Fahrertest Scania L 164-580
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Fahrertest Scania L 164-580
FAHRERTEST Fahrertest Scania L 164-580 „Kraft ohne Ende!“ Scania baut mit dem L 164-580 den derzeit stärksten Euro-3Fernverkehrs-Truck Europas. Dieses Flaggschiff bringt viele Fahrer zum Träumen – wir wollten wissen, was die Kollegen dazu meinen. Der TRUCKER hat vier Profis die Chance zum Fahrertest mit dem Scania-Flaggschiff gegeben, um ihr kritisches Urteil zu erfahren. D er 164er Scania hat Kraft ohne Ende!“ René Schroeder aus dem belgischen Saint Vith weiß, wovon er spricht: „Wir haben zwei 164er mit 580 PS im Einsatz.“ Diesmal steht die TRUCKER-Mannschaft mit dem Testtruck am Autohof an der Ausfahrt Laudert. Neben der modernen Tankstelle gibt es dort ein gemütliches Restaurant mit freundlichem Personal, saubere Waschräume sowie gute Parkplätze. Unsere Testfahrer sind allesamt Profis. Marian Uwarow (42) aus Bärfelden fährt einen MAN 19.502 mit Chemietankauflieger. René Schroeder (44) aus St. Vith in den Ardennen zieht mit seinem Scania 144-530 einen Holzauflieger. Heinrich Gwosdz (58) aus Velbert pilotiert einen dreiachsigen MAN 19.362 mit Mulde. Holger Spiek (36) aus Feuchtwangen steht mit einem Volvo FH12-420 nebst Megacurtainsider auf dem Parkplatz. Die Motordaten unseres Scania-Testtrucks beeindrucken bereits auf dem Papier. Der 16-Liter-V8 bringt es auf satte 580 PS bei 1900 U/min und wuchtet zwischen 1100 und 1300/min stolze 2700 Newtonmeter auf die Kurbelwelle. Obwohl es den 164er auch mit Opticruise-Automatikgetriebe gibt, haben wir für unseren Fahrertest die serienmäßige 12-Gang-Hand- 40 Leistung gewohnt. Marian Uwarow ist mit seinem 500 PS starken MAN-V10 gute Leistung gewohnt. Am Scania-V8 gefallen ihm Motorbremse und Leistung, aber das Cockpit ist ihm etwas zu verbaut schaltung geordert. Außerdem ist das integrierte Bremssystem eingebaut, das bei Bedarf die Motorbremse automatisch dem Retarder zuschaltet. Wir fahren mit der geräumigen Topline-Kabine mit einem Bett hinter den Sitzen und der breiten Liege über der Frontscheibe. Da es uns vor allem um den Motor und die Abstimmung des Antriebstrangs geht, haben wir auf der A61 eine Strecke mit Steigungen und Gefällen ausgewählt. Marian Uwarov ist noch nie Scania gefahren. ScaniaMann Peter Breitbach erklärt die Schaltung mit Dreigangschema, und Marian wiederholt: „Der Erste liegt also hinten, wo bei mir der Zweite ist. Zwei und drei in der Gasse daneben?“ Dann den Ring am Ganghebel hoch, um die große Gruppe mit vier bis sechs zu haben. Der Splitschalter verdoppelt die Zahl der Gänge auf zwölf. Marian hat das Doppel-H mit Viergangschema und Splitschalter: „Ei- ne gewaltige Umstellung!“ Wen wundert es, dass er sich beim Einbiegen auf die Landstraße verschaltet und sich in Vier klein bei 600/min wieder findet: „Es steigt hier zwar an, aber der packt’s wohl.“ So ist es! Marian: „Irre?“ Wie flott der V8 auf der Autobahn auf über 80 Sachen ist, begeistert Marian ebenso. Bergab entdeckt er den Retarderhebel am Armaturenträger: „Ich hätte ihn lieber an der Lenksäule.“ Doch als er leicht auf die Bremse tritt und der Retarder einsetzt: „Wird der auch über das Bremspedal eingeschaltet?“ Kurz darauf schaltet sich die Motorbremse zu: „Da wird ja sogar das Tempo gehalten, wie bei einem Tempomat. Dann ist der Hebel nicht so wichtig, nur vermisse ich eine Kontrollleuchte für den Retarder.“ Marian fragt nach den Bremsen: „Scheibenbremsen rundum? Das hatte ich erwartet. Sie arbeiten sehr griffig.“An einer Steigung: „Für einen V8 ist der Motor leise.“ Zum Getriebe: „Die zwölf Gänge genügen bei der Kraft allemal.“ Beim Einbiegen in die steile Auffahrt zum Autohof: „Der holt die Kraft tief unten raus, super!“ Kommt gut: KombiMotorbr emse Zurück auf dem Parkplatz meint er: „Der Ganghebel liegt schön in der Hand, versperrt aber den Durchstieg.“ Wir weisen auf einen Ring unten am Ganghebel hin. Marian zieht in hoch und der Schalthebel fällt flach nach vorn. „Jetzt komme ich gut durch, was sonst bei dem großen Tunnel sehr schwer Schwede mit Prestige. Wenn das imposante ScaniaFlaggschiff im Rückspiegel auftaucht, machen nicht nur Ost-Trucker die Bahn frei. Der neue V8 ist momentan der stärkste Euro-3-Fernverkehrstruck wäre.“ Breitbach zeigt ihm die Lenkradverstellung nach vorn und wie weit sich der Fahrersitz nach hinten schieben lässt: „Das ist hilfreich, aber die Verstellung an der Lenksäule ist umständlich.“ Auch die hoch angebrachte Hauptliege gefällt Marian nicht: „Der Abstand nach oben ist zu gering. Ich würde sie als Ablage nützen und unten schlafen.“ Der Topline gefällt unserem Profi von außen gut – auch die breite Trittfläche am Aufstieg zur Frontscheibe. Zur Wartungsklappe: „Es ist sinnvoll, dass sie von innen entriegelt wird. Auch die Tatsache, dass sich die Seitenteile weit weg klappen lassen, gefällt ihm. Da kommst du überall bestens dran.“ Beim Aufstieg hinter die Kabine fällt ihm unter sonst eigentlich nur bei Schwertransport-Lkw. V8-Profi. René Schroeder hat selbst zwei 164er in seinem Holzfuhrbetrieb laufen. Für ihn zählt nicht nur die Leistung, sondern auch das gewaltige Drehmoment des 16 Liter großen Achtzylinders dem Fahrerhaus ein Gebläse auf. Weil auf das Getriebe immerhin stolze 2700 Newtonmeter an maximalem Drehmoment einwirken, hat Scania eine serienmäßige Getriebekühlung eingebaut. Marian: „So etwas gibt’s doch René Schroeder ist Eigentümer eines Holzfuhrbetriebes: „Unsere zwei 164er mit 580 PS, die haben riesige Kraftreserven! Sie verbrauchen mehr als unser 530er, bieten aber auch mehr Leistung, besonders bei niedrigen Drehzahlen.“ Das ist wichtig, denn auf den oft weichen Forstwegen braucht man jede Menge Drehmoment.“ Die Zwölfgangschaltung liegt dem Belgier im Blut: „Bei der Menge an Drehmoment genügen zwölf Gänge locker.“ René kennt und nutzt den Retarder: „Der ist prima 41 FAHRERTEST Fahrertest Scania L 164-580 Alte Liebe. MAN-Fahrer fuhr schon häufig Scania, aber der V8-Antrieb fasziniert den mehrfachen KilometerMillionär ganz besonders. Sein ungläubiger Blick unter die Kabine: „Nur ein Turbo? Der Motor marschiert gewaltig, aber bei 580 PS muss er das auch.“ und schont die Bremsen.“ Vor allem aber schätzt er die Scania-Automatik: „Wir haben in unseren 580ern Opticruise. Die Automatik schaltet schnell und genau. Für hügeliges Gelände ist Opticruise optimal. Das Fahrzeug leidet auch viel weniger – allein schon von der Kupplung.“ Zum Fahrerhaus: „Der Fahrerplatz gefällt mir sehr gut. Mich stört nur der große Motortunnel. Du stößt mit dem Bein an.“ Er fährt los: „Die Schaltung ist gut. Hat der den neuen V8Motor drin? Hat der zwei Turbos?“ „Nein, nur einen, wir kippen später die Kabine“, antwortet Breitbach. Beim Auffahren auf die ansteigende Landstraße fällt die Drehzahl in Vier-klein auf 700/min: „Das muss er schaffen, bei 580 PS erwarte ich das.“ Der 580er beschleunigt, aber nicht wegen der PS, sondern wegen des hohen Drehmoments. Die Kollegen sprechen jedoch meist von der nur bei hohen Touren anliegenden Nennleistung. Gewohnheit! Bei 1550/min schaltet Heinrich einen weiteren ganzen Gang hoch: „Das war doch zuviel, da muss ich zurück splitten. Jetzt packt er’s. Der marschiert unglaublich. Außerdem ist er gut gedämmt und entwickelt ein angenehmes Motorgeräusch.“ An der Abfahrt, beim Blick in die Spiegel: „Die sind mir zu tief angebracht. Sie könnten zwanzig Zentimeter höher sitzen.“ Auf dem Parkplatz kippen wir die Kabine von Hand. Sollte das elektrisch gehen? „Wenn du acht Stunden gefahren bist, schadet die Bewegung nicht. Du kippst ja nur selten, eigentlich nur wenn der Sprit ausgeht“, lacht der alte Hase. Er schaut sich den V8 genau an: „Tatsächlich nur ein Turbo, aber was für einer. Ist das Gebläse da hinten für den Retarder?“ Er zeigt auf die Getriebekühlung. Er schaut nach vorn: „Und wie bekomme ich Lichtmaschine der rechten Lkw-Seite: „Je nach dem, wie du gerade im Wald stehst, kannst du sonst kaum hoch steigen.“ Von der V8-Power sind alle begeistert „Der Platz in der Kabine genügt uns allemal, da wir normalerweise nachts daheim sind.“ Zum Außenstaufach: „Da packen unsere Fahrer Stiefel, Arbeitsanzüge und Regenjacken hinein. Allerdings führen wir auch noch einiges an Ausrüstung mit. Dafür haben wir zusätzlich einen Staukasten am Rahmen.“ Renés Holzlaster haben niedrige Fahrerhäuser: „Weil wir den Kran bei beladenem Lkw über das Kabinendach hinausragen lassen müssen.“ Wegen der oft engen Wege und häufig notwendigen Kletterei zum Kransitz haben Renés Lkw einen Aufstieg an Heinrich Gwosdz ist mehrfacher Kilometermillionär: „Ich habe schon mehrere Urkunden für eine Million Kilometer bekommen. Mein MAN geht mit mir in Rente.“ Heinrich ist häufig Scania gefahren („Die Marke mag ich!“) und setzt sich 42 gleich ans Steuer: „Kann man die Sitzlehne hier auch zum Tisch umklappen?“ Ja, das geht. Zur Schaltung: „Der Ganghebel lässt sich nach vorn legen, das habe ich bei meinem nicht gehabt. Aber das muss sein, denn der Tunnel ist zu hoch.“ Nachdem er den Sitz weit nach hinten und das Lenkrad nach vorn verstellt hat ist Heinrich etwas versöhnt: „So kommst du einigermaßen zum Bett.“ Die obere Liege gefällt ihm: „Da halte ich viel von, nur der Abstand nach oben ist knapp.“ Dann entdeckt er die doppelt verglasten Scheiben und lässt sie hinunter. Dabei quietschen sie laut. „Kein Problem, das bekommst du mit Flüssigseife einfach weg.“ Ein heißer Tipp für alle Scania-Fahrer. Überzeugt. Holger Spiek fährt normalerweise die schwedische Konkurrenz von Volvo. Für den neuen ScaniaMuskelprotz hat er trotzdem jede Menge Komplimente. Vor allem das Innenraumdesign und die Ausstattung gefallen ihm Kraft in Hülle und Fülle. Der 580er überzeugt die Kollegen durch jede Menge Mumm in allen Drehzahlregionen. Mehr Mumm braucht’s wirklich nicht Technische Daten Motor: Achtzylinder-V-Motor mit Turboaufladung und Ladeluftkühlung, elektronisch geregelte Pumpe-Düse-Einspritzelemente, Hubraum 15,6 l, max. Leistung 580 PS (426 kW) bei 1900/min, max. Drehmoment 2700 Nm bei 1100 bis 1300/min Kupplung: Einscheiben-MembranfederTrockenkupplung Getriebe: Synchronisiertes DreigangGrundgetriebe mit Rangeund Splitteil (12 Vorwärts-, 2 Kriech-, 2 Rückwärtsgänge), Typ Scania GRS 920 R (i = 16,38 - 1,00) Elektrische Anlage: 24 V, Drehstromlichtmaschine 28 V 90 A, 2 Batterien 12 V, 175 Ah Hinterachse: Einfach übersetzte HypoidAntriebsachse, Diff.-Sperre Serie, Übersetzung i = 3,08 Bremsen: Zweikreis-Druckluftbremsanlage, Scheibenbremsen vorn und hinten, elektronisch geregelt (EBS), ABS, integrierter Scania-Retarder (Extra) Federung: vorne: Parabel, hinten: Luft, Stoßdämpfer und Stabis Räder: Felgen 9,00 x 22,5 Reifen 315/80 R 22,5 Fahrerhaus: CR19 Topline Fahrzeugmaße: L x B x H: 5940 x 2490 x 3840 mm, Radstand 3700 mm Gewichte: SZM (Testgewicht) vollgetankt, fahrfertig 7470 kg, Testgew. Zug 39.800 kg oder Keilriemen gewechselt? Da muss auf jeden Fall der Notdienst kommen.“ Heinrich zum Abschluss: „Ein gewaltiger Motor. Der wiegt bestimmt einiges mehr als der Sechszylinder.“ Das stimmt, gut 200 Kilo. Für Kunden die zeitweilig hohe Leistung und viel Nutzlast fordern, bietet Scania den neuen Turbocompound mit 470 PS an. Holger Spiek schaut sich das Scania-Kraftwerk an: „200 Kilo mehr sind besonders bei einem Tank- oder Silozug eine Menge Holz.“ Er steigt ein und gurtet sich an: „Das ist für mich selbstverständlich, nur in der Stadt lege ich ihn ab, weil ich mich sonst wegen des Gurtstraffers an Kreisverkehren und Kreuzungen nicht vorbeugen kann. Der Gurt sitzt gut.“ Er kennt die ScaniaSchaltung: „Was ist das für ein Ring am Ganghebel,“ fragt der etwas verwundert? Dass man damit den Hebel flach umlegen kann findet er gut. Das erleichtert den Durchstieg enorm.“ Holger: „Was wiegt der Zug? 40 Tonnen? Fahren wir da im Dritten an?“ Lieber nicht, da wir nur zwölf Gänge und große Gangsprünge haben. „Die Schweden haben eine gute Sitzposition, das schätze ich auch am Volvo. Dann zeigt er auf eine Anzeige: „Ist das der Turbodruck?“ Bei genauem Hinschauen merkt er, dass dies nicht sein kann. Es ist der Druck auf der Hinterachsfederung, in Tonnen umgerechnet: „Dann weiß ich immer die Achslast.“ Der Innenraum gefällt ihm ausgezeichnet. Die obere Liege wäre bei mir allerdings Gepäckablage, die Karten kämen in das Fach darunter.“ Er legt er sich auf das untere Bett: „Bei dem großen Zwischenraum zur Seitenwand fällt mein Kopfkissen runter.“ Die Aussparung ermöglicht es dafür, Jacken frei aufzuhängen. Die herausnehmbare Bedienung der Standheizung findet er gut: „Du kommst gut dran und machst sie erst an bevor du aufstehst.“ Zur Schaltung: „Zwölfgang wie beim Volvo, aber alles steht etwas auf dem Kopf ...“ Bei 1500/min schaltet er bergauf hoch: „Gewaltig, wie der sich bei niedriger Drehzahl fängt. Und er läuft sehr ruhig. Da rumpelt meiner wesentlich mehr. Der hat aber auch nur 420 PS.“ Er will wissen, wie hoch man den V8 im Normalfall dreht. Die Antwort: Bis 1500 Umdrehungen und am Berg etwas höher. Holger: „Bei einem Motor mit solchen enormen Kraftreserven fährst du wahrscheinlich immer ruhig und entspannt und regst dich nicht auf.“ Sind derart starke Motoren sinnvoll? Holger: „Für Leute, die immer schwere Gewichte fahren und von der Stelle kommen wollen, bestimmt. Und für Schwertransporte als 6x4 natürlich.“ Er verabschiedet sich mit den Worten: „Das Auto hat mir insgesamt gut gefallen, der Motor und das Getriebe ganz besonders. Auch die Ausstattung ist top.“ G. Fronemann 43