Leseprobe - UVK Verlagsgesellschaft mbH

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Leseprobe - UVK Verlagsgesellschaft mbH
Anke Hahn
Anna Schierse
Filmverleih
Zwischen Filmproduktion und Kinoerlebnis
UVK Verlagsgesellschaft mbH
Praxis Film
Herausgegeben von Rolf Giesen
Band 15
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.
ISSN 1617-951X
ISBN 3-89669-410-3
© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2004
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Schützenstr. 24 · D-78462 Konstanz
Tel.: 07531-9053-0 · Fax: 07531-9053-98
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5.
Marketing
Das Marketing für einen Film ist das Herzstück der Verleiharbeit, denn
hier entwickelt der Verleih seine Vision des Films, und findet geeignete
Strategien, um in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit für seinen Film zu
schaffen und die anvisierte Publikumszielgruppe für einen Kinobesuch
zu gewinnen. Darüber hinaus richtet sich das Marketing direkt an die
Filmtheaterbetreiber, denen der Film für einen optimalen Einsatz verkauft bzw. vermietet werden soll. Nicht zuletzt gehört zum Marketing
auch die Werbung in eigener Sache, also die optimale Selbstdarstellung
eines Verleihs nach außen.
Verschiedene Daten zeigen, dass sich das Umfeld des Verleihs in seiner
Marketingarbeit deutlich verschärft hat. Nach der Beschreibung dieses
Umfelds sollen als weitere Vorbemerkung das Produktionsmarketing
und die Film-/Produktanalyse vorgestellt werden, welche den weiteren
Maßnahmen vorangehen.
Marktsituation
Die Marktsituation auf dem Werbesektor hat sich in den letzten Jahren
deutlich verschärft. Dies liegt an mehreren Faktoren:
Insgesamt muss sich die Werbung für Filme in der Aufmerksamkeit der
Verbraucher gegen den ständig wachsenden Anteil der Produktwerbung
durchsetzen. Dies wird noch dadurch erschwert, dass ein Film bei einer
durchschnittlichen Kinoauswertungszeit von einem halben Jahr eine
äußerst kurze Lebensdauer gegenüber anderen Produkten hat, die wie
z. B. viele Zigaretten- und Waschmittelmarken durch eine langjährige
Werbepräsenz wirken können. Hinzu kommt eine stetige Vergrößerung
des Filmangebots. So hat die Anzahl der erstaufgeführten Spielfilme in
Deutschland in den letzten zehn Jahren nochmals um 25 %
zugenommen und liegt nun bei rund 350 Filmen jährlich, die beworben
werden. Darüberhinaus werben zunehmend auch Videohersteller und
TV-Anstalten für ihre Filme und machen so der Kinofilmwerbung
Konkurrenz. Nicht zuletzt haben die in den letzten Jahren – bis zum
Zusammenbruch des Neuen Marktes – steigenden Lizenzpreise zu einer
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Marketing
deutlichen Vergrößerung des Verleihrisikos geführt, so dass stärkere
Werbeanstrengungen für die einzelnen Filme notwendig geworden sind,
um ein kostendeckendes Einspiel zu sichern. So werden z. B.
synergetische Aktionen wie Merchandising oder Cross-Promotion immer
wichtiger, um weitere Zuschauerschichten zu gewinnen.
Diese angespannte Gesamtsituation hat dazu geführt, dass die Werbebudgets der Verleiher innerhalb kürzester Zeit enorm gewachsen sind.
Bei den großen Major-Firmen übersteigen die Marketingkosten teilweise
sogar die Produktionskosten. In der Regel geben die US-Major-Firmen
für ihre Werbung ohnehin schon fast das Doppelte der deutschen Verleiher aus, nämlich ca. 4 % des Umsatzes gegenüber 2 %. Da die MajorFirmen zudem meist viel höhere Umsätze haben, ergeben sich so millionenhohe Unterschiede in den Werbebudgets.
Dies erschwert noch einmal die Aussicht der kleinen Verleiher, mit ihren
geringen finanziellen Mitteln eine Präsenz zu erzielen. Sie müssen auf
aufwändige und spektakuläre Werbemaßnahmen verzichten und stattdessen alternative Werbestrategien entwickeln, die dennoch gezielt die
richtigen Publikumsschichten erreichen. Besonders innovativ und erfolgreich war z. B. die in den USA gestartete Marketingkampagne für den
low-budget-Horror-Film »Blair Witch Project«, die zunächst ausschließlich auf das Internet begrenzt war. Auf der Webseite wurden angeblich
authentische Dokumente zum Verschwinden der Filmjugendlichen ausgestellt, wodurch der vom Film behauptete dokumentarische Wahrheitsgehalt des geheimnisvollen und unheimlichen Geschehens nochmals
unterstrichen und die Neugier weiter geschürt wurde. Diese äußerst
Kosten sparende PR-Maßnahme funktionierte deshalb so gut, weil sie
sich auf die anvisierte Zielgruppe (junge Männer) konzentrierte, und
diese in deren favorisiertem Medium ansprach. Darüber hinaus bewirkte
die Fokussierung auf das Internet ein Gefühl der Exklusivität bei den
»Insidern« – und bekanntlich führt nichts so schnell zur Popularität wie
das vermeintlich Exklusive. Als der ARTHAUS-FILMVERLEIH dann »Blair
Witch Project« in Deutschland startete, musste er nur noch auf diesen
Zug aufspringen und einen Link zu der Filmwebsite einrichten. Der Ruf
des Überraschungserfolges eilte dem Film ohnehin schon voraus.
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Marketing
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Produktionsmarketing
Die vertikale Verflechtung von Produktion, Verleih und Kinos, über die
die US-amerikanischen Major-Companies verfügen, hat den entscheidenden Vorteil, Kosten sparende und Sparten übergreifende Werbekampagnen umsetzen zu können. So wird hier schon in der Planungsphase
eines Filmprojekts ein Marketingkonzept entwickelt, das im Vorfeld auf
umfassende Marktforschungsergebnisse zurückgreift und einen Filmstoff
für eine klar definierte Zielgruppe erarbeitet. Während der Dreharbeiten
wird diese Filmproduktion dann bereits von einer gut vorbereiteten und
an der Zielgruppe orientierten PR-Kampagne begleitet, so dass schon
weit vor einem Kinostart eine erste Öffentlichkeit für das Filmprojekt
geschaffen werden kann.
Darüber hinaus ist das in der Firmenzentrale einer Major-Company entwickelte Marketingkonzept international ausgerichtet, so dass ein und
dieselbe Werbestrategie für alle Länder, in denen der Film in die Kinos
kommen soll, gültig ist. Für eine unabhängige Produktion, die nach und
nach von verschiedenen Verleihern in unterschiedlichen Ländern
herausgebracht wird, müssen hingegen jeweils neue Werbekampagnen
konzipiert werden.
Auch für die unabhängigen Verleiher kann es von Vorteil sein, bereits im
Produktionsstadium eines Films integriert zu sein. Dies ist ohnehin der
Fall, wenn ein Verleih aufgrund einer Verleihgarantie finanziell an der
Produktion beteiligt ist. Auf diesem Weg kann der Verleih Einfluss auf
die Entwicklung eines Filmprojekts nehmen: angefangen bei einer stärkeren Marktorientierung des Stoffes bzw. Drehbuchs, über von langer
Hand geplante Marketingmaßnahmen wie z. B. Merchandising und
Cross-Promotion oder eine gute Produktionspressearbeit bis hin zu gut
vorbereiteten Werbemaßnahmen zum Kinostart.
Film- / Produktanalyse
Ist der Verleih nicht von Anfang an beteiligt an der Entwicklung eines
Filmprojekts, sondern hat einen fertigen Film gekauft, muss er nun auf
der Grundlage dieses Produkts eine entsprechende Verleih- und Werbestrategie entwickeln. Ziel ist eine möglichst genaue Eingrenzung und Be-
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Marketing
stimmung des Publikumspotenzials für den vorbereiteten Film. Vor der
detaillierten Analyse steht die ganz allgemeine, meist von selbst beantwortete Frage: Mainstream oder Filmkunst, und wie »groß« kann und soll
der Film werden? Aufgrund der erwarteten Zuschauerzahlen wird die
Verleihleitung die Einnahmen schätzen und das Budget für die Herausbringung des Films aufstellen.
Eine detailliertere Film-/Produktanalyse sollte folgende Fragen beantworten:
Wie bekannt sind die Darsteller/Stars, welches Image bedienen sie zurzeit? Um welches Genre handelt es sich? Welches sind die im Film
behandelten Themen, die von den Medien aufgegriffen werden könnten?
Wie ist die Machart des Films, an welche Filmästhetiken knüpft er an?
Wodurch kann man den Film sonst noch charakterisieren? Welche Zielgruppen spricht er an?
Wichtig ist bei der Film-/Produktanalyse schließlich auch, Trends und
Entwicklungen auf dem Filmmarkt zu berücksichtigen: Mit welchen
aktuellen Filmen lässt sich der vorbereitete Film in Inhalt und Machart
vergleichen? Bedient er evtl. ein gerade beliebtes Genre? Hier seien zwei
Beispiele angebracht: Nach dem überragenden Erfolg von Quentin
Tarantinos »Pulp Fiction« im Jahr 1994 konnten eine ganze Reihe
gewaltreicher Gangster-Komödien und Underground-Actionfilme (so
z. B. »Schnappt Shorty« mit John Travolta, »Killing Zoe« von Roger
Avary, »From Dusk till Dawn« von Robert Rodriguez oder »Perdita
Durango« von Alex de la Iglesia) unter dem Label »Tarantino-like«
erfolgreich herausgebracht werden, die kurze Zeit vorher nur eine kleine
Fangemeinde angesprochen hätten. Auf etwas exklusiverer Ebene war
ein ebensolcher Trend die von Lars von Trier aus der Taufe gehobene
Marke »Dogma«, der weit über die fünf oder sechs offiziell unter diesem
Namen laufenden Filme hinausging. Die Charakterisierung als »DogmaFilm« verhalf insbesondere sehr kleinen low-budget-Filmen mit sozialkritischem Charakter zu einer größeren Aufmerksamkeit und Zuschauergemeinde. Solche Trends sind allerdings sehr kurzlebig und allzu häufige
Nachahmung ruft dann schnell Ablehnung beim Publikum hervor.
Ein grundlegender Faktor bei der Marketingarbeit für einen Film sind
schließlich die Bilder, und es gehört zur filmischen Analysearbeit des
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Marketing
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Verleihs, das eine oder die wenigen markanten Bilder zu finden, die
einen Film auszeichnen. Gibt es ein Bild, welches den Film so sehr charakterisiert, dass im besten Fall der Filmtitel untrennbar mit diesem Film
in Verbindung gebracht wird? Welches Bild wird sich in das Bewusstsein
der Zuschauer eingraben? Ein eindrückliches Bild ist sicherlich das der
jungen Ludivine Sagnier, wie sie sich in ihrem schwarz-weiß-gestreiften
Bikini neben dem sommerlichen Pool ausstreckt, mit gleichsam kindlicher Unschuld und doch den (voyeuristischen) Blick auf sich ziehend:
ein Bild, das unverkennbar für den Film »Swimming Pool« von François
Ozon steht, im Verleih der CONSTANTIN.
Aus der Produktanalyse heraus entwickelt der Verleih seine Strategie.
Grundsätzlich beinhaltet sie eine genaue Werbeträgeranalyse, die klärt,
welche Medien und welche Werbeformen sich für welchen Film mit welcher Zielgruppe am besten eignen. Nach einer Untersuchung der FFA
aus dem Jahr 2003 verschiebt sich z. B. die Bedeutung der Werbewege je
nach Filmgenre. So erreichen und überzeugen TV-Spots vor allem Besucher von Kinder- und Zeichentrickfilmen, während die klassische Kinowerbung mit Trailern und Plakaten besonders wirksam bei Action-,
Thriller- und Horrorfilmen ist. Dramen und Arthouse-Filme verdanken
ihren Erfolg eher Zeitungsberichten und der Mundpropaganda. Auch im
Hinblick auf die Altersgruppen gibt es signifikante Unterschiede in der
Wirksamkeit der Werbewege. So lassen sich Kinder und Jugendliche am
ehesten von TV-Werbung und junge Erwachsene von der Werbung im
Kino ansprechen. Mit zunehmendem Alter wächst die Bedeutung der
Printmedien und der Mundpropaganda.
Die Produktanalyse sollte solche Daten und Untersuchungen berücksichtigen und auch hinsichtlich der ästhetischen Gestaltung des Werbematerials auswerten. Sie dient zudem der vorbereitenden Pressearbeit,
denn die anvisierten Zielgruppen werden am besten über ihre Presseorgane erreicht. Nicht zuletzt müssen schon frühzeitig passende Partner
für Aktionen wie Merchandising und Cross-Promotion gefunden werden, mit denen weitere Publikumsschichten erreicht werden können.
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5.1
Marketing
Film- und publikumsbezogene Maßnahmen
Titel
Jeder Film hat einen Produktions- oder Arbeitstitel, doch nicht immer
wird der Verleih diesen übernehmen. Da der Filmtitel das Kinopublikum
direkt anspricht, sollte er sorgfältig ausgewählt werden. Es ist allerdings
ratsam, einen Verleihtitel möglichst noch im Produktionsstadium eines
Films festzulegen, falls der Verleih schon zu diesem Zeitpunkt am Film
beteiligt ist. Durch die produktionsbegleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit kann sich so der Filmtitel schon lange vor der Fertigstellung
des Films in das öffentliche Bewusstsein einprägen. Tauchen dann zum
Kinostart die ersten Filmplakate auf, ist den meisten der Titel schon ein
Begriff. Bei einer frühzeitigen Festlegung des Verleihtitels erübrigt sich
auch eine spätere kostspielige Neuerstellung des Filmvorspanns.
Bei Filmen, die aus dem Ausland gekauft werden, kommt der Verleih
jedoch nicht umhin, einen deutschsprachigen Titel und den entsprechenden Vorspann zu erstellen. Dem Verleih stehen bei der Wahl eines
Titels für das Inland im Grunde drei Möglichkeiten offen:
Er kann eine möglichst wortgetreue Übersetzung des – meist englischen
– Titels anstellen (z. B. »Far from Heaven« = »Dem Himmel so fern«).
Dadurch können allerdings leicht Wortspiele oder sinnreiche Anspielungen verloren gehen, oder ein Titel ist in Deutsch dann schlicht zu lang,
umständlich oder unschön. In diesem Fall muss der Verleih sich also
einen völlig neuen Titel überlegen, der auch in Deutsch den Charakter
des Films repräsentieren kann bzw. für den deutschen Markt zugeschnitten ist. So lief z. B. der amerikanische Film »Two Weeks Notice«
mit Sandra Bullock und Hugh Grant hier unter dem Titel »Ein Chef zum
Verlieben«.
Eine dritte Möglichkeit, die immer häufiger angewandt wird, ist die
Übernahme des originalsprachigen Titels. Vor allem bei amerikanischen
Filmen wird dies von den Verleihern gerne praktiziert, da dem jüngeren
Kinopublikum englische Begriffe geläufig und überdies Anglizismen
beliebt sind. Allein im Mai 2002 fanden sich unter den Top 50 der meist
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gespielten Filme 17 mit dem englischen Originaltitel und sechs mit
anderssprachigen Originaltiteln. Darunter finden sich Titel wie z. B. »A
beautiful mind« oder »In the bedroom«, die sicher nicht zwingend englisch bleiben müssten. In diesem Fall war sicherlich der Bekanntheitsgrad
des englischen Titels ausschlaggebend für die Entscheidung: So wurde
»A beautiful mind« kurz vor dem Deutschlandstart mit dem Oscar ausgezeichnet und war dadurch unter diesem Titel auch dem deutschen
Publikum bereits geläufig. Ein Titel wie »Not a girl« hingegen spekuliert
auf ein sehr junges Publikum, in dessen Ohren das Englische einfach
»cooler« klingt als »Kein Mädchen« oder »Ice age« besser als »Eiszeit«.
Ein Film kann durch seinen englischen Titel vom Verleih darüber hinaus
als amerikanische Produktion gekennzeichnet sein: Immerhin erfreuen
sich bei einem Großteil des Kinopublikums amerikanische (Hollywood)Produktionen größerer Beliebtheit und genießen einen besseren Ruf als
einheimische Filme.
Gerne wird der (englische) Originaltitel auch durch einen übersetzenden
oder erklärenden Zusatz auf Deutsch ergänzt. So z. B. »About a Boy –
Der Tag der toten Ente« oder »The Tuxedo – Gefahr im Anzug«, beides
Filme, die Ende 2002 von der UIP in die Kinos gebracht wurden.
Kleinere Filmkunstverleiher, die anderssprachige Filme verleihen, behalten insbesondere dann den Originaltitel bei, wenn es sich um eine untertitelte Fassung des Films handelt. So können auch Kosten für einen
neuen Filmvorspann gespart werden. Außerdem wird hier über den
Originaltitel direkt die Zielgruppe angesprochen: So sind in letzter Zeit
verstärkt türkische Filme (z. B. »Komser Sekspir«, »Eskiya – Der
Bandit«) auf den Markt gekommen, die mit ihren Originaltiteln die große
türkische Gemeinde in Deutschland gewinnen.
Ein Verleih, der sich für einen vollständig neuen Titel entscheidet, kann
diesen im Titelschutzregister der SPIO anmelden, um eventuellen Klagen anderer Verleiher oder Fernsehsender vorzubeugen, die gleich lautende Filme oder Serien ausstrahlen. Der Verleih kann auch eine Registrierung des Titels beim Patentamt in Erwägung ziehen. Dies bietet sich
vor allem dann an, wenn weitere Produktvermarktungen im Rahmen des
Merchandising geplant sind.
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Marketing
Trailer
Ein guter Trailer ist unabdingbar für die erfolgreiche Vermarktung eines
Kinofilms. Der Trailer sollte in seiner Ausrichtung und Machart einerseits in aller Kürze den Film wiedergeben, ohne zu viel zu verraten, und
gleichzeitig der Werbestrategie des Verleihs entsprechen. Vor allem aber
macht er den Kinozuschauer auf den Film neugierig.
Die Marketingabteilung eines Verleihs gibt an die Kinos Empfehlungen
aus, vor welche Filmvorführungen die Trailer gesetzt werden sollen, um
das anvisierte Zielpublikum am besten zu erreichen. So ist es beispielsweise nicht besonders sinnvoll, einen Trailer für einen französischen
Autorenfilm vor die Vorführung von »Star Wars« zu setzen, aber ein
Trailer von Charlotte Links »Nirgendwo in Afrika« könnte vor »Heaven«
von Tom Tykwer laufen, da es sich bei beiden Filmen um Filmkunst mit
ähnlichem Publikumspotenzial handelt.
Da der Trailer einen großen Anteil am Erfolg eines Films hat – zwischen
15 % und 30 % aller Besucher lassen sich vornehmlich vom Trailer zum
Kinobesuch animieren –, ist seine optimale Unterbringung sehr wichtig.
Gegebenenfalls sollte im Gespräch mit den Kinobetreibern von Verleihseite nochmals nachgehakt werden, wo, wann und wie viele Trailer im
Einsatz sind, da die Kinos häufig lieber mehr Werbefilme als Trailer in
der Vorschau zeigen, für die sie nämlich Geld erhalten. Erfreulicherweise
hat sich diese Haltung in letzter Zeit etwas gewandelt, da die Filmtheaterbetreiber zum einen den Nutzen der Trailer für ihre Besucherzahlen erkannt haben und zum anderen sich die Zuschauer verstärkt für
mehr Filmvorschauen ausgesprochen haben. Auch der Verband der
Filmverleiher kontrolliert die Kinos darauf hin, ob sie mindestens drei
Trailer in ihrem Vorprogramm zeigen. Für den Versand von Trailern
und Werbematerial an die Kinos ist die Dispositionsabteilung des Verleihs zuständig.
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Publikumsmaßnahmen
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Plakatierung
Das Plakat steht an der wichtigsten Stelle des vom Verleih entwickelten
Werbematerials. Ein gutes Filmplakat gibt die Stimmung und den »look«
eines Films wieder und ist gleichzeitig klar und eingängig gestaltet. Das
Plakatmotiv ist zudem meist das Hauptmotiv eines Films, d. h., es findet
sich auf allen Verleihprodukten wie dem Presseheft, den Videokassetten
und auf den Anzeigenmustern. Das Hauptmotiv hat somit einen entscheidenden Wiedererkennungseffekt. Die Namen der Hauptdarsteller,
frühere Erfolge des Regisseurs, Festivalerfolge des Films oder ein eingängiger (Presse-)Slogan können auf dem Plakat groß herausgestellt werden. Im Kleingedruckten erscheinen die wichtigsten Credits sowie
Förderer und Sponsoren mit ihren Logos.
Die flächendeckende Plakatierung mit dem Filmplakat ist ein sehr wirksames Werbemittel, wie dies zuletzt bei »Good Bye, Lenin!« zu sehen
war. In der Öffentlichkeit sind vor allem die großen Plakate in U-BahnStationen oder die Plakatwände entlang der Straßen präsent. Ein Großteil der Kinogänger wird auf diesem Wege als Erstes auf einen Film aufmerksam. Allerdings ist die Miete für diese Plakatwände sehr hoch. Billiger ist die Plakatierung von A0-Plakaten auf Litfasssäulen oder auf
Sammelwänden in der U-Bahn.
Jede größere Stadt hat zudem Werbeagenturen mit Verteilerdiensten, die
A1-Plakate in Kneipen und Institutionen aufhängen, wo sie an eigens
dafür vorgesehenen schwarzen Brettern oder Pinnwänden einen festen
Platz gemietet haben. Die Preise für eine solche Verteilung variieren von
Agentur zu Agentur, ein Vergleich der verschiedenen Angebote lohnt
sich also.
Selbstverständlich sollen die Plakate zuallererst in den Kinos hängen,
schließlich sind diese nach einer Untersuchung der FFA immer noch die
wirksamsten Werbeplätze für einen Film. Besonders repräsentativ sind
hierbei die großen Filmplakate auf den Außenwänden der Filmtheater.
Die Preise hierfür bewegen sich – je nach Größe der Plakatwand und der
Dauer der Hängung – zwischen 800 und 1800 Euro.
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Marketing
Grafisches Werbematerial
Neben der flächendeckenden Verteilung des Filmplakats sollte der Verleih weitere Werbedruckerzeugnisse für eine breite Streuung zur Verfügung haben. Insbesondere Postkarten und Flyer eignen sich hierfür
besonders gut. Es gibt spezielle Werbeagenturen, die nicht nur kostengünstig Werbepostkarten in großem Umfang herstellen, sondern auch
deren Verteilung anbieten. Nimmt man für die Plakatierung einen oben
geschilderten Verteilerservice in Anspruch, bietet es sich an, mit der
Agentur gleich eine zusätzliche Postkartenverteilung zu besprechen, da
diese Agenturen fast immer über Plätze in Postkartenständern verfügen,
und man so möglicherweise einen Rabatt aushandeln kann.
Postkarten, auf deren Rückseite alle wichtigen Daten zum Film einschließlich des Starttermins stehen, haben sich als sehr beliebt erwiesen:
Nicht nur, dass sie leicht in großem Umfang verteilt werden können, sie
eröffnen darüber hinaus eine weitere Streuung durch die postalische Verschickung als Gratispostkarte. Flyer bieten im Gegensatz zu Postkarten
mehr Platz für Informationen zum Film. Hier bietet es sich an, erste
Pressezitate oder Werbeslogans mit aufzunehmen. Ein gefalteter Flyer
kann auch eine Kurzbeschreibung des Films beinhalten. Ob ein solcher
Flyer auf festem Hochglanzpapier im Mehrfarbdruck oder auf einfachem
Papier in Schwarz-Weiß gestaltet wird, ist natürlich eine Frage des Budgets. Die Ästhetik eines Films spielt bei der Gestaltung des Werbematerials ebenfalls eine Rolle: Ein bilderprächtiger Kostümfilm z. B. sollte in
jedem Fall mit repräsentativen Druckerzeugnissen für sich werben. Ein
Trash-Film hingegen erreicht sein Publikum durchaus mit kontrastreichem Schwarz-Weiß auf einfachem Papier.
Nicht zuletzt eignen sich Flyer oder Faltblätter hervorragend für die
Verteilung in den Filmtheatern. Gerade im Kino erreicht man schließlich
sein Publikum am leichtesten, und während die Zuschauer auf den Einlass warten oder an der Kasse anstehen, sind sie besonders geneigt,
Informationen über andere Filme anzuschauen oder durchzulesen. Viele
Kinos haben zudem ein eigenes Café, wo Werbematerial ausgelegt werden kann. Programmkinos verfügen außerdem nicht selten über ein
eigenes Programmheft, das über einen Verteiler verschickt wird. Es
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Publikumsmaßnahmen
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empfiehlt sich daher, mit einem solchen Kino abzusprechen, ob die Flyer
nicht einem Rundversand beigefügt werden können.
Anzeigenvorlagen und -schaltung
Der Verleih erstellt Anzeigenmuster, die den Kinos und der Presse als
Druckvorlage dienen. Gängige Anzeigenformate sind z. B. 90 x 130mm
oder 40 x 60mm. Unter den Anzeigenmotiven findet sich auch das
Hauptmotiv eines Films wieder, ein weiteres Motiv kann als Alternative
angeboten werden, da die Anzeigenvoraussetzungen variieren. Der Titel
eines Kinoprogramms bringt schließlich andere Bedingungen mit sich als
die Anzeigenseite einer Tageszeitung. Schwarz-Weiß-Anzeigen bedürfen
einer klareren und grafischeren Gestaltung als Mehrfarb-Anzeigen.
Begleitend zum Kinostart schaltet der Verleih je nach Marketingbudget
Anzeigen in der Publikumspresse. Handelt es sich um einen Filmkunsttitel, so sind die Titelseiten der Monatsprogramme und Stadtmagazine
und der Filmfachzeitschriften epd Film und Filmdienst besonders werbewirksam. Diese Titel sind sehr begehrt, weshalb der Verleih diese frühzeitig reservieren sollte. Natürlich können auch hier im Inneren des
Hefts Anzeigen in unterschiedlicher Größe geschaltet werden.
Kleinere Anzeigen im Innern der Magazine sind besonders auf eine gute
Platzierung angewiesen. Die Marketingabteilung muss hier also darauf
achten, dass das Magazin eine attraktive Stelle anbietet. Obwohl die
Anzeigenabteilung und die Filmredaktionen getrennte Ressorts sind,
sollte der Verleih bei der Filmredaktion darauf hinweisen, dass er eine
Anzeige schaltet. Für den Verleih ist es allzu ärgerlich, wenn er in einem
Magazin wirbt, dessen Redaktion die Besprechung seines beworbenen
Films schlichtweg vergessen hat. In Stadtmagazinen bietet sich außerdem
die kostengünstige Möglichkeit, im Programmteil so genannte »Stopper«
zu schalten. Dies sind kleine ca. 50 x 50mm große Kästchen, in denen
gerade Platz für den Filmtitel und die Einsatzkinos ist, die im
Tagesprogramm untergebracht werden.
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Marketing
Fast jede Tageszeitung hat donnerstags anlässlich der aktuellen Filmstarts
eine eigene Kinoseite mit Kritiken oder ausführlicheren Filmbesprechungen. Meistens verfügen diese Zeitungen am Donnerstag auch über
eine ganze Seite mit Filmanzeigen. Allerdings ist diese Form der Werbung ziemlich teuer für einen recht geringen Effekt: Zusammengedrängt
auf einer Seite und in uniformem Schwarz-Weiß gedruckt, können sich
die einzelnen Anzeigen außer durch eine auffallende Größe kaum
behaupten und Aufmerksamkeit erregen. Darüber hinaus überschlagen
die meisten Zeitungsleser eine solche Anzeigenseite ungesehen. Nur ca.
sechs Prozent des Kinopublikums lassen sich durch diese Zeitungsanzeigen zu einem Filmbesuch animieren.
Weitere Möglichkeiten für eine Anzeigenschaltung kann der Verleih auch
gut mit den Kinos besprechen: So haben viele Kinos einen regulären,
vergünstigten Anzeigenplatz in einigen Tagespressen. Oder sie produzieren selbst Flyer mit Filmankündigungen oder Programmhefte, in denen
der Verleih Anzeigen schalten kann. Insbesondere bei regional vorbereiteten Kinostarts können die Kinos dem Verleih wertvolle Tipps für eine
sinnvolle Anzeigenschaltung geben.
Fernsehspots
Die Werbepausen in den Fernsehprogrammen haben sich in den vergangenen Jahren zu einer besonders beliebten Werbeplattform für Kinofilme entwickelt. Der überregionale Ausstrahlungsradius von TV-Spots
hat nämlich den Vorteil, zum Bundesstart eines Films tatsächlich auch
bundesweit präsent zu sein. Außerdem werden über das Fernsehen
größere Zuschauerschichten erreicht als über Kinowerbung und
Zeitungsberichte.
Im Prinzip gelten für einen Fernsehspot dieselben Regeln wie für einen
Kinotrailer, allerdings ist ein Fernsehspot kürzer (ca. eine halbe Minute)
und muss daher noch komprimierter sein. Die Sendeanstalten benötigen
hierfür einen eigenen auf Beta produzierten Trailer. Die nicht gerade
geringen Kosten für einen Fernsehspot staffeln sich nach
Ausstrahlungszeit und -frequenz. Am besten ist natürlich die Ausstrahlung des Spots zur Primetime und in den Unterbrechungen eines
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Spielfilms, denn so werden die meisten Zuschauer und Filminteressierte
erreicht. Je häufiger ein Spot ausgestrahlt wird, also z. B. in jeder Werbepause, desto stärker verankert er sich im Bewusstsein der Zuschauer. Um
flächendeckend präsent zu sein, muss ein Verleih allerdings etwa 350.000
Euro investieren. In den letzten Jahren haben einige Verleiher pro Filmstart rund 65 % ihres gesamten Werbebudgets für TV-Spots ausgegeben.
Die Zunahme an Fernsehwerbung für Kinofilme ist einer der Hauptgründe für die immens gestiegenen Werbebudgets der Verleiher. Angesichts dieser hohen Kosten, die kleine Verleiher gar nicht erst aufbringen
können, kehren selbst die großen Verleihfirmen wieder vermehrt zu den
klassischen Werbeformen wie Trailer und Plakate zurück, die ebenfalls
sehr effektiv und nicht mit einem so großen finanziellen Risiko behaftet
sind.
Radiospots
Die »Source of Awareness« -Untersuchung der FFA hat gezeigt, dass das
»altmodische« Medium Radio doch noch von erheblicher Bedeutung für
die Kinowerbung ist. So konnten z. B. bei den Filmen »Harry Potter«
und »Der Herr der Ringe« allein über Werbung und Berichte im Radio
20 % der Zuschauer erreicht werden.
Sind Berichte und Kritiken kostenlos und Teil der Pressearbeit eines
Verleihs, so muss für einen Radiospot, der im Werbeblock eines Radioprogramms untergebracht werden soll, gezahlt werden. Bei einer überregionalen und flächendeckenden Präsenz muss man etwa 100.000 Euro
einplanen. Dies ist erheblich weniger als eine TV-Präsenz bei fast gleicher Wirksamkeit.
In der Regel werden Radiospots heutzutage auf CD produziert. Diese
werden von darauf spezialisierten Werbeagenturen hergestellt, die in
Zusammenarbeit mit dem Verleih einen Spot erstellen, der den Film in
einer Kürze von 30 Sekunden akustisch vermittelt. Standard ist hierbei
ein gut produzierter Mix aus Filmmusik, drei bis vier je nach Filmgenre
besonders komischer, geheimnisvoller oder spannungsgeladener Dialog-
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sätze und ein Sprecher, der Filmtitel, Kinostarttermin und evtl. ein
Pressezitat oder einen Slogan einspricht.
Eine Möglichkeit, die Kosten für die Ausstrahlung geringer zu halten, ist
eine Partnerschaft mit der Sendeanstalt bzw. einem speziellen Radioprogramm: Der Sender tritt hierbei als Mitveranstalter auf und hat
dadurch die Möglichkeit, auch auf anderen Verleihprodukten, wie z. B.
dem Plakat, für sich zu werben. Eine solche Medienpartnerschaft ist bereits eine Form der Cross-Promotion. Sie betrifft in den meisten Fällen
ein einzelnes (Film)Event, wie z. B. eine Premierenveranstaltung oder
eine einmalige Vorführung des Films im Freiluftkino oder im Museum
oder an einem anderen ungewöhnlichen Ort und ist zumeist mit Preisen
und Freikarten für die Zuhörer verbunden.
Werbung im Internet
Als relativ junge Werbeplattform ist inzwischen das Internet hinzugekommen. Die Zielgruppe, die hierüber zu erreichen ist, ist bisher noch
sehr begrenzt – gerade einmal zwei Prozent der Zuschauer werden über
Internetwerbung auf einen Film aufmerksam –, aber diese Werbeform
hat sicher eine große Zukunft: Schließlich kann über das Internet bei
relativ geringem Kosten- und Arbeitsaufwand eine sehr breite, nämlich
weltweite, Öffentlichkeit hergestellt werden.
Auch die Vielfältigkeit der Werbemöglichkeiten im Internet sprechen für
dieses Werbemittel. So verfügt fast jeder Verleih mittlerweile über eine
eigene Website, auf der Informationen zu allen aktuellen Filmen zu
finden sind. Eine speziell für einen bestimmten Film eingerichtete Internetseite ist gerade bei großen Verleihern üblich. Der Gestaltungsfantasie
sind hier keine Grenzen gesetzt: Von relativ nüchternen Informationen
über den Film und die Schauspieler, über den Soundtrack zum Hineinhören bis hin zu Spielen ist alles möglich.
Eine weitere Möglichkeit besteht in Mailings: Über einen Verleih-internen Verteiler werden via Internet E-Mails mit der Filmankündigung verschickt. Selbstverständlich kann ein Verleih auch Werbebanner im
Internet schalten.
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Cross-Promotion und Merchandising
Cross-Promotion ist ein Werbegeschäft, das auf Gegenseitigkeit beruht.
Die Marketingabteilung sucht geeignete Pressepartner, die im redaktionellen Teil ihrer Magazine einen größeren Filmbericht erstellen, während
der Verleih Preise für Gewinnspiele oder Verlosungen zur Verfügung
stellt. Darüber hinaus besteht für diese Medien ein zusätzlicher Werbenutzen darin, als Partner in dem interessanten Umfeld eines großen
Filmstarts präsent zu sein. Die Gewinnerpreise bei solchen Aktionen
können sich in völlig unterschiedlichen Größenordnungen bewegen: von
Freikarten für die Filmpremiere bis hin zu Reisen oder Autos. Dies kann
dann der Fall sein, wenn der Verleih weitere Cross-Promotion-Partner
gefunden hat, die mit ihren Produkten in die Werbekampagne eingebunden werden. Eine gut gelungene und daher häufig zitierte Cross-Promotion-Aktion ist z. B. die zwischen BMW und dem James-Bond-Film
»Goldeneye« (im Verleih der UIP): BMW warb für ihr neues Automodell
mit Ausschnitten aus dem Film, in dem dieses Modell erstmalig vorgeführt wurde. Eine solche Werbekampagne beinhaltet allerdings ein
Productplacement, das bereits vor Beginn der Dreharbeiten vereinbart
wurde, d. h., dass die Integrierung des zu bewerbenden Produkts (in diesem Fall der neue BMW) in die Filmhandlung von vornherein vorbereitet wurde.
Ist ein Film bereits fertiggestellt, ergeben sich dennoch weitere Möglichkeiten der Cross-Promotion. So konnte z. B. die Zeitschrift Der Feinschmecker als Partner für den deutschen Film »Bella Martha«, in dem es
um eine Köchin und das Kochen geht, gewonnen werden: Der Hauptpreis für die Leser bestand in einem Menü in einem FeinschmeckerRestaurant. Der Film wurde so in der Zeitschrift und in den beteiligten
Restaurants beworben, während diese als Sponsoren in der Verleihwerbung genannt wurden.
Eine weitere sehr geläufige Cross-Promotion findet zwischen Filmen
und Büchern statt: Fast zu jedem Filmstart erscheint mittlerweile ein
»Buch zum Film«. Insbesondere bei Literaturverfilmungen liegt dies
natürlich nahe: So kann ein Klassiker der Literatur anlässlich seiner Verfilmung mit einem neuen Cover – dem Verleih-Hauptmotiv eines Films
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Marketing
– von dem jeweiligen Verlag neu herausgegeben werden. Dies geschah
z. B. mit Jurek Beckers »Jakob der Lügner« bei der Neuverfilmung mit
Robin Williams. Auch die Autobiografie von Wladyslaw Szpilman wurde
im Zuge des Kinostarts von Roman Polanskis »Der Pianist« neu aufgelegt und mit dem Filmmotiv gestaltet.
Die Vermarktung des Film-Soundtracks ist meist ebenfalls eine besondere Form der Cross-Promotion, bei der Verleih und Plattenlabel gleichermaßen profitieren. So wurde z. B. das Erscheinungsdatum der
Madonna CD »American Life«, auf der der Titelsong zum James-BondFilm »Stirb an einem anderen Tag« zu hören war, mit dem Kinostart des
Bond-Films abgeglichen und zeitgleich herausgebracht. Die vorherige
Single-Auskopplung des Titelsongs, der Wochen vorher auf allen Radiostationen gespielt wurde, diente daher als Werbung sowohl dem Film als
auch der CD. Eine derartige synergetische Werbestrategie wird sicherlich
in Zukunft immer häufiger gang und gäbe sein, um ein Produkt oder
einen Film schon vor seiner Herausbringung im populären Bewusstsein
zu verankern.
Merchandising hingegen wird weniger vom Verleih als von Produzentenseite betrieben. Hierbei geht es darum, bestimmte Industrieprodukte, wie
T-Shirts oder Tassen mit einem Filmmotiv – Harry Potter z. B. – zu
produzieren, um dadurch ihren Verkaufswert zu steigern. Da die Rechte
an diesen Motiven aber in der Regel beim Produzenten liegen, verdient
dieser unabhängig vom Verleih an Merchandising-Produkten.
Sowohl Merchandising als auch Cross-Promotion sind besonders dazu
geeignet, Kinoabstinenzler, die nicht über die üblichen Werbeträger zu
erreichen sind, anzusprechen und somit neue Zuschauerschichten zu erfassen.
Previews
Schließlich besteht die Möglichkeit, den Film für sich selber werben zu
lassen. Die von Verleih und Kino veranstalteten Previews, das sind Vorabvorführungen eines Films, sollen kurz vor Kinostart die Mundpropaganda in Gang bringen. Solche einmaligen und daher exklusiven Veran-
Anke Hahn, Anna Schierse, Filmverleih
Publikumsmaßnahmen
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staltungen erhöhen die Neugier auf einen Film und bringen zudem kurz
vor dem regulären Start zusätzliche Aufmerksamkeit.
Zum einen gibt es die so genannten »Sneak-Previews«, die manche Kinos
an festen und gut eingeführten Terminen in der Woche anbieten: Hier
wird dem Publikum ein Film kurz vor dem regulären Start vorgeführt,
wobei der Titel vom Kino nicht angekündigt wird. Zu einer solchen
Veranstaltung kommen vor allem filminteressierte Zuschauer, die über
die kommenden Filmstarts informiert sind, und sich einen Spaß daraus
machen, den Film zu erraten, der gezeigt werden soll. Eine SneakPreview ist also Nahrung für die Mundpropaganda.
Darüber hinaus gibt es noch die vom Verleih groß angekündigten
Previews, die zumeist mit einem Medienpartner organisiert werden.
Hierbei kündigt ein Presseorgan eine Preview an und bietet seinen
Lesern über eine Verlosung eine begrenzte Anzahl von Freikarten an. So
wählte z. B. TOBIS-FILM für den Filmstart von »Weißer Oleander«, mit
Michelle Pfeiffer, Renée Zellweger und Robin Wright Penn als weibliche
Stars in den Hauptrollen, die Frauenzeitschrift Elle als Kooperationspartner, und man führte gemeinsam in verschiedenen Städten und passenden Filmtheatern durch das Magazin angekündigte Previews durch.
Sehr beliebt für Kinderfilme sind auch die »Tigerentenpreviews«, die in
großen, vom Verleih angemieteten Sälen für mehrere Hundert Kinder
stattfinden, die sich bei freiem Eintritt einen aktuellen Kinderfilm vor
Start anschauen können. Dieser Film wird gleichzeitig im »Tigerentenclub« im Fernsehen beworben.
Für einige Aufregung in der Kinobranche sorgte im Sommer 2003 die
groß angelegte Preview von »Terminator 3« auf dem Pro-Sieben-OpenAir am Münchner Königsplatz. Neun Tage vor dem eigentlichen Bundesstart des neuen Schwarzenegger-Films wurde von COLUMBIA
TRISTAR in München eine Publikumspremiere mit rund 10.000
Zuschauern veranstaltet. Von Kinoseite wurde kritisiert, dass eine solche
Großveranstaltung zu Besucherzahleneinbußen bei den regulären Kinoeinsätzen führe. Der Verleih hingegen hoffte, dass sich dieses besondere
PR-Ereignis eher positiv an der Kinokasse auswirken würde.
© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz 2004

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