Die indigene Bevölkerung Lateinamerikas um 1500

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Die indigene Bevölkerung Lateinamerikas um 1500
Jürgen Golte
Die indigene Bevölkerung Lateinamerikas um 1500
Zur Zeit der Ankunft der Europäer in Amerika blickten die Bewohner dieses Doppelkontinents auf eine lange Geschichte zurück. Letztlich unerheblich ist dabei, ob die
früheste Einwanderung aus Nordasien schon ungefähr 46.000 vor unserer Zeitrechnung
erfolgt ist, oder erst 25.000 Jahre später. Zu Ende des 15. Jahrhunderts wurde der
Kontinent von einer großen Zahl unterschiedlicher Völker bewohnt. Diese Völker
blickten alle auf eine lange Entwicklungsgeschichte zurück, im Laufe derer sie sich von
den ursprünglichen sozialen und kulturellen Gegebenheiten ihrer eingewanderten Vorfahren weit entfernt hatten, und zwar in unterschiedliche Richtungen. Insgesamt kann
man annehmen, daß es zwischen den Bewohnern Amerikas jener Zeit – außer ihrer rein
physischen Verwandtschaft – keine sie alle umfassende Gemeinsamkeit gab, die sie von
den Bewohnern der Alten Welt generell unterschieden hätte.
Die Wahrnehmung der sozialen und kulturellen Verschiedenartigkeit der Bewohner
der Neuen Welt war lange Zeit durch die Kategorien und das Geschichtsverständnis des
19. Jahrhunderts bestimmt. Dabei ging man von einem einfachen Schema des geschichtlichen Ablaufs aus, das eine relativ einlinige Entwicklung annahm, nämlich die
von undifferenzierten Kleingruppen früher Sammler und Jäger zu immer komplexeren
Großgesellschaften, die schließlich in Staatsgesellschaften ihren Höhepunkt fanden.
Entsprechend diesem Schema sah man die Entwicklung von Staatsgesellschaften,
insbesondere bei den Azteken und Maya im Bereich des heutigen Guatemala und México
sowie bei den Inka in den zentralen Anden als Entwicklung von »Hochkulturen«; die
Entwicklung von kleinräumigen geschichteten Gesellschaften, »barbarischen Fürstentümern«, chiefdoms oder cacicazgos, insbesondere im zirkumkaribischen Raum und in
den Nordanden, als Vorstufen von Staatsgesellschaften; Feldbau betreibende Stammesgesellschaften, vor allem im südamerikanischen Tiefland, wiederum als weniger entwikkelte Menschengruppen; und schließlich Kleingruppen von »Wildbeutern«, beispielsweise in Feuerland, in Teilen Paraguays und Brasiliens, sozusagen als »primitive«
Überbleibsel der amerikanischen Urbevölkerung aus der Zeit ihrer Einwanderung.
Nun wird eine derartige Einteilung gemäß einem einlinigen Verständnis von Menschheitsgeschichte spätestens dann problematisch, wenn man versteht, daß alle Völker eine
Geschichte haben und daß die Entwicklung der bei ihnen vorhandenen Formen gesellschaftlicher Organisation jeweils spezifische Optimierungen unter konkreten Bedingungen des Verhältnisses von Mensch und Natur sind. Nach unserem heutigen Verständnis
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sind Staaten nicht als ein Höhepunkt allgemeiner menschlicher Entwicklung aufzufassen, sondern als eine mit bestimmten Formen fortgeschrittener Naturbeherrschung
notwendig einhergehende, komplexe Form der gesellschaftlichen Organisation.
Insofern kann ein allgemeiner Überblick über die Bewohner Amerikas zur Zeit der
Ankunft der Europäer heute bei der Einteilung der unterschiedlichen Bevölkerungen in
Gruppen nicht mehr auf das Geschichtsverständnis des 19. Jahrhunderts zurückgreifen,
sondern muß andere Kriterien entwickeln, die einerseits der jeweiligen Eigenart der
vorspanischen Gesellschaften gerecht werden und andererseits, gemäß der dieser Publikation zugrundeliegenden Absicht, dem Verständnis der mit der Eroberung einsetzenden
Geschichte nützlich wären. Eine erste Unterscheidung, deren Wert sogleich erkennbar
wird, wenn man die Ausdehnung der frühen Kolonialherrschaft betrachtet, ist die von
Gesellschaften, deren Reproduktion auf der Existenz einer fortgeschrittenen Arbeitsteilung beruhte, und solchen Gesellschaften, die im Kern nur eine geschlechtliche Arbeitsteilung aufwiesen.
Zu den ersteren gehörten alle Gesellschaften in Mesoamerika, etwa zwischen dem
heutigen Nicaragua und México, sowie im Andengebiet, das heißt, in den heutigen
Staaten Kolumbien, Ecuador, Perú, Bolivien bis hin nach Nordwestargentinien und
Mittelchile, ohne die östlich der Anden gelegenen und heute zu diesen Staaten gehörenden Tiefländer. Die übrigen Gebiete, insbesondere die Tiefländer Südamerikas und die
Karibik könnte man eher dem zweiten Typ zurechnen.
In den Gebieten des erstgenannten Typs gehören die soziale Organisation und
Verwaltung zu jenen Bereichen, die von einem darauf spezialisierten Bevölkerungsteil
übernommen wurden. Eine solche Spezialisierung geht stets mit der Entwicklung von
Systemen von Herrschaft und Machtausübung einher. Zwei Räume sind beispielhaft
dafür, nämlich die mexikanische Mesa Central und die zentralen Anden. Hier fanden sich
zur Zeit der Eroberung Zentren von Staaten, die versuchten, die für das jeweilige
Kerngebiet notwendigen komplementären Regionen mit unterschiedlichen Spezialisten
und Rohstoffen politisch zu kontrollieren. In anderen Regionen beschränkte man sich auf
eine politische Kontrolle von eher kleinräumigen, geschichteten Gesellschaften, die
dafür durch komplexe Fernhandelsnetze intensiv miteinander verbunden waren. Letzteres galt insbesondere für die Chibcha-Fürstentümer der nördlichen Anden, im Raum des
heutigen Kolumbien und angrenzender Gebiete, sowie für das südliche und südöstliche
Mesoamerika, wo die Maya-Fürstentümer besonders hervorzuheben sind. Wichtig dabei
ist es, zu verstehen, daß die unterschiedliche politische Organisation nichts über die
allgemeine gesellschaftliche Produktivität, den Reichtum, die Ernährungslage, die Entwicklung von Manufakturen und Handwerkerzentren oder gar die künstlerische Qualität
oder Komplexität der handwerklichen Produkte aussagt, wie dies mit dem Begriff der
»Hochkultur« gemeint war.
Alle genannten Bereiche konnten nach der europäischen Landnahme rasch im Sinne
der Eroberer reorganisiert werden. In den Staatsbereichen übernahmen die Europäer das
Herrschaftsgebiet der vorspanischen politischen Eliten und reorganisierten das Herrschaftssystem gemäß ihren kolonialen Zielen. Die arbeitsteilige Produktion in den durch
Handelsnetze verbundenen Fürstentümern wurde weitergeführt. Die eindringenden
Europäer übernahmen einerseits vor allem die Rolle der vorspanischen Austauschspezialisten und Händler, andererseits die der Spezialisten in Ideologie und Religion.
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Außerdem wurden ehemalige Fürstentümer zu untergeordneten Verwaltungseinheiten
der spanischen Vizekönigreiche.
Ganz anders verlief die Landnahme in den nicht arbeitsteilig organisierten Regionen.
Hier gelang es den Europäern im allgemeinen nicht, sich ohne Schwierigkeiten der vorher
bestehenden Gesellschaften zu bemächtigen. Dabei wurden die Verdrängung der vorspanischen Bevölkerung, ihre Eliminierung beziehunsweise weitgehende Marginalisierung
zu den wichtigsten Formen der Übernahme von deren Territorien. In diesen gestaltete
sich die europäische Landnahme in der Regel als Gesellschaftsneugründung. In vielen
Fällen blieben die vorher nicht arbeitsteiligen Gesellschaften außerhalb der Herrschaftsterritorien der Kolonialmächte und wurden erst seit dem 19. Jahrhundert zunehmend in
die entstehenden Nationalstaaten integriert. Nur in einigen Gebieten gelang es den
Europäern, Missionen oder Handelsniederlassungen in die Bereiche der einzelnen
Gesellschaften hineinzutragen, die als Interaktionszentren zwischen den Europäern und
den weiter unabhängig organisierten Nachfahren der voreuropäischen Gesellschaften
fungierten.
Die Gründe für das so unterschiedliche Verhältnis jener beiden Typen zu den
erobernden Europäern sind wahrscheinlich vielfältig. Aber die zwei zentralen Punkte
sind ohne Zweifel die historisch weit vor dem 15. Jahrhundert entwickelte Arbeitsteilung
und die damit einhergehende Entwicklung von innergesellschaftlicher Herrschaft. In
Gesellschaften mit einer derartigen Vergangenheit gelang es den Europäern, ein bestehendes, komplexes Abhängigkeitsnetz zu nutzen und dieses dann von innen heraus durch
Gewaltausübung und Allianzen, durch Dekonstruktion von bestehenden Institutionen
sowie durch Rekonstruktion nach den Prämissen und Absichten der Kolonialmächte zu
einem Teil der zwischenmenschlichen Interaktion zu machen. Demgegenüber scheiterte
die Angliederung da, wo die grundlegende gesellschaftliche Prämisse von Gleichheit in
der Wirtschaft – unter Feldbauern, Jägern und Sammlern – historisch nicht aufgehoben
worden war, wo soziale Beziehungen sich auf normierte Gegenseitigkeitsbeziehungen in
Verwandtschaftsnetzen gründeten, wo innergesellschaftliche Herrschaftsausübung
schwach ausgebildet war und nur zeitweilig in beschränkten Bereichen, etwa bei
Auseinandersetzungen mit Nachbargruppen, aktualisiert wurde.
Die gesellschaftlichen Verhältnisse in den zentralen Anden
Ein gutes Beispiel für die Entwicklung von Herrschaft und Arbeitsteilung bilden die
zentralen Anden. Hier begann etwa gegen Ende des dritten Jahrtausends vor unserer
Zeitrechnung eine zunehmende Differenzierung in den Kleingruppen von Jägern, Sammlern, frühen Feldbauern und Viehhirten, die bis dahin die gesellschaftlichen Verhältnisse
geprägt hatten.
Der Ausgangsbereich für diese Entwicklung waren die Flußoasen in der den Anden
westlich vorgelagerten Küstenwüste, die sich etwa von der ecuadorianisch-peruanischen
Grenze bis nach Nordchile hin ausdehnt. Die dortigen Menschen lebten bis dahin vom
Fischfang im Pazifischen Ozean und von Jagd und Sammelwirtschaft vor allem in den
Taloasen der etwa fünfzig Flüsse, die aus den Anden dem Pazifik zufließen. Im
dritten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung übernahmen diese Bevölkerungsgruppen
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zunehmend die bis dahin schon anderenorts domestizierten Pflanzen und gründeten ihre
Wirtschaft immer stärker auf den Bewässerungsfeldbau. Die Anlage der für die großflächige Bewässerungsfeldwirtschaft notwendigen Kanalsysteme, die Nivellierung der
Bewässerungsflächen und vor allem die Verteilung der jahreszeitlich und von Jahr zu
Jahr stark schwankenden Wassermengen in den Flüssen bedurfte wohl einer talweiten
Kontrolle sowie einer Arbeitsteilung zwischen den Organisatoren der Bewässerungssysteme einerseits und der bäuerlichen Bevölkerung andererseits. Das Verhältnis zwischen beiden Gruppen war also ein für die Ernährung der an Zahl zunehmenden
Bevölkerung funktional notwendiges und setzte bei den Organisatoren nicht nur die
Fähigkeit zur Anleitung der Bauernbevölkerung bei den notwendigen Infrastrukturmaßnahmen, sondern auch die Macht zu deren Durchsetzung voraus. Im Gefolge dieser
frühen Arbeitsteilung gelang es den Bewohnern der Küstenoasen rasch, eine ertragreiche
Landwirtschaft aufzubauen, die – ergänzt durch den weiter betriebenen Fischfang und
die Jagd von Meeressäugern – eine gute und relativ stabile Nahrungsgrundlage für die in
der Folgezeit zunehmende Bevölkerung bildete.
Die Organisatoren wiederum bauten ihre herausgehobene Stellung in der Gesellschaft rasch aus. Außerdem wurden neue Formen der Welterklärung entwickelt, die
darauf abzielten, die Herrschaft als eine »natürliche« erscheinen zu lassen. Im Gefolge
dieser neuen, auch im Bewußtsein der Menschen abgesicherten Funktion der Eliten kam
es in den betreffenden Gebieten zum Bau von Pyramiden, Tempeln und Palästen, sowie
zu einer beschleunigten Entwicklung des Handwerks, insbesondere der Textilkunst, der
Metallurgie und der Töpferei. Diese Handwerke produzierten in erster Linie die Herrschaftssymbole und Insignien für die neu entstandene Führungsgruppe, nicht so sehr Gebrauchsgüter für die Bevölkerung der Bauern oder Fischer. Mit der Ausweitung der Herrschaft
und aufgrund der relativ hohen Produktivität der Bewässerungswirtschaft und der
Küstenfischerei konnte bald nahezu die Hälfte der Bevölkerung aus der unmittelbaren
Produktion von Nahrungsmitteln herausgelöst werden. Es entstanden in fast allen Tälern
große Tempelzentren, denen Handwerkerquartiere in immer bedeutenderem Umfang mit
sich vertiefender Spezialisierung zugeordnet waren.
Eine derartige Entwicklung des Kunsthandwerks hatte auch Folgen hinsichtlich der
verwendeten Materialien. Verschiedene der von den Handwerkern benötigten Rohstoffe
gab es nämlich in den Taloasen nicht. Vielmehr mußten diese aus weit entfernten
Regionen beschafft werden: Spondylusmuscheln und Strombusschnecken von den
warmen Gewässern der ecuadorianischen Pazifikküste, da das Meer vor der peruanischen
Küste aufgrund des antarktischen Humboldtstroms extrem kalt ist, bunte Federn, Heilpflanzen und Hölzer aus dem Amazonasgebiet, tierische Wolle der Kameliden, also von
Lamas und Alpakas, aus dem zentralandinen Hochland, Kupfer, Silber, Gold und
Halbedelsteine aus Südperú und Nordchile, Obsidian aus den Bergen der zentralen
Anden und Farbstoffe aus dem bolivianischen Tiefland.
Demnach entwickelten die geschichteten Gesellschaften in den Oasentälern Handelsnetze zur Beschaffung der für ihre Handwerke notwendigen Rohstoffe. Die Rohstoffhändler wiederum hatten sich unmittelbar mit ungeschichteten Gesellschaften von
Feldbauern, Hirten, Jägern und Sammlern auseinanderzusetzen, die auf die Befriedigung
einer derartigen Nachfrage nicht vorbereitet waren, möglicherweise auch gar nicht das
Interesse hatten, die Produktion und Förderung von Rohstoffen im benötigten Umfang
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für die Küstengesellschaften zu übernehmen. Im Zuge dieser Entwicklung zeichnete sich
im Rohstoffeinzugsbereich der Küstengesellschaften entlang der Handelsrouten die
Tendenz zu einer zunehmenden gesellschaftlichen Schichtung ab. Dabei übernahmen die
ethnischen Anführer der lokalen Gruppen die Förderung von Rohstoffen in ihrem Gebiet
und erhielten im Gegenzug handwerklich hergestellte Prunkgüter aus den Werkstätten
der Küstenhandwerker. Diese Handelsausweitung und ihre sozialen Folgen wurden von
einer Verbreitung jener Denkformen begleitet, die die zunehmende soziale Differenzierung an der Küste unterstützt hatten. Der Charakter der entlang der Handelswege
entstehenden Tempel und Bildwerke zeigte die unmittelbare Verwandtschaft mit den
Vorbildern in den Küstenoasen.
Etwa zu Beginn unserer Zeitrechnung setzte in den Küstengesellschaften eine
beschleunigte Vertiefung des ursprünglichen Modells ein. Das angrenzende Hochland
bis hin zum amazonischen Regenwald wurde als Rohstoffeinzugsbereich immer stärker
in die Entwicklung der Küstengesellschaft einbezogen, so daß sich auch dort allmählich
deutlich geschichtete Gesellschaften durchsetzten. Der Güterverkehr verstärkte sich, da
nun auch im Hochland eine steigende Nachfrage nach handwerklichen Gütern aus der
Küstenzone entstand. In dieser Phase waren es die Hirtenkulturen der Hochanden,
insbesondere aus dem Bereich des Altiplanos um den Titicaca-See, die vorher schon
Lamakarawanen zur Beförderung der pflanzlichen Nahrungsmittel zu ihrer eigenen
Versorgung – wie Mais, Cocablätter, tropische Früchte, Chilipfeffer – im südlichen
Hochland benutzt hatten, die eine neue Funktion im Gesamtsystem bekamen. Sie
übernahmen in großem Maß den Austausch im gesamten Hochland von Nordwestargentinien bis nach Ecuador, der bis dahin von Händlern mit menschlichen Trägern von
der Küste aus besorgt worden war, und konnten mit der Transportkapazität ihrer
Lamakarawanen die Zirkulation von Gütern im gesamten Raum der zentralen Anden
rasch erweitern.
Im Zuge der Intensivierung der Güterzirkulation und der dadurch zunehmenden
Möglichkeit der lokalen und regionalen Anführer im Hochland, sich aufwendige Importgüter von der Küste zu verschaffen, kam es etwa ab dem Jahr 1000 unserer Zeitrechnung
zu einer fortschreitenden Konkurrenz der Hochlandfürsten, die zu verschiedenen Eroberungskriegen führte. Der Schlußpunkt dieser kriegerischen Auseinandersetzungen war
etwa 300 Jahre später die Gründung des Inka-Staates, der den gesamten Raum von
Ecuador bis Nordwestargentinien und Mittelchile in seinem Herrschaftsgebiet vereinigte. Dieser – hervorgegangen aus der Unterwerfung einer Vielzahl von kleinen Hochlandfürstentümern und den entwickelten Bewässerungsgesellschaften der Küste – versuchte, den Handel in seinem gesamten Herrschaftsgebiet zu monopolisieren und die
dafür notwendigen Güter in einem System von Tribut und Zwangsarbeit, welches die
gesamte nicht-inkaische Bevölkerung umfaßte, direkt für den Staat produzieren zu
lassen, so daß deren Wiederverteilung zum zentralen, staatsstützenden Herrschaftsinstrument wurde.
Die staatliche Integration der zentralen Anden unter der Herrschaft der Inka war so
zur Zeit der Ankunft der Europäer eine relativ junge Entwicklung. Ihr gingen Jahrtausende der Herausbildung und der Intensivierung überregionaler Handelsnetze, der Arbeitsteilung, der Kooperation und der kulturellen Interaktion voraus, zugleich aber auch der
Vertiefung von Herrschaft und der gesellschaftlichen Hierarchisierung. Die im Raum
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von Cuzco in den südöstlichen Zentralanden beginnende Expansion der Inka folgte in
ihren Eroberungsschritten einer aus den vorher bestehenden Austauschbeziehungen
abgeleiteten Logik. Als erste wurden die Colla der Hochsteppen um den Titicaca-See
unterworfen, die mit ihren riesigen Lamakarawanen den überregionalen Austausch
organisierten. Nachdem sich die Inka auf diese Weise einer ausreichenden Transportkapazität versichert hatten, verbündeten sie sich mit den Herren von Chincha an der
südzentralen Küste, die als Händler den Austausch zwischen dem südlichen AltiplanoBereich und der nördlichen Küste monopolisiert hatten. Anschließend wandten sie sich
im Hochland rasch nach Norden und stießen nach Ecuador vor, um dort die Quellen von
Strombusschnecken und Spondylusmuscheln zu kontrollieren. Erst dann richteten sich
die Inka gegen die reichen Bewässerungsgesellschaften der Oasen an der peruanischen
Nordküste, die sie dadurch in Abhängigkeit zwingen konnten, daß sie die Hauptzuleitungen für die großen Bewässerungskanäle in den Tälern am Westabhang der Anden
besetzten.
Das Straßensystem der Inka, welches mit zwei, teilweise drei großen Nord-SüdRouten und einer großen Anzahl von Ost-West-Verbindungsstraßen die Anden zwischen
Kolumbien, Nordwestargentinien und Mittelchile überzog und den Güterverkehr zwischen den unterschiedlichen Regionen ermöglichte und kanalisierte, wurde in der
Folgezeit immer weiter ausgebaut. An den Schnittpunkten der wichtigsten Nord-SüdStraße im Hochland mit den Ost-West-Routen sowie entlang der Küstenroute errichteten
sie Wiederverteilungszentren mit einer beträchtlichen Speicherkapazität. So verfügte
beispielsweise die im zentralperuanischen Hochland gelegene Stadt Huanuco Pampa
über eine große Zahl von Speicherbauten, deren Gesamtkapazität Craig Morris auf
ungefähr 37.000 Kubikmeter berechnete (Morris/Thompson 1985:100).
Die in diesen Zentren eingelagerten Güter waren die Produkte der von den unterschiedlichen Ethnien für den Staat verrichteten Arbeit. Sie dienten nicht allein dem
Unterhalt der Bürokratie, der Heere und der Staatskulte der Inka, sondern wurden auch
in großem Umfang nach den Bedürfnissen wieder an die Ethnien verteilt und zum
Unterhalt der Arbeiter verwendet, die für die Erweiterung der Infrastruktur eingesetzt
waren. Diese Wiederverteilung war neben der rohen Gewalt, die bei der Eingliederung
eines vorher unabhängigen Fürstentums in den Staat angewendet wurde, das wichtigste
die Herrschaft stützende Element. Dies ist wohl der Hauptgrund dafür, daß die inkaischen
Machthaber den Fernhandel innerhalb des Staatsterritoriums zu unterdrücken suchten.
Die andine Landwirtschaft, deren Merkmale sich lange vor der Errichtung des InkaStaates herausgebildet hatten, war von jener der Alten Welt schon deshalb grundsätzlich
verschieden, weil sie sich ohne das Vorhandensein von Zugtieren entwickelt hatte. In den
Küstenoasen war durch die großflächige, intensive Bewässerungswirtschaft, die durch
die von den Flüssen mitgeführten Sedimente ständig mit neuen Mineralstoffen versorgt
wurde, die Produktivität der menschlichen Arbeit relativ hoch. Im Hochland dagegen, wo
im weiten Umfang eine Brachewirtschaft betrieben wurde, war aufgrund der extremen
Witterungsbedingungen – insbesondere der großen Häufigkeit von Frostwechseltagen,
der ungünstigen Reliefverhältnisse und der vergleichsweise schlechten Böden – die
Ertragsfähigkeit der Landwirtschaft begrenzt, mithin auch die Arbeitsproduktivität weit
niedriger als in der Alten Welt. Bauern konnten dort nur überleben, weil sie ganzjährig
anbauten und dabei immerhin einen Überschuß von etwa 15 Prozent erzielten. Der
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ganzjährige Anbau wurde dadurch erreicht, daß die Bauern auf den Hängen in verschiedenen Höhen und Klimastufen unterschiedliche Nahrungspflanzen nutzten, deren
Wachstumszyklen im Jahreslauf gegeneinander verschoben waren. Das daraus entstehende, sehr komplexe Anbausystem verlangte nach einer unterschiedliche Naturlandschaften übergreifenden Form von Raumbeherrschung der bäuerlichen Wirtschaften
sowie nach einer parallelen und überlappenden Anbautätigkeit, deren Organisation,
einschließlich der dabei notwendigen Kooperation von kleineren oder größeren Gruppen,
sie markant von den bäuerlichen Produktionsformen in der Alten Welt unterschied. Die
Folge war, daß diese Anbauwirtschaft nach der Eroberung nicht nach dem Muster der
Alten Welt reorganisiert werden konnte, sondern auch nach der Institutionalisierung des
Großgrundbesitzes durch die Spanier weiter den andinen Bauern mit ihren spezifischen
Kenntnissen und angepaßten Kulturformen überlassen werden mußte. Hierin unterschied
sich die zentralandine Landwirtschaft sowohl von der Bewässerungswirtschaft der
pazifischen Küste als auch von der des nördlichen Andenraums, wo wegen der gleichmäßigen, über das Jahr verteilten Niederschläge, der geringeren Durchschnittshöhe des
Gebirges und der besseren Böden die Einführung europäischer Agrartechniken möglich
war.
Auch wenn die Anbauwirtschaft im vorspanischen Amerika keine Zugtiere kannte,
gab es, wie bereits erwähnt, mehrere domestizierte Tierarten, darunter als wichtigste die
andinen Kameliden. Aus der Stammform des Guanaco wurden schon etwa 4000 bis 5000
Jahre vor unserer Zeitrechnung zwei Unterarten domestiziert: Lama und Alpaka. Das
Lama kann Lasten bis zu etwa vierzig Kilogramm tragen und spielte daher als Lasttier
eine wichtige Rolle in der gesamten zentralandinen Wirtschaft. Daneben war es eine
Quelle tierischer Proteine in der Ernährung. Das Alpaka liefert eine Wolle, deren Qualität
die der altweltlichen Wolltypen, beispielsweise der Schafwolle, übertrifft. Beide Tiere
können längerfristig nur in der zentralandinen Hochsteppe der Puna gezüchtet und
gehalten werden. Ohne diese angepaßte und ertragreiche Viehzucht wären die Höhen
oberhalb von 4000 Metern bis etwa 5300 Metern für die Menschen nicht nutzbar
gewesen, da Feldfrüchte wie beispielsweise die Bitterkartoffel nur bis knapp über 4000
Meter angebaut werden können.
Die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Nordanden
Im Gegensatz zu den zentralen Anden wurden die Nordanden von politisch unabhängigen
Fürstentümern geprägt, deren größtes das der Muisca in der meseta von Bogotá in der
Ostkordillere war. Die Muisca gehörten zur Gruppe der Chibcha-Völker, die zwar
kulturell und sprachlich sehr eng verwandt und auch arbeitsteilig durch ein enges
Austauschnetz miteinander verbunden waren, von denen jedoch keinerlei Versuche zu
einer integrierenden Staatsbildung bekannt sind.
Die kolumbianischen Nordanden spalten sich in drei getrennte Ketten sowie das
isolierte Gebirge der Sierra Nevada de Santa Marta. Die Gebirgsketten sind durch die
nach Norden fließenden Gewässer des Río Magdalena zwischen Ost- und Zentralkordillere
und seines Nebenflusses, des Río Cauca zwischen Zentral- und Westkordillere, voneinander getrennt. In den warmen und zum Teil versumpften Flußtälern des Cauca und des
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Magdalena gab es eine Anbauwirtschaft auf Hochäckern (camellones, raised fields), auf
denen alternierend Kanäle und mit der daraus entnommenen Erde oder mit Schlamm
aufgehäufte Beete zu einer besseren Wasser-, Nähr- und Sauerstoffversorgung der
Pflanzen führten. Diese sehr ertragreiche Landwirtschaft erlaubte die Herausbildung von
Handwerk und von Verwaltungsspezialisten. Gleiches gilt auch für die Brachewirtschaft
in den Kordilleren, speziell in den Hochtälern der Ostkordillere. Sowohl die im Vergleich
zu den Zentralanden geringere Höhe der Bergzüge als auch deren weniger schroffe Hänge
erlaubten einen ertragreichen Anbau von Mais, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Bohnen,
Chilipfeffer, unterschiedlichen tropischen Früchten und Baumwolle. Zwischen den
einzelnen Gebieten gab es keine wesentlichen Unterschiede, so daß sich der Austausch
zwischen Produzenten unterschiedlicher Nahrungspflanzen im Innern der kleinen
Fürstentümer vollziehen konnte. Der Austausch zwischen den Fürstentümern beschränkte sich weitgehend auf Rohstoffe, Meeresmuscheln, Halbedelsteine, Edelmetalle – unter
diesen vor allem die Gold-Kupfer-Legierung tumbaga –, Rohbaumwolle, Baumwollstoffe,
Federn und schließlich Salz. Das Austauschsystem zwischen den Fürstentümern war
nicht in sich abgeschlossen, sondern setzte sich in den mittelamerikanischen Raum nach
Panamá, Costa Rica und Nicaragua, ebenso auch nach Venezuela und im Süden auch
nach Ecuador fort.
Das wichtigste Merkmal der kleinen Fürstentümer entlang der Handelsrouten in den
Flußtälern, die durch Ost-West-Routen über die Bergrücken miteinander verknüpft
waren, – und der Schlüssel zu ihrem Verständnis – ist die Tatsache, daß die einzelnen
Gesellschaften in ihrer Subsistenz zu einem großen Teil autark waren und sich fehlende
lebensnotwendige Güter durch einen marginalen Tausch mit benachbarten Gruppen
verschaffen konnten. Der Fernhandel beschränkte sich eher auf Luxusgüter, Kultgegenstände und Schmuck. Eine Reihe der an diesem Austauschsystem partizipierenden
Gesellschaften, insbesondere an der von feuchttropischen Regenwäldern bedeckten
Pazifikküste und in den östlichen Waldländern, blieben ungeschichtet. Insgesamt war
hier – im Gegensatz zu den Zentralanden – die Notwendigkeit zu einer komplexeren
sozialen Zusammenarbeit und Koordination, die die Voraussetzung für eine Entstehung
geschichteter Gesellschaften gewesen wäre, gering. Das höchste Potential hatte in dieser
Hinsicht ohne Zweifel die Anlage der Hochäcker in den Flußniederungen, auf deren
Grundlage auch in anderen Regionen, beispielsweise im Mayagebiet oder im GuayasBecken in Ecuador, aber auch an den Ufern des Titicaca-Sees, geschichtete Gesellschaften entstanden. Insofern scheint es nicht zufällig, daß die meisten Fürstentümer ihre
Zentren in derartigen weiten Flußauen hatten.
Angesichts der nicht zentralisierten politischen Organisation gestaltete sich die
Eroberung der Region durch die Europäer problematischer als im Falle des Inka-Staates
und – wie wir weiter unten sehen werden – des aztekischen Herrschaftsbereiches. Zwar
gelangten die Spanier früher an die karibische Küste des späteren Kolumbien – schon
1512 hatte Vasco Núñez de Balboa in der Atrato-Niederung nach den Goldschmelzhütten
des Kaziken Dabeiba gesucht – als etwa in die Küstenstadt Tumbes in Nordperú, zwar
waren sie auch hier vom Mythos des vergoldeten Menschen und goldener Städte
angezogen, aber die Eroberung des Raumes erfolgte später. 1536 stieß Benálcazar, aus
dem inkaischen Quito kommend, nach Norden vor. 1537 fuhr Gonzalo Jiménez de
Quesada, von der Sierra Nevada de Santa Marta kommend, den Río Magdalena aufwärts
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und gründete schließlich Bogotá. Etwa zur gleichen Zeit eroberte Nikolaus Federmann,
von Osten vorrückend, einige Fürstentümer. Die Eroberung des Gebietes vollzog sich
demnach langsam und aus unterschiedlichen Richtungen. Fürstentümer und ethnische
Gruppen wurden nacheinander unter schwierigen Umständen erobert und in das koloniale System eingegliedert.
Die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse im Aztekenstaat
Die Geschichte der frühen Gesellschaften im mexikanisch-guatemaltekischen Raum, der
als Kulturraum unter dem Begriff Mesoamerika zusammengefaßt wird, ist mit dem
zentralandinen Raum in den zeitlichen Abläufen vergleichbar. Vergleichbar ist auch, daß
sich lange vor der politischen Zusammenfassung großer Teile dieses Gebietes im
Aztekenstaat, auf den die europäischen Eroberer stießen, eine interregionale Arbeitsteilung und überregionale Austauschsysteme fest etabliert hatten. Der aztekische Staat
beruhte auf einer Allianz der rund um das Seensystem von Texcoco, inmitten des
abflußlosen Hochplateaus der mexikanischen Mesa Central gelegenen Stadtstaaten.
Diese hatten insofern gemeinsame Interessen, als sie alle einerseits als Seeanrainer auf
bestimmte Bedingungen für ihre Wirtschaft angewiesen waren, andererseits gleichermaßen den Zugriff auf Produkte aus den mexikanischen Tiefländern, vor allem Baumwolle
und Kakao, aber auch auf Rohstoffe für ihre hochentwickelten Handwerkszweige
suchten.
Das erstgenannte, die Integration fördernde Element folgte zunächst aus der sich
immer stärker entwickelnden Arbeitsteilung unterschiedlicher Handwerkszweige in den
einzelnen Stadtstaaten, die durch ein komplexes Marktsystem und einen umfangreichen
Bootsverkehr auf dem See untereinander verbunden waren. Letzterer hatte große Bedeutung für den Gütertransport, da die frühen Mesoamerikaner im Gegensatz zur zentralandinen Bevölkerung nicht über Lasttiere verfügten. Andererseits war die Integration die
Folge eines spezifischen Agrarsystems, das sich durch eine außergewöhnlich hohe
Flächen- und Arbeitsproduktivität auszeichnete. Dieses beruhte auf den sogenannten
chinampas, von den Spaniern »schwimmende Gärten« genannt, die im seichten Wasser
des Sees angelegt wurden. Für diese, den bereits erwähnten Hochäckern in Südamerika
ähnlichen Anlagen baute man aus Holz und Reisiggeflecht ungefähr 250 x 25 Meter
große, floßartige Strukturen im Seeuferbereich, um diese anschließend mit Schlamm aus
den dazwischen verlaufenden Kanälen bis knapp über den Seespiegel aufzufüllen. Dieser
extrem nährstoffreiche Boden diente dann als Anbaufläche, auf der sich sehr hohe Erträge
erwirtschaften ließen. Dadurch wiederum konnte ein großer Teil der außerordentlich
dicht siedelnden Bevölkerung der Stadtstaaten mit den Grundnahrungsmitteln Mais und
Bohne sowie mit Früchten und Chilipfeffer versorgt werden.
Die Ausweitung der chinampa-Gartenwirtschaft in den seichten Uferbereichen des
Seensystems von México war dadurch eingeschränkt, daß das Wasser im abflußlosen See
von Texcoco brackig war. Durch ein hochentwickeltes System von Deichen und
Schleusen, welches den gesamten See durchzog, war es den Bewohnern der Stadtstaaten
im Uferbereich allerdings gelungen, weite Teile des Sees, mit Ausnahme des Sektors von
Xaltocan, brackwasserfrei zu machen. Der Aufbau dieses Dammsystems und die Verwal-
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tung der Schleusen, einschließlich der Zuleitung von Süßwasser über Aquädukte in
bestimmte Seebereiche, erforderte nicht nur eine Kooperation der Anrainer, sondern auch
eine übergreifende Verwaltung, die die gesamte Wasserwirtschaft des Seensystems
gemeinsam organisierte. In dieser Tatsache ist der entscheidende Faktor für die Entstehung einer zentralen politischen Macht in der Mesa Central zu suchen.
Die außerordentliche Prosperität der Anrainerstaaten des Sees, ihr im Vergleich zu
anderen Regionen des alten México rasches demographisches Wachstum sowie ihre
politische Integration schufen die Voraussetzungen für eine Ausdehnung der politischen
Macht der Stadtstaaten auch außerhalb der Mesa Central. Einer der Hauptgründe dafür
war die Notwendigkeit der Versorgung der Bewohner der relativ hoch liegenden Mesa
Central mit tropischen Tieflandprodukten, vor allem mit Baumwolle. Zwar gab es auch
andere Mechanismen, die den Transport von Baumwolle aus den Tieflandregionen zu
den Stadtstaaten im Hochland erlaubten, vor allem einen sehr entwickelten Fernhandel,
aber hier entstand wohl aufgrund der Bevölkerungszunahme im Bereich des Sees von
Texcoco ein Angebotsdefizit. Die Völker des vergleichsweise dünn besiedelten Tieflandes hatten kein Interesse daran, entsprechend der Zunahme der Bevölkerung im
Hochtal immer weitere Ressourcen für den Anbau eines derartigen Rohstoffs einzusetzen, der unter anderem in Konkurrenz zu ihrer eigenen Subsistenzwirtschaft stand. Die
militärische Expansion der Stadtstaaten des Hochtals löste dieses Problem unmittelbar
und langfristig. Jeder gemeinsame Kriegszug der Allianz der Mesa Central wurde mit
einer allgemeinen Verteilung von Textilien durch die Herrscher abgeschlossen. Wichtiger aber war zweifellos die Einrichtung eines Tributsystems, welches die Tieflandvölker
zwang, große Mengen von Rohbaumwolle, Baumwolldecken, Kriegerrüstungen und
anderer Produkte jährlich an den Zentralstaat zu liefern.
Neben der Baumwolle spielten andere Tieflandprodukte eine wichtige Rolle in dem
von den Azteken eingerichteten Tributwesen. Insbesondere waren es Rohstoffe für das
entwickelte Handwerk in den Stadtstaaten, beispielsweise bunte Federn, Hölzer und
Kakaobohnen, die als Zahlungsmittel geschätzt wurden, aber auch Grundlage einer Reihe
von Speisen und des auch bei uns bekannten Getränks waren, welches sich schon lange
vor der Entwicklung der zentralmexikanischen Herrschaft überall in Mesoamerika
wegen seiner belebenden Wirkung durchgesetzt hatte.
Der Staat der Azteken war wegen der geschilderten Zusammenhänge – stärker als
jener der Inka – im Kern die Herrschaft der Bewohner einer Region über die anderer
Regionen. Eindeutig kanalisierte er Abgaben in Richtung des Staatszentrums in Tenochtitlán, welche zwar zum Teil auch an die Herrschergruppen in den Stadtstaaten der
Anrainer des Sees von Texcoco wiederverteilt wurden, nicht aber in den über diese
Allianz hinausreichenden weiteren Staatsgebieten. Aus dieser Situation entstanden
Widersprüche zwischen Zentrum und Peripherie sowie Rivalitäten mit den nicht vom
aztekischen Staat unterworfenen Fürstentümern – wie dem Stadtstaat von Tlaxcala –, die
es den eindringenden Europäern unter Hernán Cortés ermöglichten, Verbündete gegen
die aztekischen Machthaber zu gewinnen.
Der weitere Aufbau der europäischen Herrschaft im unterworfenen aztekischen Staat
war im übrigen vorgeformt, einerseits durch die schon vor der Ankunft der Europäer
durch das Tributsystem geprägten politischen Strukturen, zum anderen durch das
ebenfalls bereits sehr entwickelte Fernhandelsnetz, welches – mit leichten Modifikatio-
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nen – in die koloniale Gesellschaft übernommen werden konnte. Im Gegensatz zur
bäuerlichen Produktion in den Anden war die aztekische Landwirtschaft durch die
Europäer relativ problemlos reorganisierbar. Dies gilt sowohl für die schon in vorkolonialer Zeit vorhandenen Besitzverhältnisse und die Entwicklung von lohnarbeitsähnlichen Beziehungen zwischen adligen Landbesitzern und Arbeitskräften als auch für
die Einführung europäischer Zugtiere und landwirtschaftlicher Technologie. Deren
Einsatz war angesichts der Bodenverhältnisse und wegen der Tatsache, daß in México
meist Regenfeldbau betrieben wurde, ohne weiteres möglich und führte sogar zu einer
spürbaren Erhöhung der Produktivität. Dies und die von den Europäern eingeführten
Tragtiere und Wagen mögen dazu beigetragen haben, daß die Spanier Nahrungsmittel
über weit größere Entfernungen problemlos befördern konnten und daher kein besonderes Augenmerk auf die Beibehaltung des komplexen Seebewirtschaftungssystems und
des chinampa-Gartenbaus im dichtbesiedelten Hochtal um Ciudad de México legten. Bis
auf heute noch bestehende Reste in Xochimilco verfiel das hochproduktive chinampaSystem rasch. Der See von Texcoco wurde im 18. Jahrhundert von der Kolonialverwaltung durch einen Kanal entwässert. Die heutige Millionenstadt Ciudad de México liegt
auf dem ehemaligen Seegrund.
Politische Zersplitterung und Arbeitsteilung im Mayagebiet
Während es in Zentralméxico unter aztekischer Führung zu einer Staatsbildung kam, die
den Interessen der Bewohner der Mesa Central entsprach, war das südlich und südöstlich
anschließende Mayagebiet zwar auch von Stadtstaaten, entwickeltem Handwerk und
überregionaler Arbeitsteilung geprägt, die sich in einer komplexen, etwa zweitausendjährigen Geschichte entwickelt hatten, doch war es dort nie zu einer politischen Vereinigung des Gesamtgebietes gekommen. Der Austausch zwischen den einzelnen Stadtstaaten fand, ähnlich wie im nördlichen Andengebiet, im Rahmen eines intensiven Handelsnetzes statt.
Die Entwicklung der Mayavölker vollzog sich in drei sehr verschiedenartigen
Naturräumen. Es waren dies erstens die relativ ebene, von wasserdurchlässigen Kalkböden geprägte Karstlandschaft der Halbinsel Yucatán, zweitens die sich weiter südlich
anschließenden, tropisch feuchten Flußtäler einschließlich des Tieflandes des Petén, und
drittens die südlichen Bergländer, vor allem im heutigen Guatemala. Die drei Räume
waren durch sehr unterschiedliche Agrarsysteme gekennzeichnet.
Das Gebiet der feuchttropischen Flußtäler im Zentrum (Petén, Usumacinta) war der
komplexeste Entwicklungsraum der Maya. Hier kam es auch im ersten Jahrtausend
unserer Zeitrechnung zum Bau von großen Tempelstädten und zu einer sehr komplexen
Interaktion unterschiedlicher Stadtstaaten, die uns heute dank der weitgehenden Entzifferung der Mayaschrift sehr genau zugänglich ist (Schele/Freidel 1994; Martin/Grube
2000). Die Grundlage dieser Entwicklung war eine Kombination von Brandrodungsfeldbau (milpa) und einer dem chinampa-Gartenbau verwandten Anlage von Hochäckern –
ähnlich denen am Río Magdalena und Río Cauca in Kolumbien – in sumpfigen Niederungen, die auf dem Aushub von Entwässerungskanälen und der Aufschüttung von
Pflanzbeeten beruhte. Diese Kombination erlaubte eine hohe Arbeitsproduktivität und
52
Jürgen Golte
offensichtlich auch eine Freistellung von Herrschern, Priestern und spezialisierten
Handwerkern von der unmittelbaren Subsistenztätigkeit, sowie den Bau der noch heute
beeindruckenden Tempelzentren durch zeitweise unterbeschäftigte milpa-Bauern. Dieses zentrale Siedlungsgebiet der Maya geriet jedoch im Laufe des 8. und 9. Jahrhunderts
in eine Krise, die einerseits durch großklimatische Veränderungen verursacht wurde, die
zu einer außergewöhnlichen Trockenheit führten, andererseits durch – vermutlich davon
beeinflußte – Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Stadtstaaten. Die Folge
dieser krisenhaften Entwicklung war, daß Stadtstaaten oder sonstige komplexe gesellschaftliche Organisationsformen aus dem Niederungsgebiet des Petén verschwanden.
In den südlich anschließenden Bergländern gab es ebenfalls den Brandrodungsfeldbau sowie einen weniger ertragreichen Brachefeldbau, deren Kombination eine Herausbildung größerer städtischer Zentren, wie sie im Tiefland stattgefunden hatte, nicht
zuließ. Parallel zum Niedergang der Tempelzentren im Petén-Gebiet kam es hier zu einer
Entwicklung hin zu weniger komplexen Formen bäuerlich-dörflicher Organisation.
In der Karstlandschaft des nördlichen Yucatán dagegen, in der die vorherrschende
Landwirtschaft auch auf dem Brandrodungsfeldbau von Mais beruhte, kam es nach dem
Niedergang des Petén-Gebietes zu einer Weiterentwicklung der dortigen Fürstentümer
und kleinen Stadtstaaten. Die spanische Eroberung dieses Gebietes im frühen 16. Jahrhundert gestaltete sich deshalb langwieriger, weil es aufgrund der fehlenden Bodenschätze für die spanischen Eroberer nur mäßig interessant war. Ebenso wie bei der Eroberung
der Nordanden mußten die kleinen Fürstentümer und Stadtstaaten der Reihe nach erobert
werden, was nicht verhinderte, daß diese sich wiederholt gegen ihre neuen Herren
erhoben. Die nur langsam fortschreitende Eroberung wurde erst 1697 mit der Unterwerfung der Itzá in Südyucatán, der letzten unabhängigen Herrschergruppe, abgeschlossen.
Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der indianischen
Bevölkerung im Süden des Kontinents
Schon die Expansion des Inkastaates fand in Mittelchile und in Nordwestargentinien ihre
durch die unterschiedliche Gesellschaftsorganisation gesetzte Grenze. Die jenseits dieser
Grenze lebenden Völkerschaften von Feldbauern im nördlichen Bereich, von Jägern,
Fischern und Sammlern bis hin nach Feuerland im südlichen Bereich, waren als
Stammesgesellschaften ohne weitergehende Arbeitsteilung als jene zwischen den Geschlechtern und den verschiedenen Altersgruppen organisiert. Ihre gesellschaftliche
Ordnung beruhte auf komplexen Formen von Verwandtschaftsregeln, die Pflichten und
Rechte der Individuen gegenüber den anderen Mitgliedern der Gesellschaft festlegten. Es
handelte sich um Gruppen, die zwar Älteste als ratgebende Respektpersonen oder
Anführer in Konfliktfällen kannten, aber erbliche Formen von herausgehobenen Herrschaftsfamilien, wie sie in den bisher besprochenen Bereichen die Regel waren, gab es
nicht.
Alle diese Gruppen waren naturräumlich auf die jeweils vorhandenen Ressourcen
spezialisiert. Die Pehuenche im chilenisch-argentinischen Andenabschnitt zwischen
etwa 38° und 40° südlicher Breite beispielsweise hatten die nußähnlichen Samen der
Araukarien als Hauptnahrungsmittel, die Mapuche betrieben regenabhängigen Brache-
Die indigene Bevölkerung Lateinamerikas um 1500
53
feldbau, insbesondere von Knollenfrüchten, Mais und Bohnen. Die Puelche und Tehuelche
in der argentinischen pampa lebten vom Sammeln und der Jagd auf Guanakos – einem
weiteren der Neuweltkameliden –, die Gruppen in Patagonien vor allem vom Sammeln
und vom Fischfang.
Derartige Gesellschaften konnten offensichtlich von den spanischen Eroberern nicht
in der gleichen Form unter das Kolonialregime gebracht werden, wie dies bei den vorher
besprochenen Gesellschaften der Fall war. Zwar erreichten die Spanier schon 1536 den
Río Maule in Mittelchile, die südliche Grenze des Inka-Staates, sie konnten aber nur
wenig darüber hinaus bis zum Río Biobio vordringen. 1553 wurde der Eroberer Pedro de
Valdivia von den Araukanern gefangengenommen und getötet. Insgesamt betrachtet
gelang es zwar den Spaniern immer wieder, Expeditionen in die genannten Gebiete
voranzutragen, sie vermochten sich aber nur sporadisch für längere Zeit festzusetzen oder
gar tatsächlich die Bewohner zu unterwerfen und als koloniale Arbeitskräfte einzusetzen,
wie ihnen das etwa im Inkastaat gelungen war. Hingegen kam es zur Aneignung
europäischer Agrartechniken und Anbaupflanzen, vor allem aber des Pferdes durch die
nicht zu unterwerfende indianische Bevölkerung. Die Einführung von Pferden hatte
ähnlich weitreichende Konsequenzen wie in Nordamerika bei den Plains- und Prärieindianern. Sowohl die araukanischen Gruppen in Chile als auch etwa die Bewohner der
argentinischen pampa wurden weit beweglicher und konnten somit erfolgreicher den
spanischen Eroberungsversuchen Widerstand leisten. Zum Teil gingen sie zu nomadischjagenden Lebensformen über. Sowohl in Argentinien als auch in Chile gelang die
Unterwerfung der indigenen Bevölkerung erst den nachkolonialen, republikanischen
Gesellschaften. In Feuerland wie auch in großen Teilen der argentinischen pampa kam
es damit zur weitgehenden Vernichtung der autochthonen Bevölkerungsgruppen.
Die indianischen Bevölkerungen der östlichen Waldländer
Auch die große Zahl unterschiedlicher ethnischer Gruppen der bewaldeten Gebiete im
Flußsystem des Amazonas zeichnete sich durch, wenn überhaupt, nur schwach geschichtete Gesellschaften aus. Zwar gab es insbesondere in den Flußuferbereichen, der várzea
Amazoniens, Ansätze zu größeren Siedlungen von Fischfang und Feldbau betreibenden
Gruppen mit einer beginnenden gesellschaftlichen Schichtung, doch war der Rest des
Raumes von einer großen Zahl unterschiedlicher Stammesgruppen besiedelt, die in
verschiedenen Sprachfamilien zusammengefaßt werden. Ihre Lebensweise war sehr eng
auf die jeweiligen naturräumlichen Verhältnisse ausgerichtet. Hieraus erklärt sich auch
der Unterschied zwischen den Gruppen in Flußnähe, die nicht nur Brandrodungsfeldbau,
vor allem von Maniok, manchmal auch von Mais in den periodisch überschwemmten und
damit nährstoffreicheren Flußauen betreiben konnten, sondern mit dem Fischfang auch
über eine weitere wichtige Quelle tierischen Proteins verfügten. Die várzea-Bewohner
hatten außerdem durch den Verkehr mit Booten weiträumige Handelsbeziehungen, über
die sie sich vor allem mit Salz versorgen konnten. Im Gegensatz dazu war die Wirtschaftsweise in den flußfernen Waldländern eher durch Kargheit bestimmt. Dort gab es weniger
ertragreichen Brandrodungsfeldbau von Maniok und die Jagd. Doch sind die amazonischen
Regenwälder im Gegensatz zu den landläufigen Vorstellungen eher wildarm. Für die dort
54
Jürgen Golte
lebenden Bevölkerungsgruppen war daher in der Regel das Sammeln von Insekten und
auch von pflanzlicher Nahrung wichtiger als die Jagd.
Die Kombination von relativ ertragreichem Maniokanbau, der, außer bei der Brandrodung, keinen größeren Arbeitsaufwand erforderte, und eher ausgedehnteren Sammelexpeditionen führte bei diesen Völkern zu einer Begrenzung der Zahl von Familien, die in
einer Dorfgruppe gemeinsam wirtschafteten. Diese verfügte über dorfnahe Brandrodungsfelder und ein relativ ausgedehntes sekundäres Sammelareal. Entsprechend konnten die
innerdörflichen sozialen Verhältnisse mit Verwandtschaftsregeln organisiert werden. Man
kannte hier also zumeist keine zentralen Autoritäten, sondern VerwandtschaftsgruppenÄlteste. Nur bei kriegerischen Auseinandersetzungen mit benachbarten Siedlungen wurden Kriegshäuptlinge ernannt. Gerieten derartige Dörfer durch das Wachstum in eine
Größenordnung, bei der die inneren Konflikte zwischen den einzelnen Verwandtschaftsgruppen und Fraktionen zu stark wurden, boten sich als Lösung eher eine Dorfteilung und
der Rückzug einer Dissidentengruppe in die unbesetzten Waldländer an als die Herausbildung von zentralen streitschlichtenden Institutionen.
Diese Umstände bestimmten auch das Verhältnis zu den Europäern, die eine
Unterwerfung versuchten. Stets bot sich die Möglichkeit des Rückzugs an. Ein Aufbau
von stabilen Herrschaftsverhältnissen über Gruppen, die eine derartige Unterwerfung
nicht aus ihrem eigenen Kulturinventar kannten, war ohnehin nicht möglich. Insofern war
der Kontakt zwischen Europäern und indianischen Bewohnern der Waldländer, wenn er
überhaupt dauerhaft zustandekam, eher handels- und missionsorientiert. Einen verheerenden Einfluß hatten die europäischen Krankheiten, die lange vor dem unmittelbaren
Kontakt mit den Europäern selbst vor allem die Gruppen in den Flußniederungen
dezimierten, die dichter siedelten und über das Fernhandelsnetz in dauernder Verbindung
mit der Außenwelt standen.
Die nomadischen chaco-Indianer
Die Dornensavannen und -steppen Paraguays, Ostboliviens und Nordargentiniens waren
aufgrund der vorherrschenden Trockenheit, mit Ausnahme der Flußuferbereiche entlang
des Paraná und Paraguay, nicht für den Anbau geeignet. Die dort lebenden Völker waren
nomadisierende Jäger und Sammler, die in ihrer Ernährung allein auf die Ergebnisse der
Sammeltätigkeit angewiesen waren. Insofern war hier die Besiedlung weniger dicht als
in den feuchten Waldländern weiter nördlich; die miteinander kooperierenden Sozialgruppen waren kleiner und umfaßten kaum viel mehr als hundert Personen. Der Kontakt
zwischen ihnen und den eindringenden Spaniern und Portugiesen war dementsprechend
sporadisch und konnte daher nicht zu dauerhafter Herrschaft führen. Auch hier stand eine
langsame Verdrängung und Ausrottung durch Krankheiten im Vordergrund. Eine Ausnahme bildete lediglich die Aufnahme von Kontakten zu Missionszwecken, die insbesondere in Paraguay zu den berühmten »Jesuitenreduktionen« führten. Diese beruhten
auf der Einführung von europäischen Wirtschaftstechniken und Sozialformen im Bereich
der Flußuferwälder, wobei die von den Jesuiten organisierten Siedlungen (reducciones)
für deren Bewohner und die vorher nomadisierende Bevölkerung angrenzender Dornensavannengebiete attraktiv gewesen zu sein scheinen.
Die indigene Bevölkerung Lateinamerikas um 1500
55
Epilog
Die indianische Bevölkerung Lateinamerikas war vor dem Eintreffen der Europäer
hinsichtlich ihrer Wirtschaftsweise, ihrer sozialen und politischen Formen sowie in ihrer
Weltsicht und ihrem materiellen Inventar äußerst vielfältig. Ihre Zusammenfassung unter
dem Begriff »Indianer« ist allein dadurch zu rechtfertigen, daß diese alle eben Einwohner
des amerikanischen Doppelkontinents waren. Betrachtet man ihr Schicksal im Gefolge der
europäischen Landnahme, so wird deutlich, daß die koloniale Geschichte, soweit sie nicht
zu einer Verdrängung und Eliminierung der einheimischen Bevölkerung führte, immer
auch als eine Fortsetzung der vorherigen »indianischen« Geschichte, insbesondere der
sozialen und politischen Formen sowie der Wirtschaftsweisen verstanden werden muß. Nur
dort, wo diese autochthone Geschichte vorher die Möglichkeit der Interaktion in einem
Herrschaftsumfeld geschaffen hatte, konnten sich die kolonisierenden Europäer in Amerika
einrichten und die bestehenden Verhältnisse gemäß ihren Herrschaftsinteressen umformen.
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