Santiago de Compostela und sein Parador [broschüre]

Transcrição

Santiago de Compostela und sein Parador [broschüre]
Santiago, Freibrief
Für die Ewigkeit
N
S
ANTIAGO
DE
COMPOSTELA
Und Sein Parador
iemand kann besser als der Tourist sich dem magischen und
wundersamen Phänomen von Compostela nähern und dieses
verstehen. Was ist ein Tourist, wenn nicht ein Fremder, ein Pilger, ein
Ideenhändler, ein Sammler von Reliquien? Er überquert Flüsse und
Berge , zieht vom Kloster zum Gasthaus; überwindet Unwirtlichkeiten,
Verspätungen und vielfache Mühen auf der Suche nach Erholung und
endgültiger Erfüllung der Sehnsüchte seines Geistes und der
Bedürfnisse seines Körpers. Und das Bestreben, zu reisen um zu reisen,
also ein anderes Leben kennen zu lernen und zu leben.Tourist und
Pilger sind Reisende auf der Suche nach ähnlichen Zielen: der
Vollendung eines Wunders. Ruhe und Dankbarkeit nach aller Hetzerei
und den Wechselfällen des Lebens bei der langen Wanderung durch
den Alltag: das Jubiläum verdienen.
Das Wunder begann in der ältesten Schmiede aller Zeiten, in
prähistorischer Zeit. Damals -mehr als 3.000 Jahre vor unserer
Zeitrechnung- dienten die ruhigen Täler des Sar und des Sarela den
Eingeborenenstämmen als Heim, Zufluchtsort und Quartier. So
bezeugen es die zahlreichen “mamoas” (Grabdolmen). Und so
bestätigt es viele Jahrhunderte später, bereits in der Eisenzeit, die
Existenz von befestigten Siedlungen in der Umgebung und bis hinein
in das Gebiet dieser ewigen Stadt. Diese ersten Ureinwohner lernten
mit der Invasion der Kelten eine gewisse Zivilisation kennen. So wurde
der "Druidismus" geboren, die erste magisch-religiöse Manifestation,
die alle Jahrhunderte überlebte und vielleicht auch bis in alle Ewigkeit
bestehen wird, zumindest im kollektiven Unterbewusstsein der
Galicier. Bis dann schon bald der römische Eroberer kam,
wahrscheinlich auf der Suche nach den metallurgischen Schätzen
dieser Böden: vor allem Gold, Silber und Zinn. Bereits im ersten
Jahrhundert hatten die kaiserlichen Legionen in diesen Landstrichen
des “Finis Terrae” Fahnen eingerammt und Lager eingerichtet. Durch
dieses Umland verliefen die Straßen III und IV der Route des
Antoninus, um Astorga mit Braga und Brigantium mit Iria Flavia zu
verbinden. In den letzten Jahrhunderten des Imperiums wurde genau
unter der Kathedrale eine “Civitas” errichtet, wie gründliche und neue
archäologische Ausgrabungen ergaben. Etwas später, aber immer noch
früh für die Geschichte, sollte Compostela entstehen, ersehntes Ziel
und Punkt erlösender Begegnungen für die mittelalterliche
Christenheit und für die folgenden Generationen.Es sollte im ersten
Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts sein, als der Erzbischof Teodomiro von
Iria Flavia (heute: Padrón), von einem Eremiten namens Pelayo
aufmerksam gemacht, das Grab der “Arca Marmorica” inspizieren
sollte. Und “wegen der vielen gefundenen Spuren” entschied er, es
handele sich um das Grab des Apostels Jakobus des Älteren, Sohn des
Zebedäus.
Unter diesen Vorzeichen wird aus der Geschichte Legende und
Tradition; sie wird reicher: Sie bewirkt Wunder. Die mittelalterlichen
Berichte lassen keine Zweifel zu: Obwohl man nicht so genau weiß
wann, ist es sicher, dass der Apostel in diese Lande kam und dazu die
Reise eines phönizischen Handelsschiffs nutzte. Der Heilige predigte
und predigte in Orense, in Tuy, in Braga, in Lugo, in Astorga... Bis er
dann sieben Jahre später entschied, nach Jerusalem zurückzukehren,
wo er Schriftgelehrten und Pharisäern in die Hände fiel. Er wurde zum
Tode verurteilt und rigoros enthauptet. Seine Schüler aber bargen im
Schutze der Nacht seinen Körper. Um ihm ein gebührendes und
christliches Begräbnis an einem fernen und sicheren Ort zu
verschaffen, schifften sie sich nach Iria ein.Glücklich am Ziel
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angelangt, sahen sich die Schüler -Fremde im feindlichen Land- in
großen Schwierigkeiten, einen versteckten und angemessenen Ort zu
finden, der dem Meister als Grab dienen könnte.
Sie verhandelten mit einer mächtigen und reichen Witwe namens Lupa,
Herrin über ausgedehnte Ländereien in dieser Gegend. Nach langem
Hin und Her wurden die Schüler von den römischen Behörden
festgenommen, aber sogleich wieder dank des günstigen Eingreifens
eines himmlischen Engels befreit.Zuletzt gab die unentschlossene und
ängstliche Lupa nach und stellte einen Platz für das Grab zur
Verfügung: Der gewählte Ort sollte am Monte Ilicino liegen, wenige
Meilen von ihrer Festung Castro Lupario, dessen Ruinen noch erhalten
sind, entfernt. Damals war es ein Druidenplatz, von einer wilden
Schlange verteidigt und behutsam respektiert vom ängstlichen
römischen Invasor. Dort wurde der Körper des Heiligen Apostels
beerdigt, gleichzeitig starb die Schlange blitzartig.Jahrelang verehrten
die Bewohner von Iria Flavia das Apostelgrab, das zeitweise in
Vergessenheit geriet, bis der bereits genannte und ehrwürdige
Teodomirus das Grab im 9. Jahrhundert wieder entdeckte. Als er von
den Ereignissen erfuhr -die Legende verschmilzt bereits mit der
Geschichte und wird mit dieser verwechselt-, eilte König Alfons II., der
Keusche genannt, mit seinem vollen Hofstaat zum Apostelgrab.
Santiago (Der Hl. Jakobus) wird offizieller Schutzpatron des
Reiches.Die Nachricht breitete sich aus und gelangte nach Frankreich.
Sogleich kamen die ersten europäischen Pilger an, um die Überreste des
Apostels zu verehren; außerdem begierig darauf, die verlockenden
Ländereien des nachbarlichen und legendären arabischen Reiches
kennen zu lernen. Die Anzahl der Pilger wuchs so stark an - über
sämtliche Grenzen kamen sie - dass König Alfons III. den Bau einer
großen Basilika in den letzten Jahren des 9. Jahrhunderts anordnen
musste. Aber der neidische und ungläubige Almanzor ebnete ein
Jahrhundert später die Kathedrale und die Stadt wieder ein.
Da die Geschichte aus der Not eine Tugend zu machen pflegt,
verwandelte sich die durch die Mauren erhaltene Schlappe in die
notwendig gewordene Gelegenheit zum Neubau von Kathedrale und
Stadt. Mit dem festen Rückhalt durch König Alfons VI. begann Bischof
Diego Peláez im Jahre 1075 mit dem Bau der heutigen Basilika. Und so
entstand das definitive Antlitz Santiagos, einer der schönsten Städte
dieses Landes, wie auch der skeptischste Reisende leicht feststellen
kann. Aber von Anbeginn an war die Ruta de la Perdonanza („Straße
der Vergebung“) genannte Straße, sehr viel mehr als glühende
Frömmigkeit. Sogar die namhaftesten Historiker weisen auf die
Tragweite hin, die eine nicht existierende oder zumindest diskutierbare
und diskutierte Tatsache wie das Begräbnis des Apostels in diesen
Landen nach sich ziehen konnte. Das Phänomen des Camino (des
Jakobswegs) war so komplex und von solch großer Bedeutung, dass es
das geringste Problem war, ob die hier gefundenen und erhaltenen
Überreste wirklich die des Patrons sind. Wichtig ist aber, dass die
Menschen im mittelalterlichen Europa dies glaubten. Es wäre in jedem
Fall eine Unterrichtsstunde in Kommunikationswissenschaften am
Lehrstuhl für angewandte Soziologie wert.Gewitzte Historiker brachten
den verdächtigen Zufall an den Tag, dass die Entdeckung des Grabs
mit der Ankunft zahlreicher Mozaraber im asturisch-leonesischen Reich
zusammenfiel, die aus den maurischen Herrschaftsbereichen geflohen
waren, welche den Christen ihre grundsätzlichen Unterschiede, sowohl
in religiöser als auch in politischer Hinsicht, mit dem Emirat von
Cordoba demonstrieren mussten. Die asturisch-leonesischen Monarchen
erkannten die hervorragende Gelegenheit, die das Phänomen des
"Camino" ihnen bot, um die Fahne der Reconquista zu erheben und
gleichzeitig die christlichen Territorien, stets ein wenig anarchistisch
und sehr unruhig, zu vereinen.Die Biegungen der Route führten zu
Veränderungen, die in der Gesellschaft jener Zeit beispiellos waren. Es
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wurden Heere vereint. Es wurde wiederbevölkert. Es wurde urbanisiert.
Es wurden Gesetze erlassen. Man betrieb Handel. Man forschte. Man
änderte sich: Man entwickelte sich.
Aber auch an den Rändern des "Camino", im Schatten von Klöstern,
Sanktuarien, Herbergen und Spitälern keimten die Samen des Wunders
und der Wundererzählungen sowie das Kraut des Gaunertums. Die
Chroniken berichten, in Sahagún würde man bereits dicke Geschäfte
mit Wein und Sex abwickeln: Geschickte Falschspieler und
ausschweifende Frauen böten dem Pilger ihre Dienste im Kartenspiel
und in der Wolllust an. In diesem Kloster wurden durch den
Weinverkauf Jahreseinkünfte von 3.000 Dukaten gezählt, und unter
Mönchen und Pilgern trank man bis zu 150 Liter pro Tag.
Aymerico Picaud höchstpersönlich, der Autor des berühmten
Pilgerführers, aufgenommen in den Codex Calixtinus, vollbrachte seine
Wallfahrt in "Gesellschaft einer flämischen Freundin".
Offensichtlich kamen Herbergen, in denen das älteste Gewerbe der Welt
angeboten wurde, mehr als nur häufig vor. “Und Diebstahl und Raub
und der Verkauf falscher Reliquien waren an der Tagesordnung”. Die
Dinge gingen so weit, dass es notwendig wurde, so vielen Schandtaten
einen Riegel vorzuschieben. Dies geschah manchmal wieder auf dem
Weg eines Wunders. Wie z.B. als der Graf Miguel, ein Cousin des
Bernardo del Carpio, bei einer Vergewaltigung überrascht wurde: Als
der Apostel davon erfuhr, bewirkte er, dass dem Vergewaltiger “das
Gesicht verdreht wurde und die Zunge heraushing. Und nach sieben
Tagen starb er...”
Zu anderen Gelegenheiten wurden Gesetze erlassen, zum Beispiel, um
die Spekulation zu unterbinden: “Weder innerhalb noch außerhalb der
Stadt werden Wiederverkäufer geduldet, auch nicht solche, die auf
Messen handeln; und es dürfen weder Fisch noch Fleisch noch
Meeresfrüchte gekauft werden, um diese mit Gewinn weiter zu
verkaufen, sondern nur für den eigenen Verzehr...”
Gelegentlich wurden auch “Gottesurteile” vollstreckt. Sánchez Albornoz
erinnert daran, dass man bei Raub zum Mittel der “caldaria” griff: Der
Dieb musste drei kleine Steine aus einem Kessel (spanisch: caldero) mit
kochendem Wasser herausholen. Danach wurde sein Arm verbunden
und drei Tage später öffentlich wieder entblößt. Wenn Spuren von
Verbrennungen zu
erkennen waren, so war
dies ein unwiderleglicher
Beweis für seine Schuld...
Zum Schluss,
“Sie kamen nach
Compostela,
Gingen zur Kathedrale
“Dank sei Dir, mein Herr
Santiago;
Zu Deinen Füßen werfe
ich mich sogleich nieder;
Willst Du das Leben mir
nehmen,
So nimm es mir, mein
Herr,
So werde ich zufrieden
sterben
In dieser heiligen
Kathedrale...”
Unterkunft der Katholischen
Könige: Besserung der Sünder,
Zuflucht der Pilger
“Die Pilger, sowohl die armen als auch die reichen, müssen von allen
wohltätig behandelt und geachtet werden, wenn sie nach Santiago
kommen oder von dort gehen. Denn jeder, der sie empfängt und ihnen eine
ordentliche Unterkunft gibt, hat nicht nur Jakobus zu Gast, sondern auch
den Herrn...”
Pilgerführer nach Santiago. Codex Calixtinus
eschichte erzählt Tatsachen. Legenden machen Wunder. Es
war schon um das Jahr 1000, als der gefürchtete Heerführer
Almanzor in Santiago einfielt, um sämtliche Spuren des größten
Heiligtums der Christenheit auf der Halbinsel auszulöschen. Und er
tat dies ohne den geringsten Widerstand der Bewohner, die ihre
Häuser und Ämter verlassen und in den nahe liegenden Tälern und
Bergen Zuflucht gesucht hatten.
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Der wilde maurische Anführer ließ als Beute und als Andenken an
seine Heldentat die Glocken der Basilika nach Cordoba schaffen, wo
sie als Lampen in der Moschee benutzt wurden. Sie wurden von den
gefangen genommenen Christen auf den Schultern getragen. Und dort
blieben sie, bis sie nach der Zurückeroberung von Cordoba
zurückgegeben und an ihren Ort gebracht wurden, diesmal jedoch auf
den Schultern maurischer Sklaven.
Das Wunder bei dem Vorfall geschah, als Almanzor die Kathedrale
betrat. Vor dem Apostelgrab traf er einen greisen Mönch an, der
kniend ein Gebet verrichtete. Die Legende versichert, es habe sich um
den Bischof von Iria, Pedro de Mezonzo, gehandelt. Tatsache ist, dass
die Wildheit des Heerführers sich plötzlich in Sanftmut oder sogar
Furcht verwandelte, dieses Grab und den Mönch Acht gab und sich
leise zurückzog, allerdings nicht, ohne zuvor sein Pferd mit
Weihwasser aus dem Taufbecken zu tränken, vielleicht als geheimes
Zeichen und Beweis der Annäherung an den Glauben des ungläubigen
Feindes. Der Rest der Kathedrale hatte nicht dieses Glück: Er wurde
vollständig zerstört und geplündert.
Wundersame Fügungen wie diese geschahen häufig in der Stadt und
auf dem Camino “und waren Anlass zur Bewunderung und zu
Kommentaren seitens der zahlreichen Pilger, die von überallher
kamen...” Die Chroniken behaupten, zwischen dem 12. und dem 15.
Jahrhundert seien zwischen 300.000 und 500.000 Pilger nach
Santiago gekommen. Sie kamen von überall her: Franken, Gascogner,
Bretonen, Burgunder, Tolosaner, Provenzalen, Normannen... Und auch
Engländer, Deutsche, Lombarden und “andere Menschen aus
verschiedenen Nationen und mit fremden Sprachen...”
Über den Camino de la Perdonanza schwappte damals auch eine
ständige Flut von Sündern und Büßern aller Art. Einige auf der Suche
nach Ablass und Vergebung, viele andere mit weniger leicht zu
beichtenden Absichten: Adlige und Heilige; Vagabunden und
Berufsgauner, die unterstützt vom Schutz und der Gastfreundschaft
auf dem Camino, welche ihnen eine warme Mahlzeit und Brot, Bett
und Wein garantierte, agierten.
Die Plaza del Obradoiro war Treffpunkt des repräsentativsten Teils der
Gesellschaft aus jenen mittelalterlichen Zeiten. Menschen, die alle auf
der Suche nach Unterhalt waren; einige geistiger Art, andere mit mehr
profanem Appetit. Bedürftig waren sie alle.
Das Katholische Königspaar, das kurz vor dem Abschluss der
Reconquista und der Vereinigung seiner Reiche stand, entschied, selbst
eine königliche Wallfahrt zu unternehmen. Das war 1488, als die
Einnahme von Granada nur noch eine Frage der Geduld war. Bereits
damals war Santiago Zentrum der Frömmigkeit und der großzügigen
Spenden der Adligen und Könige Europas. So hatte zum Beispiel, und
das ist nur einer von vielen Fällen, der französische König Ludwig XI.
der Kathedrale ein riesiges Räuchergefäß aus Silber (Kostenpunkt:
etwa 1.000 Dukaten) geschenkt, oder die “beiden größten Glocken,
die man hatte herstellen können, und von denen es keine größeren
gab...” Zu all dem gesellt sich die strategische Zweckmäßigkeit, dass
Compostela für das im Entstehen begriffene Reich Kelch und
Schmelztiegel der Christenheit bedeutete.
So hatten also aus dem einen oder anderen Grund die Katholischen
Monarchen ihren Blick auf Santiago gerichtet. Kurz vor Beginn ihrer
Wallfahrt hatte die Königin -vielleicht als Botschaft und Vorschussder Kathedrale eine Rente von jährlich 35.000 Marevedi ausgesetzt
“wegen meiner großen Ergebenheit für den glückseligen Apostel, den
Herrn Santiago, Licht und Schutzpatron und Führer der Könige
Spaniens...”
Endlich kamen die Monarchen nach Compostela. Und nachdem sie
das gottergebene und fromme Protokoll erfüllt und sich vor dem Sarg
niedergeworfen hatten, bemerkten sie, dass das Hospital, das es hier
gab, alt war und nicht ausreichte zur Betreuung der Bedürfnisse so
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vieler Pilger, die in die Stadt kamen, und die so gezwungen waren, zu
schlafen wo es eben ging: im Inneren der Kathedrale oder sogar vor
ihren Türen. Es schien also notwendig geworden zu sein, ein neues
Hospital zu erbauen, “geräumig genug, um die Frommen, Kranken
und Gesunden, die in die Stadt kommen, anständig betreuen zu
können...”
Nach der Einnahme von Granada vereinbarten die Könige, dass ein
Teil der “Kriegsgewinne” zur Finanzierung des Baus eines neuen
Hospitals bestimmt sein sollte. Als Verwalter und Bauleiter wurde Don
Hernando de la Vega designiert. Und die Durchführung des Projektes
erfolgte unter der Verantwortung von Don Enrique Egas, des zu dieser
Zeit führenden und begehrtesten Architekten. Die Monarchen
versprachen sich soviel von seiner guten Arbeit, dass sie sich selbst um
jedes Detail kümmerten. Sie befanden und entschieden über die
Qualität und die Anordnung der Steine, über die Einzelheiten bei der
Anheuerung von Arbeitern, über die Qualität der Mauern, die "gut
fundamentiert und stark" sein sollten; über die Anordnung der
Innenhöfe und der Kamine und bis hin zum Dach des Gebäudes, das
alle Garantien bieten sollte, um einem feuchten und regnerischen
Klima widerstehen zu können; “Die königlichen Waffen sollen zum
Ruhm und zum Lobe Gottes, der Jungfrau und des Apostels aufgestellt
werden; es soll Wasser in den Brunnen und Innenhöfen geben, und
man soll viele Kamine errichten...”
Es gab nicht wenige “angetroffene Hindernisse” für den Beginn eines
solch frommen Unternehmens, und sie waren nicht einfach zu lösen.
Da gab es Landenteignungen, für die die Gemeinde Ausgleich und
Gegenleistungen verlangte. Die benachbarten Benediktinermönche
waren nicht damit einverstanden, einen Teil ihres Wassers
abzugeben... All dies und mehr wurde dank der königlichen
Unerschütterlichkeit gelöst, es wurde aber auch behauptet, dank des
Wohlwollens des Heiligen.
Innenhöfe, Brunnen, Wasserspeier, Kassettendecken, Eisengitter,
Steinhauereien, Altäre, Statuen, Glasfenster. Ein Heer von Künstlern
und Kunsthandwerkern. Zehn Jahre fieberhafter, aber sorgfältiger
Arbeit erforderte das Werk. Kranke und Pilger eröffneten das Real
Hospital im Jahre 1509. Es war das größte und am besten
ausgestattete unter den nicht wenigen, die es zu jener Zeit entlang des
Camino gab.
Alles war peinlich genau geregelt: medizinische Behandlung, Hygiene,
Komfort, Verpflegung... ”Der Kranke erhalte eine Gipstafel, auf der er
notiert, welche Speisen der Arzt anordnet... Der Apotheker führe ein
Buch, in dem die Medikamente verzeichnet werden, die er ausgeben
soll... Der Arzt ist verpflichtet, die Säfte eines jeden Kranken zu
untersuchen und sich mit
ihm eine Weile zu
befassen, um ihn gut
kennen zu lernen und ihn,
wenn nötig, die Zunge
zeigen zu lassen...”
Nicht zu vergessen die
Anordnungen zur
spirituellen Pflege
(“Sämtliche Minister und
weltliche Angestellte
haben die Pflicht, jeden
Tag fünf Mal das
Vaterunser zu beten”)
oder zur erforderlichen
Hygiene und Reinheit. Die
Bettwäsche muss im
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SANTIAGO UND SEIN PARADOR
Sommer alle acht Tage und im Winder alle fünfzehn Tage gewechselt
werden, das Stroh der Strohsäcke alle sechs Monate. ”...Die Matratzen
müssen abgenommen und die Wolle gesäubert werden, je nach
Notwendigkeit, und ganz besonders die der Betten, in denen jemand
gestorben ist, damit keine Gefahr entsteht, andere mit der Krankheit
anzustecken...”
Das Real Hospital verfügte über die besten und fortschrittlichsten
Mittel der Zeit. Ärzte, Gehilfen, Installationen, Apotheke... Kranke
und Pilger wurden betreut “in über einem halben Dutzend Sprachen
Europas”. Aber viel zu häufig reichte die Wissenschaft nicht aus, bei
so vielen Kranken und so vielen Erkrankungen. (“Wahnsinnige,
Nierenkranke, Triebhafte, Leprakranke, Besessene, Phlegmatiker,
Rasende, Ruhrkranke, Hitzköpfe, von Fisteln Geplagte...”)
So blieb manchmal nichts anderes übrig, als auf die Gnade des
Apostels zurückzugreifen. Dieser heilte “nicht mit Medikamenten,
Sirups, Pflastern oder Arzneien, sondern mit göttlicher Gnade”
diejenigen, welche die Wissenschaft nicht mehr erreichte: “... Er gab
Blinden das Augenlicht wieder, ließ Lahme gehen, Taube hören,
Stumme reden, Tote auferstehen...”
Definitiv hatten die Katholischen Monarchen das beste
Gesundheitszentrum der gequälten mittelalterlichen Christenheit
erbaut. So bemerkte es auch ein Chronist und mitteleuropäischer
Pilger: “Es ist ein herrliches und luxuriöses Werk, aus Stein erbaut,
ausgestattet mit großen Ressourcen und Fonds, die immer zu seiner
Verfügung stehen. Es hat eine eigene und sehr teure Apotheke, Ärzte,
Chirurgen, und kann zweifellos mit den allerbesten Hospitälern der
Christenheit konkurrieren...”
Aber es sollten nicht immer nur Tage voller Wein und Rosen sein. Das
Real Hospital kannte auch Zeiten des Streits und des wirtschaftlichen
Mangels, wenn die Mittel nicht weiter reichten, als um die Pilger, die
"krank angekommen" waren, zu speisen, während seine Berufung und
seine Absichten darin lagen, auch den gesunden Pilgern die erbetene
Hilfe zukommen zu lassen.
Nach diesen und vielen weiteren Wechselfällen sollte das Hospital- seit
jeher auch ein Gasthaus- in ein Hotel umgebaut werden, dank des
Einsatzes jener triumphalen Initiative von 1958. Das Resultat ist der
heutige Parador. Der Reisende steht vor dem “ältesten Hotel der
Welt." Von außen und von innen, vom Obradoiro zum Gasthaus, ist
alles eine wunderbare Komposition aus Stein und Holz; aus Glas und
Eisen; aus Stimmen und Lichtern. Alles geknetet von den Fingern der
Zeit und den Händen der Menschen. Immer mit der Hilfe und dem
Schatten des Apostels.
Drinnen geht es in diesem
Parador sehr gepflegt zu.
Alles scheint voller
Respekt vor der
überwältigenden
Vergangenheit zu sein.
Gänge und Innenhöfe;
Korridore und Zimmer.
Bis hin zu den Fußböden,
Türen und Fenstern. Alles
ist reine Kunst, wenn
nicht gar Kunsthandwerk.
Stets Geschichte,
aufbewahrt für den
Reisenden der Gegenwart,
der auch Geschichte im
Hotel geschrieben hat.
Berühmte und hochberühmte
Persönlichkeiten. Leute aus Kunst und
Kultur. Politiker, Wissenschaftler, Gelehrte,
internationaler Hochadel,
Führungspersönlichkeiten aus aller Welt.
Wie die Könige von Spanien, die Grafen
von Barcelona, Baudouin und Fabiola,
Humberto von Savoyen, der Kaiser von
Japan; der Argentinier Menem, der
Portugiese Mario Soares, der umstrittene
Gelehrte Salman Rushdie. Und Camilo
José Cela, Severo Ochoa, Felipe
González...
Hier erlebt der Fremde -der dies nie sein
wird- erneut die Zeiten voller Glanz und
Elend, deren Schwert die Geschichte
durchschneidet, um das aus ihr zu
machen, was sie am Ende sein wird. Das
Mittelalter, Romanik und Gotik, die Kaiserzeit, die Moderne und die
Renaissance, immer ein wenig barock,
und manchmal sogar überladen.
Der Reisende lebt hier vom klügsten
Komfort umgeben, den ihm Kunst und
Kultur bieten können, Erben der
Vergangenheit und mit der Gegenwart
geteilter Reichtum. Der Reisende ist
untergebracht in einem Privileg namens
Compostela, und dieser Parador ist
eifrig darauf bedacht, den Geist zu
bewahren, der einst seine Gründer
inspirierte: “Es gibt weder Sprachen
noch Dialekte, die hier nicht klingen.
Die Finsternis flieht vor dem erlauchten
Bereich, der glänzt wie der Mittag...”
Compostela: Alles andere
sind Lagerplätze
Santiago ist eher ewig denn alt
Valle Inclán
amilo José Cela, immer überzeugend; immer genial, immer
treffend, hat gesagt: “In Spanien gibt es zwei Städte:
Santiago und Salamanca. Alles andere sind Lagerplätze...”
Sooft der Reisende auch hierher zurückkommen mag -und dies ist ein
Ort, zu dem man eher zurückkommt als kommt-, wird er feststellen,
wie überaus richtig diese Übertreibung des Nobelpreisträgers ist.
Diese Stadt der weinenden Steine ist wie die Wiederauferstehung der
Vergangenheit, vielleicht auf der Suche nach der unendlichen
Reinkarnation. Ewig, wie Valle Inclán es wollte.
Eine Stadt, um tief durchzuatmen. Um den tausend Sinnen des
Menschen eine Pause zu gönnen. Vom Anblick der Romanik, der
Gotik, des Barocks; vom Klang der Glocken, der über alle Musik
hinaus einen Seelenzustand komponiert; vom Geruch des Weihrauchs,
der durch die Straßen und auf den Plätzen sich verbreitet; vom
Berühren der Steine, welches die Hände mit Vergangenheit und
Zauber und Wunder füllt. Vom Geschmack,
der sich in den Meeresfrüchten findet...
Die Besichtigung Santiagos hat einen
obligatorischen Ausgangspunkt: Die Plaza del
Obradoiro, früherer Arbeitsplatz der
Steinmetze und heute ein Geschenk und
Privileg ab der plateresken Schwelle des
Paradors. Hier befindet sich die Kathedrale,
heute barock, romanisch gestern, die darauf
drängt, den Pórtico de la Gloria zu zeigen,
den größten Kunstschatz und den Geist
Compostelas, mit dem der romanische Meister
Mateo unsterblich wurde. Zu ihren Seiten
zwei kleine romanische und barocke Türme.
Der Torre de la Carraca, in dem früher ein
enormes Perkussionsinstrument, eine Ratsche,
installiert war, die nur zu Ostern klang, wenn
die Glocken verstummten. Oben ein Abbild
des Pilgers, der der Plaza, der Stadt und der
Christenheit vorsteht. Die Urne und der
C
Reliquienschrein über dem großen Mittelfenster.
Man muss um die Kathedrale herumgehen. Die Fassade des Torre del
Tesoro, des Schatzturms mit seiner höfischen Ausstrahlung, einer
Arbeit von Gil de Hontañón, von der man sagt, sie ähnele dem
Monterrey-Palast in Salamanca. Die Fachada de las Platerías,
romanisch, ist ein Werk aus den Werkstätten dreier Meister: des
Esteban mit seinen Bildnissen von Adam und Eva und David; des
Maestro Rafael Cordero, der den Christus schuf; und eines dritten
Künstlers, der die Vertreibung aus dem Paradies darstellt.
Die Puerta Real ist ein hervorragendes Beispiel für den
compostelanischen Barock, errichtet um die Mitte des 17.
Jahrhunderts durch den Architekten Andrade. Die Puerta Santa, auch
bekannt als Puerta de los Perdones (Gnadenpforte), die nur dann
geöffnet werden darf, wenn der 25. Juli auf einen Sonntag fällt und es
ein Heiliges Jahr ist. Skulpturen des Apostels und anderer Heiliger.
Und die Fassade von Azabachería, die um die
Mitte des 18. Jahrhunderts zum Ersatz der
zuvor vorhandenen romanischen auf Geheiß
des Erzbischofs Raxoi errichtet wurde.
Alles drängt darauf, einen Blick ins Innere zu
werfen, welches -neben all dem, was es ist und
was es darstellt- eine Kathedrale der
Kathedralen und ein Museum der Museen ist.
Und hier ist Eile nicht geboten. Es erfordert
Ruhe. Es lädt zur Reflektion ein. Die Krypta,
das verehrte Mausoleum des Santiago und
seiner Schüler. Das Archiv, wo der universelle
Codex Calixtinus aufbewahrt wird. Die
Museen, die den Entstehungsprozess der
Kathedrale zeigen, und eine Sammlung
gewebter Wandteppiche auf Grundlage von
Kartons mit unsterblichen Unterschriften:
Teniers, Rubens, Goya... Das spektakuläre
Weihrauchfass, das überladene Räuchergefäß,
SANTIAGO UND SEIN PARADOR
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wurde 1738 vollendet. Der Hochaltar gehört zu den besten Beispielen
des galicischen Barocks. Das Kloster San Pelayo. Alfons II. ordnete
den Bau an, um das Apostelgrab aufzunehmen. Heute Konvent von
Benediktinerinnen. Herrliche Barockretabeln. Die Kirche Iglesia de
San Fiz de Solorio. Aller Wahrscheinlichkeit nach die älteste Kirche
von Santiago über einem antiken Oratorium aus dem 6. Jahrhundert,
von Almanzor zerstört und von Gelmírez wieder aufgebaut. Ihre
Mauern aus dem 18. Jahrhundert respektieren das romanische Portal
aus dem 14. Jahrhundert.Die bloße Aufzählung religiöser und
weltlicher Bauwerke ist unendlich: der gotische Palast des Don Pedro,
die Iglesia de San Benito, die Seelenkapelle Capilla de las Ánimas,
Iglesia de Santa María del Camino. Die Klöster San Agustín, San
Francisco und Belvis. Die Häuser der Domherren, Dekane und
Stadträte. Die romanisch-gotische Kirche Santa María Salomé. Der
Bogen Arco de Mazarelos, Überbleibsel eines Tores aus den antiken
Stadtmauern...Und es sollten noch Zeit und Gelegenheit bleiben für
Spaziergänge und Ausflüge, die der Reisende unternehmen möchte
oder kann. Entlang der Küste, der Rias oder ins Landesinnere, denn
überall wird er Schönheit finden, Wohlstand und guten Empfang. So
sind diese Steine; so ist dieses Land:
das in Schwingung zu bringen der Kräfte von acht Männern bedarf,
lässt die Kathedrale seit dem 16. Jahrhundert duften.Menge, Wert und
Interesse der Dinge, welche diese Stadt an allen Ecken und Enden
bewahrt und vorzeigt, sind so groß, dass dem Besucher empfohlen
wird, sich eine dieser zahlreichen Publikationen zu besorgen, die
überall die Schaufenster überschwemmen. An der Rezeption des
Paradors erteilt man gerne nähere Informationen, um den Wünschen
und Bedürfnissen eines jeden einzelnen gerecht zu werden.Für alle
Fälle wird im Folgenden eine kurze Auswahl der Orte genannt, deren
Besuch obligatorisch ist und nie mit Eile verbunden sein darf. Orte,
die immer darauf warten, ein wenig Krake und einen Schluck Ribeiro
oder eine andere Köstlichkeit in Form von Meeresfrüchten anzubieten,
wenn der Gast eine Pause einlegen möchte.Herrenhaus Pazo de Raxoi:
Heute Sitz der Stadtverwaltung und des Präsidiums der Xunta de
Galicia, der Regionalregierung Galiciens. Das neoklassizistische
Gebäude wurde auf Anordnung des Erzbischofs Raxoi im Jahre 1757
errichtet. Es diente als Seminar und Gefängnis. Der Pazo de Xerome
ist heute Rektorat der Universität und war bereits im 17. Jahrhundert
Colegio Universitario. Das neoromanische Portal ist ein Transplantat
und befand sich vom 12. bis zum 16. Jahrhundert im Hospital Viejo.
Der Palast „Palacio de Gelmírez“ zeigt eine bürgerliche Romanik von
einzigartiger Schönheit. Er war prunkvolles Heim für “Könige,
Konsuln und andere Magnaten”, die hierher auf Pilgerfahrt
kamen.Das Kloster San Martín Pinario. Nach der Kathedrale vielleicht
der herausragendste Baukomplex. Seine Originalsteine gehen auf das
10. Jahrhundert zurück. Das vom Bischof Sisnandus initiierte Werk
1. Kathedrale. Baubeginn im 11. Jahrhundert.
2. Kolleg des San Jerónimo. Romanischer Portikus
aus dem 15. Jh.
3. Palast Raxoi, neoklassizistisch.
4. Palast Gelmírez, 12. Jh.
5. Kloster San Martín Pinario.
6. Kirche Iglesia de San Miguel Dos Agros.
7. Kirche Iglesia de San Benito.
8. Kapelle Capilla de las Ánimas.
9. Kirche Iglesia de Santa María del Camino.
10. Konvent San Agustín.
11. Konvent San Francisco.
12. Dekanatshaus, geometrischer Barock.
13. Haus des Stadtrats, barocke Fassade.
14. Kirche Iglesia de la Compañía.
“Auch der Stein, wenn es Sterne gibt,
schwebt über der scharfen und kalten Nacht,
wachset, lyrische Zwillinge des Wagemuts,
wachset, steigt empor, Türme von Compostela”.
(Gerardo Diego).
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Die Dinge so wie sie sind:
Unverkleidete Küche
"Die Küche muss die drei Bedingungen des Caballero del Verde
Gabán erfüllen: sauber, reichlich und schmackhaft...”
Gräfin von Pardo Bazán
nd sie ist es tatsächlich. Und daher ist sie auch noch viel
mehr.
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Diese Küche ist noch mehr als andere das, was ihre Vorratskammer
ausmacht. Diese besteht aus dem Meer und der Küste, und das ist
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SANTIAGO UND SEIN PARADOR
nicht dasselbe. Da gibt es die Flüsse und Rias; Täler, Wälder und
Berge; Quellen von Fleisch und Gemüse.
Außerdem hat Galicien eine weitere geografische Ausnahmelage,
blickt man ins Landesinnere. Es kann von seinen Nachbarn mit
ebenfalls verwöhntem Gaumen lernen und diese auch großzügig
lehren. Da gibt es Asturien mit seiner Küche, eine perfekte
wechselseitige Ergänzung. León, mit verschwommenen Grenzen und
Rezepten, die mit dem Bierzo geteilt werden. Die zamoranische
Sanabria, Vorbild des kulinarischen Austausches. Und Portugal, das
bis hin zur Sprache nimmt und gibt.
Mehr zu verlangen wäre wagemutig. Gut zu essen ist daher keine
große Leistung; man tut es einfach,
wie es die einheimische
Landbevölkerung anerkennt.
Zweifellos liegt darin mehr
Geheimnis denn Einfachheit. Es sind
Gerichte, beinahe alle, von sehr
einfacher -allerdings bei weitem
nicht leichter- Zubereitung. Das
große Geheimnis, sagt man, ist
offensichtlich. Die Weisheit besteht
darin, dieses umfangreiche und
ausführliche Repertoire von
natürlichen Geschmacksrichtungen
zu respektieren und alle Anflüge von
Barockismus, Zierereien und anderen
Verkleidungen zu vermeiden.
Diese Regel ist, und da ist keine
Ausnahme möglich, auf Eintöpfe
und Suppen, auf Fisch und
Meeresfrüchte, anzuwenden. Auf
Fleisch und sogar auf die
Nachspeisen.
Vielleicht interessiert es den
Reisenden, die Meisterformel für das
Kochen von Meeresfrüchten kennen
zu lernen. Ganz einfach, ganz delikat.
Einige großzügige Köche haben ihr Geheimnis enthüllt und
verschenkt: Das Wasser muss süß sein und wird nachträglich, das
Meer imitierend, gesalzen. Einige Lorbeerblätter hinzugeben und auf
das erste Sieden warten. Die Meeresfrüchte hineingeben, bis das
Wasser erneut siedet. Einige Augenblicke warten, bis zu einer Minute
(je nach Größe der Viecher), und ab auf den Tisch mit ihnen. Heiß,
wenn es sich um Entenmuscheln handelt. Alles andere je nach Vorliebe
der Tischgenossen abkühlen lassen. Gewöhnlich werden die
Meeresfrüchte lebend ins Siedewasser gegeben, es gibt aber auch
gnädigere Methoden, bei denen man das Leid abkürzt und die
Tierchen vorher mit Essig betrunken macht.
Daneben bietet das Essen in Santiago nur eine große Schwierigkeit:
der quälende Zweifel bei der
Auswahl. So groß ist das Angebot, so
groß auch die Unsicherheit, sowohl in
Santiago als auch in seiner
Umgebung. Der Reisende befindet
sich in einem weiteren Obradoiro
(Werkstatt), nämlich dem der Küche.
An der Rúa de Franco und in ihrer
Nachbarschaft. Und vor allem im
Hostal de los Reyes Católicos,
welches ein komplettes und
meisterhaftes Kompendium der
Küche dieser keltischen Stämme
darstellt.
Der Parador hat alte Rezepte
wieder entdeckt und neue geschaffen:
wie zum Beispiel Lomo de Lubina
Asado en Piel de Tocino Ibérico con
Habas a la Menta (Gebratener
Seebarschrücken umwickelt mit
iberischem Speck mit Saubohnen in
Minze). Eine Menestra de Pescado
con Cachelos (Fischeintopf mit
Kartoffelstücken). Oder Vieiras
Rellenas de Erizos (mit Seeigeln
gefüllte Jakobsmuscheln); Marmita
de Fideos con Bogavante (Nudeltopf
mit Hummer). Solomillo de Ternera al Queso de Cebreiro (Kalbsfilet
mit Cebreiro-Käse). Als Nachspeise vielleicht einige Filloas Rellenas de
Compota de Manzana (Crêpes gefüllt mit Apfelkompott), es sei denn,
man bevorzugt die unverzichtbare Tarta de Santiago (Mandelkuchen).
Käse, vor allem der Tetilla-Käse. An Weinen Ribeiros, Albariños
und andere. Alle mit diesem leichten Perlen, das sie auszeichnet.
Und wenn der Tischgenosse es sich erlauben will oder kann,
bedenke er, dass er sich am Heiligen Stuhl des Orujo, eines
Tresterschnapses, befindet; destilliert Tropfen für Tropfen, von
Destillierkolben zu Destillierkolben. Von Haus zu Haus...
Parador “Hostal dos Reis
Católicos”
Santiago de Compostela
Pza. do Obradoiro, 1. 15705 Santiago de Compostela (A Coruña)
Tel.: 981 58 22 00 - Fax: 981 56 30 94
e-mail: [email protected]
Zentrale Zimmerreservierung
Requena, 3. 28013 Madrid (España)
Tel.: 902 54 79 79 - Fax: 902 52 54 32
www.parador.es / e-mail: [email protected]
wap.parador.es/wap/
Textos: Miguel García Sánchez Dibujos: Fernando Aznar
SANTIAGO UND SEIN PARADOR
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