Verkehrsrecht II – Ordnungswidrigkeiten
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Verkehrsrecht II – Ordnungswidrigkeiten
VERKEHRSRECHT TEIL 2 Liebe Leserinnen und Leser! Mit diesem Informationsblatt möchte ich Ihnen einige Tipps geben, die Ihnen bei verkehrsrechtlichen Problemen helfen können. Aus Platzgründen muss ich mich dabei auf zwei Alltagsprobleme beschränken, nämlich den VERKEHRSUNFALL und das BUSSGELDVERFAHREN. Die Tipps sollen Ihnen zeigen, wie man sich am Besten kurz nach einem Unfall verhält und was zu tun ist, wenn ein Bußgeldverfahren droht oder sogar schon eingeleitet wurde. Gerade für diejenigen, die über keine Rechtsschutzversicherung verfügen, können diese Tipps nützlich sein um zu beurteilen, ob der Weg zum Anwalt lohnt. Wer über Verkehrsrechtsschutz verfügt, sollte sich nach einem Verkehrsunfall oder einem Bußgeldbescheid in jedem Fall wenigstens kurz beraten lassen. Die Verkehrsordnungswidrigkeit Geschwindigkeitsbegrenzungen, Parkverbote, Vorschriften über den Mindestabstand usw. haben natürlich ihren Sinn. Damit sollen Verkehrsunfälle und Schäden an Leib und Leben verhindert werden. Deshalb ist es auch für mich als Anwalt natürlich wünschenswert, wenn man sich gegenüber dem Vorwurf einer Verkehrsordnungswidrigkeit einsichtig zeigt. Haben Sie die Verkehrsordnungswidrigkeit aber nicht begangen, sind Sie bei einem Fahrverbot auf Ihr Auto angewiesen, haben Sie Zweifel an der Richtigkeit einer Geschwindigkeitsmessung usw., sind die folgenden Tipps vielleicht wichtig. Verkehrsordnungswidrigkeiten können nach Eintritt der Verjährung nicht mehr verfolgt werden. Bis zum Erlass eines Bußgeldbescheides beträgt die Verjährungsfrist bei den meisten Delikten 3 Monate, danach 6 Monate. Die Verjährung kann durch die Verfolgungsbehörde/das Gericht durch bestimmte Handlungen aber unterbrochen werden. Wenn Sie Zweifel haben, ob eine Verkehrsordnungswidrigkeit in Ihrem Fall möglicherweise verjährt ist, sollten Sie sich Rat einholen. Bei Ordnungswidrigkeiten, die nur mit einem Verwarngeld bedroht sind (weniger als 40 €), erhalten Sie in der Regel zunächst einen Verwarngeldbescheid. Dieser enthält nur das Verwarngeld ohne Verfahrenskosten. Überlegen Sie sich in diesem Fall besonders gründlich, ob der Vorwurf der Ordnungswidrigkeit akzeptiert wird oder ob Sie dagegen vorgehen wollen. Zahlen Sie das Verwarngeld innerhalb der gesetzten Frist nämlich nicht, werden Sie in der Regel einen Bußgeldbescheid erhalten. In einem Bußgeldbescheid kommen Bearbeitungskosten (in der Regel 25,60 €) hinzu. Verwarngeldbescheide sind in der Praxis fast immer auch Schreiben zur Anhörung. Damit soll die Möglichkeit gegeben werden, Einwendungen vorzutragen, wenn Sie z. B. nicht selber gefahren sind oder aus einem anderen Grund glauben, dass Sie die Ordnungswidrigkeit nicht begangen haben. Hierzu müssen Sie folgendes wissen: Sie sind nicht verpflichtet, Angaben zur Sache zu machen. Weil Sie nicht verpflichtet sind, Angaben zur Sache zu machen, müssen trotzdem gemachte Angaben nicht der Wahrheit entsprechen. © Frank Uhlmann Informationsblatt Verkehrsrecht II – Ordnungswidrigkeiten Seite 2 von 3 Dieser Grundsatz hat aber Grenzen. Oft teilen Betroffene der Bußgeldstelle mit, dass sie gar nicht selbst gefahren sind, sondern z. B. ein Verwandter. Dieser Verwandte wird dann entsprechend instruiert. Meldet sich die Bußgeldstelle dann bei diesem Verwandten, bestätigt er, dass er gefahren ist. Hintergrund eines solchen Vorgehens ist oft der unterschiedliche Punktestand in Flensburg (Verkehrszentralregister). Vor einem solchen Vorgehen kann ich nur warnen! Der Betroffene hätte sich wegen falscher Verdächtigung strafbar gemacht. Der Verwandte hätte sich wegen Strafvereitelung strafbar gemacht. Eleganter ist es dagegen, wenn der Betroffene gegenüber der Bußgeldstelle angibt, dass ein Verwandter oder eine sonstige Person sein Fahrzeug benutzt haben k ö n n t e und diese andere Person angibt, dass dies möglich w ä r e . Besonderheiten gelten bei Parkverstößen. Denn hier wird es der Bußgeldstelle kaum gelingen nachzuweisen, wer ein Fahrzeug verbotswidrig abgestellt hat. Muss das Bußgeldverfahren deshalb eingestellt werden, können die Verfahrenskosten, die in der Regel das Doppelte vom Verwarngeld betragen, dem Fahrzeughalter auferlegt werden. Auch viele Rechtschutzversicherungen haben in ihren Versicherungsbedingungen geregelt, dass die Kosten eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens bei Parkverstößen nicht übernommen werden. Kann nach einer Verkehrsordnungswidrigkeit der Täter nicht überführt werden, und haben Sie als Fahrzeughalter durch Ihr Schweigen dazu beigetragen, kann durch die Verwaltungsbehörde eine so genannte Fahrtenbuchauflage erfolgen. Das ist in der Praxis jedoch nur sehr selten der Fall und darüber hinaus nur bei schweren Verkehrsverstößen berechtigt. Viele Verkehrsordnungswidrigkeiten sind mit der Eintragung von Punkten im Verkehrszentralregister (Flensburg) verbunden. Hier gilt das so genannte Punktesystem. Dort ist Folgendes geregelt: o o o Bei einem Punktestand ab 8 unterrichtet die Fahrerlaubnisbehörde über die freiwillige Möglichkeit der Teilnahme an einer Verkehrsschulung (Aufbauseminar). Bei einem Punktestand ab 14 ordnet die Fahrerlaubnisbehörde unter Fristsetzung die Teilnahme an einem solchen Seminar an oder verwarnt den Betroffenen, wenn innerhalb der letzten fünf Jahre bereits ein solches Seminar durchgeführt wurde (eine Seminarteilnahme zur Punktereduzierung ist nur einmal aller fünf Jahre möglich). Bei einem Punktestand von 18 wird die Fahrerlaubnis entzogen. Auskünfte über den Punktestand erhalten Sie kostenfrei unter Kraftfahrtbundesamt Fördestraße 16 24944 Flensburg Sie müssen bei der Anfrage Ihren vollständigen Namen, Ihre vollständige Adresse, Ihr Geburtsdatum, den Geburtsort sowie gegebenenfalls Ihren abweichenden Geburtsnamen angeben. Unabhängig von diesen Anordnungen der Fahrerlaubnisbehörde können Sie einmal aller fünf Jahre freiwillig an einem Aufbauseminar teilnehmen und damit Ihren Punktestand reduzieren. Das lohnt sich z. B. zur Abmilderung einer Geldbuße oder zur Verhinderung eines Fahrverbotes, wenn gegen Sie gerade ein Bußgeldverfahren läuft. Unabhängig davon rate ich Ihnen zur freiwilligen Teilnahme an einem solchen Seminar bei einem Punktestand von 4 bis 8, denn dann wird Ihr Punktekonto um 4 Punkte reduziert. Beträgt Ihr Punktestand mehr als 8, erfolgt durch das gleiche Seminar nur noch eine Reduzierung um 2 Punkte. © Frank Uhlmann Informationsblatt Verkehrsrecht II – Ordnungswidrigkeiten Seite 3 von 3 Schwere Verkehrsverstöße sind neben einer Geldbuße und der Eintragung von Punkten oft mit der Verhängung eines Fahrverbotes verbunden. Oft ist es möglich, dieses Fahrverbot zu verhindern. Das ist regelmäßig aber nur unter bestimmten Bedingungen möglich und zudem in der Praxis mit einer Verdoppelung oder Verdreifachung der Geldbuße verbunden. Wenn gegen Sie ein Fahrverbot verhängt wurde, und Sie beruflich oder aus sonstigen Gründen dringend auf Ihr Fahrzeug angewiesen sind, sollten Sie sich anwaltlicher Hilfe bedienen. Welche Ansatzpunkte es im konkreten Fall für ein erfolgreiches Vorgehen gegen den Vorwurf einer Verkehrsordnungswidrigkeit gibt, kann ich Ihnen an dieser Stelle natürlich nicht sagen. Messfehler, Verstöße gegen Richtlinien zur Durchführung von Verkehrskontrollen, Fotofehler usw. können in der Praxis nur nach Einsicht in die Polizeiakte entdeckt werden. Akteneinsicht können Sie als Privatperson nicht erhalten, sondern nur ein Rechtsanwalt. Oft lohnt es sich auch, Bußgeldverfahren zeitlich zu steuern. Erhalten Sie z. B. im Januar einen Bußgeldbescheid mit einem Fahrverbot und haben im Sommer eine Flugreise geplant, kann allein durch die zeitliche Gestaltung des Verfahrens erreicht werden, dass Sie das Fahrverbot z. B. während Ihrer Flugreise ableisten können. Ein anderer Fall ist Folgender: Wenn Sie gerade wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung einen Bußgeldbescheid erhalten haben und aus unglücklichen Umständen kurz vorher oder nachher nochmals geblitzt werden, kann man für die zweite Geschwindigkeitsüberschreitung die Verhängung eines Fahrverbotes durch ein zeitlich sinnvolles Vorgehen gegen die erste Geschwindigkeitsüberschreitung erreichen. Bei diesen Dingen sollten Sie aber anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Nachstehend füge ich Ihnen einen Auszug aus der Bußgeldkatalogverordnung bei: Geschwindigkeitsüberschreitungen mit Pkw ohne Anhänger oder Motorrad innerhalb geschlossener Ortschaften Km/h Geldbuße Punkte bis 10 15 € 11-15 25 € 16-20 35 € 21-25 50 € 1 Punkt 26-30 60 € 3 Punkte 31-40 100 € 3 Punkte 41-50 125 € 4 Punkte 51-60 175 € 4 Punkte 61-70 300 € 4 Punkte über 70 425 € 4 Punkte außerhalb geschlossener Ortschaften Fahrverbot Km/h bis 10 11-15 16-20 21-25 26-30 31-40 41-50 51-60 61-70 über 70 1 Monat 1 Monat 2 Monate 3 Monate 3 Monate Geldbuße 10 € 20 € 30 € 40 € 50 € 75 € 100 € 150 € 275 € 375 € Punkte Fahrverbot 1 Punkt 3 Punkte 3 Punkte 3 Punkte 4 Punkte 4 Punkte 4 Punkte 1 Monat 1 Monat 2 Monate 3 Monate Achtung, ein Fahrverbot wird auch verhängt, wenn innerhalb eines Jahres zwei Geschwindigkeitsüberschreitungen von mehr als 25 km/h festgestellt wurden! Überholen Überholen unter Nichtbeachten des Verkehrszeichens "Überholverbot" 40 €, 1 Punkt mit Gefährdung oder Sachbeschädigung 125 €, 4 Punkte, 1 Monat Fahrverbot Außerhalb geschlossener Ortschaften rechts überholt 50 €, 3 Punkte Halten und Parken Halten in "zweiter Reihe" 15 €, bei Behinderung 20 € Unberechtigt auf Schwerbehinderten-Parkplatz geparkt 35 € © Frank Uhlmann