_d2 BRAUGERSTE:HRI 09
Transcrição
_d2 BRAUGERSTE:HRI 09
Hoffnung auf neue Jahrhundertsorten Generationsübergreifende Braugerstenzucht in Deutschland Hope for New Century Varieties · Multi-Generation Malting-Barley Breeding in Germany 52 Aus Braugerste wird seit Jahrhunderten Malz für den Brauvorgang hergestellt. Ungefähr genauso lange beschäftigen sich Züchter mit der Weiterentwicklung und Verbesserung der Braugerstensorten hinsichtlich Ertrag und Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten und klimatischen Gegebenheiten. In Deutschland hat die Zucht von Braugerste eine sehr lange Tradition, wie die Beispiele der Züchterfamilien Breun und Streng zeigen, die seit Generationen diesen langwierigen „Ausleseprozess“ betreiben. In beiden Familien übergaben gerade die Väter die Leitung der Unternehmen in die Hände der Söhne. For centuries, malt for the brewing process has been produced from malting barley. For about the same time, breeders have endeavored to further develop and improve the malting-barley varieties in terms of yield, resistance to disease and weather conditions. In Germany, malting-barley breeding goes back a long way. This can be seen from the example of the breeder families Breun and Streng, who have been involved in this "selection process" for generations. In both families, the fathers have recently handed over the company management to their sons. „Nachhaltigkeit“ ist in der jüngsten Vergangenheit zum Modewort gereift. Jedes börsennotierte Unternehmen reklamiert nachhaltiges Wirtschaften für sich und muss dann doch quartalsweise Zahlen vorlegen und entsprechend oft sehr kurzfristig wirkende Eingriffe vornehmen. Wirklich nachhaltig im ursprünglichen Sinne ist das, was in der Braugerstenzucht passiert. 15 bis 18 Jahre dauerte es früher, ehe eine Sorte marktreif war, heute sind es immer noch 7 bis 8 Jahre von der Kreuzung bis zur Zulassung und der Empfehlung durch das „Berliner Programm“ (siehe Kasten), bevor der Brauer diese einsetzen kann. Ein beinahe generationsübergreifendes Wirken. Und so wundert es auch nicht, dass zwei der renommiertesten Braugerstenzüchter, die Familienbetriebe Breun in Herzogenaurach und Streng in Aspachhof, von zwei Generationen geleitet werden. Seit 1906 existiert der Züchterbetrieb Breun in der mittelfränkischen Stadt, die durch ihre Sportartikelindustrie weltweit bekannt wurde. Der Geschäftsführer Martin Breun (35) hat vor kurzem als vierte Generation den Betrieb übernommen, für den bundesweit 42 Mitarbeiter tätig sind. Geschäftsleitung und Vertrieb nehmen ihn dabei so in Anspruch, dass kaum Zeit bleibt, im Labor nach den Züchtungserfolgen zu sehen. Wie gut, dass Martin auf die Unterstützung seines erfahrenen Vaters Josef Breun (70) zählen kann. Und auf die seines leitenden Mitarbeiters Dr. Josef Holzapfel (30), auf den er besonders große Stücke hält: „Holzapfel wird die Zukunft der Sommergerstenzucht mitbestimmen!“ The latest buzzword is "sustainability". Though all listed companies claim to have implemented a sustainable system, the quarterly figures they report often necessitate interventions at very short notice. Genuine sustainability in the true sense of the word is what happens in malting-barley breeding. Formerly, it used to take 15-18 years until a variety was ready for the market; today, it still takes 7-8 years from the crossing to the approval and recommendation by the "Berlin Program" (see box), before the brewer can use it. Thus, the activities almost span generations. No wonder that two of the most renowned malting-barley breeders, the family companies Breun in Herzogenaurach and Streng in Aspachhof, are headed by two generations. The breeding business Breun in Middle Franconia, an area known worldwide for its sports goods, was established in 1906. Director Martin Breun (35) recently became the fourth generation to take over the business, which has 42 employees across Germany. The management and sales keep him so busy that he hardly finds time to examine the breeding results in the lab. Fortunately, he is supported by his experienced father Josef Breun (70) and his executive assistant Dr. Josef Holzapfel (30), of whom he thinks highly: "Holzapfel will be among those who determine the future of spring-barley breeding!" HOPFENRUNDSCHAU INTERNATIONAL 2009/2010 60 Years of Dominance For the past 60 years, Breun Seed Production has dominated maltingbarley breeding as strongly as FC Bayern Munich has dominated the German soccer league. "Alexis", "Barke", and "Scarlett" have been and are still in part some of the most successful varieties. "Century varieties," as Josef Breun calls them, "came at the right time with a 60 Jahre Dominanz Dazu muss man wissen, dass die Saatzucht Breun die Braugerstenzucht der vergangenen 60 Jahre so stark dominierte wie der FC Bayern München die deutsche Fußball-Bundesliga. „Alexis“, „Barke“ oder „Scarlett“ waren und sind zum Teil bis heute höchst erfolgreiche Sorten. „Jahrhundertsorten“, wie Josef Breun betont, „sie kamen zum richtigen Zeitpunkt mit sehr hohem Ertrag.“ Scarlett beispielsweise hat bis heute die weltweit größten Anbau- und Vermehrungsflächen. Die Saatzucht Breun, die seit 84 Jahren weltweit exklusiv mit dem BayWa Züchtervertrieb zusammenarbeitet, ist dabei – als mittelständisches Familienunternehmen – ein echter „Global Player“, der sogar den Agrarkonzernen erfolgreich Paroli bietet: So beträgt der Marktanteil der Breunschen Braugerste z. B. in Russland stolze 34 %! very high yield." For example, Scarlett boasts the largest growing and reproduction areas worldwide. Despite being a medium-sized family enterprise, Breun Seed Production, which has been cooperating exclusively with BayWa's Breeder Sales department for 84 years, is a true global player that even successfully challenges large agricultural corporations; for instance, the market share of Breun malting barley in Russia amounts to a full 34%! „Streif“ – benannt nach der Kitzbüheler Skiabfahrt Ähnliche Erfolge erwarten Branchenkenner nun auch von der neuen Sommergerstensorte „Streif“, die 2009 als einzige Braugerste vom „Berliner Programm“ für die Verarbeitung empfohlen wurde, was einem Ritterschlag gleichkommt. Entsprechend groß war die Freude im unterfränkischen Aspachhof, wo die Familie Streng seit 1902 unter anderem Braugerste züchtet. „Wir sind deutscher Meister geworden“, freut sich Dr. Stefan Streng (41), der an der TU München-Weihenstephan Landwirtschaft studiert und in Großbritannien bzw. Gartersleben (Sachsen-Anhalt) promoviert hat. Mit zehn Sorten ist die Züchterfamilie Streng vor zwei Jahren beim Bundessortenamt angetreten, um eine Zulassung zu erreichen. Gut eine Million Euro Investitionskosten haben die Strengs pro Sorte gehabt. Die Zucht als Vabanque-Spiel mit ungewissem Ausgang? Die Sorte „Streif“, benannt nach der spektakulären Skiabfahrt im österreichischen Kitzbühel, hat es schließlich geschafft und soll nun den „Return-on-Investment“ des Familienbetriebs generieren. „Bereits in 12 Ländern ist Streif präsent“, so Otto Streng (66), „jetzt bauen wir die Flächen auf.“ Streng senior, der im Familienbetrieb nur noch „beratend“ tätig ist, setzt dabei auf die Vermarktungskünste der Interessengemeinschaft Pflan- (Bild links) Seit 1906 existiert der Züchterbetrieb Breun in der mittelfränkischen Stadt Herzogenaurach. Geschäftsführer Martin Breun (r.) hat in vierter Generation den Betrieb von seinem Vater Josef (l.) übernommen. (Bild rechts) Im unterfränkischen Aspachhof züchtet Familie Streng seit 1902 Braugerste. Dr. Stefan Streng (r.) konnte mit der Zulassung der Sorte „Streif“ 2009 einen großen Erfolg für die Familie verbuchen. Vater Otto Streng (l.) ist im Unternehmen noch beratend tätig. (Left image) The breeding business Breun in Herzogenaurach, Middle Franconia, was established in 1906. Director Martin Breun (right), who took over the business from his father Josef (left), is the fourth generation to manage the company. (Right image) In Aspachhof, Lower Franconia, the Streng family has been breeding malting barley since 1902. By obtaining approval for the "Streif" variety in 2009, Dr. Stefan Streng (right) met with big success for the family. Father Otto Streng (left) still serves the company as an advisor. Named after the Kitzbühel Ski Run: "Streif" Industry experts now expect the new spring barley variety "Streif" to write a similar success story. "Streif" was the only malting barley in 2009 that the "Berlin Program" recommended for processing, which represents the highest honor in this domain. The joy was great in Aspachhof, Lower Franconia, where the Streng family has been breeding malting barley and other crops since 1902. "We're the German champion", says Dr. Stefan Streng (41), who studied agriculture at the Technical University Weihenstephan and did his doctorate in Great Britain and Gartersleben, Saxony-Anhalt. Two years ago, breeder family Streng applied to the Federal Plant Variety Office for the approval of ten varieties. The Streng family invested about EUR 1 million for each variety. Is breeding a gamble whose outcome is uncertain? The "Streif" variety, named after the spectacular ski run in Kitzbühel, Austria, finally made it and is now expected to generate ROI for the family enterprise. "Streif is already HOPFENRUNDSCHAU INTERNATIONAL 2009/2010 53 zenzucht, die bereits sein Großvater mitbegründet hat und deren Vorsitzender er selbst bis vor kurzem war (seit Mai hat Sohn Stefan diese Aufgabe übernommen). In der I.G. Pflanzenzucht (IGP), zu deren Hauptaufgaben Saatzuchtproduktion und Sortenvertrieb gehören, sind 12 Züchter Gesellschafter. Steigende Marktanteile erwartet Die IGP sorgt dafür, dass die Sorten dieser Gesellschafter möglichst große Verbreitung im In- und Ausland finden. Die Vielfalt der Gesellschafterbetriebe und ihrer Zuchtprogramme – neben Braugerste u. a. Winterweizen, Wintergerste, Wintertriticale, Hafer, Leguminosen und Mais – ist die Basis dafür, dass immer leistungsfähiger Sortennachschub gewährleistet ist und ein interessantes Sortenportfolio angeboten werden kann. Als Non-Profit-Gesellschaft schüttet die IGP alle Erträge, die mit den verkauften Sorten umgesetzt werden, nach Abzug der Vertriebskosten wieder an die Gesellschafter zur Refinanzierung der Züchtungs- und Forschungsaktivitäten aus. Ist ein Gesellschafter vorübergehend erfolglos, erzielt er also keine Einnahmen, hat er aber den Vorteil, dass er keinen Vertriebsapparat zu finanzieren hat. Den tragen nur die Gesellschafter, die über Sorten mit Markterfolg verfügen. „Gerade eine gute Sommergerste hat uns noch im Portfolio gefehlt“, so Franz Beutl, Geschäftsführer seit Anfang 2009. In anderen Getreidearten, wie Winterweizen, der größten angebauten Kulturart in Deutschland, dominiert die IGP mit einem beachtlichen Marktanteil von 32 %. Einen wenigstens zehnprozentigen Anteil am deutschen Braugerstenmarkt erhofft sich die IGP nun im ersten Jahr nach der Zulassung von „Streif“. In den Folgejahren soll es dann natürlich noch mehr sein. Das hängt auch davon ab, wie viele neue Sorten auf den Markt kommen. Zu wenig Empfehlungen des Berliner Programms? Einige in der Branche beklagen, dass seitens des „Berliner Programms“ zu wenig Empfehlungen ausgesprochen würden. Von den vielen erstklassigen Braugerstensorten, die das aufwendige, mehrjährige deutsche Zulassungsverfahren durchlaufen haben, würden zu wenige vom Berliner Programm empfohlen. „Uns Züchtern laufen die Kosten davon!“, sagt Martin Breun. Der Leiter des BayWa Züchtervertriebes, Dr. Helmut Weiß, der zwei deutsche Braugerstenzüchter in 40 Ländern vertritt, lobt demgegenüber das französische Zulassungsverfahren CBMO („Comité Bière Malt Orge“) als wesentlich effektiver und bedarfsgerechter als das Berliner Programm. „CBMO hat auf dem international sehr bedeutsamen französischen Markt eine sehr hohe Akzeptanz“, weiß der Münchner Vertriebsexperte, „die Franzosen sind da einfach schneller und pragmatischer!“ Züchterischer Fortschritt gefordert Eine Argumentation, die Walter König, Geschäftsführer der Deutschen Braugersten-Gemeinschaft e. V. und des Bayerischen Brauerbundes, nicht gelten lassen will: „Unser Zulassungsverfahren genießt weltweit großes Ansehen!“ Braugerstensorten würden vom Bundessortenamt dann für den Anbau in Deutschland zugelassen, wenn sie eine Steigerung des landeskulturellen Wertes gegenüber den bereits im Markt befindlichen Sorten erwarten lassen. Die Braugersten-Gemeinschaft prüfe die neuen Sorten darüber hinaus auf ihre Verarbeitungseigenschaften für die Bierherstellung in Mäl54 HOPFENRUNDSCHAU INTERNATIONAL 2009/2010 being grown in 12 countries", says Otto Streng (66). "Now we are going to expand the areas." Streng Sr., whose work in the family enterprise is now limited to an advisory function, believes in the marketing skills of I.G. Pflanzenzucht GmbH, in whose establishment his grandfather had participated and whose president he used to be until recently (in May 2009, his son Stefan took over this responsibility). I.G. Pflanzenzucht GmbH, whose main activities comprise the production and marketing of varieties, consists of 12 partners who are breeders. Growing Market Shares Expected I.G. Pflanzenzucht GmbH promotes the domestic and international spread of the varieties of these partners. The diversity of the partner businesses and their breeding programs, which also include winter wheat, winter barley, winter triticale, oats, legumes, and corn, provides the basis for an ongoing supply of varieties and an interesting variety portfolio. As a non-profit company, I.G. Pflanzenzucht GmbH distributes the net profit from the sale of varieties to the partners in order to refinance the breeding and research activities. If a partner does not have any income for a certain period, he does not need to finance the sales system, which is only funded by partners who are able to market their varieties. "Our portfolio was lacking a good spring barley", says Franz Beutl, Director since early 2009. In other crops such as winter wheat – the most widely grown crop in Germany – I.G. Pflanzenzucht GmbH dominates with an impressive market share of 32%. Now, in the first year following the approval of "Streif", I.G. Pflanzenzucht GmbH hopes to reach a share of at least 10% in the German malting-barley market. In the following years, the market share is to be expanded even more. Of course, this also depends on how many new varieties enter the market "Berlin Program" Too Restrictive? Some in the industry complain that the "Berlin Program" is too restrictive with regard to its recommendations. They claim that of the many first-class malting-barley varieties that have passed through the complex, perennial German approval procedure, too few are recommended by the "Berlin Program". "Our breeders are struggling with mounting costs", says Martin Breun. Dr. Helmut Weiss, Manager of BayWa's Breeder Sales department, who represents two German malting-barley breeders in 40 countries, praises the French approval procedure CBMO (Comité Bière Malt Orge) as being much more effective and needs-oriented than the "Berlin Program". "CBMO enjoys a very high degree of acceptance in the French market, which is very significant on the international scale", says the sales expert from Munich. "In this area, the French are simply faster and more down to earth!" Breeding Progress Requested Walter König, Director of the German Malting Barley Association, rejects this reasoning: "Our approval procedure is highly esteemed around the globe!" According to König, malting-barley varieties are approved by the Federal Plant Variety Office if they can be expected to increase the agricultural value compared to the varieties that are already on the market. He explains that in addition, the Malting Barley Association reviews the new varieties for their processing properties for beer production, i.e. in malting factories and breweries. In his opinion, the test series of the "Berlin Program" allow the appraisal of newly approved malting-barley varieties for brewing at the earliest possible time after the approval. "Thus, the Das „Berliner Programm“ • Integration aller an der Wertschöpfungskette Beteiligten (Züchter, Landwirt, Händler, Mälzer und Brauer) • Bereitstellung valider Ergebnisse zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach der Sortenzulassung durch das Bundessortenamt • Sorten-Bewertungen auf Basis halb- und großtechnischer Mälzungs- und Brauversuche • Verbesserung der Aussagekraft der Ergebnisse • Verbesserung des Informationsflusses The ”Berlin Program“ • Integration of all involved in the value chain (breeders, farmers, traders, maltsters, and brewers) • Provision of valid results at the earliest time possible after the varieties are approved by the Federal Office of Plant Varieties • Variety appraisal on the basis of semi-technical and large technical malting and brewing experiments • Improvement of the information content of the results • Improvement of the information flow Die Stärken der Sorten „Streif“ und „Sunshine“ Streif: • bei unterschiedlichsten Bedingungen hohe bis sehr hohe Erträge • Ertragsaufbau über hohe Bestandsdichten und hohe Tausendkorngewichte • kurz im Wuchs und sehr standfest bei einer mittleren bis hohen Strohstabilität • Resistenzpaket ausgewogen mit einer besonderen Stärke gegen Mehltau • beste Vollgerste- und Marktwareerträge, höchste Anteile vermarktungsfähiger Ware • sehr niedriger Eiweißgehalt bietet Sicherheit für Landwirte und Verarbeiter • erfüllt alle Qualitätsanforderungen der Verarbeiter • geprüft und empfohlen durch das „Berliner Programm“ Sunshine: • ertragsstarke Sommerbraugerste mit außergewöhnlich hohem TKG • kurzstrohiger Einzelährentyp • gute Gesundheit mit besonderer Resistenz gegenüber Mehltau und Zwergrost • gute Standfestigkeit • geeignet für alle Anbauregionen • modernes Qualitätsprofil mit sehr guter Cytolyse und Proteolyse sowie äußerst niedrigen ß-Glucanwerten • zugelassen 2008 in Frankreich Strengths of the Varieties “Streif“ and “Sunshine“ Streif • High to very high yield under diverse conditions • More yield through high growing density and high 1000-seed weights • Low height, high lodging resistance, medium to high straw stability • Balanced resistance package, special strength against mildew • Optimum malting and market-grade yield, maximum proportion of marketable product • Very low protein content provides security for farmers and processors • Meets all quality requirements of processors • Tested and recommended by the "Berlin Program" Sunshine • High-yield spring malting barley with extraordinary high 1000-grain weight • Short-straw, single-ear type • Good health with special resistance against mildew and brown rust • Good lodging resistance • Suitable for all growing regions • Modern quality profile with excellent cytolysis and proteolysis and very low ß-glucan values • Approved in France in 2008 HOPFENRUNDSCHAU INTERNATIONAL 2009/2010 55 zereien und Brauereien. Die Versuchsreihen innerhalb des Berliner Programms ließen die Bewertung von neu zugelassenen Braugerstensorten zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach der Zulassung bezüglich ihrer Braueignung zu. „Das Berliner Programm ersetzt so langwierige Mälzungs- und Brauversuche in den einzelnen Betrieben und ermöglicht dem Züchterhaus einen schnellen Aufbau von Fläche und Saatgut einer neuen Sorte nach der Empfehlung“, erklärt Walter König. Die mit der Empfehlung in der Malz- und Brauwirtschaft einhergehende Akzeptanz einer neuen Sorte schaffe, so König weiter, wiederum die zügige Umsetzung des züchterischen Fortschritts in die Anbau- und Verarbeitungspraxis. Zuversichtlich stimmen Breun junior und senior, „dass wir sehr vielversprechendes Material in der Pipeline haben“. Die Sorte „Sunshine“ ist so ein Hoffnungsträger für die Zukunft. „In Frankreich, unserem größten Markt, ist Sunshine bereits zugelassen und steht bereits an erster Stelle des CBMO-Verfahrens“, freut sich Martin Breun. Züchterfamilien werden immer weniger Die Zucht von Braugerste ist ein wahrlich nachhaltiges Geschäft. Eine Option für die Zukunft. Der Markt verlangt nach Sorten, die den veränderten Klimabedingungen Rechnung tragen und immer höhere Erträge liefern. Das Gute ist des Besseren Feind. Was gestern noch top war hinsichtlich Qualität, Widerstandsfähigkeit oder Ertrag, wird heute abgelöst von noch vielversprechenderen Sorten. Eine stete Herausforderung für die Züchter, ohne dass sie eine Garantie haben, ihr eingesetztes Geld verzinsen zu können. „Kein Wunder, dass die Züchterfamilien immer weniger werden“, bedauert Otto Streng, „und die Zuchtprogramme bei den Konzernen landen.“ Als die königlich-bayerische Pflanzenzucht 1900 in Weihenstephan ihre Arbeit aufnahm – die Vorgängerin der Landesanstalt für Landwirtschaft – gab es 56 Züchterfamilien. Heute sind es nur noch vier Braugerstenzüchter. Und das auch nur, weil Braugerste für die großen Agrarkonzerne bei weitem nicht den Stellenwert hat wie z. B. Mais oder Reis, für die ungleich größere Flächen zur Verfügung stehen. Die „Zukunft der Braugerste“ beschäftigt natürlich die Züchter. Braugerste ist längst auch ein globales Produkt („Transporte kosten heute ja nichts mehr“) und unterliegt der Volatilität der Agrarmärkte. Nach einem Ernte-Rekordjahr 2008, das die Preise für Braugerste in den Keller trieb, erwarten Experten wie Josef Breun auch 2009 keine Besserung, da die Läger noch voll seien. Erst 2010 könnte sich der Markt für Braugerste wieder stabilisieren, prognostiziert Breun, der eher bezweifelt, dass „die Bauern bis dahin weiter Braugerste aus lauter Sympathie anpflanzen“. Und nur wenn sie anpflanzen, fließen den Züchtern Lizenzgebühren zu. Der Ertrag aus jahrelangem Versuchsanbau, Laboranalysen und Selektion. Klar, dass Züchter wie die Breuns und die Strengs wenig begeistert sind, dass etwa 50 % der Braugerste ohne Lizenz angebaut wird, weil ein guter Teil der Landwirte den Nachbau pflegt, ohne dies zu melden. „Es ist schwer, unser geistiges Eigentum über Nachbaugebühren durchzusetzen“, klagt Stefan Streng, „aber wir wollen erreichen, dass der Landwirt den Nachbau angeben muss.“ Alexander Herzog, Fotos: Braugersten-Gemeinschaft .e.V, Alexander Herzog 56 HOPFENRUNDSCHAU INTERNATIONAL 2009/2010 Berlin Program eliminates the need for time-consuming malting and brewing experiments in the individual businesses and enables the breeder company to quickly develop the area and seeds of a new variety after the recommendation", explains Walter König. According to König, the acceptance of a new variety by the malting and brewing industry as a result of the recommendation facilitates the rapid implementation of the breeding progress in growing and processing practice. Confidently, Breun Jr. and Sr. talk about the "highly promising material" in their pipeline. The "Sunshine" variety is one of these auspicious candidates. Proudly, Martin Breun says: "In France, our largest market, Sunshine is already approved and is already at the first position of the CBMO procedure." Dwindling Numbers of Breeder Families Cultivating malting barley is a truly sustainable business. An option for the future. The market demands varieties that take the climate changes into account and deliver higher and higher yields. Better is the enemy of good. Varieties that used to be considered superior in terms of quality, resistance, or yield may be superseded by varieties that are even more promising. For breeders, this is a constant challenge, with no interest guarantee for the money they invest. "No wonder that the number of breeder families is dwindling", regrets Otto Streng, "and the breeding programs are absorbed by large corporations." When the Royal Bavarian Plant Breeding Station, the predecessor of the State Research Center for Agriculture, commenced its work in Weihenstephan in 1900, there were 56 breeder families. Today, there are only four malting-barley breeders, and this is only because the large agricultural groups do not consider malting barley as important as crops like corn or rice, for which much larger areas are available. Thus, the future of malting barley is something the breeders are concerned about. Malting barley has long become a global commodity ("transportation costs almost nothing") and is subject to the volatility of the agricultural markets. Following the record harvest of 2008, which made malting-barley prices slump, experts like Josef Breun do not think that the situation will improve in 2009, as the warehouses are still full. Breun does not expect the market for malting barley to stabilize before 2010. Moreover, he doubts that "the farmers will continue to grow malting barley until then just because they love it." However, the breeders will only earn license fees – the proceeds from years of experimental growing, lab analyses, and selection – if the farmers grow malting barley. Naturally, breeders like the Breuns and the Strengs are upset that about 50% of the malting barley is grown without license, as many of the farmers reproduce the crops without reporting them. "It is difficult to assert our intellectual property by means of reproduction fees", laments Stefan Streng, "but we want to put farmers under the obligation to report the reproduction." Alexander Herzog, Photos: Braugersten-Gemeinschaft .e.V, Alexander Herzog www.ig-pflanzenzucht.de · www.zuechtervertrieb.de www.bayerisches-bier.de · www.breun.de