Stadt-Umland-Studie Rheinland-Pfalz

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Stadt-Umland-Studie Rheinland-Pfalz
Stadt-Umland-Studie
Rheinland-Pfalz
2012
Bericht Hamburg Mai 2012
Stadt-Umland-Studie
Rheinland-Pfalz
2012
Bericht Hamburg Mai 2012
GEWOS
Institut für Stadt-, Regionalund Wohnforschung GmbH
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Sitz der Gesellschaft:
Hamburg
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Hamburg, HRB 12 536
-I-
Inhaltsverzeichnis
Management Summary
I 1 1 Hintergrund und methodisches Vorgehen
2 Bevölkerungsentwicklung, Wanderungen und
Pendelverflechtungen in den Zentren und ihrem Umland
3 2.1 Einzugsbereiche
3 2.2 Bevölkerungsentwicklung
5 2.3 Wanderungsbewegungen
8 2.4 Pendelverflechtungen
10 2.5 Zukünftige Entwicklungen
12 3 Die Wohnungsmärkte im Spannungsfeld von Zentrum und
Umland
14 3.1 Bautätigkeit
14 3.2 Entwicklung der Kauffälle und Immobilienpreise
15 4 Fazit und Schlussfolgerungen für die
wohnungswirtschaftliche Praxis
17 4.1 Entwicklungslinien
17 4.2 Schlussfolgerungen für die Wohnungswirtschaft
19 4.3 Handlungsansätze
20 4.4 Fazit
21 -I-
Management Summary
Wechselwirkungen
Zentren - Umland
Ziel der Studie ist es, die Wechselwirkungen zwischen
ausgewählten Zentren in Rheinland-Pfalz und ihrem
ländlichen Einzugsbereich zu ermitteln und Perspektiven
der zukünftigen Entwicklung aufzuzeigen. Diese Zentren
sind
Zentren
die Großstädte
sowie die Städte
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
ƒ
Mainz
Koblenz
Kaiserslautern
Ludwigshafen
Trier
Speyer
Pirmasens
Neuwied
Bad Kreuznach
Idar-Oberstein
Demografischer
Wandel seit Jahren
spürbar
Die Bevölkerungsentwicklung seit dem Jahr 2000 zeigt,
dass die untersuchten Regionen bereits seit längerem
dem demografischen Wandel unterliegen. Bis auf Mainz,
Ludwigshafen, Speyer und Trier sind alle Zentren und
Umlandgemeinden von Einwohnerrückgängen betroffen.
Stärkere Alterung
der Bevölkerung im
Umland
Die Umlandgemeinden sind stärker von der Alterung der
Bevölkerung geprägt als die Zentren. So ging die Zahl
der Kinder und Jugendlichen in den Zentren seit 2000
um ca. 10 % zurück, in den Umlandgemeinden jedoch
um rund 14 %. Insbesondere die Universitätsstädte profitieren von ihrer Attraktivität für jüngere Menschen, was
sich in positiven Wanderungsbilanzen niederschlägt.
Mythos
Reurbanisierung
Die Reurbanisierung, die Rückkehr meist älterer Menschen aus dem Umland in die Städte, ist ein Mythos, der
sich bislang nicht durch Wanderungszahlen belegen
lässt. So weisen Mainz, Ludwigshafen und Trier Wanderungsverluste an Personen über 64 Jahre auf. In den
meisten übrigen untersuchten Städten liegen die Zuwanderungsgewinne in dieser Altersgruppe unter 30
Personen im Jahr 2010. Lediglich Koblenz hat einen
Zuwanderungsüberschuss von ca. 60 Personen in dieser Altersgruppe zu verzeichnen - eine im Verhältnis zur
Einwohnerzahl von rund 106.000 geringe Anzahl.
- II -
Auch in absehbarer Zeit ist keine Rückwanderungswelle
in die Städte zu erwarten.
Trends verschärfen
sich
Die Einwohnerprognose bis 2025 zeigt, dass sich die
bereits erkennbaren Trends regional verschärfen. Die
strukturschwachen Zentren Pirmasens und IdarOberstein sowie ihr Umland verlieren erheblich an Einwohnern. Hier werden Stadtumbaumaßnahmen und ggf.
Rückbaumaßnahmen erforderlich sein.
Zentren meist stabil
In den übrigen Zentren sind eher moderate Rückgänge
der Einwohnerzahlen zu erwarten, die durch die Zunahme kleinerer Haushalte kompensiert werden können.
Lediglich Neuwied hat mit Einwohnerrückgängen von
acht Prozent eine etwas schlechtere Perspektive.
Umland koppelt sich Die Umlandgemeinden werden zukünftig erheblich stärab
ker von Einwohnerverlusten betroffen sein als die Städte. Diese profitieren von ihrer Infrastruktur und den sich
verändernden Lebensstilen, die das städtische Leben
wieder stärker präferieren. Die Entwicklung von Stadt
und Umland koppelt sich in den meisten Regionen ab.
So verliert die Stadt Kaiserslautern bis 2025 ca. 2 % der
Einwohner, das Umland jedoch 11 %. Nur in Pirmasens
(- 14 %) und Idar-Oberstein (- 15 %) verlieren Stadt und
Umland gleichermaßen. Mainz strahlt auf Grund seiner
Wirtschaftskraft auf das Umland ab und kann dieses
noch stabilisieren. Die Stadt Mainz gewinnt rund 1 % an
Einwohnern, das Umland verliert moderat mit
-3 %.
Temporärer Immobi- Seit 2010 lagen die Verkaufszahlen für Wohneigentum
lienboom
rund 30 % über denen von 2007. Dieser Trend ist
Deutschlandweit zu beobachten und betrifft auch in den
hier untersuchten Regionen nahezu alle Zentren und
Umlandgemeinden. GEWOS geht davon aus dass es
sich hierbei um einen temporären Effekt in Folge der
Finanzkrise und des niedrigen Zinsniveaus handelt, der
langfristig keinen Bestand haben wird. Die Kaufpreise
sind jedoch lediglich in den prosperierenden Regionen
entlang des Rheins und in Trier gestiegen. In den übrigen Bereichen stagnieren sie oder sind rückläufig. In
ländlichen Gebieten kommen verstärkt Bestandsimmobi-
- III -
lien auf den Markt, die das Preisniveau drücken.
Steigende Anforderungen an die Wohnungswirtschaft …
Die sich verschärfenden wirtschaftlichen Disparitäten
bringen steigende Anforderungen an die Wohnungswirtschaft mit sich. Die wirtschaftlich starken Zentren gewinnen an Attraktivität mit der Konsequenz einer steigenden
und sehr differenzierten Wohnungsnachfrage. Die strukturschwachen Regionen und das Umland der Zentren
verlieren den Wettbewerb um die Bevölkerung und stehen vor deutlichen strukturellen Umbrüchen.
... aber auch an die
Wohnungspolitik
Auch aus wohnungspolitischer Sicht bringen die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen der Wohnungsmärkte in Rheinland-Pfalz Herausforderungen mit sich. Der
demografische Wandel zwingt zu Bestandsanpassungen, um Wohnungen generationengerecht herzurichten
und den Bewohnern das gewünschte lebenslange Wohnen in der eigenen Wohnung zu ermöglichen. Darüber
hinaus müssen im Neubau und im Bestand die durch die
Klimaschutzziele der Bundesregierung induzierten gesetzlich vorgeschriebenen energetischen Standards eingehalten bzw. erreicht werden.
Unterstützung
durch öffentliche
Förderung
Um diesen Herausforderungen begegnen zu können,
benötigen die Eigentümer Unterstützung durch eine
ausgeweitete öffentliche Förderung. Hierbei muss die Art
der Förderung im Flächenland Rheinland-Pfalz flexibel
die bereits aktuell deutlichen regionalen Disparitäten
berücksichtigen. Es empfiehlt sich eine flexible Förderkulisse, die eine regional differenzierte Förderung von
Abriss und Ersatzneubau zulässt.
-1-
1
Hintergrund und methodisches Vorgehen
Zentren und ländliches Umland
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, das Verhältnis und die gegenseitigen Wechselwirkungen der rheinland-pfälzischen Zentren mit ihrem jeweiligen ländlichen
Umland insbesondere im Hinblick auf Re- und Suburbanisierungsprozesse zu beleuchten und Rückschlüsse auf
zukünftige Entwicklungen abzuleiten. Auf dieser Grundlage sollen Empfehlungen für die perspektivische Ausrichtung der Wohnungsunternehmen in unterschiedlich
gearteten Märkten im Stadt-Umland-Kontext entwickelt
werden.
Einbezogene
Zentren
Vor diesem Hintergrund wurden in die Untersuchung die
fünf größten Städte in Rheinland-Pfalz
•
•
•
Mainz
Koblenz
Kaiserslautern
sowie fünf weitere Zentren
• Neuwied
• Bad Kreuznach
• Idar-Oberstein
•
•
Ludwigshafen
Trier
•
•
Speyer
Pirmasens und
einbezogen, die sich hinsichtlich ihrer Bevölkerungsentwicklung, ihrer Größe und ihrer regionalen Bedeutung
als Wirtschaftszentrum und Arbeitsort deutlich unterscheiden und somit ein Spektrum unterschiedlicher
Stadt-Umland-Regionen umfassen.
Gebietsabgrenzungen
Die Abgrenzung der jeweiligen Umlandgebiete basiert
auf dem Grad der Pendlerverflechtung und dem Ausmaß
der Wanderungen aus der Stadt in das jeweilige Umland. Eine Gemeinde wird zum jeweiligen Umland des
Zentrums gezählt, wenn mindestens 15 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Gemeinde in das
Zentrum zur Arbeit pendeln (Stand 30.06.2011). Ergänzend wurden alle Gemeinden zum Umland gezählt, die
pro Jahr eine Zuwanderung von mindestens 2 pro 1.000
Einwohnern aus dem jeweiligen Zentrum verzeichnen
können.
-2-
Rheingrenze
Für die Städte Mainz, Ludwigshafen und Speyer bildet
der Rhein eine natürliche Grenze, die sich sowohl auf
die Pendelverflechtungen, als auch auf die Wanderungsbewegungen auswirkt. Die Pendelverflechtungen
mit den rechtsrheinischen Städten und Gemeinden sind
deutlich geringer als mit linksrheinischen. Sie liegen
deutlich unter 15 %. Auch die Wanderungsbewegungen
sind kaum relevant. Dadurch wird deutlich, dass sich die
suburbanen, ländlichen Umlandbereiche dieser Städte
auf die westliche Rheinseite beschränken.
Datenquellen
Die dargestellten Auswertungen beruhen auf dem aktuellen Datenstand der amtlichen Statistik (Statistisches
Landesamt Rheinland-Pfalz. Die Angaben zur Kaufkraft
in den Zentren und ihrem Umland wurden auf der Basis
von Daten der Gesellschaft für Konsumforschung berechnet. Die Informationen zu Objekt- und Baulandpreisen sowie zur Marktaktivität sind der GEWOS Immobilienmarktanalyse IMA® entnommen, die auf Angaben der
Gutachterausschüsse basiert.
-3-
2
Bevölkerungsentwicklung, Wanderungen und Pendelverflechtungen in den Zentren und ihrem Umland
2.1 Einzugsbereiche
Unterschiedlich
dimensionierte
Einzugsbereiche ...
Die auf der Basis von Pendelverflechtungen und Wanderungsbewegungen gebildeten Umlandkreise zeigen die
unterschiedlich großen Einzugsbereiche der untersuchten Zentren in Rheinland-Pfalz. Während sich die Umlandkreise von Mainz, Kaiserslautern, Koblenz und Trier
entsprechend der wirtschaftlichen Bedeutung der Städte
weit in die angrenzenden Landkreise erstreckt, sind die
nach gleichen Maßstäben bemessenen Umlandkreise
von Neuwied, Speyer, Pirmasens und Idar-Oberstein
deutlich enger begrenzt.
... abhängig von
wirtschaftlicher
Bedeutung und
Alleinstellungsgrad
Die Größe der Umlandkreise ist neben der wirtschaftlichen Bedeutung des Zentrums auch von ihrer Lage und
ihrem Alleinstellungsstatus abhängig. So hat Bad Kreuznach trotz seiner relativ geringen wirtschaftlichen Bedeutung in Rheinland-Pfalz einen großen Einzugsbereich
über den gesamten Landkreis Bad Kreuznachs, da weder im Landkreis Bad Kreuznach noch im RheinHunsrück-Kreis andere größere Zentren Einwohner und
Arbeitskräfte abziehen. Ebenso verfügt die Stadt Trier in
der dünn besiedelten und strukturschwachen Südwestpfalz über einen sehr großen Einzugsbereich. Die Fläche des Einzugsbereichs sagt entsprechend wenig über
die Einwohnerzahl im Stadtumland aus. Während im
Umland von Koblenz über 400.000 Einwohner, das 3,8fache der Einwohnerzahl Koblenz, leben, wohnen im
Einzugsbereich der etwa gleich großen Stadt Trier nur
knapp 190.000 Einwohner.
-4-
Karte 1 Ausgewählte Zentren und Umlandregionen
-5-
2.2 Bevölkerungsentwicklung
Starke regionale
Unterschiede
Abb. 1
Die gravierenden regionalen Unterschiede hinsichtlich
der Bevölkerungsentwicklung in Rheinland-Pfalz werden
in Abbildung 1 deutlich, die die Bevölkerungsveränderungen im Zeitraum von 2000 bis 2010 ausweist. Eine
besonders positive Entwicklung zeigten die wirtschaftsstarken Universitätsstädte Mainz und Trier (+ 9 % bzw.
+ 6 %), deren Umlandgemeinden ebenfalls von dem
positiven Trend profitieren konnten. Eine stabile Entwicklung wiesen auch Ludwigshafen und Speyer sowie Bad
Kreuznach auf. In Pirmasens und Idar-Oberstein schlug
sich die ungünstige wirtschaftliche Lage dagegen in einem elf- bzw. zehnprozentigen Bevölkerungsrückgang
nieder, der in abgeschwächter Form auch im Umland
der jeweiligen Zentren erkennbar ist.
Bevölkerungsentwicklung in den Zentren und
ihren Umlandgemeinden 2000 bis 2010
0%
Bad Kreuznach
Idar-Oberstein
-10%
GEWOS
1%
-7%
-5%
Kaiserslautern
Beratung
Planung
Forschung
-1%
-2%
-1%
Koblenz
0%
Ludwigshafen
1%
Umland
3%
Mainz
Neuwied
-1%
-11%
Speyer
0%
2%
2%
Trier
-15%
Stadt
0%
-4%
Pirmasens
9%
-10%
-5%
0%
6%
5%
10%
© GEWOS
GEWOS
©
Stadt und Umlandgemeinden in einem
Boot
Wie die Karte der Bevölkerungsentwicklung auf Gemeindeebene deutlich zeigt, waren Bevölkerungsgewinne und -verluste in den Gemeinden der Umlandkreise
weniger durch die Nähe zu dem jeweiligen Zentrum, als
-6-
von der wirtschaftlichen Lage der Region insgesamt abhängig.
Karte 2 Bevölkerungsentwicklung 2000 bis 2010
-7-
Zentren und Stadtumlandgemeinden zeigen in der Regel
ähnliche Entwicklungstendenzen. Eine Ausnahme ist die
Stadt Neuwied, die in den vergangenen zehn Jahren
rund 4 % ihrer Einwohner verlor, während die Einwohnerzahlen im Umland weitgehend stabil blieben. Sehr
deutlich profitierten die Umlandgemeinden im unmittelbaren Umland von Mainz (z. B. Nieder-Olm, Essenheim
und Heidesheim) von der positiven Gesamtentwicklung
und dem angespannten Wohnungsmarkt der Stadt.
Altersstrukturelle
Unterschiede
Hinsichtlich der Altersstruktur lässt sich allgemein feststellen, dass die Umlandgemeinden in den letzten Jahren stärkere Einwohnerverluste bei den jüngeren Altersgruppen zu verzeichnen haben, als die Zentren. So verloren die Umlandgemeinden von 2000 bis 2010 rund
14 % der Einwohner unter 18 Jahren, die Zentren lediglich 10 %. So ging beispielsweise im Umland von Pirmasens die Zahl der Kinder und Jugendlichen im Zeitraum
von 2000 bis 2010 um 27 % zurück. Im Vergleich dazu
verlor die Stadt Pirmasens ca. 20 % an Kinder und Jugendlichen.
Umlandgemeinden
verlieren junge Bevölkerungsgruppen
In einer ähnlichen Größenordnung sind Rückgänge in
der typischen „Eigentumsbildungs-Altersgruppe“ der 30
bis 49-Jährigen festzustellen. Die Umlandgemeinden
verloren mit -13% in dieser Altersgruppe stärker als die
Zentren mit -9 %. Dieses Ergebnis widerspricht der weit
verbreiteten Annahme, dass die Bevölkerungsentwicklung in den Umlandgemeinden von Eigentum bildenden
Haushalten im Familienalter aus den Zentren bestimmt
wird. Vielmehr ist in den Umlandgemeinden eine stärkere Alterungstendenz festzustellen als in den Zentren.
Diese Entwicklung ist auch darin begründet, dass geburtenstarke Jahrgänge der 1960er Jahre, die häufig in das
Umland gezogen sind, mittlerweile um die 50 Jahre oder
älter sind. Die Generation ihrer Kinder ist inzwischen
erwachsen, umfasst aber nur noch halb so viele Personen, was sich deutlich auf die Altersstruktur der Bevölkerung und die Nachfrage nach Einfamilienhäusern auswirkt.
-8-
Sondereffekt: Einführung der Zweitwohnsitzsteuer
In der Altersgruppe der 18 bis unter 30-Jährigen verzeichnen vor allem die Hochschulstandorte massive
Gewinne, die jedoch in Mainz (2005), Trier (2007) und
Kaiserslautern (2009) rechnerisch durch die Einführung
einer Zweitwohnsitzsteuer beeinflusst wurden.
2.3 Wanderungsbewegungen
Uneinheitliche
Wanderungsbewegungen
Wie Karte 2 (Wanderungssaldo der Umlandgemeinden)
zeigt, weisen die Wanderungsbilanzen der umliegenden
Gemeinden gegenüber dem Zentrum bei den meisten
untersuchten Städten keine klare Struktur auf. Die Wanderungsbewegungen sind abhängig von der Verfügbarkeit von nachfragegerechtem Wohnraum und Wohnbauflächen im jeweiligen Einzugsbereich.
Suburbanisierung
Betrachtet man die Wanderungsbilanzen 2011 nach
findet weiterhin statt Altersgruppen, wird deutlich, dass die Suburbanisierung
besonders in den Städten Mainz, Trier, Koblenz und
Ludwigshafen andauert, wenn auch in abgeschwächtem
Maße. In den übrigen Zentren sind die Wanderungsverluste moderat. Die negativen Wanderungssalden der
betroffenen Zentren mit den Umlandgemeinden sind in
erster Linie auf die Abwanderung von Familien zurückzuführen. Dies wird deutlich, wenn man die Wanderungssalden der unter 18 Jährigen, als Indikator für Familien und der 30 bis 49 Jährigen, der typischen Eigentumsbildner, betrachtet.
Wanderungsgewinne bei jungen
Erwachsenen
In der Altersgruppe der jungen Erwachsenen von 18 bis
29 Jahren weisen die Zentren Kaiserslautern mit 250
Personen, Mainz (220), Koblenz (200) und Trier (200)
stärkere Wanderungsgewinne mit dem Umland auf. Viele jüngere Menschen ziehen in diese Zentren, um dort
eine Ausbildung, Studium oder Berufstätigkeit aufzunehmen. Zudem bieten die Zentren Haushaltsgründern
ein adäquates Mietwohnungsangebot.
-9-
Abb. 2
Wanderungssalden der Personen
in der Ausbildungsphase 18 – 29 Jahre 2011
Beratung
Planung
Forschung
GEWOS
Personen
Bad Kreuznach
28
Idar-Oberstein
17
Kaiserslautern
252
Koblenz
202
Ludwigshafen
53
Mainz
321
Neuwied
-6
Pirmasens
69
Speyer
-11
198
Trier
‐50
0
50
100
150
200
250
300
350
© GEWOS
GEWOS
©
Reurbanisierungstendenzen nicht
belegbar
Die häufig postulierten Reurbanisierungstendenzen, d.h.
Umzüge von älteren Haushalten zurück in die Zentren,
fallen in Bezug auf die untersuchten Zentren quantitativ
nicht ins Gewicht. So verzeichnete Koblenz 2011 lediglich einen Wanderungsüberschuss von 57 Personen in
der Altersgruppe über 64 Jahre. Ludwigshafen, Mainz
und Trier hatten sogar leichte Wanderungsverluste an
das Umland zu verzeichnen.
- 10 -
Abb. 3
Wanderungssalden der über 64-Jährigen 2011
Beratung
Planung
Forschung
GEWOS
Personen
Bad Kreuznach
21
Idar-Oberstein
16
Kaiserslautern
0
Koblenz
57
Ludwigshafen
-44
Mainz
-36
Neuwied
29
Pirmasens
18
Speyer
16
-7
Trier
‐60
‐40
‐20
0
20
40
60
80
© GEWOS
GEWOS
©
Erfahrungsgemäß sind insbesondere ältere Menschen
stark mit ihrem Wohnort und dem gewohnten sozialen
Umfeld verbunden, so dass ein Wohnortwechsel in der
Regel erst erwogen wird, wenn körperliche Einschränkungen den Verbleib in der Wohnung oder im Eigenheim
unmöglich machen. In strukturschwachen Regionen ist
zudem der Verkauf von Wohneigentum auf Grund sinkender Nachfrage und Preise häufig nicht möglich, so
dass die finanziellen Möglichkeiten fehlen, in die Stadt
zu ziehen.
2.4 Pendelverflechtungen
Von vielen Faktoren
abhängig
Die Pendelverflechtungen der Zentren mit den Umlandgemeinden sind von geografischen Gegebenheiten, den
Verkehrsanbindungen und der Größe sowie wirtschaftlichen Ausstrahlungskraft des jeweiligen Zentrums abhängig. So sind die Einzugsbereiche der kleineren und
wirtschaftlich schwächeren Städte Idar-Oberstein und
Bad Kreuznach wesentlich kleiner als von Trier, Kaiserslautern oder Mainz.
- 11 -
Pendler wohnen
zwischen Ludwigshafen und Speyer
Abb. 4
Die meisten Einpendler, die in Ludwigshafen
oder Speyer arbeiten, wohnen im Gebiet zwischen beiden Städten. Die übrigen Umlandgemeinden spielen als
Wohnstandorte eine untergeordnete Rolle.
Beratung
Planung
Forschung
Bedeutung der Zentren für die Umlandpendler
GEWOS
(Pendler im Umland, die in das Zentrum pendeln)
25%
Bad Kreuznach
32%
Idar-Oberstein
37%
Kaiserslautern
29%
Koblenz
30%
Ludwigshafen
27%
Mainz
Neuwied
16%
36%
Pirmasens
18%
Speyer
47%
Trier
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
50%
© GEWOS
GEWOS
©
Die Bedeutung der Zentren als Arbeitsort für die Bewohner der Umlandgemeinden ist davon abhängig, ob Alternativen im näheren Umfeld vorhanden sind. So fährt
rund die Hälfte aller Pendler, die im Umland von Trier
wohnen, nach Trier zur Arbeit. Für die Pendler im Umland von Speyer oder Neuwied hingegen sind auch andere Arbeitsorte wichtig. Lediglich 18 % der Pendler im
Umland von Speyer arbeiten auch in Speyer, für die
meisten Berufspendler sind Ludwigshafen und Mannheim Arbeitsorte.
- 12 -
2.5 Zukünftige Entwicklungen
Prognosen bis 2025
GEWOS hat auf Basis der Einwohnerdaten des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz Einwohnerprognosen bis 2025 für die ausgewählten Zentren und deren
Umland erstellt. Ausgangsjahr ist 2010. Mögliche Unterschiede zu anderen, insbesondere kommunalen Prognosen erklären sich aus den unterschiedlichen Bevölkerungsständen der kommunalen Melderegister und den
bereinigten Daten des statistischen Landesamtes.
Berücksichtigung
einmaliger Effekte
In der Prognose wurden einmalige statistische Effekte,
die auf der Aussetzung der Wehrpflicht und doppelten
Abiturjahrgängen beruhen, entsprechend berücksichtigt.
Überschneidungen
in den Einzugsbereichen
In einigen Gebieten, beispielsweise zwischen Ludwigshafen und Speyer, Neuwied und Koblenz ergeben sich
Überschneidungen der Einzugsbereiche der benachbarten Zentren. Für diese Bereiche wurden keine gesonderten Prognosen erstellt. Sie sind jeweils in den jeweiligen
Umlandprognosen berücksichtigt und in den Karten
schraffiert dargestellt.
Zugewinne lediglich
in Mainz
Die Prognosen zeigen, dass in den meisten Zentren und
deren Umland die Einwohnerzahlen bis 2025 deutlich
zurückgehen werden. Zugewinne sind lediglich für die
Stadt Mainz (+ 1%) zu erwarten (vgl. Abb. 5).
Koblenz und
Ludwigshafen stabil
Die Einwohnerzahlen der Städte Ludwigshafen und Koblenz bleiben bis 2025 stabil, das Umland dieser Städteverliert jedoch deutlich an Einwohnern.
- 13 -
Abb. 5
Bevölkerungsentwicklung in den Zentren und
ihren Umlandgemeinden 2010 bis 2025
Beratung
Planung
Forschung
GEWOS
-8%
Bad Kreuznach
-1%
-15%
-15%
Idar-Oberstein
-11%
Kaiserslautern
-2%
-7%
Koblenz
0%
-8%
Ludwigshafen
0%
Umland
-3%
Mainz
1%
Stadt
-6%
Neuwied
-8%
-14%
-14%
Pirmasens
-6%
Speyer
-2%
-3%
-2%
Trier
-16%
-14%
-12%
-10%
-8%
-6%
-4%
-2%
0%
2%
© GEWOS
GEWOS
©
Leichte Verluste in
Kaiserslautern und
Trier
Die Städte Kaiserslautern und Trier haben im Prognosezeitraum nur leichte Einwohnerverluste zu erwarten, die
voraussichtlich durch die Zunahme der Haushalte weitgehend kompensiert werden können. Das Umland von
Kaiserslautern wird jedoch deutlich an Einwohnern verlieren (-11 %).
Starke Einwohnerverluste in den
strukturschwachen
Gebieten
Erheblich Einwohnerverluste haben hingegen die strukturschwachen Regionen Idar-Oberstein und Umland
(-15%) sowie der Bereich Pirmasens (-14%) zu erwarten.
Zentren wirken auf
das Umland
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die wirtschaftlich
starken Zentren ihre Einwohnerzahlen stabil halten und
im Falle von Mainz sogar noch erhöhen können. In Kaiserslautern, Koblenz und Ludwigshafen koppeln sich die
Entwicklungen von Stadt und Umland ab. Diese Städte
können ihre Einwohnerzahlen in etwa stabil halten, während das Umland deutlich verliert. In wirtschaftlich
schwachen Regionen wie Idar-Oberstein gibt es keine
- 14 -
stützenden Impulse mehr für das Umland. Stadt und
Umland verlieren deutlich an Einwohnern.
3
Die Wohnungsmärkte im Spannungsfeld von Zentrum und
Umland
3.1 Bautätigkeit
Rein quantitativ betrachtet wurden im Umfeld der wirtschaftlich prosperierenden Zentren entlang des Rheins,
bei Neuwied, Koblenz, Mainz und Ludwigshafen die
meisten Wohnungen errichtet.
Karte 3 Baufertigstellungen 2008-2010
- 15 -
Der Vergleich mit den Wohnstandorten der Pendler
zeigt, dass offenkundig neue Baugebiete auch in anderen Umlandgemeinden erschlossen wurden. In den
strukturschwachen Regionen wie Idar-Oberstein, Bad
Kreuznach und Pirmasens war die Bautätigkeit vergleichsweise gering.
Betrachtet man die Bautätigkeit der Jahre 2008 bis 2010
in Relation zur Einwohnerzahl, zeigt sich die größte Dynamik im Raum Trier. Insbesondere die grenznahen
Gemeinden weisen überproportional hohe Fertigstellungszahlen auf. Hier kommt vermutlich die Nachfrage
aus dem benachbarten Frankreich zum Tragen.
3.2 Entwicklung der Kauffälle und Immobilienpreise
Immobilienmarktanalyse IMA®
Zur Untersuchung der Marktdynamik nutzt GEWOS die
eigene Immobilienmarktanalyse IMA® und hat Grundstücksmarktberichte in den Untersuchungsregionen für
den Zeitraum von 2000 bis 2010 ausgewertet. Diese
Daten stehen auf Ebene der Land- und Stadtkreise zur
Verfügung.
Trend
Die Entwicklung der Kauffälle für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie für Eigentumswohnungen zeigt den Trend
für diese Marktsegmente auf.
Temporärer Immobi- Die Krise auf den Finanzmärkten, die gute Wirtschaftslienboom
konjunktur und das niedrige Zinsniveau haben auch in
Rheinland-Pfalz den Trend zum Immobilienerwerb verstärkt. Nach langjährigem Stillstand steigt seit 2009 die
Zahl der Kauffälle für Ein- und Zweifamilienhäuser und
Eigentumswohnungen deutlich an. Diese Entwicklung
betrifft sowohl die Zentren als auch die umliegenden
Landkreise. GEWOS geht jedoch davon aus, dass es
sich um einen zeitlich begrenzten Effekt handelt, der
sich mittelfristig wieder abschwächen wird.
- 16 -
Steigende Kaufpreise nur in prosperierenden Regionen
Die Kaufpreise für Immobilien sind vorwiegend in wirtschaftlich stabilen Regionen entlang des Rheins und in
Trier deutlich gestiegen. In den Umlandgemeinden der
übrigen Zentren blieben sie auf niedrigerem Niveau
stabil. Dies deutet darauf hin, dass dort mittlerweile eher
Bestandsimmobilien vermarktet werden als Neubauten.
Betrachtet man die Preisrelationen der Zentren zu den
Umlandgemeinden verstärkt sich das Kaufpreisgefälle
weiter.
- 17 -
4
Fazit und Schlussfolgerungen für die wohnungswirtschaftliche
Praxis
4.1 Entwicklungslinien
Städte Gewinner im Der jahrzehntelange Trend, der die Städte zu Verlierern
Wettbewerb mit dem im Wettbewerb mit den Umlandgemeinden machte, ist
Umland
fast überall gebrochen. Von der demografischen Entwicklung mit rückläufigen Einwohnerzahlen und alternder Bevölkerung sind die ländlichen Bereiche, auch im
Umland der Zentren, meist deutlich stärker betroffen.
Eine Ausnahme bilden lediglich die strukturschwachen
Regionen Pirmasens und Idar-Oberstein, in denen Zentren und Umlandgemeinden gleichermaßen an Bevölkerung verlieren. Zudem ändern sich die Lebensstile vieler
potenzieller Nachfrager. Die Städte profitieren dabei von
ihrer besseren Infrastrukturausstattung und können mit
ihrem breiten Angebot vermehrt auch Eigentumsbildner
halten, die früher ins Umland abgewandert wären.
Wanderungen
nehmen ab
Die Wanderungen zwischen den Zentren und ihrem Umland nehmen erheblich ab. Die Umlandgemeinden fungieren nicht mehr wie im bisherigen Umfang als Überlaufbecken für die Wohnungsnachfrage aus den Städten. Eine Rückwanderungswelle aus den Umlandgemeinden in die Städte findet allerdings in absehbarer
Zeit nicht statt.
Mythos Reurbanisie- Reurbanisierer, vorwiegend ältere Menschen, die aus
rer
dem Umland in das jeweilige Zentrum ziehen, sind bislang keine statistisch relevante Größe, sondern eher ein
Mythos von Projektentwicklern. Die aktuellen Zahlen
bestätigen, dass die meisten Bewohner der ländlichen
Bereiche einen Wohnungswechsel in die Stadt nicht
wünschen oder finanzieren können. Eine stärkere Wanderung vom Umland in die Zentren ist allenfalls langfristig zu erwarten, wenn die geburtenstarken Jahrgänge
der 1960er Jahre betreuungsbedürftig werden. Damit ist
jedoch frühestens in dreißig Jahren zu rechnen.
- 18 -
Derzeitiger
Immobilienboom
Die aktuellen Trends auf den Immobilienmärkten zeigen
einen Nachfrageanstieg für Ein - und Zweifamilienhäuser
und für Eigentumswohnungen sowohl in den Städten als
auch im ländlichen Raum. Ausschlaggebend dafür sind
die zurzeit gute wirtschaftliche Lage und das niedrige
Zinsniveau. Ein Anstieg der Kaufpreise ist jedoch nur in
den wirtschaftlich stabilen Regionen entlang des Rheins
und in Trier zu beobachten. In den meisten ländlichen
Bereichen stagnieren die Kaufpreise oder sind rückläufig. Dies ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen,
dass vermehrt Bestandsimmobilien angeboten werden.
GEWOS geht davon aus, dass es sich beim derzeitigen
Immobilienboom um eine temporäre Erscheinung handelt, die langfristig keinen Bestand haben wird.
Für die Wohnungswirtschaft ergeben sich daraus folgende Perspektiven:
Drei Entwicklungslinien
ƒ
Die Nachfrage nach Mietwohnungen geht in nächster
Zeit auch auf Grund des Trends zum Wohneigentum
zurück.
ƒ
In den wirtschaftlich stabilen Regionen bietet sich
zurzeit die Chance, vom Immobilienboom zu profitieren und Wohneigentum anzubieten.
Die Einwohnerprognosen für die Zentren und das jeweilige Umland zeigen unterschiedliche Perspektiven. Hier
sind drei Entwicklungsstränge zu erkennen:
ƒ
Mainz bildet die Ausnahme mit einer leicht steigenden Wohnungsnachfrage. Die Stadt steht für ein
wirtschaftlich starkes Zentrum, das auch das Umland
stabilisiert.
ƒ
In den Städten Bad Kreuznach, Kaiserslautern, Koblenz, Ludwigshafen und Trier bleiben die Einwohnerzahlen weitgehend konstant. Langfristig ist dort von
einer stabilen Nachfragesituation auszugehen. Die
Umlandgemeinden verlieren jedoch an Einwohnern.
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In den strukturschwachen Gebieten in und um IdarOberstein und Pirmasens ist mit einem erheblichen
Rückgang der Wohnungsnachfrage zu rechnen, der
sowohl die Zentren als auch das Umland betrifft.
4.2 Schlussfolgerungen für die Wohnungswirtschaft
Stabile Zentren
In den meisten untersuchten Zentren bleibt die Wohnungsnachfrage stabil. Leichte Bevölkerungsrückgänge
können durch den Zuwachs an Haushalten kompensiert
werden. In den Städten Idar-Oberstein, Pirmasens und
Neuwied setzt sich jedoch der negative Trend fort.
Potenzial:
junge Mieter
Die Analyse der Stadt-/Umlandwanderungen zeigt, dass
ein wichtiges Potenzial für die Wohnungswirtschaft mit
Beständen in den Zentren bei den Haushaltsgründern
der 18- bis 24- Jährigen und 25- bis 30 Jährigen zu finden ist. Hiervon profitieren vor allem die größeren Zentren, die entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten anbieten. Die größten Wanderungsgewinne aus dem Umland weisen die Städte Mainz, Trier, Kaiserslautern und
Koblenz auf. Zusammen mit den Zuwanderern aus anderen Regionen stellen diese Altersgruppen eine große
Nachfragegruppe für die Wohnungswirtschaft dar.
Angebote für Familien mit mittleren
Einkommen
Trotz rückläufiger Tendenz wandern immer noch Familien mit mittleren und höheren Einkommen ins Umland
ab, weil sie in den Zentren kein adäquates Wohnungsangebot finden. Dies ist insbesondere in Koblenz, Mainz,
Ludwigshafen und Trier zu beobachten. Hierfür ist in
erster Linie das Preisgefälle ursächlich. Die lokale Wohnungswirtschaft könnte ihr Angebot entsprechend diversifizieren, Reihenhäuser zur Miete anbieten und kleinteilige Bestände in familiengerechter Lage entsprechend
anpassen.
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Geschosswohnungsbau im
Umland unter Druck
Die Umlandgemeinden haben einen deutlichen Einwohnerrückgang zu erwarten, der sich auch auf die Wohnungsnachfrage auswirkt. Davon sind sowohl der Geschosswohnungsbau als auch das Einfamilienhaussegment betroffen. Der Geschosswohnungsbau ist im Umland bei sinkender Nachfrage stärker dem Wettbewerb
mit zentraler gelegenen Beständen ausgesetzt.
Ältere Mieterschaft
Die Wohnungsbestände im Umland sind zukünftig stärker von Alterung betroffen als die Bestände in den Zentren. Zukünftig wird es schwerer, jüngere Mieter zu finden, die bereit sind, ins Umland zu ziehen bzw. dort
wohnen zu bleiben. Die betroffenen Wohnungsunternehmen müssen sich andererseits aber auch durch attraktivere Wohnungsangebote auf eine ältere Mieterschaft einstellen bzw. dem Trend entgegenwirken.
4.3 Handlungsansätze
Neubau in stabilen
Zentren
In Mainz und in den Städten mit lediglich moderatem
Einwohnerrückgang bietet sich für die Wohnungswirtschaft die Chance, ihr Angebot durch zielgruppenorientierten Neubau zu erweitern. Dies betrifft insbesondere
das Marktsegment für Betreutes Wohnen und in Universitätsstädten ein Wohnungsangebot für Studierende.
Gleichzeitig muss jedoch auch der Bestand qualifiziert
werden, um den Nachfrageansprüchen hinsichtlich
energetischer Anforderungen und zeitgemäßem Komfort
gerecht zu werden. Im Vergleich zu anderen Regionen
in Deutschland sind Nachholbedarfe bei der Modernisierung erkennbar.
Strukturschwache
Regionen
In Pirmasens und Idar-Oberstein muss gegebenenfalls
der Rückbau von nicht mehr modernisierungsfähigen
Beständen erfolgen, um gravierende Folgen für die lokalen Wohnungsmärkte zu vermeiden und die Stabilität der
Wohnquartiere zu wahren. Hier sind Stadtumbauprogramme erforderlich, wie sie bereits in anderen strukturschwachen Gebieten umgesetzt werden. Unabdingbar
bleibt es, den erhaltungswerten Bestand zu qualifizieren,
um im Wettbewerb auch mit privaten Anbietern bestehen
zu können. Die lokalen Wohnungsunternehmen sollten
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dabei ihre wesentlichen Stärken weiter ausbauen und
vermarkten - die Servicefreundlichkeit und ein gutes
Preis-/Leistungsangebot.
Schwerpunkt
Modernisierung
In Städten in denen sich die Wohnungsmärkte deutlich
entspannen wie in Neuwied, sollte der Schwerpunkt auf
der Modernisierung der Bestände liegen, um auch langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Dennoch ist partieller Neubau möglich und sinnvoll. Dies kann der Ersatz
für nicht modernisierungsfähige Gebäude sein oder der
Neubau von Anlagen für Betreutes Wohnen.
Angebote aus
dem Bestand
in entspannten
Wohnungsmärkten
An Universitäts- und Hochschulstandorten können jungen Menschen Angebote im Bestand gemacht werden.
Da kleine, preisgünstige Wohnungen auch sehr stark
von anderen Single-Haushalten nachgefragt werden,
kommen hier eher große Wohnungen in Frage, die für
Wohngemeinschaften hergerichtet werden.
4.4 Fazit
Wachsende
Anforderungen an
die Wohnungswirtschaft ...
Die sich verschärfenden wirtschaftlichen Disparitäten
bringen steigende Anforderungen an die Wohnungswirtschaft mit sich. Die wirtschaftlich starken Zentren gewinnen an Attraktivität mit der Konsequenz einer steigenden
und sehr differenzierten Wohnungsnachfrage. Die strukturschwachen Regionen und das Umland der Zentren
verlieren den Wettbewerb um die Bevölkerung und stehen vor deutlichen strukturellen Umbrüchen.
... aber auch an die
Wohnungspolitik
Auch aus wohnungspolitischer Sicht bringen die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen der Wohnungsmärkte in Rheinland-Pfalz Herausforderungen mit sich. Der
demografische Wandel zwingt zu Bestandsanpassungen, um Wohnungen generationengerecht herzurichten
und den Bewohnern das gewünschte lebenslange Wohnen in der eigenen Wohnung zu ermöglichen. Darüber
hinaus müssen im Neubau und im Bestand die durch die
Klimaschutzziele der Bundesregierung induzierten gesetzlich vorgeschriebenen energetischen Standards eingehalten bzw. erreicht werden.
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Unterstützung
durch öffentliche
Förderung
Um diesen Herausforderungen begegnen zu können,
benötigen die Eigentümer Unterstützung durch eine
ausgeweitete öffentliche Förderung. Hierbei muss die Art
der Förderung im Flächenland Rheinland-Pfalz flexibel
die bereits aktuell deutlichen regionalen Disparitäten
berücksichtigen. Es empfiehlt sich eine flexible Förderkulisse, die eine regional differenzierte Förderung von
Abriss und Ersatzneubau zulässt.

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