ver.di Info - KfZ Steuer - Fachbereich Bund + Länder NRW

Transcrição

ver.di Info - KfZ Steuer - Fachbereich Bund + Länder NRW
Information Fachbereich Bund + Länder NRW
www.nrw6.verdi.de
Die Übernahme der Kfz-Steuer –
[Dez. 2014]
Informationen der
Ein Lehrstück ministerieller „Projektarbeit“
Vereinten
Dienstleistungsgewerkschaft
Fachbereich Bund + Länder
Nordrhein-Westfalen
Wussten Sie’s? Bereits seit dem 01.07.2009 ist
das Bundesfinanzministerium mit seiner Zollabteilung per Gesetz für die Verwaltung der KfzSteuer zuständig. Wussten Sie nicht? Macht
nichts! Bis vor gut einem halben Jahr wussten
dies in der öffentlichen Wahrnehmung außer
uns Zöllnerinnen und Zöllnern auch nur ein
paar Insider. Dabei befinden wir uns z.B. in
NRW schon seit Februar dieses Jahres im
Echtbetrieb!
Seitdem überschlagen sich in Presse, Funk und
Fernsehen die Schlagzeilen (Auszüge):
„Zoll verschickt fehlerhafte KfzSteuerbe-scheide.
Ein
Fall
von
Inkompetenz der Behörden“ (Die Welt,
14.11.2014)
„Daten-Chaos bei Kfz-Steuer
zehn-tausende Autobesitzer“
Westen, 27.10.2014)
nervt
(Der
„Zollamt nichts für Gehbehinderte Dabei ist die Behörde jetzt für die
Anträge von Kfz-Steuerbefreiungen
zuständig“
(Allgemeine
Zeitung,
27.10.2014)
„Hauptzollamt jetzt zuständig: Chaos
um die Kfz-Steuer“ (Hamburger
Morgenpost, 21.07.2014)
Was war geschehen? Professionelles Projektmanagement und gute Öffentlichkeitsarbeit
sehen anders aus, meinen Sie? Meinen wir
auch! Doch eins nach dem anderen … :
Münster, Duisburg, Krefeld, Köln und Gießen
einzurichten. Personell wurde hier - wie im
gesamten Bundesgebiet - vom Projekt die
Parole „Genauso bürgerfreundlich und bürgernah wie die Finanzämter (aber mit deutlich
weniger Personal!)“ ausgegeben. Ein Widerspruch in sich? Nicht für unser Ministerium!
Geeignetes Personal stünde hierfür auch in
ausreichender Zahl aus den „Überhangbereichen“ der Bundeswehr, der Bahn und den
Postnachfolgeunternehmen (Vivento) zur Verfügung, wurde gebetsmühlenartig versichert.
Bei einer Aufgabe dieser Größenordnung
müsste zudem die Beschaffung einer professionellen Software (wie bei den Finanzämtern
schon seit langem im Einsatz) selbstverständlich sein. Schließlich braucht das Rad hier
ja nicht wirklich neu erfunden zu werden,
oder?
All dies sollte bei einer Vorlaufzeit von über 4
Jahren doch möglich sein, meinen Sie? Meinen
wir auch! Doch leider klaffen auch bei diesem
„Projekt“ Selbst- und Fremdwahrnehmung
unserer Leitung meilenweit auseinander:
Das erforderliche Personal (betroffen waren
hier neben den Festsetzungs- auch die Vollstreckungsstellen der HZÄ) konnte - wenn
überhaupt - erst in buchstäblich letzter
Sekunde Ende letzten Jahres akquiriert
Im Bezirk der BFD West waren lt. Projekt
„Kraftfahrzeugsteuer Zoll“ sechs Festsetzungsstellen bei den Hauptzollämtern Dortmund,
Online-Beitritt: www.mitgliedwerden.verdi.de
Impressum: Eine Veröffentlichung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ,
FB 6, Landesbezirk NRW, Karlstraße 123-127, 401210 Düsseldorf. V.i.S.d.P. Michael Kötzing
werden. In vielen Stellen ist die Sollstärke bis
heute nicht erreicht.
Überflüssig zu erwähnen, dass naturgemäß
niemand von den neuen Kolleginnen und
Kollegen bisher schon einmal Kfz-Steuer
festgesetzt bzw. vollstreckt hat. Ach ja: Die
versprochene flächendeckende Bürgernähe
wurde dann Anfang dieses Jahres quasi über
Nacht den Zollämtern in Form von sogenannten „Kontaktstellen“ per Handauflegung
(also mit Erlass) übertragen.
Personalzuführung für diese neue Aufgabe?
Fehlanzeige! Nicht erforderlich, machen die
KollegInnen einfach „nebenher“ mit. Die ureigenen zöllnerischen Aufgaben müssen dann
halt mal zurückstehen …
Darüber, dass diese Kontaktstellen insbesondere von schwerbehinderten Menschen für
Zwecke der Kfz-Steuerbefreiung bzw. für die
Bareinzahlung von Rückständen aufgesucht
werden, haben unsere Verantwortlichen im
Vorfeld doch sicher nachgedacht, oder?
Glauben Sie nicht? Wir auch nicht:
Rund die Hälfte der in aller Eile und in großem
Umfang an ausgelagerten Standorten eingerichteten Kontaktstellen ist entweder nicht
barrierefrei oder kann kein Geld annehmen.
Häufig sogar beides.
Derart gut vorbereitet machte man sich sodann
frisch ans Werk: Tausende Steuerbescheide
wurden bundesweit von den neuen Festsetzungsstellen verschickt. Als Absender
tauchte in diesen Verwaltungsakten zwar das
jeweilige Festsetzungs-HZA auf, Zahlungen
sollen aber natürlich nicht an dieses, sondern
auf ein Konto der Bundesbank in Saarbrücken
geleistet werden. Und wer eine Rückfrage zur
fehlerhaften Festsetzung hatte, durfte nicht
das HZA selbst sondern musste eine (unter
dem Ansturm faktisch nicht erreichbare)
Hotline beim IWM Zoll in Dresden anrufen.
Finden Sie unlogisch? Wir auch!
Manche Steuerschuldner haben sogar besorgt
bei der Polizei nachgefragt, ob sie angesichts
dieser gelungenen „Außendarstellung“ ggf.
einer Betrugsmasche (Kettenbrief) aufgesessen
sind. Zum Glück nicht! Überflüssig zu
erwähnen, dass das BMF eine vorherige Information aller Autofahrer über die geänderten
Zuständigkeits-, Festsetzungs- und Zahlungsmodalitäten aus Kostengründen (!) nicht für
erforderlich hielt. Ein kleiner DIN A4-Flyer,
versteckt als pdf-Datei auf der Homepage
„Zoll.de“, muss da schon reichen. Und wo
haben die Steuerpflichtigen ihrem diesbezüglichen Ärger wohl Luft gemacht? Richtig: Bei
den KollegInnen der Hauptzollämter und
Zollämter auf der Ortsebene!
Auch die aufwändig entwickelte neue Steuersoftware konnte völlig überraschend nicht die
in sie gesetzten Erwartungen erfüllen: Die
sogenannte Migration der „Altdaten“ (wir
sprechen hier immerhin von gut 58 Millionen
Fahrzeugen) von den Landesfinanzverwaltungen war in vielen Punkten nicht möglich: So
mussten und müssen beispielsweise bis heute
tausende Datensätze von bereits hinterlegten
SEPA-Lastschriftmandaten nochmals händisch
(!) in das neue Programm eingegeben werden.
Kann ja mal passieren. Diese Fehler bessert
doch sicherlich das verantwortliche Softwarehaus nach, meinen Sie? Sie sind ja lustig:
Online-Beitritt: www.mitgliedwerden.verdi.de
Impressum: Eine Veröffentlichung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ,
FB 6, Landesbezirk NRW, Karlstraße 123-127, 401210 Düsseldorf. V.i.S.d.P. Michael Kötzing
Das machen natürlich die KollegInnen vor Ort
mit links!
Mit dem Mut der Verzweiflung unterstützen
hier Kolleginnen und Kollegen aus allen
Sachgebieten die Festsetzungsstellen, vernachlässigen dabei ihre eigenen Aufgaben und
bauen in erheblichem Umfang Überstunden
auf! Einige Festsetzungs-HZÄ mussten hierfür
zusätzlich noch befristet externe Erfassungskräfte einstellen …
ver.di dankt hierbei ausdrücklich allen
Kolleginnen und Kollegen vor Ort, die trotz
dieser bescheidenen Rahmenbedingungen
durch ihre engagierte Arbeit die Übernahme
der Kfz-Steuer im Echtbetrieb überhaupt erst
möglich machen!!
Im Interesse dieser Kolleginnen und Kollegen
fordert ver.di:
Umgehende
Anerkennung
des
zusätzlichen Personalbedarfs für die
Kontaktstellen (mind. 2 AK mD
Schnellstmögliche Personalzuführung
in diesem Bereich
Sicherstellung von Barrierefreiheit und
der Möglichkeit der Geldannahme bei
allen Kontakt-stellen
Besetzung aller i.R.d. KLP anerkannten
Stellen in den Bereichen Festsetzung
und Vollstreckung
Gründliche
Nachbesserung
der
eingesetzten Software
Endlich
eine
ehrliche
und
adressatengerechte
Öffentlichkeitsarbeit ohne Schönfärberei
Stellungnahme der Projektleitung zum
bisher
verursachten
schweren
Imageschaden
Noch ein nachdenklicher Satz zum Schluss:
Gehören Sie nach diesen Erfahrungen auch zu
den KollegInnen, die bei dem Wort „Projekt“
mittlerweile hektische Flecken bekommen?
Das letzte „Projekt Strukturentwicklung
Bundesfinanzverwaltung“ (da war doch mal
was?) ist gerade einmal 6 Jahre alt und brachte
uns so heilsbringende Neuerungen wie die
BFD-Struktur („ZF“ und „RF“), Kennzahlencockpits, Abweichungsanalysen, Zielvereinbarungen, Prozess- und Ressourcenverantwortung, Steuerungskonzepte und Risikomanagement (die Liste ließe sich noch beliebig
fortführen).
Ein für die Praxis wirklich durchschlagender
Erfolg! Auch damals begann alles still und leise
mit der Einrichtung einer „Projektgruppe“.
Letzten Monat hat Herr Schäuble in Berlin eine
Projektgruppe „Generalzolldirektion“ eingesetzt. Mal sehen, wo wir in einem Jahr stehen
werden. Nachtigall, ick hör dir trapsen …
„Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch
nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.“
Online-Beitritt: www.mitgliedwerden.verdi.de
Impressum: Eine Veröffentlichung der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ,
FB 6, Landesbezirk NRW, Karlstraße 123-127, 401210 Düsseldorf. V.i.S.d.P. Michael Kötzing