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Zitierhinweis Kuchler, Christian: Rezension über: Christoph Kühberger (Hg.), Geschichte denken. Zum Umgang mit Geschichte und Vergangenheit von Schüler/innen der Sekundarstufe I am Beispiel „Spielfilm“. Empirische Befunde – Diagnostische Tools – Methodische Hinweise, Innsbruck: StudienVerlag, 2013, in: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik, 13 (2014), S. 171-173, http://recensio.net/r/405d0c4b797a4f8ebac0f7232354d6e5 First published: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik, 13 (2014) copyright Dieser Beitrag kann vom Nutzer zu eigenen nicht-kommerziellen Zwecken heruntergeladen und/oder ausgedruckt werden. Darüber hinaus gehende Nutzungen sind ohne weitere Genehmigung der Rechteinhaber nur im Rahmen der gesetzlichen Schrankenbestimmungen (§§ 44a-63a UrhG) zulässig. Buchbesprechungen tiane Bertram, Wolfgang Wagner und Ulrich Trautwein von der Entwicklung eines Messinstruments zur Erfassung historischer Methodenkompetenzen, das an mehr als 300 Schülerinnen und Schülern und an 360 Studierenden getestet wurde. Im Vergleich zu vielen anderen geschichtsdidaktischen Studien ungewöhnlich ist schließlich das Vorgehen von Manuela Gläser, Bärbel Garsoffky und Stefan Schwan zu bezeichnen, die in einer Laborstudie historisches Denken anhand von Lautem Denken bei der Betrachtung einer 3DSimulation eines Renaissance-Schlosses zu erfassen suchen. Grundsätzlicher Art sind die Überlegungen von Hermann J. Forneck zur »empirischen Evidenz« mit den Bezügen zur fachdidaktischen Forschung. Damit trägt dieser Band auch zur Methodenreflexion bei. Drittens leisten mehrere Aufsätze einen Beitrag zur Internationalisierung. Maria Grever und Pieter de Bruijn berichten über Forschungen zum Konzept der »Heritage-Education« das sich in einigen Ländern Europas, nicht so sehr aber in Deutschland, wachsender Beliebtheit erfreut, aber in einem deutlichen Spannungsverhältnis zum Konzept des »reflektierten Geschichtsbewusstseins« steht. Eine Debatte darum sollte m. E. deutlicher geführt werden. Deutlich wird diese Differenz in beiden Beiträgen, wobei Grever das Verhältnis von Nähe und Distanz (man könnte auch sagen: von Identifikation und Reflexion) im Konzept der Heritage Education und de Bruijn die Konsequenzen, die sich bei der Gestaltung eines Museums mit diesem Konzept ergeben, thematisieren. Insgesamt verdeutlicht der Band die erfrischende Breite oder – prob- 171 lematisierend – die Heterogenität der geschichtsdidaktisch-empirischen Forschung. So sehr auch eine breite Forschung notwendig ist, um die unterschiedlichen Felder der geschichtsdidaktischen Matrix abzubilden, so problematisch erscheint dann aber die »Disparität der Befunde« (Hasberg), die allerdings nicht den Herausgebern angelastet werden darf. Diese Diversität mag die Notwendigkeit einer Vernetzung von empirisch gewonnenen Ergebnissen verdeutlichen. Dazu gehören nicht nur Replikationsstudien, sondern auch eine stärkere Rückbindung der empirischen Ergebnisse in die theoretischen Überlegungen zum Geschichtsbewusstsein und zum historischen Lernen. Die von den Herausgebern benannten Herausforderungen bleiben der empirisch arbeitenden Geschichtsdidaktik also erhalten. Johannes Meyer-Hamme (Hamburg) Christoph Kühberger (Hrsg.): Geschichte denken. Zum Umgang mit Geschichte und Vergangenheit von Schüler/innen der Sekundarstufe I am Beispiel »Spielfilm«. Empirische Befunde – Diagnostische Tools – Methodische Hinweise (Österreichische Beiträge zur Geschichtsdidaktik. Geschichte – Sozialkunde – Politische Bildung, Bd. 7). Innsbruck/ Wien/Bozen 2013 (StudienVerlag), 232 Seiten, € 21,90. Innerhalb der deutschsprachigen Geschichtsdidaktik gehört der Salzburger Christoph Kühberger zu den produktivsten Autoren. In seinem neuesten Sammelband greift er nicht nur eine seiner (offenkundig) persönlichen Leidenschaften auf, sondern er wendet © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2014, ISSN (print): 1610–5982, ISSN (online): 2196–8292 172 sich einem im Fach vielfältig diskutierten Feld zu: Spielfilmen mit historischen Inhalten. Diese Themensetzung erschließt sich dem Leser allerdings erst im Untertitel der Studie. Der Haupttitel »Geschichte denken« ließe auch ganz andere inhaltliche Erwartungen zu. Die Untersuchung zum Umgang mit Geschichte und Vergangenheit, den Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I am Beispiel von Spielfilmen praktizieren, ist das Ergebnis eines gleichnamigen Forschungsprojekts, das aus Mitteln des österreichischen Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur finanziert werden konnte. Neben Kühbergers eigener Universität, der Pädagogischen Hochschule Salzburg, haben Kolleginnen und Kollegen der Universität Salzburg, der Zentralen Arbeitsstelle für Geschichtsdidaktik und Politische Bildung Salzburg sowie der Pädagogischen Hochschulen Wien und Graz mitgewirkt. Diese Kooperation spiegelt sich auch in der Auswahl der Beiträger zur vorliegenden Schrift, die dezidiert einen Blick auf die Situation in Österreich wirft und dabei immer wieder produktiv den Vergleich zur Situation im Ausland, vor allem der Bundesrepublik, sucht. Den Auftakt des Sammelbandes steuert Heinrich Ammerer bei. Komprimiert legt er einen fundierten Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum Thema Film vor. Kundig und fächerübergreifend stellt er dar, welche Forschungsansätze aktuell zu Jugend und Film, Geschichte und Film bzw. Medienrezeption und Film bedeutsam sind. Daran knüpft der Herausgeber an, indem er das Projekt in die Diskussionen der Geschichtsdidaktik einordnet. Vorrangig orientiert er sich Buchbesprechungen dabei an den De-Konstruktionsüberlegungen der FUER-Gruppe. Medienpolitisches Anliegen ist es ihm, herauszuarbeiten, dass fiktive Spielfilme auch durch den massiven Wandel, den die Medienangebote derzeit erleben, nicht grundsätzlich an Attraktivität verlieren, sondern vielmehr weiterhin für das Geschichtsbewusstsein Jugendlicher bedeutsam bleiben. Allerdings vermag auch Kühberger nicht abschließend zu beurteilen, welche Rolle heute Spielfilme mit historischen Inhalten tatsächlich in der Lebenswelt von Schülerinnen und Schülern im Allgemeinen und deren Kinobesuch im Besonderen spielen (S. 23 f.). Der empirische Teil der Studie beruht auf der Befragung von 260 Jugendlichen der Sekundarstufe I, die im Geschichtsunterricht die »Entdeckung« Amerikas noch nicht erarbeitet hatten. Die zumeist 13 Jahre alten Schülerinnen und Schüler sahen zweimal einen knapp siebenminütigen Ausschnitt aus Ridley Scotts im Jahr 1992 produzierten Leinwandepos »1492 – Die Eroberung des Paradieses«. Anschließend sollten sie in eigenen Texten diskutieren, ob das Gesehene dem tatsächlich Geschehenen entspreche. Unter den empirischen Befunden ragt ein Ergebnis besonders hervor: Die quantitative Analyse ergab, dass Schülerinnen und Schüler mit besonders hohem Fernsehkonsum, also mehr als zwei bzw. sogar vier Stunden täglich, die kritischeren Konsumenten von kommerziellen Kinonarrationen mit historischen Inhalten sind (S. 57). Sie glauben weniger oft, dass der ausgewählte Ausschnitt aus dem Kinofilm »1492« tatsächlich eine in dieser Form geschehene Vergangenheit abbildet. Interessant ist zudem der © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2014, ISSN (print): 1610–5982, ISSN (online): 2196–8292 Buchbesprechungen Befund, wonach es keine geschlechterspezifischen Unterschiede in der kritischen Filmwahrnehmung derjenigen Jugendlichen gibt, die wenig bzw. viel Medienkonsum pflegen. Der Sammelband wird abgerundet von konkreten Vorschlägen, die die Einbindung von Spielfilmen in den Alltag des Geschichtsunterrichts am Beispiel von »1492« vorstellen. Die thematische Engführung auf den inzwischen fast zwei Jahrzehnte alten Film ist zugleich eine Schwäche des gesamten Projekts. Es operiert vor allem mit einem betagten Film, der nicht mehr zur Medienrezeption von Jugendlichen des 21. Jahrhunderts gehören dürfte. Es gilt daher zu fragen, ob nicht eine modernere und damit heutigen Schülerinnen und Schülern vertrautere Filmsprache zu anderen Ergebnissen geführt hätte. Gegenüber der bei der Erhebung zurecht in den Mittelpunkt gerückten Schülerorientierung fällt diese Konstellation jedenfalls eindeutig ab. Ausschlaggebend für die Wahl des Films waren offenbar seine Eignung aus wissenschaftlicher Sicht und der Umstand, dass mit der Sequenz schon vielfach im Unterricht gearbeitet worden war. Doch trotz dieser kritischen Anmerkungen liegt mit dem Band eine weitere wichtige Untersuchung vor, die sich des Filmrezeptionsverhaltens von Jugendlichen annimmt. Anregungen und Hinweise für einen kompetenzorientierten Unterricht können aus dem Werk vielfältig entnommen werden, so dass es sicher, so ist zu hoffen, weitere Forschungen zum Verhältnis zwischen Jugendlichen, Geschichte und Film anregen dürfte. Christian Kuchler, Aachen 173 Bärbel Kuhn/Astrid Windus (Hrsg.): Umwelt und Klima im Geschichtsunterricht. (Historica et Didactica. Fortbildung Geschichte, Bd. 4). St. Ingbert 2013 (Röhrig Universitätsverlag), 154 Seiten, € 19,80. Um es kurz zu sagen: Dieser Band ist instruktiv und lohnend für die fachliche Lehrerfortbildung, er ist für den praktischen Unterricht aber eher ein »Steinbruch«, also noch eine didaktische Herausforderung. Die unterrichtspraktischen Teile hätten teilweise noch einen gewissen Feinschliff vertragen. Einleitend umreißen die Herausgeberinnen die didaktische Bedeutung des Themas. Im ersten Teil befassen sich fünf Historikerinnen und Historiker in instruktiver Weise mit den Themen Nilschwemme und Elefantenjagd in der herrscherlichen Selbstdarstellung im antiken Ägypten, mit der Klimageschichte und der indirekt damit verbundenen Hexenverfolgung, mit dem Klima und der damit verknüpften kolonialistischen Perspektive, mit Aspekten der städtischen Umweltgeschichte und schließlich mit modernen atomaren Machbarkeitsphantasien am Beispiel der Atomkraft. Die Autorinnen und Autoren präsentieren dazu anregende und durchaus aufschlussreiche Materialien, die allerdings für konkrete Unterrichtszwecke noch nicht aufbereitet sind. Ihnen fehlt noch die unabdingbare Problemorientierung sowie die didaktische Elementarisierung, also die Auseinandersetzung mit der Frage, warum diese Themen im Unterricht behandelt werden sollten, was den Kern des Problems ausmacht und mit welchen anderen Themen sie verzahnt werden könnten. © Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen, 2014, ISSN (print): 1610–5982, ISSN (online): 2196–8292