kappe oder auf dem Obersegel montiert werden. Den wachsamen elektronischen Augen entgeht während den Testflügen kein einziges Detail: Während der Manöver wird jede Deformierung des Tuches lückenlos dokumentiert. Diese modernen Konzeptionsmethoden halfen auch bei der Entwicklung der „Jet Flaps“, die von den SkywalkDisziplinen brüderlich geteilt werden. Der erste Flügel mit diesen „Spaltklappen“ war der Kite Titan der neue Gleitschirm Mescal soll diesen Herbst erscheinen und erbt die nun offenbar ausgereiften Düsen von seinem Wassersport-Kollegen! Und gleichzeitig experimentieren die Skywalker schon an einer neuen Version des Spinnakers, bei der ebenfalls „Jet Flaps“ eingesetzt werden sollen ... * Neben seinem Engagement für GLEITSCHIRM arbeitet Sascha Burkhardt auch für die deutsche Segelzeitschrift YACHT gleitschirm-magazin.com 9-03 4