Interview mit dem Vorstand der Lippischen

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Interview mit dem Vorstand der Lippischen
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Lokales
FREITAG
4. MÄRZ 2016
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Hochschule
& Wirtschaft
!"#$%&'$() Der Vorstand der Lippischen Landes-Brandversicherung spricht über seine personellen und strukturellen Pläne
für das laufende Jahr. Wichtig ist den Chefs die enge Verbundenheit mit der Region und der persönliche Kontakt zu den Kunden
Redaktion Hochschule
und Wirtschaft
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Martin Teschke (mte)
Silke Buhrmester (sb)
Martin Hostert (mah)
Erol Kamisli (ero)
Marianne Schwarzer (an)
Astrid Sewing (sew)
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Persönlich
I9@9; JKDL8< (59) ist seit
Anfang 2015 Vorstandsvorsitzender der
Lippischen LandesBrandversicherungsanstalt (LLB) in Detmold. Der DiplomMathematiker ist zudem seit 1983 bei der
Provinzial tätig, seit
1998 sitzt er im Vorstand des Unternehmens. Bis Ende Mai
dieses Jahres wird er
dort für das Privatkundengeschäft Komposit
zuständig sein. Darüber
hinaus ist Slawik Vorsitzender verschiedener
Ausschüsse beim Gesamtverband der
Deutschen Versicherungswirtschaft und
beim Verband öffentlicher Versicherer.
78;< 7D><9KFD>> (50)
ist seit November 2012
stellvertretender Vorstandsvorsitzender der
LLB. Der DiplomKaufmann begann seine Karriere 1994 im
Außendienst des Gerling-Konzerns in Köln.
Dort durchlief er verschiedene Stationen mit
nationaler und internationaler Verantwortung. Im Jahr 2004 kam
er dann zur Provinzial
Rheinland in Düsseldorf.
7;M J@9?D> NO9;P8>Q (51)
ist seit Oktober 2015
Mitglied des Vorstandes der LLB. Der Diplom-Kaufmann und
gebürtige Bielefelder
mit familiären Wurzeln
in Detmold begann
seine Karriere in der
Assekuranz 1996 bei
der Provinzial Rheinland. Im Jahr 2000
wechselte er zum Allgemeinen Wirtschaftsdienst. Vor seiner Tätigkeit für die LLB war
er seit 2014 Vorstandsmitglied für Vertrieb
und Produktentwicklung bei der Versicherung Domcura in Kiel.
8/2+2& .-$ '(% 02%299%*+(./9#*+2 :&0(0242&/ '2$ ;#55#%*+2&< (von links) Dr. Stefan Everding, Peter Slawik und Dirk Dankelmann.
Kreis Lippe. Die Lippische
Landes-Brandversicherungsanstalt hat vom Ergebnis her ein
schwierigesJahrhintersich.Wie
es in dem Tochterunternehmen der Provinzial Rheinland
Holding weiter geht, verrät der
Vorstand im LZ-Interview.
Herr Slawik, Sie scheiden mit
Vollendung des 60. Lebensjahres zum 31. Mai dieses Jahres aus
dem Vorstand der Provinzial
Rheinland aus. Müssen wir damit rechnen, dass es in absehbarer Zeit erneut einen Wechsel
in der Führung der Lippischen
Landes-Brandversicherung gibt?
PETER SLAWIK: Ja, es ist absehbar, dass der Vorstand wie
in der Vergangenheit demnächst wieder aus zwei Personen bestehen wird. Mein Engagement war von vornherein
zeitlich begrenzt geplant. Meine Aufgabe war, die Lippische
personell und strategisch neu
auszurichten, um die nachhaltige Eigenständigkeit vor Ort
zu stärken.DiesemZiel sind wir
schon sehr nahe gekommen, so
dass ich mir um die Zukunftsfähigkeit der Lippischen wenig
Sorgen mache. Meine beiden
jüngeren Kollegen werden die
Herausforderungen sehr gut
meistern, so dass ich mich bald
zurückziehen kann.
Alle drei Vorstandsmitglieder
kommen von der Provinzial
Rheinland in Düsseldorf, lediglich Herr Dr. Everding hat lippische Wurzeln. Wie viel Lippe
ist nach der Integration 2009 in
die Provinzial denn noch in der
Lippischen Landes-Brandversicherung geblieben?
DIRK DANKELMANN: 100
Prozent. Wir arbeiten mit der
Provinzial Rheinland lediglich
in den Bereichen zusammen,
die unsere Kunden in der Region nicht bemerken. Dabei
geht es um die Themen Kapitalanlagen, Rückversicherung
und IT.
Gibt es denn noch Unterschiede
in den Produkten oder wird das
alles aus Düsseldorf vorgegeben?
DANKELMANN: Selbstverständlich entwickeln wir für
unsere lippischen Kunden ganz
spezielle Angebote. So haben
wir zum Beispiel im vergangenen Jahr eine Gewerbepolice eigens für Gastronomiebetriebe hier in Lippe eingeführt.
Das vergangene Jahr ist ein gutes Stichwort. 2014 konnten Sie
eine Steigerung der Beitragseinnahmen um 5,3 Prozent auf 96,3
Millionen Euro verbuchen. Ist
2015 genauso gut gelaufen?
SLAWIK: Nahezu. Wir werden nach aktueller Schätzung
ein Beitragswachstum von
knapp fünf Prozent auf mehr
als 100 Millionen Euro erzielen. Damit sind wir sehr zufrieden. Wir wachsen stärker
als der Markt.
zieren. Darin unterscheiden
wir uns ja gerade von anderen
Unternehmen. Wir hatten vor
fünf Jahren 27 Service-Center,
heute sind es 24. Das ergab sich
zum Teil aus der Zusammenlegung von zwei Servicestellen
in ein Gebäude. Und auch in
fünf Jahren werden wir weiterhin in jeder Gemeinde ein
Service-Center haben. Versprochen.
Woran liegt das? Schließlich
steigt die Zahl der Menschen in
Lippe aufgrund des demografischen Wandels nicht gerade an.
DR. STEFAN EVERDING:
Das liegt an unserer starken
Marke und an der Verwurzelung in der Region. Wir haben
in jeder Stadt und jeder Kommune Service-Center. Wir sind
in der Fläche präsent – nicht
nur mit den Service-Centern,
sondern auch mit unserem gesellschaftlichen Engagement.
Ist das denn noch zeitgemäß?
Verlangen nicht auch die Kunden in Lippe stärker nach Online-Service?
SLAWIK: Nicht in relevantem
Ausmaß. Sie können hier eine
Versicherung nicht mit Banken vergleichen. Aber natürlich wollen auch wir in die digitalen Kanäle investieren.
Gemeinsam mit dem Verband
öffentlicher Versicherer wird
gerade an einem neuen WebAuftritt gefeilt – mit Investitionen von fünf bis sechs Millionen Euro. Auf unseren Auftritt entfallen davon mehrere
hunderttausend Euro.
Und Sie denken nicht daran –
ähnlich wie andere Finanzdienstleister – aufgrund steigenden Kostendrucks und veränderten Kundenverhaltens Außenstellen zu schließen?
EVERDING: Wir werden auf
keinen Fall den Service redu-
Das sind wahrscheinlich noch
überschaubare Kosten – im Vergleich zu den Schadensummen,
die Sie auszahlen müssen.
FOTOS: PREUSS
DANKELMANN: Richtig. Allein der Brand bei Galvano
Günter hat uns etwa 7,5 Millionen Euro gekostet. Und von
den großen Stürmen im vergangenen Jahr hat nun wirklich jeder Lippe heimgesucht.
Die Stürme haben uns fast 7000
Schadensfälle beschert. Im
Vergleich zu 2014 ist das annähernd eine Verzehnfachung. Dies wirkt sich natürlich auch auf die Schadensummen aus. Waren es 2014 noch
556.000 Euro, die wir wegen
großer Stürme zahlen mussten, sind wir 2015 bei 5,3 Millionen Euro angekommen.
Wie hat sich die Schadenentwicklung auf das Ergebnis ausgewirkt?
SLAWIK: Nicht gut.
Sie verfügen doch sicher schon
über genauere Zahlen für 2015.
SLAWIK: Wir rechnen mit einem Minus von ca. zwei bis drei
Millionen Euro.
Werden Sie deshalb dieses Jahr
die Kosten herunterfahren, also
zum Beispiel Personal abbauen
und das gesellschaftliche Engagement reduzieren?
SLAWIK: Wir haben nicht vor,
Personal abzubauen. Wir beschäftigen aktuell knapp 400
Menschen und stellen dieses
Jahr sogar mehr Auszubildende ein als 2015.
EVERDING: Und auf jeden
Fall bleiben wir dem Gemeinwohl verpflichtet – mit einem
konstanten finanziellen Beitrag. Gerade im Gesundheitsbereich, in der Kultur, in Kindertagesstätten, bei der Feuerwehr und im Breitensport ist
uns dies ein besonderes Anliegen. Das gesellschaftliche
Engagement stärkt ja gerade
unsere Verbundenheit mit der
Region. Diese Verbundenheit,
diese Zusammenarbeit wollen
wir dieses Jahr auch auf der
Ebene der kleinen und mittleren Unternehmen intensivieren. So bauen wir aktuell ein
Netz von Handwerkern auf, die
unsere Kunden ähnlich wie bei
Rechtschutzversicherungen im
Schadenfall kontaktieren sollen. Das wird vor allem ein Gewinn für die Handwerker aus
der Region, für unsere lippischen Kunden und natürlich
für die Lippische LandesBrandversicherung.
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32%*+6./ 4#/ =$('#/#>& )&' %/(?#92& @)%%#*+/2&
*'++',-.$ */"0$,12%/"0) Der Versicherer ist bereits seit gut 260 Jahren am Markt. Von Anfang an sieht sich das Unternehmen auch der Gesellschaft verpflichtet.
Heute agiert die LLB im Verbund mit der Provinzial und den Sparkassen. In der gesamten Branche arbeiten mittlerweile mehr als eine halbe Million Menschen
Kreis Lippe (mte). Die Lippische Landes-Brandversicherungsanstalt (LLB) blickt auf
eine abwechslungsreiche Geschichte in der Region zurück.
Sie wurde 1752 als Lippische
Brand-Assecurations-Societät
durch Simon August Graf zur
Lippe-Detmold gegründet und
zählt sich damit zu den traditionsreichsten
öffentlichrechtlichen Versicherungen
Deutschlands.
789 :9;<=>?@A Der firmeneige-
nen Chronik zufolge gründete
Simon August Graf zur Lippe-
Detmold die öffentliche Einrichtung, um die Lage von
Brandopfern
mit
einer
Pflichtversicherung für alle
Gebäude in Lippe zu verbessern. Erst 1924 verlor die LLB
ihre Monopolrechte und
musste sich fortan als Kompositversicherer dem Wettbewerb mit privaten Versicherungsunternehmen
stellen.
(Unter Kompositversicherung
versteht man alle Versicherungszweige, die ein Schaden/Unfall-Versicherungsunternehmen betreiben darf, die also keine Lebens-, Kranken-
oder
Rechtsschutzversicherung sind.)
789 BC9;>DEF9A Ein entschei-
dendes Jahr war auch 2009. Die
LLB wurde eine Tochtergesellschaft der Provinzial Rheinland Holding in Düsseldorf, die
wiederum zur Sparkassen-Finanzgruppe gehört. Die Provinzial erzielte 2014 eigenen
Angaben zufolge mit fast sechs
Millionen Versicherungsverträgen Beitragseinnahmen von
mehr als 2,6 Milliarden Euro.
789 G;D>HE9A Mit 427 Millio-
nen Verträgen übernehmen die
deutschen Versicherer nach
Angaben des Gesamtverbands
der Deutschen Versicherungswirtschaft Risiken im
Alltag nahezu jeden Bürgers
und Unternehmens. 2014 erbrachten die Versicherungsunternehmen für ihre Versicherten Leistungen in Höhe
von 208 Milliarden Euro. Mit
Beitragseinnahmen von 193
Milliarden Euro zählt die Versicherungswirtschaft zu den
umsatzstärksten Branchen in
Deutschland. Sie beschäftigt
533.000 Erwerbstätige.
A4 B2#*+2& '2$ C>%2< der Sitz der Lippischen Landes-Brandversicherungsanstalt in der Simon-August-Straße in Detmold.
FOTO: PREUSS