klimmen , klettern, steigen, praet. klomm (pl. klommen), part. pr

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klimmen , klettern, steigen, praet. klomm (pl. klommen), part. pr
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Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. Online-Version vom 20.01.2017.
klimmen , klettern, steigen, praet. klomm (pl.
klommen), part. pr. geklommen, imp. klimm (z.
b. Klopstock I, 2, b); die echte bildung war mhd.
klimmen, praet. klam, plur. klummen, part.
geklummen, und sie hat sich lange, theilsweis
bis jetzt ziemlich gut erhalten, noch bei Rist z.
b. klummen pl. praet. (I, 2, c), doch drängt sich
in neuerer zeit schwache bildung vor (s. I, 3),
während mundartlich nach Adelung selbst das
alte praet. klamm noch lebte, das freilich auch ein
part. geklammen nach sich zog. es heiszt auch
nd. klimmen, nl. klimmen (klom, geklommen),
mnl. climmen (praet. noch clam, pl. clommen),
altengl. climme und clemme, dial. noch clim,
praet. clam; nord. fehlend. die form mit e ist auch
mnl., clemmen, noch jetzt nrh. (klemme Aachner
mundart 111), und selbst oberd., s. I, 5. das weitere über die form s. a. e., es zeigen sich in form
und bed. wesentliche abweichungen, die gewöhnliche bed. ist sogar nur ein bruchstück des urspr.
ganzen.
I. klimmen, steigen, klettern.
1) eigentlich.
a) mühsam steigen, in die höhe:
gên berge klimment nâch ir nar (nahrung) die
geiʒe.
Frauenlob frauenleich 20, 1;
des hiesz er do die laitren pringen,
werfen an (die mauer) und aufhin chlimen.
Wittenweiler ring 57a, 43;
inwendig im thurn man uf hin klam.
Körners hist. volksl. 27;
gar vil (der fliehenden feinde) die klummen uf die
böum.
Veit Weber siegeslied von Murten (leseb.
1, 1053, 23);
der klimmt auf einen gähen
und spitzen felsen hin.
Opitz 1, 246;
hinan zu klimmen an den glatten wänden.
Schiller 544b;
der balken brach, worauf er geklommen.
Heine romanz. 174.
[Bd. 11, Sp. 1164]
auch bloszes klimmen gleich emporsteigen: vom
krebs, der an dem ufer klimmt. Olearius pers.
ros. 7, 10 anm. a; die anstrengung, durch lose
asche zu klimmen welche bei jedem tritte nachgab. Göthe 37, 208 (auf dem Ätna).
b) zuweilen als reines trans.:
zwei mädchen seh ich, die den steilen pfad
mit mühe klimmen.
Göthe 10, 318,
hier wie gehn, kommen u. a. mit dem acc. des
weges; aber auch völlig für erklimmen: diu katze
sprach 'ich kan boume klimmen' Nic. v. Straszburg myst. 293, 21, vgl.klettern 1, b. in andern
fällen gehört der acc. zugleich oder mehr zu einer
praep. mit oder ohne partikel:
disz ist dasz erste mahl, dasz du bist aufgeklommen
den hügel.
Rist Parn. 627;
die jägerin liesz das blutende reh
und klomm in dem strauche das gebirg hinan.
Klopstock 9, 195 (Herm. u. d. fürst. 1);
und gieng und strauchelt' und klomm den schma-
len weg auf.
Mess. 10, 383;
einst klomm die luftgen schnecken (des Straszb.
münsters)
ein musensohn hinan.
Uhland ged. 364;
sie klimmen durch das dickicht den steilsten weg
433.
c) es gilt übrigens ebenso gut von abwärts gehender bewegung der art (wie klettern auch und steigen selbst):
hinan.
dâ klummen engel hin und wider (auf und ab).
Frauenlob s. 23;
in sînem slâfe sach er eine leiter ûf gên in den
himel unde die engel klimmende ûf und abe.
Eckhart 129, 34; wie es (das heer) auf den steilen abschüssigen felsen bergauf und bergunter
klimmte. Schiller 855b. auch abklimmen, niederklimmen Stieler 966: er klomm zwischen
den klippen nieder. Immermann Münchhausen
1, 219.
d) natürlich auch über etwas hinweg, an etwas
hin klimmen u. ä.: wann ich vil soll durch hursten kriechen und uber zäun und stauden (sträuche) klimmen, so laszt mein kutt das haar. Garg.
244a (460 Sch.); mit einer armee über die Alpen
klimmen. Schiller 944b;
als die einen am riffe dort,
die andern klommen am hagen.
Ann. v. Droste 313.
e) noch anders von thieren, wo wir jetzt steigen
sagen, gleichsam der beginn des klimmens; so
hiesz in der wappenkunde der sich bäumende
löwe, sonst der steigende, auch der klimmende.
ein klimmender lew von Alzey.
Laszberg lied von grave Friz von Zolre s.
41.
ähnlich von einem pferde: (Gargantuas ross
muszte) schwimmen, klimmen, uber den pfal,
uber die schranken, uber Eppelins häuwagen
(s. Uhlands volksl. nr. 135, 38). Garg. 176a (323
Sch.), setzen, springen, eig. wol vom bäumen beim
ansprunge. daher vom bespringen der thiere, das
auch steigen, besteigen heiszt, bei Besser, ruhestatt der liebe:
das schuppenvieh im meer, was hilft sein schnelles
schwimmen,
es musz durch diesen zug (der liebe) doch an ein-
Hoffmannswaldaus u. and.
Deutschen ged. 1, 177.
nl. ist das noch der gewöhnliche ausdruck, z. b.
von einem hengste, hij heeft nog nooit geklommen, er hat noch nicht gestiegen.
f) im gebrauch des lebens ist es übrigens jetzt
räumlich beschränkt, in md. mundarten scheint
es nicht heimisch, z. b. in Sachsen und Thüringen ist es durchaus nur aus der höheren sprache
bekannt (vgl. Seume unter klettern), schon Steinbach, Rädlein kennen es nicht als bodenständig,
schon Luther in der bibel braucht klettern dafür,
von der leiter Jacobs 1 Mos. 28, 12 steigen; aber in
nd. und oberd. mundarten findet sichs noch, wie
Heynatz antib. 2, 188 angibt (nd. s. 2, b a. e.),
doch auch Frisius, Maaler, Schmeller haben
es nicht. vergl. klimsen, klimmern, klebern 1,
kleppen, kletten.
2) auf andres steigen übertragen.
a) sinnlich: die klimmende sonne, die aufgehende, im gegensatz zur sinkenden, in der ältern
rechtssprache, z. b. rechtsalt. 37. 947 (noch nl.);
ander klimmen.
so hoch, wo über uns der leier sternen klimmen.
Fleming 59.
die lerche klimmt aufwärts Simrock kinderbuch
nr. 375, von ihrem allmählichen steigen mit dem
anschein des mühsamen, zugleich von ihrem
gesange (vgl. Lenau unter klettern 1, e):
galander climmet in acutis ûf ein mâl. Kolm.
meist. 3, 4;
das schnelle gerade steigen des falken heiszt klimmen Nemnich 2, 1570.
[Bd. 11, Sp. 1165]
wie wann die see ergrimmt
und die betrübte flut bisz an die wolken klimmt.
Opitz 1, 107 (lob des kriegsg. 740).
aber in freieren schlangen durchkreuzt die geregelten felder,
jetzt verschlungen vom wald, jetzt an den bergen
hinauf
klimmend, ein schimmernder streif, die länderverknüpfende strasze.
Schiller 75b (spazierg.).
botaniker nennen kletterpflanzen klimmende
Nemnich 4, 1232, in nd. mundarten heiszt der
epheu klimmop (klinop) 3, 107, ostfries. klimmup
und klivupp Stürenb. 111 (zu letzterm s. sp.
1052 d), nl. klimop, klemmerboom. nl. heiszt es
auch de vloed klimt (s. Opitz vorhin), zij klimt
met hare stem von einer sängerin (schon bei Kil.,
s. vorhin von der lerche) u. a.
b) geistlich, geistig, begonnen von den mystikern,
sie reden von klimmen ze gote (Haupt 8, 227),
ûfklimmen in got (Eckhart 275, 22. 24. 6. 274,
13 u. ö.), vgl. ûfklimmen an daʒ kriuze Kristi
myst. 1, 293, 32: so sol man .. zu den tugenden klimmen als zum höchsten ding. Müglein
übers. des Valer. Maximus Augsb. 1489 59b;
und tugent scheint ain hoher berg,
wiltu recht klimmen auf die spitz u. s. w.
Schwarzenberg 124b;
wer aber sich dem staat zu dienen hat bestimmt
und nach der gottheit stell' auf tugendstaffeln
klimmt.
Haller (1777) 136;
lasz nicht deine krone rauben,
leid und klimm zu ihr hinan.
Klopstock 7, 312;
klimme mutig den pfad, bester, den dornenpfad
durch die wolken hinauf, bis du den stralenkranz
der nur weiseren dichtern
funkelt, dir um die schläfe schlingst.
Hölty 93 (an Voss);
aus der unschuld schosz gerissen,
klimmt zum ideal der mann.
Schiller 81b (würde der fr.);
es kann etwas treffliches aus diesem menschen
(Tischbein) werden .. das unermüdete suchen
und streben und klimmen musz ihn dem punkte
nahe bringen, den so viele nicht erreicht haben.
Karl August in Mercks briefs. 1, 328, vergl. das
götting. sprichwort men môt wol klimmen un
kleien, wenn men redlich dorch wil. Schambach 103a, wie schwimmen und baden u. ä.
c) von lebensverhältnissen, rang und stand: er
klimmet in die höhe, ad honores et dignitates
ascendit. Stieler 966;
(die, welche) schwungen sich hinauf und klummen
himmelan,
von solchen ward gesagt: der ist ein edelman.
Rist Parn. 260, zugleich zu b;
de up de nadelspitz geklummen sind so hoch.
Lauremberg 7 (1, 189),
von reichen schneidern. so nl. hij is aan 't klimmen, er kommt empor.
d) und noch allgemeiner für steigen:
so hoch mag wol des engels traum nicht klimmen.
Rückert 1, 209.
überklimmen, übersteigen, überschreiten, ein
gebot:
der arzt mit groszem fleisz sech an
wie, wo und wen im loszen (aderlassen) zim,
das er das pot nit überklim.
H. Folz in den fastnachtsp. 1251.
3) in schwacher form (s. schon Schiller unter 1,
c):
sie klimmt' am dornigen felsen empor.
Bürger ged. 1789 2, 171 (des pfarrers tochter von Taubenh.);
felsen, die ich mit mühe und schwierigkeit hinanklimmte. Göthe 37, 156; wir waren .. aufgeklimmt. 37, 208; der weg auf dem du
emporklimmtest. Schiller 753b, und so wol
immer häufiger, wie bei glimmen.
4) glimmen wird übrigens mit klimmen verwechselt:
dardurch ein ganzes land nicht schlechten
aufwachs nimmt,
wenn es zugleich mit ihm bis ans gestirne glimmt.
Fleming 62;
ein klimmend tacht. Rompler 170.
5) fraglich aber, ob verwechselung, ist klemmen
gleich klimmen, wie nl. engl. (s. im anfang):
klemmet er zum höchsten haus hinauf wie ein
marter. Garg. 179b (330); das steigen und klemmen hat sehr viel gefahr auf sich. Moscherosch
exerc. acad. 305;
ear rennt fain fort, klembt bar da zaun.
Fromm. 4, 88, 9, schwäb. 17. jh.,
vgl.klemmer unter klimmer. bei Altenstaig 78
klemen scandere (Frisch 1, 523a). s. darüber II,
2, b, auch das b in dem klembt könnte doch echt
sein, s. III, 1, a.
[Bd. 11, Sp. 1166]
II. Verlorene bedeutungen.
1) klimmen packen, packend einengen u. ä.
a) eigentlich, vom adler:
dat ûch drômede van dem aren,
de ûch dâr beiʒ inde klam (: nam).
Karlmeinet
505, 25;
vil harde unsoeʒe
502, 67,
eben von dem adler im traume, vgl. climmende
vogel 2, b.
b) diese nrh. und nd. bed. musz aber alt und
auch allgemeiner gewesen sein, denn zu dem im
zweiten beispiele belegten beklimmen (eig.
umklammernd, rings um packen) gehört noch
unser verwaistes part. beklommen, worin das
gefühl des so gepackten nur von auszen auf innen
übertragen ist. wir zählen jetzt dazu beklemmen,
beklemmung und ein neueres praet. beklomm
ist erst aus beklommen rückwärts entnommen:
dasz ihr das herz lebhaft schlug und ihr die
beklame (l. beklam) hei mich inde beiʒ.
brust beklomm. Novalis 1837 1, 47 (1826 1, 34);
ebenso folg.: mich hätt' es in etwas beklommen.
J. Paul 21, 169.
diesz beklommen scheint übrigens erst im 18.
oder 17. jh. von norddeutschen schriftstellern der
sprache zugeführt, denn dort ist es heimisch nach
folg.: beklummen, beengt, voll dicker luft, unpers
'em is so beklummen', er kann nicht frei atmen.
Dähnert 31b, beklommene tîd, schwierige oder
klemme zeit. Schambach 20a doch auch ein
alem. zeugnis aus dem 15. jh.:
und sint im sin hende beklomen (: komen) ...
bi dem füer er denn erwarmet.
Büheler Diocl. 3492,
von kälte starr, als wären sie von einer unsichtbaren kraft geklemmt; das heiszt ostmd. noch
verklummen (s.klamm sp. 936), altengl. clumsen
verklummen sein Stratmann 113, schwed. dial.
klummsen, klomsen adj. (zur form s. klimsen),
auch klömen, starr von kälte, besonders von händen Rietz 332a, womit der ausdruck in dieser
bestimmten bed. sogar in vorgeschichtliche zeit
rückt. auch verklummen ist alt:
Wolfhart der wîgant (als leiche)
het verklummen in der hant
daʒ swert in sturmherter nôt. klage 841 in BCD,
die hand war verkrampft und das schwert darin,
das nun selbst verklummen (fest gepackt) ist.
auch gleich beklommen, von einem geängstigten herzen, mnl. (gewiss auch nd. md.):
recht als ene druve (traube), die wort gheparst
(gepresst) ...
so is mijn herte verclommen. hor. belg. 10, 227.
c) den übergang aus der äuszerlichen in die
innerliche verwendung zeigt eine angabe im
Teuthonista vom nrh. 'clymmen, als (z. b.) wee
to doin, torquere, premere, urgere, angere'. dazu
bildlich auch ein mnd. sik beklimmen:
gy Joden, wêre ju icht darumme (läge euch etwas
daran),
dat ik my mit juwer ê beklumme
unde myner kristenheit versôke (entsagte)? Theo-
philus 439 Hoffm.,
dasz ich euer gesetz annähme, mich damit gleichsam behaftete, beklemmte. dazu stimmt ostfries.
beklemming erbzinsverhältnis, beklemmde plâts
erbzinsgut Stürenburg 13a, gut das mit einem
erbzins behaftet ist.
2) klimmen, zwicken, kneipen, das erste klimmen in zahmerer form.
a) bezeugt ist es altmd., einer der im schlafe
gebissen wird, ruft erwachend:
sô waʒ ist daʒ, daʒ mich sô clam?
Jeroschin 24164.
aber noch in der Schweiz klimmen (auch klumpen, s. sp. 1167 mitte), von bauchgrimmen heiszt
es 'es klimmt mich' (die klimmete, kolik) Stalder 2, 108 fg., mit part. geklummen:
tagtägli händ mer ja zangget,
hân i mys weggli (mein weckchen) nüd mit ere
theilt, so häd sie mi klumme.
Usteri (1853) 1, 88.
b) da trifft denn klimmen wieder mit klemmen
(1, c) überein, eben schweiz. heiszt kneipen auch
klemmen, und eben nrh. hiesz klemmen auch
das packen des adlers, und in den hss. des Ssp.
3, 47 heiszen die zur jagd gebrauchten raubvögel
wie klemmende (sp. 1139) so auch climmende
vogel, s. auch I am ende nhd. klemmen klimmen.
das erklärt sich nicht alles aus einer nd. nrh. trübung des i in klimmen, sondern das starke und
das schwache wort sind da auf irgend einem wege
wieder zusammengetroffen, wie bei brennen,
rennen, klengen (2, b), s. auch sp. 1144 unten.
3) am merkwürdigsten klimmen einschrumpfen,
16. jh.: holz welches gefällt wird in den zween
letsten feirtägen des merzes, das klimmet nimmer, da baw dein zimmer. Fischart
[Bd. 11, Sp. 1167]
groszm. 103 (628 Sch.), trocknes holz das nicht
mehr zusammenläuft. das sieht sehr alt aus, vermutlich durch ein häusliches sprichwort erhalten.
4) die älteste bedeutung ist vielleicht die letzte
oder steht ihr am nächsten: 'sich mit anstrengung
krumm zusammenziehen', eigentlich wol von den
fingern, klauen, wo es unwillkürlich geschieht
beim krampf, willkürlich beim greifen, packen;
beim klettern (auf bäume) nehmen alle glieder an
dieser arbeit theil. daher denn klamm m. krampf,
das in ags. clam auch noch packender griff und
klaue bedeutet, daher klammer klaue und eisenklammer u. a. (s. dort), daher die adj. klamm,
klimm und klumm eingezwängt, enge, u. s. w.
III. Geschichte der form.
1) klimmen selbst.
a) ahd. heiszt es vielmehr chlimban scandere
Graff 4, 558, auch mhd. noch zu finden: durch
daʒ klimbint ir an den vierden grât. Adrians
mittheil. 451 (mystisch, zu I, 2, b). ebenso ags.
climban (clamb, clumben), daher noch engl.
climb (praet. clomb). auch mnl. noch clemben
ascendere Dief. 53a, und nhd. vielleicht in dem
klembt I a. e., s. klambe klammer und klaue (eine
goth. spur in sp. calambre sp. 941 unten). dasz
aber mm auch hier aus dem mb erst entstanden
sei, wie bei lamm, kamm u. a., ist sehr zweifelhaft; denn schon ags. bestand auch clymmian
steigen Grein 1, 164, und in klamm m., klemmen
ist wie mhd. so schon ahd. alts. ags. nur mm
im stamme, nicht mb, sodasz er von alters her
in zwei schwesterformen klimm und klimb
bestanden haben wird. vgl. klingen I, c.
b) die zweite form erscheint auch mit andrer
lautstufe in schott. climp plötzlich fassen (climpy
zum stehlen geneigt, engl. dial. climp stehlen, vgl.
klemmen 1, b), nordengl. clumps adj. von kälte
starr Halliwell 258a (s. vorhin clumsen), nd.
klempern klettern (s. unter klimmern); hd. in
mhd. klimpfen (wb. 1, 843a) gleich klimmen II,
stark wie dieses, daher geklumpfen und verklumpfen (Heinzelein s. 32) gleich verklummen,
verkrampft, noch nhd. sind reste dieses klimpfen
da in oberd. klampfe, klampfer klammer u. a. (sp.
944). unsicher ob selbstständig neben den formen
mit mb sind oberd. klamper klammer, schweiz.
klempere f., klaue, finger Stalder 2, 108, klumpen kneipen 2, 111 u. a., während md. klamp
krampf, klampe, klempe klammer, klümpen (s.
d.) krampfig zusammenziehen schon sicherer zu
hd. klimpfen gehören. die ganze manigfaltigkeit
des auslauts ist noch nhd. sichtbar in klamme,
klambe, klampe, klampfe, alle gleich klammer.
c) sie alle aber gehen auf eine einfachere gestaltung zurück, klam, klim. denn wie dem starken
mhd. brimmen bram brummen ein ahd. brëman
bram brâmun vorausgieng (s. 2, 384 und brummen, brunft, auch kerren 1, c), so verrät sich
eine gleiche urform zu klimmen in mhd. klamere
klammer neben klamber, klamper, klampfer, in
klame gleich klamm (sp. 936 unten, wo mehr),
und auch in verbalformen, wie in mnd. klamen
klettern:
bischof Magnus di vel edel man,
de sik die mur tom erstn anklam (diesz von
anklimmen)
vor die hovetlude alle,
vordiende wol vier und veftig schock
met dem ersten anklamen (ersteigen der mauer).
Liliencron hist. volksl. 1, 274a;
dahinter scheint alts. etwa klamôn zu stehn, es
wird gestützt durch altschott. clamyng gleich
climbing Jamieson suppl. 1, 214b, s. auch clam,
claum packen sp. 938, nd. verklamet (verklâmt)
br. wb. 2, 785 und verklômt Schambach 263a, nl.
verkleumd gleich verklummen starr von kälte,
die form mit o nebst klome engpass Scherz 798
(vergl. sp. 937 5, b) ergänzen die ablautsreihe, die
danach i a â u (o) war. selbst das anzunehmende
ahd. chlëman könnte noch spät auftauchen in
dem klemen klettern bei Altenstaig (s. I a. e.),
in klâmen kletterten:
die felsen klamens uf behend.
Lenz Schwabenkr. 112b;
glaubhaft wäre das schon fürs 16. jh., da jenes
ahd. brëman noch im 19. jh. lebt, in brämen bei
Leipzig (doch schwach) vom schreien und thun
der brünstigen hausthiere (s. brunft), von brummigem widerstreben. auch in dem klemen (:
remen, d. i. mhd. ræmen) sp. 1139 unten könnte
danach klæmen enthalten sein, vgl. norw. kläma
klemmen, kläma f. klemme Aasen 224b.
2) wichtiger noch eine form mit n für m.
a) mhd. klinnen für klimmen klettern Haupt 4,
539 (71, 5), und dazu klennen für klemmen bei
Frauenlob (sp. 1139); dasz das nicht blosz
mundartliche willkür, gleichsam nur versprochen
ist, zeigt altnorw. klunna sich anklammern (und
klettern?) Fritzner 354b, mit dem ablaut von
klimmen. auch der beweis für starke
[Bd. 11, Sp. 1168]
beugung von klinnen ist noch da in folg. geklunnen, das einem schreiber im 15. jh. für geklummen in die feder kam:
des (darum) wee der armen selen dein (wird einem
säufer gesagt) ...
wer sie so oft nit untergestanden (untergetreten),
so sulch grosz platzregen (von wein) sint kumen,
oder nicht auf die benk geklunen,
sie wer vor zehen jarn ertrunken.
Folz in den fastn. 1211;
einfach geschriebene liquida ist damals oft doppelt gemeint, zum folg. taugt es wol wegen des u
nicht.
dieser tausch von m und n ist wie in kahm und
kahn sp. 31, in kleimen gleich klenen sp. 1145,
und unserm falle genau entsprechend in brinnen, brennen gleich brimmen brummen (2, 384.
Dief. 503b rugire).
b) auch die ältere form mit einfachem n liegt
noch jetzt vor im schweiz. klänen klimmen Stalder 2, 105 (vgl.klän specht). auch eine nd. spur
wol in klinop gleich klimop epheu (s. I, 2, a).
c) und dazu selbst, wie beim vorigen, im auslaut verstärkt klingen klettern, hd. wie md. (mhd.
wb. 1, 843b, 22):
sein adel chlingt der êren steig.
Suchenwirt 29, 171;
(creaturen) die beide swimmen unde sweben,
pass. H. 1, 35;
das verhält sich zu klinnen (klënen) genau wie
mhd. klimben zu klimmen (klëmen). als echt
gestützt ist die form durch schwed. klänga klettern, dial. auch klonga, klungra Rietz 329b, sie
ist wie das erste klimmen nur das hd. bruchstück
eines wortes, das einst genau neben klimmen,
klimben hergieng. denn auch die andern bedeutungen von klimmen (klimpfen) zeigen sich noch
alle z. b. in schott. to clink up packen (mit erhöhter auslautstufe), ags. beclingan klammernd
umschlieszen, fesseln, ags. clingan, engl. cling
sich zusammenziehen, einschrumpfen (nd.
inklingen), vgl. engl. dial. clunge pressen,
drücken Hall. 258b, dän. klynge sig sich anklammern (auch klettern), engl. cling, norw. klengja; s.
mehr sp. 951, und besonders das zweite klinken.
3) am wichtigsten aber eine form mit r für l.
a) klimmen hiesz auch krimmen (mhd. wb. 1,
881a, franz. grimper), das klimmen der raubvögel öfter krimmen, der klamm krampf auch
kramm, die klampe klammer auch krampe, das
mhd. verklummen, verklumpfen II, 1, b auch
verkrummen, verkrumpfen, selbst das schwed.
klummsen dort auch krummsen Rietz 353b u. s.
w., kurz neben unserm ganzen reich entwickelten stamme mit l geht ein gleicher mit r her in
fast lückenloser vollständigkeit, s. weiter krampf,
vliegen, clingen, loufen, gân.
krimmen, auch sp. 936 (5, b).
b) auch die form für klingen fehlt nicht: engl.
dial. crink einschrumpfen, cringe sich
zusammenziehen u. a., s. krank.
c) der ältere stamm mit r zeigt auch eine andre
form in krapfe haken, krape haken und klaue,
und sie ist wol auch hier da in klaper, kloper
klaue, die zugleich an klauben, klieben rühren.