Motorrad 08-09 - Spezialartikel - Bass Solo

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Motorrad 08-09 - Spezialartikel - Bass Solo
Moto Crosser im Straßenanzug: Der EinzylinderViertakter aus der Honda CRF 250 R ist
mit knapp 50 PS noch nicht konkurrenzfähig
S P O R T R E P O R T
Moriwaki MD 250 H: Neuer Viertakt-Renner
Moriwaki etliche Teile aus dem Honda-Regal, Gabel, Hinterradfederung,
Räder und Bremsen zum Beispiel. Der
Aluminium-Brückenrahmen, Hinterradschwinge, Auspuf, Fußrastenanlage und Verkleidungsteile stammen dagegen von Moriwaki selbst.
Das größte Hindernis in Sachen
Konkurrenzfähigkeit jedoch ist der
Originalmotor der 13 000 Euro teuren
MD 250 H. Der stammt aus der Hon
Honda-Enduro CRF 250 X. „Mit angege-
benen 38 PS viel zu schwach“,
sagt Peter Schmitter, „die besten
125er-Zweitakter in der IDM
haben sicher 52 PS.“ Deshalb ist
er auf das Triebwerk des Crossers
CRF 250 R umgestiegen, das
zumindest 42 PS leistet. „Aber
da haben wir nur ein Fünfganggetriebe.“ Ein weiterer Schwachpunkt ist die Motorsteuerung, an
deren begrenzter Höchstdrehzahl von 13 000/min auch
ein Tüftler wie Schmitter bisher nicht vorbei kommt.
Er ist sicher, dass der Motor mehr vertragen und
dann auch mehr Leistung liefern würde.
Tuningmaßnahmen sind allerdings nicht
mehr geplant, weil Honda, wie auch Suzuki
und Yamaha bereits die nächste
Generation ihrer 250er-Cross-Einzylinder vorgestellt haben, allesamt
mit Einspritzung und ab September
lieferbar. „Dann lohnt es sich, eigene
Motorsteuerungsprogramme zu
BASSSOLO
Unerhörte Töne: Ins kreischende Sopran-Konzert der 125er-Zweitakter mischen sich
h bei den
Rennen zur Achtelliter-IDM seit Anfang der Saison sonore Bassklänge. Die steuert der
15-jährige Schweizer Dominic Schmitter (52) mit seiner Moriwaki MD 250 H bei. Noch
ch ist er
als Viertakt-Fahrer ein Einzelkämpfer. Von Andreas Schulz; Fotos: Jörg Wiessmann
D
ie Situation war wie
geschafen, um den
Begrif „Kinderkrankheiten“ zu illustrieren, der so gern bemüht wird,
wenn neue technische Errungenschaften unerwartete Macken zeigen. Schauplatz Sachsenring Mitte
Juni 2009, vierter Termin zur Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft IDM. Das Rennen der
125er-Klasse war nach einem Sturz
in der siebenten Runde abgebrochen
worden, die Fahrer auf dem Weg zu
ihren Positionen für den Neustart.
Nur einer nicht – Dominic Schmitter.
Der 15-jährige Schweizer wartete
verzweifelt darauf, dass es seinem
Mechaniker Jon Mathieu gelingen
möge, den abgestorbenen Motor
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seiner Maschine per Kickstarter wieder zum Leben zu
erwecken. Doch der streikte beharrlich.
„Um einen bereits heißen Einzylinder-Viertakter
ankicken zu können, muss man das Klicken des AutoDekompressors hören“, erklärte Dominics Vater und
Teamchef Peter das Problem, „aber das ist praktisch
unmöglich, wenn direkt daneben drei Dutzend 125erZweitakter warmlaufen.“ Peter Schmitter ist die treibende Kraft hinter dem Projekt, mit einem der in diesem
Jahr erstmals zugelassenen 250er-Einzylinder-Viertakter
in der IDM gegen die Zweitakt-125er anzutreten. Ein
echtes Probejahr, in dem weder vom Motorrad noch
vom Sohnemann Heldentaten erwartet werden. Obwohl auch Jung-Dominic dies weiß, hat ihn der Ausfall
ziemlich geärgert: „Der Sachsenring mit seinen engen
Kurven liegt mir sehr, außerdem hatte ich mich in
den sechseinhalb Runden bis zum Abbruch schon von
Startplatz 43 bis auf Platz 35 vorgearbeitet.“
Peter Schmitter setzt das Ereignis
auf die Liste noch zu
u lösender Probleme. Die sind hauptsächlich
uptsächlich in der
Hardware begründet.
et. Denn das
Basismotorrad, die beim japanischen
Tuner und Fahrwerksspezialisten
ksspezialisten
Moriwaki hergestellte
lte MD 250 H,
taugt zwar gut für Markenpokale, wie
es sie zu Hause in Japan
apan und inzwischen auch in Italien,
n, den USA und
Australien gibt. Im Vergleich mit
professionell präparierten
rierten 125erZweitaktern wie zum
m Beispiel der
Honda RS 125 R dess alten und neuen
Deutschen Meisterss Marcel Schrötter
ist der kleine ViertaktktSingle jedoch noch
chancenlos. Dabei
verwendet auch
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85 Kilogramm Mindestgewicht für den Viertakter:
Die 125er-Zweitakter müssen in der IDM mit Fahrer 136
Kilo schwer sein, beim Viertakter zählt nur das Motorrad
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SPORT
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10.08.2009 14:52:45 Uhr
Moriwaki MD 250 H
Tuner Michael
Schäfer: großes
Viertakt-Interesse er wartet
M OTO R
FA H R W E R K
Wassergekühlter Einzylinder-Viertaktmotor,
obenliegende, kettengetriebene Nockenwelle, vier Ventile, Nass-Sumpfschmierung,
Keihin-Flachschieber-Vergaser, Ø 40 mm,
mechanisch betätigte Mehrscheiben-ÖlbadAntihoppingkupplung, Fünfganggetriebe.
Sekundärübersetzung
Bohrung x Hub
Hubraum
Peter und Dominic Schmitter:
akustisches Alleinstellungsmerkmal in der IDM 125
36:17
78 x 52,2 mm
249,4 cm³
Nennleistung am Hinterrad
30,8 kW (42 PS) bei 13000/min
Brückenrahmen aus Aluminium, HondaRS-125-R-Upside-Down-Gabel vorn, HondaRS-125-R-Zentralfederbein hinten, Scheibenbremse vorn, Ø 296 mm, Scheibenbremse hinten, Ø 186 mm.
Aluminium-Gussräder 2.50 x 17; 3.50 x 17
Reifen
95/70 R 17; 115/70 R 17
M AßE + G E W I C H T E
Radstand 1230 mm, Lenkkopfwinkel 65,5 Grad,
Nachlauf 122 mm, Bodenfreiheit 120 mm,
Gewicht rennfertig 85 kg, Tankinhalt 7,0 Liter.
PREIS
13 000 Euro
Gut gemischt: Rahmen, Schwinge, Auspuff
und Fußrastenanlage von Moriwaki; Gabel,
Federbein und Räder von der Honda RS 125 R
Moriwaki MD 250 H
entwickeln“, so Schmitter. Bis zu 60
PS will er so mobilisieren und damit
auch potenzielle Kunden für 2010
interessieren. Der Vertrieb der Moriwaki-Renner, ob mit Honda- oder
Suzuki-Motor, könnte über seine
Firma PCP Sport Promotion GmbH
(www.pcp-promotion.ch) laufen.
Allerdings wird er Konkurrenz bekommen. Seit der
deutsche Motorrad-Grand-Prix-Altstar Ralf Waldmann
anlässlich des Sachsenring-GP Mitte Juli einen 250erViertakter mit selbst entwickeltem Fahrwerk und KTMMotor auf der Strecke vorstellte, ist die Aufmerksamkeit
für die Baby-Viertakter weiter gestiegen. 2010 will Waldmann, neuerdings Mitbesitzer der sächsischen Motorradschmiede MZ, unter dem Traditionsnamen MZ RE
250 einen Production-Racer
anbieten, und zwar zwischen
20 000 und 25 000 Euro. Beim
IDM-Finale in Hockenheim am
13. September möchte Waldi
mit dem kleinen Viertakter das
125er-Rennens mitfahren.
Zu diesem Termin will auch
Motorenspezialist Michael
Schäfer aus Saarlouis (www.
schaefer-motorsport.de)
einen Viertakt-Piloten ins
Rennen schicken, wohl auch
mit einem Waldmann-Chas-
sis und KTM-Power, allerdings aus der
eigenen Tuning-Manufaktur.
Schäfer und Waldmann rechnen
mit großem Interesse, schon weil
die Einsteigerklasse in die nationale
Meisterschaft mit der neuen Technik
billiger wird. „Ein Zweitakter braucht
alle 200 Kilometer einen neuen Kolben und alle 1500 eine neue Kurbelwelle – beim Viertakter kalkulieren
wir mit Wartungsintervallen von
3500 Kilometern“, rechnet Waldmann
vor. Eine Europameisterschaft ist
angekündigt, und auch in der WM
werden die 125er-Zweitakter mittelfristig einer „Moto3“-Viertaktklasse
weichen müssen. Die 250er-Single
sind dabei ein Erfolg versprechendes
Denkmodell. Die Tonlage in den
Youngster-Racing-Klassen wird also
um eine gute Oktave absinken.
Dominic Schmitter in Aktion: Heldentaten werden
dieses Jahr noch nicht erwartet
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