Sansibar oder der letzte Grund ist ein 158 Seiten langes Werk

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Sansibar oder der letzte Grund ist ein 158 Seiten langes Werk
„Sansibar oder der letzte Grund“ - Alfred Andersch
Rezension von Michael Schneider
„Sansibar oder der letzte Grund“ ist ein 158 Seiten langes Werk des Autors Alfred Andersch.
Der Roman wurde 1957 veröffentlicht und 1986 von Bernhard Wicki verfilmt.
Es handelt sich bei diesem Buch um
einen Abenteuer-Roman. Die
Geschichte spielt im Jahre 1937 in Ririk,
einer kleinen Hafenstadt an der Ostsee,
in der sich sechs Personen zufällig
begegnen. Alle haben ein gemeinsames
Ziel, sie wollen Deutschland verlassen.
Zu dieser Zeit gab es viele Menschen,
die Angst vor einem drohenden Krieg
hatten und sich überlegten, wie sie
Deutschland verlassen und in welches
Land sie flüchten konnten.
Nach der Machtübernahme der
Nationalsozialisten flohen viele
oppositionelle Künstler, Politiker und
Literaten aus Furcht vor Verfolgung
nach Frankreich, Tschechoslowakei,
Großbritannien und in andere
Nachbarländer – denken wir nur an Kurt
Tucholsky genannt, der 1929 nach
Veröffentlichung der Satire
„Deutschland über alles“ nach
Schweden auswanderte.
Gregor, ein KPD-Funktionär, dessen
Tätigkeit ihn dazu zwingt aus
Deutschland zu flüchten, ist einer der
Personen, von deren Schicksal berichtet
wird. Der kleine, unauffällige,
hilfsbereite Mann möchte keine Aufträge mehr für seine kommunistische Partei annehmen.
Da seine Partei es nicht geschafft hat, zu verhindern, dass die Nazis an die Macht kamen,
hat Gregor den Glauben an die KPD verloren.
Judith ist eine gut aussehende und starke junge Frau, die aus einer wohlhabenden Familie
kommt. Sie ist Jüdin und muss auf Grund der Judenverfolgung schleunigst aus Deutschland
fliehen. Um ihr die Flucht zu erleichtern, hat ihre kranke Mutter sich vorher das Leben
genommen. Mit Hilfe eines Schiffes versucht die junge Jüdin nun von Ririk aus Deutschland
zu fliehen.
Der Junge ist 15 Jahre alt, aber er hat leider schon früh seinen Vater auf See verloren. Man
kann den Jungen als belesen und rebellisch bezeichnen. Er möchte genau wie sein Vater,
der ein Abenteurer und ein Rebell war, zur See fahren. Die Einwohner Ririks werden von
dem Jungen gehasst, weil sie seinen Vater als Säufer betiteln. Mit den Büchern auf seinem
Speicher verbringt er die meiste Zeit. Der Junge wohnt bei seiner Mutter, außerdem arbeitet
er noch bei Knudsen auf dessen Fischboot als Aushilfskraft. Persönliche Gründe bewegen
ihn dazu Ririk zu verlassen.
Ein sturer, griesgrämiger Mensch, der aber insgesamt ein großes Herz hat, ist der Fischer
Knudsen. Er möchte sich, genau wie Gregor, von seiner kommunistischen Partei lösen.
Knudsen hat eine geisteskranke Frau, die jedem Mensch immer den selben Witz erzählt. Die
Nationalsozialisten drohen ihm seine Frau in die Irrenanstalt zu bringen, wenn er die KPD
nicht verlässt. Dies würde aber höchstwahrscheinlich ihren sicheren Tod bedeuten.
Helander, der Pfarrer von Rerik, leidet täglich unter großen Schmerzen, weil sein Bein im
ersten Weltkrieg amputiert worden ist, weshalb er nun eine Prothese tragen muss. Er hat
zum Teil den Glauben an seinen Gott verloren, weil dieser zugelassen hat, dass der Teufel
(die Nazis) Deutschland anführt. Pfarrer Helander besitzt in seiner Kirche einen aus Holz
geschnitzten lesenden Klosterschüler. Für den Pfarrer ist diese Holzplastik ein Symbol der
Freiheit und der Rebellion, deshalb möchte er nicht, dass sie den Nazis in die Hände fällt.
Der Fischer Knudsen wird vom Pfarrer Helander darum gebeten, eine Holzfigur mit seinem
Schiff nach Schweden zu bringen. Knudsen, der dieses Risiko zuerst nicht eingehen
möchte, wird vom KPD-Funktionär schließlich dazu überredet. Beide vereinbaren, dass sie
sich auf der Lotseninsel treffen. Georg hat dem Fischer jedoch nicht erzählt, dass er auch
Judith, die Georg vorher kennen gelernt hat und ihr die Flucht aus Ririk ermöglichen will,
nach Schweden fahren soll. Der Junge erklärt sich dazu bereit beide vom Land zum Schiff
zu bringen. Wie Knudsen auf Judith reagiert und ob die Flucht aus Deutschland erfolgreich
ist, werde ich hier nicht verraten.
Ich kann das Buch nur jedem wärmstens empfehlen. Es ist leicht verständlich geschrieben.
Sehr gelungen sind die vielen inneren Monologe, wodurch sich der Leser gut in die
einzelnen Personen hineinversetzen kann. Zudem bewirkt die genaue Beschreibung der
Schauplätze, dass man sich diese bildlich vorstellen kann. Dies führt dazu, dass man glaubt,
man wäre Teil der Geschichte.
Der Autor befolgt in der Geschichte sehr genau den historischen Kontext. In diesem
Zeitraum wurden alle anderen Parteien verboten, die Nazis wollten keine selbstständig
denkende Bevölkerung, Juden wurden verfolgt, außerdem wurden körperlich – und geistig
Behinderte getötet. Im Buch spielen diese Elemente eine zentrale Rolle. Zum Beispiel muss
Judith auf Grund der Judenverfolgung aus Deutschland fliehen und der Pfarrer muss um
sein Leben fürchten, wenn er die Holzfigur, die einen nachdenklichen Lesenden darstellt,
nicht an die Nationalsozialisten abliefert.
Wenn man das Buch mit dem Film vergleicht, dann fällt auf, dass im Film teilweise die
Handlung des Buches geändert wird . Die Hauptperson im Film ist Gregor, wohingegen im
Buch der Junge die größte Rolle spielt. Vom Inhalt her ist das Zentralthema im Buch,
genauso wie im Film, der Nationalsozialismus und seine Folgen. Ein weiterer Unterschied
zwischen Buch und Film ist der Verbindungspunkt der einzelnen Charaktere. Im Film ist dies
der lesende Klosterschüler, im Buch jedoch der Junge. Insgesamt kann man sagen, dass
der Film den Erwartungen gerecht geworden ist. Er gibt ausgezeichnet die Botschaft des
Buches wieder.