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02.11.2015
Presseinformation
Die Story im Ersten. Die Akte Zschäpe. Die letzten Rätsel des NSU
Montag, 02.11.2015, um 22.45 Uhr im Ersten
Schlampige Tatortarbeit beim Polizistenmord in Heilbronn 2007
Binninger und Kriminologe Feltes: Mord von Heilbronn bis heute
nicht aufgeklärt
Neue Zweifel an der alleinigen Täterschaft von Mundlos und
Böhnhardt
Mainz. Ein bislang unbekanntes Tatortvideo und unveröffentlichte Polizeifotos nach
dem Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter und dem Mordversuch an ihrem
Kollegen Martin A. am 25. April 2007 in Heilbronn haben massive Kritik an der
polizeilichen Tatortarbeit ausgelöst. Prof. Thomas Feltes, Kriminologe an der RuhrUniversität Bochum sagte im Interview für die ARD-Dokumentation „Die Akte Zschäpe.
Die letzten Rätsel des NSU“: „Ich will nicht sagen, dass alles falsch gemacht worden ist,
was man falsch machen konnte, aber ziemlich viel. Also wenn ich mir die Bilder ansehe,
auch wie man sich dort am Tatort unmittelbar nach der Tat bewegt, wie auch die
Spurensicherung stattgefunden hat, dann macht das auf mich den Eindruck, dass man
wohl total überwältigt war von diesem Ereignis. Und alles das, was man irgendwann
mal gelernt hat in der polizeilichen Ausbildung, vergessen hat“.
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Video und Fotos zeigen, dass der Tatort viel zu eng abgesperrt war. Augenzeugen
berichten, so die gemeinsamen Recherchen der drei ARD-Politikmagazine Fakt,
REPORT MAINZ und report München, dass sie sich dem Tatort auf 20-30 Metern
nähern konnten. Sowohl der Kriminologe Feltes als auch der ehemalige Obmann der
CDU im Bundestagsuntersuchungsausschuss zum NSU, Clemens Binninger, früher
mehr als 20 Jahre im Polizeidienst tätig, halten eine Absperrung von 100 mal 100 Meter
für nötig. Außerdem wurde der Tatort zum Meldepunkt für die Polizeikräfte gemacht.
Binninger nennt auch das einen Fehler, „weil da natürlich auch Spuren, Fluchtspuren
verloren gehen, weil andere darüber laufen. Deshalb wäre hier eine weitere
Absperrung, am besten sogar auf 100 Meter, eigentlich das Richtige gewesen.“
Außerdem zeigt das Video, dass der Tatort schon ca. vier Stunden nach dem Mord
geräumt und abgespritzt wurde. Kinder spielen direkt neben den blutigen Pfützen. Der
Tatort ist damit viel zu früh freigegeben wurden, kritisiert Prof. Feltes. Mehrmals noch
mussten Kriminaltechniker hier nachsuchen.
Auch an der alleinigen Täterschaft von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gibt es neue
Zweifel. Auf die Frage, ob der Mord und der Mordversuch von Heilbronn wirklich
aufgeklärt sei, sagte Binninger der ARD: „Nein, das ist er für mich nicht. Ich bin auch
nicht der gleichen Meinung wie der Generalbundesanwalt, der ja immer sagt, alle
Verbrechen, auch das in Heilbronn, wurden nur von Mundlos und Böhnhardt begangen,
die zwei alleine, sonst niemand dabei. Da habe ich meine Zweifel.“
Im laufenden Verfahren zum NSU vor dem OLG in München vertritt die
Bundesanwaltschaft die Zwei-Täter-Theorie: Zentrales Beweismittel dafür ist u.a. ein
Gutachten über eine Trainingshose, an der winzige Blutspritzer von Michèle
Kiesewetter gefunden wurden. In den Hosentaschen steckten zwei Papiertaschentücher
mit DNA von Mundlos: “Wenn Sie sehen, dass es benutzte Taschentücher waren, die in
einer Hose gesteckt waren, dann lässt das keine vernünftigen Zweifel, dass diese Hose
die Hose von Mundlos war.“ sagte Bundesanwalt Herbert Diemer der ARD. Der
Kriminologe, Prof. Feltes, und der Rechtsmediziner Prof. Michael Bohnert von der Uni
Würzburg halten diese Schlussfolgerung für zu kurz gegriffen, denn Taschentücher
könne man von A nach B bewegen: „Wenn man dann wissen will, ob diese Hose von
einer Person zu einem bestimmten Zeitpunkt getragen wurde, dann kann man sich
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schlecht auf Tempotaschentücher verlassen, die in diesen Hosentaschen gefunden
wurden.“, sagte Prof Bohnert. Außerdem musste die Bundesanwaltschaft im Interview
mit der ARD einräumen, dass innen in der Trainingshose keine DNA von Mundlos
gefunden wurde. Für Clemens Binninger und Prof. Feltes sind die winzigen Blutspuren
von Michèle Kiesewetter eher deutliche Hinweise darauf, dass der Träger dieser Hose
beim Mord dabei war, aber nicht der Schütze war. Clemens Binninger: „Also muss der
Träger dieser Hose zwar nebendran gestanden sein und vielleicht geholfen haben, aber
geschossen hat er eher nicht. So lese ich das Gutachten.“ Prof. Feltes kommt zu dem
Ergebnis: „Das ist vielleicht jemand gewesen, der in der zweiten Reihe gestanden hat
oder möglicherweise dazu gekommen ist.“ Beide sind davon überzeugt, dass diese
Trainingshose ein starker Hinweis auf einen dritten Täter liefert.
Das deckt sich auch mit Erkenntnissen des LKA Baden-Württemberg vom Sommer
2011, also kurz vor Auffliegen des NSU. Die Akten zeigen, dass man damals davon
ausging, dass mindestens drei oder noch mehr Täter am Mord und Mordversuch
beteiligt waren.
Prof. Feltes kritisiert, dass dies alles keine Rolle im NSU-Verfahren spielt: „Das ist nicht
gerechtfertigt. Das kann ich machen bei einem Einbruchsdiebstahl, wo ich weiß, es sind
sechs Täter gewesen, ich habe aber nur zwei, die anderen vier kann ich schwer
ermitteln. Dann kann ich sagen, ich beschränke es auf die beiden. Aber nicht bei einem
solchen Delikt, was sowohl von den Opfern her eine besondere Bedeutung hat als auch
vom politischen Hintergrund her, ist das nicht akzeptabel.“
Die ARD-Dokumentation „Die Akte Zschäpe. Die letzten Rätsel des NSU“, ist eine
gemeinsame Recherche der Politmagazine FAKT, REPORT MAINZ und report
München. Sendedatum ist Montag, der 2. November um 22.45 Uhr in der ARD.
Weitere exklusive Informationen finden Sie unter:
http://x.swr.de/s/schlampigetatortarbeit
Zitate gegen Quellenangabe frei
Bei Rückfragen rufen Sie bitte in der Redaktion REPORT MAINZ an
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oder den Autor Ulrich Neumann unter 0173 – 56 15 173
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