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PUBLIKATIONSREIHE NEUES ZIVILRECHT
Teil X: Insolvenzrecht
Zusammenfassung
Das Neue Bürgerliche Gesetzbuch (Gesetz Nr. 89/2012 Slg., im Weiteren nur „BGB“), das am 1. Januar 2014 in Kraft trat,
brachte im Bereich des Insolvenzrechtes wenige Änderungen, obwohl es zum 1. Januar 2014 wegen der Änderungen im
Bürgerlichen Recht und im Zivilprozessrecht (Aufteilung in streitige und unstreitige Verfahren) erheblich geändert wurde.
Die Änderungen, die im Insolvenzrecht zum 1. Januar 2014 in Kraft getreten sind (Gesetz Nr. 294/2013 Slg.), hängen aber
zum großen Teil nicht mit der Neugestaltung des tschechischen Bürgerlichen Rechts zusammen.
Insofern beinhaltet diese Übersicht das geltende Insolvenzrecht – unabhängig von der großen Zivilrechtsreform. Im
Bereich des Insolvenzrechtes fand die Modernisierung schon zum 1. Januar 2008 statt – mit dem Inkrafttreten des neuen
Insolvenzgesetzes (Gesetz Nr. 182/2006 Slg.), das zusammen mit dem Gesetz über die Insolvenzverwalter (Gesetz Nr. 312/2006
Slg.) in Kraft trat; zu diesem Datum trat das alte Gesetz über die Konkurse und Vergleiche (Gesetz Nr. 328/1991 Slg.) außer
Kraft; es bleibt aber für alle Verfahren, die bis zum 31. Dezember 2007 eingeleitet worden sind, weiter anwendbar. Vorbilder
für das neue tschechische Insolvenzrecht war unter anderem die deutsche Insolvenzordnung aus dem Jahre 1994, die zum
1. Januar 1999 in Kraft getreten war, aber auch andere moderne Insolvenzgesetze, wie z.B. das in der Slowakei (Gesetz Nr.
7/2005 Slg. über den Konkurs und die Restrukturierung). Seit 2008 wurde das tschechische Insolvenzgesetz (InsG) mehrmals
grundlegend novelliert, zuletzt zum 1. Januar 2014. Im nachfolgenden Überblick werden wir uns unter anderem mit den
nachfolgenden Themen beschäftigen:
- Einleitung des Insolvenzverfahrens
- Funktion des Insolvenzregisters
- Gläubigerschutz (Moratorium)
- Anmeldung von Forderungen durch Gläubiger
- Funktion des Insolvenzverwalters
- Verteilung unter die Gläubiger
- Reorganisation
- Verbraucherinsolvenz (sog. Entschuldung)
- Grundlagen des Europäischen Insolvenzrechtes
In den Jahren 2011, 2012 und 2013 wurden 24466, 32656 bzw. 37613 Insolvenzanträge gestellt. Damit war die Anzahl der
Anträge 2012 und 2013 insgesamt sogar höher als die in Deutschland. Allerdings wurden nur 14118, 20700 bzw. 25044
Insolvenzverfahren auch tatsächlich eröffnet, in den anderen Fällen wurde der Antrag entweder zurückgekommen oder
vom Insolvenzgericht zurückgewiesen. Aufschlussreich ist auch die Verteilung der Insolvenzanträge auf die drei Arten des
Insolvenzverfahrens Konkurs, Reorganisation und Verbraucherinsolvenz (sog. Entschuldung): die meisten Anträge wurden auf
die Eröffnung einer Verbraucherinsolvenz – nach dem InsG „Entschuldung“ - gestellt (2011, 2012 und 2013 je 18021, 25785
bzw. 30213 Anträge), die wenigsten auf eine Reorganisation (2011, 2012 und 2013 je 23, 21 bzw. 17 Anträge), der Rest auf
einen Konkurs (2011, 2012 und 2013 je 2617, 2735 bzw. 3140 Anträge). Im Weiteren werden die Grundsätze, die für alle
Verfahren gleich sind, und die Besonderheiten der einzelnen Verfahrensarten Konkurs, Reorganisation und Verbraucherinsolvenz
dargestellt.
DTIHK – Publikationsreihe Neues Zivilrecht
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Teil X: Insolvenzrecht
1.
Der Begriff des Bankrotts, die Verpflichtung und die Berechtigung
zur Insolvenzantragstellung
Der zentrale Begriff des Insolvenzgesetzes ist der Bankrott („úpadek“, § 3 InsG), bei dessen Vorliegen der bankrotte Schuldner
in der Regel verpflichtet ist, einen Insolvenzantrag zu stellen; das Verfahren läuft dann entweder als Konkurs, Reorganisation
oder Verbraucherinsolvenz. Ein Bankrott liegt bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vor; eine Zahlungsunfähigkeit
wird angenommen, wenn ein Gläubiger mehrere, d.h. mindestens zwei Gläubiger hat, finanzielle Verbindlichkeiten, die schon
mehr als 30 Tage fällig sind, hat und wenn er nicht imstande ist, diese Verpflichtungen zu erfüllen; zu letzterem gibt es
Regelvermutungen in § 3 Abs. 2 InsG. Eine Überschuldung, die bei Unternehmern angewandt wird, liegt nach § 3 Abs. 3 InsG
vor, wenn ein Schuldner mehrere Gläubiger hat und die Verbindlichkeiten dessen Vermögen übersteigen.
Eine Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrags ergibt sich bei Unternehmern – d.h. juristischen Personen und
unternehmerisch tätigen natürlichen Personen – nach § 98 InsG unverzüglich danach, wenn sie vom Vorliegen eines Bankrotts
erfahren; bei juristischen Personen sind dies die Geschäftsführer einer GmbH und die Vorstandsmitglieder einer AG; wenn sie
diese Verpflichtung verletzen, hat das für diese Statutarorgane haftungsrechtliche Konsequenzen. Aber auch ein Gläubiger kann
einen Insolvenzantrag stellen. Bei einem Insolvenzantrag sind die Formvorschriften gemäß § 97 InsG zu beachten (in der Regel
amtlich beglaubigte Unterschrift, bei einer Unterschrift in Deutschland mit einer Apostille). Der Antragsteller kann seitens des
Insolvenzgerichts verpflichtet werden, einen Vorschuss auf die Verfahrenskosten von bis zu 50.000,- CZK zu bezahlen (§ 108
InsG). Ein Antrag auf die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens kann nur vom Schuldner, nicht von einem Gläubiger
beantragt werden (§ 389 Abs. 3 InsG).
2.
Veröffentlichung der Stellung des Insolvenzantrages, das Insolvenzregister
Während Verfahren unter dem alten Konkurs- und Vergleichsgesetz noch als quasi Geheimverfahren geführt wurden, hat das
InsG jetzt einen anderen Weg gewählt: es herrscht maximale Transparenz wegen des sog. Insolvenzregisters (einsehbar unter
www.justice.cz). Denn die Veröffentlichung der Stellung eines Insolvenzantrages – und auch jeden anderen Schriftverkehrs
im Insolvenzverfahren - erfolgt innerhalb von zwei Stunden nach der Antragstellung im Insolvenzregister (§ 101 Abs. 1
InsG) als Anordnung in der Regel mit dem eingescannten Antrag, der aber vom Insolvenzgericht inhaltlich nicht geprüft ist.
Die Anordnung enthält die wichtigsten Angaben (Antragsteller, Schuldner, Insolvenzgericht, Zeitpunkt der Antragsstellung);
gegen die Anordnung gibt es kein Rechtsmittel. Die Antragstellung gilt als der Beginn des Insolvenzverfahrens, deswegen
wird nach § 102 InsG auch eine ganze Reihe von Ämtern darüber informiert (u.a. Finanzamt, Zollamt, Arbeitsamt,
Sozialversicherungsamt, ordentliches Gericht des Schuldners etc.); auch im Handelsregister erfolgt ein Eintrag über die
Stellung eines Insolvenzantrages. Allerdings hat sich dieser Mechanismus in Fällen als problematisch erwiesen, in denen
Insolvenzanträge missbräuchlich gestellt wurden, z.B. statt Zahlungsklagen. Auch ein unbegründeter Antrag kann wegen
seiner Veröffentlichung einen solchen Druck auf einen Schuldner ausüben (viele Kreditverträge werden beim Vorliegen eines
Insolvenzantrages sofort fällig gestellt; Schuldnerauskunfteien, Bonitätsunternehmen verwenden die Einträge, etc.), dass
viele Schuldner alle Forderungen zahlen, um den Antrag aus dem Insolvenzregister und aus allen anderen Registern wieder
herauszubekommen. Dort bleibt er allerdings fünf Jahre sichtbar, es sei denn, es wird dessen Missbräuchlichkeit festgestellt.
Dem Missbrauch – es wurde vom Gesetzgeber geschätzt, dass er bis zu 10 % aller Anträge betrifft - sollte eine Novellierung
des InsG (Gesetz Nr. 334/2012 Slg.) gegen schikanöse Anträge aus dem Jahre 2012 abhelfen, allerdings mit bisher mäßigem
Erfolg, weil die Sanktionen nicht stark genug sind und die Vorteile des Drucks auf den Schuldner durch solche Anträge weiter
überwiegen. Zu einer inhaltlichen Prüfung des Antrags kommt es erst mit der Entscheidung des Gerichts über das Vorliegen
eines Bankrotts nach § 136 InsG, wo oft auch darüber entschieden wird, ob die Insolvenz als Konkurs, als Reorganisation
oder als Verbraucherinsolvenz geführt wird. Wenn das Insolvenzgericht die Entscheidung über den Bankrott nicht mit der
Entscheidung über die Art und Weise der Lösung des Bankrotts verbindet, fällt es diese Entscheidung später auf Grund einer
eingehenderen Prüfung der Möglichkeiten des Insolvenzschuldners (insbesondere bei der Reorganisation).
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Teil X: Insolvenzrecht
3.
Gläubigerschutz (Moratorium)
Innerhalb von sieben Tagen nach der Stellung eines Insolvenzantrages (bzw. innerhalb von 15 Tagen nach der Stellung eines
Insolvenzantrages durch einen Gläubiger) kann der Insolvenzschuldner einen Antrag auf ein Moratorium stellen (§§ 115 ff.
InsG). Ein Moratorium kann verlängert werden, und während des Moratoriums haben sowohl der Insolvenzschuldner, als auch
die Gläubiger Vorteile: während des Moratoriums ist das Insolvenzgericht gehindert, über den Insolvenzantrag zu entscheiden.
Forderungen der Gläubiger, welche unmittelbar mit der Aufrechterhaltung des Betriebs des Insolvenzschuldners zusammenhängen
und die während der letzten 30 Tage vor dem Moratorium oder im Laufe des Moratoriums entstanden sind, werden vorrangig
bedient.
4.
Forderungsanmeldung
Eine Forderungsanmeldung (§§ 173ff. InsG) erfolgt in tschechischer Sprache auf einem vom Justizministerium veröffentlichten
Formular; eine Gebühr wird für die Anmeldung von Forderungen nicht erhoben. Eine Forderungsanmeldung ist ab der Stellung
eines Insolvenzantrages möglich; Forderungen sind entweder als unabgesicherte oder als abgesicherte anzumelden. Das
Insolvenzgericht legt eine Frist zur Forderungsanmeldung in dem Beschluss über das Vorliegen eines Bankrott (§ 136 InsG)
fest, und zwar innerhalb von zwei Monaten ab diesem Beschluss (bei einer Verbraucherinsolvenz beträgt die Frist 30 Tage);
eine entsprechende Aufforderung wird im Insolvenzregister veröffentlicht. In der Regel gilt für in- und ausländische Gläubiger
die gleiche Frist zur Anmeldung; ausländische bekannte Gläubiger werden noch eigens auf den Lauf der Frist hingewiesen. In
einigen Fällen haben jedoch bei einer zu späten oder unterbliebenen Anzeige an ausländische Gläubiger tschechische Gerichte
einen längeren Fristlauf angenommen, was umstritten ist. Zu beachten ist, dass Anmeldungen, die nach Ablauf der Frist beim
Insolvenzgericht eingehen, nicht mehr berücksichtigt werden. Zu beachten ist auch, dass bis auf Ausnahmen Anmeldungen, bei
denen festgestellt wird, dass deren tatsächlicher Wert geringer als 50 % des angemeldeten Wertes ist, nicht einmal in deren
tatsächlichen Höhe befriedigt werden. Einem solchen Gläubiger kann zudem seitens des Insolvenzgericht auferlegt werden,
dass er den „Rest“ in die Vermögensmasse des Insolvenzschuldners einzahlt (§§ 178 ff. InsG).
5.
Insolvenzverwalter
Der Insolvenzverwalter ersetzt den bisherigen Konkursverwalter; neu im Vergleich zu den Konkursverwaltern ist, dass der
Zugang zu dem Register der Insolvenzverwalter, das von Justizministerium geführt wird, durch das Insolvenzverwaltergesetz
(Gesetz Nr. 312/2006 Slg.) strikt geregelt ist. Eine Ernennung von Insolvenzverwaltern aus den Ländern des Europäischen
Wirtschaftsraums und der Schweiz ist für ein tschechisches Insolvenzverfahren möglich (§§ 27 und 28 des InsVerwG), aber eher
selten, da das Verfahren ja auf tschechisch abläuft. Der Insolvenzverwalter hat die Aufgabe, das Insolvenzverfahren für den
Insolvenzschuldner, der ab einem gewissen Moment seine Verfügungsbefugnis verliert, abzuwickeln. Der Insolvenzverwalter wird
vom Insolvenzgericht spätestens in der Entscheidung über das Vorliegen eines Bankrotts ernannt (davor kann ein vorläufiger
Insolvenzverwalter ernannt werden), er erhält eine Vergütung, muss aber die Interessen der Gläubiger über seine Interessen
stellen. Die Rechte der Gläubiger, eine Einwirkung darauf zu nehmen, den Insolvenzverwalter zu wählen oder abzuberufen,
wurden durch das InsG gestärkt. Mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens endet die Funktion des Insolvenzverwalters, der
Insolvenzschuldner erlischt (bei Konkurs) oder er erhält seine volle Verfügungsbefugnis wieder zurück (bei einer erfolgreichen
Reorganisation oder Entschuldung oder bei einem Konkurs einer natürlichen Person oder selten auch einer juristischen Person,
die auch nach einem Konkurs noch Vermögen besitzt).
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Teil X: Insolvenzrecht
6.
Verteilung
Am Ende eines Insolvenzverfahrens erfolgt die Verteilung des festgestellten Vermögens des Insolvenzschuldners an die
Gläubiger; zuvor werden der Insolvenzverwalter vergütet und die Kosten des Verfahrens beglichen. Bei der Verteilung an die
Gläubiger wird nach den abgesicherten und nicht abgesicherten Gläubigern unterschieden. Das InsG enthält einen Katalog von
Gläubigern bzw. Forderungen, die bevorzugt befriedigt werden. Bei einer Reorganisation und bei einer Entschuldung erfolgt
die Verteilung entsprechend des Reorganisations- und des Entschuldungsplanes auch schon während des Insolvenzverfahrens.
Die endgültige Verteilung bzw. das Ende des Insolvenzverfahrens wird per Beschluss festgestellt. Alle bei einem Konkurs nicht
angemeldeten und angemeldeten Forderungen in der Höhe, in der sie nicht befriedigt worden sind, erlöschen zwar nicht,
können jedoch meistens nicht mehr eingetrieben werden, da der Insolvenzschuldner aufgelöst wird. Bei einer Reorganisation
erlöschen die gemäß dem Reorganisationsplan nicht zu befriedigenden Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners (§ 359
InsG). Bei einer erfolgreichen Verbraucherinsolvenz wird der Insolvenzschuldner nach deren Beendigung von der Pflicht, die
„restlichen“ Verbindlichkeiten zu bezahlen, befreit (§ 414 InsG). Bei der Reorganisation und bei der Verbraucherinsolvenz gibt
es Möglichkeiten, die Ergebnisse dieser Verfahren bei betrügerischem Verhalten wieder aufzuheben.
7.
Ansprüche innerhalb des Konzerns und gegen Leitungsorgane
Bei Ansprüchen innerhalb eines Konzerns bestehen besondere Regelungen, inwiefern diese Ansprüche innerhalb des Konzerns
ausgeglichen oder angemeldet werden können. Insbesondere bei den Regeln über die Unwirksamkeit von Rechtshandlungen
vor einer Insolvenz und den Anfechtungsregeln bestehen hier Sonderregeln (§§ 231 ff. InsG); bei einer Anmeldung hat ein
Schuldner, der zu einem Konzern gehört, auf Forderungen oder Verpflichtungen hinzuweisen, die innerhalb eines Konzerns
bestehen oder bestanden.
Wegen einer verschleppten Insolvenz, d.h. einer nicht rechtzeitigen Stellung eines Insolvenzantrages, können
Schadensersatzansprüche gegen die satzungsmäßigen Organe bestehen, d.h. Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder einer
Gesellschaft. Dabei wirkt sich aus, dass die satzungsmäßigen Organe nach dem neuen BGB erhöhte Sorgfaltspflichten treffen.
Der Insolvenzverwalter hat etwaige Ansprüche gegenüber den satzungsmäßigen Organen im Namen des Insolvenzschuldners
geltendzumachen.
8.
Reorganisation
Erst seit Inkrafttreten des InsG gibt es die Möglichkeit eines sog. Reorganisationsverfahrens; das bisherige Vergleichsverfahren
hatte sich nicht bewährt. Ziel einer Reorganisation ist es, das Schuldnerunternehmen zu erhalten und weiterzuführen.
Über die Einleitung einer Reorganisation entscheidet das Insolvenzgericht im Beschluss über das Vorliegen eines Bankrotts
(§ 136 InsG), und zwar nur auf Antrag des Insolvenzschuldners oder eines Gläubigers; dabei muss ein Reorganisationsplan
vom Insolvenzschuldner relativ kurzfristig eingereicht werden; bei einem Gläubigerinsolvenzantrag kann die Frist zur
Abgabe des Reorganisationsplans auf Antrag des Schuldners vom Gericht verlängert werden (§ 316 Abs. 6 InsG). Wichtig
ist die Einschränkung, dass ein Reorganisationsverfahren nur dann zulässig ist, wenn der Insolvenzschuldner einen letzten
Jahresumsatz von mindestens 50 Mio. CZK oder wenn er mehr als 50 Arbeitnehmer hat, es sei denn, dass der Schuldner
einen Reorganisationsplan vorlegt, der mindestens von der Hälfte der gesicherten und der Hälfte der ungesicherten Gläubiger
genehmigt wurde (§ 316 Abs. 4,5 InsG). Die Reorganisation muss vom Gericht genehmigt werden (§ 328 InsG), und im zweiten
Schritt muss das Gericht auch den Reorganisationsplan genehmigen (§ 348 InsG); wenn dies nicht geschieht – oder wenn
der Reorganisationsplan später nicht erfüllt wird -, wird das Insolvenzverfahren als Konkurs weitergeführt, d.h. es kommt zur
Zerschlagung des Schuldnerunternehmens und letztendlich zu dessen Verschwinden.
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Bei einem Reorganisationsverfahren wird der Schuldnerbetrieb weitergeführt, und zwar von dem Schuldner selbst mit der
Zustimmung der Gläubigerversammlung (§ 330a InsG), aber entsprechend dem Reorganisationsplan und unter der Aufsicht von
dem Insolvenzverwalter und dem Insolvenzgericht. Wenn der Reorganisationsplan erfüllt wird, endet die Reorganisation mit
der Feststellung der Erfüllung des Reorganisationsplanes (§ 364 InsG); durch diese Feststellung gehen auch alle angemeldeten
und nicht angemeldeten Forderungen gegen den Insolvenzschuldner unter.
9.
Verbraucherinsolvenz (sog. Entschuldung)
Die Verbraucherinsolvenz ist mittlerweile das häufigste Verfahren, auf das mittlerweile weit mehr als die Hälfte aller
Insolvenzanträge gerichtet sind. Ziel der Entschuldung ist es, dass der Schuldner nach einer Verwertung oder einer
Wohlverhaltensphase von seiner Schuldenlast befreit wird. Antragsberechtigt ist nur der Schuldner, in der Regel eine
natürliche Person mit Schulden nicht aus Geschäftstätigkeit, oder – im selteneren Falle - einer juristischen Person, die nach
dem InsG nicht als Unternehmer angesehen wird. Ab dem 1. Januar 2014 ist es nicht mehr ausgeschlossen, einen Bankrott des
Insolvenzschuldners durch die Verbraucherinsolvenz zu lösen, wenn dieser auch Verbindlichkeiten aus einer bereits beendeten
Unternehmenstätigkeit hat. In solch einem Fall verlangt jedoch das Insolvenzgesetz, dass der zuständige Gläubiger mit der
Verbraucherinsolvenz einverstanden ist oder dass es sich um einen gesicherten Gläubiger handelt oder dass ein vorheriges
Konkursverfahren erfolglos war. Der Antrag erfolgt auf Formularen. Der Schuldner muss ein Schulden- und Vermögensverzeichnis
vorlegen, das Gericht bewilligt dann die Durchführung einer Entschuldung. Die Entschuldung kann entweder durch Verwertung
des Vermögens oder durch die Erfüllung eines Ratenzahlungsplans erfolgen (§ 398 Abs. 1 InsG). Der Ratenzahlungsplan läuft
in der Regel auf fünf Jahre, und diese Art der Entschuldung ist häufiger als die Verwertung. Die genaue Art der Entschuldung
wird von Gericht auch durch einen Beschluss genehmigt (§ 404 InsG). Dann fängt der Schuldner an, auf den Plan zu leisten,
oder es beginnt die Verwertung. Wenn der Ratenzahlungsplan erfüllt worden ist, nimmt das Gericht dies in einem Beschluss
zur Kenntnis (§ 413 InsG). In diesem Falle wird der Schuldner von allen Forderungen, die in die Entschuldung einbegriffen sind,
befreit. Wenn es weder zu einer Verwertung noch zu einer Erfüllung des Ratenplans kommt, wird das Verfahren weiter als
Konkurs fortgesetzt.
10.
Europäisches Insolvenzrecht
Neben dem InsG ist die Verordnung Nr. 1346/2000/EU über Insolvenzverfahren direkt anwendbar; sie ist auch teilweise
geregelt in §§ 426 ff. InsG (Buch II des InsG: „Beziehungen zu Staaten der Europäischen Union“; merkwürdigerweise enthält
das InsG – anders als sein Vorgängergesetz - aber keine Regeln bezüglich der Staaten außerhalb der Europäischen Union,
d.h. EEA-Staaten außerhalb der EU, der Schweiz oder anderer Länder). Die internationale Zuständigkeit bei einer Insolvenz,
d.h. die Frage, welche Gerichtsbarkeit bei einer Insolvenz, die eine Verbindung zu mehreren Staaten hat (z.B. beim Bestehen
von Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen, Grundbesitz eines Insolvenzschuldners in einem anderen Land als seinem
Sitzstaat etc.), zuständig ist, richtet sich nach dieser Verordnung und §§ 426 ff. InsG (in diesen fünf Paragraphen handelt es
sich um Verweise in die Verordnung, § 430 InsG regelt die Frage der Anzeigen an bekannte Gläubiger im Rahmen der EU). In
manchen Fällen kommt es so zu einem Insolvenznebenverfahren in einem zweiten Staat, während das Hauptverfahren in dem
Sitzstaat des Insolvenzschuldners stattfindet.
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Teil X: Insolvenzrecht
Die Autoren
Dr. STEPHAN HEIDENHAIN
spolupracující advokát und Rechtsanwalt, Senior Associate
[email protected]
Stephan Heidenhain ist seit 2004 bei bnt attorneys-at-law s.r.o. in Prag tätig. Er ist Mitglied
einer deutschen (Brandenburg) und – als tschechischer Rechtsanwalt – der Tschechischen
Rechtsanwaltskammer und berät Mandanten, vorwiegend Investoren in der Tschechischen Republik,
im tschechischen, deutschen und europäischen Recht.
Er studierte Rechtswissenschaften in Berlin und Tübingen (1. Staatsexamen 1994). Nach dem Referendariat im Lande
Brandenburg (2. Staatsexamen 1996) und der Promotion (Dr. iur.) an der Europa Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) zum
europäischen und polnischen Verbraucherschutzrecht arbeitete er von 1999 bis 2003 als rechtlicher Berater für die OSZE
in Estland und in Polen.
Er ist Autor von mehreren Veröffentlichungen zum Europäischen und tschechischen Verbraucherschutzrecht, dem
tschechischen Insolvenz und Energierecht sowie dem Recht der nationalen Minderheiten und dem Wahlrecht. Herr
Heidenhains Muttersprache ist deutsch; er spricht verhandlungssicher Tschechisch, Englisch, Polnisch und Russisch und hat
gute Kenntnisse in der französischen und estnischen Sprache.
Mgr. David Fechtner
spolupracující advokát
[email protected]
David Fechtner beendete im Jahr 2008 das rechtswissenschaftliche Studium an der Juristischen
Fakultät der Karls-Universität in Prag. Während des Studiums war er in einer internationalen
Anwaltskanzlei tätig. Ende 2008 schloss er sich der Kanzlei bnt attorneys-at-law s.r.o. als
Rechtsanwaltskonzipient an. Seine Anwaltsprüfungen legte er erfolgreich Ende des Jahres 2013 ab.
Die Hauptgebiete seiner Spezialisierung sind das Gesellschaftsrecht, Fragen der Vergabe öffentlicher Aufträge und das
Insolvenzrecht. Außerdem widmet er sich dem Jagdrecht und der rechtlichen Regelung der Waffen und Munition. Zu diesen
Themen veröffentlichte er eine Reihe von Artikeln. David Fechtner spricht fließend tschechisch und deutsch. Er ist Mitglied
der Tschechischen Rechtsanwaltskammer.
Zur Kanzlei
bnt | attorneys-at-law, eine internationale Anwaltskanzlei, vertreten in 10 Ländern Mittel- und
Osteuropas, berät in allen wichtigen Bereichen des Wirtschaftsrechts.
Mit Büros in Deutschland, Tschechien, Polen, Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Weißrussland, Litauen,
Lettland und Estland und gemeinsam mit Kooperationspartnern in weiteren Ländern, wie Rumänien
oder Slowenien, berät bnt | attorneys-at-law Mandanten aus Westeuropa und der ganzen Welt in Mittel- und Osteuropa.
Diese großflächige Abdeckung auch kleinerer Märkte macht bnt | attorneys-at-law zu einer führenden Anwaltskanzlei
in Mittel- und Osteuropa. So kann bnt | attorneys-at-law Rechtsberatungsleistungen, die mehr als ein Land und eine
Rechtsordnung betreffen, erbringen und dem Mandanten hierfür einen einzigen Ansprechpartner anbieten, der die
rechtlichen Besonderheiten und Sprachen der einzelnen Länder kennt und berücksichtigt.
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Auch wenn bnt | attorneys-at-law im Jahre 2013 „erst“ sein 10jähriges Bestehen feiern konnten und daher als junge
Kanzlei gelten mag, sind die bnt-Anwälte erfahrene Praktiker, die auf langjährige Erfahrungen zurückblicken können. Mit
27 Partnern und insgesamt mehr als 130 Berufsträgern (einschließlich Anwälten und Juristen, mit lokalen Zulassung und/
oder einer Zulassung in einer anderen Jurisdiktion), gehören die bnt-Büros an ihrem jeweiligen Standort in der Regel zu
den mittelgroßen Kanzleien. Aufgrund der internationalen Ausrichtung von bnt | attorneys-at-law kann Rechtsberatung
in Englisch, Deutsch und in 14 weiteren Sprachen erbracht werden. In grenzüberschreitenden Angelegenheiten arbeiten
unsere Anwälte eng und effektiv zusammen. Die Arbeit in den internationalen Practice-Groups, die bnt-Jahrestreffen und
die regelmäßige, gemeinsame Mandatsführung bilden dafür die beste Grundlage.
bnt | attorneys-at-law wird auch in den Medien wahrgenommen. Hervorzuheben ist Legal 500, dort wurde bnt in den
letzten Jahren 26-mal in Rankings erwähnt, und 23 Anwälte wurden empfohlen.
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Mitgliedern des Arbeitskreises bearbeitet.
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