Polizei in erhöhter Alarmbereitschaft

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Polizei in erhöhter Alarmbereitschaft
DONNERSTAG | 11. AUGUST 2016
PRG1
REGION
B
Polizei in erhöhter Alarmbereitschaft
Freudenberg
erinnert an
den Stadtbrand
Großveranstaltungen in den nächsten Wochen unter verschärfter Beobachtung.
Mehr Beamte in Zivil im Einsatz. Unterstützung der Einsatzkräfte
Feuer vernichtete vor
350 Jahren Ortskern
KOMPAKT
Nachrichten aus der Region
Kiosk-Räuber muss nach
Hammerschlägen in Haft
Hagen. Ein Räuber (48), der während eines Überfalls zweimal mit
einem Hammer auf den Kopf des
Kiosk-Inhabers schlug, kommt
glimpflich davon: Er muss für zwei
Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Das Landgericht Hagen
befand ihn des versuchten schweren Raubes und einer gefährlichen
Körperverletzung für schuldig. Die
Richter fanden Milderungsgründe.
So habe sich der Angeklagte bei
dem Opfer entschuldigt und 1200
Euro Schmerzensgeld zugesagt,
die er nicht zahlen kann: Man erkenne aber sein ernsthaftes Streben nach einer Wiedergutmachung
an, so das Gericht. ul
Attendorner überweist
Betrügern 6000 Euro
Attendorn. Ein 75-jähriger Mann
aus Attendorn hat 6000 Euro auf
ein Bankkonto in der Türkei überwiesen, nachdem von Betrügern
längere Zeit massiv mit Anrufen
unter Druck gesetzt worden war.
Sie behaupteten, Beamte des Bundeskriminalamtes und auch eine
Staatsanwältin zu sein und suggerierten ihm, mit dem Geld bei der
Festnahme von Waffenhändlern zu
helfen. Als er noch Zweifel hatte,
wurde mit einem Ermittlungsverfahren wegen Behinderung der
Justiz gedroht. Dann zahlte er. Seine Hausbank versucht, die Überweisung rückgängig zu machen. rd
Trotz Fahrverbot
am Steuer erwischt
Wetter. Weil sie wiederholt zu
schnell gefahren war, musste eine
30-jährige Autofahrerin aus
Schwerte öfter schon den Führerschein abgeben. Als sie trotz
Fahrverbot von der Polizei in Wetter gestoppt wurde, gab es einen
Strafbefehl über 600 Euro und drei
Monate Fahrverbot. Sie legte
Einspruch ein und erklärte vor
Gericht, das letzte Fahrverbot habe
sie nie erreicht. Die Person, mit der
sie zusammengelebt habe, habe
immer mal Post verschwinden
lassen. Den Richter überzeugte
das wenig. Am Ende zog die Verkehrssünderin den Einspruch zurück. rd
Känguru in
Bestwig gesichtet
Bestwig. Ein Autofahrer will im
Bestwiger Ortsteil Nuttlar ein freilaufendes Känguru entdeckt haben. Dabei könnte es sich um
„Skippy 2“ handeln - jenes Känguru, das bereits seit Januar im
Sauerland für Schlagzeilen sorgt.
Zuletzt war das Tier im Juni im
Olsberger Stadtteil Bigge gesichtet
worden. Seitdem ist es ruhig geworden um „Skippy 2“. Ein Foto
vom Känguru als Beleg für seine
Entdeckung konnte der Autofahrer
so schnell nicht schießen. Laut
Polizei sind auch keine weiteren
Hinweise auf ein Känguru in Nuttlar eingegangen. sel
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D INNERE SICHERHEIT Südwestfalen gewappnet
Von Jürgen Schade
Von Joachim Karpa
Bitte an Besucher um
mehr Aufmerksamkeit
Hagen. Abstrakte Gefährdungslage.
Das ist das Schlüsselwort der Polizei. Was das heißt? Es können zu
jeder Zeit an jedem beliebigen Ort
Menschen zu Opfern von Gewalttaten werden.
„Verbrechen von Tätern, die sich
selbst umbringen wollen, lassen
sich nicht verhindern“, sagt Andreas Barnewitz, stellvertretender
Vorsitzender der Gewerkschaft der
Polizei (GdP) im Märkischen
Kreis. „Ein Phänomen. Wir müssen lernen, uns dieser Gefahr zu
stellen.“ Wie? „Mit mehr Präsenz.“
: Die Polizei bittet die Besucher von Großveranstaltungen
um besondere Aufmerksamkeit
bei verdächtigen Wahrnehmungen. Ihr Rat: Kontakt mit dem
Beamten vor Ort aufnehmen
oder den Notruf 110 wählen.
: Auch das Campus-Sympo-
sium in Iserlohn am 8./9. September bedeutet für die Polizei
erhöhte Alarmbereitschaft. So
ist der frühere Präsident Afghanistans, Hamid Karzai, zu Gast.
Höhere Belastung
Aus seiner Sicht kommt auf die
Beamten in den nächsten Wochen
und Monaten eine höhere Belastung zu. „Wir sind längst am Limit.“
Jetzt würde sich der Personalabbau
bei der Polizei rächen. „Wir haben
keine Reserven mehr. Früher waren wir im Märkischen Kreis“, so
der 54-jährige Hauptkommissar,
„670 Polizisten, heute sind es 600.“
: Aktuell sind bei Großveranstaltungen mehr Beamte in Zivil
im Einsatz.
jk
„Es gibt
keine konkreten Hinweise.“
„Wir sind
sensibilisiert.“
Bianca Scheer (39), Sprecherin der
Polizei im Hochsauerlandkreis
aus“, so Clemens. „Beamte in Zivil
haben größere Chancen, die Lage
auszukundschaften.“ Nicht zuletzt
würden die jüngsten Erkenntnisse
aus den terroristischen Anschlägen der vergangenen Wochen in
die Bewertung der Veranstaltung
einfließen.
Stephan Clemens( 56),
Sprecher der Polizei im Kreis Olpe
Wie sich die Polizei wo mit wie
vielen Einsatzkräften aufstellt, ist
nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Das liegt im Interesse der Sache. Die Sicherheitskonzepte für
die Großveranstaltungen in Südwestfalen in nächster Zeit sind mit
den Veranstaltern ausgearbeitet.
Unkontrollierte Zugänge
Tausende werden die „Wendsche
Kärmetze“ (13. bis 16. August) in
Wenden, Kreis Olpe, die Hüstener
Kirmes (9. bis 13. September), das
Schwelmer Heimatfest (2. bis 6.
September) und die Montgolfiade
in Warstein ( 2. bis 10. September)
besuchen.
„In der Regel“, sagt Stephan Clemens, Sprecher der Polizei im Kreis
Olpe, „sind es Orte, mit vielen Zu-
Beobachtungsposten: Ein Polizist lässt die Menge nicht aus den Augen. Bei Großereignissen in der Region wird künftig mehr Präsenz gezeigt. FOTO: AXEL HEIMKEN/DPA
gängen. Das kann nicht alles dicht
gemacht werden. Die Besucher haben hier auch in Zukunft unkontrolierten Zugang., Das ist anders
als im Stadion, wo jeder am Eingang kontrolliert wird.“
So seien die Einsatzkräfte sensibilisiert, bei Verdachtsmomenten
Personen und deren Sachen, „wie
zum Beispiel einen schweren
Rucksack“, zu kontrollieren. „Mit
all den rechtlichen Vorgaben“, so
der 56-jährige Hauptkommissar,
„die wir haben. Willkürlich passiert nichts.“ Auf der Kirmes in
Wenden soll mehr Personal in Uniform und in Zivil, unterstützt von
der Bereitschaftspolizei, unterwegs
sein. „Das wirkt sich positiv auf das
Sicherheitsgefühl der Besucher
Kein Grund zur Panik
Das unterstreicht Bianca Scheer,
Sprecherin der Polizei im Hochsauerlandkreis in Meschede: „Wir
stehen im engen Kontakt mit dem
Staatsschutz. Wir sind sensibler als
vor zwei, drei Jahren.“ Die Polizeioberkommissarin hält nicht viel
davon, Panik zu schüren: „Es gibt
keine konkreten Hinweise auf
mögliche Anschläge.“ Oliver Menden, Sprecher der Polizei im Ennepe-Ruhr-Kreis,
bestätigt
das:
„Stand heute gibt es keine aktuellen Erkenntnisse.“ Da schließt sich
der Kreis. So ist die Gefährdung
gegenwärtig. Abstrakt.
Freudenberg. 71 Häuser und 25
Scheunen brannten ab, nur ein einziges Haus blieb stehen: Mit einer inszenierten Lesung erinnerte die
Stadt Freudenberg an den verheerenden Stadtbrand, der am 9. August
1666 den Ortskern auslöschte. 600
bis 700 Besucher erschienen zu der
Gedenkveranstaltung im „Alten Flecken“, bei der in den Abendstunden
mit Licht- und Geräuscheffekten die
passende Stimmung erzeugt wurde.
Ausgebrochen war der Brand aufgrund eines Blitzeinschlags in einem
ungewöhnlich heißen Sommer. An
die Katastrophe erinnern die Freudenberger außerdem mit einer Ausstellung im Museum.
Lichteffekte schaffen bei der Gedenkveranstaltung Atmosphäre. FOTO: SCHADE
Hilchenbacher stellt
sich 28­Tonnen­Lok
in den Vorgarten
Hilchenbach. André Deutenbach hat
sich eine 28 Tonnen schwere ausrangierte Diesellok in den Vorgarten seines Elternhauses in HilchenbachVormwald gestellt. Die Zugmaschine war von 1958 an bei der Firma
Bender in Kreuztal-Ferndorf als
Werksbahn eingesetzt, nachdem das
Unternehmen in die Insolvenz gegangen war, konnte er die Lokomotive über einen Bekannten käuflich erwerben.
Dazu musste Deutenbach sämtliche Betriebsstoffe entfernen. Mit
einem Tieflader und zwei Schwerlastkränen wurde der stählerne Koloss an Ort und Stelle bugsiert. Das
Haus ist nun Anlaufstelle für begeisjhs
terte Eisenbahnfans.
Anti­Terror­Razzia im Reisebüro
Mutmaßliche IS-Rekrutierer im Visier. Durchsuchungen im Ruhrgebiet, Tönisvorst und Düsseldorf
Von Annika Fischer
Düsseldorf. Ihren Rammbock hat die
Polizei nicht gebraucht und auch
nicht den Schlüsseldienst. Der
Mann, den sie sucht, lässt die Einsatzpolizisten freiwillig ein, früh um
sieben in Duisburg-Rheinhausen.
Da schläft die enge Wohnstraße
noch, wie auch die in Dortmund, in
Düsseldorf und Tönisvorst: Fünf
Wohnungen und ein Reisebüro
durchkämmen die Beamten am frühen Mittwochmorgen, ein lange vorbereiteter Schlag gegen mutmaßliche Unterstützer der Terrororganisation Islamischer Staat (IS).
Sie wollen nicht die drei Prediger
selbst, denen sie vorwerfen, junge
Männer für den bewaffneten Kampf
in Syrien und im Irak zu rekrutieren
– noch nicht. Sie wollen Beweismaterial, Dokumente, die belegen, was
der Staatsschutz lange ahnt: dass
hier selbsternannte Imame in privaten Gebets- und Unterrichtsräumen
Polizeibeamte sichern in Duisburg ein Wohnhaus, in dem Unterlagen sichergestellt werden.
FOTO: KAI KITSCHENBERG
zur Ausreise in die Krisengebiete
motivieren. Seit Januar beziehungsweise Juni 2015 sei das Trio verdächtig, Mitglieder für den IS geworben
zu haben, bestätigt der Generalbundesanwalt, der das Verfahren leitet.
Einer habe auch mit Geld und
Logistik geholfen. Juristisch heißt
der Vorwurf: Unterstützung einer
terroristischen Vereinigung im
Ausland (Paragraf 129 StGB).
In Räumen nahe des Duisburger
Reisebüros sollen sich zwei der mutmaßlichen Attentäter auf den Essener Sikh-Tempel, Yussuf T. (Gelsenkirchen) und Mohammed B. (Essen),
radikalisiert haben. Die Duisburger
Polizei hatte nach dem Anschlag im
April bestätigt, das Reisebüro im
Blick und dort auch schon mehrfach
sogenannte „Gefährderansprachen“
gehalten zu haben. Hassan C. hatte
erklärt, die beiden jungen Männer
nicht zu kennen, aber angekündigt,
seine Arabisch-Stunden einzustellen. Im Raum steht dennoch der Verdacht, der „Imam“ habe Kontakte in
die Salafisten-Szene und auch nach
Syrien. In Ermittler-Kreisen gilt er
gar als Repräsentant des IS.
Als solcher, vielleicht sogar als
Kopf der Szene, wird auch ein Mann
mit dem Alias-Namen Abu Walaa
aus Niedersachsen geführt. Wohnungen seiner Angehörigen in NRW
werden ebenfalls durchsucht. Gegen
den „Deutschsprachigen Islamkreis“ des Predigers in Hildesheim
läuft ein Verbotsverfahren.
Ähnlich agiert ein Dortmunder,
den die Polizei am Mittwoch
zeitgleich aufsucht. Der Mann soll in
seiner Privatwohnung in der östlichen Innenstadt „predigen“. Er bekommt deshalb ebenfalls Besuch zuhause.
Ein Hingucker: die 28-Tonnen-Lok im
Vorgarten.
FOTO: HENDRIK SCHULZ
Jaulende Hunde auf
Fußgängerbrücke
Lennestadt. Möglichst langlebig sollen sie sein, die Brücken über Flüsse
und Bäche in Lennestadt. Deshalb
setzt die Stadt jetzt auf Konstruktionen aus verzinktem Stahl statt Holz.
In Altenhundem kam das nicht gut
an, auf der neuen, 120 000 Euro teuren Fußgängergängerbrücke über
die Lenne brachen Pumps-Absätze
ab, Hunde jaulten vor Schmerzen
beim Betreten der Gitterroste und einige Passanten bekamen gar Höhenangst. Jetzt hat die Stadt reagiert.
Ein Teil der Trittfläche wurde mit
Spezialplatten Hunde- , Menschenund Stöckelschuhfreundlich nachgerüstet. Kosten für den Steuerzahebe
ler: satte 9000 Euro.