pablo picasso - Galerie Thomas
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pablo picasso - Galerie Thomas
PABLO PICASSO ZEICHNUNGEN, ZEICHNUNGEN, GRAPHIK UND KERAMIK 31. Januar - 29. März 2014 Eröffnung am Donnerstag den 30. Januar 2014, 19 Uhr Maximilianstrasse 25, München Femme au Fauteuil No. 1 (d'après le rouge) Tête de femme (Portrait de Jacqueline de face II) 13. Januar 1949 15. Januar 1962 Enfant et nu à la grappe Visage de profil 1969 1953 Picasso ist unbestritten das künstlerische Genie des 20. Jahrhunderts. Die Galerie Thomas belegt dies durch eine Ausstellung, die den Bogen von einer Federzeichnung des 21-jährigen bis zu einer Kaltnadelradierung des 88-jährigen Künstlers spannt. Weniger bekannt ist die Tatsache, daß er auf dem Gebiet der Graphik und der Keramik auch ein wagemutiger Experimentierer war. So begann er in den 1940er Jahren, Lithographien nicht mehr auf unhandliche Steine, sondern auf Zinkplatten zu zeichnen, die leichter zu transportieren waren und ihm erlaubten, seine Graphiken in doppelter Größe zu schaffen. Und er konnte darauf Lithographie und Radierung kombinieren, indem er die Platten erst mit Lithographie-Tusche bemalte und dann mit dem Stichel gravierte und mit anderen Werkzeugen bearbeitete - wie die Blätter der Serie Femme au fauteuil, die ein Beispiel dafür sind, wie Picasso oft zehn und mehr Zustände ein und derselben Graphik schuf, indem er die Platte immer wieder bearbeitete, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war. Aus dieser Serie sind drei von mindestens 31 Versionen in der Ausstellung zu sehen. Picasso erfand auch die Reduktion im Linolschnitt, bei der nicht mehr für jede Farbe eine Platte graviert werden muß, sondern nach dem Druck jeder Farbe die Platte weiter bearbeitet wird, wie bei Tête de femme, einem Portrait von Jacqueline Roque, der letzten Muse und Frau im Leben des Künstlers. Für die graphischen Techniken, die er anwandte, sind eindrucksvolle Werke in der Ausstellung vertreten: Zeichnung, Radierung, Lithographie, Linolschnitt, Aquatinta und Monotypie. Für seine Keramiken nahm er oft herkömmliche, gedrehte Gefäße wie Flaschen und Kannen und verformte sie zu Tieren, oder nahm Tonabdrücke von Linolschnittplatten, die er ebenso bemalte wie simple Boden- oder Wandfliesen, Teller und Platten. Diese Vielfalt an Techniken, Experimenten und Sujets war nur möglich, weil er seine Kunst mit einer Leichtigkeit beherrschte, die noch heute Künstler vor Neid und Ehrfurcht erblassen läßt. Weitere Informationen erhalten Sie bei Barbara Zmeck +49 89 29 000 863 / [email protected] © Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2014 PABLO PICASSO PABLO PICASSO PABLO PICASSO Femme au fauteuil No. 1 (d'après le rouge) Femme au Fauteuil No. 1 (d'après le rouge) Femme au Fauteuil (d'apres le noir) Lithographie auf Arches Velin 13. Januar 1949 Darstellung 69,5 x 54,2 cm / Blatt 75,8 x 56,5 cm rückseitig von Fernand Mourlot bezeichnet 'FM 134 / 2° etat du report' und numeriert '6/6' 2. Zustand des Umdrucks, insgesamt 8. von 10 Zuständen; einer von 6 Abzügen, davon 5 für den Künstler, einer für den Drucker; keine Auflage Mourlot 134 1946 bei Mourlot gedruckt. Lithographie auf Arches Papier 23. Dezember 1948 69,5 x 54,5 cm rückseitig von Fernand Mourlot bezeichnet 'FM 134, 1e état du report' und numeriert '6/6' 1. Zustand des Umdrucks, insgesamt 7. Zustand von 10; einer von 6 Abzügen, davon 5 für den Künstler, einer für den Drucker; keine Auflage Mourlot 134 Lithographie auf Arches Papier 4. Dezember 1948 Darstellung 69,8 x 54,7 cm / Blatt 76,3 x 56,5 cm rückseitig von Fernand Mourlot bezeichnet 'FM 138, 4e état' und numeriert '6/6' 4. Zustand von 6; einer von 6 Abzügen, davon 5 für den Künstler, einer für den Drucker, für diesen Zustand gab es keine Auflage Bloch 1353; Mourlot 138 Picassos intensivste Auseinandersetzung mit der lithographischen Technik fällt in die Zeit von November 1945 bis Frühjahr 1949. In diesem Zeitraum schuf er 185 Lithographien. Viele dieser Graphiken sind verschiedene Zustände eines Motivs, die die Experimentierfreudigkeit des Künstlers belegen. Am 25. August 1948 flog Picasso nach Polen, um an einem von den Kommunisten veranstalteten Friedenskongreß in Breslau teilzunehmen. Der schwangeren Françoise hatte er versprochen, jeden Tag zu schreiben und nicht länger als vier Tage fortzubleiben. Er blieb drei Wochen. Als Entschuldigung präsentierte er ihr eine bestickte Lammfelljacke, die er ihr mitgebracht hatte. Ende Oktober malte er ein Ölbild von ihr, in dieser Jacke auf einem Lehnstuhl sitzend, und schuf anschließend die Graphikserie Femme au Fauteuil, eine seiner berühmtesten und gleichzeitig kompliziertesten LithographieSerien. Um größere Formate drucken zu können, hatte Picasso 1947 die unhandlichen Lithographiesteine gegen doppelt so große Zinkplatten ausgetauscht. Zunächst zeichnete er ein Motiv für fünf Platten, eine für jede Farbe. Er war jedoch mit den Probedrucken unzufrieden und begann, jede der Platten mit schwarzer Lithographietinte zu verändern. Er setzte die Bearbeitung mit Stiften und Federn, Sandpapier und einer Nadel, durch Abschleifen und Polieren fort. Teilweise wurden die Platten nach einem Zustand, den der Künstler erhalten wollte, auf eine neue Platte umgedruckt und dann weiter bearbeitet. So gibt es von Femme au Fauteuil insgesamt mindestens 31 Versionen (Mourlot 133 - 138). Der Zusatz d'après le rouge beziehungsweise d'apres le noir bedeutet, daß Picasso für die jeweilige Graphik die ursprüngliche Platte für die rote Farbe (als erste) bzw. die für die schwarze Farbe (als letzte) bearbeitete. Von den insgesamt vier Zuständen nach dem Umdruck der roten auf eine andere Platte, sind in der Ausstellung der erste und der zweite Zustand zu sehen, von der schwarzen Platte der vierte. © Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2014 PABLO PICASSO Tête de femme (Portrait de Jacqueline de face II) Linolschnitt auf Arches Velin 15. Januar 1962 64 x 53 cm Darstellung / 75,2 x 59,3 cm Blatt signiert unten rechts, numeriert '3/50' unten links 4. und letzter Zustand Auflage 50 Exemplare + 6 EA mit Arches Wasserzeichen Bloch 1063; Baer 1280 IV.B.a 1953, im Alter von 72 Jahren, beginnt Picasso, sich mit dem von Künstlern während langer Jahrzehnte vernachlässigten Technik des Linolschnitts zu beschäftigen. Ausgangspunkt waren ab 1953 eine Reihe von Plakaten für die "Toros von Vallauris" und die wechselnden "Exposition de Vallauris", alljährliche Ausstellungen von Keramiken aus den örtlichen Töpfereien. Angeregt durch eine vom Kunsthändler Kahnweiler aus Wien geschickte Postkarte von Cranachs "Bildnis einer Edelfrau", einem Gemälde von 1564 (aus dem Besitz des Kunsthistorischen Museums), entstand am 4.7.1958 eine erste Fassung des Themas "Portrait de jeune Fille d'après Cranach le Jeune" (Bloch 859), ein Linolschnitt in 6 Farben, heute eine der bekanntesten druckgraphischen Arbeiten des Künstlers. Zwischen Herbst 1958 und Frühjahr 1962 entstehen in Zusammenarbeit mit dem Drucker Hidalgo Arnéra aus Vallauris 45 großformatige Linolschnitte mit bisher unerreichten Linien-, Flächen- und Farbeffekten. Das Hochdruckverfahren des Linolschnittes ist ein aufwendiger Prozess in dem für jede Farbe mit einem Hohleisen eine eigene Platte ausgeführt werden muss. Picasso hat sich dem neuen Medium mit der ihm eigenen Lust an Experiment und Variation zugewandt und besonders prägnante farbige Blätter geschaffen. Das vorliegende Porträt seiner Frau Jacqueline, entstanden im Januar 1962 in Mougins, zeigt einen prachtvollen Linolschnitt in 4 Farben (3 verschiedene Braun-Töne und Schwarz) dessen klar abgegrenzte Farbfelder das strenge, klassisch schöne Antlitz wirkungsvoll zur Geltung bringen. © Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2014 PABLO PICASSO Enfant et nu à la grappe Bleistift auf Papier 1969 50,3 x 65 cm signiert, datiert und bezeichnet '1.9.69 II' oben links Zervos XXXI / 401 1969 war die kreative Energie des 87-jährigen Picasso ungebrochen, er ignorierte die Unzulänglichkeiten seines alternden Körpers. Zwei große Themen charakterisieren die Arbeiten dieses Jahres in Mougins. Eines ist das Selbstportrait. Er schuf mehr als 300 Werke, in denen er sich selbst als "Homme", "Peintre" oder "Mousquetaire" darstellte, allein oder mit unbekleideten Frauen. Doch alle diese männlichen Figuren nehmen eine passive Rolle ein, sie beobachten die Frauen nur. Im Sommer legte er den Schwerpunkt auf ein anderes Motiv, dem er bereits in den vergangenen Jahren immer wieder seine Aufmerksamkeit gewidmet hatte: eine verführerisch hingestreckte Jacqueline. Bis zum Herbst variierte er dieses Motiv in Bleistift, Farbstiften, Tusche, Aquarell, Öl und als Graphik. Denen, die seine Kunst zu erotisch, ja pornographisch fanden, wie zum Beispiel Gertrude Stein, entgegnete der Künstler: "Kunst ist niemals keusch, man müßte sie von allen unschuldigen Ignoranten fernhalten. Leute, die nicht genügend auf sie vorbereitet sind, dürfte man niemals an sie heranlassen. Ja, Kunst ist gefährlich. Wenn sie keusch ist, ist sie keine Kunst." © Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2014 PABLO PICASSO Visage de profil Steingut, teilweise glasiert und bemalt 19. Dezember 1953 24 x 28 cm datiert, gestempelt 'Madoure Plein feu', 'Edition Picasso' und eingeritzt 'Edition Picasso 81/150 R 154 Madoura' Ramié 209 Im Sommer 1946 wurde Pablo Picasso von Romuald Dor de la Souchere, dem Direktor des Grimaldi Museums im mittelalterlichen Château Grimaldi in Antibes, eingeladen, ein paar Monate im Schloß zu wohnen und zu arbeiten. Bei dieser Gelegenheit besuchte er die jährliche Keramikausstellung in Vallauris und lernte Suzanne und George Ramié kennen, die dort die Töpferwerkstatt Madoura betrieben. Er besuchte die Werkstatt und modellierte drei Keramiken, den Kopf eines Fauns und zwei kleine Stiere - und schon war sein Interesse für Keramik als Werkstoff und Malgrund geweckt. Als Picasso im Jahr darauf wieder kam, hatte man die Stücke gebrannt und für ihn aufgehoben. Er hatte eine ganze Mappe von Entwürfen dabei, die er nun verwirklichen wollte. Dafür wurde ihm in der Werkstatt der Ramiés ein eigener Arbeitsplatz eingerichtet und bald war er ein Freund, ja sogar ein Familienmitglied. Picasso sagte gern "C'est ici que je suis chez moi". Er modellierte eigene Skulpturen, oder nahm vom Meisterdreher Jules Asgard für ihn gedrehte Teller, Vasen oder Krüge, die er oft mit der Hand umformte, und ritzte und bemalte sie mit den für ihn typischen Motiven, wie Frauenakte, Faune und Stierkampfszenen, Eulen, Ziegen und Fische. 1948 zog er, zusammen mit Françoise Gilot in die Villa "La Galloise" in den Hügeln von Vallauris. Sein Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler schrieb später: "Picasso stürzte sich in die Keramik mit der selben Leidenschaft wie in die Malerei, die Bildhauerei und die Graphik". Obwohl er sich die handwerklichen Techniken und Regeln von den erfahrenen Keramikern genau erklären ließ, machte er doch - wie immer - seine eigenen Experimente und Erfahrungen mit dem Material, wie er es von der Graphik her gewohnt war. Er goß den Ton wie Bronze oder machte damit Abdrücke seiner Linolschnitte. Aus Blöcken eingetrockneten Tons, den die Keramiker wegwarfen, schnitzte er Skulpturen, die dann gebrannt werden. Dafür, daß er jederzeit über die Werkstatt, das Material, den Brennofen und die Expertise der Meister verfügen konnte, kam Picasso mit den Ramiès überein, daß sie gewisse, von ihm geschaffene Vorlagen als Auflage produzieren und verkaufen sollten. Die Bemalung der Auflagenkeramik nach Picassos Vorlagen übernahm Suzanne Ramiè zu Anfang persönlich. © Succession Picasso / VG Bild-Kunst, Bonn 2014